impuls Mai 2012 - Soziale Arbeit - Berner Fachhochschule
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SoZIALISAtIoN & ReSoZIALISIeRuNG<br />
Kindesschutz in der frühen Kindheit<br />
Wie in kaum einer späteren Lebensphase ist die entwicklung in den ersten Lebensjahren<br />
geprägt von der Qualität der Interaktion mit den engsten Bezugspersonen. Fachkräfte<br />
mit spezifischen Fach- und Methodenkompetenzen sind deshalb wichtig. Luzia Häfliger,<br />
Geschäftsführerin der Mütter- und Väterberatung des Kantons Bern, erzählt im Interview,<br />
welchen Beitrag die Beraterinnen zum Kindesschutz leisten können.<br />
Prof. Andrea Hauri<br />
Dozentin<br />
andrea.hauri@bfh.ch<br />
Die Erfahrungen der ersten Lebensjahre<br />
bilden die Basis für eine gesunde Entwicklung<br />
im späteren Kindes und im Erwachsenenalter.<br />
Säuglinge und Kleinkinder<br />
machen im Austausch mit ihrer Umwelt<br />
intensive Entwicklungsprozesse durch.<br />
Damit diese gesunde Entwicklung gelingen<br />
kann, benötigen sie verlässliche, vertraute<br />
und verfügbare Bezugspersonen, die<br />
feinfühlig mit ihnen interagieren. Zudem ist<br />
die Erfahrung, dass sie dem Geschehen<br />
im Alltag nicht hilflos ausgesetzt sind,<br />
sondern dieses aktiv beeinflussen können,<br />
zentral. Damit Eltern ihre Aufgabe wahrnehmen<br />
können, sind sie in manchen Fäl<br />
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BFH <strong>impuls</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2012</strong><br />
len auf Beratung, Unterstützung und Entlastung<br />
angewiesen. Wirksame Prävention<br />
von Kindeswohlgefährdungen bezweckt<br />
auch eine Förderung der Erziehungs und<br />
Beziehungskompetenzen der Eltern. Herausfordernd<br />
bei solchen Angeboten ist die<br />
Frage, wie Eltern aus allen Bevölkerungsschichten<br />
erreicht werden können. Die<br />
Mütter und Väterberatung ist eine der<br />
wichtigsten Institutionen im Bereich der<br />
frühen Kindheit in der Deutschschweiz.<br />
Kenntnisse der Risikofaktoren<br />
als Ausgangspunkt<br />
der Früherkennung<br />
Der Begriff «Risikofaktor» bedeutet: Das<br />
Vorhandensein eines bestimmten Merkmals<br />
erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass<br />
eine Kindeswohlgefährdung eintritt (vgl.<br />
Kindler 2011). Die Wahrscheinlichkeit für<br />
eine Kindeswohlgefährdung ist nicht bei<br />
allen Risikofaktoren gleich hoch. So ist<br />
eine deutlich erhöhte Wahrscheinlichkeit<br />
für eine Gefährdung gegeben, wenn<br />
Partnerschaftsgewalt, Alkoholpro bleme,<br />
Drogenkonsum oder eine psychische<br />
Erkrankung oder psychiatrische Vorbe<br />
handlung der Eltern besteht (vgl. Kindler<br />
2010: 173). Das Definieren von Risikofaktoren<br />
birgt jedoch die Gefahr der Stigmatisierung,<br />
denn das Vorhandensein<br />
eines oder mehrerer Risikofaktoren bedeutet<br />
nicht, dass eine Kindeswohlgefährdung<br />
tatsächlich vorliegt. Eine umfassende Einschätzung<br />
sollte auch die Ressourcen und<br />
Schutzfaktoren berücksichtigen. Das vertiefte<br />
Wissen um Risikofaktoren objektiviert<br />
jedoch die Einschätzung von Fachpersonen.<br />
Damit der Bedarf von Kindern und<br />
deren Eltern für spezifische Unterstützung<br />
oder zivilrechtliche Kindesschutzmassnahmen<br />
möglichst früh erkannt und erfasst<br />
werden kann, ist eine gute Zusammenarbeit<br />
von Kindesschutzbehörden und<br />
Sozialdiensten mit den Playern im Frühbereich<br />
wie Hebammen, Mitarbeitenden<br />
von Geburtskliniken, Mütter und Väterberatung<br />
und Kitas, Spielgruppenleiterinnen,<br />
Kinder und Hausärzten sowie heilpädagogischen<br />
Früherzieherinnen zentral. Im<br />
Gegensatz zur obligatorischen Schulzeit ist<br />
der Kontakt zu Fachpersonen im Vorschulalter<br />
grösstenteils der freiwilligen Initiative<br />
von Eltern überlassen. Umso wichtiger ist