Lehrergesundheit - Schule & Gesundheit - Hessen
Lehrergesundheit
Netzwerkzeitung 2007
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
Editorial
Leitgedanken der diesjährigen
Ausgabe der Netzwerkzeitung
Schule & Gesundheit
Eine gute Gesundheit wirkt sich in vielerlei Hinsicht positiv in der Schule aus:
Konzentrationsfähigkeit und Belastbarkeit sind stärker ausgeprägt, Herausforderungen
werden leichter bewältigt und die Leistungsfähigkeit steigt. Dies gilt für
Schülerinnen und Schüler sowie für Lehrkräfte gleichermaßen.
Schule ist somit ausdrücklich gefordert, Gesundheitsvorsorge
und Gesundheitsförderung zu gewährleisten.
Dies setzt eine dauerhafte Entwicklungsaufgabe voraus, auf
die die Schule vorbereiten sollte. Lehrerinnen und Lehrer
müssen Schlüsselkompetenzen für den professionellen
und sorgsamen Umgang mit eigenen und mit den fremden
Bedürfnissen erwerben.
Gerade im Bereich der Schule ist es wichtig, nicht nur mit
den Stärken, sondern auch mit den Grenzen aller in diesem
Umfeld Tätigen adäquat umzugehen.
Der schulische Alltag von Schülerinnen und Schülern und
Lehrerinnen und Lehrern ist durch zunehmende Mehrbelastung
gekennzeichnet – die wünschenswerte Balance zwischen negativen
und positiven Erlebnissen verringert sich.
Gesundheitliche Auswirkungen zeigen sich bei Kindern und
Jugendlichen vermehrt in körperlichen Beeinträchtigungen,
Fehlsteuerungen des Immunsystems, Störungen des
Ernährungsverhaltens und des Bewegungshandelns, unzureichender
Bewältigung psychischer Beanspruchungen und
erhöhter sozialer Anforderderungen. Als Folgen des veränderten
Schülerverhaltens sind Motivations-, Konzentrations-
und Disziplinprobleme beobachtbar.
Diese zusätzliche Belastung im schulischen Umfeld
und eine teilweise mangelnde Wertschätzung scheinen
Hauptbelastungsfaktor für die Gesundheit von Lehrerinnen
und Lehrern zu sein. Entscheidende Hilfe kann das Erlernen
des angemessenen Umgangs mit Stress-Faktoren sein.
„Gesundheit wird von Menschen in ihrer alltäglichen Umwelt
geschaffen und gelebt, dort wo sie spielen, lernen, arbeiten
und lieben“ (Ottawa-Charta, WHO 1986).
Zentrales Anliegen und Ziel muss es also sein, mit Hilfe
geeigneter Maßnahmen eine nachweisbar gesteigerte
Gesundheitsqualität zu erreichen.
Die Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer und die
Steigerung und Erhaltung der berufl ichen Leistungsfähigkeit
tragen nachweislich zum Wohle der Schülerinnen und Schüler
bei.
Die vorgestellten Beiträge dieser Netzwerkzeitung Schule
& Gesundheit geben Anregungen und zeigen Möglichkeiten
auf, den inneren Ressourcen, Fähigkeiten und Fertigkeiten
zu vertrauen und externe Ressourcen wahrzunehmen, um
Gesundheit nachweislich zu fördern.
Karin Wolff
Hessische Kultusministerin
3
Editorial
4
www.schuleundgesundheit.hessen.de
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
Lehrergesundheit
Die Potsdamer Lehrerstudie im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Lehrergesundheit stärken – Coachinggruppen für Lehrer nach dem „Freiburger Modell“ . . . . . . . . . . . . 11
Gesundheitsförderung an einer berufl ichen Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Regionale Fachtagung zum Thema: „Gesundheit von Lehrerinnen und Lehrern“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Bildung, Gesundheit und Entspannung gehören zusammen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Fortbildungsangebot: „Wie kann ich in einem stressigen Berufsalltag für mich selbst sorgen?“ . . . . . . 25
Achtsamkeit in der Erziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
Arbeitsschutz & Arbeitssicherheit
Schulsanitätsdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
Brandschutz in der Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Brandschutzerziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
Verkehrserziehung & Mobilitätsbildung
Die Fahrradwerkstatt in der Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
Inline-Projekt einer Grundschule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
Sicher und selbständig zur Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Inhalt
Erstellen eines Schulwegeplanes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
5
Die Potsdamer
Lehrerstudie im Überblick
Lehrerinnen und Lehrer sind keineswegs beneidenswerte
Halbtagsjobber. Vielmehr üben sie einen der anstrengendsten
Berufe aus. Das betrifft speziell die psychischen Belastungen,
die dieser Beruf mit sich bringt. Mit der Potsdamer
Lehrerstudie, die wir im Auftrag und mit Unterstützung des
Deutschen Beamtenbundes und seiner Lehrergewerkschaften
durchführten, sollten Beiträge zur Verbesserung der
Belastungssituation und damit vor allem der psychischen
Gesundheit in dieser Berufsgruppe geleistet werden (vgl. auch
www.dbb.de (Lehrerbelastungsstudie)).
Die Arbeiten, die im Dezember 2006 abgeschlossen wurden,
gliederten sich in zwei Etappen. Die erste Etappe
(2000-2003) galt der differenzierten Analyse der vorgefunden
Belastungssituation und der dafür verantwortlichen
Bedingungen. In die Analyse war auch der Vergleich mit
anderen Berufen eingeschlossen. Aufbauend auf diesen
Ergebnissen ging es in der zweiten Etappe (2003-2006)
darum, Maßnahmen zu erproben und darauf gegründete
Unterstützungsangebote auszuarbeiten, die zu einer
Belastungsreduktion führen können.
6
Prof. Dr. Uwe Schaarschmidt,
Universität Potsdam
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Insgesamt nahmen an beiden Abschnitten der Studie
rund 16000 Lehrerinnen und Lehrer aus dem gesamten
Bundesgebiet sowie ca. 2500 Lehramtsstudierende und
Referendare teil. Darüber hinaus waren (in der ersten
Etappe) etwa 1500 Lehrerinnen und Lehrer aus anderen
Ländern sowie annähernd 8000 Vertreter anderer Berufe zu
Vergleichszwecken mit einbezogen.
Ergebnisse der ersten Etappe
Lehrergesundheit
Die Analyse wurde auf der Grundlage einer umfassenden, in
anonymisierter Form durchgeführten Fragebogenerhebung erstellt.
Es wurden dabei Einschätzungen zu unterschiedlichen
Aspekten der Arbeit und Belastungsindikatoren auf mehreren
Ebenen erfasst. Insbesondere galt es, ein differenziertes Bild
der psychischen Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer zu
erhalten. Als die wichtigsten Indikatoren dienten uns dabei
die persönlichen Muster des arbeitsbezogenen Verhaltens
und Erlebens. Sie zeigen an, ob und in welchem Ausmaße die
Auseinandersetzung mit den Arbeitsanforderungen in gesundheitsförderlicher
oder gesundheitsgefährdender Art und Weise
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
geschieht. Es werden vier Muster unterschieden (Näheres
dazu vgl. Schaarschmidt, 2005):
Muster G
Dieses Muster ist Ausdruck von Gesundheit und Hinweis
auf ein gesundheitsförderliches Verhältnis gegenüber der
Arbeit. Es ist durch stärkeres, doch nicht exzessives berufliches
Engagement, höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber
Belastungen und positive Emotionen gekennzeichnet.
Es steht außer Frage, dass Lehrer mit diesem Muster über
die günstigsten Voraussetzungen verfügen, um erworbenes
Wissen und Können sowie pädagogische Überzeugungen und
Absichten wirksam umzusetzen.
Muster S
Hier charakterisiert die Schonung das Verhältnis gegenüber
der Arbeit (als ein möglicher Hinweis auf ungenügende
Herausforderungen und/oder berufl iche Unzufriedenheit).
Charakteristisch ist geringes Engagement bei wenig
Auffälligkeiten in den übrigen Bereichen. Zwar zeigt dieses
Muster in der Regel kein gesundheitliches Risiko an, doch im
Lehrerberuf dürfte es (mehr als in manch anderen Berufen)
ein ernstes Hindernis für erfolgreiche Arbeit sein, kommt es
hier doch verstärkt auf eigenaktives und engagiertes Handeln
an.
Risikomuster A
Entscheidend ist hier, dass hohe Anstrengung keine
Entsprechung in einem positiven Lebensgefühl fi ndet: Das
Bild ist durch überhöhtes Engagement bei verminderter
Widerstandsfähigkeit gegenüber Belastungen und eher negative
Emotionen gekennzeichnet. Das Gesundheitsrisiko besteht
in der Selbstüberforderung. Lehrer dieses Typs sind oftmals
ihrer hohen Einsatzbereitschaft wegen besonders geschätzt.
Doch ist abzusehen, dass auf Dauer die Kraft nicht ausreicht,
den Belastungen des Berufs standzuhalten. Nicht selten ist
mit dem Übergang zum folgenden Risikomuster B zu rechnen
(Burnout-Prozess).
Risikomuster B
Bei diesem zweifellos problematischsten Muster sind permanentes
Überforderungserleben, Erschöpfung und Resignation
vorherrschend. Das Profi l weist überwiegend geringe
Ausprägungen in den Merkmalen des Arbeitsengagements,
deutliche Einschränkungen in der Widerstandsfähigkeit gegenüber
Belastungen und (stark) negative Emotionen aus.
In seinem Erscheinungsbild entspricht dieses Muster den
Symptomen in den letzten Stadien eines Burnout-Prozesses.
Klar ist, dass bei stärkerer Ausprägung des Musters B der
Betroffene kaum (noch) ein guter Lehrer sein kann. Die verbliebene
Kraft reicht dazu nicht aus. Sie wird aufgewendet,
um irgendwie „über die Runden“ zu kommen.
Wie stellt sich nun die Situation im Lehrerberuf dar? Sie lässt
sich zusammenfassend in folgenden Punkten beschreiben:
� Im Vergleich mit anderen Berufsgruppen zeigt sich, dass
für die Lehrerschaft die ungünstigste Musterkonstellation
besteht. Auf der einen Seite ist der Anteil des wünschenswerten
G-Musters sehr gering (17%), auf der anderen
kommen die Risikomuster A und B außerordentlich häufi
g vor (mit je 30%). Vor allem mit dem hohen Anteil des
durch Resignation und Erschöpfung gekennzeichneten
B-Musters hebt sich die Berufsgruppe der Lehrer deutlich
von den anderen ab.
� Ein Vergleich nach den Regionen innerhalb Deutschlands
lässt erkennen, dass landesweit kritische Beanspruchungsverhältnisse
vorliegen, d.h. regionale Unterschiede nur
wenig zu Buche schlagen.
�
Auch für die Schulformen können keine nennenswerten
Unterschiede ausgemacht werden.
� Sehr deutlich treten allerdings Abhängigkeiten vom
Geschlecht hervor. Die Geschlechtsunterschiede fallen
dabei immer zum Nachteil der Frauen aus. Für sie liegen
durchgehend die höheren Anteile in den Risikomustern
vor (sowohl in A als auch in B).
� Eine Betrachtung nach dem Alter lässt erkennen,
dass eine progressive Verschlechterung der
Beanspruchungssituation über die Berufsjahre stattfi ndet,
wobei diese Tendenz noch sehr viel mehr für die Frauen
als für die Männer gilt.
� Einbezogen wurden auch Lehramtsstudierende und
Referendare (Anwärter auf das Lehramt). Für beide
Gruppen gilt, dass der Anteil des Risikomusters
B (je 25%), vor allem aber der des S-Musters (mit
7
8
31 bzw. 29%) hoch ist. Damit zeigen sich ungünstige
Voraussetzungen bereits vor Berufsbeginn.
� Als die am stärksten belastenden Bedingungen werden
von den Lehrkräften aller Schulformen problematisches
Schülerverhalten, zu große Klassen und eine zu hohe
Stundenzahl genannt.
� Mit ebenso großer Übereinstimmung sehen die
Lehrerinnen und Lehrer das Erleben sozialer
Unterstützung im Kollegium und durch die Schulleitung
als die wichtigste entlastende Bedingung.
Einen umfassenden Überblick zum ersten Abschnitt der
Studie gibt die folgende Publikation: Schaarschmidt, U.
(Hrsg.) (2005). Halbtagsjobber? Psychische Gesundheit
im Lehrerberuf – Analyse eines veränderungsbedürftigen
Zustandes. Weinheim. Beltz-Verlag.
Ergebnisse der zweiten Etappe
Generell weisen also die in der ersten Arbeitsetappe gewonnenen
Ergebnisse auf eine problematische Gesundheitssituation
hin. Wir wollten und konnten uns jedoch nicht damit begnügen,
eine prekäre Situation aufzuzeigen. Angezielt war nun
im Weiteren, Unterstützungsangebote auszuarbeiten, die
geeignet sind, den als veränderungsbedürftig erkannten
Zustand überwinden zu helfen. Diese Bemühungen machten
den Inhalt der Arbeiten in der zweiten Etappe aus. Konkret
ging es uns dabei um die Entwicklung und Erprobung von
Interventionsprogrammen und Erfassungsinstrumenten sowie
die Ableitung und Begründung von Gestaltungsempfehlungen.
Insgesamt handelt es sich also um Leistungen im Interesse
der Prävention und Gesundheitsförderung. Sie wurden als
Angebote so konkret und praxisnah aufbereitet, dass sie in der
Organisation der schulischen Arbeit, der Lehrerausbildung,
der Lehrer- und Schulleiterfortbildung, der Berufsorientierung
für Abiturienten und nicht zuletzt der psychologischen und
medizinischen Betreuung von Lehrerinnen und Lehrern unmittelbar
umgesetzt werden können.
Im Wesentlichen lassen sich diese Leistungen in folgenden 4
Schwerpunkten zusammenzufassen:
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1. Analyse und Gestaltung von Arbeitsbedingungen
und Arbeitsabläufen
Es werden hier Empfehlungen abgeleitet, die insbesondere
das Ziel verfolgen, über eine veränderte Gestaltung und
Organisation der schulischen Arbeitsbedingungen und des
Lehrerarbeitstages bessere Voraussetzungen für Entspannung
und Regeneration der Kräfte zu schaffen. Grundlage der
Aussagen ist u. a. ein Vergleich des Gesundheitsstatus von
Lehrerinnen und Lehrern aus verschiedenen schulischen
Organisationsformen (u. a. Vormittagsschule - Ganztagsschule)
und die Erfassung von Beanspruchungsverläufen über den
Tag und die Woche mittels einer zusätzlich eingesetzten
Tagebuchmethodik.
Um die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen zu befähigen,
die Analyse und Bewertung ihrer Arbeitsbedingungen
vor Ort vorzunehmen und daraus Schlussfolgerungen für die
Gestaltung und Organisation des schulischen Alltags abzuleiten,
wird im Weiteren ein dafür geeignetes Verfahren vorgestellt
(ABC-L = Arbeitsbewertungs-Check für Lehrerinnen
und Lehrer). Dieses Instrument ist von uns in den letzten
drei Jahren entwickelt und erprobt worden. Es kann an jeder
beliebigen Schule aus eigener Kraft eingesetzt werden. Das
Verfahren ermöglicht es, die erhaltenen Einschätzungen mit
Normen zu vergleichen, die für die jeweilige Schulform gewonnen
wurden. Somit ist eine solide Basis für die Ableitung
und Begründung von Veränderungsnotwendigkeiten gegeben.
2. Unterstützung der Teamentwicklung und
Führungsarbeit an der Schule
Die Ergebnisse der ersten Etappe ließen einen engen
Zusammenhang von gesundheitlicher Situation und sozialem
Klima im Kollegium erkennen. Dort, wo wir
die günstigeren Beanspruchungsverhältnisse feststellten,
fanden wir fast ausnahmslos auch ein gutes soziales
Klima vor. Die Einfl ussnahme auf die Teamentwicklung
und das Teamklima an der Schule war deshalb ein weiterer
Schwerpunkt unserer Arbeiten. Es wurde zu diesem
Zweck ein Interventionsprogramm entwickelt, das im Kern
eine Veranstaltung mit dem Kollegium vorsieht, in der das
Arbeitsklima und Fragen der täglichen Zusammenarbeit in
einer moderierten Diskussion und in Gruppenarbeit erörtert
werden. Im Ergebnis werden Schlussfolgerungen zur
Teamentwicklung und Führungstätigkeit festgehalten, deren
Umsetzung in weiterführenden Beratungsgesprächen mit der
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Schulleitung unterstützt wird. Die Evaluation des Modells erbrachte
Resultate, die einen klaren Nutzen im Sinne gesundheitsförderlicher
Entwicklungen innerhalb der betreffenden
Kollegen ausweisen. Das Modell kann in der erprobten und
evaluierten Form zur Umsetzung empfohlen werden. Es
setzt die Zusammenarbeit über die Dauer eines halben Jahres
voraus.
Unter dem Gesichtspunkt des sozialen Klimas und der
Teamentwicklung ist der Dreh- und Angelpunkt die Tätigkeit
der Schulleitung. Es ist demzufolge zu erwarten, dass über
die Qualifi zierung der Schulleitungen in ihrer Führungsarbeit
eine wesentliche Ressource der Beanspruchungsoptimierung
und Gesundheitsförderung erschlossen werden kann. Deshalb
haben wir auch ein Trainingsprogramm für Schulleiter entwickelt.
Es soll zwei Zielstellungen genügen: Die Schulleiter
sollen zum einen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben in der
Personal- und Teamentwicklung, zum anderen aber auch in
Bezug auf ihre eigene Person (i. S. eines gesundheits- und
persönlichkeitsförderlichen Verhaltens) unterstützt werden. Es
bietet sich an, dieses Programm in der Aus- und Fortbildung
der Schulleiter, aber auch bei deren individueller Betreuung
zu nutzen.
3. Berufsbegleitende und -vorbereitende Intervention
durch Gruppentraining und individuelle
Beratung
Bereits im Ergebnis der ersten Arbeitsetappe wurde aufgezeigt,
dass über die Intervention durch Training und
individuelle Beratung Gesundheit, Leistungsfähigkeit
und Leistungsbereitschaft gefördert werden konnten.
Zugleich wurde deutlich, dass in Bezug auf derartige
Interventionsmaßnahmen ein sehr differenziertes Angebot
gefordert ist, das unterschiedlichen Problemlagen und
Bedürfnissen Rechnung trägt. Von dieser Erkenntnis ausgehend
wurde bei der Fortführung der Arbeiten besondere
Aufmerksamkeit der Entwicklung eines modular aufgebauten
Trainingsprogramms geschenkt, das es ermöglicht, entsprechend
den Bedürfnissen und Erwartungen der Teilnehmer
differenzierte Schwerpunkte zu setzen. Es kann damit
der spezifi schen Situation unterschiedlicher Zielgruppen
Rechnung getragen werden. Demzufolge wurde es sowohl
bei Lehramtsstudierenden als auch bei Referendaren und
Lehrern erprobt. Dabei erwies sich das Training als geeignete
Möglichkeit, die Widerstandsfähigkeit gegenüber den berufsspezifi
schen Belastungen sowie die Problembewältigungs-
und sozial-kommunikativen Kompetenzen nachhaltig zu verbessern.
Es kann damit ein wirksames Interventionsprogramm
zur Stärkung des gesundheitsförderlichen Umgangs mit beruflichen
Anforderungen übergeben werden.
Im Sinne der Forderung nach einem differenzierten
Interventionsangebot wurde auch die Arbeit an dem
Konzept für die individuelle Beratung weitergeführt. Unsere
Erfahrungen hatten immer wieder gezeigt, dass bei stark ausgeprägten
Risikokonstellationen die individuelle Beratung gegenüber
dem Training in einer Gruppe vorzuziehen ist. Auch
für diese Fälle kann nun ein Programm bereitgestellt werden.
Es unterstützt die betreffenden Personen dabei, sich ihrer
Kompetenzen und Ressourcen (wieder) bewusst zu werden,
Selbstvertrauen neu zu gewinnen und Anforderungen nicht
nur als Probleme, sondern auch als bewältigbare Aufgaben zu
erleben und in Angriff zu nehmen.
4. Unterstützung bei der Gewinnung geeigneten
Lehrernachwuchses
Unsere bisherigen Ergebnisse ließen auch erkennen, dass
bei einem nicht geringen Teil der Lehramtsstudierenden
problematische Eignungsvoraussetzungen vorliegen (z. B.
Einschränkungen in der Widerstandskraft, Defi zite in der
sozial-kommunikativen Kompetenz und Beeinträchtigung
des Selbstvertrauens). Klar ist, dass derartige Handicaps
während der Ausbildung nicht oder kaum wettgemacht werden
können. Es muss bereits vor Aufnahme des Studiums die
Entsprechung von Eignungs- und Anforderungsprofi l stärkere
Berücksichtigung fi nden. Das ist sowohl unter dem Aspekt
des berufl ichen Erfolgs als auch unter dem der Gesundheit
unabdingbar. Beides gehört unlösbar zusammen. Als vom
Kandidaten einzubringende Basisvoraussetzungen sind neben
emotionaler Stabilität und einer aktiv-offensiven Haltung
den Lebensanforderungen gegenüber vor allem Stärken im
sozial-kommunikativen Bereich gefordert. Wichtig ist weiterhin,
mehr Augenmerk auf die berufsspezifi sche Motivation
zu richten. Ausgehend von diesen Voraussetzungen entwickelten
wir ein diagnostisches Verfahren, das es Interessenten
für ein Lehramtsstudium ermöglichen soll, sich selbst auf
ihre Eignung hin zu beurteilen und die nötigen Schlüsse daraus
zu ziehen (Self-Assessment-Verfahren). Das Instrument
vermittelt Informationen über die Anforderungen, die
der Lehrerberuf an eine Person stellt, und ermöglicht es,
die eigenen Voraussetzungen und Erwartungen mit dem
Anforderungsprofi l abzugleichen. Es soll als Refl exionshilfe
9
Abiturienten bei der Entscheidung für oder gegen den
Lehrerberuf unterstützen.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Es werden nun im
Ergebnis der zweiten (und letzten) Etappe der Studie weitreichende
Unterstützungsangebote für Lehrerinnen und Lehrer
und darüber hinaus für Lehramtsstudierende, Referendare und
Schulleitungen unterbreitet, die der Erhaltung und Förderung
von Gesundheit und Leistungsfähigkeit zugute kommen können.
Sie fi nden ihren Niederschlag in einem zweiten Buch:
Schaarschmidt U. & Kieschke, U. (Hrsg.) (2007). Gerüstet für
den Schulalltag. Psychologische Unterstützungsangebote für
Lehrerinnen und Lehrer. Weinheim: Beltz-Verlag.
Die beiden oben erwähnten Erfassungs- und Beurteilungsinstrumente
sind online zu bearbeiten: das Self-Assessment-
Verfahren für Interessenten am Lehramtsstudium unter www.
10
www.schuleundgesundheit.hessen.de
fi t-fuer-den-lehrerberuf.de, der Arbeitsbewertungscheck für
Lehrkräfte unter www.abc-l.de.
Abschließend sei angemerkt, dass wir interessierte Schulen
und für die Schule zuständige Institutionen und Personen gern
dabei beraten, die von uns unterbreiteten Angebote aufzugreifen
und umzusetzen. Für weitere Auskünfte wenden Sie sich
bitte an den Autor.
Autor
Prof. Dr. Uwe Schaarschmidt, Projektleiter
em. Professor für Persönlichkeits- und Differentielle
Psychologie an der Universität Potsdam
E-Mail: uwe.schaarschmidt@uni-potsdam.de
� www.fi t-fuer-den-lehrerberuf.de
� www.abc-l.de
�
www.dbb.de
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
Lehrergesundheit
Lehrergesundheit stärken –
Coachinggruppen für Lehrer
nach dem „Freiburger Modell“
Ohne gesunde Lehrer kann keine Schule leisten, wozu sie da ist: Kinder
im Bildungsprozess zu fördern und zu fordern. Da sich die Lehrergesundheit
in den letzten Jahren zu einem signifi kanten Problembereich
entwickelt hat, musste sich – neben der Medizin – auch die Kultusbürokratie,
die Politik und die Öffentlichkeit dem Problem stellen.
Lehrerbelastung: Die neurobiologische
Perspektive
Schulische Lehrkräfte erkranken, wie Studien zeigen,
mehrheitlich an Gesundheitsstörungen, die neuerdings
als „Stress- Related Diseases“ bezeichnet werden, d. h. an
psychosomatischen oder psychischen Störungen. Erst die
moderne Neurobiologie ist in der Lage zu erklären, warum
der Lehrerberuf, jedenfalls so wie er sich heute darstellt, ein
besonders hohes Risiko für Stress-Erkrankungen in sich
birgt. Anders als ein stabiler PC, dessen „Hardware“ durch
die Programme, die auf ihm laufen, in der Regel nicht zu zerstören
ist, sind das menschliche Gehirn und der menschliche
Körper biologische Strukturen, die sich unter dem Einfl uss der
„Programme“, die auf ihnen „gespielt“ werden, ändern. Das
Gehirn verwandelt psychische Erlebniseindrücke in bioelektrische
und biochemische Signale, es macht aus Psychologie
sozusagen Biologie. Prominente amerikanische Forscher
sprechen angesichts der nachgewiesenen neurobiologischen
Effekte sozialer Erfahrungen inzwischen vom „Social Brain“.
Univ.-Prof. Dr. med. Joachim Bauer
Universitätsklinikum Freiburg
Wie das Gehirn aus Psychologie Biologie
werden lässt
Psychische Erlebniseindrücke haben Einfl uss auf die körperliche
Gesundheit. Neurobiologische Studien zeigen:
Die Motivationssysteme des Gehirns und ihre gesundheitsfördernden
Botenstoffe werden dadurch aktiviert, dass
Menschen durch Andere Beachtung und Anerkennung erfahren.
Bedrohung, Kontrollverlust oder Überforderung
führen dagegen zu einer Hochregulierung des neurobiologischen
Stress-Systems. Gegen eine kurzfristige Aktivierung
der Stressbiologie ist nichts einzuwenden. Prekär wird die
Situation jedoch dort, wo Stressquellen vom betroffenen
Individuum auf Dauer nicht zu bewältigen sind und die
„Stressachse“ dauerhaft aktiviert bleibt. Folgen sind dann verminderte
allgemeine Krankheitsresistenz, ein geschwächtes
Immunsystem, eine Erhöhung des Risikos für Herz- oder
Kreislauferkrankungen und depressive Störungen.
Studien meiner Arbeitsgruppe und solche anderer
Arbeitsgruppen zeigen: Erfahrungen von Kontrollverlust
und Überforderung auf der einen, fehlende Anerkennung
auf der anderen Seite sind zum Kennzeichen der Arbeit
11
vieler Lehrerinnen und Lehrer geworden. Wir mussten
z. B. feststellen, dass im Hauptschulbereich – alleine innerhalb
eines einzigen Jahres – etwa die Hälfte aller Lehrkräfte
im Unterricht zum Adressaten schwerer Beleidigungen,
Verhöhnungen und anderen Formen verbaler Aggressivität
werden. Destruktives Schülerverhalten und zu große Klassen
werden von Lehrkräften, wie wir und Andere zeigen konnten,
als mit Abstand führende berufl iche Belastungsfaktoren
genannt. Fehlende Unterstützung durch Eltern, permanente
Neuerungen im Lehrbetrieb, Probleme in der innerschulischen
Zusammenarbeit und öffentliche Kampagnen gegen
die Lehrerschaft kommen hinzu. Stressoren dieser Art haben
auf die Dauer gesundheitliche Auswirkungen. Zwanzig
Prozent der im Dienst befi ndlichen (nicht krankgeschriebenen!)
Lehrerinnen und Lehrer leiden, wie wir in zwei unabhängig
voneinander durchgeführten Studien zeigen konnten,
an einer medizinisch relevanten, behandlungsbedürftigen
stressbedingten Symptomatik.
Ohne Effekt: Ein „Lob der Disziplin“ und
„Programme alter Art“
Vor dem Hintergrund der geschilderten Lage wird klar, dass
dem Problem der beeinträchtigten Lehrergesundheit weder mit
einem „Lob der Disziplin“ noch mit Gesundheitsprogrammen
alter Art beizukommen ist. Was immer mehr schulische
Lehrkräfte krank werden lässt, ist ein Aspekt des Lehrerberufs,
der außerhalb der Schule – auch von Schulbehörden und
Politikern – gerne unterschätzt oder übersehen wird, nämlich
die anstrengende Aufgabe, Beziehung zu gestalten. Kinder
und Jugendliche haben sich unter dem Einfl uss der gesellschaftlichen
Entwicklung verändert – vor allem die neuen
Medien, die berüchtigten Killerspiele eingeschlossen, spielen
hier ohne Frage eine besondere Rolle. Eine geordnete
Unterrichtssituation ist heute meistens nicht mehr gegeben
und sie ist, anders als früher, auch nicht mehr durch Appelle
oder notfalls Disziplinierung herzustellen. Viele Lehrkräfte
verschleißen daher heute einen Großteil ihrer Kraft damit, im
Unterricht erst einmal eine Situation zu schaffen, in der Lehren
und Lernen überhaupt beginnen kann. Hier liegt eine Quelle
für jene belastenden Faktoren, welche die Lehrergesundheit
in Gefahr bringen.
12
www.schuleundgesundheit.hessen.de
„Coachinggruppen für Lehrer nach dem
Freiburger Modell“
Lehrergesundheit vorsorgend zu stärken, heißt unter den derzeitigen
Bedingungen,
� in einem Hochleistungsberuf wie dem des Pädagogen
gesundheitsdienliche persönliche Einstellungen und
Haltungen zu fördern;
� Lehrer in ihrer Kompetenz zu stärken, Beziehung mit einer
zunehmend schwierigen Schüler-Klientel zu gestalten
(Beziehungspsychologie, Körpersprache, Stimme);
� Lehrern Wege aufzuzeigen, wie sich bei (teils in
Erziehungsdingen hilfl osen, teils kooperationsunwilligen)
Eltern Zusammenarbeit und erzieherische Verantwortung
einfordern lassen und
� die Fähigkeit von Lehrkräften (und Schulleitungen)
zu verbessern, Spaltungstendenzen innerhalb des
Kollegiums zu erkennen, Spaltung zu verhindern und
sich untereinander sowohl in professioneller wie auch in
persönlicher Hinsicht zu unterstützen.
Meine Freiburger Arbeitsgruppe hat ein Programm entwickelt,
das – auf der Basis moderner neurobiologischer
und psychosomatischer Erkenntnisse – die genannten vier
Themenbereiche abdeckt und als fünftes Element ein
Entspannungstraining vermittelt. Das Programm wird in Form
von „Lehrer-Coachinggruppen“ angeboten, die aus jeweils
bis zu 12 Lehrkräften und einem medizinischen oder psychologischen
Experten als externen/r Moderator/in bestehen.
Die Gruppenarbeit geht über zehn Doppelstunden (je zwei
Doppelstunden für jedes der fünf thematischen Module).
Das Freiburger Modell der Lehrer-Coachinggruppen sieht
fünf thematische Module vor, denen jeweils zwei der insgesamt
zehn Doppelstunden gewidmet sind. In der jeweils ersten
Doppelstunde soll das Thema des jeweiligen Moduls vom/
von der Moderator/ Moderatorin mit einem Inputreferat oder
im Konversationsstil eröffnet werden (ca. 20-30 Minuten),
gefolgt von einer Dialogrunde, in der der Moderator aktiv
bleibt und die aus einer Diskussion und Erweiterung der
vom Moderator angesprochenen Aspekte besteht. Zweck des
vom Moderator eingebrachten Inputs ist es, die Erinnerung
und Phantasie der Teilnehmer – mit Blick auf ihre konkreten
berufl ichen Erfahrungen – anzuregen und so ein ergiebiges
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
Gruppengespräch vorzubereiten. In der jeweils zweiten
Doppelstunde soll eine Balint-ähnliche Arbeit stattfi nden, wobei
möglichst ein/e Teilnehmer/in über etwa 15-30 Minuten
einen Fall berichtet, der dann von den anderen Teilnehmern –
unter Leitung des/der Moderators/in gespiegelt und miteinander
refl ektiert wird (15). In der zweiten Doppelstunde bleibt
der Moderator selbst zurückhaltend, unterstützt jedoch das
Ingangkommen gegenseitiger verstehender und ergänzender
Refl exion zwischen den Teilnehmern.
Die fünf Module sind nicht das Ergebnis einer Schreibtisch-
Entscheidung, sondern haben sich nach qualitativer
Inhaltsanalyse von thematisch offenen Lehrergruppen als die
am häufi gsten wiederkehrenden Themen herausgestellt. Die
Module widmen sich also genuin den von Lehrern/innen als
am bedeutendsten eingeschätzten Themen:
� Modul 1: Gesundheitsinformationen. Informationen
über die Zusammenhänge von zwischenmenschlichen
Beziehungen und neurobiologischen Systemen
(Motivationssystem, Stresssystem). Erlernung eines
Entspannungstrainings (z. B. nach Jacobsen).
� Modul 2: Persönliche Einstellungen. Balance zwischen
berufl icher Rolle und persönlicher Identität. Balance
zwischen zu wenig und einem Zuviel an Identifi kation
mit der berufl ichen Aufgabe.
� Modul 3: Beziehungsgestaltung mit Schülern/innen: Das
Finden einer Balance zwischen verstehender Zuwendung
und Führung.
� Modul 4: Beziehungsgestaltung mit Eltern. Überwindung
von gegenseitigem Misstrauen. Einforderung von
Mitverantwortung.
� Modul 5: Beziehungsgestaltung im Kollegium und mit
der Schulleitung. Erkennen und Vermeiden von Spaltung.
Besondere Beachtung der Spaltung zwischen pädagogisch
strikten und eher liberalen Pädagogen („Es gibt
mehrere Arten ein guter Lehrer zu sein“).
Für „Coachinggruppen für Lehrer nach dem Freiburger
Modell“ existiert ein von uns entwickeltes Manual, welches
in einem „Compact“-Sonderheft von „Psychologie Heute“
zum Thema Schule sowie als Broschüre im Rahmen des
Projektes „Lange Lehren“ (Bundesanstalt für Arbeitsschutz
und Arbeitsmedizin, Berlin) publiziert wurde. Nach diesem
Manual führen wir inzwischen auch Moderatorentrainings
für psychologische und ärztliche Kollegen durch, die Lehrer-
Coachinggruppen leiten wollen. „Coachinggruppen für Lehrer“
nach unserem Modell wurden im Rahmen eines Projektes der
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (einer
Behörde des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales)
evaluiert und haben sich als wirksam erwiesen: Sie sind in der
Lage, verschiedene Kennwerte zu verbessern, mit denen sich
Lehrergesundheit erfassen und beschreiben lässt.
So früh als möglich ansetzen: Arbeit mit
Studenten
Defi zite, die viele Lehrerinnen und Lehrer mit Blick auf die
Beziehungsaspekte ihres Berufs erleben, haben ihre Ursache
zu einem wesentlichen Teil darin, dass das Studium den
Lehramtsstudenten in der Regel zwar eine gute fachliche
Ausbildung vermittelt, sich im Bereich Psychologie aber
auf die Vermittlung theoretischer Kenntnisse – z. B. auf
Unterricht in Entwicklungspsychologie u. Ä. – beschränkt.
Was Lehramtsstudenten im Studium aber vermissen, ist nach
den Ergebnissen einer Umfrage, die wir bei mehreren hundert
Studenten an der Universität Freiburg durchgeführt haben, die
Vermittlung von Fertigkeiten, wie man in der „Manege“ des
Klassenzimmers bestehen kann.
Wir haben in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für
Lehrerbildung der Universität Freiburg inzwischen begonnen,
Lehramtsstudenten im Rahmen von Eintages-Intensivtrainings
für die Bedeutung der Aspekte „Beziehungspsychologie“,
„Körpersprache“ und „Stimme“ im Lehrerberuf zu sensibilisieren
und – soweit dies im Rahmen eines solchen viel zu kurzen
Zeitraumes möglich ist – zu trainieren. Wir halten dieses
Angebot vor allem für jene Studentinnen und Studenten sinnvoll,
die vor dem Praxissemester, d. h. unmittelbar vor ihrer
ersten Praxisphase stehen. Wir gestalten ein solches Eintages-
Training so, dass wir vormittags ein Impulsreferat zum Thema
„Beziehungsaspekte in der Schule“ unter Einbeziehung
neurobiologischer Erkenntnisse halten mit anschließender
Diskussion. Nachmittags bieten wir Workshops an zu den
Themen „Beziehung“ (Leitung durch Psychologen oder psychologisch
geschulte Mediziner), „Körpersprache“ (Leitung
durch Schauspiellehrer) und „Stimme“ (Leitung durch
Sprecherzieher oder Gesangspädagogen). Die Evaluation
eines solchen Tagesangebotes hat uns gezeigt, dass Studenten
13
nicht nur einen hohen Bedarf für diese Art Kompetenztraining
sehen, sondern von einem solchen Angebot nach eigenen
Aussagen profi tieren.
Zusammenfassung
„Coachinggruppen nach dem Freiburger Modell“ sind ein über
insgesamt zehn Doppelstunden gehendes, durch externe psychologische
Experten geleitetes, an einem publizierten Manual
orientiertes Kompetenztraining für schulische Lehrkräfte.
Die Arbeit in der Gruppe konzentriert sich auf jene thematischen
Bereiche, die für die Erhaltung der Lehrergesundheit
eine herausragende Rolle spielen und sich als Quelle gefährdender
Belastungen im Lehrerberuf erwiesen haben: 1.
Persönliche Einstellungen und Haltungen, 2. Auftreten und
Beziehungsgestaltung im Unterricht, 3. Einforderung von elterlicher
Kooperation und Mitverantwortung und 4. Abwehr
kollegialer Spaltungsprozesse und Stärkung gegenseitiger
sozialer Unterstützung. Als fünftes Element kommt ein
Entspannungstraining hinzu. „Coachinggruppen nach dem
Freiburger Modell“ sind wirksam und verbessern objektive
Kennwerte, mit denen sich Lehrergesundheit erfassen und beschreiben
lässt. Kompetenztrainings dieser und ähnlicher Art
sollten ihren Platz bereits im Lehramtsstudium haben.
14
Literatur
www.schuleundgesundheit.hessen.de
� Joachim Bauer: Beziehungen gestalten, Konfl ikte entschärfen.
Coaching für Lehrergruppen. Ein Manual.
Psychologie Heute Compact. „Schule verändern“. Beltz
Verlag, 2007.
� Joachim Bauer: Lob der Schule – Sieben Perspektiven für
Schüler, Lehrer und Eltern. Hoffmann und Campe Verlag,
2007.
Joachim Bauer: Prinzip Menschlichkeit – Warum wir von
�
Natur aus kooperieren. Hoffmann und Campe Verlag,
2006.
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
Gesundheitsförderung an
einer berufl ichen Schule
Von der Bedeutung eines Tages zur „Gesundheit von
Lehrerinnen und Lehrern“ (5. Februar 2007) für das
Kollegium der Käthe-Kollwitz-Schule in Wetzlar
Die Käthe-Kollwitz-Schule in Wetzlar ist eine berufl iche
Schule mit mehr als 1500 Schülerinnen und Schülern. Neben
der Qualifi zierung in den einschlägigen Ausbildungsberufen
der Fachrichtungen Ernährung, Hauswirtschaft, Gesundheit
und Körperpfl ege werden die Schülerinnen und Schüler in
den unterschiedlichsten Vollzeitschulformen unterrichtet.
Der Unterricht in den Besonderen Bildungsgängen, dem
Berufsgrundbildungsjahr, der Zweijährigen Berufsfachschule,
der Höheren Berufsfachschule, der Fachschule und der
Fachoberschule erfordert von den Lehrkräften neben dem
fachlichen Können abhängig von der Schulform sowohl hohes
pädagogisches Geschick als auch personelle Kompetenz.
Der schulische Alltag unserer Kolleginnen und Kollegen
ist durch zunehmende Mehrbelastung gekennzeichnet.
Subjektive Überlastungsgefühle, Auffälligkeiten bei unseren
Schülerinnen und Schülern, die Arbeit am Schulprogramm
und vor allem Kenntnis des Konzeptes von Schule &
Gesundheit im Hessischen Kultusministerium – dies sind
nur einige Gründe, die uns dazu veranlasst haben, die
Gesundheitsförderung an unserer Schule stärker ins Blickfeld
rücken zu lassen und sie gezielter voran zu bringen.
Käthe-Kollwitz-Schule in Wetzlar
Lehrergesundheit
Im Frühherbst letzten Jahres erging eine erste Einladung
an alle Kolleginnen und Kollegen, sich an der Etablierung
einer Gesundheitsgruppe zu beteiligen, um ein längerfristiges
Konzept zur Gesundheitsförderung zu erarbeiten.
Vorangegangen war ein Beschluss der Gesamtkonferenz,
den Aspekt der Gesundheitsförderung verstärkt in das
Schulkonzept zu integrieren. Als Ziel wurde die Erhaltung
der Gesundheit aller in Schule Beteiligten, trotz zum Teil
defi niert. Eine solche Gesundheitsgruppe, sollte vorhandene
Aktivitäten bündeln, neue Ideen entwickeln und Hilfestellung
geben bei der Umsetzung in konkrete, auf Dauer wirksame
Maßnahmen.
Im Mittelpunkt des ersten Treffens stand die
Bestandsaufnahme. Welche gesundheitlichen Belastungen
bestehen an unserer Schule? Welche gesundheitsfördernden
Maßnahmen/Aktivitäten sind bereits vorhanden? Welche
Wünsche/Ideen gibt es?
Die visualisierten Antworten auf diese Fragen wurden dem
Gesamtkollegium zur Ergänzung zur Verfügung gestellt.
15
Wichtigstes Ergebnis und zur obersten Priorität erklärt war
jedoch der Gedanke, zunächst einen pädagogischen Tag
zur Gesundheit von Lehrerinnen und Lehrern durchzuführen.
In dieser Idee schien sich nur Positives zu bündeln: Die
Möglichkeit, möglichst viele Kolleginnen und Kollegen für
die verschiedenen Aspekte und Betrachtungsmöglichkeiten
zur Gesundheit von Lehrerinnen und Lehrern zu sensibilisieren
und zur längerfristigen Weiterarbeit zu motivieren, das
Kennenlernen konkreter Ansätze bzw. Möglichkeiten für gesundheitsförderliche
Aktivitäten oder Maßnahmen bzw. konkreter
Entlastungsmöglichkeiten und vor allem auch das gemeinsame
Heraustreten aus dem Schulalltag, fernab jeglicher
Arbeitsgruppen.
Der Vorschlag eines solchen Tages fand dann auch im
Gesamtkollegium eine große Zustimmung. Einigkeit bestand
zudem darin, den Tag professionell begleiten zu lassen.
Das Grundkonzept des pädagogischen Tages beruhte von
Anfang an auf zwei wesentliche Säulen:
1. Er sollte einerseits Impulsveranstaltung sein, um längerfristig
und nachhaltig Veränderungsprozesse in Gang zu
setzten und somit die Integration der Gesundheitsförderung
im Sinne von Schulentwicklung mit dem Ziel, strukturelle
Veränderungen des Schulbetriebs zu bewirken, voran zu
bringen.
2. Um die Lehrkräfte unserer Schule zu befähigen, ihren
Beruf gesünder, zufriedener und erfolgreicher ausüben
zu können, sollte der pädagogische Tag aber andererseits im
Bereich der persönlichen Prävention gewinnbringend sein.
Jede Lehrkraft sollte die Möglichkeit erhalten, sich individuell
für einen die eigene Gesundheit betreffenden Aspekt entscheiden
und konkret erfahren bzw. ausprobieren zu können.
Auf diesen Grundgedanken basierte die gesamte weitere
Planung. Um die oben dargestellten Ziele erreichen zu können,
wurde zunächst der grobe Rahmen festgelegt: Einem
Einführungsvortrag sollten verschiedene Workshops und zum
Abschluss und Ausblick ein Plenum folgen.
Für die Auswahl der später angebotenen Workshops wurden
zunächst die Wünsche und Bedürfnisse des Kollegiums erfragt.
Die Planungsgruppe erstellte dann eine Liste mit möglichen
Themenschwerpunkten, die unterschiedliche Bereiche
umfasste, z. B. Kollegiale Fallberatung, Stressbewältigung,
16
www.schuleundgesundheit.hessen.de
Stimmtraining, rückengerechtes Verhalten, Zeitmanagement
und anderes mehr.
Jede Kollegin und jeder Kollege hatte dann im Folgenden
die Möglichkeit, sich individuell einen der Workshops
auszuwählen.
Zur Durchführung und Gestaltung des pädagogischen
Tages konnten wir auf zwei externe Expertengruppen
zurückgreifen:
Ein glücklicher Umstand für unseren pädagogischen Tag war,
dass wir mit Herrn Prof. Dr. Krause aus der Schweiz und einer
seiner Mitarbeiterinnen eine professionelle Begleitung für
diesen Tag gewinnen konnten.
Herr Prof. Dr. Krause ist seit 2006 als Dozent und Professor
für Angewandte Psychologie an der Fachhochschule
Nordwestschweiz, Institut Mensch in komplexen Systemen
tätig. Er beschäftigt sich bereits seit längerem mit den
Zusammenhängen von Arbeit und Gesundheit. Für den
Schulbereich hat er mehrere Verfahren entwickelt, um psychosoziale
Belastungen und Ressourcen messbar zu machen.
Herr Prof. Dr. Krause hat sein Engagement an diesem Tag vorwiegend
dem Schulentwicklungsaspekt gewidmet. In seinem
ausgesprochen anregenden und kompetenten Vortrag wurde
ein Phasenmodell vorgestellt, das Schulen durchlaufen sollten,
um gesundheitsförderliche Schulentwicklung erfolgreich
zu betreiben. Es wurde deutlich, dass für eine Optimierung
der Arbeitsorganisation und zur Entlastung des Kollegiums
das gesamte Kollegium und die Schulleitung aktiviert werden
müssen. Mögliche Schwierigkeiten und Widerstände wurden
anschließend diskutiert. Im Rahmen des Vortrags fand
zudem eine schriftliche Befragung statt, um die Sichtweise
des gesamten Kollegiums diesbezüglich zu erfahren. Die
Bögen wurden noch im Verlauf des Tages ausgewertet und im
Abschlussplenum erste zentrale Ergebnisse zurückgemeldet.
Herr Prof. Dr. Krause hat weiterhin einen Workshop mit dem
Titel „Managementgruppe“ geleitet. In diesem Workshop
wurde in einem ersten Teil, unter Beteiligung der Schulleitung
und über die Fachbereichsgrenzen hinaus, über den Stand und
das weitere Vorgehen in Richtung einer gesundheitsförderlichen
Schulentwicklung und in einem zweiten Teil auch über
Ergebnisse der Befragung nachgedacht bzw. diskutiert. Das
Ziel seiner Arbeit war, dem Kollegium zu ermöglichen, eine
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
Entscheidung darüber zu treffen, inwieweit eine gesundheitsförderliche
Schulentwicklung gemeinsam angestrebt werden
soll bzw. Ideen für ein erstes Vorgehen zu entwickeln.
In einem weiteren Workshop wurde die Problematik „Jüngere
und Ältere im Kollegium: Arbeitsgerechte Arbeitsorganisation
an der Käthe-Kollwitz-Schule“, eines von vielen schulspezifi
schen Themen, aufgegriffen. Des Weiteren konnten wir
auf das Angebot des Medical Airport Service GmbH (MAS)
zurückgreifen. Der MAS ist im Rahmen der arbeitsmedizinischen
Betreuung auch für die Gesundheit von Lehrerinnen
und Lehrern zuständig. Die verantwortlichen Betriebsärzte
sind verstärkt in das Projekt „Schule & Gesundheit“ eingebunden.
Darüber hinaus bietet der MAS Vorträge und Workshops
zur Gesundheit von Lehrerinnen und Lehrern an.
Im Rahmen dieses pädagogischen Tages bot der MAS einen
Kurzvortrag zum Thema „Weniger Stress durch kompetentes
Zeitmanagement“ sowie drei weitere Workshops an. Die
Zusammenarbeit sowohl mit Prof. Krause und seiner
Mitarbeiterin, als auch mit dem MAS erwies sich als sehr positiv.
An dieser Stelle muss auch erwähnt werden, dass wir in
die Planung und Organisation des Tages zwei unserer
Lehrerinnen/Lehrer im Vorbereitungsdienst eingebunden
haben. Im Verlauf ihres Vorbereitungsdienstes haben die
Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst (LiV) ein Pfl ichtmodul
mit dem Titel „Schule mitgestalten und entwickeln“ zu belegen.
In diesem Rahmen gilt es, sich an der Planung und
Umsetzung von schulischen Projekten und Vorhaben zu beteiligen.
Unsere „LiVs“ haben sich mit großem Interesse
und sehr viel Engagement an den vielfältigen Aufgaben
bei der Planung und Durchführung des pädagogischen
Tages beteiligt: am Auswahl- und Einwahlverfahren für die
Workshops, beim Einholen von Angeboten bzw. der Auswahl
der Catering-Unternehmen, bei der Raumplanung, bei der
Bereitstellung der technischen Notwendigkeiten und vieler
anderer logistischer Aufgaben. Auch am Tag selber haben sie
z. B. zum Teil die Betreuung der Referentinnen/Referenten
oder die Funktion von Ansprechpartnern bei Fragen und
Wünschen übernommen. Schließlich wurde von ihnen neben
den Evaluationsinstrumenten des IQ (für die Teilnahme am
pädagogischen Tag wurden den teilnehmenden Kolleginnen
und Kollegen 10 Fortbildungspunkte erteilt) ein eigener
Feedback-Bogen entwickelt. Von der Zusammenarbeit haben
letztlich alle profi tiert. Neben der Entlastung für die anderen
Mitglieder der Planungsgruppe sahen sich unsere LiVs da-
Teilnehmerinnen des Workshops zum Stressmanagement
durch bereichert, dass sie Kontakte zu vielen Kolleginnen und
Kollegen erhalten haben, die sie über ihre Fachzugehörigkeit
kaum kennen gelernt hätten, dass sie über die Schule insgesamt
besser Bescheid wissen – wo sind welche Materialien,
wer ist für was zuständig – und schließlich gab es trotz einiger
Überstunden auch viel Freude bei der Arbeit und am Ende
sehr viel Lob.
Am Ende des pädagogischen Tages stand ein zufriedenes
Kollegium. Der Ablauf gestaltete sich reibungslos und
das vielleicht zunächst wichtigste Ergebnis war bereits im
Abschlussplenum für alle seh- und hörbar: Die deutliche
Mehrheit des Kollegiums hat eine hohe Bereitschaft, die
Gesundheitsförderung an unserer Schule weiter zu betreiben
und weitere Maßnahmen (zum Teil bereits am Tag angedacht)
in die Wege zu leiten. Das Ziel ist, diese Maßnahmen in eine
langfristige Planung einzubinden und dadurch spürbar Erfolge
zu erzielen.
Gut eine Woche nach dem pädagogischen Tag erhielten wir
aus der Schweiz ein ausführliches Ergebnisprotokoll sowie
eine Fotodokumentation der wichtigsten visualisierten
Aussagen innerhalb der Managementgruppe.
Das Kollegium der Käthe-Kollwitz-Schule in Wetzlar hat beschlossen,
den mit dem Tag zur Gesundheit von Lehrerinnen
und Lehrern eingeschlagenen Weg fortzusetzen, um unseren
Schulalltag mittel- und langfristig gesünder und zufriedener
leben zu können. Dabei ist für uns jede Zeit, die unseren
einzelnen Lehrkräften individuelle Möglichkeiten zur
Gesundheitsförderung und unserem Schulbetrieb gesundheitsförderliche
Arbeitsbedingungen schafft, sinnvoll angelegt!
Autorin
Angelika Breuker
Studienrätin an der Käthe-Kollwitz-Schule in Wetzlar
17
Regionale Fachtagung zum Thema:
„Gesundheit von Lehrerinnen und Lehrern“
18
www.schuleundgesundheit.hessen.de
Am 11.11.2004 veranstaltete das Staatliche Schulamt für den Kreis Bergstraße und den Odenwaldkreis im
Bürgerhaus Mörlenbach seine erste Regionale Fachtagung mit dem Thema: „Gesundheit von Lehrerinnen und
Lehrern“. Eingeladen waren Vertreterinnen und Vertreter aus allen Schulen der beiden Kreise.
Das Programm gliederte sich in drei Teile:
� Vormittag: Vorträge zu Schule & Gesundheit allgemein
und zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation
der Lehrerinnen und Lehrer. Aufgelockert wurden die
Vorträge durch Bewegungspausen, die von Referendaren
der beiden Studienseminare (Grund-, Haupt- und
Realschule sowie der Gymnasien mit Unterstützung der
beiden zuständigen Ausbildungsleiter Sport) gestaltet
wurden.
� Mittagspause (vor (!) und während): Informationsmarkt
mit 17 Kooperationspartnern zu den Bereichen Sicherheit,
gesunde Ernährung, Erziehungsberatung, Ausstellung
verschiedener Schulen mit beispielhaften Projekten.
� Nachmittag: Angebot von neun Workshops von zweieinhalb
Stunden Dauer zu unterschiedlichen Themen.
Über 150 Lehrkräfte aus beiden Kreisen nahmen das Angebot
an.
Lehrergesundheit
Nach der Begrüßung durch den Landrat des Kreises
Bergstraße, Herrn Wilkes, den Bürgermeister der Gemeinde
Mörlenbach, Herrn Knopf, den Leiter des Staatlichen
Schulamtes Dr. Roghé stellte eine Vertreterin des Hessischen
Kultusministeriums das Arbeitsfeld Schule & Gesundheit mit
seinen Zielen und Arbeitsbereichen in einem PowerPoint-
Vortrag vor.
In einer 15 minütigen Bewegungspause wurden anschließend
in Kleingruppen Bewegungselemente aus und für den
Unterricht unter Anleitung der Studienreferendarinnen und
-referendare der Studienseminare Bensheim und Heppenheim
vorgestellt und ausgeführt.
Der Vortrag von Frau Dr. Rauch vom Betriebsärztlichen
Dienst stellte die „Gesundheit und Gesunderhaltung des
Erwachsenen“ mit vielen Informationen und Tipps für
Gesundheitsvorsorge durch bedürfnisgerechte Ernährung und
Bewegung in den Mittelpunkt.
Eine zweite Bewegungspause erhöhte die Konzentrationsfähigkeit
der Teilnehmer, so dass Frau Dr. Giebeler vom
Betriebsärztlichen Dienst in Offenbach bei ihrem Vortrag zu
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
den „Belastungsfaktoren im Lehrerberuf“ wieder aufnahmefähige
Zuhörer hatte. Schwerpunkte waren die Stressbelastungen
im Lehrerberuf. Die Art und Weise, wie die Lehrkräfte mit
Stress umgehen, entscheidet darüber, ob er krank macht oder
zur Leistungserhöhung beiträgt. Einige Lösungsansätze zur
Bewältigung des negativen Stresses wurden aufgezeigt.
Mit der folgenden Kaffeepause wurde die Möglichkeit
eröffnet, sich eine Stunde bis zum Mittagessen im
Informationsmarkt über ein breites Spektrum von Angeboten
informieren zu lassen:
„Mit allen Sinnen genießen und entspannen“ (ket-concepts)
über „Yoga für Kinder und Erwachsene“ (Fr. Jöst-Steinwald,
Grundschule Bad König) und „gesunder Schulkiosk“
(Gesundheitsamt Heppenheim) bis zur richtigen „Erste Hilfe
Ausstattung in Schulen – Einrichtung eines Sanitätsraums“
(DRK) gab es wertvolle Hinweise. Die Unfallkasse Hessen
informierte über ihre Unterstützungsangebote für Schulen
ebenso wie die DAK. Die Verbraucherzentrale Hessen stellte
ihre Lernmediothek vor, die Fachambulanz für Suchtkranke
in Heppenheim und die Fachstellen für Suchtprävention in
Erbach und Lampertheim wiesen auf ihre Angebote u. a. zur
Raucherentwöhnung hin. Die Erziehungsberatungsstelle für
Kinder, Jugendliche und Erwachsene des Odenwaldkreises
stellte sich vor, ebenso die Jugendämter beider Kreise mit
ihren Hilfsangeboten und die Schwerbehindertenbeauftragte
des Gesamtpersonalrates der Lehrkräfte. Die Theodor-Litt-
Schule Michelstadt berichtete von ihrem Projekt „Integrative
Erziehungshilfe“, die Konrad-Adenauer-Schule Heppenheim
über ein „Entspannungsprojekt für Lehrkräfte“. Die
Schlossbergschule Bensheim-Auerbach stellte ihr ganzheitliches
Schulprogramm zur Stärkung der Persönlichkeit der
Schülerinnen und Schüler vor.
Das vollwertige Mittagessen der Schulküche der
Odenwaldschule in Oberhambach stieß auf große
Anerkennung. Die Zahl der Essen stieg im Laufe der
Vorbereitung der Veranstaltung immer weiter an, was der
Küche dann einige Kapazitätsprobleme verursachte. Neben
den über 150 Lehrerinnen und Lehrer, kamen noch dazu
Referenten, Aussteller, Workshopleiter und Tagungsbegleitung
durch Fremdsprachensekretärinnenklasse der Berufl ichen
Schule Bensheim, insgesamt über 260 Personen für das
Mittagessen.
Die Workshops am Nachmittag fanden in der benachbarten
Weschnitztalschule statt, die freundlicherweise Klassenräume
zur Verfügung stellte. Die Themen umfassten ein breites
Spektrum:
� Kollegiale Fallberatung
� Minutenentspannung im Schulalltag
� Krisen- und Konfl iktmanagement
� Praktische Hilfen für den Umgang mit verhaltensschwierigen
Schülerinnen und Schülern in der Regelschule
� Zeitmanagement
� Stimmgesundheit
� Gesunde Schulverpfl egung
� Entspannungs- und Lockerungsübungen für die Pause
� Prävention von und Intervention bei Abhängigkeit von
Lehrkräften
Die Kolleginnen und Kollegen hatten sich bei der Anmeldung
mit Erst- und Zweitwahl eingewählt und fanden ihre Wünsche
weitgehend berücksichtigt. Es wurde in den zweieinhalb
Stunden intensiv gearbeitet.
Am Ende der Workshopsitzungen wurde ein Fragebogen zur
Evaluation ausgeteilt. Die Zusammenfassung der Ergebnisse
sehen Sie in der Abbildung.
Auf eine Schlussrunde im Gesamtplenum wurde absichtlich
verzichtet, denn die Themen waren zu vielseitig und die
Dauer der Veranstaltung ohnehin schon sehr lang. Der ursprünglich
geplante Reader mit Kurzfassungen der Inhalte
von Vorträgen und Workshops konnte leider nicht zusammengestellt
werden.
Die professionelle Tagungsvorbereitung und -begleitung
übernahm die Fremdsprachensekretärinnenklasse 12FS des
berufl ichen Zweiges der Karl-Kübel-Schule in Bensheim mit
den beiden Lehrkräften Frau Pillas und Frau Brandl.
Die Evaluation der Veranstaltung zeigte eine Zufriedenheit
von 97% der Teilnehmer. Während die beiden allgemeinen
Einführungsvorträge nicht auf ungeteilte Zustimmung trafen,
fanden 92% die Belastungsfaktoren im Lehrerberuf als interessant.
Für die Workshops gab es sehr positive Resonanz in
allen Fällen.
19
Auch der Informationsmarkt und die Bewegungspausen wurden
mit großer Zustimmung bewertet. Gleiches gilt für das
Mittagessen und die Tagungsbegleitung.
An einer Wiederholung der Veranstaltung zeigten sich 97% der
Befragten interessiert, davon zwei Drittel an neuen Inhalten.
Durch Veränderungen in der personellen Situation konnte
bisher eine Folgeveranstaltung bedauerlicherweise nicht organisiert
werden. Die Vorbereitung der Tagung forderte die
Arbeitskraft der Hauptverantwortlichen, die Schulpsychologin
Daniela Nothstein und den Fachberater Schule & Gesundheit
Michael Paret sowie die Sportkoordinatorin Tanja Keller über
ein halbes Jahr fast vollständig.
Fortsetzungen gab es im Laufe der folgenden 3 Jahre in Form
mehrerer Angebote: Workshops zur „Stimmgesundheit“,
zur „Stressbewältigung im Schulalltag“ (s. Bericht von
Frau Anja Keinath), „Praktische Hilfen für den Umgang
mit verhaltensschwierigen Schülerinnen und Schülern“,
„Supervisionsangeboten“, von der Unfallkasse Hessen fi -
nanzierte anderthalbtägige Seminare „Kommunikation“ und
„Konfl iktlösung durch Kommunikation“ sowie Angeboten zur
Sucht- und Gewaltprävention, die alle rege genutzt wurden.
Die Nachfrage überstieg in der Mehrzahl der Fälle die angebotenen
Plätze.
Autor
Michael Paret
Fachberater Schule & Gesundheit am Staatlichen Schulamt
für den Kreis Bergstraße und den Odenwaldkreis
20
Gesamtzufriedenheit
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
sehr groß
groß
www.schuleundgesundheit.hessen.de
mittel
gering
Die Evaluation zeigt eine hohe Zufriedenheit
der Tagungsteilnehmer.
sehr gering
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
Bildung, Gesundheit und
Entspannung gehören zusammen
Die medinet Spessart-Klinik Bad Orb verfolgt zusammen mit ihrer hauseigenen, staatlich anerkannten
Comeniusschule, dem Heilpädagogischen Zentrum und Seminaren für Erwachsene ein ganzheitliches Gesundheitskonzept.
Die Behandlung psychisch kranker und adipöser Kinder und Jugendlicher unter Einbeziehung
der Eltern sowie Regenerationsangebote für Lehrer bilden den Schwerpunkt der Klinik in Bad Orb. Junge
Menschen und deren Eltern bzw. Erzieher in ihrem Interaktionsverständnis wahrzunehmen und das Ungleichgewicht
von Körper, Geist und Seele auszubalancieren, das ist das Ziel der von Ärzten und Therapeuten
gemeinsam für jeden Patienten und Gast individuell erstellten Therapie. Hier gibt es durchaus Parallelen zu
den Ideen der Erziehungsvereinbarungen – wie sie bei der Bonner Erklärung formuliert wurden – dass nämlich
Kinder, Eltern und Pädagogen gemeinsam für die Gesundheitsentwicklung verantwortlich sind.
In der Rehabilitationsklinik für Kinder, Jugendliche und
junge Erwachsene werden vor allem Stoffwechselstörungen
wie Adipositas und Diabetes mellitus sowie psychosomatische
Erkrankungen und Verhaltensstörungen, Erkrankungen
des Bewegungsapparates und des Herz-Kreislaufsystems
behandelt.
Die Klinik verfügt im Kinder- und Jugendlichenbereich über
160 stationäre Behandlungsplätze. Die Qualität der medizinischen,
diagnostischen und therapeutischen Ausstattung
ermöglicht es dabei auch, Anschlussheilbehandlungen
durchzuführen.
Chronische Erkrankungen werden durch ein Rehateam,
bestehend aus Fachärzten, Dipl. Psychologen, Dipl.
Pädagogen, Sozialpädagogen, Kinderkrankenschwestern,
Ergotherapeuten, Musiktherapeuten, Krankengymnasten,
Sporttherapeuten und Ernährungsfachkräften behandelt. Die
Dauer der Rehabilitation orientiert sich an den gesetzlichen
Grundlagen und dem Schweregrad der Erkrankungen sowie
an den individuellen Bedürfnissen der Patienten. Sie beträgt
in der Regel vier bis sechs Wochen, wobei auch eine längere
Therapie möglich ist. Bei Kindern im Vorschulalter wird in
Lehrergesundheit
der Regel eine Begleitperson mit aufgenommen. Bei älteren
Kindern ist dies auch möglich, sofern es zur Durchführung
einer adäquaten Therapie erforderlich ist.
Die Behandlung der chronisch erkrankten Kinder und
Jugendlichen basiert auf dem Wissen, dass diese Patienten zusätzlich
zu den körperlichen Störungen unter gesellschaftlicher
Ausgrenzung leiden. Auch die Chancen auf dem Arbeitsmarkt
sind durch die chronische Erkrankung deutlich reduziert.
Selbst im Elternhaus gibt es häufi g Konfl ikte bezüglich der
Therapiemitarbeit. Dazu kommen Leistungseinschränkungen
unterschiedlichen Ausmaßes. Dies bedeutet, dass den jungen
Patienten während des Aufenthaltes in der Spessart-Klinik
handlungsrelevante Fähigkeiten und Fertigkeiten in einer
Gruppe Gleichaltriger zur späteren Anwendung im eigenen
sozialen Kontext vermittelt werden müssen. Bei psychischen
Störungen und psychosomatischen Erkrankungen arbeiten
die Ärzte und Therapeuten mit der Klinik für Kinder- und
Jugendpsychiatrie, in Herborn zusammen. Adipösen Kindern
wird in Kochkursen und beim gemeinsamen Einkauf von
Lebensmitteln ein selbständiger Umgang mit gesundem
Essen auch für das Leben nach dem Klinikaufenthalt vermittelt.
Verstärkt soll dies werden durch ein Teletherapieprojekt
21
„Chat statt Chips“, das bei diesen Kindern und Jugendlichen
(„Generation Chips“), deren Bewegungsmangel oft seine
Ursache in zuviel Medienkonsum und ungesunder Ernährung
hat, hohes Interesse fi ndet.
Während der stationären Rehabilitation besuchen die jungen
Patienten die hauseigene, private und staatlich anerkannte
Comenius-Schule, in der die Klassenstufen 1-13 abgedeckt
werden. Derzeit vierzehn Lehrkräfte unterrichten
hauptsächlich Kinder und Jugendliche aus der Klinik. Für
jeden Schüler/jede Schülerin erarbeiten die Lehrer verschiedener
Bildungsrichtungen individuelle Entwicklungsziele.
Unterrichtsinhalte werden zu Wochenthemen zusammengefasst
und die Eltern in die schulische Arbeit einbezogen.
Nach Abschluss der Rehabilitation kehren die Schüler übergangslos
in ihre Stammschule zurück und haben häufi g sogar
mitgebrachte Defi zite ausgeglichen, neue Motivation
für das Lernen gefunden und spezielle Problemfelder wie
Legasthenie und Dyskalkulie gezielt bearbeitet. Zusätzlich
zum Regelunterricht wird Kreativunterricht für z. B. Töpfern,
Seidenmalerei, Keyboard oder Gitarre angeboten.
Elternarbeit ist einer der wichtigsten
Ansätze der medinet Spessart Klinik
Die Erkenntnis, dass Adipositas bei Kindern und
Jugendlichen vielfach ein familiäres Problem darstellt und
Erwachsene vorsorgen sollten, war Anlass für die Initiierung
des Adipositasnetzwerk Hessen e. V. Im Jahr 2005 wurde
die fachübergreifende Zusammenarbeit aller Personen und
Institutionen, die an der Prävention und Rehabilitation adipöser
Kinder, Jugendlicher und Erwachsener in Hessen beteiligt
sind, ausgebaut. Dabei konnten die vorhandenen guten
Ansätze vernetzt und Synergien genutzt werden. Mittlerweile
zählt das Netzwerk, schon rund 80 aktive Mitglieder. Weitere
Infos unter www.adipositas-hessen.de.
Vernetzung und eine gesamtgesellschaftliche Betrachtung der
Gesundheitsentwicklung bedeutet für die Therapeuten und
Pädagogen der medinet Spessart-Klinik aber auch, dass sie in
Seminaren für Erwachsene dazu anregen, alte Gewohnheiten
zu überdenken und neue Wege einzuschlagen. Das jüngste
Projekt ist ein Wellness- und Seminarangebot für Lehrer mit
dem Ziel, die Anforderungen des Berufs nach einer Phase der
Erschöpfung oder des Stillstands wieder positiv anzugehen
und dem Körper Vitalität zurück zu geben. „Vorläufer“ waren
22
www.schuleundgesundheit.hessen.de
seit 2005 dreitägige Seminare mit dem Titel „Gesundheit &
Lernen“, welche die Ideen von „Schule & Gesundheit“ in der
Fortbildung umsetzten.
Rechtzeitige Vorbeugung vor Burnouteffekten und die Freude
am Beruf wieder zu entdecken, das sind die Schwerpunkte
der Fortbildungsseminare, in denen zwei Bereiche der
Lehrperson angesprochen werden: Einmal der Umgang mit
sich selbst in Unterricht und Schule („Psychohygiene“) und
zum zweiten die Vermittlung von wirksamen Strategien
bei Verhaltensauffälligkeiten in der Klasse. Hierzu werden
„Personale Interventionen“ vorgestellt und geübt, die
Stabilisierung und Schutz geben. Konkretes und gut erlernbares
Handwerkszeug versetzen in die Lage, die personenbezogene
berufl iche Kompetenz weiterzuentwickeln.
Im zweiten Teil werden „Pädagogische Interventionen“ trainiert,
mit deren Hilfe auf das Verhalten der Schüler eingewirkt
wird. Methoden, die das sozial-emotionale Verhalten der
Schüler im Unterricht fördern und der konstruktive Umgang
mit Verhaltensauffälligkeiten stehen hier unter anderem auf
dem Programm. Mit dieser zweifachen Blickrichtung des
Seminars hat die Lehrperson die Möglichkeit vom Stadium
des Verstehens des Schutzbefohlenen zum Stadium des
Handelns überzugehen – aktiv, präventiv, planvoll und nicht
reaktiv, wie es in der Praxis heute oft üblich ist, wenn es um
Verhaltensauffälligkeit geht.
Die Seminare beinhalten auch Angebote zur körperlichen
Regenerierung wie sie im Therapie- und Wellnesszentrum
der medinet Spessart-Klinik von Patienten im Rahmen einer
Physiotherapie wahrgenommen werden. Vielfältige
Möglichkeiten wie Krankengymnastik, Massagen, Hydro-,
Kryo- und Thermotherapie werden von den Gästen ebenso
gerne angenommen wie die Schwimmhalle im halbolympischen
Ausmaß. Akupunktur, Chirotherapie, Neuraltherapie,
therapeutische Lokalanästhesie sowie transkutane elektrische
Nervenstimulationen ergänzen die klassischen Maßnahmen
im Sinne einer ausgewogenen und gezielten Behandlung. Um
den Heilungserfolg der Rehapatienten zu optimieren, werden
diese Therapien an sechs Tagen in der Woche durchgeführt.
Zum weiteren Programm gehört die Teilnahme an indikationsbezogenen
Sportgruppen (Herz- und Gefäßsport), die von
speziell ausgebildeten Sporttherapeuten durchgeführt werden.
Die Gesundheitsprogramme der Klinik stehen immer auch
für Prävention. Sie leiten die Patienten an, die alltäglichen
Lebensgewohnheiten umzustellen und tragen damit dazu bei,
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
den Gesundheitszustand wieder langfristig zu verbessern, zu
stabilisieren und Folgekrankheiten zu vermeiden.
Die Regenerationsangebote gehen bei Bedarf einher mit
Entspannungsübungen und psychologischen Gesprächen,
welche den Patienten in kleinen Schritten auf eine
Lebensumstellung vorbereiten, z. B. Raucherentwöhnung
oder Prophylaxe. Eine herausragende Rolle spielt die fettarme,
vitaminreiche und ausgewogene Mischkost, die in der
Klinik als Wegbereiter gesunder Ernährung selbstverständlich
ist. Ernährungskurse sowie Diabetikerberatungen nach
den Richtlinien der Deutschen Diabetesgesellschaft werden
von den Gästen und der interessierten Bevölkerung gerne
angenommen. Das Kochbuch der Spessart-Klinik fi ndet immer
wieder mediale Beachtung und wird von ehemaligen
Patienten noch lange nach dem Klinikaufenthalt für Familie
und Bekannte nachgefragt. Diagnostisch verfügt die Klinik
über eine umfassende Herz-/Kreislaufdiagnostik, Diagnostik
der Atemwege und des Bewegungsapparates und bei
Stoffwechsel- und Nierenerkrankungen. Zusätzlich ist eine
pädagogische Förderdiagnostik wie auch eine testgestützte
psychologische Diagnostik möglich.
Im Sinne des gesamtgesellschaftlichen Ansatzes widmet sich
das Heilpädagogische Zentrum der Betreuung von Kindern
und Jugendlichen im Alter von acht bis zwölf Jahren, die
unter Lernschwächen und Konzentrationsproblemen leiden,
denen individuell entgegengewirkt wird. Vermittelt werden
zudem Handlungskompetenzen für ein häufi g krisenhaftes
familiäres Umfeld bei zudem psychosomatischen oder chronischen
Erkrankungen. Das Heilpädagogische Zentrum arbeitet
bei der Aufnahme eng mit Sonderschulen für Lernhilfe
und Beratungs- und Förderzentren zusammen. Im Rahmen
von Hilfeplan- und Runde-Tisch-Gesprächen sowie in regionalen
Arbeitsgruppen werden auch die Eltern einbezogen und
weitergehende Hilfe initiiert und koordiniert.
Ein medizinisches Bildungszentrum zur Aus-, Fort- und
Weiterbildung rundet das dargestellte breite Leistungsspektrum
ab. Die Vision der Klinik ist es, dass durch ihre Arbeit
Menschen „gesünder und gesundheitsbewusster werden“. Mit
diesem Gesamtkonzept hat sich die medinet Spessart-Klinik
kontinuierlich auf der Grundlage ihrer Kernkompetenz, der
Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen weiterentwickelt.
Aus der im Jahr 1884 als Kinderheilanstalt mit zunächst
6 Betten gegründeten Klinik wurde ein deutschlandweit beachtetes
therapeutisches Zentrum. Mit der 1978 in Betrieb
genommenen Comenius-Schule und vielfältigen kulturellen
Angeboten ist das Haus heute ein kompetenter Gesundheits-
Partner in der Rhein-Main-Region.
Die Verbundenheit mit dem traditionsreichen Spessart-
Kurort und die gemeinsam mit der Rhein-Main-Region angestrebten
Entwicklung der Gesundheitswirtschaft bestimmen
die Außenbeziehungen der Klinik. Teil eines großen
Ganzen zu sein und den Zusammenhalt der Interakteure zu
fördern, ist damit nicht nur das therapeutische, sondern auch
das wirtschaftliche Leitbild des Bad Orber Gesundheits- und
Bildungszentrums.
Die medinet Spessart-Klinik ist Teil der medinet-Gruppe.
Zu ihr gehören in Sachsen-Anhalt noch zwei weitere
Rehabilitationseinrichtungen für Abhängigkeits- und psychosomatische
Erkrankungen.
Was Lehrer stark macht
Unter diesem Titel bietet die medinet Comenius-Schule Bad
Orb GmbH seit geraumer Zeit ein Fortbildungsseminar an,
das Lehrerinnen und Lehrern aller Schularten sehr effektiv
einsetzbare Methoden zur Stabilisierung der eigenen Person
und Erweiterung der psycho-sozialen Kompetenz vermittelt.
Im Folgenden wird dieses Seminarangebot beschrieben:
Ich stehe im Flur meiner Schule, habe noch drei Stunden
Unterricht, aber eigentlich will ich nicht mehr. Ich fühle mich
fertig, ausgelaugt und lustlos. Bin schon einige Jahre im
Schuldienst und habe meinen Beruf bewusst gewählt; weil ich
Kindern und Jugendlichen Wichtiges vermitteln wollte. Doch
die Zeit des Idealismus ist vorbei. Gerade habe ich versucht in
meiner Klasse einen Streit zu schlichten; die Ruhe wird nicht
lange halten. Denn irgendeiner, meiner nicht ganz so einfachen
Schüler, „tickt“ bald wieder aus. Ich komme mir seit einiger
Zeit ziemlich hilfl os vor. Die Verhaltensschwierigkeiten
nehmen zu. Nur noch selten gibt es mal eine Sternstunde,
in der störungsfrei gelernt wird. Dann ahne ich wieder, wie
schön Unterricht eigentlich sein könnte. Ich bräuchte dringend
eine Neuorientierung für mich selbst, um aufzutanken.
Wenn ich morgens in die Schule komme, ist es so, als würde
ich meine Persönlichkeit an der Garderobe abgeben und sie
nach dem Unterricht wieder abholen. Wie lange kann ich das
noch überstehen?
23
Ziele
Die Ziele der Fortbildung lassen sich folgendermaßen
zusammenfassen:
�
�
24
in Bezug auf die Lehrperson
� Die Lehrperson lernt in Kontakt zu sein mit sich und
lernt Unterricht als einen persönlich bedeutsamen
Entwicklungsprozess zu sehen, der zu mehr
Professionalität führt.
� Sie lernt auf die eigene Person ausgerichtete
Handlungsstrategien (Personale Interventionen)
kennen und anwenden, die eine erhebliche Stärkung
der personalen Kompetenz bedeuten und drohendem
Burnout entgegenwirken.
in Bezug auf die Schüler
� Der Lehrperson werden Handlungsstrategien
(Pädagogische Interventionen) vermittelt, um
�
Verhalten im Unterricht zu steuern.
Sie lernt Gruppenprozesse besser wahrzunehmen
und zu strukturieren.
� Einzelne Schüler im Verhalten zu unterstützen.
� Die sozial-emotionale Kompetenz der Schüler zu
fördern.
Geleitet wird das Seminar vom Schulleiter der Comenius-
Schule, Dipl.-Päd. Norbert Seeger. Das Fortbildungsseminar
wird regelmäßig in Bad Orb angeboten kann aber auch in
Form Pädagogischer Tage von einem Schulkollegium gebucht
werden.
Literatur
www.schuleundgesundheit.hessen.de
� Norbert Seeger / Rita Seeger, Was Lehrer stark macht.
Donauwörth, 2007 (Auer Verlag).
� Edmund Fröhlich, Susanne Finsterer, „GENERATION
CHIPS Computer und Fastfood – was unsere Kinder
in die Fettsucht treibt!“ (Hubert Krenn Verlag, Wien,
2007).
� Dr. Gerd Claußnitzer, Dr. Rüdiger Nübling,
„Realisierung von Ausbildungs- und Berufswünschen
adipöser Jugendlicher“ in DRV-Schriften, 16.
Rehabilitationswissenschaftliches Kolloquium 2007.
Autoren und Kontakt
von Dr. med. Gerd Claußnitzer, Edmund Fröhlich und Norbert
Seeger
medinet Spessart-Klinik Bad Orb GmbH
Würzburger Straße 7-11
63619 Bad Orb
Telefon: (0 60 52) 87-423
Telefax: (0 60 52) 87-500
E-Mail info@spessartklinik.de
Internet www.spessartklinik.de
medinet Comenius-Schule Bad Orb GmbH
Würzburger Straße 7-11
63619 Bad Orb
Telefon: (0 60 52) 87-562
Telefax: (0 60 52) 87-100
E-Mail: n.seeger@comeniusschule.de
Internet: www.comeniusschule.de
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
Seinen Ausgang nahm dieses Fortbildungsangebot auf der
regionalen Fachtagung „Gesundheit von Lehrerinnen und
Lehrern“, die das Staatliche Schulamt für den Kreis Bergstraße
und den Odenwaldkreis im Rahmen des Projekts „Schule &
Gesundheit“ am 11.11.2004 veranstaltet hatte. Dort wurde unter
anderem ein Workshop „Kollegiale Fallberatung“ von mir,
der Frauenbeauftragten des Staatlichen Schulamts, und meiner
Stellvertreterin, Frau Blitz, einer Lehrerin der Berufl ichen
Schulen, angeboten, der bei den Teilnehmenden auf positives
Echo stieß. Dies führte bei meiner Kollegin und mir
zu dem Entschluss, im darauf folgenden Schulhalbjahr eine
feste Gruppe „Kollegiale Fallberatung“ im Odenwaldkreis
anzubieten.
Zu Beginn fand sich jedoch nur eine kleine Teilnehmerzahl
zusammen was wir auf von unserer Seite mangelnde Werbung
zurückführten. Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
war diese Gruppengröße von 6 Personen angenehm und
wir als Leiterinnen wollten nicht warten, bis eine größere
Teilnehmerzahl zusammengekommen wäre, da wir förmlich
darauf brannten, praktische Erfahrungen zu sammeln. Die positive
Rückmeldung der Gruppe am Ende des Schulhalbjahr
bestärkte uns, auf diesem Feld fortzufahren. Zunächst
Lehrergesundheit
Fortbildungsangebot: „Wie kann ich in einem
stressigen Berufsalltag für mich selbst sorgen?“
Bericht über ein Fortbildungsangebot von „Schule und Gesundheit“ im Staatlichen Schulamt Heppenheim
war unser Engagement etwas gebremst, da die beiden
Entlastungsstunden für meine Stellvertreterin wegfi elen und
die Aufl ösung des HelP einschließlich der Umstrukturierung
des gesamten Fortbildungsbereichs neue Modalitäten auf
Seiten der Fortbildungsanbieterinnen und -anbieter zur Folge
hatten.
Die Idee, gezielt ein Seminar „Anti-Stress-Strategien“ anzubieten,
kam dadurch zustande, dass wir selbst auf unterschiedlichen
Ebenen uns mit dieser Thematik befassten und
feststellten, dass wir allmählich unser früher manchmal geradezu
selbstschädigendes berufl iches „Aufopferungsbedürfnis“
und unserem Streben nach Perfektionismus, bezüglich
Unterrichtsvorbereitung und Korrektur (wir sind bzw. waren
beide Deutschlehrerinnen), auf ein zwar immer noch
hohes, aber nicht übertriebenes Maß reduziert hatten, sprich
zu einer selbstfürsorglichen Grundhaltung gekommen waren.
Das war nicht „vom Himmel gefallen“, sondern das Resultat
der Beschäftigung mit alternativen Handlungsstrategien
in unterschiedlichen Fortbildungskontexten. Wir hatten
schlussendlich die Erfahrung gemacht, dass die stete intensive
Auseinandersetzung mit dem eigenen professionellen
25
Handeln nach einem gewissen Zeitraum tatsächlich „befreiende“
Wirkung haben kann.
So hatte Frau Blitz in den letzten Jahren eine Ausbildung
in Themenzentrierter Interaktion (TZI) und als Klippert-
Trainerin absolviert und ihren Unterricht auf die weitgehende
Eigentätigkeit der Schülerinnen und Schüler umgestellt. Dies
entsprach und entspricht den heutigen Qualitätsansprüchen an
einen modernen Unterricht, hatte aber auch zur Folge, dass
sie als Lehrkraft stressfreier ihrem Beruf nachgehen konnte.
Ich selbst habe gezielt „Anti-Stress“-Fortbildungen besucht,
aber auch ein Zertifi kat in Gruppenleitung erworben und
Erfahrungen als Mitleiterin in Orientierungsseminaren für
angehende Schulleitungsinteressenten und -interessentinnen
gesammelt, in denen es unter anderem auch um Konfl iktlöse-
und Gesprächsstrategien ging.
In die Erarbeitung unseres Konzepts fl ossen somit die eigenen
Erfahrungen als Fortbildungsteilnehmerin, aber auch als
Fortbildnerin ein.
Im Rahmen dieses Konzepts sahen wir mehrere Schwerpunkte
als wichtig an:
So ist bekannt, dass ein gutes Sozialklima im Kollegium, in
den Klassen und auch in der Elternarbeit ein wichtiger Faktor
innerhalb der Stressbelastung von Lehrerinnen und Lehrern
darstellt und sowohl die gegenseitige Wertschätzung als auch
bestimmte Kommunikationsstrategien dazu beitragen, hier
Stress mindernd entgegen zu wirken.
Einen anderen Schwerpunkt wollten wir in dem Bereich,
der gemeinhin mit „Selbstmanagement“ umschrieben wird,
setzen. Hierbei ging es uns um eine Beschäftigung mit dem
eigenen Umgang mit der Zeit unter Berücksichtigung einer
„Work-Life-Balance“ und um die bewusste Setzung eigener
Ziele, anstelle eines mehr oder weniger fremdbestimmten
Reagierens.
Zunächst boten wir im Schuljahr 2005/2006 ein dreitägiges
Seminar – verteilt auf drei Monate mit dem Thema „Wie kann ich
in einem stressigen Berufsalltag für mich selbst sorgen?“ –
an. Die 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer (17 Frauen und
3 Männer) waren hoch motiviert, zumal sie es schon als
Erholung ansahen, mal drei Tage von der Schule nichts sehen
und hören zu müssen. Sie bestanden etwa zu einem Drittel
aus Schulleitungsmitgliedern, zu zwei Dritteln aus „ein-
26
www.schuleundgesundheit.hessen.de
fachen“ Lehrkräften, eine Mischung, die zu keinem Zeitpunkt
Probleme aufwarf.
In der Umsetzung ging es bei der Frage der Zeiteinteilung
unter dem Gesichtspunkt „Wie sorge ich für mich?“ um
die Auseinandersetzung mit den „Inneren Antreibern“
(Transaktionsanalyse) und generell um die Suche nach solchen
Verhaltenskonzepten, die Stress im Vorfeld schon
verhindern oder minimieren könnten. So wurde beispielsweise
in Übungen auf die Bedeutung der wertschätzenden
Grundhaltung eingegangen. Wir haben uns mit theoretischen
Positionen zum Thema Stressbewältigung (z.B. Linnewehs
Thesen zur „Stresskompetenz“) und mit eigenen Anti-Stress-
Strategien befasst. Als körperliche Entspannungsmöglichkeit
führten wir einerseits „Progressive Muskelentspannung“
durch, anderseits auch andere entspannend wirkende
Körperübungen.
Die Fortbildung war interaktiv aufgebaut. Einzel-, Paar-,
Gruppen- und Plenumsarbeit wechselten einander ab.
Am Schluss stand für jede/n ein wichtiges Ziel in der
Selbstfürsorge, das vorher in einer intensiven Zielvision erarbeitet
worden war.
Durch die Einführung der Unterrichtsgarantie für die gesamte
Schullandschaft auf war es im Schuljahr 2006/2007
nicht möglich, Fortbildungsveranstaltungen anzubieten, für
die Kolleginnen und Kollegen komplett freigestellt würden.
Da aber meine Co-Leiterin und ich das Bedürfnis
hatten, diese Fortbildung bestehen zu lassen, stellten wir
das Programm um und verteilten es auf 5 ca. dreistündige
Nachmittagsveranstaltungen. Aufgrund der überraschend
großen Nachfrage (40 Anmeldungen) mussten wir zwei Kurse
bilden.
Zu Beginn hatten wir als Leiterinnen Bedenken, die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach einem stressigen
Schulvormittag noch intensiv mit „Anti-Stress-Strategien“ zu
beschäftigen. Erst nach Ablegen diesbezüglicher Hemmungen,
verlief das Seminar zur allgemeinen Zufriedenheit.
Bei der zweiten Gruppe, die sich etwas zeitversetzt auch
an 5 Nachmittagen traf, gelang es uns noch besser, auf die
Teilnehmererwartungen einzugehen. Das lag zum einen daran,
dass uns das positive Feedback der ersten Gruppe lockerer
und deshalb fl exibler machte und wir natürlich auch
Erfahrungen mit dem Programm in der ersten Gruppe hier
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
einbauen und somit das Programm selbst variieren und auf
die Bedürfnislage der Teilnehmenden stärker zuschneiden
konnten.
Natürlich spielt bei so einem sensiblen Thema auch die
Gruppendynamik eine große Rolle. Nur in einem von Offenheit
und Vertrauen geprägten Klima ist ein Austausch über eigene
Defi zite in der Selbstfürsorge oder eigene Unzulänglichkeiten
im Zeitmanagement, um Beispiele zu nennen, möglich.
„Heikle“ Themen wie z.B. die eigenen Stressoren und die körperlichen
Symptome im eigenen Stresserleben, haben wir in
der Regel in Kleinst- und Kleingruppen besprechen lassen.
Eine Technik wie Reframing (durch eine andere Sichtweise
zu einer anderen Einstellung und Bewertung zu gelangen)
war aber durchaus an Einzelbeispielen in der Großgruppe
anwendbar.
Das verbale Feedback der Teilnehmerinnen und Teilnehmer
aus beiden Gruppen lief am Ende der jeweiligen Veranstaltung
darauf hinaus, dass die Mehrheit sich Dinge, die mal bekannt,
aber inzwischen verschüttet waren, durch die gemeinsame
Arbeit wieder ins Bewusstsein gehoben, aber auch neue
Handlungsstrategien erlernt haben. Hier wurde an erster Stelle
der Mut zur Selbstfürsorge in der Gestaltung des Tagesablaufs
und das positive Spekulieren (nicht negativ, sondern positiv
voreingenommen den Mitmenschen gegenüber zu treten) einschließlich
des Reframing genannt.
Autorin
Anja Keinath
Frauenbeauftragte für Lehrkräfte am Staatlichen Schulamt für
den Kreis Bergstraße und den Odenwaldkreis
27
Achtsamkeit in der Erziehung
„Bling“. Zwei Zimbeln erklingen. „Lauschen Sie dem Ton.
Schließen Sie die Augen und kommen Sie zur Ruhe. Achten
Sie auf Ihren Atem, wie er ein- und ausströmt.“
Ein Kongress für pädagogische Wissenschaftler,
Multiplikatoren aus dem Schulbereich, Lehrerinnen und
Lehrer. Eine Aula in einer Highschool in San Francisco
im Februar 2007. Die Teilnehmer sind aus den USA und
Kanada angereist und schließen jetzt um zehn Uhr morgens
bereitwillig die Augen und folgen den Anweisungen von Dr.
Amy Salzmann, die den Kongress so eröffnet. Während ich
spüre, wie das Eintauchen in die Ruhe gut tut nach der hektischen
Fahrt hier in einen Vorort von San Francisco, nach
den üblichen Akkreditierungsformalitäten und interessanten
Gesprächen, frage ich mich, wie so ein Anfangsritual auf einer
Tagung von Wissenschaftlern in Deutschland wirken würde,
und ich komme zu dem Ergebnis, dass es sicherlich ein
Augenverdrehen gäbe oder ein unwilliges Aufstöhnen von einigen,
die hier esoterische Aberrationen wittern, dass es aber
doch keinen Aufstand gäbe und sich alle Teilnehmer auf diese
Einstimmung sicherlich einließen.
28
www.schuleundgesundheit.hessen.de
Lehrergesundheit
Wenn im Juli 07 ein Kongress mit dem Thema „Wissenschaft
und Spiritualität“ zur 550-Jahr-Feier der Freiburger
Universität stattfand, wenn der Dalai Lama dazu eingeladen
war und wenn im Veranstaltungsprogramm namhafte
Wissenschaftler wie Prof. Gerald Hüther und Prof. Joachim
Bauer Vorträge darüber hielten, wie wichtig Kontemplation
und Achtsamkeitsübungen heute für die Erziehung sind und
was die Gründe dafür sind, dann deutet diese thematische
Ausrichtung auf eine Hinwendung zu Bereichen der Erziehung,
die bislang in der hektischen Reaktion auf PISA vernachlässigt
wurden und in ihrer Bedeutung zunehmend erkannt
werden. Bei all dem Bestreben, immer mehr Fachwissen in
immer kürzerer Zeit an die Schüler zu bringen, bei all dem
Optimieren, Evaluieren, Modularisieren sind wesentliche
Bereiche des Lehrens und Lernens aus dem Blickfeld geraten,
die derzeit von manchen Wissenschaftlern und Pädagogen
wieder oder vielleicht auch erstmals auf die Agenda gebracht
werden: Wie wichtig die Persönlichkeit des Lehrers für den
Lernprozess ist, wie wichtig Freude und Entspannung für
das Lernen sind, dass differenzierte Selbstwahrnehmung
gelehrt werden kann und dass dem Körper im Lernprozess
eine Schlüsselrolle zukommt, dass Stille und Langsamkeit
wichtige Rahmenbedingungen im Lernprozess sind – all die-
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
se Aspekte treten derzeit bei pädagogischen Diskussionen in
den Vordergrund. Dass es überhaupt in Akademikerkreisen
hoffähig geworden ist, sich mit Meditation oder fernöstlichem
Wissen um Körperübungen, die dort immer schon
in einen geistigen Kontext gestellt wurden, zu beschäftigen,
ist interessanterweise der Tatsache zu verdanken, dass
neuerdings die Hirnforschung hier mit wissenschaftlich
fundierten Argumenten Absolution zu erteilen scheint. Dies
wiederum zeigt, dass naturwissenschaftliche Messmethoden,
wie z.B. bildgebende Verfahren offensichtlich nach wie vor
mehr Akzeptanz genießen als Erkenntnisse, die ein erfahrener
Pädagoge aus seiner Praxis deduziert.
Ich fi nde übrigens, wir sollten uns hüten, hier eine
Frontstellung aufzubauen, die entlang der alten Grenzen
zwischen Natur- und Geisteswissenschaften verläuft und
letztlich die Descartsche Trennung zwischen Körper und
Geist abbildet. Die Erkenntnis des Hirnforschers Damasio,
wie wichtig zum Beispiel Emotionen für jede einzelne unserer
Handlungen sind, wie sie unsere Wahrnehmung färben
und unsere Gedächtnisleistung beeinfl ussen, legitimiert die
Wahl entsprechender Unterrichtsmethoden. Das szenische
Interpretieren kann so zum Beispiel gegen jene legitimiert
werden, die diese Art der Literaturrezeption als „unwissenschaftlich“
ablehnen.
„Was den Menschen umtreibt, sind nicht Fakten und Daten,
sondern Gefühle und Geschichten und vor allem Menschen“
(Spitzer, 2002, a.a.O.S. 160).
Manfred Spitzer und Gerald Hüther haben in ihren Büchern
eindrucksvoll und anschaulich formuliert, wie das Gehirn
funktioniert und was beim Lernen förderlich ist und was
es erschwert. Sie werden auch von vielen Lehrerinnen und
Lehrern begeistert rezipiert, wohl auch deshalb, weil vieles,
was sie über die Arbeitsweise des Gehirns erläutern, einem erfahrenen
Pädagogen schon immer intuitiv vertraut war. Wenn
wir den jüngsten Ergebnissen der Hirnforschung Beachtung
schenken und sie zum Teil auch als Basis für Veränderungen
in der Praxis nehmen, heißt das ja nicht, dass wir zu einem
kruden Naturalismus oder Materialismus zurückkehren. Die
großen erkenntnistheoretischen Fragen bleiben weiterhin eine
Herausforderung.
Zurück nach San Francisco: Das Thema des Kongresses
in San Francisco lautete „Mindfulness as a Foundation
for Teaching and Learning“. Die Eintrittsvorlesung hielt
Saki Santorelli, Direktor des „Center for Mindfulness“ und
Professor an der medizinischen Fakultät der Universität von
Massachusetts. Zusammen mit Prof. Kabat-Zinn, der auch
unter den Teilnehmern war, gründete er vor 25 Jahren das
Institut, das wegweisend auf dem Gebiet der Stressforschung
wurde und – ausgehend von den wissenschaftlichen Studien
zur Entstehung von Stress, seiner physischen und psychischen
Auswirkung auf das Individuum – ein Programm zur
Stressreduktion entwickelte. Dieses achtwöchige Programm
(Mindfulness-Based-Stress-Reduction, MBRS) ist inzwischen
weltweit anerkannt und erprobt. Die Teilnehmer lernen
hier, in ihren Körper hineinzuspüren, Spannung wahrzunehmen,
auf ihre Gefühle und ihr inneres Selbstgespräch zu achten,
ohne es zu bewerten (non-judgemental awareness). Sie
verpfl ichten sich neben dem Besuch der dreistündigen wöchentlichen
Seminare in ihrem häuslichen Umfeld jeden Tag
45 Minuten der Meditation und dem Yoga zu widmen. Das
Programm wurde in klinischen Studien untersucht mit dem
Ergebnis, dass bei den Probanden signifi kante Veränderungen
im körperlichen und psychischen Bereich eintraten: Positive
Veränderungen von Blutdruck und Herzschlag, Senkung des
Stress-Hormons Cortisol, Nachlassen chronischer Schmerzen,
Stimmungsaufhellung. Viele Teilnehmer des Programms berichten,
dass sie besonders das Gefühl, selbstwirksam sein zu
können als positiv genießen. Sie hätten gelernt, selbsttätig
Spannung zu lösen und das innere Selbstgespräch positiv zu
beeinfl ussen.
Das zunächst für Schmerzpatienten entwickelte Programm
wurde zunehmend auch im außerklinischen Bereich eingesetzt,
denn die Wirksamkeit bei der Stressreduktion und
Prävention wurde in mehreren Studien bewiesen.
Welche Relevanz können diese Erkenntnisse nun für den
schulischen Unterricht haben?
In seinem Vortrag hob Santorelli hervor, wie wichtig
die Präsenz des Lehrers für den Lernprozess sei. Seine
Vorbereitungen mögen noch so ausgefeilt sein, was zählt
sei die Fähigkeit im Hier und Jetzt eine Beziehung zu den
Schülern aufzunehmen und ein Klima der Begeisterung
und Motivation zu schaffen. Dazu gehöre, dass der Lehrer
sich in einem umfassenden und differenzierten Maße seiner
selbst bewusst sei. Sein Fachwissen sei natürlich unbedingt
Vorrausetzung, auch ein Wissen um die unterschiedlichsten
Lehrmethoden – aber was den erfolgreichen Lehrer
ausmache, das sei diese ganz persönliche eigene Mischung,
29
sein Gespür für den richtigen Zeitpunkt, für den Fluss des
Unterrichtsgeschehens. Dazu bedürfe es eines Trainings der
Selbsterfahrung und einer kontinuierlichen Schulung der
Achtsamkeit.
Santorelli geht davon aus, dass das Training in „Mindfulness“
tägliche Meditation und Innenschau erfordert, dieser „Muskel“
müsse trainiert werden. Diese Metapher spielt darauf an, dass
Meditation eine Schulung der Disziplin und eine ausgefeilte
Fähigkeit zur Impulskontrolle voraussetzt, aber auch schafft.
In den östlichen Traditionen des Yoga oder QiGong wird
hier vom „Inneren Zeuge“ gesprochen – einer Instanz, die
dem einzelnen die Freiheit der Option gibt. Dieser Schulung
werde leider in der Lehrerausbildung und Lehrerfortbildung
zu wenig Rechnung getragen. Im Hinblick auf die deutschen
Verhältnisse stimmt das ja genauso, dabei bietet die
Ausbildung von Fähigkeiten zur Entspannung, Meditation,
Introspektion und Achtsamkeit eine wirksame Burn-Out-
Prophylaxe und erhöht signifi kant die Berufszufriedenheit
der Lehrer (vgl. Altner 2006 und Freiburger Modell – Prof.
Joachim Bauer).
Für Referendare und Lehrer gibt es auch bei uns kaum institutionalisierte
Angebote in dieser Richtung.
Santorellis Ausführungen zur Lehrerpersönlichkeit waren gewiss
nicht „neu“. Selbstrefl exion des Lehrers und Supervision
seiner Tätigkeit sind Standardforderungen im pädagogischen
Bereich. Wo aber ist bei uns im schulischen Alltag
Raum dafür und wie ernst wird in diesem Zusammenhang
das Wissen um die enge Verfl ochtenheit zwischen Körper
und Geist genommen? Basis des Programmes Mindfulness-
Based-Stress-Reduction ist tägliche Meditation verbunden
mit Körperübungen aus dem Yoga und eine von Prof. Kabat-
Zinn entwickelte Methode „Body-Scan“, mit der man in den
Körper hineinzuspüren lernt.
Die enge Verbindung zwischen Körper und Geist, auf die ja
die Hirnforschung immer wieder hinweist, wird bei uns erst
allmählich explizit zum Thema gemacht, noch weniger wird
sie produktiv praktisch genutzt.
Wieder zurück zu dem Kongress in San Francisco: Was
mich fasziniert hat, war die Selbstverständlichkeit, mit der
in den Arbeitsgruppen im Gespräch zwischen Lehrern und
Wissenschaftlern die Notwendigkeit eines Lernens mit allen
Sinnen postuliert wurde. Nun könnte man einwenden, dass auf
30
www.schuleundgesundheit.hessen.de
einem Kongress mit einer solchen Themenstellung ohnehin
ein in dieser Richtung sensibilisiertes Publikum zu erwarten
ist, aber es hat mich überrascht, wie vielfältig die Forschung
zu „Mindfulness in Education“ in den USA schon ist und wie
verankert Methoden der Kontemplation, Selbstwahrnehmung
und der Selbstwirksamkeit im Schulalltag bereits sind. Nun
kann das amerikanische Schulsystem uns gewiss in seiner
Struktur nicht als Vorbild dienen, aber im Hinblick auf die Art,
wie Persönlichkeitsbildung in den schulischen Unterricht integriert
werden kann, könnten wir eine Reihe von Anregungen
bekommen.
„Mindfulness-Based-Education“ kann übrigens als Gegenbewegung
zu der von den meisten Lehrern beklagten, von
Georg W. Bush angestoßenen Politik des NCLB angesehen
werden: NCLB – No Child Left Behind – die Antwort der
amerikanischen Regierung auf die Qualitätsmängel in der
schulischen Ausbildung der USA. Während die Forderung,
dass „kein Kind zurückgelassen“ werden sollte, ja sicherlich
von jedem Lehrer unterschrieben werden kann, scheiden sich
die Geister (man denke nur an die Reaktion auf PISA hierzulande)
an der Art, wie das zu geschehen habe. Die amerikanische
Regierung sieht die Antwort in einem engmaschigen
Testsystem mit Zusatzangeboten für „Underachievers“, also
für Kinder, die schlecht abschneiden, einem Testsystem, das
von der Grundschule (manchmal schon im Kindergarten)
die Schulkarriere eines Kindes mit Tests dokumentiert. Die
Initiative „Mindfulness-based-Education“ sieht hier eine
fatale Verengung des Bildungsbegriffes auf abfragbares
Wissen.
„MBE legt den Fokus auf die Fähigkeit des Menschen, sich
seiner selbst bewusst zu sein. Achtsamkeit (mindfulness) bezeichnet
die Fähigkeit, sich seiner Gedanken und Gefühle,
seiner Körperwahrnehmungen und Sinne bewusst zu sein –
von Augenblick zu Augenblick – ohne zu bewerten“ (Auszug
aus den Kongressunterlagen, vgl. auch www.mindfuleducation.org).
Es wurden verschiedene Ansätze vorgestellt, wie Phasen der
Achtsamkeit in den Unterricht integriert werden. Allen gemeinsam
ist das Ziel, dass die Schüler sich ihrer selbst bewusst
werden, d.h. ihre Selbstwahrnehmung schulen, und zwar im
Hinblick auf eine Wahrnehmung der eigenen Gedanken und
Gefühle und auch im Hinblick auf ihre Körperwahrnehmung.
Um entsprechende Phasen der Stille anzuleiten, bedarf es einer
Lehrerpersönlichkeit, die „am eigenen Leib“ Erfahrungen
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
mit solchen Wahrnehmungsübungen hat. Aus Büchern kann
man derlei nur schwer lernen. Es gibt in den USA Angebote
der Fortbildung in diesem Bereich, die von vielen Lehrern
wahrgenommen werden.
Die Wirksamkeit von MBE wurde in mehreren Studien getestet
und evaluiert (vgl. Link-Hinweise).
Für mich waren die Diskussionen mit den amerikanischen
Kollegen auch deshalb sehr interessant, weil ich ihre
Erkenntnisse mit meinen eigenen Erfahrungen vergleichen
konnte, die ich im Rahmen der Erprobung meines Konzeptes
„Achtsamkeit in der Erziehung“ im schulischen Bereich
(Unterricht und Lehrerfortbildung) machen konnte.
Das Konzept beinhaltet QiGong-Übungen und Übungen
aus MBSR (Mindfulness-Based-Stress-Reduction), aber
auch Phasen, in denen Schüler sich über ihre Erfahrungen
austauschen und ihre Wahrnehmungen verbalisieren. Qi-
Gong ist ein Oberbegriff für eine vielfältig differenzierte
Übungsdisziplin aus China mit einer langen Tradition.
Geistige Ruhe, Entspannung und Ausgeglichenheit wird
über das Hineinspüren in den Körper, durch das Ausführen
bestimmter Bewegungen und das Achten auf den Atem erreicht.
Gerade weil hier über den Körper Einfl uss auf geistige
Prozesse genommen werden kann, lernen die Schüler eine
Möglichkeit kennen, wie sie selbsttätig sich in einen ausgeglichenen
Zustand versetzen können. Der Lehrer entscheidet,
wann er diese Achtsamkeitsphasen in den Fachunterricht
einbaut. Nach einer Eingewöhnungszeit genügen manchmal
wenige Minuten der Stille, in denen die Schüler sich in einen
aufnahmebereiten, konzentrierten und gleichzeitig entspannten
Zustand versetzen. Die regelmäßige Wiederholung
der Übungsphasen verfeinert die Selbstwahrnehmung, eröffnet
das Gespür für Spannung und Entspannung und bahnt so
den Weg zur Selbstkompetenz. Schüler merken eher, was
ihnen gut tut und was ihr Wohlbefi nden beeinträchtigt.
Auf diese Weise sind solche Achtsamkeitsphasen im Unterricht
Prävention im besten Sinne. Die Ausbildung der Fähigkeit,
sich selbst zu beobachten, erhöht die Selbstrefl exion und
schafft im Gehirn synaptische Verbindungen und habitualisiert
so diese Haltung des Beobachtens. Die Achtsamkeitsphasen
wirken dann über die direkte Übungszeit hinaus. Die Schüler
lernen so auch, nicht jedem Impuls gleich nachzugeben. Sie
bekommen die Option zu wählen, wie sie sich verhalten wollen.
Insofern können solche Achtsamkeitsphasen auch gewalt-
präventiv sein. Wenn der Schüler lernt, seinen Ärger wahrzunehmen,
dann muss er nicht gleich losschlagen, sondern kann
andere Wege der Auseinandersetzung wählen.
Die permanente Reizüberfl utung, der Schüler ausgesetzt
sind und der sie sich aussetzen, oft gepaart mit motorischer
Passivität verhindert geradezu die Ausbildung einer differenzierten
Wahrnehmungsfähigkeit und das selbsttätige
Erschaffen innerer Bilder. Insofern gedeiht auf dem Boden
der Achtsamkeit auch die Kreativität und die Schulung der
ästhetischen Kompetenz.
Die Fähigkeit zu Selbstwahrnehmung und Selbstrefl exion
kann „trainiert“ werden, sie kann aber auch verkümmern,
wenn sie nicht geschult wird. In seinem jüngsten Buch „The
Mindful Brain“ (New York 2007) erläutert der Neurologe
und Psychiater Dan Siegel, welche Auswirkungen Übungen
zur Achtsamkeit auf die Entwicklung des Gehirns und
die Ausbildung von Fähigkeiten wie Impulskontrolle,
Selbstverantwortung und Empathie haben.
Nils Altner hat in seiner umfassenden Dissertation
„Achtsamkeit und Gesundheit – Auf dem Weg zu einer achtsamen
Pädagogik“ einen weiten Bogen gespannt und unter
anderem die Bedeutung von Achtsamkeit für die Persönlichkeitsentwicklung
ausführlich untersucht.
Es bleibt zu wünschen, dass für Forschungsprojekte auf diesem
Gebiet Mittel bereitgestellt werden und dass erkannt
wird, wie bereichernd eine in den Unterricht integrierte
Achtsamkeitsschulung für Lehrer und Schüler ist.
31
Literatur
32
Nils Altner
Achtsamkeit und Gesundheit, Immenhausen 2006
Bauer, Joachim
Lob der Schule, Hoffmann und Campe, Hamburg 2007
Das Gedächtnis des Körpers, München 2004/2007
Die Freiburger Schulstudie (Lehrergesundheitsprävention),
Schulverwaltung Baden-Württemberg, 12.259-264
Bühler/Heppekausen
Gesundheitsförderung durch Lebenskompetenzprogramme,
in: Gesundheitsförderung konkret, BzgA, Band 6, Köln
2005
Damasio, Antonio R.
Descartes’ Error, NY 1994
Der Spinoza-Effekt, List, Berlin 2005
Hüther, Gerald
Die Macht der inneren Bilder, Göttingen 2006
Hurrelmann, Klaus
Gewalt an Schulen, Weinheim, Beltz 2007
Kabat-Zinn, Jon
Gesund durch Meditation, (1991, 2006) Otto Barth
Verlag
Kabat-Zinn, Jon
Stressbewältigung durch die Praxis der Achtsamkeit
(1999) Buch-CD, Arbor Verlag
Kabat-Zinn, Jon
Zur Besinnung kommen, Arbor Verlag, 2006
Achtsamkeitsbasierte Interventionen im Kontext:
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, In Achtsamkeit
und Akzeptanz in der Psychotherapie, dgvt-Verlag. 2004
Kaltwasser, Vera
Der sanfte Weg zum Nichtrauchen (Achtsamkeit und
QiGong in der Raucherentwöhnung), knaur 2002/2005
QiGong in der Schule, in: Schule und Gesundheit,
Zeitschrift des Hessischen Kultusministeriums, 2004
www.schuleundgesundheit.hessen.de
Santorelli, Saki
Zerbrochen und doch ganz: Die heilende Wirkung der
Achtsamkeit, Freiamt 2006
Manfred Spitzer
Lernen, Gehirnforschung und die Schule des Lebens,
Heidelberg 2002
Selbstbestimmen, 2004
Siegel, Dan
The Mindful Brain, NY 2007
Stoevhase, Dorit
Stressbewältigung durch QiGong, Immenhausen 2006
Winston, Diana
Wide Awake (ein Leitfaden zum Meditieren für Teens),
erscheint bei Fischer im September 07 unter dem Titel
„Siddharta wird erwachsen“.
Autorin
Vera Kaltwasser, Oberstudienrätin
� www.mbsr-verband.de
� www.qigong-gesellschaft.de
� www.umassmed.edu/cfm
� www.MARC.ucla.edu
� www.InnerKids.org
�
www.erziehungs-perspektiven.de
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
Schulsanitätsdienste
In der Bundesrepublik Deutschland erleidet jährlich jeder 12.
Schüler einen anzeigepfl ichtigen Schulunfall, der eine ärztliche
Versorgung notwendig macht. Die akuten Erkrankungen,
die durch Hausärzte behandelt werden, kommen in dieser
Statistik nicht vor. Sie sind jedoch im Schulalltag existent.
Seit einigen Jahren gibt es in manchen Schulen das Bestreben,
diese offenkundige Lücke im Bereich der Erstversorgung
dieser Schüler zu schließen. So entstanden die ersten
Schulsanitätsdienste. Wie alle Pioniere mussten sie sich ins
Neuland vortasten, ohne auf bereits bestehende Erfahrungen
anderer zurückgreifen zu können.
Unsere Schule gehörte dazu: Seit dem Jahr 2000 besteht ein
Schulsanitätsdienst an der Käthe-Kollwitz-Schule in Wetzlar.
Im ersten Jahr musste sehr viel improvisiert werden, da weder
Räumlichkeiten noch Materialien zur Verfügung standen.
Durch die Unterstützung der Schulleitung und des
Hausmeisters konnte dies geändert werden: So steht uns
beispielsweise seit einigen Jahren ein gut ausgestatteter
Sanitätsraum zu Verfügung. Aber auch der gute Wille und
die Zuversicht der Schüler in der Sanitätsgruppe trugen dazu
Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit
In jedem größeren Betrieb gibt es Sanitätsbeauftragte. Doch wer kümmert sich in unseren Schulen um eine
adäquate Versorgung von erkrankten oder verletzten Schülern?
bei einige Anfangsprobleme zu meistern. Die Motivation
der Schüler war vom ersten Tag an sehr hoch und ist in den
vergangenen Jahren konstant geblieben. Es besteht nach wie
vor großes Interesse an der Mitarbeit im Schulsanitätsdienst.
Dieser wird alljährlich zu Beginn des Schuljahres durch
eine konstituierende Sitzung neu gebildet. Alle Schüler, die
teilnehmen möchten, brauchen eine gute Ausbildung in der
Ersten Hilfe. Wenn die Leitung einer Schulsanitätsgruppe
Ausbilder bei einer der Hilfsorganisationen ist, kann diese
Ausbildung in der Schule erfolgen. Dies erwies sich als sehr
sinnvoll, da die Ausbildungszeit das Kennenlernen erleichtert
und so schon sehr früh Vertrauen entsteht. Auch können die
Ausbildungsinhalte für die Arbeit des Schulsanitätsdienstes
modifi ziert werden. Diese Tatsache erleichtert die spätere
Arbeit im Alltag der Sanitätsdienste immens.
Bei der ersten Sitzung wird der Dienstplan für das laufende
Schuljahr erstellt, alle Aufgaben und Ämter werden verteilt
und schriftlich festgehalten. Die Zeiten für regelmäßige
Treffen und die Fortbildungen werden ebenfalls festgelegt.
33
Die Gruppe besteht jährlich aus 16 bis 18 Schülern und der
anleitenden Lehrkraft. Die Vertretung übernimmt jeweils der
dienstälteste Schüler. So entsteht Kontinuität in der Arbeit.
An den Tagen, an denen die Schüler Dienst haben, tragen alle
eine rote Jacke und sind bei Unfällen in den Pausen sofort zu
identifi zieren. Während des Unterrichts werden sie durch eine
Lautsprecherdurchsage informiert. Die Versorgung erfolgt
dann entweder vor Ort oder, wenn der Transport möglich
ist, in unserem Sanitätsraum. Der Unterricht in den Klassen
kann ungestört weiter gehen und die einzelnen Lehrkräfte
sind durch die Erstversorgung der Schulsanitätsgruppe entlastet.
Alle Lehrkräfte, die unsere Sanitätsgruppe im Einsatz
erlebt haben, begrüßen diese Einrichtung sehr und betonen
immer wieder unsere gute Arbeit. Das Vertrauen in die
diensthabenden Schüler ist von Jahr zu Jahr größer geworden.
Auch bei den Mitschülern ist dies festzustellen, da sie sich
häufi g ganz autonom und ohne Vermittlung durch den Lehrer
direkt an den Sanitätsdienst wenden. Die Mitarbeiter im
Schulsanitätsdienst arbeiten alle völlig eigenständig, verantwortungsvoll,
mit großer Umsicht und Einfühlungsvermögen
bei den unterschiedlichen Einsätzen, die sie im Schulalltag zu
bewältigen haben.
34
www.schuleundgesundheit.hessen.de
Der Schulsanitätsdienst ist an unserer Schule eine feste
Institution geworden und wichtiger Bestandteil des
Schulprogramms und unserer Schulkultur.
Die Unfallkasse Hessen veranstaltet seit einigen Jahren
Fortbildungsseminare für Schulsanitätsdienstleiter. Einige
Teilnehmer dieser Seminare haben den Arbeitskreis
„Schulsanitätsdienste Hessen“ gegründet, der sich einmal im
Jahr trifft. Inhaltlich werden Themen wie die Anerkennung
und die Öffentlichkeitsarbeit der Schulsanitätsdienste diskutiert,
um diese voran zu bringen. So plant dieser Arbeitskreis
für das Schuljahr 2007/08 einen Aktionstag für alle
Schulsanitätsdienste in Hessen.
Autorin
Traudel Herrmann
Käthe-Kollwitz-Schule Wetzlar
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
Brandschutz in der Schule
Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit
Alle Angehörigen einer Schule sind verpfl ichtet, sich so zu verhalten, dass das Entstehen von Bränden
verhindert wird bzw. dass nach Ausbruch eines Brandes eine schnelle und wirksame Rettung und Schadensbegrenzung
gewährleistet ist. Die Schulleiterinnen und Schulleiter sind für die ordnungsgemäße Durchführung
aller Maßnahmen zum Brandschutz verantwortlich. Dabei müssen bauliche Bedingungen, organisatorische
Maßnahmen und das Verhalten im Brandfall berücksichtigt werden.
Bauliche Maßnahmen zum Brandschutz
Alle Schulen sind mit einer Alarmeinrichtung auszustatten.
In der Regel ist dies eine Brandmeldeanlage mit Sirene.
Das Alarmsignal muss von allen Räumen aus gut hörbar
sein. Das Signal muss so lange ertönen, bis alle Schüler/innen
und Lehrer/innen in Sicherheit sind. Für den Fall, dass
die elektrische Alarmeinrichtung versagt, ist ein handbetriebenes
Alarmgerät bereit zu halten. Ist eine Brandmeldeanlage
vorhanden, ist eine direkte Verbindung zur Feuerwehr anzustreben.
Ist dies nicht möglich, muss die Alarmierung fremder
Hilfe über ein Telefon möglich sein. Die Alarmanlage ist
monatlich außerhalb der Unterrichtszeit auf ihre Funktion
zu überprüfen. Der Schulträger prüft im Benehmen mit
der Feuerwehr, welche Selbsthilfeeinrichtungen an welchen
Stellen erforderlich sind. Insbesondere sind auf
Fluren, in Schulküchen, Werkräumen, Physik- und Chemie-
und Biologieräumen sowie in Brennstoffl agerräumen
Trockenfeuerlöscher (Pulver- oder Kohlendioxidlöscher) vorzusehen.
Alle Fachräume sind zusätzlich mit einer Löschdecke
und Löschsand auszustatten. Wird in anderen Bereichen
(Kunst u.a.) z.B. mit leicht entzündlichen Lösemitteln umgegangen,
so ist auch hier ein Feuerlöscher empfehlenswert.
Alle Selbsthilfeeinrichtungen müssen sich stets in einwandfreiem
Zustand befi nden. Feuerlöscher und lüftungstechnische
Anlagen müssen alle zwei Jahre geprüft werden, alle
weiteren Einrichtungen (Notbeleuchtung, Notschalter...)
einmal jährlich. Fluchtwege werden häufi g durch Tische,
Schränke und Gegenstände eingeengt. Fluchtwege sind im
Ernstfall lebenswichtig. Sie sollten daher regelmäßig mit
größter Sorgfalt überprüft werden. Dabei ist auf die ausreichende
Kennzeichnung, die auch bei Dunkelheit zu erkennen
sein sollte, zu achten. Fluchttüren müssen in Fluchtrichtung
öffnen. Sie dürfen niemals verschlossen sein oder müssen
über ein Panikschloss, das jederzeit ohne Schlüssel zu öffnen
ist, verfügen. Für jeden Unterrichtsraum müssen zwei
getrennte Fluchtwege vorhanden sein. Der Fluchtplan muss
in jedem Raum ausgehängt werden. Unterrichtsräume mit
erhöhter Brandgefahr (Schulküchen, naturwissenschaftliche
Fachräume, Werkräume...) müssen zwei günstig gelegene
Ausgänge haben. Brand- und Rauchschutztüren (dies sind insbesondere
Flurtüren) dürfen keinesfalls durch Keile o.ä. offen
gehalten werden. Diese Türen sind Öffnungen zwischen
Brandwänden und verhindern ein Ausbreiten des giftigen und
u.U. sehr schnell tödlich wirkenden Brandrauchs. Einzige
35
Ausnahme bilden Türen, die sich im Brandfall automatisch
schließen.
Organisatorische Maßnahmen zum
Brandschutz
Alle Brände sind zunächst Entstehungsbrände. Daher gilt
es, Entstehungsbränden vorzubeugen und die Brandlast,
d.h. die Menge aller brennbaren Stoffe, so gering wie möglich
zu halten. So ist für jeden Raum zu prüfen, in welchen
Mengen leicht entfl ammbare Stoffe (Vorhänge, Bodenbeläge,
Polstermöbel, Lösemittel, Lacke, Papier uvm.) vorhanden
sind. Nichtbenötigtes Material sollte ausgelagert oder entsorgt
werden. Leicht entfl ammbare Stoffe sollten gegen schwer
entfl ammbare Stoffe ausgetauscht werden (Prüfzertifi kat des
Herstellers). Mit Lösemitteln darf nur in den erforderlichen
Mengen, d.h. in Gebinden mit maximal 1 Liter Inhalt, umgegangen
werden. Für die Aufbewahrung von Lösemitteln
gelten im Übrigen besondere Vorschriften. Besondere
Brandgefahren gehen auch von elektrischen Geräten aus. Alle
elektrischen Geräte müssen mit den einschlägigen Prüfzeichen
ausgestattet sein. Elektrische Heizgeräte, die nicht über eine
automatische Temperaturregelung verfügen (Wasserkocher,
Kaffeemaschinen, Kochplatten, Heizstrahler...) sind verboten.
Kaffeemaschinen müssen auf einer feuerfesten Unterlage stehen.
Generell ist zu prüfen, in wie weit die Benutzung zu untersagen
ist. “Vergessene” Kaffeemaschinen stellen eine ernst
zu nehmende Brandgefahr dar. Lüftungsgitter elektrischer
Geräte (z.B. Computermonitore) dürfen auf keinen Fall abgedeckt
werden. Einmal jährlich sollte eine Sicherheitsbegehung
stattfi nden. An dieser Begehung nehmen neben dem/
der Schulleiter/in auch der/die Sicherheitsbeauftragte,
der Hausmeister und bei Bedarf Mitarbeiter/innen des
Schulträgers und der Feuerwehr teil. Über das Ergebnis wird
ein Protokoll angefertigt, in dem eventuelle Mängel sowie
Vereinbarungen zur Abhilfe vermerkt werden.
Unterweisung: Lehrerinnen und Lehrer sind regelmäßig
über Standort, Anordnung und ggf. Gebrauch der vorhandenen
Selbstschutzeinrichtungen (z.B. Feuerlöscher) zu
unterweisen. Zweimal jährlich fi ndet ein Probealarm statt.
Empfehlenswert ist dabei die Zusammenarbeit und die
Anwesenheit der Feuerwehr. Im Anschluss sind die Schüler/
innen über Zweck und Ziel der Übungen zu belehren. Das
Ergebnis der Alarmproben ist aktenkundig zu machen,
Mängel sind mit Nachdruck zu beanstanden und unverzüg-
36
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lich abzustellen. Im Falle eines Alarms sind für die Schüler/
innen außerhalb der Gebäude Sammelstellen zu bestimmen.
Diese müssen so gewählt werden, dass keine Gefährdung
durch Feuerwehr- und Rettungsmannschaften eintritt. Jede
Schule hat einen Alarmplan zu erstellen, in dem genau geregelt
wird, was im Ernstfall zu tun ist. Dazu zählen in erster
Linie Fluchtwegepläne und Alarmierungspläne, aber auch das
Wissen über besondere Gefahrenquellen im Brandfall wie beispielsweise
Lagerorte von Druckgasfl aschen und brennbaren
Flüssigkeiten. Diese müssen in einem Gebäudeplan gekennzeichnet
werden. Außerdem sollten Personen mit besonderen
Aufgaben benannt werden.
Verhalten bei Ausbruch eines Brandes
Bei einem Brand – auch bei einem scheinbar kleinen Brand
– ist unverzüglich Alarm zu geben. Erst dann sind eigene
Löschversuche zu unternehmen. Es gilt der Grundsatz:
Personenschutz geht vor Sachschutz. Der Alarm muss so lange
tönen, bis alle in Sicherheit sind. Das Schulgebäude wird
zügig verlassen. Fenster und Türen werden geschlossen aber
nicht verschlossen. Elektrische Geräte werden abgeschaltet,
Gas- und Druckluftzufuhr abgestellt. Der Lehrer bzw. die
Lehrerin überzeugt sich, dass niemand zurück geblieben ist
(Nebenräume, Toiletten...). Die Schüler/innen treffen sich am
Sammelort. Dort wird die Vollzähligkeit festgestellt. Ist die
Benutzung der Fluchtwege nicht mehr möglich, so bleiben
die Schüler/innen (sofern nicht andere Maßnahmen geboten
sind) in ihrem Raum bzw. begeben sich in einen Raum,
der von der Gefahr möglichst weit entfernt liegt und für die
Rettungsarbeiten zweckmäßig ist. Die Türen sind zu schließen
und – nur in diesem Fall – die Fenster zu öffnen. Anschließend
macht sich die Gruppe durch Rufen bemerkbar. Die Schüler/
innen sind vor unüberlegten Schritten zurück zu halten.
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
Rechtliche Regelungen
� Richtlinien für die brandschutztechnische Ausstattung
von Schulen und das Verhalten bei Ausbruch eines
Brandes und bei sonstigen Gefahren (Brandschutzerlass),
ABl 6/2003
� Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des
Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des
Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit
(Arbeitsschutzgesetz): http://bundesrecht.juris.de/arbschg/index.html
�
Arbeitsstättenverordnung: http://bundesrecht.juris.de/
arbst_ttv_2004/index.html
� Verordnung über die Prüfung technischer Anlagen und
Einrichtungen in Gebäuden: http://www.hessenrecht.
hessen.de/gesetze/361_Baurecht/361-115-TPruefVO/
TPruefVO.htm
�
DIN 14096 Teile 1-3 Brandschutzordnung
� Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung am
Arbeitsplatz, GUV-V A8: http://regelwerk.unfallkassen.
de/regelwerk/data/regelwerk/m_uvv/V_A8.pdf
� Feueralarm in der Schule, GUV-SI 8051: http://regelwerk.unfallkassen.de/regelwerk/data/regelwerk/s_inform/SI_8051.pdf
Autor
Landesfeuerwehrverband Hessen
Kölnische Straße 44-46
34117 Kassel
Tel: (0561) 78 89 63 08
info@feuerwehr-hessen.de
� lfv.feuerwehr-hessen.de
�
www.ukh.de
37
Brandschutzerziehung
Brandschutzerziehung ist ein wichtiges Anliegen der
schulischen Bildung, denn die Folgen von falschem
Umgang mit Feuer und Unwissenheit über richtiges
Verhalten bei einem Brand führen leider immer wieder
zu teilweise schwerwiegenden oder gar tödlichen
Unfällen. Daher muss die Aufklärung, die im Kindergarten
beginnt, in allen Schulstufen altersgemäß
weitergeführt werden.
Ziel der Brandschutzerziehung ist es auch, das Interesse
von Schülerinnen und Schülern für die Feuerwehr und das
Engagement in der Jugendfeuerwehr zu wecken.
Verankerung der Brandschutzerziehung
in den Lehrplänen (Stand: Juni 2007)
Grundschule
Der Rahmenplan für die Grundschule nennt im Teil A
(Übergreifende Orientierungen) unter „Erfahrung mit Natur
und Technik“ das „Erkunden von technischen Einrichtungen
und Anlagen im Schulgebäude und in der Nachbarschaft“.
Dort wird u.a. explizit auf Feuermelder verwiesen.
Für den Sachunterricht (1.-4. Klasse) wird unter dem Stichwort
„Außerschulische Aktivitäten“ auch der Besuch der Feuerwehr
genannt. Für die Klassenstufen 1 und 2 werden beim Lernfeld
„Material/Materialeigenschaften“ der verantwortungsvolle
Gebrauch von Streichhölzern und Feuerzeugen sowie die
Gefahren von Feuer aufgeführt. In den Klassenstufen 3 und
38
www.schuleundgesundheit.hessen.de
Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit
4 kommt dann das Kennenlernen von brennbaren und nicht
brennbaren Stoffen sowie die Geschichte des Feuers hinzu.
Für das fächerübergreifende Aufgabengebiet „Gesundheitserziehung“
wird unter dem Thema „Gefahren erkennen, vermeiden,
verhindern“ ausdrücklich der Umgang mit Feuer
genannt.
Hauptschule
Im Bildungsgang der Hauptschule taucht die Brandschutzerziehung
in den Fächern Deutsch, Ethik und Chemie auf.
Im Fach Deutsch (Jg. 6) wird im Bereich „Texte und Medien“
Verhaltensregeln bei Feueralarm als Beispiel für Sach- und
Gebrauchstexte genannt. Im Fach Ethik (Jg. 5) wird unter
der Überschrift „Verantwortung übernehmen“ bei den
verbindlichen Inhalten unter dem Thema „Verantwortung
für andere übernehmen“ die Jugendfeuerwehr benannt.
Im Chemieunterricht (Jg. 8) wiederum sollen unter der
Unterrichtseinheit „Stoffe und ihre Eigenschaften“ u.a. die
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
Brennbarkeit behandelt werden. Dabei können auch Hinweise
zu Brandverhütung und Brandbekämpfung gegeben werden.
In der Einheit „Luft und Verbrennung“ fi nden sich die
Stichworte Feuer, Gefahren des Feuers und Brandbekämpfung.
In diesem Kontext steht der Hinweis: Motivation zum
Engagement bei der Jugendfeuerwehr schaffen.
Realschule
Im Bildungsgang für den mittleren Abschluss fi nden sich
konkrete Bezüge in den Fächern Englisch und Chemie. Im
Englischunterricht (Jg. 6) sollen öffentliche Einrichtungen
wie z.B. die Feuerwehr behandelt werden. In Chemie (Jg. 8)
wird in der Unterrichtseinheit „Luft – ein lebensnotwendiges
Stoffgemisch“ „Brandverhütung und Brandbekämpfung“ als
verbindlicher Inhalt benannt. Bei den Arbeitsmethoden fi nden
sich die Hinweise: Brandschutzpraktikum in Zusammenarbeit
mit der örtlichen Feuerwehr und Rollenspiel: Luft und
Luftverschmutzung.
Gymnasium (9 Jahre)
Im G9 Bildungsgang ist das Thema ebenfalls im
Chemieunterricht (Jg. 8) vorgesehen. In der Unterrichtseinheit
„Die chemische Reaktion – Stoffumsatz und Energieumsatz“
sollen verschiedene Arten der Brandbekämpfung behandelt
werden. Im Unterpunkt „Verbrennungsvorgänge in Alltag und
Umwelt“ sollen die Bedingungen für Verbrennungen/Brände;
Explosionen sowie Feuerlöschen und Brandschutz erarbeitet
werden.
Gymnasium (8 Jahre)
Im (neueren) Lehrplan für das 8-jährige Gymnasium wird
die Brandschutzerziehung im Chemieunterricht (Jg. 7) etwas
differenzierter dargestellt. In der Unterrichtseinheit „Stoffe
werden verändert/Die chemische Reaktion“ werden im
Teilaspekt „Verbrennungsvorgänge in Alltag und Umwelt“
Bedingungen für Verbrennungen/Brände/Explosionen, technische
Vorkehrungen zum Feuerlöschen und Brandschutz sowie
Beurteilen geeigneter Löschmaßnahmen genannt.
In diesem Kontext wird der Besuch der Feuerwehr vorgeschlagen.
Bei den Hinweisen zu den Arbeitsmethoden werden
als Referatsthemen Gefährliche Brände und Brandklassen
benannt.
Als Thema für einen Stationenlauf wird Bedingungen für die
Brandentstehung genannt.
Materialien für die Brandschutzerziehung
Der hessische Landesfeuerwehrverband (LFV) hat den
Ordner „Feuer und Flamme“ für die Brandschutzerziehung
in der Grundschule herausgegeben. Der Ordner enthält neben
Sachinformationen und Experimentiervorschlägen auch fertige
Arbeitsblätter für den Unterricht. Der Ordner kann über
das Projektbüro Schule & Gesundheit bezogen werden.
Autor
Landesfeuerwehrverband Hessen
Kölnische Straße 44-46
34117 Kassel
Tel: (0561) 78 89 63 08
info@feuerwehr-hessen.de
� lfv.feuerwehr-hessen.de
�
www.ukh.de
39
Die Fahrradwerkstatt in der Schule
Das Bertha-Bike-Center der Bertha-von-Suttner-Schule in Nidderau
Eine schuleigene Fahrradwerkstatt fungiert als Ausgangspunkt für ein
breites Spektrum von fahrradbezogenen Aktivitäten und Projekten. Je
nach ihrer spezifi schen Einbindung ins Schulprogramm kann sie darüber
hinaus auch zum Motor weiterer Aspekte der Mobilitätserziehung
werden.
Die Möglichkeiten reichen vom handwerklichen
Werkstattbetrieb bis zu mehrtägigen Fahrradtouren, vom
Geschicklichkeitsparcours bis zu gemeinsamen Projekten mit
Grundschulen oder Jugendzentren, von Inlinerprojekten bis
zur Entwicklung von Konzepten für eine fahrradfreundliche
Infrastruktur in der Gemeinde.
Einrichtung und Betrieb einer Fahrradwerkstatt tragen einerseits
der zunehmenden Beliebtheit des Fahrrads bei
Jugendlichen Rechnung, sie sind andererseits auch dazu
prädestiniert, die Forderung nach projektorientierten
Arbeitsformen mit unmittelbarem Bezug zur Lebenswelt der
Schüler zu realisieren. Für die Öffnung von Schule kann die
Fahrradwerkstatt eine Schlüsselstellung einnehmen.
Starthilfe in Form einer Erstausstattung mit Geräten und
Werkzeugen gewährt die Landesverkehrswacht Hessen
e.V. auf Vermittlung der zuständigen Fachberater für
Verkehrserziehung und Mobilitätsbildung.
Als erfolgreiches Beispiel wird im Folgenden das Bertha-
Bike-Center vorgestellt. Dies ist die vor 15 Jahren gegründete
Fahrradwerkstatt an der Bertha-von-Suttner-Schule
40
www.schuleundgesundheit.hessen.de
Verkehrserziehung/Mobilitätsbildung
in Nidderau (Main-Kinzig-Kreis), einer integrierten
Gesamtschule von Kl. 5 – 10. Die dargestellten Aktivitäten
können als Anregung für die Entwicklung eigener Vorhaben
dienen und je nach Zielsetzung und Rahmenbedingungen
variiert bzw. ergänzt werden. Nicht jedes Rad muss neu erfunden
werden, aber es lohnt sich auch, an der Verbesserung
bereits rollender Räder zu basteln!
Genutzt wird die Fahrradwerkstatt sowohl im
Wahlpfl ichtbereich als auch im Rahmen der pädagogischen
Nachmittagsbetreuung (Arbeitsgemeinschaften)
von Schülerinnen und Schülern aller Jahrgänge. Indem hier
„Lehrlinge“ aus den 5. Klassen mit „Gesellen“ aus den älteren
Jahrgängen gemeinsam arbeiten, realisiert der Betrieb
eine der wenigen Gelegenheiten, soziales Lernen über die
Altersgrenzen hinweg zu praktizieren.
Der Werkstattbetrieb kreist um 4 Arbeitsschwerpunkte:
1. Reparatur von Fahrrädern aus dem gesamten Bereich der
Schulgemeinde, teilweise auch darüber hinaus.
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
2. Instandsetzung gebrauchter Räder (Herkunft: Spenden,
Fundbüro, Bauhof). Der Verkauf dieser „Billigräder“ sichert
die materielle Basis der Werkstatt.
3. Entsorgung von Altfahrrädern in Kooperation mit
der Stadt Nidderau: Alte Räder wandern nicht zum
Sperrmüll, sondern werden im Bertha-Bike-Center restlos
zerlegt, wobei eine saubere Wertstofftrennung erfolgt:
Metallschrott, Restmüll und Ersatzteile. Im Gegenzug
hält der Bauhof kostenlos einen Schrottcontainer vor, der
vor der Werkstatt steht und auf Abruf geleert wird.
4. Konstruktion und Bau von allerhand nützlichen Geräten
aus alten Fahrradteilen, z.B. Anhänger, Werkstattsitz,
Kurbelfußbank u.v.m.
Alljährlich vor den Osterferien, also um den Frühlingsanfang
herum, organisiert das Bertha-Bike-Center die „Nidderauer
Fahrradbörse“ mit zwei wesentlichen Schwerpunkten:
1. Verkauf der Fahrräder, die in der Werkstatt hergerichtet
wurden. Die Renner sind dabei Kinderfahrräder und
das so genannte „Bahnhofsrad“, das Zweitrad für den
Bahnpendler.
2. Flohmarkt „Privat an Privat“ mit Provision an das Bertha-
Bike-Center.
Diese Veranstaltung leistet einen wesentlichen Beitrag zur fi -
nanziellen Unabhängigkeit der Einrichtung.
Workshops
Für Viertklässler der umliegenden Grundschulen wurde ein
Fahrrad-Workshop mit 7 Lernstationen konzipiert und mehrfach
erprobt, der die Fahrradausbildung in der Grundschule
sinnvoll ergänzt. Auch am alljährlichen „Tag der offenen Tür“
erfreut sich dieses Angebot eines regen Zuspruchs.
Bertha-Runde: Diese nach Art eines Volksradfahrens organisierte
Veranstaltung wird nicht nur von Schülern, Eltern und
Kollegen bestritten, sondern nimmt mittlerweile einen festen
Platz im Veranstaltungsprogramm der Stadt Nidderau ein.
Bei passenden Gelegenheiten (Schulfeste, Sporttage,
Fahrradbörse usw.) wird ein Fahrrad-Parcours aufgebaut, des-
sen Stationen nach dem Vorbild der Jugendverkehrsschule
bzw. des ADAC-Parcours von den Schülern der Fahrrad-AG
selbst gebaut wurden. Auch im Programm der Mobilitätstage
„Munter & Mobil“ für die 5. Klassen hat der Parcours seinen
festen Platz.
Das Bertha-Bike-Center unterhält einen Pool mit
Leihfahrrädern und -helmen, die gegen geringe Gebühren
an Mitglieder der Schulgemeinde, aber auch an externe
Jugendgruppen oder Nachbarschulen ausgeliehen werden.
Die Mittel für die Anschaffung stammen größtenteils aus
den Prämien für die dreimalige erfolgreiche Teilnahme am
Wettbewerb „Fahrradfreundliche Schule“.
Mit Einführung der Projektprüfung für den
Hauptschulabschluss ist der Fahrradwerkstatt ein weiteres
Arbeitsfeld zugewachsen:
� Bau eines Lastendreirads,
� Umbau eines Vorderrads mit Nabendynamo zum
Windkraftwerksmodell,
� Verkaufsfertige Instandsetzung eines Tourenrads,
� Auswertung einer Statistik von Unfällen mit
Radfahrerbeteiligung
sind nur einige Beispiele erfolgreicher Projekte aus den letzten
Jahren.
Öffnung von Schule: Einige der vorgenannten Aktivitäten
sind Musterbeispiele für die Einbindung der Schule in ihr
kommunales Umfeld: Fahrradbörse, Bertha-Runde und das
Entsorgungsprojekt sind aber noch nicht alles. Eine enge
Zusammenarbeit mit der Ortsgruppe des ADFC (die auf
Initiative des Bertha-Bike-Centers gegründet wurde) zeigt sich
41
etwa in der Durchführung von Pannenkursen für Freizeitradler
oder im Angebot eines Codierservice bei der Fahrradbörse.
Im städtischen Arbeitskreis „Radwegeplanung“ ist der
Vertreter des Bertha-Bike-Center ein gern gesehener
Dauergast.
Bei Veranstaltungen wie dem Regionalfest zur Einweihung
der „Hohen Straße“ betreibt das Bertha-Bike-Center einen
„Mobilen Pannendienst“.
42
Fahrradtouren
Unterstützung
www.schuleundgesundheit.hessen.de
Ohne breite Akzeptanz und tatkräftige Unterstützung aus allen
in Frage kommenden Bereichen ist ein derartig erfolgreicher
Betrieb undenkbar:
Schulleitung und Kollegium, Elternbeirat und Förderverein,
städtische Gremien und nicht zuletzt die örtlichen
Fahrradläden zeigten von Anfang an ihr Wohlwollen und halfen,
jeder auf seine Weise, das Bertha-Bike-Center zu einem
Erfolgsmodell werden zu lassen, das aus dem Schulprogramm
kaum noch wegzudenken ist.
Autor & Kontakt
Die Fahrradwerkstatt in der
Schule
Reparaturen
Fahrradparcours Workshops
Fahrradwerkstatt
Projekte
Werner Fröhlich
Physik- und Chemielehrer
der Bertha-von-Suttner-Schule Nidderau bis Februar 2005
seitdem in der Freistellungsphase der Altersteilzeit.
Er betreibt aber weiterhin die Fahrradwerkstatt der Schule.
E-Mail: froehlich-oberau@t-online.de
� www.radfi t.de
Fahrradbörse
Rad- und Helmverleih Fahrrad-Infothek
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
Verkerserziehung/Mobilitätsbildung
Inline-Projekt einer Grundschule
Inline-Skating hat sich vor rund 10 Jahren von einer Trendsportart zu
einem Massenphänomen entwickelt. Die positiven Wirkungen für die
Gesundheit und Fitness sind offenkundig. Dazu kommt, dass Geräte
und Zubehör erschwinglich sind und die Grundzüge sich relativ leicht
erlernen lassen.
Mit steigender Verbreitung rücken jedoch auch die Schattenseiten in den
Blickpunkt: Die Unfallgefahr ist hoch. Oft sind Verletzungen sehr schwer,
besonders dann, wenn keine ausreichende Schutzkleidung getragen wird
oder der Skater seine Fähigkeiten überschätzte.
Hier setzt die Intention der Keltenbergschule Glauburg an, einer
Grundschule im Wetteraukreis. Ich nahm als Sportlehrerin
Mitte der 90er Jahre an dem hessenweiten Projekt von K2 und
der Sporthochschule Köln teil. Die Schule erhielt damals eine
Grundausstattung mit Inline-Skates, Helmen und Protektoren
für Knie und Ellenbogen. Später konnte ich meine Kenntnisse
in Seminaren der Deutschen Verkehrswacht mit Eric Bayer
vervollkommnen.
So ist das Inline-Skating bei uns schon lange zu einem festen
Bestandteil des Sportunterrichts in den 4. Klassen geworden.
Hier werden alle Schüler/innen des Jahrgangs ein Halbjahr
lang in je einer Stunde pro Woche in die Grundkenntnisse des
Inline-Skatings eingewiesen.
Ziele sind:
� Sicherheitserziehung (Helm, Protektoren...)
� Stärkung der Ich-Kompetenz
� Gleichgewichts-Schulung
� Spielräume und öffentlichen Verkehr unterscheiden
lernen.
Weiter stehen Bremsübungen im Vordergrund der
Übungsstunden.
Im Folgenden wird des Projekt einer 3. Klasse dokumentiert,
die sich, gegen Ende des Winters, also rechtzeitig vor
der neuen Saison im Frühjahr, während einer einwöchigen
Sportfreizeit im Sportzentrum Ronneburg im Main-Kinzig-
Kreis zum Teil erstmals mit Inlinern beschäftigten.
Abfolge der Übungen:
1. Fallübungen ohne Inline-Skates, aber mit Knie- und
Ellenbogenprotektoren.
2. Fallübungen mit Inline-Skates.
3. Übungen zum Aufstehen und Gleiten.
4. Gleichgewichtsübungen:
� auf einem Bein stehen
� Fahren mit Partner
� Fahren ohne Partner
5. Gewichtsverlagerung beim Fahren von einer Seite der
Turnhalle zur anderen.
6. In Gruppen fahren und anhalten
43
7. Übungen mit dem großen Schwungtuch mit und ohne
Ball.
8. Kreise fahren.
9. Slalomfahren (Hütchen bzw. halbe Tennisbälle)
10. Hüpfübungen über Stangen (verschiedene Höhe)
11. Hüpfübungen über das große Schwungseil.
12. Für Fortgeschrittene:
� Kreuzübungen
� Spitzenfahren
� Ramp befahren
Den Kinder hat das großen Spaß gemacht. Besonders stolz
waren diejenigen, die vorher noch nicht Inline-Skaten konnten.
Die Kinder haben sich gegenseitig geholfen und aufeinander
Rücksicht genommen. Einen großen Raum hat die
Erarbeitung der möglichen Spielräume eingenommen. Keines
der Kinder wird ohne Protektoren fahren oder mit Inlinern
im Straßenverkehr unterwegs sein. Dies bewirkt die gegenseitige
soziale Kontrolle in den Wohnorten der Schüler/innen
und das langjährige „stille Übereinkommen“ innerhalb der
Schulgemeinde.
Autorin
Christa Reichert
Sportlehrerin der Keltenbergschule Glauburg
Tel: 06041-1844
Fachberaterin für Verkehrserziehung und Mobilitätsbildung
im Hochtaunus- und Wetteraukreis.
44
Literatur
www.schuleundgesundheit.hessen.de
� Skate & Roll, Inline-Projekte für die Sekundarstufe I,
Deutsche Verkehrswacht e.V.
� Inline Skating Tipps, Tricks, Know-How für Anfänger
und Fortgeschrittene. Spielzeit ca. 40 Min. actiVideo von
Carolyn Bradley
� Sebastian Baumgartner: Inline-Skaten: Bremstechnik
und Sicherheit, BLV-Verlagsgesellschaft
� Gudrun Schlichte: Inline-Skaten lernen – aber sicher,
Verlag an der Ruhr
�
Könemann: Inline-Skating; VHS und buch, Köln 2001
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
Verkehrserziehung/Mobilitätsbildung
Sicher und selbständig zur Schule
Schulwegtraining der zukünftigen Erstklässler
Seit vielen Jahren gibt es das Programm „Kind und Verkehr“
(KuV) des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR), das in
erster Linie Eltern
�
�
�
zur Verkehrserziehung ihrer Kinder,
zur Beaufsichtigung und
zur Festlegung sicherer Spielbereiche befähigen will.
Die Landesverkehrswacht Hessen hat dieses Programm um
einen wichtigen Baustein erweitert: Das Schulwegetraining
für zukünftige Erstklässler. Zum Ende des KuV-Elternabends
in der Kindertagesstätte oder Kindergarten bietet der/die
Moderator/in ein spezielles Vorbereitungstraining für die
Kinder an, die zu Beginn des folgenden Schuljahres die
Grundschule besuchen werden.
Wie läuft das ab?
�
Die Eltern der „Schulkinder“ erhalten einen „Schulweg-
Diagnosebogen“.
� Sie gehen mögliche Schulwege Ihres Kindes ab und stellen
fest, welche Verkehrssituationen Ihr Kind bewältigen
muss. Dies kreuzen Sie auf dem Diagnosebogen an.
� Die Eltern beobachten ihr Kind bei verschiedenen Wegen
(einkaufen, Spaziergang, Kindergartenweg) und stellen
fest, welche Situationen es bereits sicher, einigermaßen
oder gar nicht bewältigen kann.
� Bei einer weiteren Elternveranstaltung im Kindergarten
werden alle mit dem Schulweg und deren Vorbereitung
verbundenen Fragen behandelt und danach weiter eifrig
trainiert.
� Als Erfolgskontrolle legen die Kinder zu einem vereinbarten
Termin eine Wegstrecke mit verschiedenen
Aufgaben selbständig zurück. Eltern und Erzieherinnen
beobachten die Kinder an den einzelnen Stationen und
sichern die Problemstellen ab.
Diese Wegstrecke beginnt zweckmäßigerweise an der
Kindertagesstätte/dem Kindergarten und endet möglichst an
der später zu besuchenden Schule bzw. an der Bushaltestelle,
45
von der die Kinder später zur Schule fahren. Am Ziel werden
die Kinder nacheinander z.B. von der späteren Klassenlehrerin
empfangen, in einer Schulklasse beschäftigt bis alle Kinder
da sind und der/die Moderator/in mit den Eltern die beobachteten
Verhaltensweisen besprochen hat.
Zum Schluss erhalten alle teilnehmenden „Schulkinder“ einen
Schulwegepass und ggf. ein kleines Geschenk. Dieses
Training ist – dort wo es bisher durchgeführt wurde – von den
Eltern und den Erzieherinnen positiv bewertet worden.
Autor
Heinrich Euler
Fachberater für Verkehrserziehung und Mobilitätsbildung
beim HKM
Beisitzer im Landesvorstand der Verkehrswacht Hessen
Glauberger Str. 28 A
63695 Glauburg
Tel.: 06041-339
E-Mail: Euler-Glauburg@t-online.de
Beispiel für eine Schulweg-Scheckliste, mit der
Eltern an einem der ausgewählten Kontroll-Punkte
die Kinder in der Reihenfolge, in der sie alleine den
vorher festgelegten Weg gehen, beurteilen.
Schulweg-Checkliste
Standort: Ampel an der Sparkasse
Name: …………………………………………
Auf dem Straße Sicher an
Gehweg an einer der Haupt-
gehen Ampel str. weiter
überque- gehen
ren
Janis
Lisa Marie
Julius
Scarlett
Julien
Darwin
Bewertung: + oder –
Bei – auch den Fehler angeben
46
Schulweg-Diagnose
� www.dvr.de
www.schuleundgesundheit.hessen.de
Liebe Eltern!
Bitte gehen Sie den künftigen Schulweg (bzw. Weg
zur Bushaltestelle) Ihres Kindes ab.
Kreuzen Sie dabei auf dem Bogen jede Art der
Verkehrsteilnahme einmal an, so wie sie Ihr Kind
bewältigen muss.
Bringen Sie den Bogen dann zum Elternabend mit.
� Auf dem Gehweg gehen
� Auf dem Gehweg mit Hindernissen gehen (z.B.
Baustelle, Mülltonnen,..)
� Eine Fahrbahn überqueren
� an der Ampel
� am Zebrastreifen
� an der Verkehrsinsel
� an einer ungesicherten aber ruhigen Straße
� an einer ungesicherten, lebhaft befahrenen
Straße
� an einer ungesicherten Hauptverkehrsstraße
� Eine Straße ohne Gehweg gehen
� Einen Fußgängerweg ohne Kraftfahrzeugverkehr
gehen (z.B. im Park, im Wald, zwischen
Hausfluchten,...)
� Mit einem Schulbus fahren
� Mit einem Linienbus fahren
� Weiteres?………………
Was mein Kind schon gut kann:
……………………………………………………………
……………………………………………………………
……………………………………………………………
Was mein Kind noch nicht so gut kann:
……………………………………………………………
……………………………………………………………
……………………………………………………………
� www.verkehrswachthessen.de
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
Verkehrserziehung/Mobilitätsbildung
Erstellen eines Schulwegeplanes
Im Folgenden werden Hilfen zur Erstellung eines Schulwegeplanes so gegeben, dass es für jede Schule
möglich ist, einen aussagekräftigen und aktuellen Schulwegeplan zu erstellen.
1. Grundlage
Erlass v. 15.07.2003 „Sicherung der Schülerinnen und Schüler
auf dem Schulweg“ (Abl. 8/03 Seite 571).
„Die Sicherung der Schulwege ist gemeinsame Aufgabe
der Straßenverkehrs-, Polizei- und der allgemeinen
Ordnungsbehörde. In der Ausführung ist sie Angelegenheit
der Straßenbaulastträger. Schulaufsichtsbehörden, Schulträger,
Schulen und Eltern stehen beratend und unterstützend
zur Seite. Die Schulleitung arbeitet zumindest für die
Jahrgänge 1 bis 7 einen Schulwegplan aus. Schulwegpläne
sind Darstellungen, in denen die sichersten Wege zur Schule
empfohlen werden.“
2. Planungsraster
Schritt 1
�
Sammlung von Informationen
Schritt 2
� Gemeinsame Konferenz mit Vertreter/innen aller
Institutionen
� zur Analyse und Erstellung des Plans unter
Berücksichtigung von Änderungswünschen bzw.
Notwendigkeiten in Bezug auf verkehrsregelnde
Maßnahmen bzw. beim Straßennetz
Schritt 3
�
Zustimmung der Schulkonferenz
Schritt 4
Verteilung an
�
�
�
�
Eltern (z.B. vor der Einschulung)
Presse
Kommune
Veröffentlichung auf der Homepage der Schule
47
3. Hilfe zur Informationsgewinnung
Beispiel: Fragebogen für Schüler/innen
Aus der Arbeitsanweisung, der Gefahrenliste wird ein
Fragebogen erstellt. Auf die Rückseite des Fragebogen wird
ein Stadtplan kopiert, es bleibt Platz für Erläuterungen.
Arbeitsanweisung
� Bitte deine Eltern eventuell um Hilfe.
� Trage in der Karte ein, wo genau du morgens und mittags
gehst und auf welcher Straßenseite.
� Zeichne ein, wo du die Straße überquerst.
� Überlege, wo Gefahrenpunkte sind, und trage sie in der
Karte mit einem roten Kringel ein.
� Schreibe zu jedem einzelnen Gefahrpunkt auf, welcher
Art die Gefahr ist.
Die folgende Liste kann dabei helfen.
Mögliche Gefahren auf dem Schulweg
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� Gehweg
� mit Fahrradverkehr
� nicht vorhanden/zu schmal, auf Fahrbahn ausweichen
� zu schmal, bezogen auf die vielen Fußgänger
� blockiert (parkende Autos, Müllautos)
� dunkel (Laternen fehlen), unübersichtlich (Bäume/
Büsche)
� an einer Straße mit vielem Verkehr/ mit hohem
Tempo
� Grundstückseinfahrt
� hier rangieren Busse/ Lkw
� uneinsehbar/ stark befahren/ Lkw-Verkehr
� Überqueren der Straße zwischen geparkten Autos
hindurch
� bei Ampel/ Zebrastreifen, aber die Autos stoppen
nicht
� an ungesicherter/ dunkler/ schattiger Stelle
� bei schnellem, starken Verkehrsaufkommen
� Bus-, Bahnfahrt
� Wartestelle ungesichert an/ auf der Straße, zu klein
� Schubsen/ Drängeln bei Einfahrt, beim Ein-/
Aussteigen
� Überfüllter Bus, stehen während der Fahrt
� ruckartig fahrender Bus (stoppt/ beschleunigt
plötzlich)
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� Fahrradfahrt
� fehlender Fahrradweg
� entlang einer Straße mit vielen Lkws/ starkem
Verkehr
� Hindernisse, unbeleuchtete Stellen, Schlaglöcher
� Autotüren schlagen plötzlich auf (Elterntaxis)
� Elterntaxi
� Aussteigen auf die Straße/ an der Schule
� Überqueren der Fahrbahn direkt nach dem
Aussteigen
Was geschieht mit dem Plan und den Anmerkungen
und Einzeichnungen?
� Alle so eingegangenen Informationen werden ausgewertet,
sowie weitere Informationen z.B. bei den
Busbetrieben eingeholt.
� In einer Besprechung mit der SV, mit Lehrern, Eltern,
der Straßenverkehrsbehörde, dem Ordnungsamt und der
Polizei werden alle Informationen gesammelt und ein
Schulwegeplan erstellt.
� Dieser zeigt den empfohlenen Schulweg aus den
Stadtteilen bzw. dem Bereich, in dem du wohnst.
4. Hilfe zur Auswertung
Die einzelnen Gefahrenstellen werden zusammengetragen
und in einem Übersichtsplan eingezeichnet. Für jede einzelne
Gefahrenstelle kann jetzt in Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen
Beteiligten eine Lösung gefunden werden, diese
Maßnahmen werden dann festgehalten.
Einige Beispiele:
�
Eine Hausecke reicht bis an die Straße heran. Die Schüler
weichen deshalb auf die Fahrbahn aus.:
Maßnahme:
�
Bau eines ausreichend breiten Bürgersteiges
� Der Weg Schule – Bahnhof führt entlang einer
Bundesstraße. Vor und nach der Schule werden
Bürgersteig und Radweg für jeweils etwa 15 min über
die gesamte Breite bis dicht an die Fahrbahn von einer
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2007
mehr als 800 Schüler umfassenden Kolonne genutzt.
Es herrscht hier großes Gedränge, jedoch fehlt eine
Absicherung zur Fahrbahn. Stolpernde, gerempelte oder
entgegenkommende Fußgänger stürzen leicht auf die
Fahrbahn. Sie sind dort in unmittelbarer Lebensgefahr.
Maßnahmen:
� zusätzliche Sicherung dieses ca. 500 m langen
Bürgersteiges zur Straße hin durch Geländer.
� Bau eines zusätzlichen Schul-Haltestopps der Bahn
und Verlegung dieses Schulweges von der Straße
weg.
� Unübersichtliche Verkehrslage durch Parken der Eltern,
Ein- bzw. Aussteigen der Kinder und ungesichertes
Queren vieler Schüler. Hier befi ndet sich ein breiter
Ausgang vom Schulhof direkt auf die Bundesstraße, der ein
Betreten der Straße ohne jede Barriere zulässt. Gegenüber
der großen Schulhofeinfahrt befi ndet sich ein Bäckerladen,
eine Eisdiele und ein Dönerlokal, Elterntaxis halten hier.
Maßnahmen:
� Halteverbot
� Schülerlotsendienst
� Verlegen der Fußgängerampel zur Schulhofeinfahrt
� Gefahr durch Queren der Fahrbahn ohne geregelten
Übergang. Die Kinder verlassen den Bus
und überqueren sofort die Straße, um durch einen
anderen Weg zur Schule zu gelangen.
Maßnahme:
� Diese Schüler sollen den ampelgesicherten
Übergang an einer anderen Straßenecke nutzen.
Daraus kann dann ein „Empfohlener Schulweg“ erstellt und
an Eltern, Schülerinnen und Schüler verteilt werden.
5. Hilfen
Neben den Fachberater/innen für Verkehrserziehung und
Mobilitätsbildung geben auch die örtlichen Verkehrswachten
Hilfen bei der Erstellung des Schulwegeplanes.
Kartenmaterial ist erhältlich vom „Hessischen
Landesvermessungsamt“ und der CD-ROM „DATAstreet
Hessen“.
6. Literatur
Planerheft „Schulwegsicherung“, Verkehrstechnisches Institut
der Deutschen Versicherer, Berlin.
Schulwegsicherung – Information für Eltern, Verkehrstechnisches
Institut der Deutschen Versicherer, Berlin.
Ansprechpartner
Dietlind Finn, Fachberaterin für Verkehrserziehung und
Mobilitätsbildung im Schulamt Bergstraße/Odenwald
Studienrätin an der Martin-Luther-Schule Rimbach
Staatsstraße 6
64668 Rimbach
Tel.: 06251 – 63453
E-Mail: hdfi nn@t-online.de
49
Impressum
Herausgeber
Schule & Gesundheit
Hessisches Kultusministerium
Luisenplatz 10
65185 Wiesbaden
Verantwortlich
B. Zelazny
Redaktionsteam
E. Hilft-Seibring, M. Melcher, R. Weißgraeber
Layout und Titelgestaltung
R. Weißgraeber
robert@weissgraeber.info
Druckerei
Druckerei Zeidler GmbH & Co KG, Mainz-Kastel
Titelbild
istockphoto.com
Erscheinungsweise: 1x jährlich
1. Aufl age: 6000 Exemplare
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben
nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers
wieder.
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