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NW_1449.pdf
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12 DAS ABTEILAND<br />
Die Edlen von Griesbach<br />
Erst kürzlich kam die Burg<br />
Griesbach, oder was von ihr<br />
übrig geblieben ist, wieder einmal<br />
ins Gerede: Motocross-Fahrer<br />
hatten das wellige Gelände,<br />
die Wälle und Halsgräben<br />
für Trainingsfahrten genutzt<br />
und ihre Spuren in diesem für<br />
das Abteiland so wertvollen<br />
Bodendenkmal hinterlassen.<br />
Seine historische Bedeutung<br />
für die Region ist vielen unbekannt.<br />
Dabei ist die Bedeutung<br />
des Adelsgeschlechts der Griesbacher<br />
für das Abteiland kulturell<br />
und wirtschaftlich von<br />
großem Stellenwert. Auch<br />
wenn die historischen Quellen<br />
berichten, dass das Adelsgeschlecht<br />
bereits im 13. Jahrhundert<br />
ausgestorben ist. Aber<br />
beginnen wir am Anfang, nicht<br />
am Ende.<br />
Wichtige Funktionen<br />
des Rodungsadels<br />
Die Griesbacher gehörten zum<br />
sogenannten Rodungsadel.<br />
Seit Ende des 11. Jahrhunderts<br />
erschlossen die Griesbacher,<br />
die Halser sowie ihnen nahestehende<br />
Adelsgeschlechter<br />
im Auftrag von Kaiser Heinrich<br />
IV. das ehemalige Königsland<br />
nördlich der Donau von der Ilz<br />
bis zur Mühel. Nach dem Investiturstreit<br />
sollten sie in seinem<br />
Sinne die Besiedelungs- und<br />
Verwaltungsorganisation im<br />
Abteiland vorantreiben.<br />
Ihren Hauptsitz schlugen die<br />
Griesbacher über dem Gressenbachtal<br />
auf. Vom Gressenbach<br />
leitete sich auch der Name<br />
des Adelsgeschlechts ab, der<br />
damals flexibel an den jeweiligen<br />
Adelssitz angepasst wur-<br />
de. Hier befanden sie sich in<br />
einer strategisch sehr vorteilhaften<br />
Lage. Die Burg Griesbach<br />
war von der Donau nicht<br />
einsehbar, aber der Handelsweg<br />
führte von Obernzell,<br />
Griesbach in der Zell, unterhalb<br />
der Anlage vorbei über<br />
das Gressenbachtal bis nach<br />
Untergriesbach, Griesbach am<br />
hohen Markt. Und von dort<br />
weiter über Wegscheid und<br />
das Mühlviertel nach Krumau<br />
und Budweis.<br />
„Der Rodungsadel hatte seit<br />
dem 11./12. Jahrhundert<br />
unsere Gegend von solchen<br />
Burgsitzen aus systematisch<br />
erschlossen und verwaltet“,<br />
so Kreisheimatpfleger Georg<br />
Schurm. Das Hinterland der<br />
Donau mit einer Höhenlage<br />
von 500 bis 650 Metern bot<br />
sehr gute Voraussetzungen<br />
für die landwirtschaftliche<br />
Erschließung und Nutzung.<br />
„Damals wurde die Kulturlandschaft<br />
geschaffen, die zur Heimat<br />
und Ernährungsgrundlage<br />
für alle nachfolgenden<br />
Generationen wurde“, betont<br />
Schurm die kulturhistorische<br />
Bedeutung der Griesbacher.<br />
Sie brachten die notwendige<br />
Erfahrung, die finanziellen Mittel<br />
und die Spezialisten für den<br />
Auf- und Ausbau der Infrastruktur<br />
mit. Und aus ihrem angestammten<br />
Herrschaftsraum<br />
kam auch eine große Anzahl<br />
von Neusiedlern, die dem Adel<br />
über Abgaben wichtige Einnahmequellen<br />
garantierten.<br />
Blühender Handel<br />
Eine wichtige Rolle spielte<br />
in den Überlegungen des<br />
Rodungsadels im Abteiland<br />
sicher auch der Fernhandel<br />
nach Böhmen und nach Linz.<br />
Seit dem Hochmittelalter<br />
sind die Handelssteige nach<br />
Südböhmen hin zur Moldau<br />
urkundlich belegt. Obernzell<br />
galt als das Zentrum und<br />
Umschlaghafen für den Salzhandel<br />
nach Böhmen, aber<br />
auch Eisen, Wein und Venediger<br />
Waren wurden über Wegscheid,<br />
Peilstein, Rohrbach<br />
und Haslach transportiert. Auf<br />
dem Rückweg hatte man Sklaven,<br />
Pferde, Wachs, Getreide,<br />
Häute und Pelze im Gepäck.<br />
Die Donau als Wasserstraße<br />
nimmt in der wirtschaftlichen<br />
Entwicklung des Abteilandes<br />
als zentraler Handelsraum eine<br />
herausragende Rolle ein. Die<br />
Griesbacher wussten das zu<br />
nutzen. Und so richteten sie<br />
alle Marktstraßen der drei neu<br />
gegründeten Zentralorte ihres<br />
Herrschaftsgebietes – Griesbach<br />
am hohen Markt, Hauzenberg,<br />
Wegscheid – in Rich-<br />
Zum Teil rekonstruierte Überreste der Burg Griesbach. Fotos: Hahn<br />
Aus Quadern der ehemaligen Burg erbaut: Pfarrkirche Untergriesbach<br />
tung Donauhafen in Griesbach<br />
in der Zell aus. Diese Funktion<br />
Obernzells als zentraler<br />
Handelsplatz und wichtigster<br />
Umschlaghafen im Abteiland<br />
blieb bis in die Neuzeit erhalten.<br />
Vom Fürstbischof<br />
geschliffen<br />
Kommen wir zur Burg Griesbach<br />
und dem schnellen Ende<br />
des Adelsgeschlechtes in der<br />
Region zurück. Die Burganlage<br />
wurde als Ringmauernburg<br />
angelegt. Die Ringmauer wurde<br />
dem Gelände angepasst<br />
und hatte hier eine ovale Form.<br />
Topographisch umringt war sie<br />
von Wällen und Halsgräben,<br />
die als Schutz dienen sollten.<br />
„Lage und Anordnung gleichen<br />
bis ins Detail den Verhältnissen<br />
der anderen hochmittelalterlichen<br />
Burgen in unserer<br />
Region wie Falkenstein, Wildenranna,<br />
(Alt)Jochenstein,<br />
Freudensee, Hochhaus bei<br />
Haag, Kollersberg, Lieblmühle<br />
oder Raßberg. Allerdings<br />
waren diese Burgen alle deutlich<br />
kleiner dimensioniert<br />
(…)“, weiß Kreisheimatpfleger<br />
Schurm. Der Wohnturm,<br />
so stellte man später bei Ausgrabungen<br />
fest, hatte Mauern<br />
mit einer Stärke von 2,40<br />
Metern. In den angrenzenden<br />
Fluren vor der Burg herrschte<br />
ein reger landwirtschaftlicher<br />
Wirtschaftsbetrieb. Die Griesbacher<br />
Pfaffen hatten ferner<br />
den Auftrag, in der Umgebung<br />
die ökonomische Expansion im<br />
Auftrag des Adelsgeschlechts<br />
voranzutreiben. In Pfaffenreuth<br />
forcierte man mit den<br />
ansässigen Bauern und Neusiedlern<br />
die landwirtschaftliche<br />
Nutzung. Sicher ist auch,<br />
dass damals schon Graphit eine<br />
wichtige Rolle gespielt hatte.<br />
In der Nähe der Burg wurde<br />
und wird noch heute eine<br />
große Anzahl Graphitscherben<br />
gefunden. 1220 geht es<br />
mit den Edlen von Griesbach<br />
im Abteiland zu Ende. Hohes<br />
Ansehen erlangte das Adelsgeschlecht<br />
mit Wernher von<br />
Griesbach. Aus seiner Ehe mit<br />
Elisabeth von Waxenberg gingen<br />
drei Söhne hervor. Der<br />
letzte Vertreter der Griesbacher<br />
nannte sich Heinrich von<br />
Griesbach und Waxenberg und<br />
war Domherr zu Bamberg, bis<br />
er in den weltlichen Stand<br />
zurück wechselte. Dem Passauer<br />
Fürstbischof Ulrich II. (1215<br />
– 1221) waren die Griesbacher<br />
ein Dorn im Auge, er ließ sie<br />
bekämpfen und ging schließlich<br />
als Sieger hervor. Die Burg<br />
Griesbach wurde eingerissen<br />
und niedergebrannt, sie wurde<br />
„geschliffen“. Die Besitztümer<br />
der Edlen von Griesbach<br />
fielen an das Hochstift Passau.<br />
sh