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Geschichte der katholischen Kirche in Rendsburg

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Das Jubiläum dieses Jahres gilt <strong>der</strong> E<strong>in</strong>setzung des ersten <strong>katholischen</strong> Pfarrers <strong>in</strong><br />

<strong>Rendsburg</strong> nach <strong>der</strong> Reformation. Mit <strong>der</strong> Berufung des Pfarradjunkten Karl Stockhoff aus<br />

Meppen zum Pfarrer <strong>der</strong> <strong>Rendsburg</strong>er Geme<strong>in</strong>de fand e<strong>in</strong> Zustand e<strong>in</strong> Ende, <strong>der</strong> über 329<br />

Jahre angedauert hatte, und zwar seit dem Jahr 1542, <strong>in</strong> dem <strong>der</strong> Dänenkönig Christian II.<br />

die lutherische <strong>Kirche</strong>nordnung zum Staatsgesetz erhoben hatte und damit jegliche<br />

öffentliche Ausübung <strong>der</strong> <strong>katholischen</strong> Religionsausübung unterband. 167 Jahre ruhte<br />

tatsächlich die katholische Religionsausübung völlig, was für die wenigen Katholiken und<br />

die zahlreichen <strong>katholischen</strong> Soldaten - die <strong>Rendsburg</strong>er Garnison war mit Söldnern aus<br />

aller Herren Län<strong>der</strong> besetzt - gewiss e<strong>in</strong>e nur schwer zu ertragene Entbehrung darstellte.<br />

Glücklich konnten sie schon se<strong>in</strong>, wenn aus Glückstadt o<strong>der</strong> Friedrichstadt heimlich e<strong>in</strong><br />

Priester kam, um den Sterbenden die Sakramente zu spenden. E<strong>in</strong>e Erleichterung trat erst<br />

e<strong>in</strong>, als Friedrich IV. aus Rücksicht auf die vielen <strong>katholischen</strong> Soldaten und auf Bitten des<br />

seit 1689 <strong>in</strong> <strong>Rendsburg</strong> ansässigen italienischen königlichen Baumeisters Pelli <strong>katholischen</strong><br />

Gottesdienst <strong>in</strong> Abständen wie<strong>der</strong> zuließ.<br />

Nun entwickelte sich unter <strong>der</strong> Führung <strong>der</strong> aus Glückstadt und Friedrichstadt immer wie<strong>der</strong><br />

herüberkommenden Jesuitenpatres e<strong>in</strong> reges religiöses Leben <strong>in</strong> <strong>der</strong> kle<strong>in</strong>en Geme<strong>in</strong>de,<br />

die sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kapelle im Hause Pellis zur Messe versammelte. Zwei Ereignisse im Laufe<br />

des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts brachten allerd<strong>in</strong>gs spürbare Rückschläge. 1755 verbot <strong>der</strong> König die<br />

konfessionellen Mischehen. Die Mischehen - und diese waren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de häufig -<br />

mussten nun vor e<strong>in</strong>em lutherischen Geistlichen geschlossen und die K<strong>in</strong><strong>der</strong> lutherisch<br />

getauft und erzogen werden. 1773 wurde <strong>der</strong> Jesuitenorden verboten, und Weltpriester, die<br />

sie hätten ersetzen können, standen nicht zur Verfügung. Als 1837 das Pellihaus se<strong>in</strong>en<br />

Besitzer wechselte, musste man zu den seltenen Gottesdiensten <strong>in</strong> Speise- und Tanzlokale<br />

ausweichen. Schließlich fand die Geme<strong>in</strong>de 1853 im Hause des <strong>katholischen</strong><br />

Maurermeisters Barka <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mühlenstraße 6 e<strong>in</strong> ständiges Domizil.<br />

Die Lage <strong>der</strong> Katholiken verbesserte sich zusehends, als Schleswig-Holste<strong>in</strong> preußisch<br />

wurde. Noch im Jahr 1866 erhielt die Geme<strong>in</strong>de Neumünster e<strong>in</strong>en ständigen Priester, dem<br />

auch die Seelsorge <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Rendsburg</strong>er Geme<strong>in</strong>de übertragen wurde. Im Oktober 1871 kam<br />

zum ersten Mal seit <strong>der</strong> Reformation e<strong>in</strong> katholischer Bischof nach <strong>Rendsburg</strong>, um das<br />

Firmsakrament zu spenden. Bei dieser Gelegenheit sagte er den ihn mit Bitten<br />

bedrängenden Geme<strong>in</strong>demitglie<strong>der</strong>n zu, ihnen bald e<strong>in</strong>en Priester zu schicken. Schon nach<br />

wenigen Wochen trat Pfarrer Stockhoff hier se<strong>in</strong> Amt an.<br />

Die kle<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>de, die er vorfand, zeigte e<strong>in</strong>e son<strong>der</strong>liche Zusammensetzung: 285<br />

Seelen, davon 11 Soldaten und 60 Zuchthaus<strong>in</strong>sassen <strong>der</strong> <strong>Rendsburg</strong>er Strafanstalt. E<strong>in</strong>e<br />

solche Geme<strong>in</strong>de war sicherlich kaum <strong>in</strong>tegrierbar <strong>in</strong> das öffentliche städtische Leben und<br />

musste sich noch lange mit <strong>der</strong> Rolle e<strong>in</strong>er beargwöhnten M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit abf<strong>in</strong>den. Das bekam<br />

Pfarrer Stockhoff immer wie<strong>der</strong> zu spüren, z. B. bei <strong>der</strong> Errichtung <strong>der</strong> <strong>katholischen</strong><br />

Privatschule im Jahr 1872 o<strong>der</strong> bei se<strong>in</strong>en Bemühungen um die staatliche Anerkennung <strong>der</strong><br />

Geme<strong>in</strong>de, die erst 1897 erfolgte. Bis dah<strong>in</strong> hatte <strong>der</strong> unermüdliche Pfarrer Stockhoff schon<br />

das wichtigste Anliegen verwirklichen können, den Bau <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> und die Beschaffung<br />

e<strong>in</strong>es angemessenen Schulraumes. Am 29. September 1874 wurde die <strong>Kirche</strong> St. Mart<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Eisenbahnstraße geweiht ( heute steht dort das Parkdeck ). Sie war <strong>der</strong> erste<br />

katholische Kirchbau nach <strong>der</strong> Reformation <strong>in</strong> Schleswig-Holste<strong>in</strong>! Das angrenzende


ehemalige Wirtshaus wurde Pfarr- und Schulhaus. 1875 besuchten 32 K<strong>in</strong><strong>der</strong> die<br />

Grundschule <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de, nach Anerkennung <strong>der</strong> Schule ( 1898 ) stieg die Schülerzahl<br />

auf 138 ( 1903 ). Die Entwicklung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de war eng verbunden mit dem Bau des<br />

Kanals (1886 Baubeschluss; 1895 E<strong>in</strong>weihung), <strong>der</strong> 800o Arbeiter nach <strong>Rendsburg</strong> zog, die<br />

etwa zur Hälfte aus <strong>katholischen</strong> Ostgebieten kamen. 1903 zählte die Geme<strong>in</strong>de bereits<br />

1500 Mitglie<strong>der</strong>, etwa e<strong>in</strong> Drittel von ihnen kam aus dem umliegenden Kreisgebiet. Nach<br />

fast 29 ertragreichen Jahren g<strong>in</strong>g Pfarrer Stockhoff als Dechant nach Bersenbrück. In den<br />

folgenden Jahren wuchs die Geme<strong>in</strong>de weiter, denn <strong>der</strong> Ausbau des Kanals und die<br />

Gründung <strong>der</strong> "Eisenhütte Holste<strong>in</strong>" <strong>in</strong> Schacht-Audorf brachten erneut katholische Arbeiter<br />

<strong>in</strong> den <strong>Rendsburg</strong>er Raum. Nun musste sogar e<strong>in</strong> Hilfsgeistlicher e<strong>in</strong>gestellt werden. Doch<br />

1926 wurde die Eisenhütte wie<strong>der</strong> stillgelegt, und viele katholische Familien wan<strong>der</strong>ten ab,<br />

so dass 1928 <strong>der</strong> Sonntagsgottesdienst <strong>in</strong> Schacht-Audorf e<strong>in</strong>gestellt werden musste. Zehn<br />

Jahre später wurde auch die katholische Grundschule aufgelöst, denn "die allgeme<strong>in</strong>e<br />

Ausbildung, die unsere deutschen K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> den deutschen Schulen erhalten, wird von<br />

nationalsozialistischen Gesichtspunkten bestimmt und nicht von solchen e<strong>in</strong>er<br />

Religionsgeme<strong>in</strong>schaft" (Stadtkollegienprotokolle 1924-38, S. 487).<br />

Vor völlig neue Aufgaben wurde die katholische Geme<strong>in</strong>de <strong>Rendsburg</strong>s mit dem Ende des<br />

2. Weltkrieges gestellt. Unter den zahlreichen Flüchtl<strong>in</strong>gen, die 1945 <strong>in</strong> Schleswig-Holste<strong>in</strong><br />

Aufnahme fanden, waren viele Katholiken. Während 1938 das Pfarrregister 24 Taufen und<br />

3 Beerdigungen verzeichnet, s<strong>in</strong>d es im Jahr 1945 111 Taufen und 122 Beerdigungen. Die<br />

Geme<strong>in</strong>de war auf 12.000 Mitglie<strong>der</strong> angewachsen. Was damals Pfarrer Lütkemeyer und<br />

se<strong>in</strong>e beiden Kapläne Schallenburger und Szamda <strong>in</strong> <strong>Rendsburg</strong> und auf den 21<br />

Außenstationen geleistet haben (ohne Auto!), können wir nur noch ahnen. 1950 entstand<br />

unter <strong>der</strong> Leitung von Pfarrer Stenzel <strong>in</strong> Jevenstedt die Christ-König-<strong>Kirche</strong>. Mit den Jahren<br />

zogen viele Flüchtl<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> an<strong>der</strong>e Bundeslän<strong>der</strong>, und die Geme<strong>in</strong>de schmolz auf 5500<br />

Mitglie<strong>der</strong> zusammen. Aber auch das waren noch zu viele <strong>in</strong> Anbetracht <strong>der</strong> kle<strong>in</strong>en <strong>Kirche</strong><br />

und <strong>der</strong> zahlreichen Außenstationen. Deshalb beauftragte <strong>der</strong> Bischof von Osnabrück 1958<br />

Kaplan Schallenburger mit dem Bau e<strong>in</strong>er zweiten <strong>Kirche</strong> am Margarethenhof - sie wurde<br />

am 26. September 1959 geweiht - und ernannte ihn zum Pfarrer <strong>der</strong> neuen Geme<strong>in</strong>de St.<br />

Michael. Seit dem 1. Juli 1960 gibt es <strong>in</strong> <strong>Rendsburg</strong> zwei selbständige katholische <strong>Kirche</strong>n,<br />

<strong>der</strong>en Grenze die Ei<strong>der</strong> bildet.<br />

Immer mehr erwiesen sich die <strong>Kirche</strong> und die übrigen Gebäude <strong>der</strong> alten Geme<strong>in</strong>de von St.<br />

Mart<strong>in</strong> als unzureichend und baufällig. Deshalb erhielt <strong>der</strong> zum 1. Juli 1961 zum Nachfolger<br />

von Lütkemeyer ernannte Pfarrer Rhotert mit se<strong>in</strong>er Ernennung den Auftrag zum Bau e<strong>in</strong>er<br />

neuen <strong>Kirche</strong> und e<strong>in</strong>es Geme<strong>in</strong>dezentrums. Da sich dieses Projekt auf dem zu engen<br />

Grundstück <strong>in</strong> <strong>der</strong> Eisenbahnstraße nicht verwirklichen ließ, musste e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es<br />

Grundstück gesucht werden. Nach langen Bemühungen konnte die Geme<strong>in</strong>de von <strong>der</strong><br />

Bundesvermögensanstalt das Gelände des alten Dänenstalls <strong>in</strong> <strong>der</strong> Herrenstraße<br />

erwerben. Am 4. Juni 1967 konsekrierte Bischof Hehnut-Herman Wittler die nach den<br />

Plänen des Hamburger Architekten Bargholz errichtete <strong>Kirche</strong>. E<strong>in</strong> weiterer Markste<strong>in</strong><br />

katholischer Präsenz <strong>in</strong> <strong>Rendsburg</strong> bedeutete die Erstellung des von <strong>der</strong> Caritas<br />

getragenen Alten- und Pflegeheims St. V<strong>in</strong>cenz auf dem Gelände <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong>. Das<br />

großzügige Heim, das allen Bevölkerungsteilen offen steht, wurde am 15. Juni 1973<br />

geweiht. Im darauf folgenden Jahr beg<strong>in</strong>g die Geme<strong>in</strong>de ihr hun<strong>der</strong>tjähriges Bestehen <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Festwoche vom 9. September bis zum 5. Oktober 1974.<br />

Franz-Peter Lü<strong>der</strong>s<br />

Quelle: Internetseite <strong>der</strong> <strong>katholischen</strong> Geme<strong>in</strong>de St. Michael, <strong>Rendsburg</strong> (www.sankt-michael-rendsburg.de)

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