Hartmann - NOK21
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Brunsbüttel: Lotsen-Ältermann fordert<br />
fünfte Schleusenkammer<br />
Fordert den Bau einer fünften Schleusenkammer: Lotsen-Ältermann Michael <strong>Hartmann</strong>. Foto:<br />
Reh<br />
Brunsbüttel<br />
(mir) Die große Nord-Schleuse in Brunsbüttel wird zurzeit repariert und ist gesperrt. Deshalb<br />
kommt es zu langen Wartezeiten für Schiffe. Michael <strong>Hartmann</strong>, Ältermann der<br />
Lotsenbrüderschaft NOK, fordert angsichts der aktuellen Sperrung noch einmal mit<br />
Nachdruck, dass endlich das Geld für den Neubau einer fünften Schleusenkammer<br />
bereitgestellt werden muss. Sonst büßt der Nord-Ostsee-Kanal (NOK) an Attraktivität ein.<br />
<strong>Hartmann</strong> : Was macht die Landesregierung:<br />
Verzögerung beim Bau der fünften Schleusenkammer :<br />
Lotsenältermann findet deutliche Worte<br />
Brunsbüttel: Kommt der Bau der dringend erforderlichen fünften Schleusenkammer<br />
erst in einigen Jahren Entsprechende Andeutungen vor einigen Tagen von<br />
Verkehrsminister Ramsauers Staatssekretär Enak Ferlemann (CDU) sind beim<br />
Ältermann der Lotsenbrüderschaft NOK 1, Michael <strong>Hartmann</strong> (57) auf scharfe Kritik<br />
gestoßen. In einem Gespräch mit BZ Redaktionsleiter Stefan Schmidt findet er<br />
deutliche Worte über die Folgen einer baulichen Verzögerung.<br />
Frage: Zum Schleusenneubau kommen fast wöchentlich immer düstere Signale aus<br />
dem BMVBS. Was halten Sie von dieser bundespolitischen Kammermusik<br />
<strong>Hartmann</strong>: Die Meldungen aus dem Ministerium kommen zur Urlaubszeit, vermutlich<br />
in der Hoffnung, dass im Sommerloch niemand so richtig Notiz davon nimmt. Es ist<br />
auch nicht ersichtlich, wer diese Nachrichten autorisiert hat. Im Hintergrund spielen<br />
sicherlich die bevorstehenden Landtagswahlen in Niedersachsen eine Rolle.
Herr Staatssekretär Ferlemann ( aus Niedersachsen Anm. der Red.)möchte sich<br />
offensichtlich damit profilieren, dass er die Reviere in seinem Bereich vorrangig<br />
Sanieren will, koste es was es wolle. Ohne den Ausbau der Hinterlandanbindung<br />
macht aber auch die Elbvertiefung keinen Sinn. Wie sollen die Container aus<br />
Hamburg wieder rauskommen Über die Strasse , über die Schiene Das schafft nur<br />
ein ausgebauter und verlässlicher Nord-Ostsee Kanal, im Verbund mit allen anderen<br />
Verkehrsträgern, Straße und Schiene.<br />
Glauben Sie überhaupt noch an den Bau der 5. Schleusenkammer<br />
<strong>Hartmann</strong>: Das ist keine Frage des Glaubens. Die 5. Kammer wird kommen.<br />
Deutschland war Exportweltmeister im Jahre 2008. Damals wurden erstmalig über<br />
100 Millionen Gütertonnen durch den NOK ins Baltikum transportiert. Im Jahr 2011<br />
werden wird dieses hohe Ziel nicht ganz erreichen. Ich gehe aber vom zweitbesten<br />
Ergebnis nach 1945 aus. Es gibt weltweit zwei gigantische Wirtschaftsbereiche<br />
(Russland, Baltikum) und Exportanteil ( China). Traditionell geht ein Großteil der<br />
chinesischen Exporte über Westeuropa ins Baltikum. Hier hatte Hamburg in<br />
Verbindung mit dem NOK einen über viele Jahre gewachsenen Standortvorteil. Vor<br />
diesem Hintergrund macht auch die Elbvertiefung in Verbindung mit dem Ausbau des<br />
NOK Sinn.<br />
Dass die Brunsbüttler Schleuse aus der Kaiser-Wilhelm-Ära stammen, müsse<br />
mittlerweile auch in Berlin angekommen sein. Aber wie ernst ist die Lage denn<br />
wirklich für die Schifffahrt<br />
<strong>Hartmann</strong>: Der Container sucht sich selbst den günstigsten Weg von A nach B.<br />
Funktioniert ein verkehrsträger nicht verlässlich, wird nach Alternativen gesucht. Die<br />
Zubringerdienste von und zum Baltikum, die Feederverkehre, machen einen Großteil<br />
unserer Kundschaft aus. Diese Reedereien leben von der termingerechten Ablieferung<br />
der Waren und müssen hochflexibel auf alle Änderungen reagieren. So nahm ein<br />
Feederschiff vor 20 Jahren vielleicht 200 Container mit, heute nähern wir uns im<br />
NOK – Linienverkehr der 2000 Container Marke pro Schiff. Dieser Strukturwandel<br />
war nur möglich, weil der NOK bei der Schiffsgrößenentwicklung problemlos<br />
mithalten konnte. Kommen diese Schiffe nicht mehr durch den NOK, bedeutet das<br />
auch, dass die Verkehre an Hamburg vorbei aus Fernost direkt ins Baltikum gehen.<br />
Das hat Auswirkungen auf den Schifffahrtsstandort und die Metropolregion Hamburg.<br />
Dabei ist die Schifffahrt nach der Rezession wieder in Fahrt gekommen, was man<br />
auch hier im Kanal spürt….<br />
<strong>Hartmann</strong>: Sehr stark sogar. Wir haben von der Weltwirtschaftskrise nicht viel<br />
gemerkt, trotz 25–prozentiger Verkehrsrückgänge in 2009. Die Lage im<br />
Rezessionsjahr war überhitzt, die Umschlagzahlen schossen weltweit „ durch die<br />
Decke“, wir hatten „ den Kanal voll“ und als die Konjunkturblase in Europa und
Amerika platzte, war der politische Katzenjammer groß. Leider befindet sich die<br />
derzeitige Bundesregierung immer noch im Tal der Tränen, anstatt mutig und visionär<br />
am gemeinsamen Europa zu arbeiten. Das erwarten wir. Im Moment hat man eher den<br />
Eindruck, als würde nur noch abgewickelt: In Irland, Spanien, Italien und<br />
Griechenland. Das sind falsche Zeichen, nach innen wie nach außen.<br />
Sollte sich der Bau tatsächlich um Jahre verzögern , wäre dies das Aus für den Nord-<br />
Ostsee-Kanal als begehrte Wasserstrasse<br />
<strong>Hartmann</strong>: Bei weiterer Verzögerung der Bereitstellung von den notwendigen<br />
Finanzmitteln durch die Bundesregierung für den Ausbau des NOK stellt sich für uns<br />
die generelle Frage, wie die schleswig-holsteinische Landesregierung den etwa 3000<br />
am NOK direkt und indirekt Beschäftigten und Ihren Familien erklären will . Hier<br />
vermissen wir eine zeitnahe, klare und deutliche Antwort unseres Ministerpräsidenten<br />
auf die Nachrichten aus Berlin. Wäre das Engagement der schleswig-holsteinischen<br />
Landesregierung in Bezug auf den NOK ähnlich dynamisch wie bei der Fehmarn-<br />
Belt-Querung, würden sich diese Fragen gar nicht erst stellen. Dann hätten wir trotz<br />
Rezession den Ausbau des NOK und den Neubau der 5.Kammer.<br />
Muss man nicht auch eine weitere Verlagerung der Transporte von der See auf die<br />
Straße erwarten, was ja angesichts der Klimapolitik der Bundesregierung wäre<br />
<strong>Hartmann</strong>: Der NOK wird sich mehr und mehr seiner besonderen Rolle als<br />
ökonomisch sinnvoller weil ökologisch notwendiger Verkehrsträger bewusst. Vor<br />
einigen Jahren wollte man diese Diskussion gar nicht erst führen. Heute müssen alle<br />
Schiffe in der Nord- und Ostsee mit schwefelarmen Treibstoffen betrieben werden.<br />
Der Schwefelanteil bei Schiffsdiesel darf ab dem o1.juli 2015 den Grenzwert von 0,1<br />
Prozent nicht mehr überschreiten. Das macht den Transport um Skagen natürlich<br />
umso teurer. Da bietet sich der NOK quasi an: Schnell, effektiv, sicher und<br />
umweltschonend. Das Gegenteil wird aber geschehen. Die Verkehre werden auf die<br />
Straße gezwungen ( wo es Maut gibt Anm.des HP Btr. ) , was zum Verkehrsinfarkt in<br />
Europa führt. Der diesjährige Urlaubsstau zwischen Flensburg und Garmisch wird<br />
dann ganzjährig vom Stillstand zwischen Hamburg und St. Petersburg getoppt.<br />
Ob beispielsweise die Köhlbrandbrücke in Hamburg diese permanete Staubelastung<br />
verträgt, werden Gutachten belegen müssen.<br />
Eigentlich müsste man ja auch in der Hansestadt Hamburg den Ernst der Lage erkannt<br />
haben und auf Berlin einwirken. Ist die politische Lobbyarbeit so schlecht oder wie<br />
erklären Sie sich das Phänomen, dass man für die fünfte Kammer derart dicke Bretter<br />
bohren muss<br />
<strong>Hartmann</strong>: Den ersten Brief in Sachen Neubau der 5. Kammer an den Hamburger<br />
Senat habe ich im Jahre 2006 geschrieben. Danach gab es immer wieder Gespräche
Mit Freude registrieren wir, das Herr Senator Horch die Elbvertiefung und den<br />
Ausbau des NOK inklusive der fünften Kammer als gemeinschaftliches und<br />
gleichermaßen wichtiges Infrastrukturprojekt für die Zukunftsfähigkeit des<br />
Hamburger Hafens ansieht. Das haben wir endlich deutlich registrieren dürfen. Die<br />
Verlautbarungen aus Berlin relativieren sich daher vor den handfesten<br />
wirtschaftlichen Interessen der ehrwürdigen Hansestadt Hamburg erheblich.<br />
Befürchtet die Brüderschaft bei weiteren Verzögerungen der Ausbaupläne finanzielle<br />
Ausfälle für die Kanallotsen<br />
<strong>Hartmann</strong>: Lassen Sie uns doch bitte über den eigenen Tellerrand hinwegsehen. Die<br />
Verzögerung der Neubau- und Ausbaupläne hätten unabsehbare Folgen für die<br />
gesamte Region, nicht nur für die derzeit 320 aktiven Lotsen am Nord-Ostsee Kanal.<br />
Die volkswirtschaftliche Bedeutung der vorhandenen Seeschifffahrts- und<br />
Binnenwasserstrassen in Deutschland wird vollkommen unterschätzt, vom<br />
ökologischen Aspekt einmal ganz zu schweigen. In unseren Nachbarländern werden<br />
vollkommen entgegengesetzt, wasserbauliche Großprojekte vorrangig beschlossen<br />
und gemacht.<br />
Die hohe Politik bei uns beschäftigt sich derweil lieber mit dem Börsengang der<br />
deutschen Bahn. So macht man hierzulande aus kompatibler Infrastruktur<br />
konkurrierende Verkehrsträger, anstatt sinnvoll und strukturiert nachhaltig zu<br />
vernetzten. Darüber hinaus befürwortet unsere Landesregierung offensichtlich die<br />
Bindung von Kapital für die Fehmarn Belt Querung und deren Hinterlandanbindung<br />
auf schleswig-holsteinischer Seite, anstatt die wirklich brennenden Projekte<br />
anzufassen. Fragt man die Menschen in Dänemark und Schleswig-Holstein, wird man<br />
mehrheitlich hören, dass auf die Fehmarn - Beltquerung gut und gerne noch einige<br />
Jahre verzichtet werden kann, auf den Neubau einer fünften Schleusenkammer in<br />
Brunsbüttel aber sicherlich nicht.<br />
Anmerk.HP. Btr- Klasse : und den Ausbau NOK für tiefergehende und grössere<br />
Schiffe aber sicherlich auch nicht. Dies ist eine kompakte Zusammenfassung meiner<br />
Seite auf einen Artikel.