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Bildungsthemen<br />
Das Magazin von <strong>Phorms</strong> Education<br />
HOCH<br />
HINAUS<br />
WAS DIE JUGEND<br />
HEUTE WILL<br />
UND WIE SIE ES<br />
ERREICHT<br />
BILINGUALE KITAS UND SCHULEN IN<br />
BERLIN FRANKFURT HAMBURG MÜNCHEN
EDITORIAL<br />
Foto: Pit Schröder<br />
Titelfoto: Andrea Usison<br />
Foto: Jan Iso Jürgens<br />
Forscherdrang<br />
und Begeisterung<br />
sind wesentliche Haltungen von Kindern<br />
und Jugendlichen. Ideale Voraussetzungen<br />
für das Lernen. Darüber hinaus wissen<br />
wir heute, dass Lernen eigentlich immer<br />
stattfindet. Unser Gehirn kann gar<br />
nicht anders. Es kommt also auf die Rahmenbedingungen<br />
an, in denen der Lernvorgang<br />
die möglichst optimalen Voraussetzungen<br />
findet. Aber das Lernen ist auch<br />
immer auf etwas gerichtet, denn erlerntes<br />
Wissen benötigt einen Zusammenhang,<br />
um seine Wirkung entfalten zu können.<br />
Dazu bedarf es eines Engagements, eines<br />
Interesses. Gemeinschaften jeder Art<br />
benötigen Menschen, die sich engagieren<br />
– aus Neugier und Begeisterung. Das gilt<br />
ganz grundsätzlich für unsere Gesellschaft,<br />
es gilt auch für kleinere soziale Einheiten<br />
wie Familien, Unternehmen oder Vereine.<br />
Ohne Engagement des Einzelnen sind<br />
Organisationen nicht lebensfähig und<br />
auch nicht lebenswert. Das Prinzip der<br />
Subsidiarität wird dadurch gestärkt, dass<br />
der Einzelne Verantwortung übernimmt<br />
– für sich und andere. Deshalb versuchen<br />
wir im Rahmen unserer pädagogischen<br />
Arbeit darauf hinzuwirken, dass gesellschaftliches<br />
Engagement den angemessenen<br />
Stellenwert erhält. Dass darüber hinaus<br />
gesellschaftliches und soziales Engagement<br />
die Lebenszufriedenheit und die<br />
Leistungsbereitschaft positiv beeinflusst,<br />
ist doch ein gerechter Lohn.<br />
Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen<br />
Ihr Dr. Carsten Breyde<br />
10<br />
Wer sich für andere stark macht,<br />
stärkt sich selbst<br />
Zum Schüleraustausch in die<br />
Megacity Hong Kong<br />
26<br />
02 Bildungsthemen 1 | 2013
INHALT<br />
Foto: Andrea Usison<br />
02 Editorial<br />
03 Inhalt, Impressum<br />
04 Was gibt’s Neues<br />
29 Weltbildung<br />
Menschen<br />
06 ZUHAUSE IN ZWEI WELTEN<br />
Rahel Indermaur<br />
Unsere Besten<br />
07 REIFEPRÜFUNG<br />
Und wie geht’s nach dem Abi weiter Drei Abiturienten über ihre Zukunftspläne<br />
Schwerpunkt<br />
07<br />
Abiturientin Maura hat nicht nur beim<br />
Klettern das nächste Ziel fest im Blick<br />
10 ENGAGIERT EUCH!<br />
Was Sie in unserem Schwerpunkt erwartet<br />
13 LERNEN DURCH ENGAGEMENT<br />
Entwicklungspsychologe Prof. Lerner über die Zukunft der Jugend<br />
16 EINE EINS IN MATHE IST NICHT ALLES<br />
Wie durch gesellschaftliches Engagement die Noten aber besser werden können<br />
20 SCHUFTEN STATT CHILLEN<br />
Ein Sommer in Namibia<br />
22 EINE UNGLAUBLICHE ERFOLGSSTORY<br />
Schüler Helfen leben feiert 20sten Geburtstag<br />
24 LAUFEN, BACKEN UND VERKAUFEN<br />
Eine Klasse absolviert den Spendenmarathon<br />
Mehr als Schule<br />
26 MANDARIN IST KEINE FRUCHT<br />
Zum Schüleraustausch nach Hong Kong<br />
Foto: Ulrich Baehring<br />
Schülerreporter<br />
28 WAS IST ATOMKRAFT<br />
Wie funktioniert sie, und warum ist sie gefährlich<br />
30 Rezensionen: Zwei Buchladenbesitzerinnen verraten uns ihre Lieblingsbücher<br />
Impressum<br />
Bildungsthemen – das Magazin von <strong>Phorms</strong> Education, Heft 1, Januar 2013<br />
Herausgeber <strong>Phorms</strong> Managment AG, Ackerstraße 76, 13355 Berlin<br />
Telefon +49 (0)30 311 678 100 Fax +49 (0)30 311 678 400 E-Mail info@phorms.de<br />
www.phorms.de<br />
Amtsgericht Charlottenburg HBR 101425<br />
V.i.S.d.P. Dr. Carsten Breyde, Vorstand <strong>Phorms</strong> Management AG<br />
Redaktionelle Leitung Silke Brandt Assistenz Anna Lena Hallmann<br />
Gestaltung Lesprenger Berlin Fotos Jan Iso Jürgens, Andrea Usison<br />
Druck Buch- und Offsetdruckerei H. Heenemann GmbH & Co.KG, 12103 Berlin<br />
Bildungsthemen 1 | 2013 03
WAS GIBT’S NEUES<br />
NEUE<br />
KÖPFE<br />
HOLGER BECKMANN,<br />
LEITER DES GYMNASIUMS,<br />
PHORMS CAMPUS BERLIN MITTE<br />
Seit Beginn des Schuljahres 2012 leitet<br />
Holger Beckmann, Deutsch- und<br />
Englischlehrer, das <strong>Phorms</strong> Gymnasium<br />
in Berlin Mitte. „Mein Schwerpunkt<br />
liegt eindeutig beim Abitur<br />
und den Prüfungen zum Mittleren<br />
Schulabschluss.“ Darüber hinaus<br />
möchte er das Profil der Schule „auch<br />
in anderen akademischen und sozialen<br />
Bereichen schärfen.“ Beckmann,<br />
der Erfahrungen als Lehrer und Koordinator<br />
in Australien, Finnland, Arabischen<br />
Emiraten und der an UN-<br />
Schule in New York gesammelt hat,<br />
sagt über <strong>Phorms</strong>: „Vieles befindet<br />
sich noch in der Entwicklungsphase.<br />
Die Mitarbeit von Eltern, Schülern<br />
und Lehrern ist unheimlich wichtig,<br />
um das Schulleben im <strong>Phorms</strong> Gymnasium<br />
kreativ zu gestalten.“<br />
NITA BAXANI,<br />
LEITERIN DER GRUNDSCHULE,<br />
PHORMS SCHULE FRANKFURT<br />
In Hong Kong wurde sie als Tochter<br />
einer Chinesin und eines Inders geboren,<br />
wuchs aber in den USA auf,<br />
wo sie später auch studierte. Vor<br />
ihrem Umzug nach Frankfurt unterrichtete<br />
Nita Baxani an privaten und<br />
öffentlichen Schulen in den USA. Die<br />
studierte Musikpädagogin war außerdem<br />
lange Jahre als aktive Künstlerin<br />
tätig. Über ihre neue Rolle als Grundschulleiterin<br />
in Frankfurt sagt Baxani:<br />
„Bei allen Entscheidungen, die ich<br />
treffen muss – die kurzfristigen und<br />
die langfristigen – möchte ich versuchen,<br />
die Bedürfnisse und Erwartungen<br />
von Lehrern, Schülern und Eltern<br />
einzubeziehen. Dabei ist mir vor allem<br />
eine optimale Lösung für die<br />
Schüler wichtig.“ Baxani, die zuvor<br />
an der Internationalen Schule Frankfurt<br />
als Head of Music Erfahrungen<br />
sammeln konnte, wünscht sich „eine<br />
gemeinschaftliche Schulkultur, in der<br />
Lehrer, Eltern und Schüler bereit<br />
sind, Risiken einzugehen, um erfolgreiche<br />
Ergebnisse zu erzielen.“<br />
JESSICA BOKNECHT,<br />
LEITERIN DES KINDERGARTENS,<br />
PHORMS CAMPUS BERLIN MITTE<br />
Nach der Ausbildung zur Erzieherin<br />
und Auslandsaufenthalten in England<br />
und Frankreich studierte Jessica Boknecht<br />
in der Schweiz Sozialmanagement.<br />
Dort leitete sie außerdem internationale<br />
und bilinguale Kindertageseinrichtungen.<br />
„Mir ist vor allem<br />
wichtig, dass sich jeder mit seinen<br />
Stärken einbringen kann. Das gilt für<br />
Kinder und Erzieher“, sagt Jessica Boknecht.<br />
Im Sommer 2012 übernahm<br />
sie die Leitung bei den PhorMinis in<br />
Berlin Mitte. Bevor sie zu <strong>Phorms</strong><br />
kam, leitete sie ein heilpädagogisches<br />
Zentrum. „Die Kinder mit ihren<br />
Wünschen und Bedürfnissen stehen<br />
im Mittelpunkt meiner Arbeit. Dafür<br />
brauchen wir ein starkes funktionierendes<br />
Team“, so Boknecht.<br />
04 Bildungsthemen 1 | 2013
WAS GIBT’S NEUES<br />
GEGEN DIE<br />
INNERE UHR<br />
Mit geschätzten zehn Prozent Betroffenen<br />
in der Bevölkerung sind Schlafstörungen<br />
ein weitreichendes Problem<br />
in Deutschland. Forscher nehmen an,<br />
dass sich das Problem bereits im jugendlichen<br />
Alter entwickelt. Weil sich<br />
in der Vorpubertät die innere Uhr<br />
nach hinten verschiebt, steht der Biorhythmus<br />
von Schülern dem frühen<br />
Unterrichtsbeginn häufig entgegen.<br />
Ein Schlafdefizit kann laut der Deutschen<br />
Gesellschaft für Schlafforschung<br />
und Schlafmedizin auch zu einer erheblichen<br />
Lernschwäche beitragen.<br />
Wer abends länger wach bleibt, hat<br />
beispielsweise mehr Schwierigkeiten,<br />
sich Vokabeln einzuprägen.<br />
IM OBEREN<br />
DRITTEL<br />
Laut der kürzlich veröffentlichten<br />
Timss-Mathematikstudie und der<br />
Iglu-Lesestudie können deutsche<br />
Grundschüler im internationalen Vergleich<br />
gut mithalten. Mit ihren Leistungen<br />
im Lesen und in den Naturwissenschaften<br />
liegen deutsche Viertklässler<br />
über dem internationalen<br />
Mittelwert und im Durchschnitt anderer<br />
EU-Staaten. Dass Deutschland seine<br />
gute Position im Vergleich halten<br />
konnte, ist vor allem aus einem Grund<br />
erfreulich: Obwohl heute sechs Prozent<br />
mehr Kinder mit Migrationshintergrund<br />
deutsche Schulen besuchen,<br />
konnten diese in den geprüften<br />
Fächern aufholen und damit die Gesamtleistung<br />
halten.<br />
TINO HARTWIG,<br />
LEITER DER GRUNDSCHULE,<br />
PHORMS CAMPUS HAMBURG<br />
Tino Hartwig, der bereits im Sommer<br />
2011 zu <strong>Phorms</strong> kam, sagt über seine<br />
neue Rolle als Grundschulleiter: „Ich<br />
freue mich über die neue Herausforderung<br />
und verantwortungsvolle Aufgabe,<br />
Kinder ein Stück auf ihrem Weg<br />
zu begleiten.“ Während seiner vergangenen<br />
Lehrtätigkeiten in Süddeutschland<br />
und Ägypten lag Hartwig<br />
vor allem die individuelle Entwicklung<br />
junger Persönlichkeiten am Herzen<br />
– und diesen Gedanken möchte<br />
er nun an die <strong>Phorms</strong> Schule weitertragen:<br />
„Ich möchte dafür sorgen,<br />
dass sich auch Kolleginnen und Kollegen<br />
ihrer Verantwortung bewusst<br />
sind, die sie für die Entwicklung und<br />
Förderung unserer Kinder tragen,<br />
und dass sie sich dabei wohlfühlen“,<br />
so Hartwig. „Ich stelle mich den Fragen<br />
einer sich entwickelnden Schule<br />
und freue mich, meinen Teil zum<br />
Gelingen beizutragen.“<br />
CLAUDIA EICHNER-ORB,<br />
LEITERIN DER KINDERSTAGESSTÄTTE,<br />
PHORMS CAMPUS HAMBURG<br />
Nach langjähriger Erfahrung als Kita-<br />
Leiterin ist Claudia Eichner-Orb nun<br />
für die <strong>Phorms</strong> Kita in Hamburg<br />
tätig. „Am 1.8.2012 haben wir die<br />
Kindertagesstätte eröffnet und befinden<br />
uns immer noch in der Aufbauund<br />
Entwicklungsphase“, so Eichner-<br />
Orb. „Gemeinsam mit dem neuen<br />
Team, mit den Eltern und den Kindern<br />
entwickle ich Konzepte, Projekte<br />
und weitere Ideen.“ Die Pädagogin<br />
und Sozialmanagerin möchte <strong>Phorms</strong><br />
vor allem gestalterisch unterstützen:<br />
„Mein Ziel ist es, die Kita konzeptionell<br />
passend zu Schule und Vorschule<br />
aufzubauen.“ Ihr Gespür für Innovation<br />
hat Eichner-Orb auch bei der Erstellung<br />
einer Methode zur Sprachbildung<br />
unter Beweis gestellt, für die sie<br />
mit dem zweiten Platz des Hamburger<br />
Integrationspreises ausgezeichnet<br />
wurde.<br />
Bildungsthemen 1 | 2013 05
MENSCHEN<br />
Foto: Andrea Usison<br />
Rahel Indermaur<br />
Zuhause in<br />
zwei Welten<br />
In der Musik sei es essentiell, dass<br />
man eine Geschichte erzählt. Und<br />
auch guter Unterricht lebe von spannend<br />
erzählten Geschichten. Dann<br />
seien die Kinder motiviert und animiert<br />
zuzuhören, sagt Rahel Indermaur.<br />
Sie muss es wissen. Tagsüber<br />
unterrichtet sie Deutsch und Kunst<br />
am <strong>Phorms</strong> Campus Berlin Mitte, in<br />
ihrer Freizeit steht die Mezzosopranistin<br />
als Opernsängerin auf großen<br />
Bühnen. Nach dem Lehramtsstudium<br />
in St. Gallen in der Schweiz kam<br />
sie nach Berlin, um an der Hochschule<br />
für Musik Hans Eisler Gesang<br />
zu studieren. Das Unterrichten gab<br />
sie aber nie auf. Seit fünf Jahren ist<br />
sie nun schon bei <strong>Phorms</strong>. In beiden<br />
Bereichen, also beim Singen und<br />
beim Unterrichten, profitiere sie von<br />
der jeweils anderen Welt. „Dadurch,<br />
dass ich aktive Opernsängerin bin,<br />
bin ich täglich mit dem eigenen Lernen<br />
konfrontiert und habe einen<br />
ganz anderen Bezug zum Lernen der<br />
Kinder“, sagt sie. Und weil Rahel Indermaur<br />
Schweizerin ist, sei ihr auch<br />
das bilinguale Konzept sehr vertraut.<br />
Im deutschsprachigen Teil der<br />
Schweiz, aus dem sie stammt, sei<br />
auch die französische Sprache sehr<br />
präsent, gerade in der Schule. Bei<br />
ihrem aktuellen Gesangsprojekt will<br />
Indermaur mit einer Kollegin das<br />
Kunstlied des 19. Jahrhunderts von<br />
Brahms, Schumann und anderen<br />
Komponisten aufleben lassen. Zusammen<br />
mit einer Konzertreihe nehmen<br />
die beiden auch eine CD auf.<br />
Man kann gespannt sein auf neue<br />
musikalische Geschichten.<br />
06 Bildungsthemen 1 | 2013
UNSERE BESTEN<br />
Reifeprüfung<br />
Fotos: Andrea Usison<br />
Phil, 17 Jahre Moritz, 17 Jahre Maura, 19 Jahre, alle 12. Klasse<br />
Der zweite Abiturjahrgang bei <strong>Phorms</strong> bereitet sich gerade auf die Prüfungen vor.<br />
Wie groß ist die Aufregung Und wie geht’s nach dem Abi weiter<br />
Trotz Klausurenstress haben sich drei Abiturienten Zeit für ein Gespräch<br />
genommen und uns ihr liebstes Hobby verraten<br />
von Anna Lena Hallmann<br />
Seid ihr schon im Abi-Stress<br />
Phil und Moritz: Ja!<br />
Moritz: Schon seit Anfang letzten Jahres.<br />
Weil jetzt alles zählt. Nächste Woche schreiben<br />
wir drei Klausuren und nebenbei müssen<br />
wir unsere 5. Prüfungskomponente<br />
(PK) vorbereiten.<br />
Phil: Und dann muss man auch noch planen,<br />
was man nach dem Abi macht. Da ist<br />
viel zu tun.<br />
Welche Themen habt ihr euch für die 5.<br />
PK ausgesucht<br />
Phil: Die Grünen als Partei. Über die<br />
Gründungsphase und wie sich die Wählerschaft<br />
geändert hat. Also eine Überschneidung<br />
der Fächer Geschichte und Politik.<br />
Moritz: Mein Thema ist die Demokratische<br />
Republik Kongo – wie die derzeitigen<br />
Probleme auf die Kolonialzeit zurückzuführen<br />
sind.<br />
Außer der 5. PK, in welchen anderen<br />
Fächern werdet ihr im Abitur geprüft<br />
Moritz: Wir haben alle Englisch, weil es<br />
an unserer Schule Pflicht ist, Englisch als<br />
Leistungskurs zu belegen. Dann habe ich<br />
noch Bio als Leistungskurs. Als schriftliches<br />
Prüfungsfach habe ich Deutsch und als<br />
mündliches Geschichte.<br />
Was wird euch von eurer Schulzeit als<br />
besonders positiv in Erinnerung bleiben<br />
Moritz: Die Lehrer können hier besser auf<br />
einen eingehen, weil wir kleinere Klassen<br />
haben. Auf meiner alten Schule war es viel<br />
voller im Klassenraum.<br />
Phil: Ich denke auch, dass unser englisches<br />
Bildungsthemen 1 | 2013 07
UNSERE BESTEN<br />
Fotos: Andrea Usison<br />
Moritz: Fürs erste.<br />
Phil: Da ist also auf der einen Seite ein lachendes<br />
Auge, aber dann auch ein weinendes.<br />
Maura, Bist Du auch im Abi-Stress<br />
Maura: Ja. Vor allem um die fünfte Prüfung<br />
mache ich mir gerade Sorgen. Ich<br />
habe zwar ein Grundgerüst, aber ich muss<br />
endlich etwas schaffen. Da muss man ja alles<br />
selbstständig machen und dabei einen<br />
kühlen Kopf bewahren. (lacht)<br />
Wenn Du auf Deine Zeit bei <strong>Phorms</strong><br />
zurüc<strong>kb</strong>lickst – was hat dir besonders<br />
gut gefallen<br />
Die Atmosphäre. Es ist auf jeden Fall eine<br />
besondere Schule. Hier hat jeder einen<br />
eigenen starken Charakter. Die Lehrer<br />
vermitteln einem, dass man versuchen<br />
soll, die Dinge auf die eigene Art zu lösen,<br />
solange das Ergebnis stimmt.<br />
Die Schüler wissen was sie wollen<br />
Sprachniveau um einiges höher ist als auf<br />
einer staatlichen Schule.<br />
Moritz: Da schließe ich mich an. Wenn<br />
ich Leute aus anderen Schulen Englisch<br />
sprechen höre, denke ich mir oft „Da war<br />
ein Grammatik-Fehler“ oder „Das Wort<br />
wird anders ausgesprochen“.<br />
Habt ihr schon Pläne für die Zeit nach<br />
dem Abi<br />
Phil: Ich habe mich bei mehreren Organisationen<br />
für ein soziales Jahr beworben.<br />
Wenn es geht in England, damit ich mein<br />
Englisch noch weiter verbessern kann.<br />
Dort würde ich gern als Lehrer-Gehilfe<br />
arbeiten.<br />
Du möchtest also nach dem Abi erst<br />
einmal eine Pause einlegen, um dich zu<br />
orientieren<br />
Phil: Ich sehe das nicht als Pause. Man arbeitet<br />
ja trotzdem. Mir ist es wichtig, dass ich<br />
dieses Jahr einlege, weil ich mir noch nicht<br />
so sicher bin, wo ich studieren möchte.<br />
Und Moritz, was hast du nach dem<br />
Abi vor<br />
Moritz: Ich möchte eine Ausbildung zum<br />
Rettungssanitäter machen. Danach würde<br />
ich gerne im Ausland arbeiten, um mal<br />
ein bisschen aus Deutschland rauszukommen.<br />
Ich habe nicht vor zu studieren,<br />
bevor ich 20 bin, weil ich zuerst<br />
Lebenserfahrung gewinnen möchte.<br />
Werdet ihr die Schule vermissen<br />
Phil: Natürlich wird man ein bisschen<br />
nostalgisch. Ich bin glücklich, dass ich<br />
mein Abi machen kann, aber unsere Wege<br />
trennen sich dann.<br />
08 Bildungsthemen 1 | 2013
UNSERE BESTEN<br />
Bevor das<br />
Studium startet<br />
Lebenserfahrung<br />
sammeln<br />
Hast du auch schon konkrete Pläne für<br />
dein Leben nach dem Abi<br />
Ja. Zuerst möchte ich ein Praktikum in<br />
einer Relocation-Firma machen. Ich habe<br />
schon meine Bewerbung abgeschickt.<br />
Was genau macht eine<br />
Relocation-Firma<br />
Wenn Firmenmitarbeiter aus dem Ausland<br />
nach Deutschland ziehen, oder von<br />
hier ins Ausland, dann hilft man den Mitarbeitern<br />
ihr Leben dorthin zu transpor-<br />
tieren. Dass die Kinder eine Schule finden,<br />
einen Tennisverein, einen neuen Arzt<br />
– alles was dazu gehört. Ich organisiere<br />
gerne, ich mag Sprachen und arbeite gern<br />
mit Menschen.<br />
In diesem Beruf könnte die bilinguale<br />
Schulbildung für dich von Vorteil sein.<br />
Hast du in der Hinsicht schon Feedback<br />
von Arbeitgebern bekommen<br />
In der neunten Klasse habe ich ein<br />
Schülerpraktikum beim „Institute of Cultural<br />
Diplomacy“ gemacht. Dort bin ich<br />
heute noch oft, weil die total zufrieden<br />
mit mir waren. Es hat super viel Spaß gemacht,<br />
weil wir meistens Englisch gesprochen<br />
haben.<br />
Und was möchtest du nach deinem<br />
Praktikum machen<br />
Ich möchte BWL studieren, am liebsten<br />
hier in Berlin. Obwohl ich gehört habe,<br />
dass es zurzeit sehr schwer ist, einen Studienplatz<br />
zu bekommen – logisch, gerade<br />
will jeder nach Berlin.<br />
Du hast also dein Leben nach dem Abi<br />
schon ziemlich gut durchgeplant. Ist das<br />
bei deinen Mitschülern genauso<br />
Bei den meisten schon. Da ist ja auch dieser<br />
Druck und die Angst, am Ende nichts<br />
zu finden...<br />
Und es gibt keinen, der sich erst mal auf<br />
die faule Haut legen will<br />
Nicht wirklich. Ein paar wollen ein soziales<br />
Jahr machen, um sich selbst besser kennenzulernen.<br />
Für mich wäre es wahrscheinlich<br />
gefährlich aus diesem Rhythmus<br />
rauszukommen, nicht mehr jeden<br />
Tag früh aufzustehen. Wenn man nochmal<br />
ein paar Monate frei haben will, kann man<br />
das ja immer noch nach dem Studium<br />
machen.<br />
Bildungsthemen 1 | 2013 09
ENGAGIERT EUCH!<br />
Foto: Jan Iso Jürgens<br />
ENGAGIERT<br />
EUCH!<br />
Eine lebendige Demokratie braucht engagierte Bürger,<br />
die Verantwortung übernehmen. Wer schon in der<br />
Schule an sozialen Projekten teilnimmt, hilft nicht nur anderen,<br />
sondern verbessert häufig auch seine Noten<br />
Die Jugend hat einen schlechten Ruf –<br />
schon immer. „Ich habe überhaupt keine<br />
Hoffnung mehr für die Zukunft unseres<br />
Landes, wenn einmal unsere heutige Jugend<br />
die Männer von morgen stellt. Unsere<br />
Jugend ist unerträglich, unverantwortlich<br />
und entsetzlich anzusehen“, klagte<br />
schon Aristoteles. Aber die Jugendlichen<br />
von heute sind die Erwachsenen, also die<br />
Leistungsträger von morgen.<br />
Die ersten Vorbilder an denen sich Kinder<br />
orientieren, sind immer noch die Eltern.<br />
Unsere Gesellschaft aber befindet<br />
sich im Wandel. Weil auch immer häufiger<br />
beide Elternteile berufstätig sind, verbringen<br />
immer mehr Kinder immer mehr<br />
Zeit in der Kita und in der Schule. Daher<br />
ist es nötig, dass dort nicht nur akademisches<br />
Wissen vermittelt wird. Denn für<br />
die heute stark differenzierte Berufswelt<br />
sind nicht nur gute Noten wichtig. Rhetorische<br />
Fähigkeiten, Führungsqualitäten,<br />
Teamgeist, praktische Erfahrungen und<br />
andere sogenannte Softskills werden vorausgesetzt.<br />
Auf der anderen Seite sollten<br />
Kinder schon früh lernen, wie wichtig es<br />
ist, gesellschaftliche Verantwortung zu<br />
übernehmen. Professor Richard Lerner,<br />
Entwicklungspsychologe von der Tufts<br />
University, der in dieser Ausgabe für uns<br />
zusammengefasst hat, wie eine positive<br />
Jugendentwicklung gelingen kann, ist davon<br />
überzeugt, dass alle Lebensbereiche<br />
der Jugendlichen dafür zusammenwirken<br />
müssen. Die Schule ist dabei wichtigster<br />
Lernort. Er meint, gesellschaftliches Engagement<br />
sollte Einzug in die Lehrerausbildung<br />
und die Lehrpläne halten. Wenn<br />
der Einsatz für andere in den Unterricht<br />
eingebunden ist und dabei auch noch<br />
theoretisches Wissen aus der Schule angewandt<br />
wird, dann steigt auch die Motivation<br />
und viele Schüler verbessern sogar<br />
ihre Noten.<br />
Die Freudenberg Stiftung hat so ein<br />
Programm entwickelt: Lernen durch Engagement.<br />
Ein Projekt aus den Bereichen<br />
Umwelt, Gesellschaft oder Soziales ist an<br />
ein Unterrichtsfach angebunden. Das Wissen<br />
wenden die Schüler im Projekt direkt<br />
an. Erfolge und Misserfolge werden im<br />
Unterricht ständig reflektiert. So sind die<br />
Fortschritte messbar und Rückschläge<br />
führen nicht zu Frustration, sondern sind<br />
Ansporn, es besser zu machen.<br />
Lesen Sie auf den nächsten Seiten, was<br />
junge Menschen alles bewirken können,<br />
wenn sie sich für andere stark machen,<br />
und wie sie selbst von gesellschaftlichem<br />
Engagement profitieren.<br />
10 Bildungsthemen 1 | 2013
ENGAGIERT EUCH!<br />
IMMER IM EINSATZ ERSTE HILFE, STABILE<br />
SEITENLAGE, VERBANDSWECHSEL – DIE GRUNDLAGEN<br />
DES JUGENDSANITÄTSDIENSTES MÜSSEN ALLE<br />
MITGLIEDER BEHERRSCHEN.<br />
EINFÜHLUNGSVERMÖGEN, SELBSTBEWUSSTSEIN<br />
UND EIN KÜHLER KOPF IN STRESSSITUATIONEN<br />
ENTWICKELN SICH NEBENBEI.<br />
Bildungsthemen 1 | 2013 11
ENGAGIERT EUCH!<br />
Foto: Andrea Usison<br />
GROSSE POLITIK IM KLEINEN<br />
WER SICH IN DER SCHÜLERVERTRETUNG<br />
ENGAGIERT, MUSS DISKUTIEREN KÖNNEN,<br />
DURCHSETZUNGSSTARK SEIN UND<br />
TROTZDEM KOMPROMISSBEREIT.<br />
SO ERLANGT MAN FÜHRUNGSQUALITÄTEN.<br />
12 Bildungsthemen 1 | 2013
ENGAGIERT EUCH!<br />
LERNEN DURCH<br />
ENGAGEMENT<br />
Seit mehreren Jahrzehnten beschäftigt<br />
Professor Lerner die Frage, wie aus Teenagern<br />
verantwortungsbewusste Erwachsene werden.<br />
Seine breitangelegte Studie zur „Positiven<br />
Jugendentwicklung“ in den USA brachte auch<br />
für Europa interessante Erkenntnisse<br />
von Richard M. Lerner und Michelle J. Boyd<br />
Richard M. Lerner<br />
ist Leiter des<br />
Bergstrom Lehrstuhls<br />
für Angewandte<br />
Entwicklungswissenschaften<br />
am Institut für angewandte<br />
Jugendentwicklungsforschung an<br />
der Tufts University (USA). Er ist<br />
bekannt für seine Theorie der Beziehungen<br />
zwischen lebenslanger<br />
menschlicher Entwicklung und<br />
sozialem Wandel sowie seine Forschung<br />
auf dem Feld der Beziehungen<br />
Heranwachsender zu Gleichaltrigen,<br />
Familie, Schule und der<br />
Gemeinschaft.<br />
Wie werden Kinder zu selbstbewussten,<br />
mutigen, engagierten und aktiven jungen<br />
Menschen, zu Bürgern, die Werte wie soziale<br />
Gerechtigkeit, Demokratie und Freiheit<br />
fördern Diese Frage stellen sich Eltern,<br />
Lehrer, Erzieher und die gesamte Gesellschaft<br />
gleichermaßen. Es gibt drei<br />
Bereiche, die einen besonders großen Einfluss<br />
darauf haben, wie Kinder und Jugendliche<br />
sich entwickeln: erstens die Erziehung<br />
und Sozialisierung von Kindern<br />
und Jugendlichen innerhalb der Familien,<br />
zweitens ihre Bildung in der Grundschule<br />
und in weiterführenden Schulen und<br />
drittens all das, was außerhalb von Schule<br />
und Familie Jugendliche als aktive und<br />
engagierte Bürger fördert. Diese drei Bereiche<br />
arbeiten bisher allerdings weitestgehend<br />
voneinander getrennt.<br />
Ein wichtiger Baustein ist Bildung im<br />
Allgemeinen. Dabei sollte Bildung aber<br />
mehr sein, als die bloße Vermittlung akademischen<br />
Wissens. Das zeigen auch<br />
Theorien und Studien zum Thema. Am<br />
meisten Wirkung zeigt ein ganzheitlicher<br />
Bildungsansatz, der von Familien, Schulen<br />
und der gesamten Gesellschaft getragen<br />
wird. Junge Menschen sollten darin<br />
unterstützt werden, ein gesundes, positives<br />
und produktives Leben innerhalb ihrer<br />
Familien, in der Berufswelt und in der<br />
Gesellschaft zu führen. Aber gesunde, positive<br />
und produktive Lebenswege sind<br />
nur dann wahrscheinlich, wenn die Entwicklung<br />
eines jungen Menschen alle<br />
Aspekte seiner persönlichen Eigenschaften<br />
und seines sozialen Umfelds umfasst: Familie,<br />
Freunde, Schule, Medien, die Gemeinschaft<br />
und die Gesellschaft.<br />
Gemeinsam mit Kollegen haben wir in<br />
den USA im Rahmen einer Studie mehr<br />
als 7.000 Jugendliche aus 42 US-Bundesstaaten<br />
der Klassen fünf bis zwölf und im<br />
Alter zwischen zehn und achtzehn Jahren<br />
begleitet. Wir stellten fest, dass eine positive<br />
Jugendentwicklung fünf Aspekte beinhaltet:<br />
Kompetenz, Vertrauen, Charakter,<br />
Fürsorge sowie Mitgefühl und soziale<br />
Bindungen zur Familie und zu<br />
Gleichaltrigen. Außerdem stellten wir fest,<br />
dass bei Jugendlichen, die, was diese<br />
Aspekte betrifft, ein hohes Niveau erreicht<br />
hatten, auch noch ein sechster hinzu kam:<br />
Beteiligung – in Familie, Schule und Ge-<br />
Bildungsthemen 1 | 2013 13
ENGAGIERT EUCH!<br />
„<br />
Susan Haidar,<br />
20 Jahre,<br />
Bundesfreiwillige<br />
Als ich erfahren habe,<br />
dass die <strong>Phorms</strong> Schule<br />
Frankfurt Bundesfreiwillige<br />
sucht, wollte<br />
ich die Stelle unbedingt haben.<br />
Ich habe nette neue Leute kennengelernt.<br />
Ich finde es gut, dass ich nicht<br />
nur mit Gleichaltrigen zu tun habe,<br />
sondern mit unterschiedlichen Altersgruppen.<br />
Man bekommt als Bundesfreiwillige<br />
zwar nicht besonders viel<br />
Geld, aber mir geht es vor allem darum,<br />
Erfahrungen zu sammeln.<br />
Meine Arbeit ist abwechslungsreich.<br />
In einigen Klassen mache ich Vertretung.<br />
Der Lehrer sagt mir vorher, was<br />
ich mit der Klasse machen soll. Ich<br />
teile zum Beispiel Arbeitsblätter aus,<br />
erkläre den Schülern die Aufgaben<br />
und helfe bei der Unterrichtsgestaltung.<br />
Im Moment mache ich die Urlaubsvertretung<br />
für unsere Soziallehrerin.<br />
Sie macht regelmäßig Förderunterricht<br />
für Schüler, die im<br />
normalen Unterricht etwas länger<br />
brauchen. Ich helfe den Schülern, ihre<br />
Aufgaben zu lösen, und beantworte<br />
ihre Fragen. Das bringt mir total<br />
Spaß, weil ich merke, die Schüler haben<br />
etwas davon. Sie fragen nach und<br />
lernen dadurch besser.<br />
Bevor ich den Bundesfreiwilligendienst<br />
bei <strong>Phorms</strong> angefangen habe,<br />
wusste ich nicht, dass ich so geduldig<br />
sein und mit Kindern so gut umgehen<br />
kann. Es gefällt mir, dass ich eine<br />
Menge Verantwortung übertragen<br />
bekomme. Ich weiß schon jetzt, dass<br />
ich nach dem Jahr hier Erziehungswissenschaften<br />
oder Lehramt studieren<br />
möchte.<br />
“<br />
Alle Infos zum Bundesfreiwilligendienst<br />
unter<br />
www.bundesfreiwilligendienst.de<br />
sellschaft. Nach der Hälfte der Schulzeit an<br />
Sekundarschulen manifestierte sich dieser<br />
sechste Baustein „Beteiligung“. Die Jugendlichen<br />
entwickelten sich zu aktiven<br />
und engagierten Bürgern der Gesellschaft.<br />
Sie nahmen verschiedene Bürgerrechte<br />
wahr, erfüllten Bürgerpflichten und pflegten<br />
soziale Kontakte in der Nachbarschaft.<br />
Es besteht also eine deutliche Beziehung<br />
zwischen einer positiven Entwicklung<br />
im Jugendalter und jungen, aktiven,<br />
engagierten Bürger.<br />
Ein aktiver und engagierter Bürger zu<br />
sein, bedeutet auch, sich positive Ziele zu<br />
setzen. Dazu gehören strategisches Denken,<br />
Führungsqualitäten, das Wissen, wie man<br />
sich Ressourcen aneignet, um sein Ziel zu<br />
verfolgen, und der Umgang mit Misserfolgen.<br />
Wir bezeichnen diese Reihe von Merkmalen<br />
als „intentionale Selbstregulierung“.<br />
Wer kognitiv, emotional und seinem Verhalten<br />
nach in der Schule engagiert ist und<br />
außerdem eine positive Einstellung zur Zukunft<br />
hat, wird sich vermutlich zu einem<br />
aktiven, engagierten Bürger entwickeln.<br />
Zusätzlich haben auch einzelne Aspekte<br />
der sozialen Lebenswelten von JugendlichenEinfluss<br />
auf die spätere Entwicklung<br />
zu einem aktiven, engagierten Bürger. Dazu<br />
gehören Angebote in der Schule, soziale<br />
Angebote der Gemeinde und Programme,<br />
die das Engagement in Schule<br />
und Gesellschaft miteinander verbinden,<br />
wie gemeinnützige Projekte. Darüber hinaus<br />
stellten wir fest, dass auch die Familie,<br />
Gleichaltrige, religiöse Einrichtungen<br />
und Medien Einfluss haben, besonders<br />
dann, wenn sie gut mit schulischen und<br />
außerschulischen Angeboten vernetzt<br />
sind. Wenn Jugendliche an sozialen Aktivitäten<br />
der Gemeinde wie beispielsweise<br />
„Service Learning“ (Lernen durch Engagement)<br />
teilnehmen oder Mitglied in Jugendverbänden<br />
wie zum Beispiel den<br />
Pfadfindern sind, oder soziale Angebote<br />
aus anderen Bereichen nutzen, steigert das<br />
die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich zu<br />
aktiven, engagierten Bürgern entwickeln.<br />
Auch Nachrichtenmedien haben einen positiven<br />
Einfluss, vor allem, wenn Jugendliche<br />
sich mit ihren Eltern über Politik<br />
austauschen oder mit Freunden über aktuelle<br />
Ereignisse diskutieren. Gerade die<br />
Familie ist immer noch der erste informelle<br />
Lernort. Wenn Eltern vorleben, wie<br />
man sich freiwillig engagiert, und die Familie<br />
am Küchentisch darüber diskutiert,<br />
ebnen Eltern ihren Kindern Wege, sich<br />
auch außerhalb der Schule an gemeinnützigen<br />
Projekten zu beteiligen. Eltern<br />
sind immer noch die wichtigsten Vorbilder.<br />
Sobald Kinder in der Lage sind zu<br />
beobachten, beginnt der Lernprozess.<br />
WER<br />
VERANT-<br />
WORTUNG<br />
TRÄGT,<br />
MERKT,<br />
DASS ER<br />
GEBRAUCHT<br />
WIRD<br />
Kurz gesagt legt unsere Studie eine Schlüsselstrategie<br />
zur Förderung von Jugendlichen<br />
zu aktiven, engagierten Bürgern nahe,<br />
nämlich mehrere Aspekte der sozialen<br />
Lebenswelt von Jugendlichen in<br />
Programmangeboten zu fördern. Lehrer<br />
und Fachkräfte von Programmen wie beispielsweise<br />
„Service Learning“ könnten<br />
daher Bürgerengagement bei Jugendlichen<br />
unterstützen, indem sie Lehrpläne entwickeln,<br />
die die individuellen Eigenschaften<br />
von Jugendlichen, die nötig sind,<br />
um aktive, engagierte Erwachsene zu werden,<br />
koordinieren. Wir sollten uns von<br />
der Vorstellung verabschieden, dass die<br />
Schule ein Ort ist, an dem man nur Lesen<br />
und Schreiben lernt. Denn Schule kann<br />
und sollte mehr sein, als in einem Klassenraum<br />
zu sitzen und eine theoretische<br />
Lektion durchzunehmen.<br />
Mit Hilfe der Service-Learning-Programme<br />
versuchen Schulen in abstrakten<br />
Fächern wie Mathematik, Englisch oder<br />
Naturwissenschaften eine sogenannte<br />
Service-Komponente einzubauen. Die<br />
Schüler lernen, ihr Wissen in realen Si-<br />
14 Bildungsthemen 1 | 2013
ENGAGIERT EUCH!<br />
Foto: Jan Iso Jürgens<br />
tuationen außerhalb der Schule anzuwenden.<br />
Zum Beispiel engagiert sich ein<br />
Schüler an zwei Nachmittagen in der Woche<br />
in einem Heim für obdachlose Kinder.<br />
Dort hat man nur ein sehr begrenztes<br />
Budget, um den Kindern Mahlzeiten<br />
zuzubereiten. Da erinnert sich der Schüler<br />
an die Hauswirtschaftskurse in der Schule,<br />
in denen er gelernt hat, was eine reichhaltige<br />
Mahlzeit beinhaltet und an den<br />
Mathe-Unterricht, aus dem er weiß, wie<br />
man ein Essen kalkuliert. Er hilft dieser<br />
Einrichtung mit seinem Wissen und vor<br />
allem den Kindern dort.<br />
Ein junger Mensch spürt so plötzlich,<br />
wie wertvoll sein Wissen sein kann, und<br />
sagt sich: Wenn ich noch mehr weiß, kann<br />
ich noch mehr verändern. So verlässt er<br />
die Haltung des konsumierenden Schülers.<br />
PROBEN FÜR DEN ERNSTFALL WENN KINDER<br />
GEMEINSAM MIT ANPACKEN, MERKEN SIE SCHNELL,<br />
WAS ES HEISST, VERANTWORTUNG ZU ÜBERNEHMEN,<br />
DASS OHNE TEAMWORK GAR NICHTS GEHT UND<br />
TROTZDEM JEDER EINZELNE ZÄHLT.<br />
Zwischen freiwilligem Engagement und<br />
schulischen Leistungen besteht tatsächlich<br />
ein direkter Zusammenhang, weil die<br />
Jugendlichen sehr schnell spüren, dass sich<br />
beides wechselseitig positiv beeinflusst.<br />
Bisher gibt es wenige integrierte Bildungspläne,<br />
die auf Bildungsangebote für<br />
die Förderung von Jugendentwicklung<br />
ausgerichtet sind, oder eine umfassende<br />
Eingliederung von formalen und informellen<br />
Bildungsangeboten mit dem Ziel,<br />
positive Jugendentwicklung zu fördern.<br />
Unsere Studie verweist aber auch darauf,<br />
dass sich bei Jugendlichen die fünf<br />
Bausteine Kompetenz, Vertrauen, Charakter,<br />
Fürsorge sowie Mitgefühl und soziale<br />
Bindungen manifestieren, wenn sie<br />
an Jugendentwicklungsprogrammen teilnehmen,<br />
die bestimmte Aspekte berücksichtigen.<br />
Dazu zählen erstens der Aufbau<br />
kontinuierlicher, positiver Beziehungen<br />
zwischen Erwachsenen und Jugendlichen,<br />
zum Beispiel durch effektive Mentorenschaften;<br />
zweitens Aktivitäten, die bestimmte<br />
Fähigkeiten fördern wie zum Beispiel<br />
Bildungsangebote, die die an anderer<br />
Stelle bereits erwähnten intentionalen<br />
Selbstregulierungsfähigkeiten fördern;<br />
und drittens die Partizipation von Jugendlichen<br />
an sinnvollen Aktivitäten und<br />
die Leitung solcher Aktivitäten in der Familie,<br />
Schule und Gemeinde.<br />
SCHULE MUSS MEHR<br />
ALS NUR AKADEMISCHES<br />
WISSEN VERMITTELN<br />
Kurz gesagt wird aufgrund der vorliegenden<br />
Forschung deutlich, dass Bildungsangebote,<br />
die die Entwicklung Jugendlicher<br />
hin zu aktiven, engagierten Bürgern fördern<br />
können, bisher rar sind, ob es sich<br />
nun um solche innerhalb oder außerhalb<br />
der Schulzeiten handelt oder um formale<br />
oder informelle Angebote. Deshalb sollten<br />
verstärkt Lehrpläne entwickelt werden, die<br />
diese Defizite beheben. Wichtig ist, hierbei<br />
zu beachten, dass die Stärken von jungen<br />
Menschen in Verbindung mit den sozialenRessourcen<br />
durch die gesamte Jugendzeit<br />
auf eine gesunde Entwicklung in ihren<br />
Familien, in den Schulen und in der Gesellschaft<br />
ausgerichtet werden.<br />
Die grundsätzliche Frage lautet doch:<br />
Wie setzen wir Bildung ein – sowohl formale<br />
als auch informelle – um Jugendliche<br />
darin zu fördern, sich zu aktiven und<br />
engagierten Bürgern zu entwickeln,<br />
während wir gleichzeitig soziale Gerechtigkeit,<br />
Demokratie und Freiheit fördern<br />
Zusammengefasst glauben wir, dass Forscher,<br />
Strategieplaner, Fachkräfte und<br />
Lehrer die von uns empfohlenen Veränderungen<br />
in formalen und informellen<br />
Bildungssystemen einleiten und danach<br />
die Ergebnisse auswerten sollten. Die so<br />
gewonnenen Informationen könnten<br />
vielleicht die am Anfang genannte „wirklich<br />
große Frage“ beantworten. Die Diskussion<br />
und Beantwortung dieser Frage<br />
wird es Generationen von Jugendlichen<br />
ermöglichen, in einer friedlichen und<br />
produktiven Welt nach ihren eigenen<br />
Vorstellungen zu leben.<br />
Bildungsthemen 1 | 2013 15
ENGAGIERT EUCH!<br />
EINE EINS IN<br />
MATHE IST<br />
NICHT ALLES<br />
Denn nur gute Noten helfen Schülern wenig, wenn sie nicht lernen,<br />
die Theorie in die Praxis umzusetzen. Bei Lernen durch Engagement<br />
geht es um die Verknüpfung von theoretischen Lerninhalten und einem<br />
gemeinnützigen Dienst – Motivationsschub garantiert<br />
von Silke Brandt<br />
Mathe, Deutsch, Chemie, Physik und<br />
Biologie sind ohne Frage wichtige Fächer,<br />
stehen aber sicher nicht bei allen Schülern<br />
hoch im Kurs. Und dass eine lebendige<br />
Zivilgesellschaft wichtig für die Demokratie<br />
ist, lernen Schüler vielleicht noch in<br />
Sozialkunde. Bei Lernen durch Engagement<br />
verbinden sich diese Bereiche miteinander.<br />
Die trockene Theorie wird in<br />
einem gemeinnützigen Projekt direkt angewendet.<br />
Was die Schüler dabei lernen,<br />
ist mehr, als dass es schön ist, anderen zu<br />
helfen. Sie merken, dass das, was sie in der<br />
Schule büffeln, einen echten praktischen<br />
Nutzen haben kann: wie man ein Projekt<br />
richtig plant, wie Teamwork funktioniert,<br />
wie man seine eigenen Ideen einbringen<br />
kann und was es heißt, Verantwortung zu<br />
übernehmen. Michael Strehler, Schulleiter<br />
des Kaiser-Heinrich-Gymnasiums in<br />
Bamberg, ist vom Service-Learning überzeugt:<br />
„Wenn die Schüler in der neunten<br />
Klasse ein Projekt planen, wissen sie<br />
zunächst gar nicht so genau, was sie machen<br />
sollen. Aber das ist genau das, was sie<br />
nachher auch in der Wirtschaft vorfinden.<br />
Da gibt’s dann ein Projekt, das müssen<br />
sie angehen. Der Chef sagt: ‚Bildet mal<br />
ein Team und überlegt Euch, wie ihr das<br />
Problem löst. Nachher will ich wissen ob<br />
es geklappt hat.‘ Das ist der ganz normale<br />
Arbeitsalltag und das lernen die Schüler<br />
beim Service-Learning auch.“ Das Kaiser-<br />
Heinrich-Gymnasium war eine der ersten<br />
Schulen im bundesweiten Netzwerk für<br />
Service-Learning, das von der Freudenberg<br />
Stiftung gefördert und koordiniert<br />
wird. „Für mich ist die Mitwirkung hier<br />
ganz wichtig, denn wir brauchen bürgerschaftliches<br />
Engagement und ein lebendiges<br />
Demokratieverständnis für unsere<br />
Gesellschaft. Die Schüler sollen lernen,<br />
welchen Mehrwert Engagement hat, und<br />
das können sie eigentlich nur in der Schule“,<br />
ist Michael Strehler überzeugt.<br />
Was die Freudenberg Stiftung unter<br />
dem Namen Lernen durch Engagement<br />
in den letzten elf Jahren in Deutschland<br />
etabliert hat, ist in den USA schon sehr viel<br />
länger als Service-Learning bekannt und<br />
etabliert. „Eine ehemalige Mitarbeiterin<br />
der Freudenberg Stiftung, Prof. Dr. Anne<br />
Sliwka, hat Service-Learning Ende der<br />
1990er Jahre in den USA kennengelernt<br />
und sich überlegt, dass das auch in<br />
Deutschland funktionieren könnte. 2001<br />
ist dann ein erster Pilotversuch mit zehn<br />
Schulen gestartet, der sehr positiv ausfiel“,<br />
erzählt Carla Gellert, stellvertretende Programmleiterin<br />
für das Programm Lernen<br />
durch Engagement – Service-Learning der<br />
Freudenberg Stiftung. 2002 startete die<br />
Bund-Länder-Kommission das Projekt<br />
Demokratie lernen und leben. Auch Service-Learning<br />
war Teil des Programms.<br />
„Nachdem dieses Modellvorhaben 2007<br />
abgeschlossen war, hat die Freudenberg<br />
Stiftung gesagt: ‚Ja, das hat wirklich Potential.<br />
Man kann dieses Konzept Service-<br />
Learning nach Deutschland übertragen.<br />
Die Schulen nehmen das Programm an.<br />
Wir haben gute Erfahrungen gemacht und<br />
führen das als richtiges Programm weiter<br />
fort“, berichtet Carla Gellert. Seitdem<br />
wächst das Netzwerk, in dem sich Schulen<br />
und regionale Partner in mittlerweile<br />
14 Bundesländern beteiligen.<br />
Justus Rauschen und Till Irmisch sind<br />
beide 16 Jahre alt und besuchen die zehnte<br />
Klasse des Kaiser-Heinrich-Gymnasiums<br />
in Bamberg. Im letzten Schuljahr ha-<br />
16 Bildungsthemen 1 | 2013
ENGAGIERT EUCH!<br />
Foto: Jan Iso Jürgens<br />
WISSENSTRANSFER WENN LEBENS-<br />
WEISHEIT UND JUGENDLICHER LEICHTSINN<br />
AUFEINANDERTREFFEN, ENTSTEHT VIELLEICHT<br />
DIE PERFEKTE MISCHUNG. JUNG UND ALT<br />
PROFITIEREN VONEINANDER, WENN SICH<br />
BEIDE AUFEINANDER EINLASSEN.<br />
Bildungsthemen 1 | 2013 17
ENGAGIERT EUCH!<br />
Janina König,<br />
Lehrerin,<br />
<strong>Phorms</strong> Campus<br />
Hamburg<br />
„<br />
Jedes Jahr zu<br />
Weihnachten gibt<br />
es bei uns den<br />
Weihnachtsbasar.<br />
Die Vorbereitungen starten<br />
aber schon viel früher. Die<br />
Schülerinnen und Schüler zeigen<br />
dann immer vollen Einsatz.<br />
In mühsamer Arbeit basteln<br />
sie viele schöne Dinge, die<br />
dann auf dem Basar verkauft<br />
werden. Weil alle gemeinsam<br />
mit anpacken, haben alle Spaß<br />
dabei. Und wenn dann noch so<br />
ein großartiges Ergebnis wie in<br />
diesem Jahr entsteht, hat sich<br />
die Arbeit auf jeden Fall gelohnt.<br />
3000 Euro sind zusammengekommen.<br />
Der Betrag,<br />
der erwirtschaftet wird,<br />
kommt jedes Jahr anderen Projekten<br />
zugute. In diesem Jahr<br />
unterstützt der <strong>Phorms</strong> Campus<br />
Hamburg zu gleichen Teilen<br />
die Kinderkrebshilfe Hamburg<br />
und die Kinderhilfsorganisation<br />
Steps for Children.<br />
“<br />
BART AB WÄHREND DES „ MOVEMBER“<br />
IM NOVEMBER LASSEN SICH MÄNNER WELT-<br />
WEIT EINEN BART STEHEN UND STÄRKEN SO<br />
DAS BEWUSSTSEIN FÜR PROSTATAKREBS.<br />
BEI DER RASIERAKTION IN DER KITA HELFEN<br />
DIE KINDER MIT UND LERNEN SPIELERISCH<br />
ETWAS ÜBER MÄNNERGESUNDHEIT.<br />
ben sie für eine Woche die Seiten gewechselt<br />
und an einer Grundschule unterrichtet.<br />
Bevor sie in die Lehrerrolle geschlüpft<br />
sind, haben sie das Projekt allerdings<br />
im Rahmen des Deutschunterrichts<br />
akribisch vorbereitet. „In der ersten Phase<br />
haben wir uns in Gruppen mit vier bis<br />
fünf Leuten zusammengefunden. In der<br />
zweiten Phase haben wir uns in unserer<br />
Umgebung umgeschaut und eine Einrichtung<br />
gesucht, in der wir uns engagieren<br />
können, die auch Bedarf hat. Wir haben<br />
dann Kontakt aufgenommen und ein<br />
Vorstellungsgespräch vereinbart. Das war<br />
dann auch die dritte Phase, in der wir vor<br />
Ort waren und geschaut haben, wie es<br />
dort aussieht“, berichtet Till. Damit beschreibt<br />
er genau die Phasen, die Lernen<br />
durch Engagement vorsieht. Justus erinnert<br />
sich noch gut an die Planungen: „Wir<br />
mussten uns das Programm selbst überlegen<br />
und das Ganze dann zu Papier bringen.<br />
Unsere Lehrerin hat am Ende noch<br />
einmal drüber geschaut, ob es so passt<br />
oder ob wir vielleicht etwas ganz anders<br />
machen müssen. Aber eigentlich waren<br />
wir schon relativ frei in dem, was wir machen<br />
konnten.“ Ein wichtiger Teil des Programms<br />
ist, dass die Schüler alle Schritte,<br />
die sie machen, genau dokumentieren,<br />
vom Brainstorming über die Engagementmöglichkeiten<br />
bis zur Planung des<br />
konkreten Projektvorhabens.<br />
PROJEKTMANAGEMENT<br />
GEHÖRT ZUM<br />
ARBEITSALLTAG<br />
Jeden Unterrichtstag hat die Gruppe dann<br />
dokumentiert und ausgewertet, welche<br />
Methoden funktioniert haben und welche<br />
nicht. Justus sagt, er habe vor allem gelernt,<br />
strukturierter zu arbeiten: „Ich habe<br />
gemerkt, dass man alles sehr genau<br />
durchplanen muss und nicht einfach<br />
drauflos machen kann.“ Eine Woche lang<br />
Grundschüler in Fächern wie Mathe,<br />
Deutsch, Musik oder Sport zu unterrichten,<br />
so viel Verantwortung zu übernehmen,<br />
war für die Jugendlichen eine große<br />
Herausforderung.„Ich habe gelernt zu im-<br />
Foto: Andrea Usison<br />
18 Bildungsthemen 1 | 2013
ENGAGIERT EUCH!<br />
provisieren, wenn etwas nicht so gelaufen<br />
ist, wie wir es uns vorgestellt haben.<br />
Das haben wir im Musikunterricht gemerkt,<br />
als die Schüler einfach nicht mitmachen<br />
wollten. Da mussten wir uns dann<br />
etwas einfallen lassen“, sagt Till.<br />
Damit Lernen durch Engagement auch<br />
für alle Beteiligten einen Mehrwert bietet,<br />
WICHTIGE<br />
SPUREN<br />
SCHON IN<br />
DER SCHULE<br />
LEGEN<br />
hat die Freudenberg Stiftung Qualitätsstandards<br />
ausgearbeitet. Das Vorhaben ist<br />
immer an ein oder auch mehrere Unterrichtsfächer<br />
inhaltlich angegliedert. „Es<br />
geht nicht darum, dass Service-Learning<br />
etwas Zusätzliches ist, dass die Schüler sich<br />
auch noch engagieren sollen, sondern es<br />
ist zentraler Teil des Unterrichts. Service-<br />
Learning ist als Lehr- und Lehrform eine<br />
andere didaktische Art und Weise, das<br />
Wissen zu vermitteln. Es soll nicht weniger<br />
Mathe vermittelt werden, sondern einfach<br />
anschaulicher durch die Praxisverknüpfung<br />
und das eigene Handeln“, erklärt<br />
Carla Gellert. Die Schüler sollen<br />
vorab Bedarfe in ihrer Gemeinde recherchieren,<br />
das Vorhaben planen und – je<br />
nach Alter und Fähigkeiten – so selbständig<br />
wie möglich agieren. Die Lehrkraft<br />
steht den Schülern begleitend zur Seite,<br />
hilft weiter, wenn es stockt, und reflektiert<br />
regelmäßig mit den Schülern über<br />
die gemachten Erfahrungen und stellt den<br />
Bezug zu den Lernzielen her.<br />
Schulen, die Lernen durch Engagement<br />
umsetzen, profitieren von einer externen<br />
Prozessbegleitung, da die Lehr- und Lernform<br />
für Lehrkräfte mit einigen pädagogischen<br />
Herausvorderungen verbunden<br />
ist. So entstand das Modell von regionalen<br />
Partnern, sogenannten LdE-Kompetenzzentren,<br />
die die Schulen unterstützen.<br />
Diese Kompetenzzentren sind zivilgesellschaftliche<br />
Akteure wie Bürgerstiftungen,<br />
Freiwilligenagenturen oder ähnliche Einrichtungen,<br />
die vor Ort Schulen bei der<br />
Duchführung begleiten und Lehrkräften<br />
Fortbildungen und Austausch anbieten.<br />
Die Projekte, die seitdem entstanden,<br />
sind beeindruckend. Eine Hamburger<br />
Klasse plante eine Grünflächengestaltung<br />
in Kooperation mit dem Bezirksamt.<br />
Michael Strehler erzählt, dass im Rahmen<br />
mehrerer Service-Learning-Projekte des<br />
Kaiser-Heinrich-Gymnasiums für den<br />
Denkmalschutz in Bamberg in den letzten<br />
zehn Jahren eine viertel Million Euro<br />
zusammengekommen sind. Es geht auch<br />
eine Nummer kleiner. Viele Schüler engagieren<br />
sich in Altenheimen und Kitas<br />
in ihrer Umgebung oder legen einen Gemeinschafts-Garten<br />
in ihrem Viertel an.<br />
Wichtig bei Lernen durch Engagement ist,<br />
dass das Engagement der Schüler auf reale<br />
Bedarfe reagiert und mit Unterrichtsinhalten<br />
verknüpft wird, dass die Schüler<br />
an der Planung und Durchführung beteiligt<br />
sind und sich mit ihren Stärken und<br />
Ideen einbringen und dadurch einen Motivationsschub<br />
erfahren.<br />
„Eines unserer Ziele ist es, Service-Learning<br />
in der Lehrerausbildung zu verankern“,<br />
sagt Carla Gellert. „Je eher man als<br />
Lehramtsstudierender oder als Referendar<br />
diese Lehr- und Lernform kennenlernt<br />
und bestenfalls sogar ausprobiert,<br />
desto eher setzt man sie als Lehrer auch<br />
um.“ In Sachsen-Anhalt und Hamburg<br />
ist Service-Learning schon Teil der Referendarausbildung.<br />
Auch Micheal Strehler<br />
setzt sich dafür ein, dass Lernen durch<br />
Engagement in Bayern etabliert wird. An<br />
seinem Gymnasium ist das Service-Learning<br />
in der neunten Klasse fester Bestandteil,<br />
obwohl so ein Projekt in Bayern<br />
erst ab Klasse elf vorgesehen ist – für<br />
Strehler viel zu spät. „Die haben nach der<br />
elften Klasse noch ein Jahr und dann sind<br />
sie raus aus der Schule. Wenn man aber<br />
schon vorher anfängt, Spuren zu legen,<br />
dann wird es vielleicht zur gesellschaftlichen<br />
Normalität, sich zu engagieren.“<br />
Mehr zu Service-Learning – Lernen durch<br />
Engagement und dem bundesweiten<br />
Netzwerk unter: www.service-learning.de<br />
Christiane Möller,<br />
Lehrerin,<br />
<strong>Phorms</strong> Campus<br />
München<br />
„„In die Partnerschaft<br />
mit einer<br />
Schule in Togo sind<br />
unsere Schüler intensiv eingebunden.<br />
Es geht vor allem darum,<br />
dass die Schüler sich auf<br />
Augenhöhe begegnen und von<br />
dem jeweils anderen etwas<br />
über die Traditionen, die Lebensgewohnheiten<br />
und die Kultur<br />
lernen. Mit dem Projekt<br />
„deutsch-afrikanisches Märchenbuch“<br />
haben wir den 4.<br />
Platz beim Schulwettbewerb<br />
des Bundespräsidenten zur Entwicklungspolitik<br />
2011/12 gewonnen.<br />
Die deutschen Schüler illustrierten<br />
ihr liebstes deutsches<br />
Märchen. Diese Bilder wurden<br />
nach Afrika geschickt und die<br />
togoischen Kinder verfassten zu<br />
dem für sie unbekannten Märchen<br />
einen Text. Anschließend<br />
malten diese zu ihrem liebsten<br />
afrikanischen Märchen und die<br />
deutschen Schüler erfanden im<br />
Gegenzug ihre Märchenversion.<br />
Das Buch, das wir daraus druckten,<br />
verkauften wir auf Sommerfesten.<br />
Mit dem Erlös ermöglichen<br />
wir 18 Kindern den<br />
Schulbesuch an der Schule in<br />
Togo. Ideal wäre es natürlich,<br />
wenn sich die Schüler auch gegenseitig<br />
besuchen könnten.<br />
Vielleicht in ein paar Jahren,<br />
wenn unsere Schüler etwas älter<br />
sind.“<br />
“<br />
Bildungsthemen 1 | 2013 19
ENGAGIERT EUCH!<br />
Letzten Sommer habe ich eine Reise<br />
unternommen, in ein Land und auf einen<br />
Kontinent, von denen ich niemals gedacht<br />
hätte, dass ich sie einmal sehen oder<br />
besuchen würde. Ich bin nach Namibia<br />
in Afrika geflogen. Ich heiße Erik Barrett,<br />
bin siebzehn Jahre alt und komme ursprünglich<br />
aus Tampa im amerikanischen<br />
Bundesstaat Florida. Bis ich sechzehn war,<br />
bin ich in den USA aufgewachsen. Dann<br />
zog ich mit meinen Eltern nach Deutschland<br />
und besuche jetzt die Heidelberg International<br />
School. Bevor ich nach<br />
Deutschland kam, war ich nur ein- oder<br />
zweimal im Ausland, im Urlaub in Mexiko.<br />
Dann bekam ich, der Teenager aus einer<br />
amerikanischen Kleinstadt, die Chance,<br />
eine Reise ins tiefste Afrika zu unternehmen<br />
– und was für eine!<br />
Während des Sommers war ich mit Make<br />
Change Possible e.V. (MCP), einer Organisation,<br />
die ich über die Schule kennengelernt<br />
habe, in Namibia. Die Schule<br />
gab ein Abendessen für MCP, bei dem<br />
Schüler, die im letzten Jahr dabei waren,<br />
und die erwachsene Begleiterin, Monika<br />
Handwerker, von ihren Erlebnissen und<br />
Aktivitäten erzählten. Mir war sofort klar,<br />
dass ich auch dorthin wollte, und ich meldete<br />
mich gleich an. Trotzdem war mir bei<br />
der Abreise noch gar nicht bewusst, worauf<br />
ich mich da wirklich eingelassen hatte.<br />
Schon bei der Anmeldung für das Projekt<br />
sagte man uns, dass ein Haufen Arbeit<br />
auf uns wartet. Es würde eine Menge<br />
Arbeit sein, Geld zu sammeln, und die<br />
Reisevorbereitung war auch nicht einfach,<br />
vor allem weil ich überhaupt nicht wusste,<br />
was ich dort tun sollte. Ich war mir<br />
nicht darüber im Klaren, welche Art von<br />
Arbeit mir liegt, abgesehen davon, dass es<br />
körperliche Arbeit sein sollte. Ich hatte in<br />
Amerika zu Thanksgiving schon einmal<br />
bei einem Obdachlosenasyl ausgeholfen.<br />
Das war aber auch das Einzige. Nachdem<br />
ich aber von der Vorschule in Mayana hörte,<br />
davon, dass die Klassenzimmer dort zu<br />
klein sind und in den Zimmern zudem<br />
noch viele Materialien wie Bücher und<br />
Tische aufbewahrt werden mussten, wusste<br />
ich, dass ich beim Bau eines Lagerraums<br />
für die Schule mithelfen will.<br />
Am 30.6.2012 stieg ich also in das Flugzeug<br />
nach Windhuk in Namibia. Dort verbrachte<br />
ich den Rest des Tages und die<br />
folgende Nacht, um mich am nächsten<br />
Morgen nach Mayana aufzumachen, eine<br />
etwa zehnstündige Autofahrt von<br />
Windhuk entfernt. Von Mayana sind es<br />
ungefähr zwanzig Kilometer nach Rundu,<br />
dem nächsten Ort mit ein paar Lebensmittelgeschäften.<br />
Ich hatte keine<br />
Vorstellung, was mich in Bezug auf die<br />
Landschaft, die Menschen, die Sehenswürdigkeiten,<br />
meine Arbeit dort unten<br />
und die Lebensbedingungen erwarten<br />
SCHUFTEN<br />
STATT<br />
CHILLEN<br />
Während andere den Sommer im Freibad<br />
verbrachten, mischte Erik Zement mit den<br />
Händen. Unter der sengenden Sonne Namibias<br />
lernte er dabei nicht nur viel über das Land und<br />
die Menschen, sondern auch über sich selbst<br />
von Erik Barrett<br />
würde. Da ich tatsächlich nicht wusste,<br />
was micherwartete, konnte ich mich auch<br />
nicht darauf vorbereiten. Meine Vorbereitung<br />
beschränkte sich darauf mir zu<br />
sagen: „Hey, du fliegst nach Afrika, dort<br />
wartet Arbeit auf dich!“<br />
Am nächsten Morgen brachen wir zu<br />
unserer Fahrt nach Windhuk auf, auf den<br />
geradesten Straßen die ich je gesehen habe.<br />
Sie waren nicht nur gerade, sie zogen<br />
sich auch bis zum Horizont. Man nennt<br />
Namibia das Land der Weite, und tatsächlich<br />
ist es das weiteste Land in dem ich je<br />
gewesen bin.<br />
Nachdem wir auf unserer Reise durch<br />
die Kalahari „das Tor“ passiert hatten, änderte<br />
sich das Landschaftsbild völlig. Auf<br />
einmal konnte man nicht mehr kilometerweit<br />
in jede Richtung sehen, sondern nur<br />
noch entlang der Straße, nach hinten und<br />
nach vorne, so dicht wuchs die Vegetation<br />
zu beiden Seiten. Die Bäume und die an-<br />
20 Bildungsthemen 1 | 2013
ENGAGIERT EUCH!<br />
Foto: privat<br />
deren Pflanzen waren hier wesentlich grüner<br />
und vitaler und es wohnten viel mehr<br />
Menschen hier. Wir sahen Kinder auf ihrem<br />
Weg zur Schule, auf dem Weg zum nächsten<br />
Wasserloch, um Wasser für die Familie<br />
zu holen, Kinder die Ried oder Dachstroh<br />
mit sich trugen, um daheim das Dach<br />
zu flicken. Die Häuser sahen ganz anders<br />
aus, als wir uns normalerweise Häuser vorstellen.<br />
Die Wände bestanden aus einer Art<br />
Putz, hergestellt aus einer Mischung aus<br />
Kuhdung und Wasser, die Dächer aus dichtgepacktem<br />
Stroh. Die Menschen, die in<br />
diesen Häusern leben, bringen den Winter,<br />
die Trockenzeit, damit zu, die Schäden<br />
vom vorigen Sommer und der Regenzeit, zu<br />
beheben. Die Kinder, die diese Arbeiten verrichten,<br />
müssen obendrein zu Fuß zur<br />
Schule gehen, die oft mehr als fünf oder<br />
sechs Kilometer entfernt ist. Viele der Kinder<br />
haben keine richtigen Schuhe, und<br />
manche müssen nicht nur ihre Schulsachen<br />
tragen, sondern auch noch ihre kleinen Geschwister.<br />
Das alles hat mir wirklich die<br />
Augen geöffnet für die enormen Unterschiede<br />
zwischen unseren Lebensumständen<br />
und denen der Menschen dort.<br />
Nach zehnstündiger Autofahrt kamen<br />
wir dann zur großen Freude aller endlich<br />
in Mayana an, wo wir unser Lager aufschlugen.<br />
Am nächsten Tag begannen wir dann<br />
mit der Arbeit, und die hat einen Riesenspaß<br />
gemacht. Mein Hauptprojekt war die<br />
Schule mit dem Lagerraum, aber ich habe<br />
auch bei anderen Projekten ausgeholfen,<br />
zum Beispiel bei verschiedenen Sportveranstaltungen.<br />
Beim Mayana Midwinter<br />
Challenge, einem Halbmarathon, war<br />
es meine wichtigste Aufgabe, die Läufer an<br />
der ersten Verpflegungsstation, ungefähr<br />
zwei Kilometer nach dem Start, mit Wasser<br />
zu versorgen. Bei der Winterolympiade<br />
für Kinder unter vierzehn Jahren unterstützte<br />
ich die beiden Organisatoren<br />
Nik und John beim reibungslosen Ablauf<br />
an den einzelnen Stationen und sorgte<br />
auch dafür, dass alle Freiwilligen sich auf<br />
ihre Aufgaben konzentrierten und nicht<br />
abgelenkt wurden. Nach dem Ende der<br />
Veranstaltung half ich auch bei der<br />
Essensausgabe für die Kinder.<br />
„HEY, DU FLIEGST NACH<br />
AFRIKA – DORT WARTET<br />
ARBEIT AUF DICH.“<br />
Am ersten Tag machte ich mich auf den<br />
Weg zur Vorschule in Mayana, um die<br />
Schule und die Arbeit, die mich erwarten<br />
würde, in Augenschein zu nehmen. Ich sah<br />
sofort, dass auf meinen Freund Neil und<br />
mich eine Menge Arbeit wartete. Mir war<br />
klar, ich würde all meine Motivation brauchen,<br />
um diese Aufgabe zu bewältigen.<br />
Aber schließlich können Kinder nicht in<br />
einem unordentlichen und zugestellten<br />
Klassenzimmer sitzen und optimal lernen,<br />
und so fühlte ich, dass ich helfen<br />
musste, die besten Voraussetzungen für<br />
eine gute Schulausbildung zu schaffen.<br />
Am ersten Tag hat Monika mich im Auto<br />
mitgenommen, weil ich den Weg noch<br />
nicht kannte. Danach aber lief ich jeden<br />
Tag zur Baustelle für den neuen Lagerraum.<br />
Der Weg war ungefähr zwei Kilometer<br />
lang und führte durch eine Ebene,<br />
die im Sommer unter Wasser steht, aber<br />
im Winter als Straße genutzt werden kann.<br />
Die „Straße“ besteht aus Sand. Zu beiden<br />
Seiten des Pfads gibt es Pflanzen, dazu jede<br />
Menge Ochsen und verschiedene Vogelarten.<br />
Während meiner Arbeit an dem<br />
Lagerraum, der zwischen den einzelnen<br />
Klassenzimmern lag, lernte ich viele neue<br />
Fertigkeiten. Die Arbeit war hart, denn<br />
wir hatten nicht die gleichen Mittel zur<br />
Verfügung wie zuhause. So hatten wir keinen<br />
Strom für Elektrowerkzeuge, alles<br />
musste von Hand erledigt werden. Ich<br />
lernte, wie man mit und ohne Maschine<br />
Zement mischt, wie man eine Wand verputzt,<br />
wie man richtig und gerade mauert<br />
und vor allem wie man improvisiert,<br />
wenn es darauf ankommt, wenn zum Beispiel<br />
ein Ziegelstein nicht passen will. Einfach<br />
einen größeren Stein passend machen.<br />
Auf dieser Reise lernte ich aber nicht<br />
nur viele nützliche handwerkliche Fertigkeiten,<br />
sondern auch viel über mich selbst.<br />
Ich lernte, dass es die Menschen sind,<br />
die einen Ort ausmachen, nicht die materiellen<br />
Dinge dort. Alle Orte bestehen<br />
im Wesentlichen aus den gleichen Dingen:<br />
aus Gebäuden, Menschen, Essen und<br />
Wasser. Egal wohin einen die Reise führt,<br />
kann man die Dinge finden, die man zum<br />
Überleben braucht: Ein Dach über dem<br />
Kopf, Essen, Wasser. Richtig glücklich sein<br />
kann man aber erst, wenn man die Menschen<br />
dort kennenlernt. Die Menschen in<br />
Afrika haben nicht einen Bruchteil dessen,<br />
was ich von zuhause gewohnt bin. Wir<br />
haben Handys, große Mahlzeiten, ein weiches<br />
Bett für die Nacht und leben überhaupt<br />
im Überfluss. Die Menschen dort<br />
haben keine Schuhe; nicht jeder hat ein<br />
Handy; nicht immer steht ein Essen auf<br />
dem Tisch, und viele haben nicht einmal<br />
die Materialien für die Schule. Trotzdem<br />
sind die Menschen glücklich, glücklicher<br />
als die meisten Leute, die ich zuhause kenne.<br />
Ich habe gelernt, dass es nicht die Dinge<br />
sind, die wir besitzen, die uns zu dem<br />
machen, was wir sind, sondern vielmehr<br />
unser Verhalten und unsere Einstellung.<br />
Meine Erlebnisse in Namibia werden<br />
mir für den Rest meines Lebens im Gedächtnis<br />
bleiben. Meine Afrikareise hat<br />
mir bewusst gemacht, dass ich Menschen<br />
wirklich sehr mag, und dass ich ihnen helfen<br />
möchte so gut ich kann. Ich möchte<br />
Psychologe werden und mit Menschen arbeiten.<br />
Und ich hoffe ehrlich, dass jeder die<br />
Chance bekommt, so wie ich auf eine Reise<br />
zu gehen und Menschen zu helfen. Das<br />
ist ein Erlebnis, das bleibt, und eines, das<br />
einen Menschen verändern kann, das einem<br />
bewusst macht, was man im Leben<br />
wirklich will und braucht.<br />
Bildungsthemen 1 | 2013 21
ENGAGIERT EUCH!<br />
EINE UNGLAUBLICHE<br />
ERFOLGSSTORY<br />
Seit 20 Jahren engagiert sich der Verein „Schüler Helfen Leben“<br />
auf dem Balkan – die Geschichte der Organisation ist ein<br />
beeindruckendes Beispiel dafür, was Kinder und Jugendliche aus<br />
eigener Kraft bewegen können, wenn sie nur wollen<br />
Von Yasemin Ergin<br />
Das Elend ist allgegenwärtig in der trostlosen<br />
Barackensiedlung am Rande der<br />
Stadt: Spärlich bekleidete Kinder spielen<br />
im Dreck, eine Gruppe junger Männer<br />
sitzt träge im Schatten und spielt Karten,<br />
eine alte, zahnlose Frau hockt auf dem<br />
Boden und sortiert schmutzige Pfandflaschen.<br />
Das Roma-Viertel von Bijeljina im<br />
Nordosten Bosniens ist einer dieser Slums,<br />
die es an vielen Orten auf dem Balkan<br />
gibt und die daran erinnern, wie viel Armut<br />
mitten in Europa heute noch möglich<br />
ist. Es ist einer der Einsatzorte der<br />
deutschen Abiturientin Tasnim Hanachi,<br />
die gerade als Freiwillige des Vereins<br />
Schüler Helfen Leben (SHL) bei der von<br />
SHL unterstützten regionalen Hilfsorganisation<br />
Otaharin arbeitet. Regelmäßig<br />
verteilt sie hier Kleidung, Lebensmittel<br />
und Schulbedarf. Die Hilfspakete sind die<br />
„Währung“ in einer Art Tauschhandel:<br />
Nur die Familien, die ihre Kinder zur<br />
Schule schicken, werden unterstützt, wer<br />
seine Kinder stattdessen zum Betteln oder<br />
Arbeiten schickt, dem wird die Hilfe sofort<br />
gestrichen. Die Erfolge sind messbar,<br />
wie Tasnim berichtet: „In den letzten Jahren<br />
hat sich die Zahl der Roma-Kinder,<br />
die zur Schule gehen, mehr als verzehnfacht,<br />
und das ist nur dem Einsatz von<br />
Otaharin und Schüler Helfen Leben zu<br />
verdanken!“<br />
Tasnim, im Iran geboren und in Köln aufgewachsen,<br />
lebt seit über einem Jahr in Bijeljina.<br />
Ihren Auslandseinsatz hat sie nach<br />
Ablauf ihres Freiwilligen Sozialen Jahres<br />
verlängert, weil das Jugendzentrum, das sie<br />
hier aufgebaut hat, gerade erst eingeweiht<br />
wurde. Stolz führt sie durch den nagelneuen<br />
Raum. In den Regalen türmen sich Spiele<br />
und Bücher, eine der Wände ist komplett<br />
verspiegelt, weil die Roma-Jugendlichen,<br />
die in mehreren Workshops an der<br />
Planung des Zentrums beteiligt wurden,<br />
sich das so gewünscht hatten, damit sie<br />
nach den Hausaufgaben Hip-Hop tanzen<br />
können. Eine Bruchbude ohne Türen und<br />
ohne richtigen Fußboden sei der Raum vorher<br />
gewesen, erzählt Tasnim, und zu sagen,<br />
man habe hier „renoviert“, sei eigentlich<br />
noch untertrieben,„weil hier vorher einfach<br />
gar nichts war.“ Nun habe sie ihr Ziel erreicht,<br />
nämlich einen Ort für Roma-Jugendliche<br />
zu schaffen, an dem sie in Ruhe<br />
lernen und ihre Freizeit gestalten können.<br />
Eine ziemlich große Leistung für eine 20-<br />
Jährige und doch typisch für das, was Jugendliche<br />
bei SHL alles so hinbekommen:<br />
„Weil die ihren Freiwilligen einfach total<br />
viele Möglichkeiten geben, sich zu entfalten,<br />
und eine Sache, die das beweist, ist das<br />
Freiwilligenprojekt, das SHL jedem Auslandsfreiwilligen<br />
ermöglicht – und das hier<br />
ist eben mein Freiwilligenprojekt.“<br />
Das Roma-Zentrum in Bijeljina ist nur<br />
eines von vielen erfolgreichen Projekten,<br />
die Schüler Helfen Leben seit vielen Jahren<br />
in Südosteuropa betreibt und unterstützt.<br />
Die Geschichte der Organisation,<br />
die vor einigen Wochen im Beisein von<br />
Prominenten und Politikern ihren 20. Geburtstag<br />
feierte, ist eine beispiellose Erfolgsgeschichte.<br />
Entstanden aus einer von<br />
Schülern spontan organisierten Nothilfeaktion<br />
für die Opfer des Krieges im ehemaligen<br />
Jugoslawien, entwickelte sich der<br />
Verein über die Jahre hinweg zur größten<br />
Jugendorganisation Deutschlands. Vor ein<br />
paar Jahren gründete SHL sogar die erste<br />
Stiftung im Lande, die komplett von Jugendlichen<br />
getragen wird.<br />
Alles fing an vor 20 Jahren. Das ehemalige<br />
Jugoslawien, ein Land, in das viele<br />
Deutsche gerne in den Urlaub fuhren, zerfiel<br />
damals in mehrere verschiedene Einzelstaaten.<br />
Aus dem Streit darüber, welche<br />
der verschiedenen Bevölkerungsgruppen<br />
welche Teile des Landes bekommen sollten,<br />
entstand einer der schlimmsten Kriege der<br />
jüngeren Geschichte Europas. Julia Saldenholz,<br />
eine der ganz frühen Freiwilligen<br />
bei Schüler Helfen Leben, war damals 16<br />
und erinnert sich noch gut an jene Bilder:<br />
„Dieser Konflikt in Jugoslawien war der<br />
erste Krieg, den wir so miterlebt haben.<br />
Das war plötzlich direkt vor unserer Haus-<br />
22 Bildungsthemen 1 | 2013
ENGAGIERT EUCH!<br />
Foto: Schüler helf en Leben<br />
IM BOSNISCHEN<br />
BIJELJINA HAT<br />
SICH DIE ZAHL DER<br />
ROMA-KINDER, DIE<br />
ZUR SCHULE GEHEN,<br />
VERZEHNFACHT<br />
tür, das war jeden Tag in den Nachrichten<br />
und für uns war plötzlich klar, da ist Krieg,<br />
den Leuten geht es richtig schlecht, da muss<br />
man doch was tun!“<br />
Die Ersten, die was taten, waren Schüler<br />
aus dem rheinlandpfälzischen Bad Kreuznach.<br />
Unter dem Motto „Schüler Helfen<br />
Leben“ sammelten sie Spenden, organisierten<br />
Hilfstransporte und fuhren die Pakete<br />
selber ins Krisengebiet. Die Not, die<br />
sie dort vorfanden, war so groß, dass sie<br />
beschlossen, Schüler aus anderen Bundesländern<br />
mit ins Boot zu holen. In<br />
Schleswig-Holstein startete die Initiative<br />
dann richtig durch. Julia Saldenholz, damals<br />
Vorsitzende der landesweiten Schülerzeitung<br />
Junge Presse, und Schülersprecher<br />
Sebastian Fischer wurden aktiv,<br />
machten Schüler im ganzen Land auf die<br />
Aktion aufmerksam und bekamen schon<br />
bald riesige Spendensummen zusammen.<br />
Der Verein Schüler Helfen Leben war geboren.<br />
Ein wichtiger Aspekt des Engagements<br />
war von Anfang an, dass die Schüler<br />
selbst entschieden, was mit den Spenden<br />
passieren sollte, und diese persönlich zu<br />
den Menschen brachten, sagt Julia Saldenholz<br />
heute. „Wir wollten nicht unser<br />
Taschengeld hergeben, um es einer großen<br />
Hilfsorganisation zu überlassen, weil wir<br />
Angst hatten, dass die davon dann dicke<br />
Autos kaufen und hohe Gehälter zahlen.<br />
Wir haben allen Schülern versprochen,<br />
spendet uns eine Mark von eurem Taschengeld,<br />
und ihr werdet genau wissen,<br />
was mit eurem Geld vor Ort passiert. Und<br />
ich glaube, das ist der Grund, warum so<br />
viele mitgemacht haben.“<br />
LIPPENSTIFT IM<br />
FLÜCHTLINGSLAGER<br />
Durch den persönlichen Kontakt mit Kindern<br />
und Jugendlichen im ehemaligen<br />
Jugoslawien erkannten die deutschen<br />
Schüler schnell, dass es mit reiner Nothilfe<br />
nicht getan war. Als Julia Saldenholz<br />
Ende 1993 erstmals ein Flüchtlingslager<br />
in Kroatien besuchte, war sie erschüttert<br />
von dem Elend. Doch als sie<br />
und ihre SHL-Mitstreiter mit Jugendlichen<br />
im Lager sprachen, wurde sie überrascht:<br />
„Ein paar Jungs fragten nach CDs,<br />
und die Mädchen wollten allen Ernstes<br />
Schminksachen! Ich fand das erstmal absurd,<br />
in so einem trostlosen Flüchtlingslager<br />
Lippenstift tragen zu wollen, aber<br />
dann habe ich begriffen, dass gerade die<br />
jungen Menschen sowas brauchten. Dieser<br />
ganze Krieg hatte so viel kaputt gemacht<br />
und sie wollten einfach ein<br />
Stückchen heile Welt für sich.“<br />
Schon bald begann der Verein in den<br />
vom Krieg zerstörten Ländern des ehemaligen<br />
Jugoslawien Kindergärten und<br />
Schulen wiederaufzubauen, um den Kindern<br />
und Jugendlichen ein Stück Hoffnung<br />
wiederzugeben. Freiwillige aus<br />
Deutschland gingen nach dem Abitur<br />
nach Bosnien, Kroatien oder ins Kosovo.<br />
Julia Saldenholz etwa war ab 1995 anderthalb<br />
Jahre in der zerbombten und ethnisch<br />
geteilten bosnischen Stadt Mostar<br />
und baute dort mit Unterstützung des<br />
deutschen EU-Administratoren Hans<br />
Koschnick und des Technischen Hilfswerks<br />
eine Schule wieder auf. Gleichzeitig<br />
organisierte der Verein in Deutschland<br />
immer weiter Spenden – ab 1998 durch<br />
den so genannten Sozialen Tag, einen Tag<br />
im Jahr, an dem Schüler dazu aufgerufen<br />
wurden, zu arbeiten, statt zur Schule zu<br />
gehen und das Geld für die Hilfsprojekte<br />
zu spenden.<br />
Auch nach Kriegsende 1999 blieb<br />
Schüler Helfen Leben in Südosteuropa aktiv<br />
und unterstützt auf dem Balkan mittlerweile<br />
17 Jugendprojekte. 2002 gründete<br />
der Verein außerdem die erste Schüler-<br />
Bildungsthemen 1 | 2013 23
ENGAGIERT EUCH!<br />
stiftung Deutschlands, um das Engagement der<br />
Schüler auf eine langfristige Grundlage zu stellen.<br />
Viele Freiwillige von einst übernahmen im<br />
Laufe der Jahre Posten im Vorstand der Stiftung<br />
und engagieren sich neben ihren beruflichen<br />
Karrieren bis heute bei SHL. Manche ehemalige<br />
Auslandsfreiwillige haben gleich ihr Engagement<br />
zum Beruf gemacht, Dascha Kuhn etwa, die<br />
2000 für SHL im Kosovo war und heute als Regionalmanagerin<br />
einer internationalen Hilfsorganisation<br />
in Zentralasien arbeitet, oder Christian<br />
Braun, der im selben Jahr im Kosovo war<br />
und heute am Zentrum für Konfliktforschung in<br />
Marburg über Post-Konflikt-Staaten promoviert.<br />
Andere sind in die Medien gegangen, so wie<br />
Rhys Nölke, der sich von 1994-1998 bei SHL engagierte<br />
und heute in der Geschäftsführung der<br />
RTL Group arbeitet und nebenbei im Stiftungsrat<br />
von SHL aktiv ist, oder Julia Saldenholz,<br />
die als Reporterin beim Norddeutschen<br />
Rundfunk Karriere machte und später in die Intendanz<br />
wechselte.<br />
Wie wichtig Jugendarbeit im ehemaligen Jugoslawien<br />
auch 13 Jahre nach Kriegsende noch<br />
immer ist, das könnenjungeMenschen vor Ort<br />
am besten erklären – Visnja Sijacic etwa, Projektleiterin<br />
in dem von SHL unterstützten Jugendzentrum<br />
CK 13 in der serbischen Stadt Novi<br />
Sad: „Der Frieden ist nichts, was uns für immer<br />
sicher ist, sondern etwas, woran wir arbeiten<br />
müssen“, sagt sie, zumal eine Aufarbeitung der<br />
Kriegsvergangenheit praktisch nicht stattfinde,<br />
obwohl eine ganze Generation mit dem Krieg<br />
und seinen Folgen aufwuchs. Orte wie das Jugendzentrum<br />
seien deshalb wichtige Ausnahmen,<br />
weil hier über Themen gesprochen werde,<br />
die anderswo in der Gesellschaft tabu sind.<br />
Und wie nötig ihr Einsatz in den Roma-Vierteln<br />
von Bijeljina ist, das erlebt Tasnim Hanachi<br />
jeden Tag: „Es ist hier so schwer für Jugendliche<br />
und Kinder an Bildung ranzukommen. Da ist<br />
es total wichtig, dass eine Organisation wie SHL<br />
weiterhin unterstützt und nicht einfach so aufhört,<br />
weil der Krieg vorbei ist.“<br />
Die Arbeit von „Schüler Helfen Leben“ hat<br />
sich im Laufe der Jahre verändert, doch die<br />
großartige Erfolgsgeschichte des Vereins inspiriert<br />
bis heute. Tasnim bringt es auf den Punkt:<br />
„Ich wusste früher gar nicht so genau, was Jugendengagement<br />
ist. Erst als ich mich ein bisschen<br />
mit der Geschichte von SHL auseinandergesetzt<br />
habe, habe ich gemerkt, was Jugendliche<br />
alleine bewirken können. Und das finde ich<br />
schon eine ziemlich coole Sache.“<br />
Foto: Andrea Usison<br />
BACKEN,<br />
LAUFEN UND<br />
VERKAUFEN<br />
Was Schüler alles tun,<br />
um an Geld zu kommen<br />
24 Bildungsthemen 1 | 2013
ENGAGIERT EUCH!<br />
1000 Euro waren das Ziel. Mittlerweile<br />
hat sich der Gewinn fast verdoppelt. Mit<br />
zwei Kuchenverkäufen, einem Flohmarktstand<br />
und einem Spendenmarathon hat die<br />
8. Klasse des <strong>Phorms</strong> Campus Berlin Süd<br />
inzwischen 1800 Euro verdient. Damit soll<br />
aber keinesfalls die Klassenkasse aufgebessert<br />
werden. Der gesamte Betrag geht an<br />
den Verein Madamfo Ghana. Im Ethik-Unterricht<br />
las die Klasse das Buch „Weiße Nana“,<br />
den Erlebnisbericht von Bettina Landgrafe,<br />
der Gründerin des Vereins. Als Krankenschwester<br />
kam Bettina Landgrafe 2001<br />
nach Ghana, baute einige Zeit später ein<br />
Projekt auf, gründete den Verein und blieb<br />
dem Land treu.<br />
Im Unterricht informierten sich die<br />
Schüler über die Projekte von Madamfo<br />
EIN<br />
GEMEINSAMES<br />
ZIEL VOR<br />
AUGEN<br />
MOTIVIERT<br />
Ghana, über die Situation der Menschen<br />
und Kinder vor Ort und hatten schnell die<br />
Idee, den Verein zu unterstützen. Gemeinsam<br />
überlegten sie, wie sie Geld verdienen<br />
und dieses später spenden könnten.<br />
Svenja sagt: „Ich glaube, es ist etwas ganz<br />
anderes, wenn man an irgendeine Hilfsorganisation<br />
spendet oder wenn man wirklich<br />
weiß, wo das Geld hingeht und man etwas<br />
bewirkt mit der Spende. Bei vielen Hilfsorganisationen<br />
überweist man Geld auf ein<br />
Konto und ein großer Teil verschwindet auf<br />
dem Weg, wegen der ganzen Bürokratie. Bei<br />
Madamfo Ghana weiß man, dass von den<br />
1800 Euro nicht nur 500 Euro ankommen,<br />
sondern der gesamte Betrag.“<br />
Valerie Gericke, die Ethik-Lehrerin der<br />
Klasse, überlegte sich ein Konzept, mit dem<br />
sie den Schülerinnen und Schülern soziales<br />
Engagement näherbringen kann: „Ich<br />
hab das Buch ‚Weiße Nana‘ über die Ferien<br />
gelesen und mir überlegt, was es für Anknüpfungspunkte<br />
für den Unterricht gibt.<br />
Die Klasse hat dann das Buch gemeinsam<br />
gelesen und die Schüler haben sich über<br />
die Website von Madamfo Ghana über die<br />
einzelnen Projekte informiert. In Zweiergruppen<br />
wurden dann die Informationen<br />
aufbereitet und in einem Text zusammengefasst.<br />
So haben wir dann die Projekte hier<br />
im Unterricht vorgestellt und über das Buch<br />
berichtet und diskutiert. Selbstverständlich<br />
wurde auch ein Test darüber geschrieben.<br />
Der Unterricht war zweigeteilt: Im Theorieteil<br />
haben wir uns informiert und im<br />
praktischen Teil haben wir die Spendenaktionen<br />
geplant und durchgeführt.“<br />
Die Schüler haben dabei nicht nur eine<br />
Menge über Entwicklungszusammenarbeit,<br />
Kinderrechte, Afrika und Ghana gelernt,<br />
sondern auch, dass es Spaß machen kann,<br />
sich zu engagieren. Weil viele der Projekte<br />
von Madamfo Ghana darauf abzielen, die<br />
Lebenssituation von Kindern zu verbessern,<br />
konnten sich die Schüler außerdem schnell<br />
mit den Zielen des Vereins identifizieren.<br />
„Es ist toll zu wissen, wir haben so viel<br />
Geld dadurch gesammelt, dass wir vieles in<br />
unserer Freizeit gemacht haben, und trotzdem<br />
fehlt uns nichts. Ganz im Gegenteil.<br />
Mich hat es noch mehr erfüllt, weil ich<br />
weiß, dass ich jemandem helfen kann. Es<br />
hat mir Spaß gebracht, gemeinsam mit meinen<br />
Freunden Kuchen zu backen oder auf<br />
dem Flohmarkt Sachen zu verkaufen“,<br />
meint Latoya.<br />
Der Kuchen ist verkauft, das Geld beim<br />
Spendenmarathon erlaufen, und den Erlös<br />
überreicht die Klasse bald. Was nun Das<br />
Unterrichtsprojekt soll keine Eintagsfliege<br />
bleiben. Valerie Gericke erklärt: „Dass wir<br />
in jedem Jahr Kuchenverkäufe für Madamfo<br />
Ghana machen, ist nicht das Ziel. Dann<br />
überspannt man auch die Nerven und irgendwann<br />
reizt man das Thema aus. Deshalb<br />
machen wir das künftig eher im Zweijahrestakt<br />
und nehmen dann auch die anderen<br />
Gymnasialklassen dazu. Die<br />
Pilotklasse, die sich mit dem Thema schon<br />
auskennt, kann den anderen Klassen exemplarisch<br />
berichten, worum es geht. In<br />
Zukunft werden wir noch andere Projekte<br />
angehen. Die Schüler könnten zum Beispiel<br />
ein Altenheim besuchen und dort direkt<br />
etwas mit den älteren Leuten unternehmen.<br />
Es sollte nicht alles über Spendensammeln<br />
laufen. Die Jugendlichen<br />
sollten sich aktiv einbringen: Mit den alten<br />
Leuten Kekse backen, ihnen etwas vorlesen<br />
oder über den Weihnachtsmarkt laufen.“<br />
Auch die Schüler haben jede Menge<br />
Ideen. Theresa schlägt vor, doch mal ein<br />
Kinderheim zu besuchen. „Ich glaube wir<br />
können uns alle gar nicht richtig vorstellen,<br />
wie es dort wohl ist. Auch wenn es den Kindern<br />
in deutschen Heimen wahrscheinlich<br />
vergleichsweise gut geht, ist es bestimmt<br />
etwas ganz anderes als in einer Familie aufzuwachsen,<br />
so wie wir.“<br />
Gesellschaftliches Engagement soll auch<br />
weiterhin auf dem <strong>Phorms</strong> Campus Berlin<br />
Süd zum Schulleben dazugehören. „Mir ist<br />
es wichtig, dass wir eine soziale Ader schüren<br />
und schulen und jedes Jahr ein extra Projekt<br />
bezüglich gesellschaftlichen Engagements<br />
durchführen“, so Valerie Gericke.<br />
Bildungsthemen 1 | 2013 25
MEHR ALS SCHULE<br />
Foto: Ulrich Baehring<br />
Mandarin<br />
ist keine Frucht<br />
Sondern die offizielle Sprache der Volksrepublik China.<br />
Seit dem Schüleraustausch in Hong Kong lernt Vincent Mandarin.<br />
Die Stadt hat ihm nämlich so gut gefallen, dass er dort nun ein<br />
ganzes Jahr zur Schule gehen möchte<br />
Glitzernde Fassaden, Hochhäuser die in<br />
den Himmel ragen, blinkende Werbebanner<br />
und ein Gewusel aus tausenden von<br />
Menschen – so sei Hong Kong, erzählen<br />
Vincent und Patrick. Im Herbst 2012 waren<br />
die beiden für zwei Wochen in der chinesischen<br />
Millionenstadt und zu Gast am<br />
renommierten St. Pauls College, einer 160<br />
Jahre alten Schule für Jungen. Hong Kong<br />
liegt an der Südküste Chinas und ist eine<br />
Sonderverwaltungszone. Die Stadt gehört<br />
zu China, verfügt aber über ein eigenes<br />
politisches und wirtschaftliches System.<br />
So viel anders als in Peking oder Shanghai<br />
sei es in Hong Kong nicht gewesen,<br />
meint Patrick ziemlich abgeklärt. Eben eine<br />
große asiatische Stadt. Allerdings auf<br />
mehrere Inseln verteilt. Die beiden gehen<br />
eigentlich auf dem <strong>Phorms</strong> Campus Berlin<br />
Mitte zur Schule, in die zehnte Klasse. Vor<br />
drei Jahren wurde der Kontakt zwischen<br />
dem St. Pauls College in Hong Kong und<br />
dem <strong>Phorms</strong> Campus Berlin Mitte geknüpft.<br />
Im Frühjahr 2012 besuchten zum<br />
zweiten Mal Schüler aus Hong Kong den<br />
<strong>Phorms</strong> Campus Berlin Mitte und die Berliner<br />
Schüler verbrachten im Herbst zwei<br />
Wochen in Hong Kong. Die deutschen und<br />
die chinesischen Schüler müssen lediglich<br />
die Kosten für den Flug und ein kleines Taschengeld<br />
aufbringen, da die Unterbringung<br />
in den Gastfamilien kostenfrei ist.<br />
Vincent meint, seine Mutter hätte ihn<br />
anfangs überreden müssen, an dem Austausch<br />
teilzunehmen. „Ich finde es super,<br />
dass sie das geschafft hat. Im Nachhinein<br />
verstehe ich gar nicht mehr, warum ich da<br />
nein sagen wollte“, meint er heute. Aber bevor<br />
sich die deutschen Schüler auf nach<br />
China machten, kamen zunächst im Frühjahr<br />
2012 Schüler aus Hong Kong nach Berlin.„Wir<br />
haben uns von Anfang an sehr gut<br />
mit den chinesischen Schülern verstanden<br />
und viel Spaß zusammen gehabt. Mein<br />
Gastschüler hatte leider im Sommer die<br />
Schule in Hong Kong gewechselt, so dass ich<br />
bei einer anderen Familie untergekommen<br />
bin“, erzählt Vincent. „Familie Wong, bei<br />
der ich gewohnt hab, war sehr nett und<br />
auch interessant. Der Vater ist Filmkritiker<br />
und Regisseur, die Mutter arbeitet bei einer<br />
Filmvermarktungsfirma. Mit Alex, dem<br />
Sohn habe ich mich super verstanden. In<br />
der Familie wurde ich so behandelt, als ob<br />
ich einer von denen wäre.“<br />
Vincent und Patrick sind begeistert, wie<br />
anders Hong Kongs ist. „Das ist schon eine<br />
komplett andere Welt. Ich wohne in<br />
Frohnau, einem Vorort von Berlin. Bei uns<br />
gibt es fast nur Einfamilienhäuser und die<br />
26 Bildungsthemen 1 | 2013
MEHR ALS SCHULE<br />
Metropole<br />
ohne Zentrum–<br />
Hong Kongs Stadtgebiet<br />
erstreckt sich<br />
über mehrere Inseln<br />
und Halbinseln<br />
höchsten haben vier Stockwerke. In Hong<br />
Kong steht ein Haus neben dem anderen<br />
und man wohnt auf 30 Stockwerken. Ich<br />
habe dort zum Beispiel im 23. Stock gewohnt.<br />
Da gibt es nicht viel Platz, und niemand<br />
hat einen Garten“, erzählt Patrick.<br />
Typisch für Hong Kong seien außerdem die<br />
vielen Tempel, die es überall in der Stadt<br />
gibt und die glimmenden Räucherstäbchen,<br />
die überall brennen. „Die zündet man an,<br />
wenn jemand gestorben ist“, weiß Vincent.<br />
Die beiden Berliner Schüler waren für<br />
zwei Wochen am traditionsreichen St. Pauls<br />
College. Die Schule wurde 1860 gegründet<br />
und ist jetzt 160 Jahre alt. Noch immer ist<br />
sie eine reine Jungenschule. „Hong Kong<br />
war früher eine englische Kolonie und die<br />
Schule wurde damals von Engländern gegründet“,<br />
weiß Vincent. Schule habe in<br />
Hong Kong einen ganz anderen Stellenwert.<br />
„Bei uns geht man morgens in die<br />
Schule, nachmittags nach Hause, macht<br />
ein bisschen Hausaufgaben und lernt noch<br />
etwas. In Hong Kong bestimmt die Schule<br />
das Leben viel stärker als bei uns und<br />
nimmt auch viel mehr Raum ein. Alle sind<br />
morgens eine Stunde eher da“, erzählt Vincent.<br />
Patrick meint: „Ich war in Berlin auch<br />
schon mal eine halbe Stunde früher da.<br />
Aber da hab ich alleine rumgesessen. An<br />
der Schule in Hong Kong kommen alle<br />
früher und spielen Fußball, Basketball oder<br />
Tischtennis. Die machen vor der Schule<br />
viel mehr als wir.“<br />
Auch das Nachmittagsprogramm am St.<br />
Pauls College ist umfangreich: Chor, Debattierclub,<br />
Schwimmtraining. „Jeder<br />
Schüler hat eigentlich mindestens drei Mal<br />
die Woche noch irgendein Programm.<br />
Mein Gastgeber ist Vorsitzender des Debattierclubs.<br />
Es gibt dort für fast alles einen<br />
Club, sodass jeder das richtige für sich<br />
findet“, erzählt Vincent<br />
Die beiden haben sich nach kurzer Zeit<br />
sicher und selbständig in der Megacity<br />
Hong Kong bewegt. „Die Schule liegt so,<br />
dass man sie wunderbar erreichen kann.<br />
Die öffentlichen Verkehrsmittel sind total<br />
gut ausgebaut. Es gibt Busse und U-Bahnen<br />
und so kleine Minibusse, die man einfach<br />
am Straßenrand anhalten kann“,<br />
meint Patrick. Ein richtiges Zentrum gibt<br />
es nicht. Die ganze Stadt ist auf mehreren<br />
Inseln und Halbinseln verteilt. „Hong<br />
Kong ist geteilt durch den Fluss. Die eine<br />
Seite ist Hong Kong Island. Dort stehen<br />
die ganzen Hochhäuser, die Commercial<br />
Buildings, weil dort überall Werbung an<br />
den Häusern hängt. Das ist der wohlhabendere<br />
Teil von Hong Kong. Auf der anderen<br />
Seite liegt Kowloon. Dort sind die<br />
Häuser kleiner und niedriger und der Lebensstandard<br />
ist nicht ganz so hoch. Das<br />
ist auf jeden Fall auch ein super interessanter<br />
Stadtteil, wo es viel zu sehen gibt“,<br />
erzählt Vincent begeistert.<br />
Erstaunt waren die beiden Berliner<br />
Schüler über die Fahrkünste ihrer Gastschüler.„Einen<br />
Nachmittag sind wir mit einer<br />
Fähre auf eine Insel gefahren, so ein<br />
bisschen raus in die Natur und wollten<br />
dort Fahrrad fahren. Mein Gastschüler<br />
meinte dann: ‚Langsam! Ich bin seit sieben<br />
Jahren nicht mehr Fahrrad gefahren.‘<br />
Hong Kong ist eben eine riesige Stadt, da<br />
fährt niemand Fahrrad“, so Patrick.<br />
Das, was vielen eher Angst macht, fasziniert<br />
Vincent. Er sagt, ihm gefalle das<br />
Große und das Moderne an Hong Kong.<br />
Deshalb hat er sich für ein Austauschprogramm<br />
beworben und hofft, im nächsten<br />
Jahr die elfte Klasse in Hong Kong zu verbringen.<br />
Bis dahin lernt er erst einmal weiterhin<br />
Mandarin.<br />
Bildungsthemen 1 | 2013 27
SCHÜLERREPORTER<br />
Foto: privat<br />
von Simon Schmidt,<br />
neun Jahre alt,<br />
vierte Klasse<br />
der <strong>Phorms</strong> Schule<br />
Frankfurt<br />
Warum ist Radioaktivität<br />
gefährlich<br />
Atomkraft ist die Nutzbarmachung<br />
der Kernspaltung zur Stromerzeugung.<br />
Alles besteht aus Atomen.<br />
Wussten Sie, dass Atome so<br />
klein sind, dass man sie nicht einmal<br />
unter dem Mikroskop sehen<br />
kann Es gibt verschiedene Arten<br />
von Atomen. Einige sind stabil, andere<br />
sind instabil. Um verstehen zu<br />
können, was Instabilität bedeutet,<br />
müssen wir zuerst mehr über die<br />
Struktur von Atomen wissen.<br />
Atome bestehen aus drei Elementen:<br />
Neutronen, Elektronen<br />
und Protonen. Neutronen und Protonen<br />
bilden zusammen den kugelförmigen<br />
Atomkern. Die Elektronen<br />
umgeben immer den Kern.<br />
Der Kern eines instabilen Atoms,<br />
zum Beispiel von Uran, besteht aus<br />
ungleichen Mengen von Protonen<br />
und Neutronen und zerbricht, wenn er<br />
von einem Neutron getroffen wird. Dieser<br />
Vorgang ist als Kernschmelze bekannt,<br />
und es werden dabei Energie und Hitze<br />
freigesetzt. Diese Energie und Hitze sind<br />
so stark, dass man sie nutzen kann, um damit<br />
Strom zu erzeugen oder auch um<br />
Bomben zu bauen.<br />
Wie funktioniert<br />
ein Kernreaktor<br />
Ein Kernreaktor nutzt die Hitze, die bei einer<br />
kontrollierten Kernschmelze entsteht,<br />
um Strom zu erzeugen.<br />
Außer dem Kernmaterial gibt es drei<br />
Arten von Wasserkreisläufen im Reaktor.<br />
Was ist<br />
Atomkraft,<br />
wie funktioniert<br />
sie, und warum<br />
ist sie<br />
gefährlich<br />
Der innere Wasserkreislauf, der mit den<br />
instabilen Atomen in Berührung kommt,<br />
wird von der Energie, die bei der Kernschmelze<br />
entsteht, aufgeheizt und ist daher<br />
extrem heiß. Das Wasser im zweiten<br />
Kreislauf ist weder extrem heiß, noch sehr<br />
kalt. Der letzte ist der äußere Kreislauf mit<br />
einer Wassertemperatur von beinahe 10°.<br />
Und so funktioniert es: Der innere Kreislauf<br />
heizt den zweiten Kreislauf auf, dabei<br />
wird Dampf produziert. Der Dampf treibt<br />
wiederum eine Turbine an, die mit einem<br />
Generator zur Stromerzeugung verbunden<br />
ist. Im äußeren Kreislauf befindet sich<br />
Kühlwasser. Es kühlt den Dampf ab und<br />
das Wasser fließt zurück. Mit diesem Wärme-Kälte-Kreislauf<br />
wird Strom erzeugt.<br />
Außer Wärme wird auch radioaktive<br />
Strahlung frei, wenn ein Atom<br />
zerbricht. Es gibt drei Arten von<br />
Strahlung, die schwere gesundheitliche<br />
Schäden verursachen können.<br />
Diese Strahlentypen nennt man Alpha-,<br />
Beta- und Gammastrahlung.<br />
Diese Strahlung wird vom Uranbrennstoff<br />
oder vom atomaren Abfall<br />
abgegeben. Die Strahlung kann<br />
Krebs verursachen und zu Hautverbrennungen<br />
führen. Als Atommüll<br />
gelten verbrauchtes Uran oder<br />
das Wasser, das mit dem Uran in<br />
Kontakt gekommen ist. Das Problem<br />
ist, dass niemand weiß, wo der<br />
Müll hin soll, bis er nicht mehr<br />
strahlt. Atommüll bleibt für viele<br />
tausend Jahre radioaktiv.<br />
Wo wird Atomkraft<br />
eingesetzt<br />
Atomkraft wird in der Welt vielfältig<br />
genutzt. Wussten Sie, dass zu jeder Zeit<br />
von Kernkraftwerken Strom erzeugt wird<br />
Es gibt viele Kernkraftwerke auf der Welt,<br />
und es könnte immer passieren, dass eines<br />
kaputt geht oder explodiert, obwohl dies<br />
sehr unwahrscheinlich ist.<br />
Meiner Meinung nach sollte man aufhören<br />
mit Kernkraftwerken Strom zu erzeugen,<br />
denn es ist schlecht für die Umwelt.<br />
Auf der Welt gibt es 440 Kernkraftwerke.<br />
Wenn ich der König der Welt wäre,<br />
würde ich sofort damit aufhören Kernenergie<br />
zur Stromerzeugung einzusetzen.<br />
Es gibt so viele andere Möglichkeiten zur<br />
Energiegewinnung, aber Atomkraft ist eine<br />
der schlimmsten Arten, Energie zu erzeugen.<br />
28 Bildungsthemen 1 | 2013
WELTBILDUNG<br />
Foto: Jan Iso Jürgens<br />
USA<br />
Wir schauen über den Tellerrand mit: Luella Gretchen Menz, 5 Jahre,<br />
Juan Cabrillo Elementary School, Malibu, USA (Zweite von rechts)<br />
Was für eine Schule besuchst Du<br />
Ich gehe in die Vorschule. Unsere Schule geht<br />
von der Vorschule bis zur sechsten Klasse.<br />
Was lernst Du in der Schule<br />
Wir lernen ein bisschen Rechnen, wir lernen<br />
Buchstaben, also das Alphabet. Schreiben<br />
lernen wir nur ein bisschen. Aber ich<br />
kann schon meinen Namen schreiben und<br />
sogar buchstabieren.<br />
Wie viele Kinder sind in Deiner Klasse<br />
Wir sind eine Splitclass. In meiner Klasse<br />
sind acht Vorschulkinder und 13 Erstklässler.<br />
Und wie groß ist Deine Schule<br />
Das Schulgebäude ist groß aber nicht so<br />
groß. An einer Wand ist eine Malerei mit<br />
Delfinen.<br />
Was magst Du am liebsten in der Schule<br />
Mir gefällt fast alles. Also Sport und Musik<br />
und Rechnen und Schreiben. Aber am<br />
liebsten mag ich Kunst. Und wir haben<br />
manchmal Pyjama Day. Dann kommen<br />
wir alle im Schlafanzug in die Schule, auch<br />
der Lehrer. Und einmal hab ich sogar<br />
schon in der Schule geschlafen. Da haben<br />
wir Camping gemacht und alle auf dem<br />
Sportplatz im Zelt geschlafen.<br />
Benutzt ihr einen Computer in Schule<br />
Ja, manchmal. Aber nicht immer.<br />
Wie weit ist Dein Schulweg<br />
Mama fährt mich morgens mit dem Auto,<br />
so ungefähr eine halbe Stunde.<br />
Was möchtest Du später mal werden<br />
Ballerina<br />
Bildungsthemen 1 | 2013 29
ZWEI BUCHLADENBESITZERINNEN VERRATEN UNS IHRE LIEBLINGSBÜCHER<br />
Foto: Andrea Usison<br />
Gabi Kopper betreibt seit 2006 ihren internationalen Kinder- und Jugendbuchladen<br />
im Herzen von Hamburg-Eimsbüttel. Als Touristi<strong>kb</strong>etriebswirtin hat sie viele Länder<br />
beruflich und privat bereist und ist besonders an Sprachen und anderen Kulturen<br />
interessiert. Im Buchladen finden sich heute Kinderbücher in 20 Sprachen, der Schwerpunkt<br />
liegt auf den Sprachen Englisch, Französisch, Spanisch und Schwedisch.<br />
THE AMAZING TERRY JONES<br />
PRESENTS ANIMAL TALES<br />
Autor: Terry Jones<br />
Ab 6 Jahre<br />
ISBN: 9781843651635<br />
Das wunderschön illustrierte Geschichtenbuch<br />
„Animal Tales“ von Terry<br />
Jones enthält 16 Vorlesegeschichten.<br />
Diese Geschichten bringen nicht nur<br />
Kinder zum Lachen. Wir erfahren zum<br />
Beispiel von einem praktizierenden<br />
Arzt, dem seine Lizenz entzogen werden<br />
soll und der nicht versteht, warum er<br />
seine Praxis schließen soll. Der Arzt ist<br />
ein Hund. Dann gibt es da noch den<br />
Fuchs, der einen atemberaubenden<br />
Hühnerzirkus betreibt, oder den Pinguin<br />
ohne Namen. Ein Spaß für die ganze<br />
Familie.<br />
A KICK IN THE HEAD –<br />
AN EVERYDAY GUIDE TO<br />
POETIC FORMS<br />
Autor: Paul B. Janeczko<br />
Ab 8 Jahre<br />
ISBN: 9780763641320<br />
„A Kick in the Head“ erläutert anhand<br />
einfacher und humorvoller Gedichte<br />
verschiedene Versformen. Pro Seite lernt<br />
man eine Versform mit je einem Beispiel<br />
kennen. Jedes Gedicht wird begleitet<br />
von einer Wasserfarben/Kollagen-<br />
Illustration und einer Erklärung der<br />
jeweiligen Versform.<br />
Beispiel für ein Couplet:<br />
„In the world of mules,<br />
there are no rules“<br />
by Ogden Nash<br />
DRAGONBORN<br />
Autor: Toby Forward<br />
Ab 12 Jahre<br />
ISBN: 9781406320435<br />
Dragonborn ist der erste Band der auf<br />
vier Bände angelegten Serie Flaxfield<br />
Quartet. Ein großartiger Schreibstil,<br />
starke Charaktere und eine manchmal<br />
etwas düster erscheinende Atmosphäre<br />
begleiten die Geschichte des Hexenmeister-Auszubildenden<br />
Sam, der nach der<br />
Hälfte seiner Zeit bei seinem Lehrmeister<br />
Flaxfield mit dessen plötzlichem Tod<br />
konfrontiert wird. Er muss daraufhin<br />
das einzige Zuhause, das er bisher kannte,<br />
verlassen und mit seinem Lieblingsdrachen<br />
Starback fliehen.<br />
30 Bildungsthemen 1 | 2013
REZENSIONEN<br />
Foto: Andrea Usison<br />
Sharmaine Lovegrove stammt aus London und zog 2009 nach Berlin, wo sie<br />
Dialogue Books eröffnete, eine Buchhandlung für englischsprachige Bücher.<br />
Mit regelmäßigen Events an Veranstaltungsorten wie dem Soho House in Mitte,<br />
ist ihr Buchladen mit dem Ambiente eines Wohnzimmers schnell zum Zentrum<br />
internationaler Literatur in Berlin avanciert.<br />
THE MARRIAGE PLOT<br />
Autor: Jeffrey Eugenides<br />
ISBN: 9780007441297<br />
Beim Lesen dieses Buchs fühlte es sich<br />
an, als stünde die Welt still. Die Geschichte<br />
reflektiert auf eindrucksvolle<br />
Art, dass viele von uns mit Ende zwanzig<br />
immer noch auf der Suche nach<br />
dem rechten Lebensweg sind. Die<br />
Handlung spielt im modernen Amerika,<br />
und versteht es, die Leser abwechselnd<br />
auflachen zu lassen, zum Schreien zu<br />
bringen und dazu, sich selbst zu hinterfragen.<br />
JUST KIDS<br />
Autor: Patti Smith<br />
ISBN: 9780747548409<br />
Patti Smith, eine der inspirierendsten<br />
Frauen auf unserem Planeten, erzählt<br />
ihre Geschichte. 1967, einige Jahre bevor<br />
sie zu Weltruhm gelangt, lernt sie<br />
Robert Mapplethorpe kennen. Es beginnt<br />
eine fesselnde Rock’n’Roll-Liebesgeschichte,<br />
die verlangt, in einem Zug<br />
durchgelesen zu werden.<br />
THE CASE FOR WORKING<br />
WITH YOUR HANDS<br />
Autor: Matthew Crawford<br />
ISBN: 9780141047294<br />
Wenn es draußen kalt wird, hält man<br />
sich am besten warm, indem man durch<br />
„echte“ Arbeit etwas schafft. Dieses<br />
Buch quillt über vor inspirierenden<br />
Anekdoten und praktischen Ratschlägen<br />
zur Arbeit mit den eigenen Händen.<br />
Ideal für alle Berliner auf der Suche<br />
nach neuen Anregungen, gerade jetzt in<br />
der dunklen Jahreszeit.<br />
Alle Bücher unter<br />
www.dialoguebooks.org<br />
Bildungsthemen 1 | 2013 31
LOCAL<br />
SHOOLS<br />
GLOBAL<br />
EDUCATION<br />
Das <strong>Phorms</strong> Konzept basiert auf<br />
anspruchsvoller bilingualer Bildung,<br />
qualifizierter Ganztagesbetreuung<br />
und individueller Talentförderung.<br />
Für unsere Kindergärten, Grundschulen und Gymnasien<br />
an den Standorten Berlin, Hamburg, Frankfurt, München und<br />
Neckarsulm suchen wir engagierte und qualifizierte<br />
Erzieher/-innen und Pädagogische Mitarbeiter/-innen,<br />
Grundschul- und Gymnasiallehrer/-innen aller Fachrichtungen<br />
sowie Praktikanten.<br />
Sie haben Spaß an der Arbeit mit Kindern und im internationalen Team<br />
Sie verfügen über gute englische Sprachkenntnisse und möchten weitergehende<br />
Erfahrungen im Umgang mit Kindern sammeln<br />
Sie sind engagiert, motiviert und möchten Teil einer innovativen Bildungsinitiative sein<br />
Dann freuen wir uns auf Ihre aussagekräftige Online-Bewerbung unter:<br />
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bilingual · ganztägig · international<br />
Weitere Informationen zu unseren Schulen,<br />
unserem Konzept sowie zu unseren vakanten<br />
Positionen finden Sie unter:<br />
www.phorms.de