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Wiener LehrerInnen I • März 2006<br />

THEMA<br />

allen Lernens, das so genannte pädagogische Dreieck<br />

(Schülerin-Lehrerin-Gegenstand), in Gefahr,<br />

zur Bedeutungslosigkeit zu verkommen. Der persönliche<br />

Dialog zwischen Lehrerin und Schülerin,<br />

der sich um den jeweiligen Gegenstand dreht,<br />

kann bei einer Klassenschülerzahl jenseits der 25<br />

nicht mehr geführt werden.<br />

Gesellschaftliche Situation<br />

■ Bereich außer Kontrolle geratener Werte-Plu -<br />

ralismus: gepaart mit übertriebenem Individualismus<br />

führt dieser zu einer egalitären Haltung bei<br />

Kindern und Jugendlichen. Da es keine allgemein<br />

akzeptierte Instanz mehr gibt, die Kindern und Jugend<br />

lichen die Einhaltung gewisser Werte und<br />

Normen vorgibt (Entlastung von eigenen, möglicherweise<br />

falschen Entscheidungen), sind nicht<br />

wenige mit der Auswahl an Möglichkeiten einfach<br />

überfordert oder geben sich der Beliebigkeit und<br />

dem Zufall hin.<br />

■ Bereich multikulturelle Zusammensetzung: Die<br />

kulturellen Unterschiede (Stellung von Frau und<br />

Mann, religiöse Praktiken, Einstellung zu Gewalt,<br />

…) wirken sich sehr irritierend auf die ansässige<br />

Bevölkerung aus und dienen sicher nicht der Integration<br />

von Zuwanderern.<br />

■ Bereich ungezügelter und ausufernder Medienkonsum:<br />

Häufig werden Gewalt verherrlichende<br />

Filme/Videos ohne kritische Aufarbeitung von<br />

Kindern und Jugendlichen konsumiert und die gesehenen<br />

Verhaltensweisen internalisiert. Bei SchülerInnen<br />

mit sehr niedrigem Selbstwert ist dann die<br />

Gefahr groß, dass gewaltbereites Handeln durchaus<br />

als eine Handlungsalternative gesehen wird.<br />

■ Bereich ökonomische Lage von Familien: Die<br />

hohe Arbeitslosigkeit stellt einen zusätzlichen<br />

Stressfaktor zur Entstehung von Gewaltbereitschaft<br />

schon in den Familien dar. Auch hierzu gibt<br />

es traurige Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit<br />

(Morde von Mauerbach). ■<br />

… aus Sicht der BHMS<br />

ZUR AUTORIN:<br />

AV Dr. Jutta Zemanek, Tätigkeit in<br />

der Rechtssektion des BmBWK;<br />

Lehrerin für rechtliche und wirtschaftliche<br />

Gegenstände in der<br />

HTL Spengergasse; seit 2003 Abteilungsvorständin<br />

für Betriebs -<br />

management. Lehrbeauftragte am<br />

PI des Bundes in Wien.<br />

Für uns – und damit meine ich die SCHULGE-<br />

MEINSCHAFT (Lehrer und Lehrerinnen, Schü -<br />

ler und Schülerinnen, Erziehungsberechtigte)<br />

– ist es derzeit eine Herausforderung, der Gewalt<br />

an der Schule zu begegnen, nicht wegzuschauen,<br />

sondern aktiv ein friedvolles Zusammenleben<br />

der Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen<br />

und eine Schule zu schaffen, in der<br />

sich die Jugendlichen wohl fühlen können.<br />

Die Schülerinnen und Schüler verhalten sich zu -<br />

nehmend aggressiver, wofür verschiedene Ursachen<br />

wie zum Beispiel zerbrochene Familien, Probleme<br />

im Umgang mit anderen Kulturen, Leistungsunterschiede<br />

in Betracht kommen. Vielen Schülerinnen<br />

und Schülern fehlen das Selbstbewusstsein und Erfolgs<br />

erlebnisse und sie versuchen daher durch<br />

aggressives Verhalten die Aufmerksamkeit auf sich<br />

zu lenken. Ein Anstieg von persönlichen Krisen ist<br />

zu beobachten.<br />

Die Schule ist sicher der Ort, an dem sich diese Probleme<br />

deutlich zeigen, sie muss aber in der Zukunft<br />

vermehrt auch der Ort sein, wo Weichen neu gelegt<br />

und Jugendliche wieder in die richtige Bahn gelenkt<br />

werden. Dialogfähigkeit ist Bedingung und Ziel jedes<br />

Unterrichts. In diesem soll der Schüler/die Schülerin<br />

lernen, auf den anderen zu hören, ihn ernst zu<br />

nehmen und seine menschliche Würde zu respektieren.<br />

Die Schülerinnen und Schüler brauchen vermehrt<br />

soziale Fürsorge. Ein Gegenstand „Soziales<br />

Lernen“ zur Vermittlung von Lebenskompetenzen<br />

ist dringend notwendig. An dieser Stelle darf ich<br />

mich beim Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft<br />

und Kultur bedanken, das mir im heurigen<br />

Schuljahr ermöglicht hat, an meiner Abteilung Betriebsmanagement<br />

der HTL Spengergasse in meinen<br />

ersten Jahrgängen den Gegenstand „Soziales Lernen“<br />

zu führen. Ferner sind psychologische Beratungsstunden<br />

an der Schule, die die Schülerinnen und<br />

Schüler in Anspruch nehmen können, notwendig.<br />

Eine Senkung der Klassenschülerzahl oder eine Teilung<br />

in kleine Gruppen in einzelnen Unterrichtsgegenständen<br />

erscheint mir ganz wichtig, um Schüler -<br />

innen und Schüler individuell zu fördern. Um adäquat<br />

auf die Probleme der Schülerinnen und Schüler<br />

eingehen zu können, bedürfte es auch einer entsprechenden<br />

Lehrerfortbildung. Last but not least wäre<br />

die Zusammenarbeit mit dem Elternhaus zu ver -<br />

stärken.<br />

Wir Lehrerinnen und Lehrer unterrichten nicht Gegenstände,<br />

sondern junge Menschen. Es ist es wert,<br />

sich für diese jungen Menschen zu engagieren! ■<br />

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