Nr. 11 / November 2012 - Nachfolge (PDF, 3996 kb) - KV Schweiz
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querbeet aus allen Branchen, von der<br />
Gastrobranche über den Bau bis zum<br />
Finanz- und dem Gesundheitswesen.<br />
«Wir beginnen jeweils humorvoll, sie dürfen<br />
als erstes ein Quiz machen», erklärt<br />
Huber. Danach folgen harte Zahlen und<br />
Fakten: Bei jedem fünften Arbeitsunfall<br />
ist Alkohol mit im Spiel. Bei jeder sechsten<br />
Kündigung spielt der Alkoholkonsum<br />
eine Rolle. Rund 1 Million Personen in der<br />
<strong>Schweiz</strong> haben einen gesundheitsgefährdenden<br />
Umgang mit Alkohol.<br />
Sie lernen, welche Faktoren unter anderem<br />
zu einer Sucht führen können:<br />
ständiger Termindruck, Stress, eintönige<br />
Arbeit, extreme Belastungen wie Lärm,<br />
Mobbing, Unter- und Überforderung, Versagensängste,<br />
Konflikte im Team oder mit<br />
dem Vorgesetzten, berufsspezifische<br />
Trink sitten und Angst vor Arbeitsplatzverlust.<br />
Sie erfahren, wieso co-abhängiges<br />
Verhalten (die Sucht wird gedeckt<br />
oder toleriert) allen Parteien nur schadet.<br />
Anzeichen für das Problem<br />
Wie aber erkennt man den Risikokonsum<br />
Manchmal gar nicht. Immer wieder wird<br />
im Kurs die Frage gestellt, wie man vorgehen<br />
soll, wenn eine Person einwandfrei<br />
arbeitet, aber man von ihrem Alkoholproblem<br />
weiss. Hier rät Dieter Huber dazu,<br />
mit dem/r Mitarbeitenden auf kollegialer<br />
Ebene zu reden.<br />
Es gibt aber einige Indikatoren, die auf<br />
ein Alkoholproblem hinweisen: Betroffene<br />
trinken nicht nur ein Feierabendbier,<br />
sondern mehrere. Sie konsumieren Alkohol<br />
beim Mittagessen. «Ihre Arbeitsleistung<br />
schwankt», weiss Huber. Es können<br />
Konzentrationsstörungen auftreten, es<br />
werden mehr Fehler gemacht und die Zuverlässigkeit<br />
ist nicht mehr unbedingt gegeben.<br />
«Ihre Reizbarkeit ist erhöht und<br />
manche Personen werden verschlossen.»<br />
Sind solche Anzeichen vorhanden,<br />
soll interveniert werden, ohne gleich Verdächtigungen<br />
auszusprechen. Ein Vorgesetzter<br />
kann etwa die Leistungsschwankungen<br />
thematisieren und mit dem/r<br />
Angestellten vereinbaren, das Problem<br />
nach drei Monaten nochmals anzuschauen.<br />
Im Idealfall «macht es beim Mitarbeitenden<br />
klick und es geht gut aus»,<br />
meint Huber. Das sei sehr oft der Fall.<br />
Gespräch zu dritt<br />
Wenn Vorgesetzte jedoch keine Veränderung<br />
oder höchstens eine zum Schlechteren<br />
feststellen, müssen sie die Mitarbei-<br />
tenden mit deren Sucht konfrontieren.<br />
«Dies ist sehr schwierig», weiss Dieter<br />
Huber. Die Kursteilnehmenden erfahren<br />
von ihm, wie sie solche Gespräche führen<br />
können. Es empfiehlt sich aber, die Suchtberatung<br />
aufzusuchen. «Wir sitzen dann<br />
zu dritt zusammen, besprechen das Problem<br />
und gleisen eine Vereinbarung auf.»<br />
Wichtig ist, dass der oder die Mitarbeitende<br />
die Verantwortung für sein/ihr<br />
Suchtproblem übernimmt und mitmacht.<br />
Einerseits sei dies für den Beratenden<br />
eine schwierige Gratwanderung: Er<br />
müsse für beide Parteien einstehen und<br />
einen Kompromiss finden, so Huber. Andererseits<br />
sagt er: «Es ist sehr gut, wenn<br />
seitens der Firma ein konstruktiver Druck<br />
ausgeübt wird, wenn es eine Vereinbarung<br />
gibt. Dies hilft oft mehr, als wenn die<br />
Betroffenen privat zu uns kommen und<br />
die Sucht allein zu bekämpfen versuchen.»<br />
Die meisten Vereinbarungen werden<br />
auf ein Jahr angesetzt. Und sie sind häufig<br />
von Erfolg gekrönt. Dieter Huber attestiert<br />
den Unternehmen auch viel Toleranz,<br />
sollte es den einen oder anderen Ausrutscher<br />
geben.<br />
Einzelcoaching möglich<br />
Die Präventionskurse enden mit der Aufklärung<br />
der Teilnehmenden über die<br />
rechtlichen Aspekte im Zusammenhang<br />
mit Alkohol am Arbeitsplatz. Damit ist<br />
dann aber nicht unbedingt Schluss. Das<br />
Blaue Kreuz bietet ein Follow-up an, ein<br />
Einzelcoaching, wenn der Bedarf da ist,<br />
für Vorgesetzte und/oder Mitarbeitende.<br />
Beim Blauen Kreuz können auch unabhängig<br />
von den Kursen Einzelberatungen<br />
gebucht werden. Mit den Angestellten<br />
macht man eine Standortbestimmung<br />
und Beratung, den Vorgesetzten und Personalverantwortlichen<br />
werden in einem<br />
Gespräch mögliche Vorgehensweisen<br />
und geeignete Interventions- und Behandlungsmöglichkeiten<br />
aufgezeigt.<br />
Diese Dienstleistungen sind gratis. Was<br />
darüber hinausgeht, wird nach Aufwand<br />
berechnet.<br />
Informative Webseiten:<br />
www.praevention.blaueskreuz.ch<br />
www.alkoholamarbeitsplatz.ch<br />
www.kmu-vital.ch<br />
selbsttestbgm.suva.ch<br />
Andrea Mašek ist Context-Redaktorin.<br />
andrea.masek@kvschweiz.ch<br />
Klare Regeln<br />
Die Suva rät Unternehmen, nicht abzuwarten,<br />
bis sie einen Fall von Alkoholsucht<br />
haben, sondern vorbeugend<br />
schon klare Regeln festzulegen.<br />
Diese sollen folgende Fragen beantworten:<br />
> > Gilt ein Alkoholverbot während der<br />
Arbeitszeit<br />
> > Was gilt vor der Arbeit und für die<br />
Mittagspause<br />
> > Wie wird der Umgang mit Alkohol<br />
an Betriebsfeiern und internen<br />
Geburtstagsfesten gehandhabt<br />
> > Wer spricht mit dem Betroffenen<br />
> > Wann wird die Personalabteilung<br />
orientiert<br />
> > Wie läuft die Zusammenarbeit mit<br />
der Suchtberatungsstelle<br />
> > Wer bezahlt den Lohnausfall während<br />
der Behandlung<br />
> > Wie geht man bei einem Rückfall vor<br />
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context <strong>11</strong> – <strong>2012</strong>