Der Lameyer - 2010 Nr.33 Februar

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Seit 1987 verfolgt Mannheim verstärkt das Leitziel einer kinder- und jugendgerechten Stadtentwicklung. Das führte auch hier im Stadtteil einige Jahre später zur Gründung des Forums „Kinderfreundliche Östliche Innenstadt“, das von der Kinderbeauftragten der Stadt moderiert wurde. Damals gab es im Stadtteil keine übergreifenden Strukturen, nichts im Bezug auf den Anspruch der Kinder im öffentlichen Raum, aber die Diskussion um den Herschelplatz U 2 war in vollem Gange. Letztlich wurde mit dem inzwischen eingerichteten Quartiergremium wenigstens ein offener Spielraum in Verbund mit dem Schulhof der Montessori Schule erkämpft. Seither ist die kinderfreundliche Stadtteilentwicklung ein Schwerpunktthema des Quartiergremiums Östliche Unterstadt. Vielerlei Anstöße wurden gegeben, Projekte initiiert und Aktionen durchgeführt, die gerade auch durch das Mitwirken von Kindern und Jugendlichen sichtbare Zeichen im Stadtteil gesetzt haben. Ein wichtiger Meilenstein hin zu einem kinderfreundlichen Wohnquartier ist der „Spielleitplan Östliche Unterstadt“. Er fasst die Ergebnisse der über mehrere Jahre durchgeführten Beteiligungsprozesse mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen bezogen auf Spielräume und Wegebeziehungen zusammen (u.a. die Zukunftswerkstatt mit Jugendlichen der Sickingerschule, die virtuelle Stadtteilerkundung, die Stadtteildetektive, die Wegepläne der Kinder der Mozartschule). Als städtebaulicher Rahmenplan ist er Grundlage für alle zukünftigen Planungen in der Östlichen Unterstadt. Die aktuell erschienene anspruchsvoll gestaltete Broschüre „Spielleitplanung Mannheim, Pilotprojekt Östliche Unterstadt“ fasst die mehrjährige Arbeit angenehm lesbar zusammen. Sie ist kostenlos beim Quartiermanagement Östliche Unterstadt erhältlich. Die kinderfreundliche Stadt Festzuhalten bleibt, es gibt in der Östlichen Innenstadt keine öffentliche Freifläche, die in ihrer jetzigen Nutzungsmöglichkeit den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen rundum entgegenkommt. <strong>Der</strong> vom Verkehr umrandete Stadtteil lässt ein selbstständiges Aufsuchen von Erholungsräumen durch Kinder, wie den Neckar oder den unteren Luisenpark, nicht zu. Das heißt, öffentlich Räume müssen innerhalb des Stadtteils erhalten und ausgebaut werden. So entstand durch die Vernetzung unterschiedlicher Akteure die Stadtteilinitiative Internationaler Garten U 5, wo auf einem brachliegenden Grundstück ein ehemaliger Spielraum zurückerobert und zu neuem Leben entfacht wurde. Heute wird zum naturnahen Spielen mit Wasser und Sand angeregt, es gibt eine Bewegungsbaustelle, es können Insekten beobachtet und es kann gegärtnert werden. Ebenso wiederbelebt wurde das einzige öffentliche grüne Terrain in der Östlichen Innenstadt, der Lameygarten in R 7. Vor allem sind hier neben kleineren Aktionen zwei Veranstaltungen
mittlerweile Tradition: Im Sommer das Lameygartenfest und im Frühjahr das große Spektakel um das Verbrennen des Schneemanns als Schlussaktion des Sommertagszugs durch die Östliche Unterstadt. Bereits zum zehnten Mal organisiert der „Mannheimer Arbeitskreis Kinder in der Stadt“ zusammen mit Kindereinrichtungen aus beiden Unterstädten und der Mozartschule diesen Sommertagszug. Am 25. März dieses Jahres wird sich wieder ein bunt geschmücktes Völkchen durch die Wohnquadrate schlängeln und selbst Straßenbahnen zum halten bringen - ganz nach dem Motto „Kinder gehen vor“. Mit dieser Demonstration von Kindern und Eltern will man zeigen „Wir leben hier und haben Anspruch auf die Akzeptanz unserer Interessen in einer kinderfreundlichen Stadt“. Die Forderung nach mehr Sicherheit durch einen kindgerechten Straßenraum unterstrich das Quartiergremium gemeinsam mit der Stadtteilkonferenz Westliche Unterstadt auch im Jubiläumsjahr 2007. Unter dem Motto „Platz da, jetzt kommen wir!“ leiteten Spielstationen Kinder und Eltern kreuz und quer durch die beiden Unterstädte, zu Fuß, mit Fahrrad oder auf Inlinern. Dass selbst die Fußgängerzone keineswegs autofrei ist und kinderfreundliche Anreize fehlen, zeigte sich auch während der Durchführung des zweiten Jubiläumsprojektes „Lebendige Litfaßsäule“. Eine 16-jährige Realschülerin äußerte sich kritisch über fehlende Spielpunkte in der neugestalteten Breiten Straße: „Kinder und Jugendliche sind hier nur als Konsumenten willkommen!“ Immerhin bot sich ihnen mit der Überlassung der Litfaßsäule vor H 1/ J 1 für sechs Monate eine Plattform im öffentlichen Straßenraum. Mit der hier gezeigten Themenvielfalt über Bildung, Multikulturalität, Religion, schöner Wohnen, Umwelt und die Verkehrssituation unterstrichen sie ihren Gestaltungswillen und ihr Recht auf Teilhabe. Mit „Wir wollen Respekt“ in kunstvoller Schrift und in vielen Sprachen zogen Mädchen zum Ende des Projektes die Aufmerksamkeit auf sich und genossen die Anerkennung der Passantinnen und Passanten: „Die Leute interessieren sich für uns!“ Doch wie steht es generell um die Kinderfreundlichkeit im Zusammenhang mit der Zukunftsfähigkeit unserer Stadt Wird das einmal gesteckte Leitbild im Moment nicht durch die aktuelle Finanzkrise und die sich daraus ergebenen Sparzwänge verdrängt Wie wird Integration gewichtet Für die Östliche Unterstadt bedeuten die angestrebten Maßnahmen massive Einschnitte in das soziale Gefüge des Stadtteils. Zur Disposition stehen die beiden zusammenhängenden Quadrate T 4/ T 5. Für Kinder und Jungendliche aus dem Stadtteil sind sie der zentrale Treff- und Spielpunkt. Auf diesem Areal befinden sich die Sickinger Haupt- und Werkrealschule, das städtische Kinderhaus, die städtische Vorschule, eine Turnhalle und eine Freifläche, die als Schulhof und darüber hinaus ganztätig als Spiel- und Freizeitort für Kinder und Jugendliche dient. Geplant ist, die Sickingerschule aufzugeben und das Gelände gewinnbringend für Wohnbauzwecke zu verkaufen (möglicherweise für Eigentumswohnungen ähnlich wie in R 3, vormals Abendakademie). Das Quartiergremium wird sich in die Diskussion um die Zukunft von T 4/ T 5 einschalten. Josi Roßteutscher
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