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ewe<br />
Sr>nne bei Tag und Nacht" uncl Krist.ina Bach llirtet: ,,Erst ein Cappuccino/dann ein bißchen Vino<br />
die auch ,,niegelnagelneue" Singles einspielen.<br />
Mein Freund singt unter der<br />
Dusche ,,Wctruftr immer ich f u,arum", fragt<br />
er mich dann, ,,können rvir nicht r,venigstens<br />
im Schlafzimmer normale Musik<br />
hören?" ,,Du hist cler Wincl, der metne<br />
Fltigel trogt", antworte ich ihm. ,,Okar"',<br />
sagt er besänftigt, ,,wenigstens komme ich<br />
bei diesem Sender nicht in Versuchung,<br />
mich noch mal umzudrehen."<br />
<strong>Es</strong> <strong>gibt</strong> zwei Lager: die Stars, die's ernst<br />
meinen oder wenigstens<br />
so tun -<br />
mit Fans, die's<br />
ernst nehmen.<br />
Und die (Möchtegern-)Stars,<br />
die's<br />
spaßig meinen<br />
oder so tun - mit<br />
Fans, die sich kaputtlachen wollen. Anführer<br />
des kleineren Lagers sind ,,die singende<br />
Fönwelle" Dieter Thomas Kuhn<br />
und ,.der Meister": Guildo Horn mit seiner<br />
Band ,,Die orthopädischen Stnimpfe".<br />
Die Fönrvelle setzt auf Parodie, der Meister<br />
auf kollektive Kopflosigkeit als Therapie<br />
für mehr Gefuhl ohne Verlogenheit.<br />
Meine erste große Schlagerveranstaltung :<br />
.,Musik liegt in der Luft" mit Dieter<br />
Thomas Heck. 1000 Plätze ( ,50 bis<br />
74,5O Mark) im Hamburger CCH sind<br />
ausverkauft. Das Publikum: ordentliche<br />
Leute. Mutter hat ihre roten Pumps rausgeholt<br />
und die kurze graue Dauerwellenfrisur<br />
doppelt gespravt. Einige Fans verlieren<br />
gegen Ende die Beherrschung und<br />
halten keck ein Leuchtlämpchen hoch.<br />
Am Ausgang werden Freiexemplare von<br />
,.Das Goldene Blatt" großzugig verteilt.<br />
Ich darf hinter die Bühne. Heck<br />
schäkert mit zwei rosa Wolken, die sich als<br />
Tänzerinnen des Fernsehballetts entpuppen.<br />
Und dann sitze ich Peter Kraus gegenüber.<br />
Von nahem ist er doch 58. Auf der<br />
Bühne rockt und swingt er wie ein<br />
20jähriger, diesen Sommer geht er wieder<br />
auf Solotournee. ,,ln meine Konzerte kommen<br />
auch junge Leute im 70er-Jahre-Outfit,<br />
mit Transparenten, auf denen steht<br />
,Peter, Du bist der Größte!' Die singen alle<br />
Texte auswendig mit. Klar, freut mich das.<br />
Für die ist das eine Form des Happenings."<br />
Ach, was für ein schönes, nostalgisches<br />
7Oer-Jahre-Wort: Happening.<br />
Aber damals hatten Happenings noch<br />
einen hochpolitischen Hintergrund ...<br />
,,Warum", frage ich, ,,boomt der deutsche<br />
Schlager jetzt?" Sugar-Baby-Peter<br />
guckt etwas kraus: ,,Mit dem heutigen<br />
Schlager hab' ich nichts am Hut." Er überlegt<br />
doch und meint dann: ,,<strong>Es</strong> ist handgestrickte<br />
Musik gewesen, aus dem Bauch<br />
raus gespielt", während heute alles ,,dieselbe<br />
Soße mit dem gleichen Grundrhvthmus"<br />
sei und Interpreten für Songs<br />
besetzt würden wie fürs Musical: ein<br />
blonder Tvp, ein schwarzer, ein brünetter<br />
... ,,Früher wurde ein Mensch mit eigener<br />
Persönlichkeit, mit eigenem Flair<br />
gesucht." Ja, und diese Unterschiede<br />
würden die Leute heute wohl soüren. Ein<br />
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