Serie: Im Fahrzeug links vorne ... - FiMS
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Brandaus 2013
Die Zeitschrift der
Niederösterreichischen
Feuerwehren
P.b.b. Verlagspostamt 1140 Wien • 08Z037934M • www.noelfv.at
Einsatzfahrer
Serie: Im Fahrzeug links vorne ...
Sonderheft: Fünfteilige Serie
Der Einsatzfahrer
Der
Einsatzfahrer
Serienstart: Im Fahrzeug links vorne ... 4
Der Maschinist ist mehr als Bedienpersonal für die Pumpe. Als Fahrer eines Einsatzfahrzeuges
muss der Maschinist auch mehr als nur das Fahrzeug zum (richtigen) Ort lenken.
Außerdem sollte er auch über die Geräte im Fahrzeug ebenso gut Bescheid wissen, wie
über alle Geräte, die damit kombinierbar sind.
1. Teil - Rechtliches (1/5) 5
Serienstart: Im Fahrzeug links vorne ... Seite 4
Im Auftakt der fünfteiligen Serie „Im Fahrzeug links vorne…“ werden die rechtlichen
Aspekte rund um den Maschinisten behandelt. Von der Straßenverkehrsordnung über
Führerscheingesetz bis hin zu Feuerwehrgesetz, Dienstanweisung und Dienstordnung:
Alles womit der Maschinist in Berührung kommt.
2. Teil - Ausbildung (2/5) 7
1. Teil - Rechtliches Seite 5
Im zweiten Teil der Serie „Im Fahrzeug links vorne“ wird die theoretische Schulung
für Maschinisten vorgestellt. Was wird als Modul angeboten Wie schulen größere Feuerwehren
ihre Maschinisten in der Theorie Dieses Sammelsurium an Ideen soll nur ein
Denkanstoß sein ...
3. Teil - Praxistraining (3/5) 10
„Übung macht den Meister“, so ein altes Sprichwort. Aber nicht nur das Fahren an
sich gehört zum Praxistraining eines Einsatzmaschinisten. Im dritten Teil der Serie „Im
Fahrzeug links vorne“ beleuchten wir mögliche Teile einer praxisgerechten Ausbildung
des Einsatzmaschinisten.
2. Teil - Ausbildung Seite 10
4. Teil - Praxistraining-Taktik (4/5) 13
Oft hört man, dass der Maschinist keinen Einfluss auf die Taktik hätte. Viele behaupten
auch, dass der Maschinist lediglich das Lenken des Fahrzeuges und das Bedienen der
Pumpe am Einsatzort zu erledigen hätte. Den Rest erledige der Einsatzleiter. Allerdings
ist die Lage anders. Der Maschinist ist ein wichtiges Rädchen in der Einsatztaktik und
kann zum Einsatzerfolg einiges beisteuern.
4. Teil - Praxistraining-Taktik Seite 13
5. Teil - Die Physik (5/5) 16
Was ist der Unterschied zwischen den newton’schen Gesetzen und der Straßenverkehrsordnung
Im Einsatzfall gibt es bei einem von beiden Ausnahmen für uns und die
Einsatzfahrzeuge! Und warum soll uns als Einsatzmaschinisten die beim Schiffsverkehr
gefürchtete Kavitation interessieren Diese und weitere Fragen soll der fünfte Teil der
Kurzserie „Im Fahrzeug links vorne“ mit dem Schwerpunkt „Physik“ beantworten.
5. Teil - Die Physik Seite 19
Brandaus Sonderheft Einsatzfahrer • 2013
4
Brandaus: Wissen
HINWEIS:
Serienstart
Einsatzfahrer - Maschinist
Serienstart: Der Einsatzfahrer
Im Fahrzeug links vorne ...Symbolfoto
Der Maschinist ist mehr als Bedienpersonal
für die Pumpe. Als Fahrer eines Einsatzfahrzeuges
muss der Maschinist auch
mehr als nur das Fahrzeug zum (richtigen)
Ort lenken. Außerdem sollte er auch über
die Geräte im Fahrzeug ebenso gut Bescheid
wissen, wie über alle Geräte, die damit kombinierbar
sind.
Text: Richard Berger
Fotos: Matthias Fischer
1732 Freiwillige Feuerwehren und Betriebsfeuerwehren
in Niederösterreich
haben vieles gemeinsam. Doch die Ausbildung
zum Einsatzmaschinisten ist nur bei
den Lehrgängen einheitlich. Unterschiedliche
Strukturen und örtliche Gegebenheiten,
unterschiedliche Fahrzeuge und Gerätschaften
machen eine unterschiedliche
Herangehensweise in der Ausbildung der
Maschinisten notwendig. Und der Fuhrpark
hat noch andere „Tücken“: Wie viele
„C-Fahrer“ hat die Feuerwehr und wie viele
werden benötigt Mit der 5,5 Tonnen Lenkberechtigung
hat man entsprechend reagiert,
allerdings ist auch hier weiterführende
Ausbildung nötig. Das Brandaus-Team
hat sich im Land umgehört und wird mit
dieser Kurzserie Denkanstöße, Ideen von
anderen Feuerwehren und Fakten rund um
die Person, links vorne im Fahrzeug liefern.
In kurzen und übersichtlichen Teilen werden
die Themenbereiche „Recht“, „Theorie“
und „Praxis“ aber auch „Taktik“ und
„Physik“ angeschnitten. Die Teile werden
im Mittelteil des Heftes erscheinen und
können so zu einer „Maschinisten-Mappe“
zusammengestellt werden.
Brandaus Sonderheft Einsatzfahrer • 2013
Teil 1: Rechtliches
Teil 1 der Serie wird sich mit rechtlichen
Aspekten rund um den Maschinisten beschäftigen.
Von der Straßenverkehrsordnung
über Führerscheingesetz bis hin zu
Feuerwehrgesetz, Dienstanweisung und
Dienstordnung: Alles womit der Maschinist
in Berührung kommt, wird kurz und prägnant
vorgestellt.
Teil 2: Maschinisten in der Theorie
Im zweiten Teil der Serie werden wir etwas
über die theoretische Schulung für Maschinisten
lesen. Was wird als Modul angeboten,
wie schulen größere Feuerwehren ihre Maschinisten
in der Theorie Hier werden nicht
nur Ideen für Winterschulungen angeführt.
Teil 3: Praktische Ausbildung
Was in der Praxis sinnvoll geschult wird,
welche Ideen es gibt und wie man eine
sinnvolle Kraftfahrschulung ansetzen
könnte, wird der dritte
Teil liefern.
Heutige Einsatzfahrzeuge sind
High-Tech-Geräte
Teil 4: Taktik der
Einsatzmaschinerie
Besonders der Maschinist
ist ein wichtiges
Rad in der taktisch geführten
Einsatzmaschinerie.
Werden bereits
bei der Anfahrt oder bei
der Wahl des Fahrzeugstandortes
Fehler oder
taktische Fehlentscheidungen
getroffen, kann das sowohl für das
Fahrzeug, als auch für den weiteren Verlauf
des Einsatzes verheerende Folgen mit sich
bringen. Ein kleiner Überblick über das
kleine Taktik-Ein-Mal-Eins des Maschinisten
ist für den vierten Teil geplant.
Teil 5: Die Physik nutzen, nicht überfordern
Wie entsteht Pumpenkavitation Wie
kommt es zur Pfeiffenbildung Wie verhalten
sich 18 Tonnen auf der Straße
Und warum muss man als Maschinist die
Newton’schen Axiome kennen Diese und
noch weitere Fragen werden im fünften Teil
im Themenbereich „Physik“ behandelt.
Gerade der Bereich der Maschinistenausbildung
ist so vielfältig, wie kein anderer Bereich
im Feuerwehrwesen. Der Maschinist
muss „seine“ Geräte kennen und bedienen
können, muss wissen, was „sein“ Fahrzeug
kann. Die Funktion des Maschinisten ist
wichtig, aber sehr oft unterschätzt. ■
Brandaus: Wissen 5
Der Einsatzfahrer: 1. Teil - Rechtliches
Feuerwehrfahrzeug oder Einsatzfahrzeug
– Rechtliche Bestimmungen
Im Auftakt der fünfteiligen Serie „Im Fahrzeug
links vorne…“ werden die rechtlichen
Aspekte rund um den Maschinisten behandelt.
Von der Straßenverkehrsordnung über Führerscheingesetz
bis hin zu Feuerwehrgesetz,
Dienstanweisung und Dienstordnung: Alles
womit der Maschinist in Berührung kommt.
Text: Richard Berger
Fotos: M.Fischer, www.bilderbox.at
„Der Kraftfahrer trägt bei der Ausübung
seiner Tätigkeit im Feuerwehrdienst eine
hohe Verantwortung.“ Dieser erste Satz
im Ausbildungsbehelf „Der Kraftfahrer
im Feuerwehrdienst“ ist überaus ernst zu
nehmen. Die rechtliche Situation zeigt,
dass den Kraftfahrer eine erhöhte gesetzliche
Sorgfaltspflicht trifft und dass dieser
für jede einzelne Übertretung voll verantwortlich
und somit strafbar ist.
Rechtliches
Die Grundlage bilden die allgemein gültigen
gesetzlichen und feuerwehrrechtlichen
Bestimmungen. Zu diesen gehören
unter anderem die Straßenverkehrsordnung
(StVO), das Kraftfahrgesetz (KFG), das
Führerscheingesetz (FSG) und das NÖ Feuerwehrgesetz
(NÖFG). So ist laut Kraftfahrgesetz
ein Feuerwehrfahrzeug nur dann ein
solches, wenn dies im Zulassungsschein
entsprechend eingetragen ist. Feuerwehrfahrzeuge,
als solche sind außerhalb von
Einsatzfahrten auch ohne Verwendung von
Einsatzwarnsignalen nicht an die Verkehrszeichen
„Fahrverbot“, „Einfahrt verboten“
und „vorgeschriebene Fahrtrichtung“ gebunden,
wenn Ausnahmen für andere
Kraftfahrzeuge und Fuhrwerke bestehen.
Aber die Einbahnregelung darf nicht
ohne Grund ignoriert werden. So sagt das
Gesetz, dass man gegen die Einbahn (oder
entgegen einer Richtungsfahrbahn) nur
dann den Einsatzort anfahren darf, wenn
dieser entweder nicht anders oder anders
nicht in der gebotenen Zeit erreicht werden
kann. „Dies gilt nur für Einsatzfahrten“,
weiß HBI Mag. iur. Gerald Peter, Kommandant
der Feuerwehr Baden Stadt und Jurist
im Bereich „Verwaltungsstrafen“ an der
Bezirkshauptmannschaft Baden. „Nicht“
ist eindeutig. Nicht in der gebotenen Zeit
allerdings ist eine schwammige Phrase,
die am grünen Tisch der Sachverständigen
im Falle eines Unfalles
exakt ausdiskutiert wird. Zehn
Sekunden Einsparung wird
hier sicher nicht hineinfallen.
Einsatzwarnsignale
Ein Feuerwehrfahrzeug wird
zum Einsatzfahrzeug, wenn
lt. § 26 StVO 1960 entweder
Blaulicht und/oder Folgetonhorn verwendet
wird. Der Kraftfahrer muss entscheiden,
ob der Einsatz von Einsatzwarnsignalen
gerechtfertigt ist. Prinzipiell dürfen Blaulicht
und Folgetonhorn nur bei Gefahr in
Verzug, bei „Fahrten zum und vom Ort der
dringenden Hilfeleistung oder zum Ort des
sonstigen dringenden Einsatzes“ und am
Einsatzort zur Absicherung (nur Blaulicht)
verwendet werden. Bei dem Teil „vom Ort
der dringenden Hilfeleistung“ sind jene
Fahrten gemeint, die direkten Einfluss auf
den Einsatzerfolg haben. Bei Übungsfahrten,
Einsatzübungsfahrten oder Dreharbeiten für
Imagefilme ist die Verwendung von Blaulicht
und Folgetonhorn verboten, es sei denn, es
liegt eine Genehmigung des Landeshauptmannes
vor. „Verstöße gegen dieses Gebot
stehen als mißbräuliche Verwendung von
Warnzeichen unter gerichtlicher Strafdrohung“,
so Peter. Werden Einsatzwarnsignale
im Sinne der StVO verwendet, so ist der
Lenker des Einsatzfahrzeuges nicht mehr an
Verkehrsbeschränkungen (z.B.: Geschwindigkeitsbegrenzungen)
oder Verkehrsverbote
(z.B.: Fahrverbot) gebunden. Peter fasst
dies in einem Satz zusammen: „Im Sinne
der StVO gelten sie als bevorzugte Straßenbenützer.“.
Es obliegt dem Lenker, ob Einsatzwarnsignale
zur „Kennzeichnung des
Einsatzfahrzeuges“ eingesetzt werden oder
nicht. Der Gesetzgeber schreibt allerdings
eindeutig vor, dass bei einer nicht dringenden
Hilfeleistung (z.B.: Unterstützung der
Polizei bei nicht dringenden Maßnahmen)
die Fahrt nicht unter Einsatzwarnzeichen
durchzuführen ist. Das Blaulicht darf allerdings
am Einsatzort zur Absicherung
eingeschaltet werden. ►
Brandaus Sonderheft Einsatzfahrer • 2013
6
Brandaus: Wissen
Bestimmungen, die immer gelten
Rotlicht heißt „STOP“. Es darf in eine
Kreuzung auch unter Folgetonhorn und
Blaulicht erst dann eingefahren werden,
wenn das Einsatzfahrzeug zuvor angehalten
hat und der Lenker sich vergewissert
hat, ob er denn niemanden durch das
Einfahren in die Kreuzung gefährdet (vgl.
StVO §26 Abs.3), denn grünes Licht für
den Querverkehr bedeutet immer freie
Fahrt. Ein Einsatzfahrzeug hat zwar immer
Vorrang (vgl. StVO §19 Abs. 2), aber
wenn jemand im Querverkehr (auch Fußgänger
oder Radfahrer auf entsprechenden
Schutzwegen) einem Einsatzfahrzeug
den Vorrang nimmt, so ist dies lediglich
eine Verwaltungsübertretung. Ein Unfall
mit Personenschaden ist allerdings ein gerichtlicher
Straftatbestand: (grob) fahrlässige
Körperverletzung im Straßenverkehr,
AUCH für Lenker von Einsatzfahrzeugen.
Die besondere Sorgfaltspflicht, die Lenker
von Einsatzfahrzeugen trifft, führt hier zu
einer Verschärfung. Trotz Augenzudrücken
wird ein Gesetz immer geahndet
werden: das Gesetz der Physik. Die Fahrphysik
im Besonderen wird im fünften Teil
dieser Serie behandelt.
Wenn die Physik gewinnt
Passiert trotz aller Sorgfaltspflicht ein
Unfall, so ist die Einsatzfahrt unverzüglich
zu unterbrechen. Das Gesetz schützt den
Geschädigten. Eine Methode, das Fahrzeug
nicht sofort außer Dienst zu stellen
ist, dass der Fahrer aussteigt und an der
Sachverhaltsdarstellung mitwirkt. Ein anderes
Feuerwehrmitglied kann das Fahrzeug
übernehmen. Dies gilt allerdings nur
bei Sachschaden! Bei Personenschaden
gibt es gar kein Bewegen des Fahrzeuges
mehr. Eine polizeiliche Aufnahme des Unfalles
ist hier nicht vorgeschrieben, aber
grundsätzlich immer sinnvoll. Und zwar
am Unfallort und nicht am Einsatzort bei
einer zufällig anwesenden Streife.Wenn
ein Fahrzeug beschädigt wird und kein
Fahrzeughalter anwesend ist, so sollten
zumindest die Daten am beschädigten
Fahrzeug hinterlassen werden und es ist
UNVERZÜGLICH die nächste Polizeiinspektion
aufzusuchen, wo eine Selbstanzeige
durchgeführt wird. Die Fahrt dorthin
(direkt vom Unfallort, alles andere gilt als
Fahrerflucht) ist ohne Einsatzwarnzeichen
durchzuführen.
Wozu im Feuerwehrauto Kindersitze
„Hier liegt ein Vormerkdelikt, welches
im Punktesystem einen Eintrag bewirkt,
Brandaus Sonderheft Einsatzfahrer • 2013
vor und das gilt auch für Feuerwehrfahrzeuge“,
weist Peter auf die Pflicht der
Sicherung von Kindern hin: Nichtbeachtung
der Vorschriften über die Kindersicherung
(Vomerkpunkt und Strafe bis
zu 5.000,- Euro). § 106 KFG besagt, dass
Kinder bis 14 Jahre mit einer Körpergröße
von unter 150cm durch geeignete Kinderrückhaltesysteme
(z.B.: Babyschalen,
Kindersitze, Sitzkissen) zu sichern sind.
Kinder bis 14 Jahre und ab einer Körpergröße
von 150 cm und darüber sind mit
einem Sicherheitsgurt zu sichern. Für die
ordnungsgemäße Beförderung von Kindern
bis 14 Jahren ist IMMER der Lenker
verantwortlich. Und noch etwas, dass seit
einigen Jahren „neu“ ist: jedes Kind muss
einen eigenen Sitzplatz haben!
Diese Regelung gilt nicht nur für die
Beförderung von Mitgliedern der Feuerwehrjugend.
Auch Kinderrundfahrten
mit Feuerwehrfahrzeugen – vor allem mit
Tanklöschfahrzeugen – sind somit ausgesprochen
bedenklich, es sei denn, man
kümmert sich um entsprechende Rückhaltesysteme,
was kaum der Fall sein wird.
Diese Regelung und besonders das Aufzeigen
dieses Gesetzestextes soll keine
Spaßbremse sein: Heutzutage hat aber
nahezu jeder Bürger eine Rechtschutzversicherung.
Ein Bier zum Abendessen
Die Grenzen für den Alkoholgehalt im
Blut gelten für Feuerwehrfahrzeuge ebenso,
wie für private Fahrzeuge. Generell gilt:
„Ein Kraftfahrzeug darf nur in Betrieb genommen
oder gelenkt werden, wenn beim
Lenker der Alkoholgehalt des Blutes weniger
als 0,5 g/l (0,5 Promille) oder der Alkoholgehalt
der Atemluft weniger als 0,25
mg/l beträgt. Bestimmungen, die für den
betreffenden Lenker geringere Alkoholgrenzwerte
festsetzen, bleiben unberührt.“
(§14 (8) FSG) So beschreibt das Führerscheingesetz
unter anderem für Fahrzeuge
über 7,5 Tonnen höchst zulässiger
Gesamtmasse eine niedrigere
Grenze: „Fahrzeuge der Klasse
C, deren höchste zulässige
Gesamtmasse mehr als 7,5
t beträgt, dürfen nur von
einem Lenker in Betrieb
genommen und gelenkt
werden, bei dem
der Alkoholgehalt des
Blutes nicht mehr als
0,1 g/l (0,1 Promille)
oder der Alkoholgehalt
der Atemluft
„STOP“ bei Rotlicht gilt auch für Einsatzfahrzeuge
nicht mehr als 0,05 mg/l beträgt.“ (§20 (5)
FSG) Dass Einsatzfahrzeuge von dieser Regelung
ausgenommen sind, konnte selbst
Mag. Peter nicht bestätigen. „In Verbindung
mit einem Feuerwehrführerschein
gilt die 0,5 Promille Grenze.“
Ein bisschen viel
Schnell zum Einsatzort, aber all das berücksichtigen
Als Einsatzfahrer hat man
eine immense Verantwortung. Nicht nur,
dass der Einsatzerfolg von einer sicheren
Ankunft der Einsatzkräfte in gebotener
Zeit wichtig ist. Es ist auch überaus wichtig,
überhaupt anzukommen. Da kann es
schon einmal notwendig sein, dass man
zurücksteckt, den Einsatz des Folgetonhornes
überdenkt (weil sonst der vor dem
Tanklöschfahrzeug eine Notbremsung
hinlegen könnte) oder einfach – weil z.B.:
der liegende Baum nicht weiter umfallen
kann – man ohne Vollgas in Ruhe zum
Einsatz fährt. Ein Gruppenkommandant
hat einmal gesagt: „Die Motivation geht
vom Fahrer aus.“ Die Sicherheit ebenso…
Nicht nur beim Hinfahren, sondern auch
bei der richtigen Aufstellung. Aber dazu im
nächsten Teil… ■
Brandaus: Wissen 7
Der Einsatzfahrer: 2. Teil - Ausbildung
Auch der Einsatzmaschinist
muss auf die Schulbank
Im zweiten Teil der Serie „Im Fahrzeug
links vorne“ wird die theoretische Schulung
für Maschinisten vorgestellt. Was wird als
Modul angeboten Wie schulen größere Feuerwehren
ihre Maschinisten in der Theorie
Dieses Sammelsurium an Ideen soll nur ein
Denkanstoß sein ...
Text: Richard Berger
Fotos: Matthias Fischer
Alles beginnt mit der Führerscheinausbildung.
Dies versteht sich von selbst. Hier
sind sich die Feuerwehren einig. Ab dem
Erwerb der Lenkberechtigung scheiden sich
aber bereits die Geister.
EMA, die Einsatzmaschinistenausbildung,
ist eine Ausbildung, die entweder in
der Feuerwehr, im Feuerwehrabschnitt oder
im Feuerwehrbezirk abgehalten wird. Die
Ausbildung in der Feuerwehr ist prinzipiell
im Punkt 5.7 des Ausbildungsbehelfs „Der
Kraftfahrer im Feuerwehrdienst“ geregelt
und bezieht sich immer auf das Gerät, das
in der Feuerwehr vorhanden ist. Die Ausbildung
in der NÖ Landes-Feuerwehrschule
beschränkt sich auf die Ausbildung rund um
den Fahrzeug- und Gerätedienst. Hierbei
wird besonders beim Modul „FHM“ (Fahrmeister)
Hauptaugenmerk auf die Prüfung
und Wartung der einzelnen Gerätschaften
gelegt. Auch ein kleiner Crashkurs in Sachen
Motorfunktion und Arbeitsweise einer
Pumpe ist Bestandteil dieses Moduls.
Ausbildung der Kraftfahrer
„Der Feuerwehrkommandant hat durch
den Fahrmeister (oder sonstige Geeignete)
für ausreichenden Praxisunterricht der
Feuerwehrkraftfahrer zu sorgen.“ Dieser
Satz steht ganz oben auf Seite 17 des Ausbildungsbehelfs.
Auch, dass es eine theoretische
und eine praktische Ausbildung
für Feuerwehrkraftfahrer geben muss,
ist geregelt. Der Feuerwehrkommandant
hat auch dafür Sorge zu tragen, dass eine
ständige Fortbildung durch Übungs- und
Schulungsfahrten der Feuerwehrkraftfahrer
durchgeführt wird. Wie oft diese Schulungsund
Übungsfahrten auf öffentlichen Straßen
und im Gelände durchzuführen sind,
richtet sich nach der Erfordernis und dem
Ermessen des Feuerwehrkommandanten.
Übungsfahrten sind im Fahrtenbuch und
im FDISK als Tätigkeitsbericht zu dokumentieren.
Die Ausbildung umfasst
gemäß Ausbildungsbehelf:
► Handhabung und Beherrschung des
Kraftfahrzeuges auf öffentlichen Straßen
und im Gelände
► Bedienung der An- und Einbaugeräte, wie
beispielsweise:
► Feuerlöschpumpen
► Stromaggregate und Beleuchtungsgeräte
► Hydraulische Aggregate
► Seilwinden
► Ladekran
► Lichtmastanlage
Rechtliche Situation
näherbringen
Die Handhabung und Beherrschung des
Kraftfahrzeuges auf öffentlichen Straßen
und im Gelände kann nur durch Übungsfahrten
in der Praxis geschult werden (dazu
mehr im nächsten Teil). Da jeder Kraftfahrer
eine gemäß Führerscheingesetz ►
Brandaus Sonderheft Einsatzfahrer • 2013
8
Brandaus: Wissen
entsprechende Lenkberechtigung für das
jeweilige Fahrzeug haben muss und der Zulassungsbesitzer
(vertreten durch den Feuerwehrkommandanten)
sich dessen zu vergewissern
hat, kann man davon ausgehen,
dass die theoretische Grundschulung vorhanden
ist. Nichtsdestotrotz sollte eine eingehende
Schulung auf die rechtliche Situation
von Feuerwehr- und Einsatzfahrzeugen
durchgeführt werden. Diese ist sinnvollerweise
regelmäßig (alle drei bis vier Jahre) zu
wiederholen. Für „Neueinsteiger“ sollte eine
solche Schulung verpflichtend sein und eigens
abgehalten werden, sofern die nächste
Rechtsschulung erst in ein paar Jahren stattfindet.
Auch Lehrvideos von Einsatzfahrten
(selbst aufgenommen mit diversen Kameras)
können hilfreich sein und so manche
trockene Rechtsschulung etwas auflockern.
Bei den speziellen Ausbildungen wie
Kran- oder Staplerschein, die für den Feuerwehreinsatz
sinnvolle Ergänzungen zur
Ausbildung sind, sollte eine entsprechende
Stelle hinzugezogen werden. Der NÖ Landesfeuerwehrverband
veranstaltet regelmäßig
Kranscheinkurse. Im Rahmen des
Kranscheines wird auch eine entsprechende
Seilkunde durchgeführt. Diese ist aber nicht
nur für Kranfahrer interessant. So kann man
diese Seilkunde vor allem für Greifzug und
Seilwinde perfekt adaptieren.
werden wir im letzten Teil dieser Serie noch
genauer beleuchten. Auch das Planspiel
als Teil der Ausbildung für den Maschinisten
kann hilfreich sein, die Abläufe und die
Wichtigkeit des vorausschauenden „Stehenbleibens“
am Einsatzort zu demonstrieren
und für die unterschiedlichen Szenarien zu
üben.
Besonders die Handhabung des Fahrzeuges
am Einsatzort kann eine abendfüllende
Veranstaltung im Lehrsaal bedeuten. Hier
können Szenarien entwickelt werden, wo
die Kraftfahrer die Absicherung der Einsatzstelle
oder die Aufstellung
der Fahrzeuge
am Einsatzort (mit dem
Augenmerk auf Ausbreitung
des Brandes,
Fluchtrichtung, Freihalten
von Zugängen und
Zufahrten, Einsatzeskalation,
etc.) entweder mit
Spielzeug nachstellen oder
auf einer Tafel aufzeichnen
können.
Zusätzliche
Schulungen im
Kraftfahrerbereich,
wie die Ausbildung
rund um die Ladungssicherung
oder ADR Bestimmungen,
sind immer
willkommene
Informationen.
Eine einfache
aber effektive ►
Bilder: Übung macht den Meister: Ein Planspiel als theoretischer Unterricht
im Lehrsaal, findet genauso wie praktische Schulung am Fahrzeug
Anwendung. Getreu dem Motto: Von der Theorie in die Praxis
Planspiele sollten
Ausbildungsbestandteil sein
Der Physikunterricht in der Schule war
für wenige ein Genuss. Interessant wird das
Fach allerdings, wenn man einen Praxisbezug
hat. Wie man dies näher bringen kann,
Welche Aspekte bei der Aufstellung von Feuerwehrfahrzeugen
zu beachten sind: Warn- und Signalwirkung für
Passanten sowie alle anderen Verkehrteilnehmer, Schutz der
Mannschaft, Sicherheitsabstand zum Brandobjekt, etc.
Brandaus Sonderheft Einsatzfahrer • 2013
Brandaus: Wissen 9
Lehrsaalübung ist das Training der Ortskunde
anhand von Straßenkarten und
Geländekarten. Diese Übung kann als Vorbereitung
für eine größer angelegte Kraftfahrübung
(auch feuerwehrübergreifend)
dienen: Wo kann mit welchem Fahrzeug
gefahren werden Wie kann die Wasserversorgung
effektiv hergestellt werden Gibt
es Wendeplätze
Empfehlung
Die Ausbildung eines Einsatzmaschinisten
ist nicht auf die leichte Schulter zu
nehmen. Es empfiehlt sich mit anderen
Feuerwehren eine einheitliche Ausbildung
anzustreben. Der Besuch der Einsatzmaschinistenausbildung
ist auf jeden Fall sinnvoll.
Zusätzliche theoretische Schulungen
dürfen nicht zu kurz kommen. Was angeboten
werden könnte (und was im Budgetrahmen
ist) sollte auch tatsächlich angeboten
werden. Schließlich sind die Kraftfahrer im
Einsatz diejenigen, die uns sicher zum und
vom Einsatz führen sollen… ■
Wichtig für Einsatzfahrer ist auch das Kennen der
eigenen Einsartfahrzeuge samt deren Ein- bzw. Aufbauten
und selbstverständlich auch deren Beladung.
Bild ganz oben: Modernes Seilwindenbedienteil einer
Rotzler Treibmatic-Winde
Bild oben: Schaustück einer voll funktionsfähigen,
noch manuell zu bedienenden Einbaupumpe
Bild oben rechts: Das Innenleben einer Unterwasserpumpe
- gut sichtbar die Schaufelräder, die als
Verschleißteil gelten
Sinnvolle, theoretische Schulungen:
► Kranschein
► Staplerschein
► Seilkunde
► Physikunterricht
► Theoretische Beispiele
► Planspiel mit Spielzeugfahrzeugen zur richtigen
Aufstellung
► Feuerwehrführerschein
► Vorträge über Ladungssicherung
► Straßenkunde (Stadt/Land/Fluss mit Straße/
Gasse/Gebäude)
► Rechtsschulung
Wenn der Fehlerteufel zuschlägt
Serie Einsatzfahrzer
Im ersten Teil der Serie (Brandaus 11/2012
Seite 30f) kam es zu einem Satzsturz. Selbstverständlich
ist bei einem Unfall mit Personenschaden
die Aufnahme durch die Polizei notwendig.
Bei Sachschaden ist eine Aufnahme durch
die Polizei nicht vorgeschrieben, aber sinnvoll.
► Gerätequiz (Einzelne Positionen von Beladeplänen
aller Fahrzeuge durcheinander bringen und den
Fahrzeugen und Geräteräumen zuordnen lassen)
► Fahrzeugquiz (Wie Gerätequiz, nur mit unterschiedlichen
Daten von Fahrzeugen, die richtig
zugeordnet werden müssen)
► Schulungsvideos – Aufarbeitung von Übungsfahrten
/ Einsatzfahrten (mit GoPro, etc.)
► Fotos durcharbeiten – Bilder von vergangenen
Einsätzen aufarbeiten hinsichtlich Fahrzeugaufstellung
► etc.
Brandaus Sonderheft Einsatzfahrer • 2013
10
Brandaus: Wissen
Der Einsatzfahrer: 3. Teil - Praxistraining
Der Einsatzmaschinist
im Praxistraining
„Übung macht den Meister“, so ein altes
Sprichwort. Aber nicht nur das Fahren an sich
gehört zum Praxistraining eines Einsatzmaschinisten.
Im dritten Teil der Serie „Im Fahrzeug
links vorne“ beleuchten wir mögliche
Teile einer praxisgerechten Ausbildung des
Einsatzmaschinisten.
Text: Richard Berger
Fotos: Ch. Houdek, A. Nittner, M. Fischer
Wenn man an das Praxistraining eines
Einsatzmaschinisten denkt, kommt den
meisten Menschen „Fahrtechniktraining“
in den Sinn. Aber die Praxisschulung eines
Einsatzmaschinisten umfasst noch mehr
als das „bloße“ Lenken eines Kraftfahrzeuges.
Aber eines nach dem anderen…
Fahren, fahren, fahren...
Natürlich gehört das Lenken eines Einsatzfahrzeuges
zu den Hauptaufgaben
eines Einsatzmaschinisten. „Sicher an
den Einsatzort“ ist die Devise. Damit Maschinisten,
die im Zivilleben ausschließlich
Pkw lenken, auch im Einsatzfall das
Fahrzeug im Griff haben, sind regelmäßige
Übungsfahrten wichtig. Nur wenn
Brandaus Sonderheft Einsatzfahrer • 2013
man die Fahrzeuge auch selbst bewegt,
bekommt ein Gefühl dafür. Manch einem
Berufskraftfahrer mag das seltsam erscheinen,
allerdings sind Büroangestellte,
die für die Feuerwehr einen Lkw-Schein
gemacht haben (oder gar nur einen B-
Schein haben und mit der 5,5 Tonnen
Fahrberechtigung Gefährte lenken dürfen)
nicht im permanenten Training. Es
bedarf regelmäßiger Übung, ein Fahrzeug
mit anderen Abmessungen als den eigenen
Pkw in einer Stresssituation (welche
eine Einsatzfahrt werden kann) sicher
zu bewegen. Aber nicht nur die eigenen
Straßen und Gassen zu kennen ist wichtig.
Auch das Gelände, welches zum Einsatzgebiet
gehört, sollte im Rahmen von
Praxisübungen behandelt werden: Wo
kann ich wie weit mit welchem Fahrzeug
vordringen
Es empfiehlt sich auch, Praxistrainings
in den diversen Fahrtechnikzentren der
Verkehrsclubs durchzuführen. Hier werden
spezielle Einsatzfahrtechniktrainings
angeboten. Der Abschluss einer Zusatzversicherung
hat sich hierbei allerdings
bei manch einer Feuerwehr bereits ausgezahlt.
Gerade bei einer Einsatzfahrt ist das
vorausschauende Fahren immens wichtig.
Nur wer den Überblick hat, kann Unfälle
vermeiden. Fahren mit überhöhter
Geschwindigkeit ist nicht zielführend. Außerdem
belasten häufige Notbremsungen
das Fahrzeug und vor allem die Mitfahrer
im Mannschaftsraum. Eine ausgeglichene
Fahrweise – zügig, aber nicht mit unangemessener,
den Verhältnissen entsprechend
viel zu hoher Geschwindigkeit – ist
das Um und Auf.
Neben den regelmäßigen Übungsfahrten
im eigenen Einsatzgebiet empfiehlt
es sich, auch überörtlich gewisse „neuralgische
Punkte“ anzufahren und kennen
zu lernen. Gerade bei Drehleitern oder
anderen Sondergeräten, die bei gewissen
Einsatzarten überörtlich hinzugezogen
werden, ist es sinnvoll, die örtlichen Gegebenheiten
der direkten Nachbarschaft zu
kennen. Hierbei ist es nicht unbedingt erforderlich,
Straßennamen und Hausnummern
auswendig zu kennen. Allerdings ist
es sinnvoll, Hauptverkehrsverbindungen
zu kennen und mit den Fahrzeugdaten
der eigenen Flotte abzustimmen: Kann
ich diese Straße mit meinen Einsatzfahrzeugen
überhaupt befahren ►
Brandaus: Wissen 11
Vor Fahrtantritt müssen ein paar wesentliche Dinge beachtet werden, so zum Beispiel
der Reifendurck bzw. die Profiltiefe der Reifen (Sommer- oder Winterreifen)
Blick über den Tellerrand
Bewährt hat sich auch der Blick über den
Tellerrand zu anderen Feuerwehren. Nicht
nur für die potentiellen Einsatzleiter ist
es wichtig, die Fahrzeuge und Geräte der
Nachbarfeuerwehren zu kennen, um im
Einsatzfall das richtige Gerät anfordern zu
können. Auch die Kraftfahrer sollten wissen,
was aus den Garagen der angeforderten
Feuerwehren zu einem Einsatz geführt
werden kann. So ist zum Beispiel der notwendige
Freiraum für eine Drehleiter nicht
uninteressant. Dieser Punkt wird besonders
im nächsten Teil der Serie „Der Maschinist
als taktisches Rädchen“ behandelt.
Im Fahrzeug...
Der Maschinist ist im Einsatzfall derjenige,
der die Pumpe bedient. Dies sollte
sprichwörtlich im Schlaf funktionieren.
Manch eine Feuerwehr
greift hier sogar
zu einem besonderen
„Blinde-Kuh-Spiel“
und lässt die Kraftfahrer
auf einer Schemenzeichnung
der Pumpe
quasi „im Trockenen“
die richtigen Knöpfe
und Hebel betätigen,
um Wasser oder
Schaum zu fördern.
Auch Stromerzeuger,
Überdruckbelüfter,
Be- und Entlüftungsgerät,
Hydraulikaggregat
oder Kran müssen
von einem Einsatzmaschinisten
bedient werden können. „Nur
mit einem C-Schein ist noch kein vollwertiger
Einsatzmaschinist vorhanden“, so viele
der Fahrmeister aus Niederösterreich. Der
Kraftfahrer ist aber auch Magazineur im
Einsatzfall. So muss er die Beladung seines
Fahrzeuges kennen, nicht nur an welchem
Ort welches Gerät gelagert ist, sondern
auch, wie dieses zu gebrauchen ist.
Am Einsatzort
Wichtigste Aufgabe des Maschinisten ist
es, die Feuerwehrmitglieder sicher zum
und vom Einsatz weg zu befördern. Dazu
gehört eine gehörige Portion Verantwortungsbewusstsein:
Man bewegt ein tonnenschweres
Fahrzeug mit Einsatzsignalen
im öffentlichen Straßenverkehr, hat
eine erhöhte Sorgfaltspflicht, weil wir wissen,
sobald Blaulicht und Folgetonhorn
wahrgenommen werden, reagieren manche
Verkehrsteilnehmer – nennen wir es –
verhaltenskreativ. Zudem fahren wir nicht
nur alleine, sondern sind in der Regel mit
bis zu acht Passagieren an Bord unterwegs.
Außerdem bringt es nichts, wenn wir gar
nicht ankommen, weil wir die Gesetze der
Physik ignoriert haben. Hier sei nochmal
darauf hingewiesen, dass Blaulicht und
Folgetonhorn die Gesetze der Physik nicht
aufheben. Sind wir sicher angekommen,
müssen wir unsere Kameraden weiter
„beschützen“: Die richtige Absicherung
der Einsatzstelle ist Aufgabe des Maschinisten.
Die heutigen Fahrzeuge verfügen
bereits über weit mehr als Warnblinkanlage
und Blaulicht. Von der Verkehrsleiteinrichtung
über Verkehrsleitkegel, Triopan,
Signalblinker bis hin zu Kabeltrommeln
mit LED-Leuchtkörpern steht dem Maschinisten
eine Fülle an Absicherungsmittel
zur Verfügung. Dies ist nicht nur auf
der Autobahn oder Freilandstraße wichtig.
Besonders in der Nacht, wenn viele Autofahrer
auf ihrer „Heimstrecke“ im Ortsgebiet
nicht mit einem fünf Tonnen schweren
Hindernis um die Ecke rechnen, ist
adäquate Absicherung wichtig. Und zum
Schutz der eigenen Mannschaft gehört
auch die Sicherstellung, dass die Fenster
des Fahrzeuges bei Brandeinsätzen geschlossen
sind, dass die Heizung im Winter
eingeschalten ist, dass das Atemschutzgerät
nicht direkt vor dem Auspuff gewechselt
wird und dass etwas zum Händewaschen
vorhanden ist. Da sich Maschinist in der ►
Nähe des Fahrzeuges aufhält und dies oft
die Anlaufstelle von gerade nicht benötig-
Bild links: Im Fahrzeug: Theoretische Einweisung mit
Hilfe der Fahrzeugbedienungsanleitung
Bild Mitte: Im Umgang mit Hubrettungsgeräten ist viel
praktische Erfahrung von Nöten
Bild rechts: Sonderfall - Praxisübung mit dem Ladekran
Brandaus Sonderheft Einsatzfahrer • 2013
12
Brandaus: Wissen
ter Mannschaft ist, sollte dieser auch darauf
achten, dass vor der „Pausenzigarette“
oder vor der Aufnahme von Getränken
oder Essen, die „Dekontamination“ vorgenommen
worden ist.
Auch die nächste Wasserentnahmestelle
gehört zum „Allgemeinwissen“ eines Maschinisten
(oder zumindest zum Wissen,
wo man nachsehen kann). Reicht die Wasserentnahmestelle
für meine eingesetzten
Geräte und den damit verbundenen
Wasserverbrauch Ist der nächste Hydrant
auf einer eigenen Stichleitung oder gehört
dieser zum gleichen Ring
Ist die Tätigkeit am Einsatzort abgeschlossen,
so ist der Maschinist für die
Vollständigkeit seiner Geräte am Fahrzeug
verantwortlich. Eingerückt wird ohne Einsatzsignale.
Besonders wichtig ist die Wiederherstellung
der Einsatzbereitschaft des
Fahrzeuges: etwaige Betriebsmittel müssen
nachgefüllt werden (wo bekommt man
Diesel oder Benzin), die eingesetzten Geräte
müssen geputzt und aufgepackt werden.
Klingt logisch und einleuchtend, sogenannte
„na-no-na-net“-Punkte. Auch das
sind Dinge, die praktisch geübt (oder zumindest
einmal gezeigt) werden müssen.
Die Verwendung des Fahrtenbuches, eine
gesetzliche Notwendigkeit, wird auch nicht
bei jeder Feuerwehr gleich gehandhabt
und sollte deshalb besprochen werden.
Übungsdarstellung: Nicht einfach
Obige Absätze kann man ganz einfach
im Ort nachstellen: Man nehme einen fiktiven
Einsatzort mit einer unübersichtlichen
Verkehrslage und spiele den ganzen Ablauf
nach obigen Absätzen nach. Allerdings
handelt es sich hierbei um eine Übung! Das
bedeutet, wir müssen uns mit der Exekutive
und dem Straßenerhalter (-eigentümer)
absprechen und die Übung entsprechend
genehmigen lassen, was oft gar nicht so
einfach ist. Auch muss man darauf hinweisen,
dass die Verwendung von Blaulicht
bei Fahrten zu einer Übung (oder Veranstaltung)
untersagt ist, außer, man hat
eine Ausnahmegenehmigung des Landeshauptmannes
oder man bewegt sich auf
einem gesperrten Straßenzug ohne andere
Verkehrsteilnehmer. Auch ist die tatsächliche
Übungsdarstellung für eine praktische
Kraftfahrerübung nicht ganz einfach. Vielfach
bewährt hat sich in der Praxis der Stationsbetrieb.
Dieser ist einfach handzuhaben
und man kann die Übungsteilnehmer
leicht aufteilen. Hier können auch Theorie
und Praxis leicht vermischt werden und so
klobige Themen wie Recht oder Physik aufgelockert
werden.
Sonderfall: Praxisübung Ladekran
Speziell die Übung mit dem Ladekran
ist oft eine Herausforderung, weil nicht
jeder bereit ist, sein eigenes Auto zur Verfügung
zu stellen. Dies gilt auch für den
hydraulischen Rettungssatz. Eine einfache
Alternative zum Üben mit dem Ladekran
ist ein Eimer mit Wasser und ein mit
Verkehrsleitkegel aufgestellter Parcours.
Der Eimer muss mit dem Kran so rasch als
möglich durch den Parcours manövriert
werden, ohne Wasser zu verschütten. Hier
sind schon regelrechte Meisterschaften
veranstaltet worden.
Sonderfall: Hubrettungsgeräte
Feuerwehren mit Hubrettungsgeräten
sind meist auch solche, die ein ausgeklügeltes
Maschinistenausbildungssystem
besitzen.
Allerdings ist es besonders wichtig,
die Nachbarfeuerwehren in die Übungen
mit einzubeziehen. Nur bei einer
gemeinsamen praktischen Übung kann
man vermitteln, wie wichtig ausreichender
Aufstellplatz ist oder welche Möglichkeiten
des Einsatzes mit diesem Hubrettungsgerät
möglich sind.
Übung macht den Meister
Theoretische Ausbildung ist wichtig,
aber ohne das praktische Üben kann
man kein Gefühl für das Fahrzeug und
die Geräte entwickeln.
„Die beste Vermittlung ist Learningby-Doing“,
so BSB Ferdinand Horejs,
Bezirkssachbearbeiter Fahrzeug- und
Gerätedienst im Bezirk Wiener Neustadt.
„Nur wer die Geräte schon einmal selbst
bedient hat, weiß wie sich diese verhalten.
Genauso ist es mit dem Fahrzeug.“
Es ist ein enormer Unterschied zwischen
einer Schulungs- oder einer Einsatzfahrt
„Es ist einfach etwas anderes, wenn
man einen Lkw bei einer Schulungsfahrt
im Straßenverkehr bewegt oder im Einsatzfall.
Nur wer bei der Schulungsfahrt
100%ig sicher unterwegs ist und ein Gespür
für das Fahrzeug entwickelt hat,
kann auch im Einsatzfall die Mannschaft
sicher an den Einsatzort bringen.“, erklärt
BSB Ferdinand Horejs ■
Taktische Positionierung von Einsatzfahrzeugen: kurze
Wegstrecken für die Mannschaft ohne Eigengefährdung, aber
selbst kein Hindernis für weitere Rettungskräfte darstellen
Brandaus Sonderheft Einsatzfahrer • 2013
Brandaus: Wissen 13
Der Einsatzfahrer: 4. Teil - Praxistraining
Taktik für den Maschinisten
Oft hört man, dass der Maschinist keinen
Einfluss auf die Taktik hätte. Viele behaupten
auch, dass der Maschinist lediglich das Lenken
des Fahrzeuges und das Bedienen der Pumpe
am Einsatzort zu erledigen hätte. Den Rest erledige
der Einsatzleiter. Allerdings ist die Lage
anders. Der Maschinist ist ein wichtiges Rädchen
in der Einsatztaktik und kann zum Einsatzerfolg
einiges beisteuern.
Text: Richard Berger
Fotos: Matthias Fischer, bilderbox.at
16:45 Uhr in einer größeren Stadt. Vor
einem Mehrparteienwohnhaus, nahe einem
großen Bürogebäude, direkt an einer
Hauptverkehrsader mit einem Kreisverkehr,
wird ein Müllcontainerbrand gemeldet. Die
freiwillige Feuerwehr wird allarmiert. Der
Einsatzmaschinist soll sich mit der Mannschaft
in dem vom Einsatzleiter gewählten
Fahrzeug auf den Weg machen. Die erste
taktische Entscheidung des Einsatzmaschinisten
für den heutigen Einsatz steht an:
Mit Sondersignalen Welche Geschwindigkeit
Wie ist das Wetter Müssen Schneeketten
angelegt werden Bereits bei der Anfahrt
zum Feuerwehrhaus kann diese Lage
festgestellt werden. Auch weiß man, wie der
Verkehr um 16:45 Uhr in diesem und jenem
Bereich seines Heimatortes ist. Sondersignale
müssen nicht zwingend für eine Einsatzfahrt
eingeschaltet werden. Man darf
nur nicht vergessen, dass man sich ohne
Verwendung der Sondersignale nicht als
Einsatzfahrzeug zu erkennen gibt und man
somit an die Regeln der StVO gebunden
ist. Manchmal ist man ohne Sondersignale
schneller am Einsatzort, als mit. Besonders
in beengten Gassen im städtischen Bereich
kann die Fehlreaktion auf die Sondersignale
eines Feuerwehrfahrzeuges durch den Lenker
eines privaten Fahrzeuges den Verkehr
vollends zum Erliegen bringen.
Nicht jedes Fahrzeug
ist für jeden Einsatz das optimale
„Fahrzeugwahl ist Intelligenzsache“,
so der Ausspruch eines Führungsoffiziers
einer größeren Feuerwehr in Niederösterreich.
Jene Feuerwehren, die in der glücklichen
Lage sind, aus mehreren Fahrzeugen
zu wählen, wissen, was gemeint ist. Es
ergibt keinen Sinn, zu einem Müllcontainerbrand
mit einem GTLF auszurücken,
wenn man weiß, dass mit diesem Fahrzeug
der Kreisverkehr nur schwer passiert
werden kann. Sollte dennoch vom Einsatzleiter
das GTLF befohlen werden, so
soll der Maschinist auch nachfragen dürfen.
Oft haben Chargen und Offiziere Informationen,
die dem Maschinisten nicht
bekannt sind: Straßensperren, Umbauarbeiten
in eben diesem Wohngebäude, was
vermuten lässt, dass mehrere Container
nebeneinander stehen, etc. Beim Ausrücken
mit dem befohlenen HLF3 mit 3000
Litern Wasser und 100 Litern Schaummittel
folgt die nächste taktische Überlegung
des Einsatzmaschinisten, die ihm überlassen
bleibt: Welcher Anfahrtsweg
Viele Wege führen zum Ziel,
doch welcher ist der effizienteste
„Alle Wege führen nach Rom“ heißt
es. Ebenso gibt es oft viele Möglichkeiten
an den Einsatzort zu kommen. Ein
vermeintlicher „Umweg“ kann sich als
schnellste Route entpuppen, weil der
Verkehr um diese Uhrzeit durch den Feierabendverkehr
zum Erliegen kam. Der
wichtigste Gedankengang im Kopf eines
Einsatzmaschinisten sollte immer
jener über die Sicherheit seiner ►
Brandaus Sonderheft Einsatzfahrer • 2013
14
Brandaus: Wissen
Mannschaft sein. Die Geschwindigkeit
zu erhöhen ist oft kein ausreichendes Mittel,
um tatsächlich schneller am Einsatzort
zu sein. Bei einer Geschwindigkeit von 70
km/h (gegenüber den erlaubten 50 km/h)
schafft man es, bei einem Einsatzweg von
einem Kilometer ohne Hindernisse und
Störungen, um 20 Sekunden schneller am
Einsatzort zu sein. Dafür erhöht sich der
Bremsweg immens, wie wir im nächsten
Teil „Physik“ näher beleuchten werden.
Unfallfrei zum Einsatzort
Unser Maschinist hat den optimalen
Weg gefunden und hat auch auf der Fahrt
keinen Unfall fabriziert. Der Einsatzort
kommt näher und man erkennt schon
von weitem das Ausmaß. Ein Wechselcontainer
mit Müll ist in Vollbrand. Ein zweiter
direkt daneben gelagerter Container
raucht bereits. Ein Stockwerk darüber ist
das Fenster einer vorgelagerten Loggia
offen. Dichter, schwarzer Rauch dringt
in das Wohngebäude. Der Fahrzeugkommandant
setzt eine Meldung ab und lässt
nachalarmieren und den zuvor schon befohlenen
Atemschutz tatsächlich anlegen.
Diese Informationen sind für den Einsatzmaschinisten
wichtig. „Macht alle Fenster
zu“, ruft er nach hinten. Er fährt am brennenden
Container vorbei und bleibt drei
B-Schlauchlängen dahinter stehen. Diese
Entscheidung hat mehrere Hintergründe.
Zum Ersten sind sein Fahrzeug und seine
Mannschaft auch bei einem Übergriff
des Feuers geschützt. Auch die nachfolgenden
Einsatzkräfte haben nun Platz. Besonders
das vermutlich notwendige Hubrettungsgerät,
sollte das Feuer tatsächlich
auf die Wohnung übergreifen, hat ausreichend
Platz hinter dem Fahrzeug.
Bild oben: Die Wahl des richtigen Anfahrtsweges kann entscheiden, ob ein Einsatz erfoglreich verläuft
Bild unten: Der Aufstellungsort soll so gewählt werden, dass Einsatzfahrzeuge ungehindert an- und abfahren können
Ein breites Feuerwehrfachwissen ist eine
enorme Erleichterung für den Maschinisten
Der Einsatzleiter befiehlt einen Schaumangriff
mit Mittelschaum. Eine Zubringerleitung
wird vom nächsten Hydranten gelegt,
nachdem die Löschleitung steht. Die
eigene Lage erfasst der Maschinist rasch:
Wie viel Schaummittel wird vermutlich
benötigt werden und wie viel ist im Fahrzeug
vorhanden Auch diese taktische
Einschätzung sollte der Maschinist kundtun,
wenn zum Beispiel ein Kanister ►
Brandaus Sonderheft Einsatzfahrer • 2013
Brandaus: Wissen 15
Schaummittel fehlt oder er der Meinung
ist, dass zu wenig Schaummittel vorhanden
wäre, weil der Tank nicht voll ist, was
nicht passieren dürfte. Die weiteren taktischen
Aufgaben sind, die eigene Lage
dem Einsatzleiter kund zu tun: Rechtzeitig
muss der Einsatzmaschinist bekanntgeben,
wenn weiteres Schaummittel oder
Kraftstoff benötigt werden.
Verantwortung des Einsatzmaschinisten
Dieses fiktive Beispiel einer Einsatzanfangsphase
zeigt auf, wie oft der Maschinist
taktische Überlegungen anstellen
muss und welche Auswirkungen Fehlentscheidungen
des Maschinisten haben
können. Wählt er einen falschen Anfahrtsweg
und steht vor einer verschlossenen
Bahnschranke ist der Einsatz gelaufen.
Noch schlimmere Auswirkung hat die falsche
Geschwindigkeitswahl, die einen Unfall
auslöst, weil jemand aus einer Parklücke
fährt. Oder wir lassen unser Fahrzeug
so stehen, dass die nachrückende Drehleiter
nicht aufgestellt werden kann.
Der Einsatzmaschinist sollte wissen,
was der nächste Schritt seines Gruppenkommandanten
ist. Direkt vor dem Einsatzobjekt
zu parken ist immer ein Fehler.
Auch sollte Bedacht werden, dass eventuell
andere Einsatzkräfte Platz benötigen.
So muss darauf geachtet werden, dass Zufahrten
für die Rettung oder das Gaswerk
freigehalten werden. Dies ist Aufgabe des
Maschinisten, daran zu denken. Ein Umrangieren
der Fahrzeuge mit angeschlossenen
Schläuchen mitten im Einsatz ist
nicht mehr möglich.
Ausbildung
Planspiele mit sowohl technischen als
auch Brandeinsätzen können, besonders
hinsichtlich der Fahrzeugaufstellung und
der für die Einsatzmaschinisten wichtigen
Punkte, eine besondere Kraftfahrerwinterschulung
bilden. Dazu reichen oft
schon Fotos von Gebäuden oder Straßenzügen.
Manche Feuerwehren verwenden
auch Spielzeug oder Modellbaufahrzeuge
mit nachgebauten Stadtteilen oder Autobahnen
um Einsatzszenarien darzustellen.
Der Kreativität sind keine Grenzen
gesetzt. ■
Bild oben: Erst mit Verwendung der Einsatzwarnvorrichtungen gilt ein Feuerwehrfahrzeug als Einsatzfahrzeug
Bild unten: Bei der Fahrzeugaufstellung immer ausreichend Abstand zum Einsatzobjekt lassen - Eigenschutz!
Brandaus Sonderheft Einsatzfahrer • 2013
16
Brandaus: Wissen
Der Einsatzfahrer: 5. Teil - Die Physik
Der Einsatzmaschinist als Physiker
Was ist der Unterschied zwischen den
newton’schen Gesetzen und der Straßenverkehrsordnung
Im Einsatzfall gibt es bei
einem von beiden Ausnahmen für uns und die
Einsatzfahrzeuge! Und warum soll uns als
Einsatzmaschinisten die beim Schiffsverkehr
gefürchtete Kavitation interessieren Diese
und weitere Fragen soll der fünfte Teil der
Kurzserie „Im Fahrzeug links vorne“ mit dem
Schwerpunkt „Physik“ beantworten.
Text: Richard Berger
Fotos: Matthias Fischer, bilderbox.at
Brandaus Sonderheft Einsatzfahrer • 2013
In den vorangegangenen Teilen der
Kurzserie „Im Fahrzeug links vorne“ wurden
Training und Schulung des Einsatzmaschinisten
sehr praxisnahe beschrieben.
Auch taktische Überlegungen eines
Fahrers sowie die Gesetze und Verordnungen,
an die wir uns auch im Falle einer
Einsatzfahrt zu halten haben wurden
erörtert. Während die Straßenverkehrsordnung
sich im Falle einer Einsatzfahrt
beugen lässt, gibt es Gesetze, welchen wir
in keinem Fall entkommen: Die Gesetze
der Physik. Weder als Lenker eines Einsatzfahrzeuges,
noch als Maschinist an der
Pumpe ist der Einsatzmaschinist vor den
physikalischen Gegebenheiten unserer
Welt sicher.
Sir Isaac Newton (*4. Januar 1643 – † 31.
März 1727) war ein britischer Verwaltungsbeamter,
der besonders durch seine Leistungen
in den Bereichen der Physik und
Mathematik zu Weltruhm gelangen sollte.
Heute „verfolgt“ Sir Newton jeden Mittelschüler,
ist doch die Einheit der Kraft nach
ihm benannt. Neben den Bereichen Optik,
Astronomie, Mathematik und Alchemie
beschäftigte sich Sir Newton besonders
mit der Mechanik. Jeder kennt die Geschichte
des „gefallenen Apfels“, auf welcher
– angeblich – Newtons Berechnungen
über die Schwerkraft beruhen sollen.
(Tatsächlich sind Fachleute heute sicher,
dass Newton diese Geschichte auch selbst
erfunden haben könnte, um zu erläutern,
wie man aus der Beobachtung alltäglicher
Dinge, große wissenschaftliche Grundlagen
herauslesen kann).
Newton’s Welt
Außerdem hat Sir Newton (der
seine Ritterwürde von Königin
Anne wegen seines politischen
Engagements und nicht wegen
seiner wissenschaftlichen
Verdienste erhielt) die drei
newton’schen Gesetze in der
Philosophiae Naturalis Principia
Mathematica – seinem
Hauptwerk – zusammengefasst
und damit den Grundstein für
die heutige Mechanik gelegt.
Und exakt diese drei Gesetze
sind es, die unser Maschinistenleben
beschreiben.
Newtons erstes Gesetz, dem heute als
„Trägheitsgesetz“ bekannten physikalischem
Grundstein, beschreibt Newton
mit – für ihn – einfachen Formeln, warum
„ein Körper [..] im Zustand der Ruhe
oder der gleichförmigen Bewegung [verharrt],
sofern er nicht durch einwirkende
Kräfte zur Änderung seines Zustands
gezwungen wird.“ Dieses Gesetz wird
heute als Grundlage für die Ladungssicherung
herangezogen. Eine hervorragende
Lektüre zu diesem Thema ist das Merkblatt
Ladungssicherung mit der Nummer
18 des Niederösterreichischen Landesfeuerwehrverbandes.
Es umschreibt
sehr deutlich und verständlich die ►
Brandaus: Wissen 17
Verantwortlichkeiten (Feuerwehrkraftfahrer,
Fahrzeugkommandant und Zulassungsbesitzer
– also Kommandant), die
Folgen der Nichtbeachtung und die notwendigen
Methoden. Neben praktischen
Beispielen werden auch die Theorie und
die notwendigen Formeln umschrieben.
Diese Formeln zu beherrschen ist nicht
verpflichtend, allerdings sollten diese Formeln
griffbereit sein, um nachzusehen
und eventuelle Berechnungen anzustellen:
Wie viele Zurrgurte werden benötigt
Wie muss gesichert werden Ein Blick in
das Merkblatt sollte verpflichtend für jeden
Einsatzmaschinisten sein. Brandaus
wird im Laufe dieses Jahres das Merkblatt
genauer unter die Lupe nehmen und die
wichtigsten Teile daraus vorstellen.
In Newton’s zweitem Gesetz, dem Aktionsprinzip,
wird beschrieben, dass wenn
eine Kraft auf einen Körper wirkt, der Körper
in Richtung der Kraft beschleunigt
wird. Die Beschleunigung ist der Kraft direkt
proportional, der Masse des Körpers
indirekt proportional. Auf „deutsch“ heißt
das, dass je größer die Kraft ist, desto größer
ist die Beschleunigung oder je höher
die Masse ist, die ich mit einer gleichbleibenden
Kraft bewegen will, desto geringer
fällt die Beschleunigung aus. Diese, für unser
heutiges Verständnis klare, Erkenntnis
war der Grundstein für die klassische Mechanik.
Es erklärt, warum man ein B-Rohr
zu viert halten muss, warum ein Fahrzeug
mit mehr kW schneller beschleunigt oder
warum wir von einer Druckwelle nach
hinten und nicht nach vorne geschleudert
werden.
Das Wechselwirkungsprinzip, das dritte
newton’sche Gesetz, erklärt, dass Kräfte
immer paarweise auftreten. „Übt ein
Körper A eine Kraft auf den Körper B aus
(actio), so wirkt eine gleich große, aber
entgegen gerichtete Kraft, von Körper B
auf Körper A (reactio).“ Dieses Phänomen
kann man bei einem Ladekran beobachten.
Während der Kran einen Gegenstand
(z.B.: Auto) anhebt, so wirkt die gleiche
Kraft, die nötig ist, das Auto anzuheben,
auf den Kranarm und dieser biegt sich
durch.
Die Pfeiffenbildung, auch Schwanenhals geannt, ist ein bekanntes Phänomen,
das unter Umständen einen Pumpenbetrieb zur Gänze unmöglich macht
Physik beim Ansaugen
Beim Ansaugen werden wir mit zwei
weiteren physikalischen Erscheinungen
konfrontiert. Die Pfeiffenbildung
ist ein bekanntes Problem. Diese tritt dann
in Erscheinung, wenn ein Teil der Saugleitung
höher ist, als die Pumpe selbst, die
Leitung also einen Bogen beschreibt, der
über den Pumpenstandort ragt. Die Luft
am Bogenkopf verhindert die Bildung einer
durchgängigen Wassersäule, wodurch
ein Ansaugen unmöglich wird. Man kann
sich dies wie einen umgekehrten Siphon
vorstellen. Während beim Siphon das
Wasser Geruch, also Gase, stoppen soll,
stoppt die Luft in der Saugleitung die Wassersäule.
Steine pumpen
Wenn die Pumpe klingt, als würde sie
Kieselsteine ansaugen, dann liegt vermutlich
ein Kavitationsproblem vor. Kavitation
ist die Bildung und Auflösung von dampfgefüllten
Gasblasen im Wasser. Das Gesetz
von Bernoulli besagt, dass der statische
Druck einer Flüssigkeit umso geringer, je
höher die Geschwindigkeit ist. Wird der
Verdampfungsdruck der Flüssigkeit durch
zu hohe Geschwindigkeit am Schaufelrad
unterfahren, so beginnt die Flüssigkeit zu
verdampfen. Da die Geschwindigkeit im
äußeren Bereich des Schaufelrades höher
ist als in der Mitte und durch die Bauweise
des Schaufelrades das Wasser zur Mitte
geführt wird, gelangen die Dampfblasen
in Gebiete mit höherem Druck (weil geringere
Geschwindigkeit) und der Dampf
kondensiert in den Hohlräumen schlagartig.
Dadurch kommt es am Schaufelrad zu
enormen Druckspitzen, die massive Schäden
verursachen können.
Ein weiterer Grund für die Entstehung
von Kavitation ist das Ansteigen der Temperatur
des Wassers durch ständiges Pumpen,
ohne Entnahme des Wassers. Auch
eine zu hohe „geodätische Saughöhe“,
also die Höhe zwischen der Oberfläche
des anzusaugenden Wassers und der Mitte
des Laufrades, kann zu Kavitation führen.
Wird die hydrostatische Grundgleichung,
nach welcher der Druck sich aus Druck an
der Oberfläche der Flüssigkeit plus dem
Produkt aus Dichte der Flüssigkeit, Erdbeschleunigung
und Höhe in Meter ergibt,
auf die Höhe umgestellt, so erkennt man,
dass bei fallendem Luftdruck (im Gebirge)
oder bei sinkender Dichte
des Mediums (eben
einem ►
Das am Saugeingang der Pumpe angebrachte Vakuum-
Manometer zeigt den Unter- bzw. Überdruck am
Saugeingang an
Die Geodätische Saughöhe ist im Regelfall die senkrecht
gemessene Höhe zwischen Wasseroberfläche der Entnahmestelle
und Mitte des Pumpeneingangs
Geodätische Saughöhe Geodätische Saughöhe
Geodätische Saughöhe
Die steigend verlegte Saugleitung, der sogenannte
Schwanenhals, ist die ungünstigste Variante der Wasserentnahme.
Ein Pumpbetrieb ist unter Umständen gar
nicht möglich
Steht die Pumpe unterhalb des Wasserspiegels, wirkt die
Saugleitung als Saugheber. Die Geodätische Saughöhe
bildet auch wieder die Oberkante des Schwanenhalses
und ist daher niedrig. Das
Wasser fließt der Pumpe
von selbst zu
Brandaus Sonderheft Einsatzfahrer • 2013
18
Brandaus: Wissen
0,5 g
0,5 g
0,5 g
1,0 g
0,8 g
Die unterschiedlichsten Kräfte, wie Beschleunings-, Verzögerungs- bzw. Fliekräfte, die während der Fahrt auf ein Fahrzeug und dessen Beladung einwirken, sind vom
Kraftfahrer, in unserem Fall dem Einsatzmaschinsten zu berücksichtigen. ...
Temperaturanstieg von Wasser) die
geodätische Saughöhe sinkt. Theoretisch,
bei optimalen Bedingungen, ergibt sich
eine maximale geodätische Saughöhe von
10,33 Metern. Tatsächlich muss man aber
mit einer maximalen Saughöhe von 7,5
Metern rechnen. Will man über eine größere
Höhe pumpen, so muss eine Druckpumpe
(z.B. Tauchpumpe) einen ausreichenden
Druck aufbauen, um Wasser zur
höher stehenden, saugenden Pumpe zu
fördern.
Diese Technik nennt man „Tiefsaugen“
und wird häufig bei Brunnen, Schächten
oder Böschungen angewandt.
Rechnen – nicht nötig
All die oben beschriebenen Phänomene
können berechnet werden. Selten werden
wir in den Genuss kommen, die Zeit dafür
zu haben.
Man soll wissen, dass Physik unser ganzes
Feuerwehrleben bestimmt, warum ein
18 Tonnen schweres Fahrzeug nicht mit 50
km/h in eine Kurve mit einem Kurvenradius
von 20 Meter fahren kann oder wieso
unsere Pumpe das Wasser von der Brücke
aus nicht ansaugen kann. ■
Web-QuerVerWeis:
Die fünfteilige Brandaus-Einsatzfahrer-
Serie aus dem Jahr 2012/13 als PDF:
http://www.fims.at/
noe122/der_einsatzfahrer.pdf
Falsch
... Auch die richtige Positionierung auf der Ladefläche
darf nicht außer Acht gelassen werden.
Richtig
Brandaus Sonderheft Einsatzfahrer • 2013
Brandaus: Wissen 19
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Brandaus Sonderheft Einsatzfahrer • 2013