Behandlungsvereinbarung - Aktion Psychisch Kranke e.V.
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Helga Kühn-Mengel<br />
Erkrankungen dürfen lebenserhaltende Maßnahmen nur dann abgebrochen<br />
werden, wenn der Patient sich umfassend medizinisch und rechtlich beraten<br />
ließ, die Patientenverfügungen notariell beurkundet und nicht älter als fünf<br />
Jahre ist. Zusätzlich muss bei Behandlungsabbruch immer eine Genehmigung<br />
des Vormundschaftsgerichts erfolgen.<br />
Der Entwurf der Abgeordneten Zöller, Faust u. a. verpflichtet den Betreuer,<br />
Patientenverfügungen ohne jede Reichweitenbegrenzung und auch ohne Einhaltung<br />
der Schriftform (die Erklärung »soll«, muss aber nicht, schriftlich erfolgen)<br />
zu beachten. In der jeweils konkreten Behandlungssituation ist jedoch nicht nur<br />
die schriftliche oder mündliche Patientenverfügung zu beachten, sondern es ist<br />
zudem der aktuelle mutmaßliche Patientenwille durch Behandler, Betreuer und<br />
Angehörige zu ermitteln. Mit der Verfügung darf kein Automatismus verbunden<br />
sein. Das Vormundschaftsgericht entscheidet nur bei Dissens zwischen Arzt und<br />
Betreuer.<br />
Am Referentenentwurf des BMJ orientiert sich der Entwurf der Abgeordneten<br />
Stünker, Kauch u. a. Allerdings verlangt er die schriftliche Abfassung der<br />
Patientenverfügung. Liegt sie vor, ist sie für den Betreuer des Patienten immer<br />
verbindlich, und zwar unabhängig von Art und Stadium der Erkrankung. Der<br />
Betreuer hat lediglich zu prüfen, ob die Vorabverfügung noch auf die jeweils<br />
aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutrifft. Fehlt eine schriftliche Verfügung,<br />
ist wie bisher auf den mutmaßlichen Willen des Patienten abzustellen.<br />
Willigt der Betreuer in lebensverlängernde oder -erhaltende Maßnahmen nicht<br />
ein und können Arzt und Betreuer kein Einvernehmen über den mutmaßlichen<br />
Patientenwillen erzielen, ist eine Entscheidung des Vormundschaftsgerichts herbeizuführen.<br />
Am 18. Juni 2009 fand der sogenannte »Stünker-Entwurf« im Deutschen<br />
Bundestag eine deutliche Mehrheit. Damit sind Patientenverfügungen auf eine<br />
rechtliche Basis gestellt, helfen Selbstbestimmungsrechte zu sichern, Verantwortung<br />
in eigener Sache zu übernehmen und Dritten (Angehörigen, Betreuern,<br />
Pflegenden) für den Fall der Nichteinwilligungsfähigkeit eine Handlungsorientierung<br />
zu geben. Aber die Gestaltung selbstbestimmter Prozesse setzt nicht nur<br />
einen klar formulierten Willen voraus, sondern auch ein Gesundheitssystem und<br />
Leistungsrecht, das sich an den Bedürfnissen und Lebenslagen der Menschen<br />
orientiert.<br />
Die Sicherung der Selbstbestimmung äußert sich in umfassender Beratung und<br />
Information der Patienten und Patientinnen, in ausreichenden medizinischen,<br />
pflegerischen und psychosozialen Möglichkeiten, in der Bereitschaft der Gesellschaft,<br />
der Vereinsamung und der Entsolidarisierung entgegenzuwirken.