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(PDF) | Ausgabe Dezember 2008/ Januar 2009 - Compliance

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<strong>Compliance</strong><br />

www.compliance-plattform.de | www.finance-magazin.de<br />

Die Online-Zeitung für <strong>Compliance</strong>-Verantwortliche<br />

Monatliche Publikation aus der FINANCE-Redaktion<br />

Falsche Signale aus Brüssel<br />

In ihrem Kampf gegen Kartelle setzt die EU-Kommission mit immer höheren<br />

Strafen auf Abschreckung. Doch die Kritik wächst.<br />

Inhalt<br />

<strong>Dezember</strong> <strong>2008</strong> | <strong>Januar</strong> <strong>2009</strong><br />

Perspektivenwechsel: Risikoforscher<br />

Dr. Werner Gleißner, Marsh GmbH,<br />

fordert professionelles Risikomanagement<br />

bei <strong>Compliance</strong>-Instrumenten. S. 2<br />

Wettrennen nach Brüssel: Kronzeugen kommen deutlich billiger davon.<br />

„Vom Abhaker zum Berater“<br />

Interne Revisoren haben es nicht leicht. Niemand<br />

freut sich, wenn sie auftauchen, sie machen<br />

den ganzen Tag nur Häkchen und<br />

schreiben dann trockene Berichte, die ohnehin<br />

keiner liest. So oder so ähnlich war lange<br />

ihr Image, doch dies scheint sich nun zu ändern.<br />

Gründe hierfür sind das wachsende Interesse<br />

an <strong>Compliance</strong>-Themen und eine größere<br />

Sensibilität für Unternehmensrisiken,<br />

glaubt Mauro di Gennaro, Leiter Interne Revision<br />

und Chief <strong>Compliance</strong> Officer (CCO)<br />

bei Fiat: „Noch vor ein paar Jahren war der Revisionsbericht<br />

bei Vorstandstreffen der letzte<br />

Punkt auf der Tagesordnung. Nach sechs<br />

Stunden Diskussion wurde der Revisor aufgefordert,<br />

in fünf Minuten noch schnell die<br />

wichtigsten Punkte zusammenzufassen. Zugehört<br />

hat keiner mehr. Das ist heute anders.<br />

Zum Jahresende hat sich die EU-Kommission<br />

noch einmal selbst übertroffen und die<br />

höchste Kartellbuße aller Zeiten verhängt:<br />

1,38 Milliarden Euro müssen die Autoglashersteller<br />

Saint-Gobain (Frankreich), Asahi<br />

(Japan), Pilkington (Großbritannien) und Solvier<br />

(Japan) insgesamt zahlen. Bisher hielt<br />

diesen Rekord das 2007 mit insgesamt 992<br />

Millionen Euro Buße abgestrafte Aufzugkartell<br />

von ThyssenKrupp, Otis, Schindler und<br />

Kone. Die Glashersteller hätten regelmäßig<br />

Gespräche geführt, um die im Rahmen von<br />

Ausschreibungen vergebenen Aufträge der<br />

Automobilbauer untereinander aufzuteilen<br />

und die Marktanteile der einzelnen Fahrzeugglashersteller<br />

auf europäischer Ebene so<br />

FORTSETZUNG AUF SEITE 6<br />

Das Berufsbild und das Selbstverständnis der Internen Revisoren ändern<br />

sich – <strong>Compliance</strong> sei Dank.<br />

Mit den aktuellen Skandalen haben sich das<br />

Risiko- und das <strong>Compliance</strong>-Bewusstsein<br />

deutlich verbessert. Der Revisionsbericht ist<br />

inzwischen häufig der erste Tagesordnungspunkt.“<br />

Bernd Schartmann, Leiter Konzernrevision<br />

Deutsche Post World Net und Vorstandssprecher<br />

des Deutschen Instituts für Interne<br />

Revision (DIIR), bestätigt, dass sich das Bild<br />

der Revisoren geändert hat: „Inzwischen ist<br />

bei vielen angekommen, dass eine professionelle<br />

Prüfung dabei hilft, ein Unternehmen<br />

im Interesse aller Stakeholder gesundzuhalten.<br />

Mit der wachsenden Bedeutung von vorbeugenden<br />

Kontrollsystemen sowie des Methodenwandels<br />

innerhalb der Revision weg<br />

FORTSETZUNG AUF SEITE 2<br />

iStock<br />

„Falschem Ehrgeiz entgegenwirken“<br />

Wenn Mitarbeiter illegale<br />

Methoden nutzen, um<br />

den kurzfristigen Erfolg<br />

zu sichern, handeln sie<br />

nicht im Sinn des Unternehmens.<br />

Bayer-COO<br />

Dr. Michael Hermann<br />

sorgt dafür, dass<br />

diese Botschaft in den<br />

Köpfen seiner Mitarbeiter ankommt. S. 3<br />

Bayer AG<br />

Kollegen & Karriere S. 3<br />

Aktuelle Stellenangebote S. 3<br />

Q&A: Was für Risiken können aus der Nutzung<br />

von Bonusprogrammen entstehen S. 4<br />

Korruptionsprävention: Als Betreibergesellschaft<br />

des Frankfurter Flughafens will die Fraport<br />

AG in Zukunft die <strong>Compliance</strong>-Strukturen<br />

ihrer Lieferanten auditieren. Noch sind viele<br />

Fragen offen. S. 5<br />

Veranstaltungskalender S. 5<br />

Kommentar S. 6<br />

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2 | <strong>Compliance</strong>-Struktur<br />

<strong>Compliance</strong><br />

<strong>Dezember</strong> <strong>2008</strong> | <strong>Januar</strong> <strong>2009</strong><br />

FORTSETZUNG VON SEITE 1<br />

Revisoren im Aufwind – <strong>Compliance</strong> sei Dank<br />

Bernd Schartmann<br />

Post World Net<br />

vom reinen Abhaken hin<br />

zu risiko- und prozessorientierten<br />

Prüfungsansätzen<br />

ist die Interne Revision<br />

deutlich gestärkt worden.<br />

Corporate Governance<br />

und <strong>Compliance</strong><br />

sind hier die wesentlichen<br />

Treiber.“<br />

Erheblicher Spielraum<br />

Dabei wird in vielen Unternehmen derzeit<br />

diskutiert, wo die <strong>Compliance</strong>-Funktion<br />

organisatorisch eingegliedert werden sollte<br />

und welche Aufgaben am besten von den<br />

Revisoren wahrgenommen werden können.<br />

Da der Gesetzgeber keine Vorgaben macht<br />

und sich bisher auch keine Best Practice herauskristallisiert<br />

hat, verfügt die Geschäftsleitung<br />

hier über einen erheblichen Spielraum.<br />

Während das Thema aufgrund der hohen Regelungsdichte<br />

im Bereich des Finanzwesens<br />

zunächst beim CFO angesiedelt wurde, ordnen<br />

die meisten Unternehmen die gebündelte<br />

<strong>Compliance</strong>-Verantwortung derzeit entweder<br />

der Rechtsabteilung oder der Internen<br />

Revision zu oder gründen eine eigene Stabsstelle.<br />

STADA<br />

Neue Aufgaben, andere Menschen<br />

Für die Internen Revisoren ergeben sich dank<br />

<strong>Compliance</strong> aber in jedem Fall zusätzliche<br />

Aufgaben, meint Marcus<br />

Räthe, Leiter der Konzernrevision<br />

der STADA<br />

Arzneimittel AG und<br />

Vorstandsmitglied des<br />

Deutschen Instituts für<br />

Interne Revision (DIIR):<br />

„Sind die Revisoren nicht<br />

direkt für den<br />

Marcus Räthe<br />

<strong>Compliance</strong>-Bereich verantwortlich,<br />

besteht ihre Funktion darin, die<br />

Implementierung des <strong>Compliance</strong>-Systems<br />

zu begleiten, dieses zu prüfen, zu beraten<br />

und gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge<br />

zu machen.“<br />

Um diesen Aufgaben gerecht zu werden,<br />

brauchen Revisoren auch andere Qualifikationen<br />

als früher: „Klar ist, dass nicht die ,Poltergeister’<br />

erfolgreich sind, die den Geprüften<br />

ihre Schwachstellen vor die Füße knallen,<br />

sondern vielmehr diejenigen, die ein Verständnis<br />

für die Fehlerursache entwickeln<br />

und darauf aufbauend Ansätze zur Problemlösung<br />

einbringen. Von zunehmender Bedeutung<br />

sind daher Soft Skills wie Überzeugungsfähigkeit,<br />

Durchsetzungsvermögen<br />

und die richtige Interviewtechnik“, betont<br />

Schartmann. Dank <strong>Compliance</strong> und Corporate<br />

Governance könnte die Popularität der<br />

einstigen „Abhaker“ in naher Zukunft also<br />

deutlich steigen. <br />

Korrupt oder nicht korrupt …<br />

… das ist hier nicht die Frage. Denn das Risiko von Regelverstößen kann nie ganz eliminiert werden.<br />

Risikoforscher Gleißner fordert, auch bei <strong>Compliance</strong>-Themen ökonomisch zu denken.<br />

Herr Dr. Gleißner, derzeit wird viel darüber<br />

diskutiert, wo das Thema <strong>Compliance</strong> organisatorisch<br />

eingebunden werden sollte. Rechtsabteilung,<br />

Interne Revision, Risikomanagement, ein<br />

eigenes Vorstandsressort – was ist Ihre Meinung<br />

Zunächst einmal: Ein eigenständiges Ressort<br />

halte ich nicht für nötig. So neu ist die<br />

Aufgabe nicht, und außerdem ist es sinnvoll,<br />

sie in die bestehende Organisation einzugliedern.<br />

An welcher Stelle dies am besten geschieht,<br />

hängt vom <strong>Compliance</strong>-Verständnis<br />

des Unternehmens ab: Liegt der Fokus auf einer<br />

reinen „Legal <strong>Compliance</strong>“, ist die Einbindung<br />

in die Rechtsabteilung oder die Interne<br />

Revision sinnvoll. Besteht ein erweitertes<br />

ökonomisches <strong>Compliance</strong>-Verständnis,<br />

sollte die Einbindung in das Risikomanagement<br />

erwogen werden.<br />

„Ökonomisches <strong>Compliance</strong>-Verständnis“<br />

Was ist das<br />

Die <strong>Compliance</strong>-Diskussion ist derzeit<br />

sehr von der Vermeidung von Haftungsrisiken<br />

getrieben. Ich beobachte mit Sorge, dass<br />

bei vielen Unternehmen die ökonomische<br />

Sinnhaftigkeit von Entscheidungsregeln in<br />

den Hintergrund rückt und es oft zu einer unnötigen<br />

Bürokratisierung kommt. Dabei sollte<br />

doch auch <strong>Compliance</strong> die Aktionärsziele,<br />

also z.B. die nachhaltige Steigerung des Aktienkurses,<br />

verfolgen.<br />

Das klingt zwar recht sinnvoll – aber auch<br />

sehr theoretisch. Wie würden Sie Ihre Überlegungen<br />

zum Beispiel auf das Thema Korruptionsprävention<br />

anwenden<br />

Hier könnte die Frage lauten: Wie<br />

schlimm wäre es, wenn sich ein Einkäufer für<br />

einen korrupten Lieferanten entschiede<br />

Für dieses Szenario würde man die Eintrittswahrscheinlichkeit<br />

ermitteln und die wirtschaftlichen<br />

Konsequenzen quantifizieren.<br />

Wichtig ist, zunächst zu klären, ob die Verfahren<br />

zur Lieferantenauswahl überhaupt<br />

ökonomisch sinnvoll sind – also z.B. Ertrag<br />

und Risiko berücksichtigen. Als Nächstes ist<br />

zu klären, ob diese Regelungen gesetzeskonform<br />

sind, und erst dann sollten Anreiz- und<br />

Kontrollmechanismen installiert werden, die<br />

diese Verfahren absichern. <strong>Compliance</strong>-Regelungen<br />

sollten keine methodisch falschen<br />

Entscheidungsverfahren rechtlich besser absichern.<br />

Mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von –<br />

sagen wir – 5 Prozent ist mein Einkäufer korrupt.<br />

Das ist aber schwierig zu dokumentieren, oder<br />

Sie haben recht, hiermit tun sich viele<br />

Unternehmen sehr schwer. Und auch<br />

Juristen sagen, dass dies aus haftungsrechtlicher<br />

Sicht problematisch sein kann. Trotzdem:<br />

In der derzeitigen <strong>Compliance</strong>-Diskussion<br />

wird häufig so getan, als ob die richtigen<br />

<strong>Compliance</strong>-Instrumente Regelverstöße 100-<br />

prozentig ausschließen könnten. Dabei ist<br />

eigentlich klar, dass das Risiko von korruptem<br />

Verhalten nie ganz eliminiert werden<br />

kann.<br />

Also belügt sich selbst, wer <strong>Compliance</strong>-Risiken<br />

nicht quantitativ bewertet<br />

Die Identifizierung, Quantifizierung und<br />

Aggregierung von Risiken sind elementare<br />

Bestandteile einer ordnungsgemäßen Unternehmensführung.<br />

Ich wüsste nicht, warum<br />

<strong>Compliance</strong>-Risiken anders behandelt werden<br />

sollten. Es wird dringend Zeit, dass sich<br />

<strong>Compliance</strong>-Verantwortliche, Risikomanager<br />

und die für eine erfolgsorientierte Steuerung<br />

zuständigen Controller enger verzahnen.<br />

Hier sehe ich bisher bei fast allen Unternehmen<br />

große Defizite. Systematische Fehler in<br />

den Entscheidungsregeln, z.B. für Investitionen<br />

oder Lieferantenauswahl, sind meist teurer<br />

als Korruption. <br />

Dr. Werner Gleißner<br />

leitet die Risikoforschung<br />

der Marsh<br />

GmbH und ist Vorstand<br />

der FutureValue<br />

Group AG. Der in<br />

Volkswirtschaft promovierte<br />

Wirtschaftsingenieur<br />

beschäftigt<br />

sich unter anderem mit der Aufbereitung<br />

von Risikoinformationen für eine wertorientierte<br />

Unternehmenssteuerung sowie<br />

mit psychologischen Aspekten der Risikowahrnehmung.<br />

Marsh GmbH


3 | Kollegen & Karriere<br />

„Falschem Ehrgeiz entgegenwirken“<br />

Macht die Geschäftsführung ihre <strong>Compliance</strong>-Hausaufgaben, ist der<br />

Mitarbeiter für Regelverstöße verantwortlich, fordert Bayer-CCO Hermann.<br />

Herr Dr. Hermann, Kartellabsprachen, Korruption,<br />

Diskussionen um Patentstrategien –<br />

Pharmakonzerne haben in Sachen <strong>Compliance</strong><br />

nicht gerade den besten Ruf. Was ist die größte<br />

Herausforderung für Sie als CCO der Bayer AG<br />

Dr. Michael Hermann<br />

stieg 1975 bei der Bayer<br />

AG ein. Zunächst<br />

beschäftigte er sich<br />

mit arbeitsrechtlichen<br />

Fragestellungen, später<br />

auch mit dem Transaktionsrecht.<br />

Seit<br />

2003 ist der Anwalt<br />

verantwortlich für die Bereiche Corporate<br />

<strong>Compliance</strong> und Corporate Governance.<br />

Bayer AG<br />

Die größte Herausforderung ist sicherlich,<br />

mit unserer Botschaft in den Köpfen der Mitarbeiter<br />

anzukommen. Denn die Erfahrung<br />

aus öffentlich gewordenen Fällen lehrt, dass<br />

Mitarbeiter etwa illegale Kartellabsprachen<br />

häufig in vollem Bewusstsein ihrer Rechtswidrigkeit<br />

begehen. Sie lehrt aber auch, dass<br />

ein – auch nur angenommenes – stillschweigendes<br />

Wohlwollen der Unternehmensführung<br />

die Mitarbeiter hierin bestärkt.<br />

Wichtig ist daher die Botschaft: Wer etwa<br />

durch kartellrechtswidrige Absprachen<br />

glaubt, einen kurzfristigen Erfolg im Unternehmensinteresse<br />

zu sichern, wird langfristig<br />

dem Unternehmen erheblich schaden.<br />

Deshalb sagen wir klar: Wer so handelt, handelt<br />

nicht im Unternehmensinteresse und<br />

kann sich darauf auch nicht berufen.<br />

Werden aber nicht häufig Mitarbeiter im<br />

Rahmen erfolgsabhängiger Vergütungssysteme<br />

für korruptes Verhalten oder Kartellabsprachen<br />

sogar belohnt<br />

Bank in NRW sucht<br />

Leiter (m/w) Risikomanagement<br />

Gesamtbank<br />

Energiehandelsunternehmen<br />

in Zürich sucht<br />

<strong>Compliance</strong> Officer (m/w)<br />

Automobilhersteller sucht<br />

Tax Manager <strong>Compliance</strong> and Audit (m/w)<br />

Aktuelle Stellenangebote:<br />

Sie sprechen ein wichtiges Thema an. Um<br />

falschem Ehrgeiz entgegenzuwirken, werden<br />

<strong>Compliance</strong>-Verstöße von Führungskräften<br />

bei Bayer inzwischen massiv sanktioniert.<br />

Kommt es in einer Organisationseinheit zu<br />

regelwidrigem Verhalten, kann nicht nur der<br />

gesamte variable Gehaltsanteil gestrichen<br />

werden, sondern es drohen sogar schwerwiegendere<br />

Konsequenzen.<br />

Dazu zählen Kündigungen und die Geltendmachung<br />

von Schadenersatzansprüchen.<br />

Auch können parallel Strafverfahren<br />

eingeleitet werden. So wollen wir sowohl das<br />

Unternehmen als auch die Mitarbeiter<br />

schützen. Schöpft ein Unternehmen über<br />

<strong>Compliance</strong>-Strukturen alle ihm zur Verfügung<br />

stehenden Mittel aus, ist nicht das Unternehmen,<br />

sondern der Mitarbeiter für einen<br />

dennoch vorkommenden <strong>Compliance</strong>-<br />

Verstoß verantwortlich.<br />

Bundeskartellamt und EU-Kommission sehen<br />

dies anders: Die <strong>Compliance</strong>-Bemühungen<br />

von Unternehmen haben keinen Einfluss auf das<br />

Strafmaß.<br />

Das halte ich für kontraproduktiv: Um<br />

Kartelle zu bekämpfen, ist es doch von entscheidender<br />

Bedeutung, dass Unternehmen<br />

das Kartellverbot über <strong>Compliance</strong>-Strukturen<br />

verinnerlichen, anstatt es als Hürde zu<br />

betrachten, die es möglichst geschickt zu<br />

überwinden gilt. Wichtig ist das konsequente<br />

und ernsthafte Bekenntnis des Unternehmens<br />

als Organisation – vom Vorstand bis<br />

hin zum Tarifbereich – zur Gesetzestreue. Information<br />

und Schulungen zum Thema<br />

<strong>Compliance</strong> schaffen Sicherheit und haben<br />

eine deutlich präventive Wirkung. Ein dennoch<br />

vorkommender Rechtsverstoß stellt ein<br />

individuelles Fehlverhalten dar, das nicht der<br />

Organisation zuzurechnen ist. Dies sollten<br />

das geltende Recht und die Behördenpraxis<br />

anerkennen. <br />

Pharma- und<br />

Chemieunternehmen sucht<br />

IT <strong>Compliance</strong> Manager (m/w)<br />

Pharmaunternehmen sucht<br />

Head of Business Process Controll<br />

Management (m/w)<br />

Telekommunikationskonzern sucht<br />

Health and Safety Manager (m/w)<br />

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Kollegen<br />

<strong>Compliance</strong><br />

<strong>Dezember</strong> <strong>2008</strong> | <strong>Januar</strong> <strong>2009</strong><br />

Georg Pölzl wird zum<br />

1. <strong>Januar</strong> <strong>2009</strong> neuer<br />

Sprecher der Geschäftsführung<br />

von T-Mobile<br />

Deutschland. Der 51-Jährige<br />

wird in seiner neuen<br />

Funktion als Sprecher<br />

der Geschäftsführung<br />

neben der Gesamtverantwortung<br />

für T-Mobile Deutschland die Ressorts<br />

Datenschutz, Recht und Sicherheit in<br />

seinem Bereich bündeln. Ähnlich wie im Konzernvorstand<br />

der Deutschen Telekom will die<br />

deutsche Mobilfunktochter das Thema Datenschutz<br />

damit aufwerten. Pölzl tritt die Nachfolge<br />

von Philipp Humm an, der sein Amt als<br />

Sprecher der Geschäftsführung Anfang<br />

November niedergelegt hat.<br />

NRW.BANK Helaba T-Mobile<br />

Andrea Aulkemeyer wird ab 1. <strong>Januar</strong> <strong>2009</strong><br />

das Vorstandsressort Interne Revision und<br />

<strong>Compliance</strong> der Rhön-Klinikum AG leiten. Ihre<br />

zentralen Aufgaben werden die Optimierung<br />

interner Geschäftsprozesse im Klinikverbund<br />

sowie die Stärkung der sektorübergreifenden<br />

Zusammenarbeit sein. Die 44-Jährige<br />

arbeitet seit 1991 für den börsennotierten Klinikkonzern,<br />

zuletzt als zuständiger Vorstand<br />

für Nordbayern, Thüringen und Baden-<br />

Württemberg.<br />

Dr. Detlef Hosemann<br />

wird Generalbevollmächtigter<br />

und Vorstandsmitglied<br />

der Helaba Landesbank<br />

Hessen-Thüringen.<br />

Hosemann leitet derzeit<br />

den Bereich Kreditrisikound<br />

Konzerncontrolling.<br />

Der 40-jährige promovierte<br />

Mathematiker kam 2002 von der KPMG<br />

zur Helaba. Er wird als Chief Financial Officer<br />

die Zuständigkeiten übernehmen, die Hans-<br />

Dieter Brenner bisher zusätzlich zu seinen<br />

Aufgaben als Vorstandsvorsitzender der Bank<br />

wahrgenommen hat.<br />

Zum 1. <strong>Januar</strong> <strong>2008</strong> rückt<br />

Michael Stölting zum<br />

stellvertretenden Vorstandsmitglied<br />

der<br />

NRW.BANK auf. Der 46-<br />

Jährige arbeitet seit Mitte<br />

2006 als Bereichsleiter<br />

Risikomanagement für<br />

die NRW.BANK.


4 | Risikomanagement<br />

<br />

!<br />

Q&A: Bonusprogramme<br />

<strong>Compliance</strong><br />

<strong>Dezember</strong> <strong>2008</strong> | <strong>Januar</strong> <strong>2009</strong><br />

<strong>Compliance</strong>-Verantwortlicher eines Medienunternehmens fragt:<br />

Was für Risiken können sich aus Bonusprogrammen ergeben<br />

Ein Teil unserer Mitarbeiter muss viel reisen. Dabei sammeln sie in verschiedenen<br />

Bonusprogrammen Meilen oder Punkte. Ist es rechtlich bedenklich,<br />

wenn die Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Hotel oder Verkehrsmittel<br />

aufgrund attraktiverer Prämien getroffen wird <br />

Als <strong>Compliance</strong>-Verantwortlicher<br />

stehen Sie vor einem praktischen<br />

Problem<br />

Schreiben Sie uns!<br />

Steffen Salvenmoser, Partner bei PricewaterhouseCoopers (PwC), antwortet:<br />

Wichtig ist, über klare Vorgaben Rechtssicherheit für die Mitarbeiter zu schaffen.<br />

Zunächst einmal gilt: Für den Arbeitgeber<br />

ergeben sich aus Bonusprogrammen keine<br />

rechtlichen Risken.<br />

Gibt es keine klaren Regeln, laufen aber<br />

Mitarbeiter Gefahr, dass ihr Verhalten als<br />

Untreue zu Lasten ihres Arbeitgebers ausgelegt<br />

wird. Hintergrund ist das Auseinanderfallen<br />

von Vorteilsempfänger (Reisender)<br />

und demjenigen, der die Kosten trägt<br />

Steffen Salvenmoser<br />

(Arbeitgeber). Egal, ob die private Nutzung<br />

gestattet wird oder nicht: Von größter Bedeutung ist es, für den<br />

Mitarbeiter Rechtssicherheit zu schaffen und ihn so vor einem<br />

etwaigen Vorwurf der Untreue zu schützen.<br />

Daher sollten klare und eindeutige Regelungen fixiert<br />

werden. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten. Als<br />

Prüfungs- und Beratungsunternehmen steht PwC auch vor<br />

PricewaterhouseCoopers<br />

diesem Problem. PwC hat sich entschieden, den Mitarbeitern<br />

die private Nutzung dienstlich erflogener Meilen zu gestatten,<br />

empfiehlt aber zugleich, diese, wenn möglich, auch dienstlich,<br />

zum Beispiel für Upgrades bei längeren Flügen, einzusetzen.<br />

In vielen anderen Unternehmen ist es inzwischen üblich,<br />

dass dienstlich erworbene Flugmeilen auch dienstlich verflogen<br />

werden müssen. Alternativ können über eine Reisekostenrichtlinie<br />

Vorschriften zur Auswahl von Unterkunft oder<br />

Hotel getroffen und eventuell sogar über eine zentrale Stelle<br />

gebucht werden.<br />

Hat ein Unternehmen keine klaren Vorschriften, sollten<br />

Mitarbeiter ihr persönliches Risiko dadurch reduzieren, dass<br />

sie Transparenz herstellen und zum Beispiel den Vorgesetzten<br />

über den geplanten privaten Einsatz eines dienstlich erreisten<br />

Guthabens informieren. <br />

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5 | Korruptionsprävention<br />

„Ein Schrank voller Vorschriften hilft niemandem.“<br />

<strong>Compliance</strong><br />

<strong>Dezember</strong> <strong>2008</strong> | <strong>Januar</strong> <strong>2009</strong><br />

Als Betreibergesellschaft des Frankfurter Flughafens vergibt die Fraport AG Millionenaufträge.<br />

In Zukunft will sie die <strong>Compliance</strong>-Strukturen ihrer Lieferanten auditieren. Doch noch sind viele Fragen offen.<br />

Wirksamkeit eines <strong>Compliance</strong>-Systems.<br />

Diese zu prüfen ist mehr als die Einhaltung<br />

von Formalien. Ein Schrank voller Unterschriften<br />

hilft aber niemandem. Außerdem<br />

könnte ein derart formaler Prozess dazu führen,<br />

dass Mittelständler im Ausschreibungsprozess<br />

benachteiligt werden.<br />

<strong>Compliance</strong>-Risiko Großbaustelle: das in Frankfurt entstehende Airrail Center der Fraport AG<br />

Herr Geiß, welche Risiken können sich aus<br />

mangelhaften <strong>Compliance</strong>-Strukturen von Lieferanten<br />

für die Fraport AG ergeben<br />

Das größte Risiko ist der mögliche Imageschaden.<br />

Das jüngste Beispiel hierfür war<br />

BMW. So stand in der Presse: „Bestechung<br />

bei BMW“. Dabei hatte aber gar nicht BMW<br />

bestochen, sondern ein BMW-Einkäufer<br />

Schmiergelder von einem Lieferanten angenommen.<br />

Natürlich machte sich BMW besser<br />

in der Schlagzeile als irgendein unbekannter<br />

Mittelständler.<br />

Trotzdem war in diesem Fall BMW nicht<br />

ganz unschuldig. Immerhin hat der BMW-Mitarbeiter<br />

ja mitgemacht …<br />

Natürlich gehören zu Korruption immer<br />

zwei Parteien. Trotzdem wird unser Risiko<br />

geringer, wenn die Lieferanten sich regelkonform<br />

verhalten.<br />

Nun können Sie viel von Ihren Lieferanten<br />

fordern. Aber welche Möglichkeiten gibt es, um<br />

sicherzustellen, dass die <strong>Compliance</strong>-Strukturen<br />

der Lieferanten tatsächlich funktionieren<br />

Der erste Schritt in Richtung Lieferanten-<br />

<strong>Compliance</strong> sind Appelle oder unverbindliche<br />

Abfragen. Dies ist aber natürlich ein sehr<br />

stumpfes Schwert, denn das Entdeckungsrisiko<br />

ist gleich null, und so wird jeder sein<br />

Kreuz an der richtigen Stelle setzen. Besser<br />

sind Integritätsklauseln, wie sie zum Beispiel<br />

die Deutsche Bahn verwendet. Diese werden<br />

in den Vertrag integriert, so dass Verstöße<br />

dann mit Vertragsstrafen geahndet werden<br />

können. Die Zukunft sehe ich aber in Auditierungen<br />

bzw. Zertifizierungen. Vorreiter ist<br />

die bayrische Bauindustrie, und auch die<br />

deutsche Immobilienwirtschaft zieht in einer<br />

Initiative mit. Im Mittelpunkt steht hier die<br />

externe Überprüfung der Wirksamkeit von<br />

<strong>Compliance</strong>-Strukturen. Unser Ziel ist, verstärkt<br />

in diese Richtung zu gehen. Aber es<br />

gibt noch zahlreiche Schwierigkeiten …<br />

Können Sie ein Beispiel nennen<br />

Das wesentliche Problem ist, dass es bisher<br />

keine Definition einer guten <strong>Compliance</strong><br />

gibt. Deshalb ist es bisher nicht möglich, eine<br />

Zertifizierung, wie es sie im Bereich des Qualitätsmanagements<br />

schon seit Jahren gibt, so<br />

ohne weiteres zu entwickeln.<br />

Sehen Sie nicht die Gefahr, dass ein standardisiertes<br />

Verfahren auf Basis einer Zertifizierung<br />

in diesem Bereich nur zu mehr Bürokratie und<br />

Checklisten führen könnte<br />

Doch. Vor allem, wenn die Wirtschaftsprüfer<br />

dieses Thema zu stark besetzen. Aufgrund<br />

ihrer Haftungsrisiken bewegen sie<br />

sich immer auf einer sehr stark formalen<br />

Ebene und prüfen oft nur, ob zum Beispiel<br />

der Vorstand an der richtigen Stelle unterschrieben<br />

hat. Entscheidend ist aber die<br />

Fraport AG<br />

Weil ihnen die Hochglanzbroschüre fehlt<br />

Im Endeffekt ja. Wenn es nur noch darum<br />

geht, formale Vorraussetzungen nachzuweisen,<br />

haben Großunternehmen mit ihren<br />

<strong>Compliance</strong>-Budgets viel bessere Voraussetzungen.<br />

Dabei sagt eine Hochglanzbroschüre<br />

natürlich noch gar nichts über die tatsächlichen<br />

Verhältnisse beim Unternehmen aus.<br />

Nehmen Sie nur das Beispiel Siemens: Auf<br />

dem Papier war alles glänzend, es gab<br />

<strong>Compliance</strong>-Strukturen und Corporate-Governance-Richtlinien.<br />

Wie wir jetzt wissen,<br />

existierte aber zu dieser schönen Schein- eine<br />

dunkle Schattenwelt.<br />

Aber selbst wenn einmal definiert ist, wie gute<br />

<strong>Compliance</strong> aussieht, ist es doch schwierig, dies<br />

tatsächlich zu überprüfen …<br />

Eine <strong>Compliance</strong>-Auditierung ist durchaus<br />

aufwendig, da haben Sie recht. Belastbare<br />

Ergebnisse dürften wohl nur zwei- bis dreitägig<br />

Audits bringen. Hierfür würde ich mit<br />

Kosten von etwa 4.000 Euro für die<br />

Lieferanten rechnen. Wenn Sie aber von Bausummen<br />

bei der Fraport im zweistelligen<br />

Millionenbereich ausgehen, halte ich diesen<br />

Aufwand durchaus für gerechtfertigt. <br />

Otto Geiß ist Leiter<br />

der Internen Revision<br />

und des Wertemanagements<br />

der Fraport AG.<br />

Die Fraport AG ist Betreibergesellschaft<br />

des<br />

Flughafens Frankfurt<br />

und hält außerdem<br />

Beteiligungen im Inund<br />

Ausland. 2007 erzielte der Konzern<br />

mit gut 28.000 Mitarbeitern einen Umsatz<br />

von 2,3 Milliarden Euro.<br />

Fraport AG<br />

Veranstaltungskalender (Einfach auf die Veranstaltung klicken!)<br />

Datum Titel Veranstalter Ort Kosten<br />

15. <strong>Januar</strong> <strong>2009</strong> Aktuelle Haftungsfragen bei Organen börsennotierter Unternehmen Deutsches Aktieninstitut Frankfurt / Main 900 Euro<br />

22. <strong>Januar</strong> <strong>2009</strong> Der betriebliche Datenschutzbeauftragte One by one EDV-GmbH Berlin 450 Euro<br />

20.–22. <strong>Januar</strong> <strong>2009</strong> Der Fraud Manager Management Circle München 2.195 Euro<br />

17.–19. Februar <strong>2009</strong> Unternehmensjuristentage <strong>2009</strong> Euroforum Berlin 2.749 Euro<br />

19.–20. Februar <strong>2009</strong> Gewerblicher Rechtsschutz in der Unternehmenspraxis Management Forum Starnberg Frankfurt / Main 1.695 Euro


6 | Recht & Rechtsprechung<br />

FORTSETZUNG VON SEITE 1<br />

Falsche Signale aus Brüssel<br />

stabil wie möglich zu halten. Die Höhe des<br />

Bußgeldes begründet EU-Kommissarin Neelie<br />

Kroes mit der Größe des Marktes, der<br />

Schwere der Zuwiderhandlung sowie der Beteiligung<br />

von Saint-Gobain an früheren Verstößen.<br />

Unpräzise Grundlagen<br />

Der neue Rekord kommt zu einer Zeit, in der<br />

die Kritik an der Kommission wächst: Erst im<br />

September hatte die Rechtsanwaltskanzlei<br />

Gleiss Lutz eine Studie veröffentlicht, in der<br />

Umstritten: Neelie Kroes, EU- Wettbewerbskommissarin,<br />

im medienwirksamen Kampf für die Verbraucher<br />

unter anderem die unpräzisen rechtlichen<br />

Grundlagen und Kriterien für die Bußgeldbemessung<br />

moniert werden. Zahlreiche Praktiker<br />

wie Dr. Peter Herbel, Chefjurist von Total,<br />

Dr. Klaus Moosmayer, Leiter des <strong>Compliance</strong>-<br />

Programms von Siemens, und Prof. Dr. Karl<br />

Hofstetter, Chefjurist der Schweizer Schindler<br />

Holding, schlossen sich Medienberichten<br />

zufolge der Kritik an.<br />

„Im Grunde dreht sich die Diskussion um<br />

die extrem großen Ermessensspielräume der<br />

Kommission. Zwar gibt es ein Schema, aber<br />

je nachdem, welche Annahmen zugrunde gelegt<br />

werden, lässt sich fast jeder Betrag rechtfertigen“,<br />

meint Anne Federle, Kartellrechtsexpertin<br />

bei der Rechtsanwaltskanzlei Linklaters<br />

in Brüssel.<br />

EU-Kommission<br />

Präventivmaßnahmen belohnen<br />

Viele <strong>Compliance</strong>-Verantwortliche erzürnt<br />

besonders, dass die <strong>Compliance</strong>-Bemühungen<br />

von Unternehmen bei der Bußgeldbemessung<br />

weder auf europäischer noch auf<br />

nationalstaatlicher Ebene eine Rolle spielen.<br />

„Damit senden die Aufsichtsbehörden die<br />

vollkommen falschen Signale“, kritisiert zum<br />

Beispiel Dr. Michael Herrmann, CCO der<br />

Bayer AG (siehe auch S. 3), und auch Hofstetter<br />

meint: „Die Bemühungen der Konzerne,<br />

Verstöße zu verhindern, müssen berücksichtigt<br />

werden“.<br />

Doch tatsächlich ist derzeit eher das<br />

Gegenteil der Fall: <strong>Compliance</strong>-Programme<br />

können die kartellrechtlichen Risiken sogar<br />

erhöhen. Denn, so heißt es in der Studie von<br />

Gleiß Lutz: „Die meisten <strong>Compliance</strong>-<br />

Programme drohen Angestellten mit ernsthaften<br />

Konsequenzen und Sanktionen, sollten<br />

sie sich an Kartellen beteiligen. Daher ist<br />

es in Unternehmen mit <strong>Compliance</strong>-Programmen<br />

wesentlich schwieriger, die Angestellten<br />

für eine Zusammenarbeit zu gewinnen<br />

und Einzelheiten des Kartells zu offenbaren.“<br />

Die Rechtsanwälte fordern daher,<br />

dass die Strafbemessung weniger auf die<br />

reine Abschreckung setzen, sondern stattdessen<br />

vielmehr Präventivmaßnahmen unterstützen<br />

solle.<br />

Vorbild Kanada<br />

Ein immer wieder vorgebrachtes Gegenargument<br />

ist, dass es schwierig sei, die Anforderungen<br />

an ein adäquates <strong>Compliance</strong>-System<br />

ausreichend zu definieren. Federle hält dagegen,<br />

dass dies in anderen Rechtssystemen<br />

längst geschehen sei: „Beispielsweise hat die<br />

kanadische Kartellbehörde detaillierte Richtlinien<br />

veröffentlicht und bietet den Unternehmen<br />

so eine sehr gute Orientierung. Ich<br />

sehe keinen Grund dafür, warum dies in<br />

Europa nicht möglich sein sollte.“<br />

Viele europäische Unternehmen würden<br />

diesen Anforderungen derzeit allerdings<br />

nicht genügen, so Federle. Im Wesentlichen<br />

sieht sie derzeit drei Defizite: „Erstens führen<br />

viele Unternehmen einmalig Schulungen<br />

durch, frischen diese dann aber nicht auf<br />

oder schulen nicht systematisch neue Mitarbeiter.<br />

Zweitens fehlt oft die Überwachung.<br />

Nur schulen, aber dann die Einhaltung nicht<br />

kontrollieren, ist gefährlich. Drittens berücksichtigen<br />

viele Unternehmen zu wenig, dass<br />

für den einzelnen Mitarbeiter oft Zielkonflikte<br />

bestehen. Muss ein Vertriebler die Preise<br />

um 10 Prozent erhöhen, um einen Bonus zu<br />

erhalten, sollte vor Auszahlung des Bonus<br />

auch nachgefragt werden, wie er das Ziel erreicht<br />

hat. Ansonsten helfen auch die besten<br />

Schulungen der Welt nicht weiter.“<br />

Ernsthafte Reformbestrebungen sieht Federle<br />

derzeit allerdings nicht. „EU-Kommissarin<br />

Neelie Kroes gefällt sich sehr gut in ihrem<br />

erbitterten Kampf für die Rechte der Verbraucher.<br />

Die gigantischen Bußgelder sind<br />

dabei sehr medienwirksam.“ Außerdem sollte<br />

man nicht vergessen, dass die Strafen, seit<br />

2003 fast 9 Milliarden Euro, direkt in die EU-<br />

Kasse fließen. Dennoch: „Die Diskussion ist<br />

angestoßen. Die Kommission wird sich der<br />

Kritik stellen müssen“, so Federle. <br />

IMPRESSUM<br />

<strong>Compliance</strong><br />

<strong>Dezember</strong> <strong>2008</strong> | <strong>Januar</strong> <strong>2009</strong><br />

Kommentar<br />

Blauäugig<br />

Nichts sehen, nichts<br />

hören, nichts sagen.<br />

Jahrzehntelang saßen<br />

die KPMG-Prüfer bei<br />

Siemens wie die drei<br />

berühmten Affen.<br />

Schwarzgeldkonten<br />

und Bestechung aufdecken<br />

Das war<br />

nicht Teil des Prüfungsauftrages. Und<br />

außerdem nicht gut für das Geschäft.<br />

Nun hat KPMG das profitable Mandat<br />

doch verloren. „Ein Signal im Sinne einer<br />

bestmöglichen Corporate Governance“,<br />

so begründet Siemens den Prüferwechsel.<br />

Im Vergleich zu Siemens sind die blinden,<br />

tauben und stummen Prüfer mit einem<br />

blauen Auge davongekommen, denn<br />

haften müssen sie nicht. Das Governance-<br />

Signal sollten sie trotzdem wahrnehmen.<br />

Denn die Daseinsberechtigung der<br />

Prüferzunft ergibt sich nicht aus der<br />

gutgläubigen Testatsunterzeichnung,<br />

sondern aus dem kritischen Hinterfragen –<br />

egal was im Prüfungsauftrag steht.<br />

kas<br />

Haben Sie Anregungen, Fragen oder<br />

Kritik Über Ihr Feedback freuen wir uns.<br />

Katharina Schlüter (kas)<br />

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