Maquetación 2 - Hotel Llegendes de Girona
Maquetación 2 - Hotel Llegendes de Girona
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42 GEHEIMNISVOLLE GESCHICHTEN<br />
"SAGEN UND LEGENDEN AUS GIRONA"
Zur Erinnerung an Roser Vallmajó<br />
Trayter, Präsi<strong>de</strong>ntin <strong>de</strong>r Fundació60 und<br />
Initiatorin <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>e und dieses kulturellen<br />
und unternehmerischen Projekts, widmen<br />
wir ihr dieses Buch.<br />
Sie verstarb am 28.2.2007 im Alter von<br />
51 Jahren in <strong>Girona</strong>.
Hier beginnt Ihr Besuch<br />
im Magischen <strong>Girona</strong>...
4<br />
Einstein sagte: »Wenn du ein kluges<br />
Kind willst, dann erzähl ihm Geschichten.<br />
Wenn du ein noch klügeres Kind willst,<br />
dann erzähl ihm noch mehr<br />
Geschichten.« Erzählt <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn je<strong>de</strong>n<br />
Tag Sagen, Geschichten und Märchen...
Gerard Roca Ayats, 34 Jahre alt, geboren am 9.12.1972<br />
in Sant Gregori (<strong>Girona</strong>), Maler und Bildhauer, ist <strong>de</strong>r<br />
Künstler <strong>de</strong>r 42 Marmorreliefs über die Sagen <strong>Girona</strong>s, die<br />
in diesem Buch erscheinen und die das Thema <strong>de</strong>s <strong>Hotel</strong>s<br />
<strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong> (Oktober 2007) sein wer<strong>de</strong>n.<br />
Er lebt in Anglès.<br />
gerard.roca.ayats@hotmail.com<br />
Nuri Ros Rue, 31 Jahre alt, geboren am 31.12.1975 in<br />
Palafrugell (<strong>Girona</strong>). Sie ist Journalistin und soziale und<br />
kulturelle Anthropologin an <strong>de</strong>r Universität Barcelona.<br />
Sie widmet sich journalistischen und sozialen Aufgaben.<br />
Zurzeit arbeitet sie für die Stiftung Jaume Bofill am Panel<br />
über die sozialen Ungleichheiten in Katalonien. Sie ist<br />
die Autorin <strong>de</strong>r Texte über Sagen und Legen<strong>de</strong>n aus <strong>Girona</strong>,<br />
die in diesem Buch veröffentlicht wer<strong>de</strong>n. Sie lebt<br />
in <strong>de</strong>r Stadt <strong>Girona</strong>.<br />
rrnurry@hotmail.com<br />
Die Rechte und das geistige Eigentum sowohl <strong>de</strong>r<br />
Marmorreliefs als auch <strong>de</strong>r Texte <strong>de</strong>r 42 Sagen und Legen<strong>de</strong>n<br />
aus <strong>Girona</strong>, die in diesem Buch erscheinen, gehört <strong>de</strong>r<br />
Fundació60, die sie <strong>de</strong>n Bürgern <strong>Girona</strong>s und seinen Besuchern<br />
zur Verfügung stellt.<br />
Dieses Buch wird am 23.4.2007, <strong>de</strong>m Feiertag <strong>de</strong>s Heiligen Georg,<br />
auf Katalanisch, Spanisch, Englisch, Französisch und Deutsch<br />
herausgegeben.<br />
Eine zweite, erweiterte Auflage für das Jahr 2008 mit mehr<br />
Sagen und Legen<strong>de</strong>n aus <strong>Girona</strong>, weiteren Marmorreliefs und<br />
Skulpturen, mit mehr Zauber, Magie und sagenhaften<br />
Geheimnissen ist vorgesehen. Diese erweiterte Auflage wird<br />
auch auf Italienisch, Russisch, Holländisch, Arabisch, Chinesisch<br />
und Japanisch - insgesamt in elf Sprachen - erscheinen.<br />
(E-Mail: info@fundacio60.org / www.fundacio60.org).<br />
5
6<br />
Vorwort zur Ausgabe<br />
THEMENHOTEL ODER MEHRWERT<br />
In <strong>de</strong>r neuen Kultur <strong>de</strong>r Mobilität – und noch mehr im so<br />
genannten Kulturtourismus – umfasst <strong>de</strong>r Aufenthaltsort<br />
immer mehr Werte.<br />
Es gibt keinen Zweifel darüber, dass die Welt <strong>de</strong>r Sagen und<br />
Legen<strong>de</strong>n zu unserem gemeinschaftlichen Gedankengut gehört.<br />
Einen Aufenthalt also mit einem Blick in die Sagenwelt zu verbin<strong>de</strong>n,<br />
liegt auf <strong>de</strong>r Linie dieser zusätzlichen Werte, die wir alle<br />
immer mehr suchen.<br />
Unser Land ist zweifellos ein Land <strong>de</strong>r Traditionen und<br />
Wurzeln, ein Land <strong>de</strong>r Bräuche und <strong>de</strong>r Kontinuität, ein Land<br />
volkstümlicher Handwerker, sowie <strong>de</strong>s Kunstgewerbes, <strong>de</strong>r<br />
Geschichte und I<strong>de</strong>ntität.<br />
Es ist auch ein Land, das von weither kommt und in <strong>de</strong>m die<br />
Sagen- und Legen<strong>de</strong>ntradition ihre Wurzeln in <strong>de</strong>r eigenen<br />
althergebrachten Mythologie hat.<br />
Das Brauchtum und im weiteren Sinne auch die katalanische<br />
Sagen- und Legen<strong>de</strong>nsammlung, Erbe dieser Tradition, sind<br />
beson<strong>de</strong>rs reichhaltig. Ihre Historiographie ist umfassend dokumentiert<br />
und verfügt über be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Namen (Joan Ama<strong>de</strong>s,<br />
Aureli und Maria Aurèlia Capmany,) und, verbun<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>r<br />
Wie<strong>de</strong>rerlangung <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität, über Epochen mit einem starken<br />
Forschungstrieb und Verbreitungswillen.<br />
Dieser Reichtum unserer Sagen- und Legen<strong>de</strong>nsammlung zeigt<br />
sich intensiv in unseren Landkreisen, beson<strong>de</strong>rs aber in <strong>de</strong>r Stadt<br />
<strong>Girona</strong>, wo sie sich natürlich speziell auf die Altstadt konzentriert.<br />
Unter <strong>de</strong>n vielen Sagen und Legen<strong>de</strong>n dieser Sammlung gibt es<br />
religiöse, weltliche, kultische und historische Geschichten und<br />
Geschichten volkstümlicher Herkunft; im Ganzen ein Spektrum,<br />
das vielfältig, attraktiv und be<strong>de</strong>utend genug für ein traumhaftes<br />
<strong>Hotel</strong>abenteuer ist.<br />
Das für <strong>de</strong>n <strong>Hotel</strong>betrieb ausgewählte Gebäu<strong>de</strong> ist zweifellos von<br />
großer Be<strong>de</strong>utung für diese Welt zwischen Phantasie und<br />
Tradition, vor allem für einen <strong>de</strong>r Angelpunkte in <strong>de</strong>r Sagen- und<br />
Legen<strong>de</strong>nwelt <strong>Girona</strong>s, nämlich die Gestalt <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus.<br />
Zwei <strong>de</strong>r hier erzählten Sagen o<strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong>n könnten, in einer<br />
ihrer Fassungen, durchaus in diesem Gebäu<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r in seiner<br />
Umgebung entstan<strong>de</strong>n sein.<br />
Das Gebäu<strong>de</strong> entsprach in seiner Gestaltung einem Mietshaus mit<br />
mehreren Wohnungen, die sehr verän<strong>de</strong>rt wor<strong>de</strong>n sind, aber noch<br />
einige restaurierbare Elemente enthalten.<br />
Wichtig war auch die Erhaltung von kraftvollen Elementen an<br />
<strong>de</strong>n Fassa<strong>de</strong>n, beson<strong>de</strong>rs an <strong>de</strong>r zum Carrer Portal <strong>de</strong> la Barca,<br />
die bei späteren Umbauarbeiten entstand, wobei große<br />
Fenster und bessere Balkone eingebaut wur<strong>de</strong>n, um das<br />
Gebäu<strong>de</strong> zu verschönern.<br />
Der Arbeitsprozess enthüllt uns die Präsenz neuer Elemente, die<br />
Licht in die Vergangenheit <strong>de</strong>s Gebäu<strong>de</strong>s und die Historiographie<br />
<strong>de</strong>s Viertels bringen können.<br />
Das Thema <strong>de</strong>r Sagen- und Legen<strong>de</strong>nwelt führt neben <strong>de</strong>n formellen<br />
Definitionen im Kern einen recht interessanten<br />
Handlungsablauf ein.<br />
Der Planung <strong>de</strong>s Projektes versuchte dieses Unterscheidungsmerkmal<br />
einzuschließen, das weit über eine Bezugnahme hinausgeht,<br />
um im eigenen Zutun ein Unterscheidungsfakt zu wer<strong>de</strong>n.<br />
Dass die Beson<strong>de</strong>rheit dieses <strong>Hotel</strong>services mit <strong>de</strong>r volkstümlichen<br />
Weisheit zu tun hat, ist ein weiteres Argument für dieses Projekt<br />
Die Informationen, die über die Altstadt <strong>Girona</strong>s vorliegen, sind<br />
umfangreich und fundiert, und je<strong>de</strong>r kann die Geschichte dieser<br />
Stadt ab <strong>de</strong>r ersten, spätrömischen Stadtmauer mit ihrem unregelmäßigen,<br />
fast dreieckigen Verlauf, <strong>de</strong>r erst im späten 9.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rt mit <strong>de</strong>r Errichtung <strong>de</strong>r Burg von Gironella und <strong>de</strong>r<br />
Erweiterung nach Galligans verän<strong>de</strong>rt wird, nachlesen.<br />
Das 11. Jahrhun<strong>de</strong>rt ist von einer großen Bauaktivität geprägt,<br />
sowohl im Stadtkern als auch in <strong>de</strong>r Umgebung (Kathedrale und<br />
die Kirchen Sant Pere, Sant Nicolau, Sant Daniel, Sant Martí, Santa<br />
Eulàlia, Santa Susanna usw.) und be<strong>de</strong>utet die Entstehung <strong>de</strong>s<br />
Stadtviertels Sant Feliu.<br />
Aber erst im 14. und 15. Jahrhun<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong> h das große<br />
Wachstum <strong>de</strong>r Stadt die Bebauung zur Ebene hin verstärkt.<br />
Daraus ergab sich, dass gegen Mitte <strong>de</strong>s Jahrhun<strong>de</strong>rts mit <strong>de</strong>m<br />
Bau einer neuen - <strong>de</strong>r jetzigen - Stadtmauer begonnen wur<strong>de</strong>, die<br />
eine viel größere Fläche sichern konnte. Zur selben Zeit wur<strong>de</strong> die<br />
neue Stadtmauer von Mercadal geplant; das Vorhaben wur<strong>de</strong><br />
aber erst im 15. Jahrhun<strong>de</strong>rt umgesetzt.<br />
Im Inneren dieses Gelän<strong>de</strong>s liegt diese überwältigen<strong>de</strong> Vielfalt an<br />
Bauwerken, Gebäu<strong>de</strong>n, Geschichten und Mauern, die so viele
Besucher anziehen und für die die Stadt sich einsetzt, damit sie<br />
zu einem lebenswerten Zentrum und nicht zu einem touristischen<br />
Themenpark wer<strong>de</strong>n.<br />
Es gibt keinen Zweifel darüber, dass <strong>de</strong>r historische Kern <strong>de</strong>r<br />
Stadt <strong>Girona</strong>, <strong>de</strong>r, wie Joaquim Nadal wie<strong>de</strong>rholt sehr gut beschrieben<br />
hat, bis En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r sechziger Jahre ein Zentrum sprühen<strong>de</strong>n<br />
Lebens und <strong>de</strong>r Dynamik war, später einen grundlegen<strong>de</strong>n<br />
Umwandlungs- und Erneuerungsprozess über sich<br />
ergehen lassen musste, nach<strong>de</strong>m die Innenstadt durch das<br />
übermäßige, ja chaotische Wachstum nach <strong>de</strong>m ehrgeizigen<br />
Generalplan von 1970 - ein “Groß- Gerona” genanntes Projekt<br />
- an Vitalität verloren hatte.<br />
Der spezielle Renovierungsplan hat es nun ermöglicht, diese<br />
unbedingt erfor<strong>de</strong>rliche Renaissance in Angriff zu nehmen, die<br />
auf eine Situation hinarbeitet, in <strong>de</strong>r die Bautätigkeit und die<br />
nötige Kulturisierung – und auch <strong>de</strong>r Tourismus – mit einem<br />
lebendigen und lebenswerten Stadtviertel vereinbar sein sollen.<br />
Das war das Projekt <strong>de</strong>s <strong>de</strong>mokratischen <strong>Girona</strong> und trotz <strong>de</strong>r<br />
vielen Schwierigkeiten hat <strong>de</strong>r lange Weg wichtige Lichtblicke<br />
gebracht. Das ist auf eine Weise auch das Projekt dieses<br />
<strong>Hotel</strong>betriebes.<br />
Der Standort <strong>de</strong>s <strong>Hotel</strong>s in Pou Rodó, an einem Ort <strong>de</strong>r<br />
Traditionen in <strong>de</strong>r Altstadt <strong>Girona</strong>s, die sich nicht nur zum<br />
Mittelpunkt <strong>de</strong>s Stadtlebens, son<strong>de</strong>rn zu einem wahren, neuen<br />
Dynamisierungspol <strong>de</strong>s historischen Kerns entwickelte, macht es<br />
zu einer Art Tor, zu einem Eingangsbereich und zu einer<br />
Empfangsstelle. Und was gibt es Schöneres, als dass Hoffnungen<br />
und Phantasien, die die Sagen- und Legen<strong>de</strong>nwelt immer begleiten,<br />
die Gastgeber dieses Empfangs sind?<br />
Das <strong>Hotel</strong> ist Ausgangspunkt für einen Rundgang in eine Welt<br />
<strong>de</strong>r Erlebnisse.<br />
Städte sind viel mehr als Steine, Plätze, Umgebungen und<br />
Bauwerke. Städte sind die Hinterlassenschaften <strong>de</strong>s Lebens<br />
ihrer Bewohner, sie sind durchtränkt von ihren Erlebnissen, von<br />
ihrer Geschichte und von <strong>de</strong>r Summe <strong>de</strong>r Tausen<strong>de</strong>n von<br />
Hoffnungen und Anstrengungen, und sie sind zu<strong>de</strong>m Orte, an<br />
<strong>de</strong>nen Erfun<strong>de</strong>nes und Tradition bewahrt wer<strong>de</strong>n, die die Zeit<br />
uns auf viele Weisen übermittelten, unter an<strong>de</strong>rem in Form von<br />
Legen<strong>de</strong>n und Sagen, die seit Beginn aller Zeiten in allen<br />
Kulturen vorhan<strong>de</strong>n sind.<br />
Die Gegend von <strong>Girona</strong> und ganz beson<strong>de</strong>rs seine Altstadt, sind<br />
Orte mit einem außergewöhnlichen Reichtum auf diesem Gebiet.<br />
Wenn wir uns darauf einstellen, in diese magische Welt <strong>de</strong>r<br />
Fabelei, die im volkstümlichen Gedankengut verwurzelt ist, einzutreten<br />
und sie zu erleben, öffnet sich da eine Fülle recht attraktiver<br />
Möglichkeiten.<br />
Ein Aufenthalt in einem <strong>Hotel</strong> ist wie eine gewisse Auszeit vom<br />
Alltag, wie ein kleines Geschenk in unserem hektischen Leben<br />
und ist einer dieser Glücksmomente, die wir uns hin und wie<strong>de</strong>r<br />
gönnen müssen. Das alles sind Konzepte, die uns überhaupt<br />
nicht von diesem Gebiet, das näher am Geist als an <strong>de</strong>r Materie<br />
liegt, entfernen.<br />
Die historische Stadt hat viele Winkel, viele Rundgänge und viele<br />
Aspekte, die es zu ent<strong>de</strong>cken gilt.<br />
Man kann einen Besuch o<strong>de</strong>r einen Rundgang planen, <strong>de</strong>r sich<br />
mit <strong>de</strong>m baulichen Reichtum befasst und in <strong>de</strong>m es sehr viele<br />
interessante und hochwertige Ikonen zu erkun<strong>de</strong>n gibt. Man kann<br />
sich aber auch mit <strong>de</strong>r Geschichte, vom römischen Territorium bis<br />
zu <strong>de</strong>n Stadtmauern von Mercadal, beschäftigen o<strong>de</strong>r Rundgänge<br />
wählen, die sich auf Plätze mit Eigentümlichkeiten konzentrieren.<br />
Des Weiteren kann das Augenmerk auf Geschäfte,<br />
Gastronomie, Kultur o<strong>de</strong>r die neuen städtischen und architektonischen<br />
Errungenschaften gerichtet wer<strong>de</strong>n.<br />
Auch die Sagen und Legen<strong>de</strong>n gehören dazu, wenn man diese<br />
Orte ent<strong>de</strong>cken und kennenlernen möchte; es ist dies eine an<strong>de</strong>re,<br />
aufregen<strong>de</strong> Art und Weise <strong>de</strong>s Kennenlernens.<br />
Josep Riera Micaló<br />
Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Architektenkammer von Katalonien<br />
für <strong>de</strong>n Bezirk <strong>Girona</strong><br />
7
GIRONA: EINE KLEINE, RUHIGE,<br />
MODERNE UND ÜBERSCHAUBARE STADT<br />
<strong>Girona</strong> ist ein schöner Ort, an <strong>de</strong>m Geschichte aus allen<br />
Winkeln zutage tritt, und <strong>Girona</strong> steht seinen Bewohnern<br />
und <strong>de</strong>njenigen, die we<strong>de</strong>r seine Vergangenheit noch die<br />
Möglichkeiten <strong>de</strong>r neuen Zeit ablehnen, zur Verfügung.<br />
Es ist eine kleine, ruhige, mo<strong>de</strong>rne und überschaubare<br />
Stadt, in <strong>de</strong>r mit einem einfachen Spaziergang die<br />
unterschiedlichsten Interessen verfolgt wer<strong>de</strong>n können,<br />
mit einem außergewöhnlichen architektonischen<br />
Kulturgut und einer Geschichte von mehr als zweitausend<br />
Jahren. Seine Vielfalt an Sagen und Legen<strong>de</strong>n ist eine<br />
großartige und vielseitige Hilfe, sich von einer<br />
phantastischen, phantasievollen und unterhaltsamen<br />
Perspektive aus mit <strong>de</strong>r Geschichte zu verbin<strong>de</strong>n, ein<br />
Vermächtnis, das sich im Laufe <strong>de</strong>r Zeit zu einer<br />
touristischen Ressource <strong>de</strong>r Altstadt, und im weiteren<br />
Sinne, <strong>de</strong>r Stadt entwickelt hat.<br />
Wir la<strong>de</strong>n Sie ein, <strong>Girona</strong> über seine Sagen und Legen<strong>de</strong>n<br />
zu erleben. <strong>Girona</strong> hat viele davon: Die Hexe <strong>de</strong>r<br />
Kathedrale, <strong>de</strong>r Hintern <strong>de</strong>r Löwin, die Fliegen <strong>de</strong>s Heiligen<br />
Narzissus o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Krokoling sind einige <strong>de</strong>r bekanntesten<br />
Sagen und Legen<strong>de</strong>n und ein Kulturgut, das für die<br />
I<strong>de</strong>ntität und Geschichte unserer Stadt repräsentativ ist.<br />
Wir beglückwünschen das <strong>Hotel</strong> <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong><br />
dafür, dass es das touristische Angebot <strong>de</strong>r Stadt aus<br />
einem innovativen und differenzierten Blickwinkel, <strong>de</strong>m<br />
<strong>de</strong>r volkstümlichen Traditionen und Chroniken, ergänzt.<br />
Anna Pagans Gruartmoner<br />
Bürgermeisterin von <strong>Girona</strong><br />
9
10<br />
DIE GESCHICHTE DER STADT GIRONA<br />
SPIEGELT SICH IN IHREN SAGEN WIDER<br />
Eine Sage ist eine mündliche o<strong>de</strong>r schriftliche Erzählung über<br />
eine mehr o<strong>de</strong>r weniger historische Begebenheit, in <strong>de</strong>r<br />
Raum und Figuren gut beschrieben sind und in <strong>de</strong>r es um<br />
unwahre, phantastische Ereignisse geht. Sagen sind<br />
Erzählungen, die wahr erscheinen, in <strong>de</strong>nen jedoch<br />
geschichtliche und tatsächliche Begebenheiten und<br />
sagenhafte o<strong>de</strong>r falsche, <strong>de</strong>nnoch mögliche Ereignisse<br />
ineinan<strong>de</strong>r greifen.<br />
Je<strong>de</strong> Menschengruppe hat ihren eigenen Sagenbestand<br />
geschaffen und erzählt und erinnert an tatsächliche<br />
Begebenheiten, die für wichtig erachtet wer<strong>de</strong>n, nicht von<br />
einem neutralen, son<strong>de</strong>rn vom eigenen Standpunkt aus. Die<br />
Gruppe <strong>de</strong>finiert sich selbst als gut, wahrhaftig und mutig<br />
und ist regelmäßig von an<strong>de</strong>ren Gruppen, die die Barbaren<br />
sind, angegriffen wor<strong>de</strong>n, doch sie war immer <strong>de</strong>r<br />
hel<strong>de</strong>nhafte Sieger. In diesem Sinne erhalten wir durch die<br />
Sagen Informationen über die geschichtliche Vergangenheit<br />
einer Gemeinschaft, vor allem aber darüber, wie diese<br />
Gemeinschaft ihre Vergangenheit erlebt und interpretiert hat.<br />
Die Geschichte <strong>de</strong>r Stadt <strong>Girona</strong> spiegelt sich in ihren Sagen<br />
wi<strong>de</strong>r. Die bewegte Vergangenheit <strong>Girona</strong>s durch seine<br />
strategische geographische Lage, das Eingangsportal diverser<br />
Kulturen, die Jahre <strong>de</strong>r schlechten Ernten, <strong>de</strong>r Hungersnöte<br />
und <strong>de</strong>r Epi<strong>de</strong>mien, <strong>de</strong>r hel<strong>de</strong>nhafte Wi<strong>de</strong>rstand gegen<br />
Belagerungen, die Verehrung <strong>de</strong>r Heiligen <strong>de</strong>r Stadt…<br />
diese ganzen Geschehnisse haben die einzelnen Sagen<br />
<strong>Girona</strong>s geprägt.<br />
Die Handlung <strong>de</strong>s Erzählens einer Sage ist an sich ein Ritual,<br />
in <strong>de</strong>m angestrebt wird, dass sich die Zuhörer <strong>de</strong>r Sage mit<br />
<strong>de</strong>r zugehörigen Gruppe und <strong>de</strong>ren hel<strong>de</strong>nhafter und<br />
siegreicher gemeinsamer Vergangenheit i<strong>de</strong>ntifizieren. Die<br />
Sagen geben nicht nur ein Zusammengehörigkeitsgefühl,<br />
son<strong>de</strong>rn ver<strong>de</strong>utlichen <strong>de</strong>n Charakter einer Gemeinschaft<br />
und verbreiten <strong>de</strong>ren Werte, Überzeugungen und<br />
Verhaltensregeln sowie die Strafen, die bei Nichtbeachten<br />
dieser Verhaltensregeln eingesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />
Neben <strong>de</strong>m ästhetischen, verbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n und sozialisieren<strong>de</strong>n<br />
Aspekt dienten die Sagen auch dazu, die Teile losen Wissens<br />
über je<strong>de</strong> Epoche zusammenzufügen, um Ursache und<br />
Herkunft bisher unbekannter, gefürchteter o<strong>de</strong>r<br />
unerklärlicher Phänomene zu erkennen und zu erläutern,<br />
wie Quellen, Seen, Brücken, seltsame Geräusche usw.<br />
Sagen leben, sie sind nicht statisch. Bei ihrer Verbreitung<br />
entwickeln sie sich weiter, passen sich <strong>de</strong>r neuen Zeit o<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r Phantasie eines je<strong>de</strong>n Erzählers an. Deshalb fin<strong>de</strong>n wir<br />
von einer einzigen Sage unterschiedliche Versionen. Einige<br />
von ihnen wur<strong>de</strong>n von an<strong>de</strong>ren Kulturen ausgeliehen und<br />
<strong>de</strong>n kulturellen Eigenarten <strong>de</strong>r Gruppe angepasst. Die Sage<br />
bezeichnet ursprünglich die volkstümliche Verfassung von<br />
Geschichten, die mündlich überliefert wur<strong>de</strong>n, doch es gibt<br />
auch gelehrte Sagen, die sich mit <strong>de</strong>r Zeit zu volkstümlichen<br />
Sagen entwickelten.<br />
Die heutige Gesellschaft mit ihren wissenschaftlichen<br />
Kenntnissen und <strong>de</strong>n neuen Informationstechnologien hat<br />
<strong>de</strong>n Entehungsprozess <strong>de</strong>r Sagen nicht aufhalten können,<br />
son<strong>de</strong>rn die Sagen haben sich <strong>de</strong>m neuen Umfeld angepasst<br />
und nutzen das Internet, um sich zu verbreiten. Mo<strong>de</strong>rnen<br />
Sagen über Prominente, Han<strong>de</strong>lsmarken und gruselige<br />
Geschichten tauchen auf, und oftmals han<strong>de</strong>lt es sich dabei<br />
um die gleichen zentralen Themen wie bei <strong>de</strong>n alten Sagen,<br />
nur dass sie mo<strong>de</strong>rnisiert und <strong>de</strong>m gegenwärtigen Umfeld<br />
angepasst sind.<br />
Nuri Ros Rue<br />
Journalistin und Anthropologin
Inhaltsverzeichnis<br />
Nr. Sage / Legen<strong>de</strong> Seite Nr. Sage / Legen<strong>de</strong> Seite<br />
Vorwort zur Ausgabe<br />
Meinung Bürgermeisterin von <strong>Girona</strong><br />
Einleitung<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Der See von Banyoles<br />
2. Geryon, <strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong>r <strong>Girona</strong>s<br />
3. Die Bekehrung Afras*<br />
4. Die Haushälterin von Sant Narcís*<br />
5. Die Fußspur <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus*<br />
6. Die Katakomben*<br />
7. Karl <strong>de</strong>r Große<br />
8. Guifré el Pelós<br />
9. Der Drache unter <strong>de</strong>r Kirche<br />
10. Sant Maurici und die Böse Alte aus Cal<strong>de</strong>s<br />
11. Gräfin Ermessenda von Carcassonne<br />
12. Der Strohkopf-Falke<br />
13. Der Hintern <strong>de</strong>r Löwin<br />
14. Straße <strong>de</strong>s Wolfes<br />
15. Die Meerjungfrau von Galligans<br />
16. Der Sohn <strong>de</strong>r Burg<br />
17. Die Ju<strong>de</strong>n in <strong>Girona</strong><br />
18. Die Fliegen <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus*<br />
19. Das Brüllen in Castelló<br />
20. Die Äpfel*<br />
21. Der Heilige Felix und <strong>de</strong>r Dieb in <strong>de</strong>r<br />
Stiftskirche*<br />
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22. Der Tarlà<br />
23. Die Hexe <strong>de</strong>r Kathedrale<br />
24. Die Teufelsbrücke o<strong>de</strong>r Dämonenbrücke<br />
25. Der Vampir <strong>de</strong>r Rambla<br />
26. Der Goldochse<br />
27. Das Schwein <strong>de</strong>s Heiligen Anton<br />
28. Leben und Wun<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Heiligen Felix*<br />
29. Die Glocke Beneta<br />
30. Der Heilige Narzissus und <strong>de</strong>r französische<br />
Giftmör<strong>de</strong>r*<br />
31. Die Quelle <strong>de</strong>s Pericot<br />
32. Der Wun<strong>de</strong>rstoff*<br />
33. Das Öl aus <strong>de</strong>r Lampe*<br />
34. Der Teich von Sils<br />
35. Die Hexen von Llers<br />
36. Die Lichter*<br />
37. Der Wun<strong>de</strong>rstein*<br />
38. Die Braut von Can Biel<br />
39. Die Symbolik <strong>de</strong>r Heiligen Catalina<br />
40. Der Brunnen <strong>de</strong>r Verliebten<br />
41. Der Bäcker aus Mercadal*<br />
42. Der Krokoling<br />
Meinungen zum Projekt<br />
Fundació60<br />
Stadtplan von <strong>Girona</strong><br />
Landkarte <strong>de</strong>r Landkreise <strong>Girona</strong>s<br />
Bibliografie<br />
(*)14 Legen<strong>de</strong>n zum Heiligen Narzissus<br />
20 Sagen zu <strong>de</strong>r Stadt <strong>Girona</strong> und Umgebung<br />
8 Sagen zu <strong>de</strong>n Landkreisen <strong>Girona</strong>s<br />
54<br />
56<br />
58<br />
60<br />
62<br />
64<br />
66<br />
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92<br />
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Der See von Banyoles<br />
Der See von Banyoles stellt eine seltsam<br />
geformte Acht dar. Von Nor<strong>de</strong>n nach<br />
Sü<strong>de</strong>n hat er eine Länge von 2.080 Metern<br />
und von Osten nach Westen eine Breite<br />
von 730 Metern. Die maximale Tiefe<br />
beträgt etwa 60 Meter. Der See von<br />
Banyoles wird durch die unterirdischen<br />
Wasserläufe <strong>de</strong>s Flusses Llierca und <strong>de</strong>s<br />
Baches Borró gespeist. Die Entstehung <strong>de</strong>s<br />
Sees begann im Quartär vor 250.000<br />
Jahren. In so vielen Lebensjahren hat <strong>de</strong>r<br />
See allerhand in seinen Wassern zu sehen<br />
bekommen, wie etwa kin<strong>de</strong>rfressen<strong>de</strong><br />
Drachen, Wasserfeen und sogar<br />
Olympische Spiele.<br />
Vor 250.000 Jahren - Banyoles (<strong>Girona</strong>).
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Das ist die Sage von einem Bauern namens Morgat,<br />
<strong>de</strong>r Zeuge war, wie <strong>de</strong>r See von Banyoles entstand.<br />
Vor Tausen<strong>de</strong>n von Jahren, da, wo heute die Kirche<br />
Santa Maria von Porqueres steht, gab es eine<br />
fruchtbare Ebene mit Getrei<strong>de</strong>fel<strong>de</strong>rn, die bis zur<br />
Ortschaft Banyoles reichte. An jenem Tag ging<br />
Morgat wie gewohnt mit seinen Ochsen das Feld<br />
pflügen. Nach einer Weile hörte Morgat eine<br />
Stimme, die sagte: «Morgat, Morgat, nimm <strong>de</strong>n<br />
Pflug und geh unters Dach.» Unser Bauer war ganz<br />
verblüfft. Wie seltsam! Diese Stimme, so klar zu<br />
hören... woher kam sie? Das hat er sich doch nicht<br />
etwa eingebil<strong>de</strong>t? Morgat schaute nach rechts und<br />
dann nach links, doch er konnte keine Menschenseele<br />
sehen. Er dachte sich, dass sein Frühstück schon<br />
eine Weile zurück läge, und vielleicht wollte <strong>de</strong>r<br />
Hunger ihm einen bösen Streich spielen. So kehrte<br />
er zu seiner Arbeit zurück. Die Ochsen hatten noch<br />
keine zwei Schritte getan, als die Stimme erneut zu<br />
hören war, und wie<strong>de</strong>rholte: «Morgat, Morgat,<br />
nimm die Ochsen und geh nach Hause.» Der arme<br />
Morgat war ganz verwirrt. Wenn es nicht die<br />
Ochsen waren, die zu ihm gesprochen hatten,<br />
konnte er sich nicht vorstellen, woher diese Stimme<br />
kommen sollte. Er kehrte zu seiner Arbeit zurück,<br />
<strong>de</strong>nn er dachte bei sich, dass es besser wäre, schnell<br />
fertig zu wer<strong>de</strong>n, um so früh wie möglich nach<br />
Hause gehen zu können. Doch die Stimme ließ sich<br />
wie<strong>de</strong>r hören, doch dieses Mal <strong>de</strong>utlicher und kräftiger:<br />
«Morgat, Morgat, geh nach Hause o<strong>de</strong>r du<br />
wirst ertrinken.» Dieses Mal hörte Morgat auf die<br />
Stimme, nahm seine Ochsen und ging schnell nach<br />
Hause! Als er <strong>de</strong>n Bauernhof erreichte, hörte er<br />
einen entsetzlichen Lärm, als ob die Er<strong>de</strong> aufspringen<br />
wür<strong>de</strong>. Morgat drehte sich um und sah, wie<br />
aus <strong>de</strong>n Fel<strong>de</strong>rn riesige Wellen hervorstürzten, mit<br />
ihrer Wucht das Land überspülten und dabei<br />
Bäume und Fel<strong>de</strong>r mitrissen. Als sich das Wasser<br />
beruhigte, war da ein See, <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Gegend von<br />
Lió bis Les Estunes und von <strong>de</strong>r Stelle, wo heute die<br />
Kirche von Porqueres steht, bis nach Banyoles<br />
reichte.<br />
Seit jener Zeit ist <strong>de</strong>r See von Banyoles und seine<br />
geheimnisvolle Umgebung Schauplatz für phantastische<br />
Lebewesen, wie <strong>de</strong>n Drachen von<br />
Banyoles o<strong>de</strong>r die Wassernymphen. Die Nymphen<br />
sind Wassernixen, die in Les Estunes, am Fuß <strong>de</strong>r<br />
Serra <strong>de</strong> Sant Patllari, leben. Tagsüber sind sie in<br />
diesen unterirdischen Galerien mit Wän<strong>de</strong>n aus<br />
Gold und E<strong>de</strong>lsteinen, die durch ein feines Sei<strong>de</strong>nnetz<br />
geschützt wer<strong>de</strong>n. Um Mitternacht kommen<br />
diese Wasserfeen hervor, um im Mondlicht ihre feinen<br />
Schleier zu waschen und sich im Wasser <strong>de</strong>s<br />
Sees zu spiegeln. Habt ihr sie noch nie gesehen?<br />
13
14<br />
2<br />
Geryon, <strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong>r <strong>Girona</strong>s<br />
Eine Reihe mythischer Hel<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>m<br />
gesamten Mittelmeerraum kamen ins Land<br />
<strong>Girona</strong>s, um eine Stadt zu grün<strong>de</strong>n, einige<br />
Passagen aus <strong>de</strong>r Odyssee von Homer<br />
aufzuführen und um an einigen<br />
kriegerischen Gefechten teilzunehmen.<br />
Tubal, Geryon, Herakles-Herkules und<br />
Pirene verleihen <strong>de</strong>r Vergangenheit <strong>de</strong>s<br />
Lan<strong>de</strong>s <strong>Girona</strong> ein mythisches und<br />
episches Gepräge.<br />
Jahr 2220 v. Chr. - <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Geryon, Sohn <strong>de</strong>s Chrysaor und <strong>de</strong>r Kallirhoe, wird<br />
als dreiköpfiges Riesenmonster dargestellt. Auf<br />
einer seiner Reisen durchs Mittelmeer erreichte er<br />
über Nordkatalonien, - wo er Cotlliure grün<strong>de</strong>te -,<br />
unsere Gegend und schon im Land <strong>de</strong>r Laietaner,<br />
oben auf einem kleinen Berg, auf <strong>de</strong>r rechten<br />
Uferseite <strong>de</strong>s Flusses namens Onyar grün<strong>de</strong>te Geryon<br />
eine Stadt, die auf <strong>de</strong>n Namen - na, so was! -<br />
Geriona getauft wur<strong>de</strong>. Dieses von Geryon eroberte<br />
Land war allerdings nicht herrenlos, son<strong>de</strong>rn gehörte<br />
zum Königreich Tubals, <strong>de</strong>m König Iberiens.<br />
Geryon kämpfte in einer blutigen Schlacht gegen<br />
Tubal wobei dieser starb und Geryon sich sein Land<br />
aneignete. Die Tochter Tubals, die schöne Pirene,<br />
floh in die Berge <strong>de</strong>s Nor<strong>de</strong>ns. Geryon, <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m<br />
Tod Tubals nicht genug hatte und fürchtete, dass<br />
Pirene, die rechtmäßige Erbin <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s Iberien,<br />
ihm eines Tages <strong>de</strong>n Thron entreißen könnte, ließ<br />
sie im ganzen Königreich suchen. Der dreiköpfige<br />
Riese erfuhr, dass sich Pirene in <strong>de</strong>n Wäl<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s<br />
Nor<strong>de</strong>ns versteckt hatte, und steckte diese in Brand.<br />
Jetzt gab es nieman<strong>de</strong>n mehr, <strong>de</strong>r Geryon auf seinem<br />
Weg zur Macht aufhalten könnte, und er ließ<br />
sich im Sü<strong>de</strong>n von Iberien nie<strong>de</strong>r.<br />
Durch einen Zufall kam Herkules in dieses Land, um<br />
seine zwölf Arbeiten zu verrichten. Der starke Held<br />
traf auf die schöne Pirene. Das Mädchen hatte <strong>de</strong>n<br />
schrecklichen Waldbrand überlebt, doch sie rang<br />
mit <strong>de</strong>m To<strong>de</strong>. Bevor sie starb, hatte sie Zeit, Herkules<br />
zu berichten, dass ihr Vater von Geryon getötet<br />
wor<strong>de</strong>n war, wie dieser das Königsreich an sich<br />
gerissen und das Land, wo sie sich versteckt hielt, in<br />
Brand gesteckt hatte.<br />
Als Herkules die Geschichte erfuhr und zusehen<br />
musste, wie das schöne Mädchen starb, keimte in<br />
ihm <strong>de</strong>r Wunsch, Pirenes Tod zu rächen. Es ergab<br />
sich außer<strong>de</strong>m durch Zufall, dass eine - die zehnte -<br />
<strong>de</strong>r zwölf Arbeiten, die er am Mittelmeer zu verrichten<br />
hatte, darin bestand, die Rin<strong>de</strong>rher<strong>de</strong> Geryons zu<br />
stehlen. Herkules begab sich auf <strong>de</strong>n Weg Richtung<br />
Sü<strong>de</strong>n, und in <strong>de</strong>r Stadt Ga<strong>de</strong>s fand er die Her<strong>de</strong><br />
Geryons, die vom zweiköpfigen Hund Ortre geschützt<br />
wur<strong>de</strong>. Herkules tötete <strong>de</strong>n Hund mit <strong>de</strong>n<br />
zwei Köpfen und nahm die Rin<strong>de</strong>rher<strong>de</strong> Geryons<br />
mit sich. Die zehnte Arbeit hatte Herkules nun erledigt,<br />
doch hatte er noch nicht genug damit: Er<br />
wollte sich persönlich Rache für <strong>de</strong>n Tod <strong>de</strong>r schönen<br />
Pirene rächen. Herkules suchte weiter nach<br />
Geryon. Als er ihn endlich fand, kam es zu einem<br />
gewaltigen Kampf, <strong>de</strong>r die Er<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Königsreichs<br />
zum Zittern brachte. Herkules tötete Geryon mit<br />
einem Schlag seines Schwertes auf je<strong>de</strong>n Kopf.<br />
Nach<strong>de</strong>m Herkules <strong>de</strong>n Tyrannen getötet hatte,<br />
überließ er das Land im Nor<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Söhnen<br />
Geryons. Die Drillinge Geryons vergrößerten <strong>Girona</strong><br />
ab <strong>de</strong>m Turm Gironella in Form eines Dreiecks, als<br />
Genugtuung für die Taten ihres Vaters, und ließen<br />
an je<strong>de</strong>m Scheitelpunkt einen Turm errichten. Und<br />
diese Berge, in <strong>de</strong>nen Pirene gestorben war, wur<strong>de</strong>n<br />
zu ihren Ehren Pyrenäen getauft.<br />
Was das für ein Fülle von Hel<strong>de</strong>ntaten und epischen<br />
Geschehnissen sich doch in <strong>de</strong>r Gegend <strong>Girona</strong>s<br />
ereigneten! Die Geschichte kann die tatsächlichen<br />
Ereignisse aus <strong>de</strong>m Jahre 2220 v.Ch. - 554 Jahre<br />
nach <strong>de</strong>r Sintflut - nicht verleugnen und kann sie<br />
aber auch nicht nachweisen. Dennoch, sollten sie<br />
nicht wahr sein, so passen sie doch sehr gut.<br />
15
16<br />
3<br />
Die Bekehrung Afras<br />
Eins <strong>de</strong>r wenigen Dinge, die wir über <strong>de</strong>n<br />
Heiligen Narzissus wissen, bevor er sich<br />
endgültig in <strong>Girona</strong> nie<strong>de</strong>rließ, ist seine<br />
Reise zusammen mit seinem Helfer, <strong>de</strong>m<br />
Diakon Heiliger Felix, nach Augusta<br />
(Augsburg). Auf dieser Reise traten sie in<br />
das Haus Afras, einer wun<strong>de</strong>rschönen Frau<br />
heidnischer Religion, die nach <strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong><br />
so sehr von <strong>de</strong>r Religion ihrer Gäste<br />
beeindruckt war, dass sie entschied,<br />
sich zum Christentum zu bekehren.<br />
Jahr 304 n. Chr. - Augusta (Augsburg), Deutschland.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Der Heilige Narzissus kam mit seinem Diakon, <strong>de</strong>m<br />
Heiligen Felix, in Augsburg an und bei<strong>de</strong> suchten eine<br />
Unterkunft für jene Nacht. Die göttliche Vorsehung<br />
führte sie bis zu Afras Haus. Afra war Anhängerin <strong>de</strong>r<br />
heidnischen Religion <strong>de</strong>r Venus. Die Herrin lud die<br />
Reisen<strong>de</strong>n ein, die Nacht in ihrem Haus zu verbringen,<br />
und befahl ihren Bediensteten, die Zimmer vorzubereiten.<br />
Als Afra feststellte, dass die Leuchten nicht vorbereitet<br />
waren, ta<strong>de</strong>lte sie ihre Dienstmädchen.<br />
Daraufhin segnete <strong>de</strong>r Heilige Narzissus die Öllampen<br />
mit seiner Hand und ohne einen Tropfen Öl o<strong>de</strong>r Feuer<br />
hineingegeben zu haben, fingen die Lampen von alleine<br />
an zu brennen an und strahlten eine wun<strong>de</strong>rbare<br />
Helligkeit aus. Afra war über dieses Wun<strong>de</strong>r ganz erschrocken<br />
und erkundigte sich bei ihren Gästen nach<br />
<strong>de</strong>ren Religion. Nach einer langen Nacht theologischer<br />
Gespräche mit <strong>de</strong>m Heiligen Narzissus, bereute Afra ihr<br />
früheres Leben und wollte ihre alte Religion aufgeben,<br />
um sich taufen zu lassen. Eine Woche später bekehrten<br />
sich Afra und ihre Dienstmädchen Digna, Eunòmia und<br />
Eutròpia zum Christentum.<br />
Die Nachricht kam Gaius, <strong>de</strong>m Präfekten <strong>de</strong>r Stadt zu<br />
Ohren, und er ordnete an, Afra festzunehmen und sie<br />
zu töten. Der Heilige Narzissus fand im Haus Hilàrias,<br />
<strong>de</strong>r Mutter Afras, Unterschlupf, um seine Missionsaufgabe<br />
fortsetzen zu können. Er grün<strong>de</strong>te die Diözese in<br />
Augsburg und ließ das Haus <strong>de</strong>r Hilària in eine Kathedrale<br />
umbauen. Der erste Bischof war ein Onkel Afras,<br />
Dionís, <strong>de</strong>r sich auch zum Christentum bekehrte.<br />
Afra widmete sich <strong>de</strong>r Aufgabe, das Christentum in <strong>de</strong>r<br />
Stadt zu predigen, während die Ordnungshüter ihr auf<br />
<strong>de</strong>n Fersen waren. Am 7. August 304 wur<strong>de</strong> sie schließlich<br />
festgenommen, als sie eine Gruppe von Anhängern<br />
zum Evangelium bekehrte. Afra wollte nichts<br />
bereuen, noch auf ihre neue Religion verzichten, und<br />
mit großem Mut nahm sie das Martyrium an. Afra<br />
wur<strong>de</strong> lebendigen Leibes an einem Sandufer <strong>de</strong>s<br />
Flusses Lech verbrannt. Der Heilige Narzissus bewun<strong>de</strong>rte<br />
<strong>de</strong>n Mut <strong>de</strong>r Heiligen, kümmerte sich um ihren<br />
Leichnahm und bestattete ihn. Als <strong>de</strong>r Heilige Narzissus<br />
nach <strong>Girona</strong> zurückkehrte, nahm er einen kleinen<br />
Knochen <strong>de</strong>r Heiligen als Reliquie mit.<br />
Die Leute aus <strong>Girona</strong> und <strong>de</strong>n benachbarten Dörfern<br />
waren voller Bewun<strong>de</strong>rung für die Geschichte <strong>de</strong>r<br />
Heiligen Afra, bis sie sich viele Jahre später, im Jahr<br />
1344, dazu entschlossen, ihr zu Ehren ein Sanktuarium<br />
zu errichten in Ginestar, im Gemein<strong>de</strong>bezirk von Sant<br />
Gregori. Das Volksfest <strong>de</strong>r Heiligen Afra fin<strong>de</strong>t am 5.<br />
August statt. Ein Spruch besagt: »Auf <strong>de</strong>m Volksfest <strong>de</strong>r<br />
Heiligen Afra stechen we<strong>de</strong>r die Fliegen noch die<br />
Bienen.«<br />
17
18<br />
4<br />
Die Haushälterin von Sant Narcís<br />
Ich wer<strong>de</strong> Ihnen jetzt eine apokryphische<br />
Legen<strong>de</strong> erzählen, die erst in jüngster Zeit<br />
entstan<strong>de</strong>n ist, die aber, wie die Legen<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>s Krokolings schnell in die<br />
Legen<strong>de</strong>nsammlung <strong>Girona</strong>s<br />
aufgenommen wor<strong>de</strong>n ist. Die Legen<strong>de</strong><br />
erzählt von einer Hausherrin, die eine<br />
Klatschtante war, aber ein gutes<br />
Herz hatte. Es heißt, dass sie <strong>de</strong>n Heiligen<br />
Narzissus in ihrem Haus in Pou Rodó<br />
beherbergt hatte.<br />
Verfasser: Josep Tarrés und Carles Vivó<br />
Jahr 304 n. Chr. - Auf <strong>de</strong>r Carrer <strong>de</strong> les Mosques 1 in <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Die Haushälterin von Sant Narcís war eine Großtante<br />
Afras und hatte <strong>de</strong>n Heiligen Narzissus begleitet, als<br />
er sich nach seinem Aufenthalt in Augusta in <strong>Girona</strong><br />
nie<strong>de</strong>rlassen wollte. Diese gute Frau war mehr als<br />
hun<strong>de</strong>rt Jahre alt, doch ihre Gestalt war überraschend<br />
üppig. Sie hatte die weiche Haut <strong>de</strong>r Neugeborenen<br />
und war von einer wür<strong>de</strong>vollen Fülle. Diese<br />
Hausherrin hatte die Tugend eine große Köchin zu<br />
sein und sie hatte köstliche Gerichte wie Ente mit<br />
Birnen, gefüllte Äpfel und die Blutwurst erfun<strong>de</strong>n; sie<br />
kannte außer<strong>de</strong>m Heilkräuter und wusste Zaubertränke<br />
herzustellen. Als sie einmal verärgert war, sorgte<br />
sie dafür, dass alle Kirchen <strong>Girona</strong>s voller Spinnennetze<br />
und seltsam bunten Spinnen waren.<br />
Die Haushälterin aus Sant Narcís war sehr eitel, sie<br />
schmückte sich mit auffallen<strong>de</strong>n Hüten und Klei<strong>de</strong>rn<br />
aus farbenfrohen Stoffen, an <strong>de</strong>ren Säumen Glöckchen<br />
angebracht waren. Sie spazierte durch die<br />
Straßen von <strong>Girona</strong> zusammen mit ihren Bediensteten,<br />
die einen Stuhl für sie mitnahmen, falls sie beim<br />
Gehen mü<strong>de</strong> wür<strong>de</strong>. Diese herzliche Person hatte<br />
jedoch einen Fehler: Sie war eine richtige Klatschtante;<br />
sie ließ sich gerne Tratsch erzählen und erzählte<br />
ihn dann weiter. Eines Tages erzählte sie eine<br />
Klatschgeschichte über Narzissus, die <strong>de</strong>m Heiligen<br />
zu Ohren kamen. Der Heilige Narzissus war sehr<br />
verärgert und nahm ihr ihre Zauberkräfte weg.<br />
Die Haushälterin, die bei allen sehr beliebt gewesen<br />
war, wur<strong>de</strong> nun zum Gespött <strong>de</strong>r Stadt. Man sah sie<br />
geistesabwesend durch die Straßen gehen und sie<br />
zeigte nicht einmal eine Reaktion, wenn die Leute ihr<br />
Essensreste vor die Füße warfen. Eines Tages hatte sie<br />
ein Vision über das Martyrium <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus<br />
und <strong>de</strong>s Heiligen Felix. Kurze Zeit später wur<strong>de</strong> diese<br />
Version Wirklichkeit. Seit<strong>de</strong>m lebte sie ein Leben<br />
voller Reue und verbrachte ihre Zeit damit, die<br />
Armen zu pflegen.<br />
Als die Haushälterin spürte, dass ihre Zeit gekommen<br />
war, zün<strong>de</strong>te sie einen Holzhaufen vor <strong>de</strong>r Kathedrale<br />
von <strong>Girona</strong> an und in einer letzten Geste <strong>de</strong>r Liebe für<br />
die Notlei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n erfand sie die Minzsuppe für die<br />
Armen und Kranken.<br />
Man erzählt sich, dass ihr dicker Körper so leicht wie<br />
<strong>de</strong>r eines Vögelchens war, als man sie beerdigte. Zur<br />
Erinnerung an die reumütige Haushälterin haben die<br />
Leute <strong>Girona</strong>s ihr eine Statue aus Stein aus <strong>Girona</strong><br />
aufgestellt, in <strong>de</strong>r Nähe, wo sie gewohnt hatte, im<br />
Garten vor <strong>de</strong>n Arabischen Bä<strong>de</strong>rn. Diese Statue stellt<br />
die Person <strong>de</strong>r Haushälterin dar, die aufrecht dasteht<br />
mit einem großen Bauch und <strong>de</strong>m Zauberbuch in<br />
<strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n.<br />
19
20<br />
5<br />
Die Fußspur <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus<br />
Man weiß nicht sehr viel über das Leben<br />
<strong>de</strong>s Heiligen Narzissus, bevor er nach<br />
<strong>Girona</strong> kam. Man ist sich auch nicht über<br />
die Herkunft <strong>de</strong>s Heiligen einig.<br />
Die meisten Angaben, die wir über ihn<br />
haben, stammen aus seiner Zeit in <strong>Girona</strong>,<br />
<strong>de</strong>m En<strong>de</strong> seinens Lebens, <strong>de</strong>nn im Jahr<br />
307, drei Jahre nach seiner Ankunft in<br />
<strong>Girona</strong>, starb er <strong>de</strong>n Märtyrertod, während<br />
er eine Messe las. Obwohl <strong>de</strong>r Heilige<br />
Narzissus nur wenige Jahre in dieser Stadt<br />
verbracht hat, hat er im wörtlichen Sinne<br />
seine Spuren hinterlassen.<br />
Jahr 305 n. Chr. - Auf <strong>de</strong>r Carrer <strong>de</strong> les Mosques 1 in <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
In <strong>de</strong>r Geschichte heißt es, dass <strong>de</strong>r Heilige Narzissus<br />
zusammen mit seinem Diakon, <strong>de</strong>m Heiligen Felix,<br />
En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahres 304 unserer Zeitrechnung nach<br />
<strong>Girona</strong> kam; zu Beginn <strong>de</strong>s Jahres 305 machte er<br />
<strong>Girona</strong> zu seinem Bischofssitz. Nach <strong>de</strong>r volkstümlichen<br />
Erinnerung ließ sich <strong>de</strong>r Heilige Bischof in<br />
einem Haus <strong>de</strong>r Straße Sant Narcís, heute Carrer <strong>de</strong>l<br />
Pou Rodó, und im Carrer <strong>de</strong> les Mosques nie<strong>de</strong>r. In<br />
jener Zeit gewann das Christentum immer mehr<br />
Anhänger, wodurch sich die römischen Herrscher<br />
bedroht fühlten. Kaiser Diokletian ordnete die letzte<br />
große Verfolgung gegen die Christen an, in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Heilige Narzissus und sein Diakon, <strong>de</strong>r Heilige Felix,<br />
<strong>de</strong>n Märtyrertod sterben sollten.<br />
Durch diese tatsächlichen Ereignisse entstand die<br />
Legen<strong>de</strong>: In einer dieser Verfolgungen hatte <strong>de</strong>r<br />
Heilige Narzissus eine Eingebung, um seine Verfolger<br />
irrezuführen, die eines je<strong>de</strong>n Geheimagenten würdig<br />
gewesen wäre. Narzissus flüchtete aus <strong>de</strong>m Haus in<br />
Pou Rodó durch ein Fenster. Er hatte jedoch die I<strong>de</strong>e,<br />
eine Fußspur in die entgegengesetzte Richtung zu<br />
hinterlassen, als ob er ins Haus gelaufen und nicht<br />
an<strong>de</strong>rsherum herausgelaufen wäre.<br />
Als seine Verfolger das Haus erreichten, ent<strong>de</strong>ckten<br />
sie die Fußspur. Da sie dachten, <strong>de</strong>r Heilige hielte sich<br />
im Haus versteckt, suchten sie ihn immer wie<strong>de</strong>r in<br />
allen Winkeln <strong>de</strong>s Hauses. Der Heilige Narzissus<br />
konnte dadurch Zeit gewinnen, um sich weit entfernt<br />
zu verstecken. Seit jener Zeit gibt es die Fußspur<br />
auf <strong>de</strong>m Fensterbrett <strong>de</strong>s Hauses Nummer 5 in<br />
<strong>de</strong>r Carrer <strong>de</strong>l Pou Rodó, im Zentrum <strong>de</strong>r Mythologie<br />
<strong>Girona</strong>s, wie es Joan Ama<strong>de</strong>s 1952 in seinem Costumari<br />
Català ausdrückt.<br />
Seit jeher ist Kult um nicht irdische Fußspuren<br />
betrieben wor<strong>de</strong>n und kann in diversen Kulturen in<br />
<strong>de</strong>r ganzen Welt beobachtet wer<strong>de</strong>n, die diese Spuren<br />
unterschiedlich interpretieren: Als Spuren christlicher<br />
Heiliger o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Teufels, Budas, Adams usw.<br />
Für die alten Griechen und Römer waren die Spuren<br />
von Bacus und Herakles Kultobjekte, und es ist möglich,<br />
dass die ersten Christen diesen Glauben in die<br />
neue Religion übernommen haben. In <strong>de</strong>r Nähe von<br />
<strong>Girona</strong> gibt es noch an<strong>de</strong>re Beispiele solcher Spuren:<br />
In <strong>de</strong>n Gavarres und Guilleries fin<strong>de</strong>n sich die Fußspuren<br />
<strong>de</strong>s Heiligen Martin und seines Pfer<strong>de</strong>s, und<br />
im übrigen Katalonien, auf Mallorca und in Valencia<br />
wer<strong>de</strong>n diese als Spuren <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s <strong>de</strong>s Königs<br />
Jaume I. <strong>de</strong>s Eroberers angesehen.<br />
21
22<br />
6<br />
Die Katakomben<br />
Die Bezeichnung Katakombe stammt aus<br />
<strong>de</strong>m Griechischen ‘katá’, unten, und<br />
‘kymbé’, Ausgrabung, und bezieht sich auf<br />
unterirdische Anlagen, in <strong>de</strong>nen sich die<br />
ersten Christen versammelten, um zu<br />
beten, ihre Toten zu beerdigen und um ihre<br />
Märtyrer zu ehren. In <strong>de</strong>r Zeit, als das<br />
Christentum noch verfolgt wur<strong>de</strong>,<br />
mussten sich die Christen in unterirdische<br />
Orte ihrer Städte flüchten, um ihre<br />
Religion ausüben zu können<br />
Anfangs <strong>de</strong>s 4. Jahrhun<strong>de</strong>rts unseres Zeitalters, während <strong>de</strong>r letzten<br />
großen Christenverfolgung.<br />
In <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>r Kirche Sant Feliu und in <strong>de</strong>r Straße<br />
Carrer <strong>de</strong>l Pou Rodó, <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Die Stadt <strong>Girona</strong> erlitt, wie alle Städte <strong>de</strong>s<br />
Römischen Reiches, die Verfolgung <strong>de</strong>s Christentums.<br />
Deshalb mussten sich die ersten Christen<br />
heimlich in <strong>de</strong>n Katakomben versammeln. Doch<br />
gibt es in <strong>Girona</strong> keine Überreste dieser Katakomben<br />
wie in an<strong>de</strong>ren Städten. Es gibt jedoch Dokumente,<br />
in <strong>de</strong>nen die Katakomben in Sant Feliu<br />
erwähnt wer<strong>de</strong>n. Der Diakon <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus,<br />
<strong>de</strong>r Heilige Felix, wur<strong>de</strong> in diesen Katakomben<br />
beerdigt und viele Jahre lang ruhte er dort, von <strong>de</strong>n<br />
Leuten <strong>Girona</strong>s vergessen. Nach einigen Jahrhun<strong>de</strong>rten<br />
strömte ein süßer Geruch <strong>de</strong>r Heiligkeit aus<br />
seinem Grab, <strong>de</strong>r die Stadt über seine Anwesenheit<br />
unterrichtete. Die Leute <strong>Girona</strong>s gruben ihn wie<strong>de</strong>r<br />
aus und brachten ihn zum Hochaltar <strong>de</strong>r Kirche, die<br />
seit<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Verehrung dieses Heiligen gewidmet ist.<br />
Man glaubt, dass es in <strong>de</strong>r Carrer <strong>de</strong> les Mosques,<br />
Hausnummer 5, wo <strong>de</strong>r Heilige Narzissus lebte, und<br />
ganz in <strong>de</strong>r Nähe, wo er mit seinem Diakon <strong>de</strong>n<br />
Märtyrertod starb, einen Eingang zu <strong>de</strong>n Katakomben<br />
gab, und nach <strong>de</strong>m Buch <strong>Girona</strong> vella von<br />
Jaume Marquès i Casanovas könnten Gänge bis<br />
zum Brunnen im Kreuzgang <strong>de</strong>r Kathedrale o<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r Kirche Sant Feliu geführt haben. Neben diesen<br />
Katakomben <strong>de</strong>s Heiligen Felix könnten sich im<br />
Bo<strong>de</strong>n <strong>Girona</strong>s auch die mythische Krypta <strong>de</strong>r ursprünglichen<br />
romanischen Kathedrale befin<strong>de</strong>n, die<br />
nie gefun<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n ist.<br />
Die Katakomben gehören, wie auch die unterirdischen<br />
Gänge, von <strong>de</strong>nen man weiß, dass sie die<br />
ganze Altstadt durchzogen und außerhalb <strong>de</strong>r<br />
Stadtmauern en<strong>de</strong>ten, zu <strong>de</strong>n Legen<strong>de</strong>n über <strong>de</strong>n<br />
Untergrund <strong>de</strong>r Stadt, wie beispielsweise <strong>de</strong>r<br />
bekannte Tunnel <strong>de</strong>r Carbonera, <strong>de</strong>r das Kunstmuseum<br />
<strong>de</strong>r Stadt mit <strong>de</strong>r Carrer <strong>de</strong> les Ballesteries,<br />
an <strong>de</strong>r Ecke Pujada <strong>de</strong> Sant Feliu, verbin<strong>de</strong>t. Einige<br />
dieser Gänge hatten militärische Zwecke und verban<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>n Turm Gironella mit <strong>de</strong>m Flussbett <strong>de</strong>s<br />
Galligans und <strong>de</strong>r Burg Montjuïc. An<strong>de</strong>re Gänge<br />
wie<strong>de</strong>rum verban<strong>de</strong>n Privathäuser o<strong>de</strong>r Klöster<br />
und Kirchen. Die Ju<strong>de</strong>n nutzten einige dieser Gänge<br />
als Fluchtwege, als sie von <strong>de</strong>n Christen angegriffen<br />
wur<strong>de</strong>n.<br />
Vielleicht wird eines Tages, bei irgendwelchen<br />
Bauarbeiten in einem Haus, <strong>de</strong>r Eingang zu <strong>de</strong>n<br />
Katakomben ent<strong>de</strong>ckt, dann könnten wir endlich<br />
die Geschichte <strong>de</strong>s Untergrunds <strong>de</strong>r Stadt erfahren.<br />
23
24<br />
7<br />
Karl <strong>de</strong>r Große<br />
Die Bevölkerung <strong>Girona</strong>s im Mittelalter<br />
war wie viele an<strong>de</strong>re Ortschaften in jener<br />
Zeit von <strong>de</strong>n hel<strong>de</strong>nhaften Taten Karl <strong>de</strong>s<br />
Großen fasziniert, <strong>de</strong>n sie als <strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r Stadt ansahen. Auch wenn <strong>de</strong>r<br />
fränkische Kaiser <strong>Girona</strong> nicht gegrün<strong>de</strong>t<br />
hatte, so befreite er doch die Stadt im Jahr<br />
785 von <strong>de</strong>r muslimischen Herrschaft.<br />
Über die Beziehung zwischen Karl <strong>de</strong>m<br />
Großen und <strong>de</strong>r Stadt <strong>Girona</strong> sind viele<br />
Sagen mehr o<strong>de</strong>r wenig phantastischen<br />
Inhalts überliefert, und es gibt ein<br />
Vermächtnis von Bauten und Objekten,<br />
die in irgen<strong>de</strong>iner Weise mit <strong>de</strong>m<br />
weißbärtigen Kaiser in Verbindung<br />
gebracht wer<strong>de</strong>n.<br />
785, Befreiung <strong>de</strong>r Muslime - <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Karl <strong>de</strong>r Große ist in Bezug auf die Stadt <strong>Girona</strong> und<br />
ihre Gründung in zahlreichen Sagen zu fin<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r<br />
phantastischsten Version über die Gründung <strong>Girona</strong>s<br />
spielt das herrliche Schwert <strong>de</strong>s Kaisers mit <strong>de</strong>m<br />
weißen Bart eine wichtige Rolle. Vor Zeiten, als die<br />
Gegen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Selva und <strong>de</strong>s Gironès ein großer See<br />
waren, wur<strong>de</strong>n die Bewohner <strong>de</strong>s Empordà von <strong>de</strong>n<br />
Sarazenen überfallen. Karl <strong>de</strong>r Große überlegte sich<br />
einen List, um das Land <strong>de</strong>s Empordàs von <strong>de</strong>n Sarazenen<br />
zu befreien und obendrein grün<strong>de</strong>te er die<br />
Stadt <strong>Girona</strong>. Der fränkische Kaiser schlug mit einem<br />
stumpfen Schlag seines Schwertes die Berge von Sant<br />
Julià <strong>de</strong> Ramis entzwei und öffnete die Stelle, die<br />
heute unter <strong>de</strong>m Namen Congost bekannt ist. Das<br />
Wasser <strong>de</strong>s Sees bahnte sich tosend einen Weg durch<br />
die geteilten Berge von Sant Julià <strong>de</strong> Ramis bis zum<br />
Empordà. Das empordanesische Land wur<strong>de</strong> überschwemmt<br />
und das Wasser riss die Muslime mit sich<br />
und trieb sie hinaus ins weite Meer. So wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />
Empordà von <strong>de</strong>r muslimischen Herrschaft befreit.<br />
Daraufhin grün<strong>de</strong>te Karl <strong>de</strong>r Große die Stadt <strong>Girona</strong><br />
mitten im abgelaufenen See.<br />
In an<strong>de</strong>ren Legen<strong>de</strong>n steht <strong>de</strong>r religiöse Aspekt <strong>de</strong>s<br />
fränkischen Kaisers im Vor<strong>de</strong>rgrund. Diese Legen<strong>de</strong>n<br />
erzählen, wie ihm bei seinen hel<strong>de</strong>nhaften Taten zur<br />
Befreiung <strong>de</strong>s von Musulmanen besetzten Geronas<br />
die Heiligen und die Muttergottes geholfen haben.<br />
Bei <strong>de</strong>r Eroberung <strong>Girona</strong>s wur<strong>de</strong> Karl <strong>de</strong>r Große<br />
durch einen Regen von Blutstropfen, die zu Kreuzen<br />
wur<strong>de</strong>n, sobald sie <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n berührten, und durch<br />
die Erscheinung eines Feuerkreuzes über <strong>de</strong>r Moschee<br />
in <strong>Girona</strong> geleitet; dieses Kreuz zeigte ihnen <strong>de</strong>n<br />
geeigneten Augenblick an, um die Stellungen <strong>de</strong>r<br />
Sarazenen anzugreifen, und es kündigte <strong>de</strong>n Sieg<br />
über die Sarazenen an.<br />
Neben diesen Legen<strong>de</strong>n über Karl <strong>de</strong>n Großen gibt es<br />
heute noch in <strong>Girona</strong> <strong>de</strong>n Turm Carlemany, <strong>de</strong>n ehemaligen<br />
Glockenturm <strong>de</strong>r romanischen Kirche, <strong>de</strong>r<br />
jetzt als Strebewerk <strong>de</strong>s Mittelschiffs <strong>de</strong>r Kathedrale<br />
auf <strong>de</strong>r Südseite <strong>de</strong>s ehemaligen Kreuzganges dient.<br />
Die ganze Nordseite aus sieben mit einem Fries aus<br />
lombardischen Bögen verzierten Stockwerken ist<br />
erhalten geblieben. Und in <strong>de</strong>r Kathedrale, hinter <strong>de</strong>m<br />
Hochaltar, steht <strong>de</strong>r Stuhl Karls <strong>de</strong>s Großen, <strong>de</strong>r aus<br />
einem einzigen Stück Marmor geschlagen ist. Dieser<br />
Stuhl stammt aus <strong>de</strong>m 11. Jahrhun<strong>de</strong>rt und gehört zu<br />
<strong>de</strong>n wichtigsten Bischofsstühlen <strong>de</strong>r europäischen<br />
Romanik. Die Tradition besagt, dass ein Paar nach<br />
weniger als einem Jahr verheiratet sein wird, wenn es<br />
sich gemeinsam auf diesen Stuhl setzt; doch wenn<br />
sich ein Mann alleine hinsetzt, wird er nie heiraten.<br />
<strong>Girona</strong> ehrt Karl <strong>de</strong>n Großen seit <strong>de</strong>m Jahr 1345, als<br />
<strong>de</strong>r Bischof Arnau <strong>de</strong> Camprodon seine Verehrung<br />
einführte. Und obwohl Papst Sixtus IV. 1484 das<br />
Kirchenfest wie<strong>de</strong>r aufhob, wur<strong>de</strong>n in <strong>Girona</strong> <strong>de</strong>r<br />
liturgische Gottesdienst noch bis ins 17. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />
gefeiert.<br />
25
26<br />
8<br />
Guifré el Pelós (Wilfried <strong>de</strong>r Haarige)<br />
Die katalanische Flagge gehört zu <strong>de</strong>n<br />
ältesten Europas und <strong>de</strong>r ganzen Welt.<br />
Ursprünglich war sie das Wappen <strong>de</strong>r<br />
Nachkommenschaft <strong>de</strong>r Grafen von<br />
Barcelona und später ihres gesamten<br />
Gebietes. Der Erste <strong>de</strong>r Dynastie <strong>de</strong>r<br />
Grafen von Barcelona, Guifré el Pelós,<br />
wur<strong>de</strong> zur legendären Gestalt und wird<br />
als Grün<strong>de</strong>r unseres Lan<strong>de</strong>s und unserer<br />
Fahne angesehen: vier rote Streifen aus<br />
<strong>de</strong>m Blut <strong>de</strong>s Grafen auf einem gol<strong>de</strong>nen<br />
Hintergrund. Graf Guifré ist im Kloster von<br />
Ripoll begraben.<br />
Jahr 897.<br />
Kloster Santa Maria <strong>de</strong> Ripoll, wo Guifré el Pelós beerdigt ist.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Guifré el Pelós wur<strong>de</strong> um 840 geboren und erbte von<br />
seinem Vater die Grafschaften von Urgell und<br />
Cerdanya. Im Jahr 878 erhielt er vom fränkischen<br />
König die Grafschaften von Barcelona und <strong>Girona</strong>-<br />
Besalú. Sein wichtigstes Anliegen war die<br />
Wie<strong>de</strong>rbesiedlung von Zentralkatalonien und die<br />
Errichtung einer Grenze zu <strong>de</strong>n Muslimen auf <strong>de</strong>r<br />
Westseite vom Llobregat und Car<strong>de</strong>ner. Diese<br />
Wie<strong>de</strong>rbesiedlung wur<strong>de</strong> begleitet von <strong>de</strong>r Errichtung<br />
von Kirchen und Klöstern, wie <strong>de</strong>m Kloster Santa<br />
Maria <strong>de</strong> Ripoll, wo er beerdigt liegt, und <strong>de</strong>m von<br />
Sant Joan <strong>de</strong> les Aba<strong>de</strong>sses. Gegen En<strong>de</strong> seiner<br />
Regierung musste er sein Land gegen die Muslime<br />
verteidigen. Bei einer Schlacht gegen die Truppen <strong>de</strong>s<br />
muslimischen Statthalters von Lleida, Llop ibn<br />
Muhamnad al-Qasi, wur<strong>de</strong> er verletzt und starb am<br />
11. August 897. Er ist <strong>de</strong>r Urheber <strong>de</strong>r Erbfolge im<br />
Hause Barcelona und <strong>de</strong>r Unabhängigkeit <strong>de</strong>r Franken.<br />
Als er im Sterben lag, verteilte er ohne Rücksicht<br />
auf <strong>de</strong>n Willen <strong>de</strong>s fränkischen Monarchen sein Land<br />
unter seinen Söhnen. Diese Dynastie regierte Katalonien<br />
von 878 bis zum Jahr 1410, als die Familie ausstarb.<br />
Im Buch <strong>de</strong>s Klosters von Ripoll, Gesta Comitum<br />
Barcinonensium aus <strong>de</strong>m 12. Jahrhun<strong>de</strong>rt, wird er als<br />
Vater <strong>de</strong>s Vaterlan<strong>de</strong>s bezeichnet.<br />
Diese Ehre wird ihm durch die Geschichte zuteil, und<br />
die Sage erteilt ihm eine an<strong>de</strong>re, nicht weniger wichtige<br />
Ehre: die Schaffung <strong>de</strong>r katalanischen Flagge, unserer<br />
Nationalflagge. Die erste Erwähnung, im Buch<br />
Fets d'Armes <strong>de</strong> Catalunya, datiert aus <strong>de</strong>m Jahr 1420:<br />
Nach einer Sage starb Guifré an seinen Verletzungen,<br />
die er sich bei einer hel<strong>de</strong>nhaften Schlacht gegen die<br />
Normannen an <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>s fränkischen Königs Karl<br />
<strong>de</strong>s Kahlen zuzog. Als Guifré in seinem Zelt im Sterben<br />
lag, wollte <strong>de</strong>r fränkische König <strong>de</strong>n katalanischen<br />
Grafen für seinen tapferen Kampf belohnen und verlieh<br />
ihm ein Waffenwappen. Der Kaiser schloss die<br />
Hän<strong>de</strong> Guifrés in seine Hän<strong>de</strong> ein und nach<strong>de</strong>m er<br />
seine Finger im Blut <strong>de</strong>r tödlichen Verletzung <strong>de</strong>s<br />
Grafens getränkt hatte, zeichnete er vier Längsstreifen<br />
auf <strong>de</strong>n gol<strong>de</strong>nen Hintergrund seines Wappens.<br />
Diese vier Streifen auf <strong>de</strong>m Waffenwappen <strong>de</strong>r Grafen<br />
von Barcelona wur<strong>de</strong>n später zu einem Symbol für<br />
das ganze Land. Die katalanische Nationalflagge gehört<br />
zu <strong>de</strong>n ältesten Flaggen weltweit. Die erste<br />
Abbildung <strong>de</strong>r vier Streifen aus <strong>de</strong>m Jahr 1150 ist auf<br />
einem Wappen <strong>de</strong>s Königs Ramon Berenguer IV. zu<br />
sehen, obwohl sie schon vorher als präheraldisches<br />
Symbol auf <strong>de</strong>n Grabstätten von Ramon Berenguer II.,<br />
im Jahr 1082, und seiner Urgroßmutter Ermessenda<br />
<strong>de</strong> Carcassona, im Jahr 1052, in <strong>de</strong>r Kathedrale von<br />
<strong>Girona</strong> verwen<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>.<br />
27
28<br />
9<br />
Der Drache unter <strong>de</strong>r Kirche<br />
Die gotische Kathedrale von <strong>Girona</strong> wur<strong>de</strong><br />
auf einer romanischen Kirche gebaut, die<br />
wie<strong>de</strong>rum auf einer einfachen Kirche<br />
errichtet wur<strong>de</strong>, und es wird angenommen,<br />
dass diese auf einem römischen Tempel<br />
entstand, und wahrscheinlich wur<strong>de</strong> dieser<br />
Tempel auf einem früheren heiligen Ort<br />
errichtet. Die Tatsache, dass alle<br />
nachfolgen<strong>de</strong>n Kulturen <strong>de</strong>n gleichen<br />
Standort für ihre Kultstätte gewählt<br />
haben, könnte darauf beruhen, dass die<br />
Symbole und Kulturplätze <strong>de</strong>r vorherigen<br />
Kultur übernommen wer<strong>de</strong>n sollten.<br />
Doch vielleicht fin<strong>de</strong>t man die Erklärung<br />
unter <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>.<br />
11. - 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt - Kathedrale von <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Im Zeitraum vom 11. bis zum 13. Jahrhun<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong>n<br />
Kathedralen errichtet, die hauptsächlich <strong>de</strong>r Heiligen<br />
Maria gewidmet waren. Die Kathedralenbauer gehörten<br />
<strong>de</strong>m weltweit verbreiteten Bund <strong>de</strong>r Freimaurer<br />
an. Die Freimaurer bauten in die Kathedralen esoterische<br />
Symbole und Figuren ein, die nur Eingeweihte erkennen<br />
konnten: Zeichen <strong>de</strong>r jüdischen Kabbala und<br />
<strong>de</strong>r alchemischen Tradition. Diese Symbolik, die über<br />
<strong>de</strong>n rein <strong>de</strong>korativen Aspekt hinausging, stand mit<br />
<strong>de</strong>n Bräuchen und Lehren <strong>de</strong>s Christentums nicht in<br />
Wi<strong>de</strong>rspruch, son<strong>de</strong>rn war eine Erweiterung ihrer<br />
Kenntnisse und Deutungen.<br />
Man nimmt an, dass die Kathedralen aus diesem Zeitraum<br />
an Stellen mit einer beson<strong>de</strong>ren Kraft errichtet<br />
wur<strong>de</strong>n, auf unterirdischen Wasserläufen und an<br />
Stellen mit an<strong>de</strong>ren Energien, wie tektonischen Platten<br />
und magnetischen Energien. In <strong>de</strong>r Sprache <strong>de</strong>r<br />
Drui<strong>de</strong>n heißen diese Erdkräfte vouivre, was übersetzt<br />
Schlange o<strong>de</strong>r Drache be<strong>de</strong>utet. Der Drache verkörpert<br />
Teile von Tieren, die für die Leute <strong>de</strong>s Mittelalters<br />
geheimnisvoll und furchteinflössend waren (Flügel<br />
von Fle<strong>de</strong>rmäusen, Schlangenschuppen, Adlerkrallen<br />
usw.) und symbolisiert die übersinnlichen und verborgenen<br />
Kräfte <strong>de</strong>s Unterirdischen.<br />
Es galt die Überzeugung, dass die Erdkräfte beeinflusst<br />
wer<strong>de</strong>n könnten, sie sich verän<strong>de</strong>rn und <strong>de</strong>r<br />
Kirche dienen wür<strong>de</strong>n, wenn auf diesen heiligen<br />
Orten gebaut wur<strong>de</strong>. Es ist nicht bekannt, ob die<br />
Kathedrale von <strong>Girona</strong> auf einem dieser Orte mit irdischen<br />
Kräften entstand und welche Rolle die<br />
Freimaurerei bei <strong>de</strong>r Errichtung gespielt hatte. Immerhin<br />
ist die Allgegenwärtigkeit <strong>de</strong>s Drachens in <strong>de</strong>n<br />
Bildnissen <strong>de</strong>r Kathedrale erstaunlich. Immer wie<strong>de</strong>r<br />
erscheint <strong>de</strong>r Drache, stets von <strong>de</strong>n Kräften <strong>de</strong>s Christentums<br />
beherrscht: Der Heilige Michael, <strong>de</strong>r Mitschutzpatron<br />
<strong>de</strong>r Kathedrale, überwältigt in einem<br />
Bildnis <strong>de</strong>n Teufel, <strong>de</strong>r als Drache dargestellt ist. In<br />
einem an<strong>de</strong>ren Bild tötet <strong>de</strong>r Heilige Georg <strong>de</strong>n<br />
Drachen und auch die Heilige Margarete und die<br />
Heilige Martha wer<strong>de</strong>n dargestellt, wie sie die Drachen<br />
beherrschen. Wenn wir genau je<strong>de</strong>n Winkel <strong>de</strong>r<br />
Kathedrale wie die Rosette, die Vorsprünge <strong>de</strong>r<br />
Kapellen usw., anschauen, können wir viele Drachendarstellungen<br />
ent<strong>de</strong>cken. Vielleicht han<strong>de</strong>lt es sich<br />
um eine Darstellung <strong>de</strong>s Erddrachens, <strong>de</strong>r unter <strong>de</strong>m<br />
Bo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Kathedrale wohnt und <strong>de</strong>r, sobald die<br />
Kräfte <strong>de</strong>s Christentums ihn überwältigt haben, die<br />
Kathedrale mit einer beson<strong>de</strong>ren Energie füllt.<br />
29
10<br />
30<br />
Sant Maurici und die Böse Alte aus Cal<strong>de</strong>s<br />
Diese Legen<strong>de</strong> erzählt uns von <strong>de</strong>r<br />
Herkunft <strong>de</strong>s Namens <strong>de</strong>s Dorf Cal<strong>de</strong>s <strong>de</strong><br />
Malavella, das etwa zwanzig Minuten von<br />
<strong>Girona</strong> entfernt liegt. Im 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />
war eine <strong>de</strong>r Kapellen <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>kirche<br />
vom Mercadal in <strong>Girona</strong> <strong>de</strong>m Heiligen<br />
Mauritius gewidmet. Viele Leute aus<br />
<strong>Girona</strong> gingen auf das Fest <strong>de</strong>s Heiligen<br />
Mauritius am 22. September.<br />
11. Jahrhun<strong>de</strong>rt, Bau <strong>de</strong>r Kapelle Sant Maurici an <strong>de</strong>r Burg Sant Maurici.<br />
Cal<strong>de</strong>s <strong>de</strong> Malavella (<strong>Girona</strong>).
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Es gab einmal ein verwaistes Kind namens Mauritius,<br />
das in das Dorf Cal<strong>de</strong>s kam, um sich seinen<br />
Lebensunterhalt zu verdienen. Der junge Mauritius<br />
fand ein Dorf vor, das aufgrund <strong>de</strong>r Tyrannei seiner<br />
Herrin an Geldnot litt, und betrübt war über die vielen<br />
Toten unter <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn, die ein Werwolf verursachte.<br />
Am gleichen Tag hatte Mauritius eine Begegnung<br />
mit <strong>de</strong>r bösen Herrin aus Cal<strong>de</strong>s. Da das Kind<br />
großen Hunger hatte, nahm es ihre einige Münzen<br />
weg. Dabei hatte es wenig Glück, <strong>de</strong>nn es wur<strong>de</strong> von<br />
Herrn Knauserig, <strong>de</strong>m Sekretär <strong>de</strong>r Mala Vella,<br />
erwischt.<br />
Die Mala Vella aus Cal<strong>de</strong>s war von <strong>de</strong>m Mut <strong>de</strong>s<br />
Knaben beeindruckt und wollte ihn als Diener. Der<br />
gute Mauritius kam auf die finstere Burg <strong>de</strong>r<br />
Tyrannin, die sich sich unterhalb <strong>de</strong>s ganzen Dorfes<br />
erstreckte. Die Frau jedoch hatte nicht damit gerechnet,<br />
dass gera<strong>de</strong> dieser Mut, <strong>de</strong>n sie so sehr an <strong>de</strong>m<br />
Jungen bewun<strong>de</strong>rte, ihr En<strong>de</strong> be<strong>de</strong>utete. Der gute<br />
Mauritius war nicht nur mutig, son<strong>de</strong>rn auch neugierig,<br />
und er hatte einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.<br />
Dieser Wissbegier<strong>de</strong> führte dazu, dass er<br />
das Geheimnis dieser bösen Frau ent<strong>de</strong>ckte. In einer<br />
Nacht sah er, wie <strong>de</strong>r Zwerg Suc<strong>de</strong>bruc, <strong>de</strong>r Hofnarr,<br />
mit einem Sack und das Gesicht mit einer<br />
Wolfsmaske be<strong>de</strong>ckt in die Küche ging. Die ungeheuerliche<br />
Köchin wartete auf ihn, um <strong>de</strong>n Inhalt<br />
<strong>de</strong>s Sacks, ein zartes Kindlein, zu kochen.<br />
Mauritius nutzte eine Unaufmerksamkeit <strong>de</strong>r Köchin,<br />
um sie in <strong>de</strong>n Kessel zu stoßen, er wur<strong>de</strong> aber<br />
von Suc<strong>de</strong>bruc überrascht. Nach einem Kampf<br />
konnte <strong>de</strong>r Junge entwischen und Suc<strong>de</strong>bruc blieb<br />
bewusstlos zurück.<br />
Mauritius brachte <strong>de</strong>r Mala Vella das Essen. Diesmal<br />
war <strong>de</strong>r Schmaus aber kein Kin<strong>de</strong>rfleisch, son<strong>de</strong>rn<br />
Hun<strong>de</strong>fleisch. Die Mala Vella wur<strong>de</strong> sehr wütend,<br />
doch draußen hatten die Bewohner <strong>de</strong>s Dorfes,<br />
nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Junge sie aufgeklärt hatte, einen Kreis<br />
um <strong>de</strong>n Palast gebil<strong>de</strong>t und Feuer gelegt. Unser Held<br />
konnte entfliehen, bevor die Mala Vella von <strong>de</strong>n<br />
Flammen verschlungen wur<strong>de</strong>. Die Mala Vella hatte<br />
ohne ihre Ration an Kin<strong>de</strong>rfleisch ihre Unsterblichkeit<br />
verloren und das Dorf Cal<strong>de</strong>s <strong>de</strong> Malavella hatte<br />
seine Freiheit wie<strong>de</strong>rgewonnen.<br />
31
11<br />
32<br />
Gräfin Ermessenda von Carcassonne<br />
Dies ist die Geschichte einer Frau, die sich<br />
im 11. Jahrhun<strong>de</strong>rt nicht damit abfin<strong>de</strong>n<br />
wollte, nur Zuschauerin <strong>de</strong>s politischen<br />
Lebens in Katalonien zu sein. Die Gräfin<br />
Ermessenda war bekannt für ihre<br />
Schönheit und ging durch ihren starken<br />
und resoluten Charakter in die Geschichte<br />
ein. Von Anfang an mischte sie in <strong>de</strong>r<br />
katalanischen Politik mit und nahm direkt<br />
an <strong>de</strong>n Regierungsaufgaben <strong>de</strong>r<br />
Grafschaften ihres Mannes und am Vorsitz<br />
von Versammlungen und Gerichten teil.<br />
Sie begleitete sogar <strong>de</strong>n Grafen Borrell III<br />
in vielen seiner militärischen Züge<br />
nach Al-Andalus.<br />
1058 - die Gräfin Ermessenda von Carcassonne stirbt.<br />
Kathedrale von <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Ermessenda von Carcassonne, Tochter <strong>de</strong>s Roger I<br />
von Carcassonne und <strong>de</strong>r A<strong>de</strong>laida von Gavaldà,<br />
wur<strong>de</strong> um das Jahr 975 geboren. Sie heiratete im<br />
Jahr 993 <strong>de</strong>n Grafen von Barcelona, Ramon Borrell<br />
III. Doch Graf Borrell III. starb, als sein Sohn Berenguer<br />
Ramon I. <strong>de</strong>r Gekrümmte noch min<strong>de</strong>rjährig<br />
war, so dass Ermessenda die Regentschaft übernahm,<br />
bis ihr Sohn die Volljährigkeit erreichte, und das Nutzungsrecht<br />
<strong>de</strong>r Grafschaften <strong>Girona</strong>-Osona nach <strong>de</strong>m<br />
Willen ihres Mannes genoss.<br />
Nach <strong>de</strong>r Regentschaft war die entschlossene Gräfin<br />
nicht dazu bereit, auf ihre Macht zu verzichten,<br />
und ihr Bru<strong>de</strong>r Pere Roger von Carcassonne, Bischof<br />
von <strong>Girona</strong>, musste zwischen Mutter und Sohn vermitteln.<br />
Es wur<strong>de</strong> vereinbart, dass ihr Sohn Berenguer<br />
Ramon seiner Mutter vorübergehend, neben<br />
einigen Burgen und Tributen, die Herrschaft über die<br />
Stadt <strong>Girona</strong> überließ.<br />
Berenguer Ramon I. jedoch starb im Jahr 1035 und<br />
Ermessenda von Carcassonne wur<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>r Regentin,<br />
in diesem Fall über die Grafschaften ihres Enkels<br />
Ramon Berenguer, bis zum Jahr 1056.<br />
Neben diesen Intrigen, Machtkämpfen und <strong>de</strong>r aktiven<br />
Beteiligung am politischen Leben Kataloniens ist<br />
die Gräfin Ermessenda auch aufgrund ihrer engen<br />
Beziehung zur katalanischen Kirche bekannt. Ermessenda<br />
von Carcassonne grün<strong>de</strong>te als Herrin <strong>de</strong>r<br />
Stadt <strong>Girona</strong> das Kloster <strong>de</strong>s Benediktineror<strong>de</strong>ns in<br />
Sant Daniel und das Kloster von Sant Feliu <strong>de</strong> Guíxols.<br />
1015 trieben Ermessenda und ihr Bru<strong>de</strong>r Pere Roger<br />
<strong>de</strong>n wichtigsten Sakralbau in <strong>Girona</strong> voran: die Kathedrale.<br />
Sie wur<strong>de</strong> mit einer Schenkung von 100 Unzen<br />
Gold auf einem ehemaligen römischen Tempel<br />
errichtet. Die romanische Kathedrale von <strong>Girona</strong> war<br />
wie heute eine Kirche mit einem einzigen Schiff,<br />
überdacht mit einem Tonnengewölbe und mit drei<br />
Portalen, und sie wur<strong>de</strong> am 21. September 1038<br />
eingeweiht.<br />
Als die Gräfin Ermessenda im Jahr 1058 starb, war<br />
es ihr Wille, dass ihr Grab mit <strong>de</strong>m Grafenwappen<br />
<strong>de</strong>s Hauses von Barcelona in die Kathedrale von<br />
<strong>Girona</strong> verlegt wur<strong>de</strong>. Im 14. Jahrhun<strong>de</strong>rt ließ <strong>de</strong>r<br />
König Peter <strong>de</strong>r Zeremoniöse das Grab von ihr und<br />
ihrem Enkel Ramon Berenguer II. mit einem gotischen<br />
Grab über<strong>de</strong>cken. Auf <strong>de</strong>m Grab <strong>de</strong>r Gräfin<br />
wur<strong>de</strong> eine Skulptur von Ermessenda - ein Werk von<br />
Guillem Morell - aufgestellt.<br />
33
12<br />
34<br />
Der Strohkopf-Falke<br />
Diesmal sind es historische Ereignisse,<br />
<strong>de</strong>ren Ort und Zeit genau bestimmt sind,<br />
die Eingang in die Sagenwelt gefun<strong>de</strong>n<br />
haben. Im Jahr 1053 bekam <strong>de</strong>r Graf von<br />
Barcelona, Ramon Berenguer I.,<br />
Nachkommen: Es waren Zwillinge, die dazu<br />
bestimmt waren, gemeinsam die<br />
Grafschaft zu regieren. Die Kin<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong>n<br />
auf die Namen Ramon Berenguer, auch<br />
bekannt als Strohkopf aufgrund seiner<br />
blon<strong>de</strong>n Haare, und Berenguer Ramon<br />
getauft. Am 5. Dezember 1082 wur<strong>de</strong><br />
Ramon Berenguer II. in <strong>de</strong>r Nähe von<br />
<strong>Girona</strong> ermor<strong>de</strong>t aufgefun<strong>de</strong>n.<br />
1082 - Tod <strong>de</strong>s Strohkopfes - Sant Feliu <strong>de</strong> Buixalleu / <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Die Sage beginnt mit <strong>de</strong>m historischen Ereignis,<br />
nämlich <strong>de</strong>m grausamen To<strong>de</strong> von Ramon<br />
Berenguers Sohn, als er am Montnegre, im Gemein<strong>de</strong>bezirk<br />
von Gaserans, zwischen Hostalric und Sant<br />
Celoni, in <strong>de</strong>r Nähe von Sant Feliu <strong>de</strong> Buixalleu, am<br />
Jagen war. Der Strohkopf sagte zu seinem Bru<strong>de</strong>r,<br />
dass er genug gejagt hätte, da er nach Barcelona<br />
zurückkehren wollte, um seinen erst kürzlich geborenen<br />
Sohn kennen zu lernen. Doch Ramon Berenguer<br />
II. kam nie in Barcelona an. Sein Körper wur<strong>de</strong><br />
von einem Bauern ent<strong>de</strong>ckt, <strong>de</strong>r durch das Jammern<br />
<strong>de</strong>s Falkens <strong>de</strong>s Grafens auf ihn aufmerksam<br />
wur<strong>de</strong>. Der Leichnam <strong>de</strong>s Grafen lag in einem Tümpel,<br />
<strong>de</strong>r heute unter <strong>de</strong>m Namen Gorg <strong>de</strong>l Comte<br />
bekannt ist, in einer einsamen Gegend, die seither <strong>de</strong>n<br />
Namen Voral <strong>de</strong> l’Astor o<strong>de</strong>r Perxa <strong>de</strong> l’Astor trägt.<br />
Die sterblichen Überreste <strong>de</strong>s Grafen wur<strong>de</strong>n in die<br />
Kathedrale von <strong>Girona</strong> überführt, wo er begraben<br />
wur<strong>de</strong>. Es hieß, dass <strong>de</strong>r betrübte Falke <strong>de</strong>m Leichenzug<br />
bis zur Kathedrale folgte, wo er einen Kreis<br />
über Berenguer Ramon flog, bevor er vor Ermüdung<br />
und Traurigkeit tot auf <strong>de</strong>n Sarg seines Herrn fiel.<br />
Die Dorfbewohner glaubten immer, dass Berenguer<br />
Ramon mit <strong>de</strong>m Mord in direkter Verbindung stün<strong>de</strong>,<br />
und seit jenem Tag nannten sie ihn Berenguer<br />
Ramon <strong>de</strong>n Bru<strong>de</strong>rmör<strong>de</strong>r. Die Sage erzählt uns<br />
auch, dass die Priester am Tag <strong>de</strong>r Beisetzung das<br />
Totenamt singen mussten. Unerklärlicherweise irrten<br />
sie sich bei ihrem Gesang und konnten nur immer<br />
wie<strong>de</strong>rholen: Ubi est Abel frater tuus? Wo ist<br />
Abel, <strong>de</strong>in Bru<strong>de</strong>r?<br />
Seit jener Zeit ruhen die sterblichen Überreste Ramon<br />
Berenguers II. mit seiner Rüstung und seinem<br />
Schwert in <strong>de</strong>r Kathedrale von <strong>Girona</strong>, oberhalb <strong>de</strong>s<br />
Portals <strong>de</strong>r ehemaligen Sakristei in <strong>de</strong>r Klosterkapelle.<br />
Die Bewohner <strong>Girona</strong>s haben <strong>de</strong>n treuen<br />
Falken nicht vergessen und sie verliehen ihm einen<br />
Ehrenplatz in <strong>de</strong>r Kathedrale, in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s Grabs<br />
seines Herrn, an einer <strong>de</strong>r Gewölberippen am Eingang<br />
<strong>de</strong>r Kapitularsäle.<br />
Als im Jahr 1982 das ursprüngliche Grab <strong>de</strong>s Grafen,<br />
das 1385 auf Anordnung <strong>de</strong>s Königs Peter <strong>de</strong>s<br />
Zeremoniösen mit Alabasterplatten be<strong>de</strong>ckt wor<strong>de</strong>n<br />
war, geöffnet wur<strong>de</strong>, kam ein Bildnis <strong>de</strong>r vier<br />
Streifen zum Vorschein, das älteste Bild <strong>de</strong>s Wappens<br />
von Katalonien.<br />
35
13<br />
36<br />
Der Hintern <strong>de</strong>r Löwin<br />
Ein typisches Tier <strong>Girona</strong>s - von <strong>de</strong>n<br />
Fliegen mal abgesehen - ist kein an<strong>de</strong>res<br />
als <strong>de</strong>r Löwe. Historisch fühlten sich die<br />
Bewohner <strong>Girona</strong>s sehr von diesem Tier<br />
angezogen. Doch aufgrund ihrer<br />
Unkenntnis verwechselten sie häufig<br />
Wölfe und Löwen, wie beim Löwenbrunnen<br />
Font <strong>de</strong>ls Lleons, <strong>de</strong>r so heißt, da es viele...<br />
Wölfe in <strong>de</strong>r Gegend gab. Und da wir<br />
schon bei <strong>de</strong>r Verwechslung von Löwen<br />
sind, die Bewohner <strong>Girona</strong>s haben das<br />
Geschlecht eines an<strong>de</strong>ren bekannten<br />
Löwen in <strong>de</strong>r Straße Carrer Cal<strong>de</strong>rers<br />
verwechselt.<br />
12. Jahrhun<strong>de</strong>rt - Carrer Cal<strong>de</strong>rers, <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Auf <strong>de</strong>r Carrer Cal<strong>de</strong>rers, die früher als Carrer <strong>de</strong>ls<br />
Perolers bekannt war, an <strong>de</strong>r Hausnummer 19, gab es<br />
eine romanische Säule, an <strong>de</strong>r ein Löwe aus Stein<br />
hinaufkletterte. Diese Skulptur schmückte einmal das<br />
bekannte Gasthaus Hostal <strong>de</strong> la Lleona, das im<br />
Mittelalter und in <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Zeit in Betrieb war.<br />
Dieses Gasthaus befand sich an einer guten Stelle, am<br />
Eingang <strong>de</strong>r Stadt, und alle Reisen<strong>de</strong>, die von<br />
Frankreich nach <strong>Girona</strong> kamen, kehrten dort ein.<br />
Die Skulptur stellt einen männlichen Löwen dar, <strong>de</strong>r<br />
jedoch zuerst mit einem Affen - wahrscheinlich durch<br />
die klettern<strong>de</strong> Haltung - verwechselt wur<strong>de</strong> und <strong>de</strong>r<br />
später als Löwin in die Sagenwelt <strong>Girona</strong>s einging.<br />
Da die Figur nicht sehr hoch war, konnten die Leute,<br />
wenn sie sich auf die Fußspitzen stellten und <strong>de</strong>n Arm<br />
ausstreckten, mit <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Hintern <strong>de</strong>s Tieres<br />
berühren. Und da die Katalanen von Natur aus eschatologisch<br />
sind, wur<strong>de</strong> diese Handlung zu einem Ritual.<br />
Die Löwin wur<strong>de</strong> bald unter <strong>de</strong>n Bewohnern <strong>Girona</strong>s<br />
und <strong>de</strong>n Auswärtigen berühmt. Mit <strong>de</strong>r Zeit wur<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r Brauch, <strong>de</strong>n Hintern zu berühren o<strong>de</strong>r einen Kuss<br />
zu geben, zu einer Art Taufe in <strong>Girona</strong> für Neuankömmlinge,<br />
die sich beim Einwohnermel<strong>de</strong>amt <strong>de</strong>r<br />
Stadt angemel<strong>de</strong>t hatten, und für die Bewohner<br />
<strong>Girona</strong>s eine Garantie, dass sie eine gute Rückreise in<br />
die Stadt haben, falls sie sie mal verlassen. Dieser<br />
Brauch wird mit <strong>de</strong>m folgen<strong>de</strong>n Spruch begleitet:<br />
Wer <strong>de</strong>n Hintern <strong>de</strong>r Löwin nicht geküsst hat, ist<br />
kein guter Bürger <strong>Girona</strong>s.<br />
Seit <strong>de</strong>m Jahr 1986 gibt es eine Nachahmung <strong>de</strong>r<br />
Löwin von <strong>de</strong>r Carrer Cal<strong>de</strong>rers, die mit einigen<br />
Stufen ausgestattet ist, um <strong>de</strong>n Brauch zu erleichtern,<br />
auf <strong>de</strong>r Plaça <strong>de</strong> Sant Feliu, ganz in <strong>de</strong>r Nähe<br />
<strong>de</strong>r ursprünglichen Stelle <strong>de</strong>r Löwin.<br />
Diese Nachahmung <strong>de</strong>r Löwin erhält weiterhin<br />
Küsse auf ihren Hintern von <strong>de</strong>n Bewohnern <strong>Girona</strong>s<br />
und <strong>de</strong>n Besuchern, während die Originalstatue im<br />
Kunstmuseum <strong>de</strong>r Stadt besichtigt wer<strong>de</strong>n kann.<br />
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14<br />
38<br />
Straße <strong>de</strong>s Wolfes<br />
Die Carrer <strong>de</strong>l Llop, heute Pujada <strong>de</strong>l Rei<br />
Martí l’Humà, birgt einige Geheimnisse.<br />
Diese Straße wur<strong>de</strong> im Jahr 1750 erhöht,<br />
um Überschwemmungen zu vermei<strong>de</strong>n.<br />
So entsprechen die jetzigen Erdgeschosse<br />
<strong>de</strong>r früheren ersten Etage <strong>de</strong>r Häuser und<br />
die Balkone von früher sind die jetzigen<br />
Eingangstüren <strong>de</strong>r Häuser. Durch die<br />
Be<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>r Straße wur<strong>de</strong> auch ein Teil<br />
<strong>de</strong>r Geschichte abge<strong>de</strong>ckt, wie <strong>de</strong>r<br />
Windfang einer westgotischen Kirche,<br />
die wahrscheinlich <strong>de</strong>m Heiligen Felix<br />
gewidmet war. Es gibt jedoch eine<br />
außergewöhnliche Skulptur, die die<br />
Erhöhung <strong>de</strong>r Straße überlebte.<br />
12. Jahrhun<strong>de</strong>rt - Datum <strong>de</strong>s Reliefs.<br />
Die Straße Pujada <strong>de</strong>l Rei Martí in <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
In <strong>de</strong>r Altstadt <strong>Girona</strong>s, vor <strong>de</strong>m Portal <strong>de</strong> Sobreportes,<br />
am Fluss Galligans, befin<strong>de</strong>t sich die Straße Carrer <strong>de</strong>l<br />
Rei Martí l’Humà. Es han<strong>de</strong>lt sich um eine aufwärts<br />
führen<strong>de</strong>, enge, dunkle Gasse mit Geruch nach alten<br />
Steinen, die früher einmal Carrer <strong>de</strong>l Llop genannt<br />
wur<strong>de</strong>. In dieser Straße gab es einen aus Stein gehauenen<br />
Türsturz, <strong>de</strong>r sich heute im Kunstmuseum von<br />
<strong>Girona</strong> befin<strong>de</strong>t. Die Skulptur stellt einen großen Wolf<br />
mit einer Löwenmähne dar, <strong>de</strong>r ein Kind verschlingt.<br />
Dieses Steinrelief erinnert an ein tragisches Ereignis,<br />
das sich vor langer Zeit auf dieser Straße zutrug. Die<br />
Sage erzählt, dass eines Tages ein ausgehungerter<br />
Wolf in das Tal von Sant Daniel kam, um etwas zu<br />
fin<strong>de</strong>n, was seinen Hunger stillen konnte. Schließlich<br />
erreichte er die Carrer <strong>de</strong>l Llop. Das hungrige Tier sah<br />
dort einen Jungen, <strong>de</strong>r geistesabwesend am Spielen<br />
war, und stürzte sich auf ihn. Von hier ab gibt es<br />
verschie<strong>de</strong>ne Versionen: Einige sagen, dass <strong>de</strong>r Wolf<br />
<strong>de</strong>n Knaben mitnahm, um ihn später aufzufressen,<br />
an<strong>de</strong>re sagen, dass einige Jäger <strong>de</strong>n Wolf erschrecken<br />
konnten, <strong>de</strong>r das Kind fallen ließ und mit eingezogenem<br />
Schwanz zurück nach Sant Daniel lief.<br />
Wie<strong>de</strong>rum an<strong>de</strong>re meinen, dass <strong>de</strong>r Junge ein<br />
Messdiener war, <strong>de</strong>r inmitten einer Prozession vom<br />
Wolf verschlungen wur<strong>de</strong>.<br />
Es ist nichts über diesen traurigen Vorfall bekannt<br />
und es gibt auch keinen Nachweis dafür, dass er<br />
sich wirklich zugetragen hat. Vielleicht ist nach einem<br />
traurigen Ereignis diese Skulptur als ein Hinweis<br />
auf die Gefahr geschaffen wor<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r es war<br />
die Phantasie <strong>de</strong>r Bevölkerung, die eine Sage auf<br />
Grund <strong>de</strong>r Skulptur in <strong>de</strong>r Straße erfand. Es ist ein<br />
weiteres Mysterium, das sich <strong>de</strong>n Geheimnissen<br />
dieser Straße anschließt.<br />
Auf <strong>de</strong>r gleichen Carrer <strong>de</strong>l Llop gab es ein Nonnenkloster,<br />
an <strong>de</strong>ssen Fassa<strong>de</strong> sich ein Bildnis <strong>de</strong>r Muttergottes<br />
<strong>de</strong>r Milch befand, an die sich die Mütter wandten,<br />
<strong>de</strong>ren Muttermilch versiegt war und die ihre<br />
Kin<strong>de</strong>r nicht mehr ernähren konnten.<br />
Es ist zumin<strong>de</strong>st son<strong>de</strong>rbar, dass es ein Bild dieser<br />
Muttergottes in <strong>de</strong>r Carrer <strong>de</strong>l Llop gibt, da <strong>de</strong>r Wolf<br />
gleichfalls mit <strong>de</strong>r Muttermilch in Verbindung gebracht<br />
wird, seit eine Wölfin die Zwillinge und späteren<br />
Grün<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Stadt Roms ernährte.<br />
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15<br />
40<br />
Die Meerjungfrau von Galligans<br />
Es liegen Daten vor, die das romanische<br />
Kloster Sant Pere <strong>de</strong> Galligans auf das<br />
Jahr 988 datieren. Anfang <strong>de</strong>s 12.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rts begannen die Bauarbeiten<br />
an <strong>de</strong>r Kirche Sant Pere und am Kreuzgang<br />
<strong>de</strong>s Klosters und sie wur<strong>de</strong>n vor En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rts fertig gestellt. Im kleinen<br />
Kreuzgang <strong>de</strong>s Klosters gibt es ein Kapitell<br />
mit einem beson<strong>de</strong>ren Relief an <strong>de</strong>n vier<br />
Seiten: eine geheimnisvolle Meerjungfrau.<br />
Die Meerjungfrau <strong>de</strong>s Klosters Galligans<br />
ist nicht das typische Bildnis einer Nixe<br />
mit weiblichem Körper, langen Haaren und<br />
einem Fischschwanz.<br />
12. Jahrhun<strong>de</strong>rt - Kloster Sant Pere <strong>de</strong> Galligans in <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Diese Meerjungfrau aus <strong>Girona</strong> ist mit <strong>de</strong>m Körper<br />
einer Frau und nicht mit einem, son<strong>de</strong>rn mit zwei<br />
Fischschwänzen dargestellt. Die Meerjungfrau von<br />
Galligans treibt oberhalb <strong>de</strong>s Wassers mit weit geöffneten<br />
Augen, während sie mit ihren Hän<strong>de</strong>n die<br />
Schwanzspitzen hält. Am Ansatz <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Schwänze<br />
gibt es eine Zeichnung, die anscheinend die bei<strong>de</strong>n<br />
Geschlechter darstellt. Das Geheimnis um diese untypische<br />
Meerjungfrau wird umso größer, da es keine<br />
Hinweise gibt, die uns <strong>de</strong>n Ursprung o<strong>de</strong>r die<br />
Be<strong>de</strong>utung erklären.<br />
Alle Kulturen haben ein mythisches Bestiarium verwen<strong>de</strong>t,<br />
um das Unbekannte zu erklären und Gefahren,<br />
Bedrohungen, Tugen<strong>de</strong>n und Sün<strong>de</strong>n nach ihrem<br />
Glaubenssystem zu symbolisch darzustellen. Die ersten<br />
Hinweise auf Meerjungfrauen gehen auf die griechisch-römische<br />
Kultur zurück, die dieses mythologische<br />
Tier von <strong>de</strong>n orientalischen Kulturen übernommen<br />
hat. Die Meerjungfrauen verzauberten die Seeleute mit<br />
ihrem schönen Gesang, so dass <strong>de</strong>ren Schiffe gegen die<br />
Klippen fuhren. In <strong>de</strong>r Odyssee von Homer befahl<br />
Ulysses, ihn am Mast <strong>de</strong>s Schiffes festzubin<strong>de</strong>n, damit<br />
er <strong>de</strong>r Versuchung durch <strong>de</strong>n Gesang <strong>de</strong>r Meerjungfrauen<br />
wi<strong>de</strong>rstehen konnte.. Das Christentum über-<br />
nahm viele Symbole aus <strong>de</strong>n alten Kulturen, wie die<br />
Figur <strong>de</strong>r Meerjungfrauen, und christianisierte sie.<br />
Auf <strong>de</strong>r Insel Lesbos in Griechenland, am Altar von<br />
Mytilene, ist eine sehr ähnliche Meerjungfrau wie die<br />
von Galligans dargestellt: Sie hält auf die gleiche<br />
Weise die Schwanzspitzen in ihren Hän<strong>de</strong>n. Im Mittelalter<br />
wur<strong>de</strong> dieses griechische Bild übernommen und<br />
hin und wie<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong> das Haar mit <strong>de</strong>n Fischschwänzen<br />
verwechselt: In einer Miniatur <strong>de</strong>s Beato<br />
<strong>de</strong>l Burgo von Osma wird Babylonia als eine Frau<br />
gezeigt, die sich ihr Haar kämmt. Die romanische<br />
Kunst <strong>de</strong>s Baskenlan<strong>de</strong>s stellt ähnliche Meerjungfrauen<br />
wie die von Galligans dar.<br />
Die mittelalterlichen Kreuzgänge zeigen die Vereinigung<br />
<strong>de</strong>s Irdischen und Weltlichen mit <strong>de</strong>m Göttlichen<br />
und haben phantastische Elemente in ihre Symbole<br />
aufgenommen, um ihre Botschaft zu verkün<strong>de</strong>n.<br />
Das Wasser, in <strong>de</strong>m die Meerjungfrauen leben, symbolisiert<br />
das Verborgene und Gefährliche, wie das Wasser,<br />
das wild wer<strong>de</strong>n kann. Die Meerjungfrauen symbolisieren<br />
die Wollust, was im Mittelalter durch die Darstellung<br />
<strong>de</strong>r Meerjungfrau mit zwei Fischschwänzen,<br />
die jeweils ein Geschlechtsteil haben, noch verstärkt<br />
wur<strong>de</strong>. Vielleicht war die Meerjungfrau von Sant Pere<br />
<strong>de</strong> Galligans mit ihren weit geöffneten Augen eine<br />
Warnung an die Gläubigen jener Zeit vor <strong>de</strong>n Gefahren,<br />
die die Sün<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Wollust mit sich bringen konnte.<br />
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42<br />
Der Sohn <strong>de</strong>r Burg<br />
Traditionelle Gesellschaften haben steife<br />
Verhaltensregeln und Strafvorschriften für<br />
diejenigen, die sich nicht an diese Regeln<br />
halten. Dennoch können manchmal<br />
göttliche Kräfte die Ausrutscher, die von<br />
<strong>de</strong>r Gesellschaft verurteilt wer<strong>de</strong>n,<br />
vergeben. Das ist es, was <strong>de</strong>r Tochter von<br />
Cal Sobirà in Santa Creu geschah,<br />
die schwanger wur<strong>de</strong> von ihrem Verlobten.<br />
13. Jahrhun<strong>de</strong>rt - Die Burg von Farners.<br />
Santa Coloma <strong>de</strong> Farners (<strong>Girona</strong>).
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Als die Eltern <strong>de</strong>s armen Mädchens dies erfuhren,<br />
wur<strong>de</strong> sie aus <strong>de</strong>m Haus gejagt. Das bedauernswerte<br />
Paar hatte nur noch die Möglichkeit, gemeinsam<br />
zu fliehen. Sie heirateten hinter <strong>de</strong>m Rücken ihrer<br />
Familien in <strong>de</strong>r Einsiedlerkapelle Sant Miquel <strong>de</strong><br />
Cla<strong>de</strong>lls und sie nahmen das Angebot <strong>de</strong>s Einsiedlers,<br />
bei ihm wohnen zu bleiben, an. Das Leben<br />
schien es gut mit <strong>de</strong>m Paar zu meinen, <strong>de</strong>nn es war<br />
glücklich mit seinem neuen Leben in <strong>de</strong>r Einsiedlerkapelle.<br />
Doch eines Tages fand das Mädchen<br />
ihren Mann und <strong>de</strong>n Einsiedler tot auf. Sie wur<strong>de</strong>n<br />
ermor<strong>de</strong>t. Die Witwe hatte zuviel Angst davor,<br />
alleine in <strong>de</strong>r Einsiedlerkapelle zu bleiben. Sie konnte<br />
aber auch nicht zu ihrer Familie zurückkehren,<br />
da es keinen Zeugen für ihre Heirat gab, weshalb<br />
die Familie sie nicht aufgenommen hätte.<br />
Es blieb nicht mehr viel Zeit bis zur Geburt ihres<br />
Kin<strong>de</strong>s und in ihrer Verzweiflung ging sie bis zu <strong>de</strong>n<br />
Ruinen <strong>de</strong>r alten Burg von Farners, um sich dort<br />
auszuruhen und <strong>de</strong>n grossen Schmerz zu überwin<strong>de</strong>n.<br />
Die arme Frau suchte Trost, schaute in Richtung<br />
<strong>de</strong>r Kapelle Mare <strong>de</strong> Déu <strong>de</strong> Farners am Fuß<br />
<strong>de</strong>r Burg und bat um Hilfe in ihrer Not. Plötzliche<br />
leuchteten die Wän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Burg in einem ganz<br />
weißen Licht auf und es erschien aus <strong>de</strong>m Nichts<br />
die Figur einer schönen Dame, die <strong>de</strong>r Witwe half,<br />
das Kind zu gebären. Die schöne Dame, die keine<br />
an<strong>de</strong>re als die Muttergottes war, gab das Kind<br />
einem Ehepaar, das erst kürzlich <strong>de</strong>n Sohn verloren<br />
hatte, damit es sich zwei Jahre lang um das Kind<br />
kümmerte.<br />
Als die zwei Jahre um waren, kamen die Eltern zur<br />
Burg von Farners, um <strong>de</strong>n Jungen zurückzugeben.<br />
Als Bezahlung für <strong>de</strong>n Ammendienst füllte die<br />
Muttergottes <strong>de</strong>n Rock <strong>de</strong>r Frau mit irgen<strong>de</strong>twas<br />
Schwerem, und sagte zu ihnen, dass sie es sich nicht<br />
anschauen durften, bis sie ihr Zuhause erreichten.<br />
Das Ehepaar konnte jedoch nicht länger warten<br />
und auf halbem Wege hielt es an, um sich die<br />
geheimnisvolle Bezahlung anzuschauen. Es war<br />
aber nur ein Haufen Sand. Wütend warfen bei<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>n Sand weg und gingen nach Hause. Als die Frau<br />
sich die Schürze auszog, fiel ein Sandkorn auf <strong>de</strong>n<br />
Bo<strong>de</strong>n und wur<strong>de</strong> zu einer Goldmünze. Hätten sie<br />
auf die Worte <strong>de</strong>r Muttergottes gehört, wären sie<br />
reich gewor<strong>de</strong>n.<br />
Die Tochter <strong>de</strong>s Sobirà wur<strong>de</strong> Nonne und ihr Kind<br />
wuchs zu einem mutigen, barmherzigen Jungen<br />
heran, <strong>de</strong>n je<strong>de</strong>r als <strong>de</strong>n »Sohn <strong>de</strong>r Burg« kannte.<br />
43
17<br />
44<br />
Die Ju<strong>de</strong>n in <strong>Girona</strong><br />
Die Diaspora, die jüdische Zerstreuung, begann im Jahr 70 unserer<br />
Ära. Die ersten Hinweise auf Ju<strong>de</strong>n in <strong>Girona</strong> gehen auf das 9.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rt zurück. Im 11. Jahrhun<strong>de</strong>rt lebte schon eine ganze<br />
Gemeinschaft in <strong>Girona</strong>, die bis zu ihrer Vertreibung im Jahr 1492 in<br />
<strong>de</strong>r Stadt ihr eigenes Gebiet, genannt »call« hatte. Als<br />
Hinterlassenschaft dieses Zusammenlebens gibt es einige<br />
persönliche Geschichten, die sich zu Sagen weiterentwickelt haben.<br />
1270, Tod von Mossé Ben Nahman,<br />
Bonastruc <strong>de</strong> Porta, Ju<strong>de</strong>nviertel, <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Mossé Ben Nahman - auch bekannt unter <strong>de</strong>m<br />
Namen Nahmàni<strong>de</strong>s o<strong>de</strong>r unter <strong>de</strong>m katalanischen<br />
Namen Bonastruc <strong>de</strong> Porta -, <strong>de</strong>r im Jahre 1194,<br />
nach <strong>de</strong>m jüdischen Kalen<strong>de</strong>r im Jahre 4954, in<br />
<strong>Girona</strong> geboren wur<strong>de</strong>, war <strong>de</strong>r Rabbi <strong>de</strong>r jüdischen<br />
Gemeinschaft <strong>Girona</strong>s. Seine Werke gehören zu<br />
<strong>de</strong>n wichtigsten <strong>de</strong>r jüdischen Literatur auf <strong>de</strong>r<br />
Iberischen Halbinsel. Der König Jaume I. ernannte<br />
ihn zum Vertreter <strong>de</strong>r jüdischen Gemeinschaften<br />
unter <strong>de</strong>r Krone Aragons im Zusammenhang mit<br />
<strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzung <strong>de</strong>r Disputa <strong>de</strong> Barcelona<br />
mit <strong>de</strong>m bekehrten Ju<strong>de</strong>n Pau Cristià. Nach seiner<br />
Verteidigung <strong>de</strong>s Ju<strong>de</strong>ntums erzwang die Kirche<br />
die Verbannung Nahmàni<strong>de</strong>s, obwohl dieser die<br />
Sympathie <strong>de</strong>s Königs genoss. Im Jahre 1276 erreichte<br />
er die Stadt Akko. Er starb im Alter von 76<br />
Jahren, nach<strong>de</strong>m er eine Synagoge in Jerusalem<br />
gegrün<strong>de</strong>t hatte, die bis 1585 benutzt wur<strong>de</strong>.<br />
Unter<strong>de</strong>ssen erreichte die antisemitische Welle, die<br />
schon das ganze Königreich von Kastilien überrollt<br />
hatte, auch Gerona. Am 10. August 1391 kam es zu<br />
einem Aufstand gegen <strong>de</strong>n call und die Obrigkeit<br />
ließ die Ju<strong>de</strong>n im Turm Gironella einschließen, um<br />
sie zu beschützen. Doch <strong>de</strong>r Rettungsort wur<strong>de</strong> zu<br />
einem Gefängnis, aus <strong>de</strong>m die Ju<strong>de</strong>n nur herauskamen,<br />
wenn sie sich zum Christentum bekehren<br />
ließen. Unter <strong>de</strong>n Ju<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Torre Gironella ließ<br />
sich Francesc Guillem <strong>de</strong> Vilaritg bekehren, aber<br />
seine Frau Tolrana weigerte sich und musste im<br />
Turm bleiben. Am 27. Dezember sandte Francesc<br />
Guillem seinen Prokurator zu Tolrana, um sie aufzufor<strong>de</strong>rn,<br />
zu ihm zurückzukehren. Tolrana aber<br />
weigerte sich, sich zu bekehren und mit ihrem<br />
bekehrten Ehemann nach <strong>de</strong>n Regeln <strong>de</strong>r katholischen<br />
Kirche für Ehen zwischen Christen und «Ungläubigen»<br />
zusammenzuleben. Diese Begebenheit<br />
wur<strong>de</strong> vom Notar Lluís Carbonell protokolliert. Nach<br />
<strong>de</strong>r Sage hätte Tolrana sich lieber umgebracht, sich<br />
von hoch oben aus <strong>de</strong>m Turm gestürzt, als vom<br />
Ju<strong>de</strong>ntum abzufallen. Seit jener Zeit, in <strong>de</strong>n kalten<br />
Tramuntana-Nächten, hört man noch <strong>de</strong>n klagen<strong>de</strong>n<br />
Gesang <strong>de</strong>s Geistes <strong>de</strong>r Tolrana in <strong>de</strong>n Gassen<br />
<strong>de</strong>s call.<br />
Die Lage verschlimmerte sich für die Ju<strong>de</strong>n. Im Jahr<br />
1490 wur<strong>de</strong> das Inquisitionsgericht in <strong>Girona</strong> eingesetzt,<br />
und zwei Jahre später, am 30. April 1492,<br />
erreichte ein Brief von Ferran <strong>de</strong>m Katholischen<br />
<strong>Girona</strong>, in <strong>de</strong>m die Verbannung aller Ju<strong>de</strong>n unter<br />
<strong>de</strong>r Krone von Kastilien und Aragon erlassen wur<strong>de</strong>.<br />
Am 12. Juli verkaufte die jüdische Gemeinschaft ihr<br />
gesamtes Eigentum in <strong>Girona</strong> und einen Monat<br />
später, im August 1492, gab es offiziell keine Ju<strong>de</strong>n<br />
mehr in <strong>de</strong>r Stadt.<br />
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18<br />
46<br />
Die Fliegen <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus<br />
<strong>Girona</strong> hat vom 3. Jahrhun<strong>de</strong>rt bis zum<br />
Jahr 1874 unendlich viele<br />
Belagerungen - man geht von gut dreißig<br />
aus - erlei<strong>de</strong>n müssen. Je<strong>de</strong> Belagerung<br />
hinterließ eine zerstörte Stadt und viele<br />
Tote unter <strong>de</strong>n Bewohnern. Doch seit <strong>de</strong>r<br />
Belagerung im Jahr 1285 zählten die<br />
Bewohner <strong>Girona</strong>s auf die Hilfe <strong>de</strong>s<br />
Heiligen Narzissus mit seinem Heer von<br />
Fliegen, um die Belagerer zu vertreiben,<br />
beson<strong>de</strong>rs diejenigen, die aus Frankreich<br />
kamen. Schauen wir uns die historischen<br />
Ereignisse an, über die <strong>de</strong>r Chronist Bernat<br />
Desclot im Jahr 1288 berichtete.<br />
1285, Belagerung durch <strong>de</strong>n französischen König Philipp <strong>de</strong>n Tapferen.<br />
Kirche Sant Feliu, <strong>Girona</strong>.
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<strong>Girona</strong> war durch seine geographische Lage an <strong>de</strong>r<br />
Via Augusta und aus politischen, geschäftlichen und<br />
militärischen Grün<strong>de</strong>n eine sehr begehrte Stadt.<br />
Philipp <strong>de</strong>r Tapfere aus Frankreich entschied sich<br />
wegen eines Streits über ein Gebiet mit <strong>de</strong>m König<br />
Peter, Graf von Barcelona und König von Aragón,<br />
<strong>Girona</strong> zu belagern. Im Jahr 1285 erreichten die<br />
Männer <strong>de</strong>s französichen Königs die Stadt. Die<br />
Bewohner <strong>Girona</strong>s und die Truppen <strong>de</strong>s Königs Peter<br />
verteidigten von Juni bis September die Stadt. Die<br />
Franzosen konnten <strong>Girona</strong> nicht erobern, doch sie<br />
konnten einige Viertel außerhalb <strong>de</strong>r Stadtmauern<br />
besetzen. Die Kirche Sant Feliu wur<strong>de</strong> nicht von <strong>de</strong>r<br />
Maueranlage geschützt und die Männer von Philipp<br />
<strong>de</strong>m Tapferen nutzten sie als Kaserne. Die Franzosen<br />
waren wütend darüber, dass sie die Stadt nicht besetzen<br />
konnten, weshalb sie das Grab <strong>de</strong>s Heiligen<br />
Narzissus schän<strong>de</strong>ten und die Überreste überall verstreuten.<br />
Glücklicherweise sah das ein Tischler, <strong>de</strong>r die<br />
Überreste aufhob und in einer Kiste aufbewahrte. Am<br />
gleichen Tag war <strong>de</strong>r Tischler Zeuge eines außergewöhnlichen<br />
Ereignisses: Er sah, wie aus <strong>de</strong>m Grab <strong>de</strong>s<br />
Heiligen ein Schwarm seltsamer Fliegen herauskam.<br />
Die Fliegen kamen zu Tausen<strong>de</strong>n und sie waren größer<br />
als normale Fliegen – so groß eine Eichel-, grünblau<br />
mit einen großen Stachel am Kopf. Die riesige,<br />
grüne Truppe aus giftigen Fliegen flog mit einem<br />
ohrenbetäuben<strong>de</strong>n Lärm zum französischen Heer,<br />
das schließlich die Stadt besetzt hatte. Die giftigen<br />
Fliegen griffen die Soldaten und ihre Pfer<strong>de</strong> an, und<br />
mit je<strong>de</strong>m Stich starb einer von ihnen einen<br />
schmerzhaften Tod. Unter <strong>de</strong>m Geschrei <strong>de</strong>r Soldaten<br />
und <strong>de</strong>m Gewieher <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong> musste das französische<br />
Heer abziehen. Es gibt einen wahren Zahlenwirrwarr<br />
bezüglich <strong>de</strong>r Toten auf <strong>de</strong>r französischen<br />
Seite. Es waren Tausen<strong>de</strong> von Pfer<strong>de</strong>n und ebenso<br />
Tausen<strong>de</strong> von Soldaten. Sogar <strong>de</strong>r französische König<br />
soll auf <strong>de</strong>m Weg nach Frankreich gestorben sein.<br />
Seit jener Belagerung im Jahr 1285 brachten die<br />
Bewohner <strong>Girona</strong>s, wenn sie belagert wur<strong>de</strong>n, das<br />
Grab ihres Heiligen zu <strong>de</strong>n Stadtmauern, damit er die<br />
Stadt mit seinem mächtigen Heer aus giftigen<br />
Fliegen verteidigte. Die letzte französische Belagerung<br />
ereignete sich in <strong>de</strong>n Jahren 1808-1809<br />
unter Napoleon. Diesmal gab es keine Hilfe vom<br />
Fliegenheer, doch die Bewohner <strong>Girona</strong>s verdankten<br />
<strong>de</strong>m Schutz <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus die mutige<br />
Verteidigung <strong>de</strong>r Stadt bis zu ihrer Kapitulation am<br />
10. Dezember 1809. Als Dank dafür wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Heilige<br />
Narzissus am 27. November 1808 vom Obersten Rat<br />
von Katalonien mit <strong>de</strong>m Titel <strong>de</strong>s Generalissimus ausgezeichnet.<br />
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48<br />
Das Brüllen in Castelló<br />
Sagen entstehen oftmals, um Ereignisse,<br />
die keine sichtbare Erklärung haben,<br />
verständlich zu machen. Siege in schweren<br />
Schlachten, aufrecht stehen<strong>de</strong> Steine,<br />
Quellen, Brücken... und sogar seltsame<br />
Schreie können durch eine Sage erklärt<br />
wer<strong>de</strong>n. Außer<strong>de</strong>m zeigen die Sagen die in<br />
einer Gesellschaft anerkannten<br />
Verhaltensweisen auf und die Strafen für<br />
diejenigen, die von diesesm Verhalten<br />
abweichen. In dieser Erzählung wer<strong>de</strong>n wir<br />
sehen, wie <strong>de</strong>r Schrei eines Vogels uns<br />
davor warnen kann, habgierig zu sein.<br />
1333 - Jahr <strong>de</strong>s Hungers in Katalonien - Castelló d’Empúries (<strong>Girona</strong>).
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
In <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>s Grafen von Empúries, Ponç Hug, im 14.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rt gab es in einem Jahr eine sehr schlechte<br />
Ernte. Der Graf, <strong>de</strong>r einen großen Gerechtigkeitssinn<br />
hatte, verlangte die gesamte Ernte, um sie zu<br />
gleichen Teilen unter seinen Untertanen zu verteilen<br />
und um so eine Hungersnot bei <strong>de</strong>n ärmsten Bauern<br />
zu vermei<strong>de</strong>n.<br />
Doch wie schon so oft gab es einen reichen Mann in<br />
dieser Gegend, <strong>de</strong>r schlauer als die an<strong>de</strong>ren sein wollte.<br />
Er sammelte so viel Getrei<strong>de</strong>, wie er konnte ein, ein<br />
und belud einen von Rin<strong>de</strong>rn gezogenen Karren. Der<br />
angesehene Mann aus Castelló wollte mit <strong>de</strong>m Getrei<strong>de</strong><br />
bis nach Roses, wo ein Schiff auf ihn wartete,<br />
um es in ein fernes Land zu bringen. Dieses<br />
Unterfangen musste in <strong>de</strong>r dunklen Nacht und durch<br />
die Seen erfolgen, da er nicht ent<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n wollte.<br />
Als er die heimtückische Gegend Seen erreichte, gingen<br />
die Rin<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r Karren, das Getrei<strong>de</strong> und <strong>de</strong>r habgierige<br />
Reiche im Schlamm unter. Nichts konnte<br />
gegen die Kräfte <strong>de</strong>r Seen unternommen wer<strong>de</strong>n und<br />
sie wur<strong>de</strong>n von ihnen verschlungen. Seit jener Unglücksnacht<br />
hört man die Klagerufe <strong>de</strong>r Rin<strong>de</strong>r, die<br />
unschuldige Komplizen dieses verwerflichen Verhaltens<br />
wur<strong>de</strong>n.<br />
Es gibt verschie<strong>de</strong>ne Versionen dieser Sage. Man<br />
erzählt sich auch, dass <strong>de</strong>r Graf von Empúries von<br />
<strong>de</strong>n Tümpeln verschlungen wur<strong>de</strong>, da er das<br />
Getrei<strong>de</strong> nicht unter seinen Untertanen aufteilen<br />
wollte. Nach einer an<strong>de</strong>ren Version dieser Sage<br />
be<strong>de</strong>uten die Schreie <strong>de</strong>r Rin<strong>de</strong>r, dass sie in die Hölle,<br />
die sich unter <strong>de</strong>m See - wie auch beim See von Sils<br />
- befin<strong>de</strong>t, kommen.<br />
Eine Erklärung zu diesen berühmten Schreien gibt<br />
uns die Vogelwelt: Der seltsame Schrei <strong>de</strong>r Rin<strong>de</strong>r ist<br />
nichts an<strong>de</strong>res als <strong>de</strong>r Gesang <strong>de</strong>s Botaurus stellaris,<br />
mit an<strong>de</strong>ren Worten, <strong>de</strong>r großen Rohrdrommel. Dieser<br />
Vogel lebt im Schilf <strong>de</strong>r Teiche und im Frühling, während<br />
<strong>de</strong>r Balzzeit, gibt er in <strong>de</strong>r Abenddämmerung<br />
Töne von sich, die an das Brüllen eines Rin<strong>de</strong>s erinnern.<br />
In <strong>de</strong>n 60er Jahren verschwand <strong>de</strong>r Vogel aus<br />
dieser Gegend, doch mit <strong>de</strong>r Einrichtung <strong>de</strong>s<br />
Nationalparks <strong>de</strong>r Sümpfe <strong>de</strong>s Empordà im Jahr 1983<br />
kehrte das Brüllen <strong>de</strong>r Rohrdrommel und somit auch<br />
die Sage über das Brüllen aus Castelló in die Gegend<br />
l’Empordá zurück.<br />
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50<br />
Die Äpfel<br />
<strong>Girona</strong> hat eine wi<strong>de</strong>rsprüchliche<br />
Beziehung zu seinen vier Flüssen. Die Stadt<br />
nutzt das Wasser für landwirtschaftliche<br />
Zwecke, für die Mühlen und für <strong>de</strong>n<br />
Verbrauch seiner Bewohner. Doch die<br />
Flüsse, die die Stadt mit Wasser versorgen,<br />
haben sie auch immer wie<strong>de</strong>r<br />
überschwemmt. <strong>Girona</strong> musste sich<br />
irgendwie verteidigen, wenn diese Flüsse<br />
über die Ufer traten. Die erste<br />
dokumentierte Überschwemmung war<br />
im Jahr 1193 und seither hat die Stadt<br />
<strong>de</strong>r vier Flüsse einige davon erlei<strong>de</strong>n<br />
müssen.<br />
1336 - Verbauung <strong>de</strong>r Ufer <strong>de</strong>s Onyar - Am Fluss Onyar, <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Die Wolkenbrüche waren ein immer wie<strong>de</strong>rkehren<strong>de</strong>s<br />
Übel in <strong>Girona</strong>. Die Bewohner <strong>de</strong>s Stadtviertels<br />
Mercadal litten unter <strong>de</strong>n Überschwemmungen <strong>de</strong>r<br />
Flüsse Güell und Ter und die Leute <strong>de</strong>s Viertels Sant<br />
Pere durch <strong>de</strong>n Fluss Galligans. Als 1336 <strong>de</strong>r König<br />
Peter <strong>de</strong>r Zeremoniöse die Erlaubnis gab, am Ufer<br />
<strong>de</strong>s Flusses Onyar zu bauen, verschlimmerten sich<br />
die Schwierigkeiten. Wenn <strong>de</strong>r Onyar über die Ufer<br />
trat, konnten die niedrigeren Straßen bis zur Plaça<br />
<strong>de</strong>l Vi und <strong>de</strong>r Carrer Ciutadans überflutet wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Leute mussten zum höheren Teil <strong>de</strong>r Stadt fliehen.<br />
Im Jahr 1732 entwarfen die Bewohner <strong>Girona</strong>s<br />
eine Anlage von Hilfsbrücken, die an <strong>de</strong>r ersten<br />
Etage <strong>de</strong>r Häuser in <strong>de</strong>n überschwemmten Straßen<br />
angebracht wur<strong>de</strong>n und die zu <strong>de</strong>r höher gelegenen<br />
Stadt, <strong>de</strong>r Carrer <strong>de</strong> la Força und Pujada <strong>de</strong> Sant<br />
Feliu, führten. Ein an<strong>de</strong>re Lösung war, Löcher in <strong>de</strong>n<br />
Mauern zu öffnen, um das Wasser aus <strong>de</strong>r Stadt<br />
abfließen zu lassen. Wenn <strong>de</strong>r Erfindungsgeist <strong>de</strong>r<br />
Menschen nicht ausreichte, um die Bewohner <strong>de</strong>r<br />
Stadt <strong>de</strong>r vier Flüsse zu verteidigen, hatten die Bewohner<br />
keinen an<strong>de</strong>ren Ausweg, als im Glauben und<br />
in <strong>de</strong>n Gebeten Zuflucht zu suchen und sich mit<br />
einigen Äpfeln <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus zu versorgen.<br />
Diese Äpfel kamen von einem Grundstück, das die<br />
Bru<strong>de</strong>rschaft <strong>de</strong>s Heiligen in <strong>de</strong>r Nähe von Banyoles<br />
hatte. Es waren kleine, rote Äpfel. Zum Heiligen<br />
Narzissus wur<strong>de</strong>n sie auf sein Grab, wo sie die ganze<br />
Woche <strong>de</strong>s Heiligen blieben. Danach wur<strong>de</strong>n sie<br />
unter <strong>de</strong>n Gläubigen verteilt. Es hieß, dass sie sich<br />
das ganze Jahr über hielten, wenn sie gesegnet waren.<br />
Außer<strong>de</strong>m konnten sie das Wasser <strong>de</strong>r Flüsse,<br />
wenn sie über die Ufer traten, beruhigen. Die Bewohner<br />
<strong>de</strong>r Häuser am Onyar bewahrten einen guten<br />
Vorrat in <strong>de</strong>r Speisekammer auf und wenn Überschwemmungsgefahr<br />
bestand, wur<strong>de</strong>n sie in <strong>de</strong>n<br />
Fluss geworfen, um das Wasser zu besänftigen.<br />
Dieser Brauch ist sicherlich ein Nachlass <strong>de</strong>r Römer,<br />
die menschliche Opfer in <strong>de</strong>n Fluss Tiber warfen, als<br />
dieser drohte, über die Ufer zu treten. Später wur<strong>de</strong>n<br />
diese Opfer in an<strong>de</strong>ren Kulturen durch Stroho<strong>de</strong>r<br />
Brotpuppen ersetzt. Und <strong>de</strong>r Apfel wäre das<br />
Symbol <strong>de</strong>s Menschen, jedoch in religiöser und<br />
gesegneter Form.<br />
Mit <strong>de</strong>m Prozess <strong>de</strong>r Manus mortua im Jahr 1835,<br />
<strong>de</strong>r viele Eigentümer <strong>de</strong>r Kirche betraf, verlor die<br />
Kapelle Sant Narcís das Feld mit <strong>de</strong>n Apfelbäumen in<br />
Banyoles. Um die Tradition fortsetzen zu können,<br />
wur<strong>de</strong> beschlossen, die Äpfel zu kaufen. Die Tradition<br />
verlor sich um 1870.<br />
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21<br />
52<br />
Der Heilige Felix und <strong>de</strong>r Dieb <strong>de</strong>r Stiftskirche<br />
Die Hauptfigur in diesem Ereignis ist <strong>de</strong>r<br />
an<strong>de</strong>re Schutzpatron <strong>de</strong>r Stadt, <strong>de</strong>r Heilige<br />
Felix, an <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus.<br />
Die Legen<strong>de</strong> erzählt, dass <strong>de</strong>r Geist <strong>de</strong>s<br />
Heiligen Felix besorgt war, da es in <strong>Girona</strong><br />
einen Dieb gab, <strong>de</strong>r darauf versessen war,<br />
Messgewän<strong>de</strong>r und an<strong>de</strong>re liturgische<br />
Ornamente zu stehlen. So entschied <strong>de</strong>r<br />
Heilige Felix, nachts eine Run<strong>de</strong> zu drehen,<br />
um diesen Diebstählen ein En<strong>de</strong> zu<br />
bereiten.<br />
14. Jahrhun<strong>de</strong>rt - Kirche Sant Feliu, <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Es war schwarze Nacht, als <strong>de</strong>r kleine Dieb im<br />
Schutze <strong>de</strong>s Nebels und <strong>de</strong>r Dunkelheit durch die<br />
Stadt <strong>de</strong>r vier Flüsse ging, bela<strong>de</strong>n mit einem Sack, in<br />
<strong>de</strong>r sich die ganze Beute jener Nacht - einige Messgewän<strong>de</strong>r<br />
aus <strong>de</strong>r Stiftskirche - befand. Auf <strong>de</strong>m<br />
Weg traf <strong>de</strong>r Dieb einen nächtlichen Reisen<strong>de</strong>n und<br />
einige Zeit lang gingen sie gemeinsam und unterhielten<br />
sich. Der geheimnisvolle Reisen<strong>de</strong> konnte<br />
sofort das Vertrauen <strong>de</strong>s Diebes gewinnen. Bald wollte<br />
<strong>de</strong>r Dieb <strong>de</strong>m Reisen<strong>de</strong>n sein Geheimnis anvertrauen,<br />
vielleicht in <strong>de</strong>r Hoffnung, im Gegenzug ein<br />
Geheimnis von seinem Begleiter zu erfahren.<br />
Der Reisen<strong>de</strong> antwortete ihm, dass er ruhig sein<br />
Geheimnis mit ihm teilen könne, da er ihn nicht<br />
verraten wür<strong>de</strong>. Der Dieb zeigte ihm <strong>de</strong>n ganzen<br />
Inhalt seines Sacks und <strong>de</strong>r Unbekannte schlug ihm<br />
vor, alles in einem großen Haus zu lassen, das er<br />
besaß. Der kleine Dieb war damit einverstan<strong>de</strong>n<br />
und folgte <strong>de</strong>m Reisen<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r ihn bis zur Kirche<br />
Sant Feliu brachte. Als sie die Stiftskirche erreicht<br />
hatte, sagte <strong>de</strong>r Unbekannte zu <strong>de</strong>m Dieb: «Lass<br />
alles hier. Das ist mein Zuhause.» Und als er diese<br />
Worte feierlich ausgesprochen hatte, verschwand<br />
er im Nebel <strong>de</strong>r Stadt.<br />
Der kleine Dieb blieb mit offenem Mund zurück und<br />
rieb sich die Augen. Er schaut noch einmal hin, doch<br />
von <strong>de</strong>m geheimnisvollen Reisen<strong>de</strong>n war keine Spur<br />
zu sehen. Der Dieb erkannte die Kirche, die er einige<br />
Stun<strong>de</strong>n vorher geschän<strong>de</strong>t hatte, wie<strong>de</strong>r und<br />
zitternd schüttete er <strong>de</strong>n gesamten Inhalt <strong>de</strong>s Sacks<br />
auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Gotteshauses. Als er <strong>de</strong>n Kopf<br />
hob und auf das Bild hinter <strong>de</strong>m Hochaltar schaute,<br />
sah er das gleiche Gesicht wie das <strong>de</strong>s geheimnisvollen<br />
Reisen<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r ihn bis hierher begleitet hatte.<br />
Der kleine Dieb verstand, dass <strong>de</strong>r Heilige Felix <strong>de</strong>n<br />
Diebstahl ent<strong>de</strong>ckt hatte. Der Heilige hatte <strong>de</strong>m<br />
kleinen Dieb eine heilsame Lehre erteilt, sodass dieser<br />
nicht wie<strong>de</strong>r stahl - zumin<strong>de</strong>st nicht im Haus<br />
<strong>de</strong>s Heiligen.<br />
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22<br />
54<br />
Der Tarlà<br />
Auf <strong>de</strong>r Carrer <strong>de</strong> l’Argenteria sieht man zu<br />
<strong>de</strong>n Frühlingsfesten eine Harlekinpuppe,<br />
die an einer waagrechten Stange, die von<br />
Balkon zu Balkon reicht, hängt. Diese<br />
Puppe unterhält die Passanten,<br />
insbeson<strong>de</strong>re die Kin<strong>de</strong>r, mit ihrem<br />
unermüdlichen Repertoire an Überschlägen<br />
und Purzelbäumen. Die Puppe heißt Tarlà<br />
o<strong>de</strong>r Xato. Dieses Fest gab es, mit einigen<br />
Unterbrechungen, bis ins letzte<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rt. Dann wur<strong>de</strong> diese Tradition<br />
wie<strong>de</strong>r eingeführt und nun sieht man <strong>de</strong>n<br />
Tarlà erneut zu <strong>de</strong>n Frühlingsfesten um<br />
<strong>de</strong>n Tag <strong>de</strong>s Heiligen Georg auf <strong>de</strong>r<br />
Rambla und in <strong>de</strong>r Carrer <strong>de</strong> l’Argenteria.<br />
1348 - Beulenpest - Carrer <strong>de</strong> l’Argenteria, <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Dieses Fest hat <strong>de</strong>r Sage nach ihren Ursprung in<br />
einer <strong>de</strong>r schrecklichen Pestepi<strong>de</strong>mien, die <strong>Girona</strong><br />
zwischen <strong>de</strong>n Jahren 1348 und 1654 heimsuchten<br />
und die auch die Carrer <strong>de</strong> l’Argenteria nicht ausließen.<br />
Die Quarantäne wur<strong>de</strong> verhängt und die<br />
Bewohner schlossen die Zugänge <strong>de</strong>r Straßen<br />
sowie die Fenster und Türen <strong>de</strong>r Häuser mit Faschinen,<br />
Geflechten aus grünem Rohr, und beteten<br />
zum Heiligen Augustus, damit er sie von <strong>de</strong>r Seuche<br />
befreie. Den einzigen Kontakt, <strong>de</strong>n sie mit <strong>de</strong>r Stadt<br />
hatten, war das Läuten <strong>de</strong>r Kirchenglocken, die<br />
verkün<strong>de</strong>ten dass jemand an <strong>de</strong>r Seuche verstorben<br />
war. Die Quarantäne wäre für die Leute noch<br />
schlimmer gewesen, wenn sie nicht <strong>de</strong>n Tarlà<br />
gehabt hätten, mit <strong>de</strong>m ein Anwohner die ganze<br />
Straße mit seinen Überschlägen und Purzelbäumen<br />
unterhielt. Als die Seuche vorbei war, die nur<br />
das Leben eines Mädchens gekostet hatte, beschlossen<br />
die Anwohner, als Dank und zur Erinnerung<br />
an <strong>de</strong>n sympathischen Tarlà ein Fest zu<br />
feiern Da sie auch <strong>de</strong>m Heiligen Augustus dankten,<br />
wur<strong>de</strong> dieses Fest auf seinen Feiertag gelegt. Dieses<br />
Fest gab es schon im 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt und es<br />
hatte einen religiösen Aspekt dann langsam verlo-<br />
ren ging, beson<strong>de</strong>rs während <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts.<br />
Immer am 27. August, am Tag vor <strong>de</strong>m Feiertag <strong>de</strong>s<br />
Heiligen, schmückten die Anwohner die Straßen mit<br />
Geflechten aus grünem Rohr und Figuren, die <strong>de</strong>n<br />
Tarlà darstellten, sowie mit einer Holzpuppe. Der<br />
Tarlà wur<strong>de</strong> zum ersten Mal im Jahr 1814 erwähnt<br />
und bis zum letzten Drittel <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />
gab es auf <strong>de</strong>n Festen <strong>de</strong>n Tarlà aus Holz und <strong>de</strong>n<br />
Tarlà aus Fleisch und Blut. Im Jahr 1870 gab es mit<br />
Capeta und Xarron die letzten leben<strong>de</strong>n Tarlàs.<br />
Am nächsten Tag fan<strong>de</strong>n die religiösen Veranstaltungen<br />
statt und am dritten Tag «ging man zur<br />
Faschine», was heißen sollte, dass man außerhalb<br />
<strong>de</strong>r Stadt ein Picknick zum Nachmittag- o<strong>de</strong>r<br />
Aben<strong>de</strong>ssen als Abschluss <strong>de</strong>s Festes veranstaltete.<br />
Diese Tradition erinnert an das Feuer, in <strong>de</strong>m die<br />
Faschinen aus Rohr verbrannt wur<strong>de</strong>n, nach<strong>de</strong>m<br />
sie die Bewohner <strong>Girona</strong>s vor <strong>de</strong>r Pest geschützt<br />
hatten.<br />
Das Fest <strong>de</strong>s Tarlà erinnert an die mittelalterlichen<br />
Feiern <strong>de</strong>r Narren. Es ist ein Fest, an <strong>de</strong>m Gebote<br />
übertreten wer<strong>de</strong>n, wie am Karneval. Einige Tage<br />
<strong>de</strong>r Ausschweifung, in <strong>de</strong>nen die gesellschaftliche<br />
Ordnung verdreht wird, dienen als Ventil für soziale<br />
Konflikte im Alltag.<br />
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23<br />
56<br />
Die Hexe <strong>de</strong>r Kathedrale<br />
Diese Geschichte ereignete sich in <strong>de</strong>r<br />
dunklen Hexenzeit. Die Hexen waren<br />
Personen, meistens Frauen, mit bösartigen<br />
Kräften, die die Gabe hatten, fliegen zu<br />
können und die sich mit <strong>de</strong>m Teufel<br />
verbün<strong>de</strong>t hatten, um <strong>de</strong>n Christen zu<br />
scha<strong>de</strong>n. Die Katalanen <strong>de</strong>s Mittelalters<br />
hatten große Angst vor ihnen und<br />
machten sie für die schlimmsten Sachen<br />
verantwortlich, wie schlechte Ernten,<br />
Dürren und Überschwemmungen, totes<br />
Vieh, Seuchen und Fehlgeburten.<br />
1350 - Datum <strong>de</strong>s Wasserspeiers - Kathedrale von <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Die Hexen waren trotz ihrer Macht nicht immer<br />
erfolgreich mit ihrer bösen Kunst. Die Kirche hatte<br />
einige Waffen, mit <strong>de</strong>nen sie gegen die Hexen vorgehen<br />
konnte, wie Kruzifixe, Weihwasser usw.<br />
Zu<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong>n sie von <strong>de</strong>n Inquisitoren verfolgt,<br />
gefoltert und lebend verbrannt. Nicolau Eimeric, <strong>de</strong>r<br />
große Inquisitor, war für seine Inquisitionswut und<br />
sein Handbuch für Inquisitoren bekannt. In <strong>Girona</strong><br />
wird erzählt, dass eine Hexe nicht durch die irdischen<br />
Inquisitionskräfte, son<strong>de</strong>rn durch göttliche<br />
Hand bestraft wur<strong>de</strong>. Ihre Strafe wird auch heute<br />
noch durch einen Wasserspeier an <strong>de</strong>r Kathedrale<br />
als Abschreckung und Lehre für die, die ver<strong>de</strong>ckte<br />
teuflische Absichten haben, vorgezeigt.<br />
Man erzählt sich, dass es eine alte Hexe gab, die<br />
ihren Hass gegen die guten Kräfte hegte, in<strong>de</strong>m sie<br />
Steine gegen die Kathedrale und, nach an<strong>de</strong>ren Versionen,<br />
auf <strong>de</strong>n Weg <strong>de</strong>r Korpusprozession warf. Bis<br />
sie eines Tages, als sie wie<strong>de</strong>r ihren Umtrieben nachging,<br />
eine Strafe erhielt, für die alle Bewohner<br />
<strong>Girona</strong>s dankbar waren: Als die Glocken läuteten,<br />
versteinerte sich die Hexe durch göttliche Fügung.<br />
Die Bewohner <strong>Girona</strong>s hingen die Hexe, die zu<br />
einem Wasserspeier gewor<strong>de</strong>n war, an <strong>de</strong>r höchsten<br />
Stelle <strong>de</strong>r Kathedrale auf. Seit jenem Tag sieht man<br />
die Figur <strong>de</strong>r Hexe, die immer auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n blickt<br />
und die immer dazu verurteilt ist, nie wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />
Himmel anzuschauen. Aus ihrem Mund kommen<br />
keine Flüche o<strong>de</strong>r Gotteslästerungen mehr heraus,<br />
son<strong>de</strong>rn jetzt wird sie je<strong>de</strong>s Mal, wenn es regnet,<br />
durch das saubere Regenwasser gereinigt.<br />
Der Wasserspeier <strong>de</strong>r versteinerten Hexe ist aus<br />
Mitte <strong>de</strong>s 14. Jahrhun<strong>de</strong>rt und er ist leicht zu erkennen,<br />
<strong>de</strong>nn er ist <strong>de</strong>r einzige Wasserspeier in Form<br />
einer menschlichen Figur. Je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Kathedrale<br />
an <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>r Torre <strong>de</strong> Carlemany vorbeikommt,<br />
kann sie sehen, wie sie, <strong>de</strong>n Mund sperrangelweit<br />
geöffnet, herabblickt, ohne Angst vor einer<br />
teuflischen Strafe, die ihr einen Stoß versetzt:<br />
Steine, die du wirfst, Steine, die du werfen wirst,<br />
zu Stein wirst du wer<strong>de</strong>n.<br />
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24<br />
58<br />
Die Teufelsbrücke o<strong>de</strong>r Dämonenbrücke<br />
Der Teufel und seine überraschen<strong>de</strong><br />
Fähigkeit, in kürzester Zeit Brücken zu<br />
bauen, normalerweise vor Mitternacht<br />
o<strong>de</strong>r, bevor <strong>de</strong>r Hahn kräht, und immer als<br />
Gegenleistung für eine Seele, sind in<br />
zahlreichen Sagen über <strong>de</strong>n Ursprung<br />
vieler unserer Brücken vertreten.<br />
In Katalonien gibt es min<strong>de</strong>stens zwanzig<br />
Sagen über Brücken und Teufel.<br />
In Martorell, Olot... und in <strong>de</strong>r Stadt<br />
<strong>Girona</strong> gibt es zwei Brücken, die ihre<br />
Entstehung <strong>de</strong>n baulichen Fähigkeiten<br />
<strong>de</strong>s Teufels verdanken, und auch in<br />
Olot gibt es einen Pont <strong>de</strong>l Dimoni<br />
(Teufelsbrücke).<br />
1357 - Die Brücken Pont <strong>de</strong>l Dimoni und Pont Major, <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Die Brücke Pont Major an <strong>de</strong>r Stelle, wo <strong>de</strong>r Ter und<br />
<strong>de</strong>r Onyar zusammenfließen und die Sarrià <strong>de</strong> Ter mit<br />
<strong>Girona</strong> verbin<strong>de</strong>t, trägt zwar nicht <strong>de</strong>n Namen <strong>de</strong>s<br />
Teufels, doch erzählt die Sage, wie <strong>de</strong>r Leibhaftige<br />
und seine Fertigkeiten bei <strong>de</strong>r Errichtung <strong>de</strong>r Brücke<br />
anwesend waren.<br />
Maria, das schönste Mädchen im Landkreis, war in<br />
Jacint, einen reichen Erben vom oberen Ter, verliebt.<br />
Als die Familien die starke Liebe <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n sahen,<br />
gaben sie für die Heirat <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n ihr Einverständnis.<br />
Am Tag vor <strong>de</strong>r Hochzeit wollte Maria sich wie immer<br />
mit ihrem Liebsten auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite <strong>de</strong>s<br />
Flusses treffen. Aber an diesem Tag konnte das Pärchen<br />
wegen <strong>de</strong>s starken Ostwinds <strong>de</strong>n Fluss nicht<br />
überqueren, um sich zu treffen. Verzweifelt rief<br />
Maria: «Ich wür<strong>de</strong> meine Seele <strong>de</strong>mjenigen geben,<br />
<strong>de</strong>r eine Brücke über diesen Fluss bauen kann!» Diese<br />
Gelegenheit nutzte <strong>de</strong>r Teufel, <strong>de</strong>r vor Maria erschien<br />
und ihr versprach, noch vor Mitternacht eine Brücke<br />
zu bauen, wenn sie ihm dafür ihre Seele versprach. So<br />
wur<strong>de</strong> es vereinbart. Der Leibhaftige und Tausen<strong>de</strong><br />
von kleinen Teufeln begannen mit <strong>de</strong>r Arbeit; sie<br />
brachten Steine von <strong>de</strong>n Bergen <strong>de</strong>r Montserrat und<br />
von <strong>de</strong>n Pyrenäen. Doch Maria fühlte die Last <strong>de</strong>r<br />
Schuld und in ihrer Reue wandte sie sich an die<br />
Muttergottes. Ihre Bitten wur<strong>de</strong>n angehört und starke<br />
Win<strong>de</strong> und Beben in <strong>de</strong>n Bergen verhin<strong>de</strong>rten,<br />
dass die bösen Kräfte die Arbeit vor Mitternacht<br />
been<strong>de</strong>n konnten; diese ließen die letzten Steine in<br />
<strong>de</strong>r ganzen Gegend verstreut fallen. Das sind die<br />
aufrecht stehen<strong>de</strong>n Steine, die von Santa Pau und<br />
Sant Hilari bis nach Vall d’Aro zu sehen sind. Die<br />
dankbare Maria verabre<strong>de</strong>te mit ihrem Verlobten, die<br />
Hochzeit ein Jahr zu verschieben, damit sie ihre<br />
Schuld verbüßen konnte.<br />
In an<strong>de</strong>ren Sagen gibt es nicht so ein glückliches<br />
En<strong>de</strong>. Im Stadtviertel Sant Narcís in <strong>Girona</strong> gibt es<br />
<strong>de</strong>n so genannten Pont <strong>de</strong>l Dimoni (Teufelsbrücke)<br />
über <strong>de</strong>n Fluss Güell. Viele Jahre lang war es die einzige<br />
Verbindung zwischen diesem Viertel und <strong>de</strong>r<br />
Ortschaft Santa Eugènia. Sie wur<strong>de</strong> vom Meister<br />
Guillem Granollers aus Montfullà im Jahr 1357<br />
errichtet. Bei diesem Bau war Luzifer mit im Spiel.<br />
Meister Guillem hatte zwar seine Seele nicht verkauft,<br />
doch hatte er sie belastet: Er musste tausend<br />
Jahre Buße in <strong>de</strong>r Hölle tun - ein Jahr für je<strong>de</strong>n Stein,<br />
<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Teufel beim Bau <strong>de</strong>r Brücke gesetzt hatte –,<br />
von <strong>de</strong>nen er fast 700 abbüßte. Als er sah, wie die<br />
Brücke im Jahre 1968 abgebaut wur<strong>de</strong>, um die<br />
Schienen <strong>de</strong>s Zuges nach Olot zu entfernen, und dass<br />
die Steine im Friedhof von Santa Eugènia aufbewahrt<br />
wur<strong>de</strong>n, bereute er es sicher noch mehr.<br />
59
25<br />
60<br />
Der Vampir <strong>de</strong>r Rambla<br />
Wenn wir durch die alten Straßen <strong>Girona</strong>s<br />
gehen und dabei auf die Umgebung<br />
achten und uns je<strong>de</strong>n Stein an je<strong>de</strong>r<br />
Fassa<strong>de</strong>, je<strong>de</strong>r Säule, je<strong>de</strong>m Gewölbe und<br />
je<strong>de</strong>m Dachwinkel anschauen... wenn wir<br />
dann nicht stolpern und zu Bo<strong>de</strong>n fallen,<br />
ent<strong>de</strong>cken wir einige stille Bewohner <strong>de</strong>r<br />
Stadt, auf die wir normalerweise nicht<br />
achten wür<strong>de</strong>n.<br />
14. Jahrhun<strong>de</strong>rt - Im Bogengang <strong>de</strong>r Rambla, <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Diese Bewohner aus Stein wohnen getarnt an verschie<strong>de</strong>nen<br />
Plätzen in <strong>de</strong>r Altstadt <strong>Girona</strong>s und leisten<br />
<strong>de</strong>r berühmten Löwin und <strong>de</strong>r Hexe <strong>de</strong>r<br />
Kathedrale Gesellschaft. An <strong>de</strong>r Tür zum Sitzungssaal<br />
<strong>de</strong>s Rathauses von <strong>Girona</strong> gibt es eine Figur, die<br />
<strong>de</strong>n Kopf eines Mannes darstellt, <strong>de</strong>r sich auf die<br />
Zunge beißt und <strong>de</strong>m ein Baum aus <strong>de</strong>r Stirn<br />
wächst. Dieser geheimnisvolle Kopf beschwört die<br />
Weisheit <strong>de</strong>rjenigen, die sich in diesem Saal <strong>de</strong>s<br />
Rathauses versammeln, und das Geheimnis <strong>de</strong>r<br />
Angelegenheiten, die dort behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n.<br />
Ganz in <strong>de</strong>r Nähe, auf <strong>de</strong>r Plaça <strong>de</strong>l Vi, gibt es an<br />
einer alten Fassa<strong>de</strong> einen weiteren Kopf, bei <strong>de</strong>m es<br />
sich um <strong>de</strong>n Kopf eines Teufels han<strong>de</strong>lt. Auch in diesem<br />
Fall wissen wir nicht, wer ihn dorthin gebracht<br />
hat und wann. Da keine Angaben vorliegen, halten<br />
wir uns an die durch Volksmund überlieferte<br />
Erklärung: Vor langer Zeit gab es einen Markt auf<br />
diesem Platz und ein Wucherer hatte dort einen<br />
Stand. Dieser Wucherer nutzte die Bewohner <strong>Girona</strong>s<br />
immer mehr aus und verlangte von ihnen<br />
immer mehr Geld, bis er eines Tages versteinert als<br />
Kopf eines Teufels an <strong>de</strong>r Stelle auftauchte, wo er<br />
seinen Stand hatte. Es wird erzählt, dass er seit jener<br />
Zeit bei allen Bewohnern <strong>Girona</strong>s darauf achtet,<br />
dass sie ihre Steuern zahlen. Diese Figur ist in <strong>de</strong>r<br />
Stadt als Banyeta (gehörnter Teufel) bekannt.<br />
Ebenfalls zu <strong>de</strong>n berühmten und geheimnisvollen<br />
Persönlichkeiten <strong>de</strong>r Stadt gehört <strong>de</strong>r Vampir <strong>de</strong>r<br />
Rambla. Dieser Steinvampir befin<strong>de</strong>t sich an einer<br />
schattigen, dunklen Stelle zwischen zwei Arka<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>r Rambla. Er hat einen kleinen Menschenkopf mit<br />
einem langen Bart und Fle<strong>de</strong>rmausflügel. Auch<br />
wenn er ein etwas teuflisches Aussehen hat, han<strong>de</strong>lt<br />
es sich in Wirklichkeit um einen romantischen<br />
Vampir, <strong>de</strong>r zu einer Art Amor gewor<strong>de</strong>n ist und <strong>de</strong>r<br />
an allen Tagen <strong>de</strong>s Jahres Wache hält. Gemäß <strong>de</strong>r<br />
Tradition benutzt <strong>de</strong>r Vampir <strong>de</strong>r Rambla seine Kräfte<br />
dazu, die Bewohner <strong>Girona</strong>s verliebt zu machen.<br />
Wenn ein junger Mann o<strong>de</strong>r ein Mädchen die Person,<br />
die er o<strong>de</strong>r sie mag unter die Figur <strong>de</strong>s Vampirs<br />
führt und erreicht, dass ihm ein Geschenk gemacht<br />
wird, wird <strong>de</strong>r Vampir <strong>de</strong>r Rambla dafür sorgen, dass<br />
die Liebe zwischen <strong>de</strong>n Zweien blüht. Nur er weiß,<br />
wie viele Pärchen unter <strong>de</strong>m Schutz <strong>de</strong>s Bogenganges<br />
<strong>de</strong>r Rambla zusammengefun<strong>de</strong>n haben.<br />
61
26<br />
62<br />
Der Goldochse<br />
Die Ju<strong>de</strong>n in <strong>Girona</strong> waren eine sehr reiche<br />
Gemeinschaft, bis sie im Jahr 1492 die<br />
Stadt verlassen mussten. In <strong>de</strong>r Phantasie<br />
<strong>de</strong>r Bewohner <strong>Girona</strong>s bestand immer die<br />
Möglichkeit, dass ein Ju<strong>de</strong> seinen Schatz<br />
an einer Stelle <strong>de</strong>r Stadt unter die Er<strong>de</strong><br />
vergraben hatte. Doch es musste mit<br />
Vorsicht gehan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>, <strong>de</strong>nn man<br />
verband das jüdische Gold mit teuflischen<br />
Kräften. Die Sage über <strong>de</strong>n Goldochsen<br />
und ihre unterschiedlichen Versionen<br />
verknüpft diese Zutaten: <strong>de</strong>r Glaube daran,<br />
dass große Reichtümer <strong>de</strong>r Ju<strong>de</strong>n<br />
vergraben seien in <strong>Girona</strong> und die<br />
Verbindung dieser Reichtümer mit <strong>de</strong>m<br />
Teufel und <strong>de</strong>r Hölle.<br />
1492. Nach <strong>de</strong>r Vertreibung <strong>de</strong>r Ju<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>r Stadt.<br />
Am Bou d’Or (Goldochsen) in <strong>Girona</strong>.
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Am Berghang <strong>de</strong>s Montjuïc, auf <strong>de</strong>r Seite von Pont<br />
Major, gab es bis zum 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt einen<br />
Steinbruch und eine Brücke, die unter <strong>de</strong>m Namen<br />
Goldochse bekannt war. Es ging das Gerücht um,<br />
dass an einer Wegkreuzung halbverfallenes Haus<br />
stün<strong>de</strong>, in <strong>de</strong>ssen einer Mauer eine große Steinkiste<br />
eingebaut wäre. Wahrscheinlich war es ein Schatz,<br />
doch aufgrund <strong>de</strong>r Geschichten, die man sich<br />
erzählte, traute sich niemand, die geheimnisvolle<br />
Kiste zu öffnen.<br />
In einer schwarzen Nacht gingen vier Spieler durch<br />
die Straßen, die ihr Unglück verfluchten, da sie bei<br />
einem Spiel ihr ganzes Geld verloren hatten. Sie<br />
trafen eine seltsame Person, die ihnen sagte, dass<br />
sie sie zu einem Ort begleiten wür<strong>de</strong>, an <strong>de</strong>m es<br />
viele Reichtümer gäbe, und dass sie so viel wie sie<br />
wollten, davon nehmen könnten. Bei diesem Versprechen<br />
vergassen die vier Spieler die schwarze<br />
Nacht, das Unwetter mit Blitz und Donner und die<br />
Glockenschläge, die je<strong>de</strong>m empfahlen, zuhause zu<br />
bleiben. Sie folgten <strong>de</strong>m Mann bis vor die Stadtmauern,<br />
durchquerten Pedret und überquerten die<br />
Brücke <strong>de</strong>s Goldochsen. Schließlich erreichten sie<br />
das Haus mit <strong>de</strong>r Steinkiste.<br />
Der geheimnisvolle Mann führte sie durch die<br />
Dunkelheit bis zu einem Brunnen hinter <strong>de</strong>n Ruinen<br />
<strong>de</strong>s Hauses. Dann mussten sie eine Wen<strong>de</strong>ltreppe<br />
hinabsteigen. Sie gingen eine ganze Weile die<br />
Treppe hinunter, die kein En<strong>de</strong> mehr nahm, während<br />
<strong>de</strong>r Mann ihnen zurief, dass sie weitergehen sollten.<br />
Einer von ihnen, <strong>de</strong>r von so vielen Stufen mü<strong>de</strong><br />
gewor<strong>de</strong>n war, rief: «Lieber Gott! Wann nimmt dieser<br />
Abstieg ein En<strong>de</strong>?» Nach diesem Ausruf flogen<br />
die vier Männer inmitten eines Wirbels aus <strong>de</strong>m<br />
Brunnen. Je<strong>de</strong>r von ihnen lan<strong>de</strong>te an einem schwierigen<br />
Ort: Einer lan<strong>de</strong>te auf <strong>de</strong>r Brücke von Sarrià,<br />
am Gelän<strong>de</strong>r hängend von <strong>de</strong>r Flussseite aus. Ein<br />
an<strong>de</strong>rer lan<strong>de</strong>te in <strong>de</strong>r gleichen Stellung, aber auf<br />
<strong>de</strong>r Brücke Sant Francesc. Der Dritte lan<strong>de</strong>te auf<br />
<strong>de</strong>m Glockenturm Feliua <strong>de</strong>r Kirche Sant Feliu und<br />
<strong>de</strong>r Vierte, <strong>de</strong>r Gott angerufen hatte, flog bis zum<br />
Engel <strong>de</strong>r Kathedrale. Es ist ganz ein<strong>de</strong>utig, dass<br />
diese religiöse Anrufung sie davor bewahrt hatte,<br />
<strong>de</strong>n Weg <strong>de</strong>s Teufels gera<strong>de</strong>wegs in die Hölle weiterzugehen.<br />
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27<br />
64<br />
Das Schwein <strong>de</strong>s Heiligen Anton<br />
Das ist die Geschichte eines Heiligen, <strong>de</strong>r<br />
Mitleid mit einem verkrüppelten Ferkel<br />
hatte, und auch die Geschichte über die<br />
Dankbarkeit, die das Ferkel für seinen<br />
Retter empfand. Die Bewohner <strong>Girona</strong>s<br />
waren sehr von dieser Legend gerührt, an<br />
<strong>de</strong>r sie sich viele Jahre lang in Form einer<br />
Verlosung erinnerten. Natürlich war <strong>de</strong>r<br />
Preis es wert!<br />
16. Jahrhun<strong>de</strong>rt - <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Die Winterfeste fan<strong>de</strong>n ihren Höhepunkt mit <strong>de</strong>m<br />
Fest <strong>de</strong>s Heiligen Anton am 17. Januar, in <strong>de</strong>r Woche<br />
<strong>de</strong>r Bärtigen. Es war das wichtigste Fest im Winter<br />
und auch das letzte, bevor <strong>de</strong>r Frühling einzog. Der<br />
Heilige Anton war <strong>de</strong>r Schutzheilige <strong>de</strong>r Tiere. Aus<br />
diesem Grund brachten die Besitzer von Tieren mit<br />
gespaltenen Füssen diese schön geschmückt mit<br />
bunten Schleifen und Bän<strong>de</strong>rn vor die Kirche <strong>de</strong>s<br />
Mercadal, wo sie nach <strong>de</strong>r Messe gesegnet und mit<br />
Stückchen gesegneten Brotes gefüttert wur<strong>de</strong>n.<br />
Vom 16. Jahrhun<strong>de</strong>rt bis zum Jahr 1882 gehörte<br />
eine ungewöhnliche Verlosung zu <strong>de</strong>n wichtigsten<br />
Veranstaltungen <strong>de</strong>s Festes <strong>de</strong>s Heiligen Anton: die<br />
Verlosung <strong>de</strong>s Schweins <strong>de</strong>s Heiligen Anton.<br />
Hinter dieser einträglichen Verlosung versteckt sich<br />
natürliche eine Legen<strong>de</strong>. Diese Legen<strong>de</strong> erzählt, wie<br />
sich eine Sau eines Tages vor <strong>de</strong>n Heiligen Anton<br />
stellte mit einem verkrüppelten Ferkel im Maul, das<br />
sie vor die Füßen <strong>de</strong>s Heiligen auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n legte.<br />
Der gute Heilige Anton hatte Mitleid mit <strong>de</strong>m armen<br />
Tierchen, das kläglich wimmerte, und nahm das<br />
Ferkel auf die Schulter. Er nahm <strong>de</strong>n kranken Fuß in<br />
die Hand und machte das Zeichen <strong>de</strong>s Kreuzes. Als er<br />
das Ferkel wie<strong>de</strong>r zu Bo<strong>de</strong>n ließ, fing dieses an zu<br />
laufen, als ob es nie verkrüppelt gewesen wäre. Das<br />
Ferkel war <strong>de</strong>m Heiligen Anton so dankbar, dass es<br />
sich von ihm nicht mehr trennen wollte. Dieses<br />
Schwein blieb immer und überall an <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>s<br />
Heiligen Anton. Man erzählt sich sogar, dass es nach<br />
<strong>de</strong>m To<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Heiligen <strong>de</strong>ssen Grab aushob.<br />
<strong>Girona</strong>, wie auch an<strong>de</strong>re Städte in Katalonien, feierten<br />
die Schweineverlosung zu Ehren <strong>de</strong>s Heiligen<br />
Anton. Am Feiertag <strong>de</strong>s Heiligen wur<strong>de</strong> das Schwein<br />
durch die wichtigsten Straßen <strong>de</strong>r Stadt spazieren<br />
geführt, damit je<strong>de</strong>r sehen konnte, dass es schön<br />
fett und üppig war. Das Ferkel wur<strong>de</strong> mit einer roten<br />
Schabracke und einer Schleife am Schwanz geschmückt.<br />
Es wur<strong>de</strong> je<strong>de</strong>n Tag in <strong>de</strong>r Stadt spazieren<br />
geführt bis zum Tag <strong>de</strong>r Verlosung, die zu<br />
Altweiberfastnacht stattfand. Traditionell wur<strong>de</strong> viel<br />
Schweinfleisch zu Altweiberfastnacht gegessen,<br />
bevor die Abstinenz <strong>de</strong>r Fastenzeit begann.<br />
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Leben und Wun<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Heiligen Felix<br />
Der Heilige Felix, Begleiter <strong>de</strong>r Predigten<br />
und Wun<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus, wur<strong>de</strong><br />
in <strong>Girona</strong> sehr verehrt und war <strong>de</strong>r erste<br />
Heilige, <strong>de</strong>m die Bewohner <strong>Girona</strong>s ein<br />
Gotteshaus, errichtet auf seinem Grab und<br />
Martyrium, widmeten. Die Beson<strong>de</strong>rheit<br />
dieses Heiligen ist, dass er eine Mischung<br />
aus zwei »Heiligen Felixen«, <strong>de</strong>m Afrikaner<br />
und <strong>de</strong>m Diakon <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus,<br />
darstellt. Durch diese Übereinstimmung<br />
<strong>de</strong>r Namen ist nach volkstümlicher<br />
Phantasie dieser Heilige Felix aus <strong>Girona</strong><br />
entstan<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r das Leben und die Wun<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Heiligen vereint.<br />
1567 – Feierliche Bitte um Regen an <strong>de</strong>n Heiligen Felix.<br />
Sant Feliu <strong>de</strong> Guíxols (<strong>Girona</strong>).
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Der Heilige Felix, <strong>de</strong>r Afrikaner, war nicht Sohn von<br />
<strong>Girona</strong>, doch er predigte hier. Er wur<strong>de</strong> im Nor<strong>de</strong>n<br />
Afrikas geboren und ertrank im Meer mit einem<br />
Mühlenstein um <strong>de</strong>n Hals. Der Heilige Felix, <strong>de</strong>r<br />
Diakon <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus war, wur<strong>de</strong> in <strong>Girona</strong><br />
geboren, wo er wahrscheinlich im Jahr 307 starb, als<br />
er zusammen mit <strong>de</strong>m Heiligen Narzissus während<br />
<strong>de</strong>r Feier einer Messe <strong>de</strong>n Märtyrertod erlitt. Karl <strong>de</strong>r<br />
Große brachte <strong>de</strong>n Leichnam <strong>de</strong>s Diakons, <strong>de</strong>s<br />
Heiligen Felix, nach Frankreich, während die Reliquien<br />
<strong>de</strong>s afrikanischen Heiligen, inmitten dieser<br />
ganzen Wirren, in seiner Kirche Sant Feliu ruhen.<br />
Aus <strong>de</strong>n Attributen dieser bei<strong>de</strong>n Heiligen machten<br />
die Bewohner <strong>Girona</strong>s einen Heiligen nach Maß: Der<br />
Heilige Felix <strong>Girona</strong>s ist Sohn von <strong>Girona</strong> und war<br />
<strong>de</strong>r Diakon <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus, <strong>de</strong>n er auf seinen<br />
Reisen und Fluchten vor Christenverfolgungen begleitete.<br />
Dieser Heilige <strong>Girona</strong>s wird meistens mit <strong>de</strong>n<br />
Attributen <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Heiligen namens Felix dargestellt:<br />
im Diakongewand und mit einem Mühlestein<br />
am Hals.<br />
Die Kirche war sich <strong>de</strong>r volkstümlichen Vermischung<br />
<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Heiligen bewusst, respektierte aber diese<br />
neu geschaffene Figur. Vom 6. bis zum 11. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />
war <strong>de</strong>r Heilige Felix <strong>de</strong>r Heilige <strong>de</strong>r Bewohner<br />
<strong>Girona</strong>s, wur<strong>de</strong> aber schließlich vom Heiligen Narzissus<br />
und seinen Wun<strong>de</strong>rn verdrängt.<br />
Der Zusammenhang vom Heiligen Felix zum Wasser<br />
entstand, als die Bewohner <strong>Girona</strong>s ihre Reliquien<br />
zur Bucht Sans in Sant Feliu <strong>de</strong> Guíxols brachten,<br />
wenn sie Regen brauchten, nämlich an die Stelle, wo<br />
man glaubte, dass die Römer <strong>de</strong>n Heiligen mit <strong>de</strong>m<br />
Mühlenstein am Hals ins Wasser geworfen hatten.<br />
Wenn sie <strong>de</strong>n Strand erreichten, befeuchteten sie die<br />
Reliquien <strong>de</strong>s Heiligen mit Meereswasser, wodurch<br />
<strong>de</strong>r Regen gewährleistet war. Die Reise konnte allerdings<br />
nicht auf einmal unternommen wer<strong>de</strong>n. Wenn<br />
die Leute Pene<strong>de</strong>s erreichten, zwangen die Reliquien<br />
das Gefolge, Halt zu machen, um zu beten. Es heißt,<br />
dass Freun<strong>de</strong> und Schüler <strong>de</strong>n halb toten Heiligen<br />
aus <strong>de</strong>m Wasser holten, nach<strong>de</strong>m die Römer ihn ins<br />
Meer geworfen hatten, und dass sie ihn zu <strong>de</strong>m Ort<br />
brachten, wo er schließlich starb.<br />
1567 gab es eine große Dürre und es kam zu einer<br />
Betprozession nach Sant Feliu, in <strong>de</strong>r um Regen<br />
gebeten wur<strong>de</strong>. Der gute Heilige Felix hatte diesmal<br />
jedoch nicht gut abgemessen o<strong>de</strong>r vielleicht hatte<br />
man seine Reliquien zu lange im Wasser gelassen,<br />
<strong>de</strong>nn im Jahr 1568 kam es zu schrecklichen Überschwemmungen<br />
und <strong>de</strong>r Onyar erreichte die Plaça<br />
<strong>de</strong>l Vi. Man erzählt sich, dass <strong>de</strong>r Heilige Narzissus<br />
mit seinen Äpfeln einschreiten musste, aber das ist<br />
eine an<strong>de</strong>re Legen<strong>de</strong>...<br />
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29<br />
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Die Glocke Beneta<br />
Die Glocke Beneta von <strong>Girona</strong> wiegt 4.800<br />
Kilogram. Ihr Durchmesser beträgt 1,9<br />
Meter und ihre Höhe, ohne die Griffe,<br />
beträgt 1,78 Meter. Der Hammer, mit <strong>de</strong>m<br />
die Glocken geschlagen wird, wiegt 70<br />
Kilogramm. Seit <strong>de</strong>m Tag, an <strong>de</strong>m das<br />
schwierige Gießen <strong>de</strong>r Glocke stattfand,<br />
kamen auch die Legen<strong>de</strong>n über ihren<br />
schwierigen Bau, ihren starken Klang und<br />
ihre wahrsagerischen Fähigkeiten auf.<br />
1574 - Jahr, in <strong>de</strong>m die Glocke gegossen wur<strong>de</strong> - Kathedrale von <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Die Glocke Beneta ist die Hauptglocke <strong>de</strong>r Kathedrale<br />
von <strong>Girona</strong> und befin<strong>de</strong>t sich in <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s<br />
Glockenturms. Sie ist <strong>de</strong>m Heiligen Benet gewidmet,<br />
obwohl sie aufgrund ihrer Größe und ihres<br />
tiefen Klangs in <strong>Girona</strong> immer unter <strong>de</strong>m Namen<br />
“Bombo” bekannt war. Die Bewohner <strong>Girona</strong>s sagen,<br />
dass es <strong>de</strong>r beste Glockenklang von ganz Katalonien<br />
ist.<br />
Durch das große Volumen war das Gießen <strong>de</strong>r<br />
Glocke sehr schwierig. Sie wur<strong>de</strong> dreimal gegossen<br />
und dreimal zersprang sie. Beim vierten Mal klappte<br />
es, da sie nicht zersprang, als sie aus <strong>de</strong>r Form<br />
genommen wur<strong>de</strong>. Es heißt auch, dass <strong>de</strong>r Gießer<br />
zu begierig war, <strong>de</strong>n Klang <strong>de</strong>r Glocke zu hören,<br />
und als die Glocke aus <strong>de</strong>r Form war, wollte er <strong>de</strong>n<br />
Klang mit einem Hammerschlag ausprobieren. Der<br />
arme Handwerker schlug jedoch fehl und traf <strong>de</strong>n<br />
Griff <strong>de</strong>r Glocke, <strong>de</strong>r einen rauen, krächzen<strong>de</strong>n Ton<br />
von sich gab. Der Gießer, <strong>de</strong>r dachte, dass das <strong>de</strong>r<br />
Klang <strong>de</strong>r Glocke wäre, schämte sich für sein Misslingen,<br />
verschwand schnell aus <strong>de</strong>r Stadt und kam<br />
nie wie<strong>de</strong>r. Er flüchtete so schnell aus <strong>de</strong>r Stadt,<br />
dass er <strong>de</strong>n Klang <strong>de</strong>r Glocke nicht mehr hören<br />
konnte. Mittlerweile hatte man sie in <strong>de</strong>r Kathedrale<br />
aufgehängt und ein herrlicher Ton erklang, wie<br />
er von keiner an<strong>de</strong>re Glocke je gehört wor<strong>de</strong>n war.<br />
Die Glocke Beneta schlägt seit 1574 Tag für Tag für<br />
die Bewohner <strong>Girona</strong>s: Sie schlägt die Stun<strong>de</strong>n, die<br />
Feste und Beerdigungen und warnte die Bevölkerung<br />
und schlug Alarm, wenn die Stadt belagert wur<strong>de</strong>.<br />
Man erzählte sich, dass unter <strong>de</strong>r Glocke Beneta<br />
vier Schuster passten, die an <strong>de</strong>r Hanfkor<strong>de</strong>l zogen,<br />
dass heißt, an <strong>de</strong>n Fä<strong>de</strong>n, mit <strong>de</strong>nen die Schuhe<br />
genäht wur<strong>de</strong>n. Man sagte auch, dass die Beneta<br />
aufgrund ihrer Größe nicht geschwenkt wer<strong>de</strong>n<br />
konnte, da das starke Geläut die Fenster alle Häuser<br />
<strong>de</strong>r Altstadt zerspringen lassen wür<strong>de</strong> und die<br />
Ohren <strong>de</strong>r Glöckner, die diese Arbeit verrichten<br />
müssten, verletzen wür<strong>de</strong>. Weiter in <strong>de</strong>r Sagenwelt<br />
heißt es, dass diese Glocke die Fähigkeit hatte, <strong>de</strong>n<br />
Tod <strong>de</strong>s Kanonikers vorauszusagen. Wenn <strong>de</strong>r<br />
Kanoniker im Sterben lag, hörte man ein Dröhnen<br />
in <strong>de</strong>r Umgebung <strong>de</strong>r Kathedrale, und ohne dass<br />
ein Glöckner seine Hän<strong>de</strong> im Spiel hätte, hörte man<br />
drei Glockenschläge, die <strong>de</strong>n Tod <strong>de</strong>s Geistlichen<br />
ankündigten.<br />
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70<br />
Der Heilige Narzissus und <strong>de</strong>r französische Giftmör<strong>de</strong>r<br />
Wie<strong>de</strong>r einmal ist es <strong>de</strong>r allmächtige<br />
Beschützer <strong>de</strong>r Bewohner <strong>Girona</strong>s, <strong>de</strong>r<br />
Heilige Narzissus, <strong>de</strong>r <strong>Girona</strong> bei dieser<br />
Gelegenheit vor einer Pestepi<strong>de</strong>mie rettet,<br />
die abgesehen von <strong>de</strong>n<br />
Überschwemmungen und Belagerungen<br />
zu <strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>rkehren<strong>de</strong>n Übeln gehörte.<br />
Und es ist schon seltsam - schon wie<strong>de</strong>r<br />
kommt die Bedrohung aus Frankreich.<br />
1592 - erste Prozession <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus<br />
Der Brunnen von Pedret, <strong>Girona</strong>.
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Es wird erzählt, dass ein Franzose namens Bernat, mit<br />
großer Lust, Böses anzurichten, sich in <strong>de</strong>r Gegend<br />
von <strong>Girona</strong> aufhielt und Wasser und Brunnen, die sich<br />
auf seinem Weg befan<strong>de</strong>n, mit einem für Menschen<br />
und Vieh tödlichen Gift verseuchte. Der böse Franzose<br />
hatte schon die Pest über das Wasser im Empordà und<br />
in <strong>de</strong>r Selva sowie in an<strong>de</strong>ren Gegen<strong>de</strong>n nahe <strong>de</strong>r<br />
Stadt mit <strong>de</strong>n vier Flüssen verbreitet.<br />
Die Bewohner <strong>Girona</strong>s wur<strong>de</strong>n durch benachbarte<br />
Dörfer gewarnt und folgten <strong>de</strong>r Spur <strong>de</strong>s bösen<br />
Franzosen, bis sie ihn gefangen nehmen konnten. Als<br />
sie ihn zum Galgen brachten, fragten sie ihn, wie es<br />
käme, dass er das Wasser <strong>de</strong>r Umgebung vergiftet<br />
hätte, nicht aber das Wasser <strong>de</strong>r Stadt Gerona. Der<br />
Franzose antwortete darauf, dass er schon wollte,<br />
aber nicht konnte. Er hatte es einmal ausprobiert,<br />
doch gäbe es da «jeman<strong>de</strong>n», <strong>de</strong>r das verhin<strong>de</strong>rt hätte.<br />
Der Franzose erzählte, dass direkt am Eingang von<br />
<strong>Girona</strong>, in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s Brunnen von Pedret, eine<br />
geheimnisvolle Gestalt vor ihm aus <strong>de</strong>m Nichts erschien.<br />
Es war ein Bischof mit einem bischöflichen<br />
Gewand. Als hätte man seine Gedanken gelesen,<br />
drohte die Erscheinung mit tausend Übeln, wenn er<br />
in die Stadt ginge, um seine finsteren Absichten auszuführen.<br />
Der erschrockene Franzose ließ von seinem<br />
Plan, die Stadt zu verseuchen, ab und ging weg, um<br />
an einem an<strong>de</strong>ren Ort Unheil zu verrichten, als er von<br />
<strong>de</strong>n Bewohnern <strong>Girona</strong>s festgenommen wur<strong>de</strong>.<br />
Es war also wie<strong>de</strong>r einmal <strong>de</strong>r Heilige Narzissus, <strong>de</strong>r<br />
<strong>Girona</strong> vor einem Unglück gerettet hatte. Es war<br />
nicht das erste Mal, dass <strong>de</strong>r Heilige ein Land vor<br />
<strong>de</strong>r Pest rettete. Es heißt, dass er das auch im<br />
Ausland gemacht hatte. Als er in <strong>de</strong>r Stadt Augusta<br />
(Augsburg) war und zusammen mit seinem Diakon<br />
Felix vor <strong>de</strong>r Verfolgung floh, gewann er in einen<br />
Streit mit <strong>de</strong>m Teufel um die Seele <strong>de</strong>r Heiligen<br />
Afra. Der Teufel nahm die Nie<strong>de</strong>rlage an, doch er<br />
sagte, dass er jeman<strong>de</strong>n töten müsste, um seinen<br />
Zorn zu besänftigen. Der Heilige Narzissus schlug<br />
ihm vor, einen Drachen zu töten, <strong>de</strong>r das Wasser in<br />
jener Gegend vergiftete.<br />
Die Ratsherren von <strong>Girona</strong> nahmen diese Ereignisse,<br />
die sich in <strong>de</strong>r Nacht <strong>de</strong>s 29. Oktobers 1592<br />
zutrugen, in ein Protokoll auf und als Zeichen <strong>de</strong>s<br />
Dankes veranstalteten die Bewohner eine Prozession<br />
mit <strong>de</strong>m Bild <strong>de</strong>s Heiligen an je<strong>de</strong>m Vorabend<br />
<strong>de</strong>s Feiertags <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus.<br />
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31<br />
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Die Quelle <strong>de</strong>s Pericot<br />
Wasser war und ist noch heute ein sehr<br />
geschätztes Gut. Im Gegensatz zum<br />
stehen<strong>de</strong>n, schmutzigen Wasser, das<br />
Seuchen verbreitet, erzeugen Quellen<br />
Leben. Der Wasserstrahl <strong>de</strong>r Quelle, <strong>de</strong>r<br />
aus unerklärlichen Grün<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>n Felsen<br />
trat, wur<strong>de</strong> als ein geheimnisvolles<br />
Geschenk für das Land und seine<br />
Bewohner angesehen... und für diese Leute<br />
musste es auch eine Legen<strong>de</strong> geben. Im Tal<br />
von Sant Daniel gibt es die Quelle <strong>de</strong>s<br />
Pericot und natürlich auch ihre Legen<strong>de</strong>.<br />
1631 - erstes Bett <strong>de</strong>r Muttergottes - Kathedrale von <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Heute ist das prickeln<strong>de</strong> Wasser dieser Quelle nicht<br />
trinkbar, doch vor langer Zeit floss aus dieser Quelle<br />
nicht Wasser, son<strong>de</strong>rn das feinste Öl. Die Bewohner<br />
<strong>Girona</strong>s kamen aber nicht an das Öl heran, da an<br />
<strong>de</strong>r Quelle eine große Schlange lebte, die je<strong>de</strong>n<br />
auffraß, <strong>de</strong>r in ihre Nähe kam.<br />
Als ein Bauer aus Sant Daniel eines Tages an dieser<br />
Stelle vorbeikam, sah er die gefürchtete Wächterin.<br />
Die lange, wi<strong>de</strong>rliche Schlange kroch bis zum Ölstrahl<br />
und hielt dann an, um einen E<strong>de</strong>lstein von<br />
strahlen<strong>de</strong>m Glanz, <strong>de</strong>n sie im Maul hielt, abzulegen.<br />
Als sie genug getrunken hatte, nahm sie mit<br />
ihrem Maul <strong>de</strong>n glänzen<strong>de</strong>n Stein und verschwand.<br />
Der Bauer ging weiter und überlegte sich dabei, wie<br />
er an das Juwel herankommen könnte. Als er so<br />
nachdachte, kam ihm eine I<strong>de</strong>e. Am nächsten Tag,<br />
nach einer Nacht von Hammerschlägen, Nägeln<br />
und Sägearbeiten, kehrte er zurück zur Quelle. Er<br />
hatte ein Gerät aus einem Weinbottich, voll mit<br />
spitzen Nägeln, gebaut, das einem Igel ähnelte. Am<br />
Deckel hatte er ein Loch angebracht, wo er seinen<br />
Arm herausziehen konnte.<br />
Der ängstliche Bauer wartete im Bottich nahe <strong>de</strong>r<br />
Stelle, wo die Schlange <strong>de</strong>n Stein ließ, um von <strong>de</strong>r<br />
Quelle zu trinken. Als die Schlange Öl trinken ging,<br />
streckte <strong>de</strong>r Bauer seinen Arm aus und nahm <strong>de</strong>n<br />
Stein. Jetzt gehörte er ihm! Als die Riesenschlange<br />
<strong>de</strong>n Diebstahl bemerkte, hob sie ihren Kopf und pustete<br />
so fest, dass Bäume und Steine zu zittern anfingen.<br />
Sie warf sich auf <strong>de</strong>n falschen Igel, schlängelte<br />
ihren schmutzigen Körper und presste, biss und<br />
kreischte. Sie rollten <strong>de</strong>n Weg abwärts und die<br />
Böschungen herunter. Der Bauer sah schon seine<br />
letzte Stun<strong>de</strong> gekommen und vertraute sich <strong>de</strong>r<br />
Muttergottes an. Die Schlange klammerte sich fest<br />
an <strong>de</strong>n Bottich und während sie hinunter bis zum<br />
Fluss Galligans hinunterrollten, wo <strong>de</strong>r Bottich an<br />
einem Stein auseinan<strong>de</strong>r fiel, durchbohrten die<br />
Nägel die Schlange. Der Bauer, <strong>de</strong>r halb bewusstlos<br />
war, sah, dass die Schlange durch die Nägel, die<br />
ihren Körper durchbohrt hatten, tot war und bot als<br />
Dank <strong>de</strong>r Muttergottes <strong>de</strong>n E<strong>de</strong>lstein an.<br />
Es heißt, dass dieser Stein die große gol<strong>de</strong>ne Krone,<br />
die das Bett <strong>de</strong>r Muttergottes be<strong>de</strong>ckte, das je<strong>de</strong>s<br />
Jahr am Tag <strong>de</strong>r Maria Himmelfahrt aufgestellt<br />
wur<strong>de</strong>, verzierte. Diese Prozession gehörte zu <strong>de</strong>n<br />
wichtigsten <strong>Girona</strong>s und es gibt sie seit <strong>de</strong>m Jahr<br />
1574. Es gibt Belege von zwei Betten <strong>de</strong>r Muttergottes:<br />
einem aus <strong>de</strong>m 17. Jahrhun<strong>de</strong>rt und einem<br />
aus <strong>de</strong>m 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt. Man weiß allerdings<br />
nichts über <strong>de</strong>n geheimnisvollen E<strong>de</strong>lstein.<br />
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74<br />
Der Wun<strong>de</strong>rstoff<br />
Der Heilige Narzissus, Schutzherr von<br />
<strong>Girona</strong>, schützt nicht nur die Stadt vor<br />
einer großen Vielfalt an Übeln und<br />
Bedrohungen (Überschwemmungen,<br />
Belagerungen, Seuchen usw.), son<strong>de</strong>rn er<br />
heilt auch und betreut persönlich die<br />
Bewohner <strong>Girona</strong>s, die an irgendwelchen<br />
Übeln lei<strong>de</strong>n, heilt Verstauchungen an<br />
Armen und Beinen, Herzrasen und<br />
Ohrenschmerzen.<br />
1638 - Kathedrale von <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Der Heilige Narzissus wird bei Ohrenschmerzen<br />
gerufen. In <strong>de</strong>r Kathedrale von <strong>Girona</strong> wird immer<br />
am 29. Oktober unter <strong>de</strong>n Gläubigen <strong>de</strong>s Heiligen<br />
Papiertütchen mit einem Stückchen eines Wun<strong>de</strong>rstoffs<br />
verteilt. Es han<strong>de</strong>lt sich um einen gesegneten<br />
Baumwollstoff, <strong>de</strong>r das Grab <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus<br />
berührt und somit heilen<strong>de</strong> Kräfte erhalten hat.<br />
Der Stoff <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus hat die Eigenschaft,<br />
Ohrenschmerzen augenblicklich zu heilen<br />
und sogar Taubheit vorzubeugen.<br />
Seit Beginn <strong>de</strong>r Verehrung <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus,<br />
um das 11. Jahrhun<strong>de</strong>rt herum, sind zahlreiche<br />
Bewohner durch diesen Heiligen Heiler von verschie<strong>de</strong>nen<br />
Krankheiten befreit wor<strong>de</strong>n, entwe<strong>de</strong>r<br />
mit <strong>de</strong>m Wun<strong>de</strong>rstoff o<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m Heilöl seiner<br />
Lampe o<strong>de</strong>r aber mit <strong>de</strong>m Ritual <strong>de</strong>r Novene <strong>de</strong>r<br />
Kerzen. Deshalb bedankten sich die Gläubigen für<br />
die Heilkräfte <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus mit diesen<br />
Loblie<strong>de</strong>rn:<br />
Ihr, <strong>de</strong>r die Fieber Lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n lin<strong>de</strong>rt<br />
und die schwer verwun<strong>de</strong>t scheinen.<br />
Hinken<strong>de</strong>, Kranke, mit wenigen Tagen,<br />
Gebrochene, Gefangene und Lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
verschie<strong>de</strong>ner Krankheiten,<br />
Gott hat sie für Euch geheilt...<br />
Gegen Pest, Hunger und Krieg<br />
ein beson<strong>de</strong>rer Beschützer<br />
und vor Dürren<br />
bewahrt Ihr die Früchte <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns.<br />
Vor Taubheit und vor je<strong>de</strong>n Schmerz<br />
heilt Ihr, wer Euch ruft...<br />
Der Ruhm <strong>de</strong>s Heiligen in Bezug auf seine heilen<strong>de</strong>n<br />
Kräfte wuchs ständig und erstreckte sich auf<br />
die ganze Provinz <strong>Girona</strong>. Diese wachsen<strong>de</strong><br />
Verehrung fand ihren Höhepunkt im Jahr 1638, als<br />
Rom <strong>de</strong>n volkstümlichen Kult <strong>de</strong>s Heiligen<br />
Narzissus kanonisierte, und im Jahr 1689, als König<br />
Karl II Rom bat, <strong>de</strong>n Tag <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus<br />
auch in an<strong>de</strong>ren Königreichen <strong>de</strong>r Halbinsel und in<br />
überseeischen Län<strong>de</strong>rn zum Feiertag zu erklären.<br />
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76<br />
Das Öl aus <strong>de</strong>r Lampe<br />
Die schützen<strong>de</strong>n und heilen<strong>de</strong>n Kräfte <strong>de</strong>s<br />
Heiligen Narzissus umfassen viele Bereiche<br />
und offenbaren sich und wirken durch<br />
diverse Elemente. Von <strong>de</strong>n Äpfeln <strong>de</strong>s<br />
Heiligen Narzissus, <strong>de</strong>m Wun<strong>de</strong>rstoff...<br />
bis zu <strong>de</strong>n Öllampen, die heilen und vor<br />
einer großen Vielfalt an Seuchen schützen.<br />
1685 - eine Silberlampe als Gabe <strong>de</strong>s Vizekönigs Kataloniens<br />
an <strong>de</strong>n Heiligen Narzissus - Kirche Sant Feliu, <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Die Legen<strong>de</strong> erzählt, dass in allen Kirchen, in <strong>de</strong>nen<br />
<strong>de</strong>r Heilige Narzissus <strong>de</strong>n Gottesdienst gehalten<br />
hat, nie Öl in die Lampen gefüllt wer<strong>de</strong>n musste<br />
und sie mussten auch nie angezün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n,<br />
son<strong>de</strong>rn sie gingen von alleine an und brannten<br />
immer. Schon bei seinem Aufenthalt in Augusta,<br />
im Haus Afras, gab <strong>de</strong>r Heilige Narzissus eine Vorführung<br />
seiner Fähigkeiten: Er machte alle Lampen<br />
<strong>de</strong>s Hauses an, ohne Öl hinzuzufügen o<strong>de</strong>r sie<br />
anzufassen, son<strong>de</strong>rn nur, in<strong>de</strong>m er sie segnete.<br />
Neben diesem wun<strong>de</strong>rsamen Brennen hatten die<br />
Lampen noch an<strong>de</strong>re Kräfte für die Bewohner<br />
<strong>Girona</strong>s. Man glaubte, dass das Öl <strong>de</strong>r Lampe, die<br />
immer am Altar <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus brannte,<br />
heilen<strong>de</strong> Kräfte hatte.<br />
Um die heilen<strong>de</strong> Kraft <strong>de</strong>s Öls aus <strong>de</strong>r Lampe <strong>de</strong>s<br />
Heiligen Narzissus zu erfahren, musste ein kleines<br />
Ritual durchgeführt wer<strong>de</strong>n: die Novene <strong>de</strong>r Kerzen.<br />
Dieses Ritual bestand aus neun Umdrehungen<br />
am Grab <strong>de</strong>s Heiligen mit einer brennen<strong>de</strong>n Kerze in<br />
<strong>de</strong>r Hand, die bei je<strong>de</strong>r Umdrehung gewechselt<br />
wur<strong>de</strong>. Sobald die vorgeschriebenen neun Umdrehungen<br />
geleistet waren, konnte das Öl <strong>de</strong>r Lampe<br />
auf die verletzten Stellen <strong>de</strong>s Körpers aufgetragen<br />
wer<strong>de</strong>n: Wun<strong>de</strong>n, verstauchte Gliedmaßen... und<br />
alle diese Lei<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n geheilt. Mit diesem Ritual<br />
konnten sogar Knochenbrüche vorgebeugt wer<strong>de</strong>n.<br />
Ab <strong>de</strong>m Jahr 1685, ein Jahr nach <strong>de</strong>r Belagerung<br />
durch <strong>de</strong>n Marschall Bellefonds, gewann dieser<br />
Glaube an Be<strong>de</strong>utung, als sich <strong>de</strong>r Schutz <strong>de</strong>s<br />
Heiligen in <strong>de</strong>r Form geheimnisvoller Lichter<br />
offenbarte, die die Kirche Sant Feliu drei Tage lang<br />
umkreisten, bis sich die französischen Truppen<br />
zurückzogen. Als Dank für diesen neuen Schutz<br />
<strong>de</strong>r Stadt durch <strong>de</strong>n Schutzherrn von <strong>Girona</strong> wählte<br />
<strong>de</strong>r König Karl II. am 23. Mai 1685 eine schöne<br />
Silberlampe aus 954 Unzen als Gabe für <strong>de</strong>n<br />
Schutzpatronen <strong>Girona</strong>s. Während <strong>de</strong>r napoleonischen<br />
Belagerungen wur<strong>de</strong> diese Lampe vom französischen<br />
Heer gestohlen, doch die Bewohner<br />
<strong>Girona</strong>s vertrauten weiter auf die Heilkräfte <strong>de</strong>s<br />
Öls aus <strong>de</strong>r Lampe <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus .<br />
77
34<br />
78<br />
Der Teich von Sils<br />
Seen sind geheimnisvoll. Mit <strong>de</strong>r<br />
Abenddämmerung wer<strong>de</strong>n sie von einem<br />
Bo<strong>de</strong>nnebel umgeben, während das Licht<br />
<strong>de</strong>s Mon<strong>de</strong>s eigenartige Reflexe<br />
verursacht, die gespensterhafte Schatten<br />
erzeugen und die die Phantasie <strong>de</strong>r Leute<br />
in <strong>de</strong>r Gegend anregen. Mit <strong>de</strong>n ersten<br />
Siedlern von Sils kamen auch die ersten<br />
Sagen über <strong>de</strong>n See, <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Macht <strong>de</strong>s<br />
Teufels in Verbindung gebracht wur<strong>de</strong>.<br />
17. Jahrhun<strong>de</strong>rt - erste schriftliche Erwähnung dieser Sage - Sils (<strong>Girona</strong>).
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Die Einwohner von Sils mussten mit einem See<br />
zusammenleben, <strong>de</strong>r gegen sie war. Sein Wasser<br />
verursachte Krankheiten und hin<strong>de</strong>rte die Bauern<br />
daran, über mehr Land zum Anbauen zu verfügen. Es<br />
gab auch <strong>de</strong>n Glauben, dass <strong>de</strong>r See einen Eingang<br />
zur Hölle verbarg. Deshalb ist die Geschichte über<br />
<strong>de</strong>n See von Sils die Geschichte über die Versuche,<br />
<strong>de</strong>n See zu trocknen.<br />
Die Sage über Pere Porter erzählt über seinen Besuch<br />
<strong>de</strong>r Hölle über <strong>de</strong>n See von Sils, bevor er getrocknet<br />
wur<strong>de</strong>. Pere Porter war ein Bauer aus Tor<strong>de</strong>ra, <strong>de</strong>r<br />
nach Maçanet fahren musste, um ein Problem mit<br />
einer alten Familienschuld zu lösen. Es kam heraus,<br />
dass die Schuld schon beglichen war, dass <strong>de</strong>r Notar<br />
von Hostalric aber gestorben war, ohne die Bezahlung<br />
zu beurkun<strong>de</strong>n. Während <strong>de</strong>r gute Pere auf<br />
<strong>de</strong>m Weg nach Maçanet war, stieß er auf einen<br />
an<strong>de</strong>ren Wan<strong>de</strong>rer, <strong>de</strong>r kein an<strong>de</strong>rer als <strong>de</strong>r Teufel<br />
war. Doch dieses Mal hatte <strong>de</strong>r Teufel Sympathie für<br />
<strong>de</strong>n armen Pere Porter und entschloss sich, Gutes zu<br />
tun und ihm zu helfen.<br />
Die Lösung <strong>de</strong>s Missverständnisses lag nach<br />
Meinung <strong>de</strong>s Leibhaftigen in <strong>de</strong>r Hölle und da <strong>de</strong>r<br />
Bösewicht an diesem Tag nicht so böse war, bot er<br />
sich an, ihn zu begleiten. Der Eingang <strong>de</strong>r Hölle lag<br />
im See von Sils. Als sie in <strong>de</strong>r Hölle angekommen<br />
waren, war Pere überrascht über die vielen wichtigen<br />
Persönlichkeiten <strong>de</strong>s irdischen Lebens, unter<br />
<strong>de</strong>nen sich auch Gelmar Bonsoms, <strong>de</strong>r Notar von<br />
Hostalric, befand. Pere Porter erklärte <strong>de</strong>m Notar<br />
<strong>de</strong>n Grund seines Besuches und nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Notar<br />
ihm mitgeteilt hatte, wo dieser die Zahlungsurkun<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r alten Schuld fin<strong>de</strong>n konnte, ging Pere<br />
zurück auf die Er<strong>de</strong>. Wenn <strong>de</strong>r Eingang zur Hölle im<br />
See von Sils lag, so war <strong>de</strong>r Ausgang in Morvedre,<br />
in <strong>de</strong>r Region Valencia. Diese Reise war jedoch<br />
nicht kostenlos: Der arme Pere musste die Reise<br />
durch eine seltene Krankheit bezahlen, die vom ersten<br />
September bis zum ersten Oktober dauerte. Als<br />
sich Pere halbwegs von <strong>de</strong>r Krankheit erholt hatte,<br />
setzte er seine Odyssee nach Hostalric fort, um die<br />
Zahlungsurkun<strong>de</strong> zu fin<strong>de</strong>n. Am ersten November,<br />
zu Allerheiligen, erreichte Pere Hostalric, wo er <strong>de</strong>n<br />
Bewohnern sein außergewöhnliches Abenteuer<br />
erzählte. Es gab viele, die ihm nicht glauben wollten,<br />
und sie hielten ihn für einen Verrückten o<strong>de</strong>r<br />
einen Geist. Doch als sie <strong>de</strong>n Anweisungen <strong>de</strong>s<br />
verstorbenen Notars folgten, fan<strong>de</strong>n sie die Zahlungsurkun<strong>de</strong>.<br />
Je<strong>de</strong>r musste ihm nun glauben und<br />
die Familie Porter erlangte ihren guten Ruf zurück.<br />
79
35<br />
80<br />
Die Hexen von Llers<br />
Katalonien war, beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>n Pyrenäen<br />
und im Alt Empordà, im Mittelalter das<br />
Land <strong>de</strong>r Hexen. Man konnte freiwillig<br />
Hexe wer<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Teufel durch<br />
bestimmte Rituale beschwört wur<strong>de</strong>.<br />
Doch manchmal gab es keine Wahl:<br />
Das Familienerbe, <strong>de</strong>r Geburtstag o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Geburttsort waen entschei<strong>de</strong>nd. Es wur<strong>de</strong><br />
erzählt, dass im Dorf Llers alle Frauen<br />
als Hexen geboren wur<strong>de</strong>n und zwar von<br />
<strong>de</strong>r mächtigen Sorte.<br />
17. Jahrhun<strong>de</strong>rt – Höhepunkt <strong>de</strong>r Hexenverfolgungen - Llers (<strong>Girona</strong>).
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Im Mittelalter waren die Gegend Alt Empordà und<br />
das Dorf Llers für seine Hexen bekannt und gefürchtet.<br />
In jener Zeit war für je<strong>de</strong>s Unglück die Hexerei<br />
schuld. Aus <strong>de</strong>r zwangsläufigen Beziehung zwischen<br />
<strong>de</strong>n Bewohner Empordàs und <strong>de</strong>n Hexen sind zahlreiche<br />
Sagen und Legen<strong>de</strong>n entstan<strong>de</strong>n.<br />
Ein Pächter aus Llers sah, wie ein großer schwarzer<br />
Vogel über <strong>de</strong>m Land <strong>de</strong>s Bauernhofes flog. Um dieses<br />
schlechte Omen zu vertreiben, nahm er sein<br />
Gewehr und feuerte zwei Schüsse ab. Obwohl er <strong>de</strong>n<br />
Vogel getroffen hatte, flog dieser weiter. Am nächsten<br />
Tag musste <strong>de</strong>r Pächter zusehen, wie zwei seiner<br />
Söhne plötzlich starben. Der Pfarrer sagte ihm, dass<br />
das Hexerei war und dass er mit gesegneten<br />
Schrotkugeln hätte schießen sollen.<br />
Die Leute aus Llers fürchteten sich vor <strong>de</strong>n Hexen<br />
und waren auch neugierig. Diese Neugier nahm normalerweise<br />
kein gutes En<strong>de</strong>. Das musste ein Junggeselle<br />
aus Llers an seiner eigenen Haut erfahren, als er<br />
mit einem Mädchen ausging, die Enkelin, Tochter<br />
und Schwester von Hexen war. Der Junge konnte es<br />
nicht glauben und eines Abends, als er es satt hatte,<br />
dass man ihn vor Mitternacht immer nach Hause<br />
schickte, versteckte er sich, um seine Verlobte zu beobachten.<br />
Das Mädchen ging hinaus in <strong>de</strong>n Hof und<br />
schmierte ihre Achselhöhlen mit einer Salbe ein,<br />
während sie unverständliche Wörter sprach. Danach<br />
flog sie weg. Der Junge wollte das Gleiche tun, doch<br />
er vertat sich mit einigen Wörtern und eine Kraft<br />
warf ihn vom Dach <strong>de</strong>s Hauses auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n, wo er<br />
bewusstlos liegen blieb.<br />
Die Hexen aus Llers hatten ein sehr geselliges Leben.<br />
Samstags trafen sie sich mit an<strong>de</strong>ren Hexen <strong>de</strong>r<br />
Gegend, um sich gegenseitig die Haare zu kämmen,<br />
bevor sie zum Teufelsfest von Tretzevents, auf <strong>de</strong>m<br />
Berg Canigó, flogen und Silvester trafen sie sich, um<br />
Böses zu tun und das neue Jahr zu verdammen.<br />
Die bekannteste Missetat <strong>de</strong>r Hexen von Llers ist ihr<br />
Angriff auf <strong>de</strong>n Glockenturm von Figueres. Die Hexen<br />
wollten <strong>de</strong>n Glockenturm von Figueres zerstören, da<br />
das Geläut <strong>de</strong>r Angelusglocken ihre bösen Taten<br />
zunichte machte. So flogen sie wie ein Windstoß <strong>de</strong>r<br />
Tramuntana zum Glockenturm. Glücklicherweise<br />
passte <strong>de</strong>r Glöckner auf und hatte Zeit, die Glocken<br />
zu läuten. Der Glockenturm wur<strong>de</strong> nicht zerstört,<br />
son<strong>de</strong>rn kam mit einigen Rissen davon, die durch <strong>de</strong>n<br />
Aufprall <strong>de</strong>s Hexenheeres verursacht wur<strong>de</strong>n.<br />
Die Hexen und ihre Symbole sind im Dorf Llers weiterhin<br />
anwesend. Es wird gesagt, dass es noch Hexen<br />
gibt. Ein Glück, dass sie kein Unheil mehr anrichten.<br />
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36<br />
82<br />
Die Lichter<br />
Der Heilige Narzissus setzte seine, mit <strong>de</strong>r<br />
Belagerung im Jahr 1285 begonnene<br />
Arbeit fort; bei je<strong>de</strong>m Angriff auf die Stadt<br />
<strong>Girona</strong> ließ er sein Fliegenheer gegen die<br />
Truppen <strong>de</strong>s französischen Königs Philipp<br />
III <strong>de</strong>m Tapferen antreten. Bei <strong>de</strong>r<br />
Belagerung durch Marschall Bellefonds<br />
verdankten die Bewohner <strong>Girona</strong>s ihren<br />
Sieg <strong>de</strong>n berühmten Fliegen <strong>de</strong>s Heiligen<br />
Narzissus und <strong>de</strong>n geheimnisvollen<br />
Lichtern, die an <strong>de</strong>r Kirche Sant Feliu<br />
erschienen.<br />
1684 - Belagerung durch <strong>de</strong>n Marschall Bellefonds.<br />
Kirche Sant Feliu, <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Im Frühjahr 1684 kam die französische Armee,<br />
angeführt von Marschall Bellefonds, über <strong>de</strong>m<br />
Empordà nach Katalonien und besetzte <strong>Girona</strong>. Die<br />
Bewohner, die an Besetzungen gewöhnt waren,<br />
sammelten alle ihre Kräfte, um die Stadt zu verteidigen.<br />
Sie hofften dabei auf einen erneuten<br />
Einfluss durch <strong>de</strong>n Schutzheiligen <strong>de</strong>r Stadt.<br />
Und schon bald offenbarte sich <strong>de</strong>r Schutz <strong>de</strong>s<br />
Heiligen, diesmal durch seltsame Lichter, die nie<br />
zuvor in <strong>Girona</strong> gesehen wor<strong>de</strong>n waren. In <strong>de</strong>r<br />
Nacht vom 22. Mai sahen die Bewohner, wie seltsame<br />
Lichter an <strong>de</strong>r Kirche Sant Feliu erschienen,<br />
die entlang <strong>de</strong>n Bögen <strong>de</strong>s Gotteshauses und <strong>de</strong>m<br />
Dach liefen. Die geheimnisvollen Lichter erschienen<br />
nochmals am 23. und 24., bevor die Schlacht<br />
begann, aus <strong>de</strong>r die Bewohner <strong>Girona</strong>s als Sieger<br />
hervorgingen.<br />
In <strong>de</strong>r Nacht vom 24. zum 25. Mai <strong>de</strong>s Jahres 1684<br />
gingen die Bewohner zum Grab <strong>de</strong>s Heiligen, um<br />
ihn für <strong>de</strong>n neuelichen Sieg gegen die Franzosen zu<br />
danken. Nach <strong>de</strong>m Protokoll, verfasst von <strong>de</strong>n<br />
Stadträten, wur<strong>de</strong> um zwei Uhr morgens eine<br />
Fliege auf <strong>de</strong>m Grab <strong>de</strong>s Heiligen gesichtet. Da es<br />
sich um eine größere Fliege als die an<strong>de</strong>ren han<strong>de</strong>lte,<br />
die zu<strong>de</strong>m länglich und grün war, begriffen die<br />
Bewohner, dass sie vor einem weiteren Wun<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s<br />
Heiligen Narzissus stan<strong>de</strong>n. Die Nachricht verbreitete<br />
sich wie ein Lauffeuer und die Stiftskirche war<br />
bald voller Leute und Obrigkeiten, die das Wun<strong>de</strong>r<br />
persönlich sehen wollten. Auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />
Kirche fan<strong>de</strong>n sich sieben französische Flaggen, die<br />
als Trophäen <strong>de</strong>s Heiligen aufbewahrt wur<strong>de</strong>n.<br />
Die Lichter und Fliegen waren nicht die einzigen<br />
Wun<strong>de</strong>r, die sich gegen die Franzosen richteten,<br />
son<strong>de</strong>rn es gab an<strong>de</strong>re wun<strong>de</strong>rsame Ereignisse in<br />
<strong>Girona</strong>, die die Kräfte im Kampf gegen das feindliche<br />
Heer vereinten. Monate vor <strong>de</strong>r Belagerung<br />
hatten die Franzosen versucht, in <strong>de</strong>r Nacht von<br />
Allerheiligen in die Stadt einzudringen, doch die<br />
Glocke Susanna <strong>de</strong>r Kirche Santa Susanna in<br />
Mercadal fing ganz alleine an, Alarm zu schlagen.<br />
Die Bewohner wur<strong>de</strong>n dadurch geweckt und konnten<br />
die Stadt verteidigen.<br />
83
37<br />
84<br />
Der Wun<strong>de</strong>rstein<br />
Man erzählt sich, dass sich diese<br />
Begebenheiten zu Zeiten <strong>de</strong>s Bischofs<br />
Lorenzana, am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 18. Jahrhun<strong>de</strong>rts,<br />
ereigneten. Dieser Bischof ließ eine Kapelle<br />
an <strong>de</strong>r Kirche Sant Feliu bauen, die <strong>de</strong>m<br />
Heiligen Narzissus gewidmet wur<strong>de</strong>.<br />
Dem Schutzheiligen <strong>de</strong>r Stadt gefiel diese<br />
I<strong>de</strong>e so sehr, dass er die Stadt mit <strong>de</strong>n<br />
Rohstoffen für <strong>de</strong>n Bau <strong>de</strong>r Kapelle<br />
versorgte und die Bauarbeiter beschützte.<br />
1782-1792 - Bau <strong>de</strong>r Kapelle Sant Narcís.<br />
Kirche Sant Feliu, <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Die Verehrung <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus begann im 11.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rt. Seit jener Zeit gewann die Devotion an<br />
Kraft, je<strong>de</strong>s Mal, wenn die Stadt eine Belagerung,<br />
eine Überschwemmung o<strong>de</strong>r ein Unglück gut überstan<strong>de</strong>n<br />
hatte. Obwohl in höheren Kreisen die Verehrung<br />
<strong>de</strong>s Heiligen Felix bevorzugt wur<strong>de</strong>, hörte <strong>de</strong>r<br />
Bischof Lorenzana auf das Volk und entschied, eine<br />
Kapelle für <strong>de</strong>n Heiligen bauen zu lassen, für <strong>de</strong>n die<br />
Bewohner <strong>Girona</strong>s eine große Vorliebe hatten.<br />
Während im Bischofsamt über die Einzelheiten <strong>de</strong>r<br />
zukünftigen Kapelle <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus gesprochen<br />
wur<strong>de</strong>, die am Ort <strong>de</strong>r ehemaligen Kreuzgänge<br />
<strong>de</strong>r Stiftskirche errichtet wer<strong>de</strong>n sollte, führte ein<br />
alter Hirte seine Her<strong>de</strong> über <strong>de</strong>n Berg Sant Miquel. Es<br />
gab an <strong>de</strong>m Tag etwas, was die Aufmerksamkeit <strong>de</strong>s<br />
Hirten weckte: Es war ein Stein, <strong>de</strong>r im Sonnenlicht<br />
glänzte. Der Hirte näherte sich neugierig und sah<br />
einen großen Stein, <strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> ragte und glänzte,<br />
wie kein an<strong>de</strong>rer Stein glänzen konnte. Der Hirte<br />
erzählte es seinen Bekannten und führte sie zu diesem<br />
Stein. Überrascht stellten sie fest, dass es sich<br />
um einen Steinbruch han<strong>de</strong>lte, in <strong>de</strong>m es feinen,<br />
schwarzweiß geä<strong>de</strong>rten Marmor gab.<br />
Die Nachricht erreichte das Bischofsamt, wo dieses<br />
Ereignis als Einverständnis <strong>de</strong>s Heiligen mit <strong>de</strong>m Projekt<br />
ge<strong>de</strong>utet wur<strong>de</strong>. Da in jenem Jahr 1782 die Bauarbeiten<br />
schon begonnen hatten, ordnete das Bischofsamt<br />
an, <strong>de</strong>n Marmor für die Kapelle Sant Narcís<br />
abzubauen.<br />
Drei Monate nach <strong>de</strong>r Grundsteinlegung stürzte<br />
eines <strong>de</strong>r benachbarten Häuser ein und fünf Arbeiter<br />
wur<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>n Trümmern verschüttet. Da keiner<br />
<strong>de</strong>r Arbeiter verletzt wur<strong>de</strong>, sah man dieses Ereignis<br />
als ein weiteres Wun<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Heiligen an, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />
Bewohnern so zeigte, dass er <strong>de</strong>m Bau <strong>de</strong>r Kapelle<br />
zustimmte. Zehn Jahre später, am 2. September 1792,<br />
wur<strong>de</strong> das Grab <strong>de</strong>s Heiligen in das neue Gotteshaus<br />
gebracht und die Kapelle Sant Narcís aus schwarzweiß<br />
geä<strong>de</strong>rten Marmor aus <strong>Girona</strong> mit <strong>de</strong>m ersten<br />
Gottesdienst eingeweiht.<br />
Es heißt, dass die Marmora<strong>de</strong>r, die während <strong>de</strong>s Baus<br />
unerschöpflich schien, nach Beendigung <strong>de</strong>r Kapelle<br />
erschöpft war, und dass auf <strong>de</strong>n ganzen Berg Sant<br />
Miquel kein Marmor mehr gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n konnte.<br />
85
38<br />
86<br />
Die Braut von Can Biel<br />
Das Bauerngut Can Biel in Anglès stammt<br />
aus <strong>de</strong>m 16. Jahrhun<strong>de</strong>rt. Es han<strong>de</strong>lt sich<br />
um ein stattliches, befestigtes Haus und<br />
sein wichtigstes Merkmal ist ein<br />
außergewöhnlicher quadratischer<br />
Verteidigungsturm. Doch trotz <strong>de</strong>r<br />
Schönheit <strong>de</strong>s Ortes und <strong>de</strong>m<br />
offensichtlichen Reichtum war dieses<br />
Gehöft am Tag, an <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Erbe ein<br />
reiches Mädchen heiratete, Schauplatz<br />
eines schrecklichen Ereignisses.<br />
Erste Hälfte <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts - Anglès (<strong>Girona</strong>).
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Die Hochzeitsfeier versammelte alle großen Persönlichkeiten<br />
<strong>de</strong>r Gegend: <strong>de</strong>n Pfarrer von Anglès, die<br />
Dekane, <strong>de</strong>n Vikar, die Großgrundbesitzer und sogar<br />
einige Kanoniker. Nach <strong>de</strong>m Bankett und <strong>de</strong>m Tanz<br />
schlug jemand vor, Verstecken zu spielen. Niemand<br />
konnte ahnen, dass dieses unschuldige Spiel Unglück<br />
über das Gehöft Can Biel bringen wür<strong>de</strong>.<br />
Da je<strong>de</strong>r natürlich die Braut fin<strong>de</strong>n wollte, strengte<br />
diese sich an, ein gutes Versteck zu suchen. Sie lief<br />
die Treppen hinauf bis zum großen Turm. Der<br />
Verteidigungsturm wur<strong>de</strong> schon seit Jahren nicht<br />
mehr benutzt, da sich die Räuber nicht mehr in dieser<br />
Gegend herumtrieben, und er war zu einer Art<br />
Rumpelkammer gewor<strong>de</strong>n. Der große Turm war voller<br />
dunkler Ecken, wo man sich verstecken konnte, voll<br />
von altem Gerümpel, Möbeln voller Staub... und<br />
inmitten <strong>de</strong>s Raumes eine schöne Brautkiste, in <strong>de</strong>r<br />
vor Jahren die Aussteuer einer Tochter <strong>de</strong>s Bauernhauses<br />
aufbewahrt wur<strong>de</strong>. Die Braut öffnete <strong>de</strong>n<br />
Deckel <strong>de</strong>r Kiste und stieg hinein, um sich zu verstecken.<br />
Als sie sich in <strong>de</strong>r Kiste befand, ging diese<br />
nicht mehr auf, und die unglückselige Braut konnte<br />
nichts machen, um aus ihrem Versteck herauszukommen.<br />
Die Gäste suchten die Braut in allen Winkeln <strong>de</strong>s<br />
Bauernhauses, ausgenommen im Turm. Als sie genug<br />
gesucht hatten, riefen sie, dass sie aus ihrem Versteck<br />
kommen sollte, da sie aufgeben wür<strong>de</strong>n. Als sie von<br />
ihr keine Antwort erhielten, begannen die Anwesen<strong>de</strong>n,<br />
sich Sorgen zu machen. Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Tages gingen<br />
die Gäste, ohne dass die Braut aus ihrem Versteck<br />
gekommen wäre. Der arme Bräutigam blieb mit seinem<br />
Kummer alleine zurück.<br />
Die Leute sagten, dass die Braut vielleicht in <strong>de</strong>n Ter<br />
gefallen wäre und dass die Strömung sie mitgenommen<br />
hätte. An<strong>de</strong>re sagten, dass die Leute <strong>de</strong>s Räubers<br />
Ramon Felip sie entführt hätten und dass sie nach<br />
<strong>de</strong>r Zahlung <strong>de</strong>s Lösegel<strong>de</strong>s wie<strong>de</strong>r zurück auf <strong>de</strong>n<br />
Hof kommen wür<strong>de</strong>. Doch die Braut kam we<strong>de</strong>r in<br />
jener Nacht noch sonst irgendwann zurück. Nach<br />
einigen Jahren wollte es das Schicksal eines Tages,<br />
dass ein Mädchen <strong>de</strong>s Hauses <strong>de</strong>n Turm hinaufging.<br />
Beim Herumstöbern fand sie eine alte Brautkiste<br />
voller Staub. Das Mädchen öffnete die Kiste und fand<br />
darin das Skelett, angetan mit einem Brautkleid und<br />
mit Hochzeitsschmuck.<br />
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39<br />
88<br />
Die Symbolik <strong>de</strong>r Heiligen Catalina<br />
Das Bild <strong>de</strong>r Heiligen Caterina ist sehr<br />
präsent in <strong>de</strong>n Symbolen <strong>de</strong>s Landkreises<br />
<strong>Girona</strong>, in <strong>de</strong>r Kathedrale und in vielen<br />
Kapellen und Einsiedlerkapellen, die dieser<br />
Heiligen gewidmet sind, ja sogar im<br />
Provinzkrankenhaus. Die Heilige Caterina<br />
stellt die Weisheit dar, doch sie<br />
personifiziert auch esoterisches Wissen.<br />
In <strong>de</strong>r Apotheke <strong>de</strong>s ehemaligen<br />
Krankenhauses ist die Heilige am meisten<br />
zu sehen.<br />
19. Jahrhun<strong>de</strong>rt, Hospital Santa Caterina, <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Das Krankenhaus Santa Caterina hat eine Geschichte<br />
von fast 800 Jahren. Das ehemalige Hospital<br />
Santa Caterina wur<strong>de</strong> im Jahr 1211 von <strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>rschaft<br />
Sant Martí auf einem Gelän<strong>de</strong> außerhalb <strong>de</strong>r<br />
Stadtmauer, wo heute die Plaça <strong>de</strong>l Mercat ist,<br />
gegrün<strong>de</strong>t. Im Jahr 1666 wur<strong>de</strong> das Krankenhaus an<br />
<strong>de</strong>r Plaça <strong>de</strong> l’Hospital neu gebaut, wo es blieb, bis<br />
es nach Salt verlegt wur<strong>de</strong>. Das Gebäu<strong>de</strong> ist vom<br />
Krankenhausmo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>s 17. Jahrhun<strong>de</strong>rts geprägt und<br />
verfügt über einen zentralen Innenhof, eine Kirche<br />
und eine spärliche Außen<strong>de</strong>koration. In diesem Gebäu<strong>de</strong><br />
gibt es eine Apotheke aus <strong>de</strong>m 17. Jahrhun<strong>de</strong>rt,<br />
<strong>de</strong>ren Decke ein Kreuzgewölbe mit <strong>de</strong>korativen<br />
Gemäl<strong>de</strong>n ist. Die ursprünglichen Gemäl<strong>de</strong> stammten<br />
aus <strong>de</strong>m Barock, doch im 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong><br />
eine neue Dekoration in Auftrag gegeben. Die<br />
Gemäl<strong>de</strong>, die vor zwei Jahrhun<strong>de</strong>rten entstan<strong>de</strong>n,<br />
stellen allegorische Szenen dar, in <strong>de</strong>nen die Herstellung<br />
von Heilmitteln mit exotischen Substanzen<br />
aus fernen Län<strong>de</strong>rn gezeigt wer<strong>de</strong>n.<br />
Diese Gemäl<strong>de</strong> scheinen aber auch alchemistische<br />
Szenen darzustellen. Das ist sicherlich ein Zufall und<br />
<strong>de</strong>r unbekannte Künstler, <strong>de</strong>r die Aufgabe hatte, die<br />
alte Apotheke zu <strong>de</strong>korieren, ließ sich von alten<br />
alchemistischen Gemäl<strong>de</strong>n inspirieren, da er dachte,<br />
dass sie zu einer Apotheke passten. In diesen<br />
Gemäl<strong>de</strong>n gibt es viele alchemistische Symbole wie<br />
<strong>de</strong>n Aathanor, <strong>de</strong>n alchemistischen Ofen, das Destilliergefäß,<br />
einen alchemistischen Glasbehälter in<br />
Form eines Kürbisses und <strong>de</strong>n Baum und <strong>de</strong>n Hirsch,<br />
die in <strong>de</strong>r Alchemie die Natur repräsentieren, die<br />
vom Menschen beherrscht wird und zu sein er Verfügung<br />
steht. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf<br />
die okkulte, alchemistische Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Heiligen<br />
richten, wird <strong>de</strong>r Zufall schon größer und die alchemistischen<br />
Vermutungen über die Decke <strong>de</strong>r Apotheke<br />
im Hospital Santa Caterina nehmen zu. Die<br />
Heilige Caterina ist die christliche Version <strong>de</strong>r Hipatia,<br />
einer alexandrinischen Intellektuellen, die<br />
aufgrund ihrer esoterischen Kenntnisse berühmt<br />
war. Auf Befehl <strong>de</strong>s Bischofs <strong>de</strong>r Stadt starb sie<br />
durch Enthauptung. Eine noble Dame, die aufgrund<br />
ihrer Weisheit berühmt war, übernahm <strong>de</strong>n Namen<br />
Caterina und sie starb unter ähnlichen Umstän<strong>de</strong>n.<br />
Die Eingeweihten hielten die Heilige Caterina für<br />
die Große Mutter, die Göttin <strong>de</strong>r Weisheit. Alles<br />
zusammen ergibt eine Reihe von zufälligen Ereignissen,<br />
die uns die alchemistische Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r<br />
ehemaligen Apotheke <strong>de</strong>s Hospitals Santa Caterina<br />
erahnen lassen, wenn auch nur indirekt.<br />
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90<br />
Der Brunnen <strong>de</strong>r Verliebten<br />
Von dieser Sage gibt es verschie<strong>de</strong>ne Versionen, doch alle<br />
erzählen über <strong>de</strong>n Ursprung einer Quelle mit Spru<strong>de</strong>lwasser,<br />
die sich in Congost, am Ter-Ufer, befin<strong>de</strong>t. Diese Quelle<br />
entstand durch die bitteren Tränen eines reumütigen<br />
Mädchens, die für zwei Tote schuldig war.<br />
19. Jahrhun<strong>de</strong>rt. Am Congost, <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Die Sage erzählt, dass Sara, ein nicht sehr anmutiges,<br />
junges Mädchen, <strong>de</strong>n Zauberbann einer Zigeunerin<br />
annahm, damit ihre unmögliche Liebe zu Albert,<br />
einem jungen Mann <strong>de</strong>r Gegend, <strong>de</strong>r ein an<strong>de</strong>res<br />
Mädchen begehrte, erwi<strong>de</strong>rt wür<strong>de</strong>. Die Zigeunerin<br />
versprach ihr einen Trank, <strong>de</strong>r ihr für immer<br />
das Herz ihres Liebsten zuwen<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>. Die gleiche<br />
Zigeunerin sagte später Albert voraus, dass er<br />
seine Liebste töten wür<strong>de</strong> und dass man ihn für das<br />
Verbrechen bestrafen wür<strong>de</strong>.<br />
Albert ging am Ter-Ufer, am Ort <strong>de</strong>s Congost, auf<br />
die Jagd und dachte über die seltsamen Worte <strong>de</strong>r<br />
Zigeunerin nach, als <strong>de</strong>r Flug einer weißen Taube<br />
ihn von diesen Gedanken ablenkte. Ohne es sich zu<br />
überlegen, schoss er und <strong>de</strong>r Vogel fiel tot hinter ein<br />
Gebüsch. Der junge Mann ging los, um die Taube zu<br />
holen, als er plötzlich einen Krampf in seinen Beinen<br />
spürte. Gleichzeitig konnte er seine Füße nicht mehr<br />
fühlen, die sich am Bo<strong>de</strong>n festklammerten, und sein<br />
Körper verwan<strong>de</strong>lte sich in einem Baumstamm. In<br />
diesem Augenblick in <strong>de</strong>r Abenddämmerung sah<br />
Albert, <strong>de</strong>r sich in eine riesige Steineiche verwan<strong>de</strong>lt<br />
hatte, wie sich <strong>de</strong>r Rumpf <strong>de</strong>r Taube in einen mit<br />
Blut verschmierten Menschenkörper verwan<strong>de</strong>lte.<br />
Es war <strong>de</strong>r leblose Körper seiner Verlobten, <strong>de</strong>n einige<br />
Wasserfrauen schnell flussaufwärts zur Höhle<br />
<strong>de</strong>r Feen brachten.<br />
Die schwarze Magie <strong>de</strong>r Zigeunerin hatte sich erfüllt.<br />
Als Sara sah, dass ihr Liebster ein Baum gewor<strong>de</strong>n<br />
war und dass seine Verlobte tot war, umarmte<br />
sie <strong>de</strong>n Stamm und weinte bitter. Sie weinte so sehr,<br />
mit so viel Reue und Betrübnis darüber, dass sie am<br />
Tod <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n schuld war, dass sie sich schließlich<br />
in eine Quelle verwan<strong>de</strong>lte.<br />
Am nächsten Tag beerdigte die Stadt <strong>Girona</strong> einen<br />
jungen Mann und zwei Jungfrauen, die am Abend<br />
zuvor auf geheimnisvolle Weise gestorben waren.<br />
Seit jenem Tag - bald sind es hun<strong>de</strong>rt Jahre her -<br />
kommt als Folge dieser bitteren Tränen am Congost,<br />
am Fuß einer Steineiche ein Strahl Spru<strong>de</strong>lwasser<br />
aus <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n.<br />
91
41<br />
92<br />
Der Bäcker aus Mercadal<br />
Die Verehrung <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus<br />
begann im 11. Jahrhun<strong>de</strong>rt. Diese Devotion<br />
nahm im Laufe <strong>de</strong>r Jahre durch die Wun<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>s Heiligen noch zu. Manchmal können<br />
die Heiligen aber ihren Anhängern auch<br />
bestimmte Bedingungen stellen. Der<br />
Heilige Narzissus mochte es nicht, wenn<br />
seine Gläubigen an seinem Feiertag<br />
arbeiteten, und so ließ er es einen Bäcker<br />
aus Mercadal und einen Müller aus<br />
Peralada wissen.<br />
1864 - Heiliger Narzissus, Schutzpatron <strong>Girona</strong>s und <strong>de</strong>r Diözese.<br />
Plaça <strong>de</strong>l Mercadal, <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Der Heilige Narzissus ist seit <strong>de</strong>m 14. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />
<strong>de</strong>r Schutzpatron <strong>de</strong>r Stadt <strong>Girona</strong> und zu seinen<br />
Ehren wur<strong>de</strong> ein sehr beliebter Jahrmarkt gefeiert.<br />
Es wird erzählt, dass ein Bäcker, <strong>de</strong>r seine Bäckerei<br />
zwischen <strong>de</strong>r Plaça <strong>de</strong>l Mercadal und <strong>de</strong>r Plaça <strong>de</strong>l<br />
Molí hatte, am Abend vor <strong>de</strong>m Feiertag <strong>de</strong>s Heiligen<br />
Narzissus arbeiten ging. Er dachte mehr an<br />
das Geld, das er nicht verdienen wür<strong>de</strong>, wenn er an<br />
diesem be<strong>de</strong>utungsvollen Tag frei nehmen wür<strong>de</strong>,<br />
als an seine religiösen Pflichten und begann mit<br />
<strong>de</strong>m Kneten, um am nächsten Tag Brot verkaufen<br />
zu können. Als er am Kneten war, sah er, wie sich<br />
die Hefe rot färbte, rot wie Blut, und umso mehr er<br />
knetete und die Hefe drehte, umso röter wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />
Teig. Der Bäcker musste einsehen, dass <strong>de</strong>r Heilige<br />
Narzissus ihn wissen ließ, dass es nicht recht war,<br />
an seinem Feiertag zu arbeiten. Er erschrak und<br />
fürchtete eine schlimmere Strafe, <strong>de</strong>shalb schloss<br />
er <strong>de</strong>n Backtrog und lief zur Kirche Sant Feliu, wo<br />
er <strong>de</strong>n Heiligen Narzissus vor seinem Grab um<br />
Vergebung bat.<br />
Erst drei Tage später traute sich <strong>de</strong>r Bäcker zu seiner<br />
Werkstätte zurück. Als er <strong>de</strong>n Backtrog öffnete,<br />
sah er, dass <strong>de</strong>r Teig dieses bedrohliche Rot verloren<br />
hatte und dass er frisch und fertig zum Backen<br />
war. Der Bäcker war erleichtert. Er schob <strong>de</strong>n Teig<br />
in <strong>de</strong>n Ofen und merkte sich diesen Vorfall für das<br />
kommen<strong>de</strong> Jahr.<br />
Ein ähnliches Erlebnis hatte ein Müller aus Peralada<br />
einige Jahrhun<strong>de</strong>rte später, auch an einem 29.<br />
Oktober. Dieser Müller aus Peralada ging zu seiner<br />
Mühle zur Arbeit, und er musste sich nicht fürchten,<br />
das Gebot, an einem Feiertag nicht zu arbeiten,<br />
zu übertreten, da außerhalb <strong>de</strong>r Stadt <strong>Girona</strong> kein<br />
Feiertag war. Doch auch in diesem Fall boykottierte<br />
<strong>de</strong>r Heilige die Arbeit <strong>de</strong>s armen Müllers und<br />
verwan<strong>de</strong>lte das Getrei<strong>de</strong> in Sägemehl.<br />
Dieser Vorfall kam <strong>de</strong>m Bischof von <strong>Girona</strong>, Constantí<br />
Bonet, zu Ohren, <strong>de</strong>r, um größere Strafen zu<br />
vermei<strong>de</strong>n, Papst Pius IX. darum bat, die Schutzherrschaft<br />
<strong>de</strong>s Heiligen Narzissus vom Jahre 1864<br />
an auf das ganze Bistum auszu<strong>de</strong>hnen, so dass <strong>de</strong>r<br />
Feiertag <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus nicht nur in <strong>Girona</strong>,<br />
son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r ganzen Diözese streng zu beachten<br />
war.<br />
93
42<br />
94<br />
Der Krokoling<br />
Wir möchten in diese Sammlung eine<br />
apokryphische Sage aufnehmen, die durch<br />
ihre kraftvolle und schnelle Verbreitung in<br />
nur kurzer Zeit in <strong>de</strong>n Sagenbestand <strong>de</strong>r<br />
Stadt <strong>Girona</strong> aufgenommen wur<strong>de</strong> und zu<br />
einem Symbol innerhalb <strong>de</strong>r Ikonografie<br />
<strong>Girona</strong>s wur<strong>de</strong>.<br />
Verfasser: Dolors Codina,<br />
Emili Massanas und Carles Vivó<br />
20. Jahrhun<strong>de</strong>rt - Kloster Santa Clara, <strong>Girona</strong>.
S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />
Auf <strong>de</strong>r linken Uferseite <strong>de</strong>s Flusses Onyar im<br />
Stadtviertel Mercadal gab es ein Nonnenkloster <strong>de</strong>s<br />
Klarissenor<strong>de</strong>ns. In diesem Kloster lebte eine Nonne<br />
hinter Schloss und Riegel, in einer unterirdischen,<br />
dunklen, feuchten Zelle, ganz in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s Bewässerungsgrabens<br />
Monar.<br />
Die Grün<strong>de</strong>, weshalb die Novizin, die in <strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong><br />
Rosalia heißt, in einer Zelle eingeschlossen war,<br />
unterschei<strong>de</strong>n sich je nach Version <strong>de</strong>r Sage. Einige<br />
erzählen, dass die Nonne unzufrie<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m eher<br />
ausschweifen<strong>de</strong>n Leben ihrer Schwestern war und<br />
ihnen dauernd Vorwürfe machte. Die Nonnen, die<br />
sie nicht mehr länger hören und ihr sündiges Leben<br />
fortsetzen wollten, entschie<strong>de</strong>n sich, sie im Keller<br />
einzuschließen. Eine an<strong>de</strong>re, romantischere Version<br />
erzählt, dass die Novizin nachts über die unterirdischen<br />
Gänge verschwand, um sich mit ihrem<br />
Liebsten, einem Franziskanermönch <strong>de</strong>s Klosters<br />
<strong>de</strong>s Heiligen Franz, zu treffen. Als die Oberin davon<br />
erfuhr, setzte sie sie hinter Schloss und Riegel.<br />
Sicher ist auf je<strong>de</strong>n Fall, dass es <strong>de</strong>r armen Nonne<br />
gar nicht gut ging in jener dunklen, feuchten Zelle.<br />
Vielleicht durch die Feuchtigkeit <strong>de</strong>s Ortes o<strong>de</strong>r<br />
aufgrund <strong>de</strong>r vergossenen Tränen ihres Geliebten<br />
erfuhr <strong>de</strong>r Körper <strong>de</strong>r Novizin eine eigenartige Verän<strong>de</strong>rung:<br />
Der Körper wur<strong>de</strong> von Schuppen be<strong>de</strong>ckt,<br />
bis sie sich in eine Art Krokodil verwan<strong>de</strong>lt<br />
hatte. Nur am Rücken, als Ausgleich für <strong>de</strong>n abstoßen<strong>de</strong>n<br />
Körper, wuchsen ihr ein paar Schmetterlingsflügel.<br />
So wur<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>r Novizin eine Mischung<br />
aus Krokodil und Schmetterling... ein Krokoling.<br />
Als die Nonne nach Jahren, immer noch in <strong>de</strong>r Zelle<br />
eingeschlossen, starb, soll es in <strong>Girona</strong> eine Überschwemmung<br />
gegeben haben, obwohl es nicht<br />
einen Tropfen geregnet hatte. Seither schweift <strong>de</strong>r<br />
Körper <strong>de</strong>s Krokolings umher, entwe<strong>de</strong>r schwimmend<br />
o<strong>de</strong>r fliegend über <strong>de</strong>m Fluss Onyar. Wenn<br />
Sie <strong>de</strong>n Krokoling sehen möchten, müssen Sie<br />
zwischen <strong>de</strong>n Brücken Pont <strong>de</strong> Pedra und Ponte <strong>de</strong><br />
les Peixateries Velles in einer jener Nächte spazieren<br />
gehen, in <strong>de</strong>nen sich im Mondlicht die Geister<br />
im Nebel <strong>Girona</strong>s blicken lassen.<br />
95
96<br />
ZEICHEN DER WEISHEIT<br />
Am Tag <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus im Jahre 1946 entstand in<br />
einer Druckerei <strong>de</strong>r Stadt Barcelona ein kleines Juwel -<br />
<strong>Girona</strong>. Petita història <strong>de</strong> la ciutat, <strong>de</strong> les seves tradicions<br />
i folklore, (Kleine Geschichte <strong>de</strong>r Stadt, ihrer Traditionen<br />
und Bräuche) ein Werk J. Giberts aus <strong>Girona</strong>, in <strong>de</strong>m die<br />
Bräuche und Traditionen <strong>de</strong>r Stadt <strong>Girona</strong><br />
zusammengetragen wur<strong>de</strong>n und das, wie er selbst<br />
erklärte, geschrieben wur<strong>de</strong>, «damit die Tradition <strong>Girona</strong>s,<br />
zumin<strong>de</strong>st geschrieben, dient». Zu<strong>de</strong>m nahm Gibert Tag<br />
für Tag das Leben <strong>de</strong>r Stadt über jene Merkmale auf,<br />
die ihre Bewohner wahrscheinlich am meisten<br />
charakterisieren, wie Sprichwörter, Lie<strong>de</strong>r, Sagen und<br />
Legen<strong>de</strong>n, Traditionen, Tänze usw.<br />
Die Schriftsteller Gibert, Vivó und Fañanàs unter an<strong>de</strong>ren<br />
- und jetzt auch Nuri Ros - haben die Sage und die<br />
Legen<strong>de</strong>, die Phantasie und die Tradition zu <strong>de</strong>n<br />
Hauptfiguren ihrer Untersuchungen und Werke gemacht<br />
und haben uns allen dadurch die volkstümliche Weisheit,<br />
jene Entstehung <strong>de</strong>r gemeinschaftlichen Phantasie,<br />
übermittelt, Fabeln und Mythen, die auf Umwegen<br />
parallel zur realen Geschichte, <strong>de</strong>r von Historikern<br />
erforschten, begrün<strong>de</strong>ten und geschriebenen, fortschreiten.<br />
Wenn man die Sagen und Legen<strong>de</strong>n einer Stadt kennt, ist<br />
man in ihre Haut eingedrungen, und man spürt, wie die<br />
Gemeinschaft, die sie überliefert hat, fühlt und lebt. Aus<br />
diesem Grund ist es unsere Pflicht, ihnen Aufmerksamkeit<br />
zu schenken und sie zu lesen, um sie später<br />
weitererzählen zu können. Die Initiative, einen Ort zu<br />
schaffen, <strong>de</strong>r dazu beiträgt, die Sagen und Legen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />
Stadt von Generation zu Generation weiterzugeben und<br />
sie an<strong>de</strong>ren Völkern zu vermitteln, ist ein Zeichen <strong>de</strong>r<br />
Weisheit. Herzlichen Glückwunsch!<br />
Arcadi Calzada Salavedra<br />
Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Caixa <strong>Girona</strong>
GIRONA IST UNIVERSELL. SAGEN UND<br />
LEGENDEN MACHEN UNS ZU ERBEN<br />
DES WISSENS<br />
Eine Veröffentlichung mit allen Informationen über dieses<br />
Thema fin<strong>de</strong> ich absolut treffend. Eine herrliche I<strong>de</strong>e.<br />
Die Sage o<strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r Mythos und die Erzählung<br />
bringen uns eine erträumte Wirklichkeit mit einem<br />
wahren Hintergrund näher. Daher müssen diejenigen<br />
beglückwünscht wer<strong>de</strong>n, die mit ihrer Erinnerung speziell<br />
zu dieser vergnüglichen geistigen Aktivität beitragen.<br />
<strong>Girona</strong> ist eine Stadt mit Sagen und Legen<strong>de</strong>n, wie sie alle<br />
Städte mit einer langen Geschichte aufweisen. Mythen,<br />
Sagen und Legen<strong>de</strong>n sind eine Pädagogik, die auf uns<br />
selbst und unsere Umgebung einwirkt, uns mehr<br />
sozialisiert und so die Ortschaften eines Gebiets<br />
zusammenbringt.<br />
Die umfangreiche Sammlung ist eine elegante und<br />
zusammenhängen<strong>de</strong> Auswahl und reicht von Geryon<br />
bis zu Der Hintern <strong>de</strong>r Löwin über Personen und<br />
Persönlichkeiten aus <strong>Girona</strong> und von außerhalb,<br />
die jedoch mit unserer Kultur in Verbindung stehen.<br />
Der Zusammenhang ergibt sich durch die Vollständigkeit<br />
<strong>de</strong>r Abhandlung, die in <strong>de</strong>n Rahmen <strong>de</strong>r Anthropologie<br />
<strong>de</strong>s sozialen Wissens gestellt ist. Eine wahre Beschreibung<br />
<strong>de</strong>s Brauchtums, <strong>de</strong>r Sitten, <strong>de</strong>r Beziehungen zwischen<br />
Menschen, über das, was sie sind, über das, was sie<br />
darstellen und auch über ihre natürliche Umgebung.<br />
Sagen und Legen<strong>de</strong>n machen uns menschlicher und sie<br />
lassen uns über irgen<strong>de</strong>twas träumen, was das Kind in uns<br />
aufnimmt und sich zu eigen macht. Wer fühlt sich nicht<br />
von einer Sage o<strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong> angezogen, auch wenn sie<br />
schon sehr alt ist? Schließlich gibt es überall Sagen und<br />
Legen<strong>de</strong>n, und auf meinen Reisen habe ich das Glück<br />
gehabt, viele kennen zu lernen. Und wissen Sie, was ich<br />
glaube? Dass alle gleich sind und von <strong>de</strong>n gleichen<br />
Themen han<strong>de</strong>ln; das ist es, was <strong>de</strong>n Menschen universell<br />
macht.<br />
<strong>Girona</strong> ist universell und seine Bewohner müssen es<br />
immer mehr sein wollen. Wer Sagen und Legen<strong>de</strong>n seines<br />
Dorfes o<strong>de</strong>r seiner Stadt nicht versteht o<strong>de</strong>r nicht mag,<br />
kann kaum universell sein. Aus meiner Perspektive als<br />
Wissenschaftler helfen uns die Sagen und Legen<strong>de</strong>n aus<br />
<strong>Girona</strong>, menschlicher zu wer<strong>de</strong>n, und sie machen uns zu<br />
Erben eines Wissens, das ohne diese Art von Arbeiten<br />
verloren gehen wür<strong>de</strong>.<br />
Herzlichen Glückwunsch zu diesem Projekt!<br />
Dr. Eudald Carbonell Roura<br />
Universität Rovira i Virgili<br />
Abteilung für Vorgeschichte<br />
Mitdirektor von Atapuerca<br />
Direktor <strong>de</strong>s Katalanischen Instituts für humane<br />
Paläoökologie und gesellschaftliche Entwicklung<br />
97
98<br />
GIRONA HAT ES VERSTANDEN, SEINE<br />
MÜNDLICH ÜBERLIEFERTE GESCHICHTE MIT<br />
SAGEN UND LEGENDEN ZU BEWAHREN<br />
Wer die Stadt und ihren Zauber ent<strong>de</strong>cken möchte und<br />
wer <strong>de</strong>n Lauf <strong>de</strong>r Jahrhun<strong>de</strong>rte und <strong>de</strong>n Charakter ihrer<br />
Leute kennen lernen möchte, für <strong>de</strong>n ist ein Spaziergang<br />
durch die Altstadt von <strong>Girona</strong> ein nicht zu verpassen<strong>de</strong>s<br />
Muss.<br />
Auf einem Spaziergang wird man sich sofort bewusst,<br />
dass die engen Gassen viel Geschichte verbergen. <strong>Girona</strong><br />
hat es verstan<strong>de</strong>n, seine mündliche Geschichte mit Sagen<br />
und Legen<strong>de</strong>n, wie <strong>de</strong>r über die Löwin, <strong>de</strong>n Heiligen<br />
Narzissus, Geryon o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r über die Hexe <strong>de</strong>r Kathedrale,<br />
zu bewahren. Beim Kennenlernen <strong>de</strong>r Sagen und<br />
Legen<strong>de</strong>n wird man von ihnen eingenommen wie von <strong>de</strong>r<br />
Stadt, und sie überliefern das Beste <strong>de</strong>r volkstümlichen<br />
Tradition <strong>Girona</strong>s.<br />
Entschuldigt mich bitte, dass ich einer Sage, die zwar<br />
auch aus <strong>Girona</strong>, aber nicht aus <strong>de</strong>r Stadt ist, <strong>de</strong>n Vorrang<br />
gebe. Es ist die Sage über Guifré el Pilós, da sie über die<br />
Wurzeln unserer nationalen I<strong>de</strong>ntität als Volk han<strong>de</strong>lt,<br />
aber auch, weil ich in Ripoll geboren bin.<br />
Dem folgen<strong>de</strong>n Satz habe ich immer beigepflichtet: Wer<br />
seine Wurzeln verliert, verliert seine I<strong>de</strong>ntität. Und jetzt<br />
erst recht sollten wir das berücksichtigen. Daher vielen<br />
Dank an diejenigen, die diese gute Wahl getroffen haben,<br />
die Sagen und Legen<strong>de</strong>n aus <strong>Girona</strong> zu pflegen und zu<br />
för<strong>de</strong>rn.<br />
Eudald Casa<strong>de</strong>sús Barceló<br />
Präsi<strong>de</strong>nt von CDC in <strong>de</strong>n Landkreisen <strong>Girona</strong>s<br />
Abgeordneter <strong>de</strong>r CiU im Parlament von Katalonien
DIE SAGEN UND LEGENDEN AUS<br />
GIRONA UND DEN LANDKREISEN<br />
SIND HEUTE ZU STEIN GEWORDEN<br />
Im Stil <strong>de</strong>r mesopotamischen Stelen, <strong>de</strong>n griechisch-römischen<br />
Reliefs und auch <strong>de</strong>r Reliefs <strong>de</strong>r neoklassischen<br />
Grabsteine sind die Sagen und Legen<strong>de</strong>n aus <strong>Girona</strong> und<br />
seines Landkreises heute zu Stein gewor<strong>de</strong>n, o<strong>de</strong>r besser<br />
gesagt zu Marmor in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n von Gerard Roca i Ayats,<br />
Künstler aus Bescanó, <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>rs feinfühlig mit <strong>de</strong>r<br />
Tradition und <strong>de</strong>n Sagen und Legen<strong>de</strong>n umgeht, die uns<br />
dabei helfen, unsere Geschichte o<strong>de</strong>r, besser gesagt,<br />
die subjektive Interpretation einiger verwirren<strong>de</strong>n<br />
Begebenheiten unserer Vergangenheit besser zu verstehen.<br />
Der symbolische Wert <strong>de</strong>r Sagen und Legen<strong>de</strong>n wird<br />
dadurch um <strong>de</strong>n künstlerischen Wert bereichert. Und es<br />
ist hinzuzufügen, dass die Wahl <strong>de</strong>r Materialien nicht<br />
zufällig erfolgt ist: Die Absicht <strong>de</strong>r Dauerhaftigkeit macht<br />
<strong>de</strong>n Stein zu einer unerlässlichen Voraussetzung, und<br />
unter <strong>de</strong>n Steinen ist <strong>de</strong>r Marmor ein Versuch, das<br />
Volkstümliche zu vere<strong>de</strong>ln. Der saubere, klare Stil<br />
beinhaltet eine pädagogische Absicht in <strong>de</strong>r gleichen<br />
Weise, wie die romanischen Reliefs <strong>de</strong>r Kirchen durch<br />
oftmals übertriebene, doch gut erkennbare Bil<strong>de</strong>r die<br />
Ungläubigen über die göttliche und irdische Materie<br />
lehrten. Zu<strong>de</strong>m ist <strong>de</strong>r Rahmen <strong>de</strong>s Ganzen zu<br />
berücksichtigen bzw. sich vor Augen zu halten: ein<br />
herrliches mittelalterliches Gebäu<strong>de</strong> im Herzen <strong>Girona</strong>s,<br />
das in diesem Fall seine eigene Legen<strong>de</strong> hat, nämlich die<br />
über die Fußspur <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus.<br />
Es ist gar nicht einfach, die Be<strong>de</strong>utung einer Legen<strong>de</strong> in<br />
einem dreidimensionalen Bild darzustellen. Um das zu<br />
schaffen, benötigt man ein beson<strong>de</strong>res Geschick für<br />
Zusammenhänge und viel Vorstellungskraft. Wir alle<br />
verfügen mehr o<strong>de</strong>r weniger darüber in unserer<br />
Erinnerung, doch haben wir das Bild, die Proportionen<br />
und die Einzelheiten nicht genau <strong>de</strong>finiert. Ich glaube,<br />
dass uns Gerard viel Arbeit erspart hat, und dass <strong>de</strong>r<br />
unbestreitbare Wert seines Handwerks als<br />
Marmorschleifer und Bildhauer durch <strong>de</strong>n guten<br />
Geschmack und das große Talent als Illustrator in diesen<br />
Reliefs bereichert wird.<br />
Genießen Sie diese Darstellung von Sagen und Legen<strong>de</strong>n,<br />
die in Zukunft bestimmt noch bekannter wer<strong>de</strong>n.<br />
Lluís Costabella Casa<strong>de</strong>vall<br />
Dichter, Musiker und Komponist<br />
Kunsthistoriker<br />
99
100<br />
SAGEN UND LEGENDEN<br />
ZURÜCKGEWINNEN UND MIT BEIDEN<br />
FÜSSEN AUF DEM BODEN STEHEN<br />
Alle Zivilisationen und Völker sind im Schutz von Mythen<br />
sowie Sagen und Legen<strong>de</strong>n entstan<strong>de</strong>n und gewachsen.<br />
Die Geschichte <strong>de</strong>r Menschheit kann im Rahmen von<br />
mythologischen und sagenhaften Erzählungen, die in<br />
je<strong>de</strong>m Land entstan<strong>de</strong>n sind, verfolgt wer<strong>de</strong>n. Von Isis und<br />
Osiris im alten Ägypten über die Götter und Hel<strong>de</strong>n im<br />
klassischen Griechenland bis zur heutigen Zeit haben sich<br />
Kulturen und Nationen parallel zu einer Reihe von alten<br />
Mythen entwickelt, die dazu beitragen, Beson<strong>de</strong>rheit zu<br />
versinnbildlichen. Eine organisierte Menschengruppe ohne<br />
ihre Mythen, ihre Sagen und Legen<strong>de</strong>n und ohne ihre<br />
Religion ist ein Organismus, <strong>de</strong>m ein wichtiges Glied fehlt.<br />
Es muss hinzugefügt wer<strong>de</strong>n, dass die Gesellschaften, die<br />
bei <strong>de</strong>r Erkämpfung von Rechten und Wohlstand für ihre<br />
Mitglie<strong>de</strong>r am meisten erreicht haben, diejenigen sind, die<br />
es geschafft haben, das Korsett, das Mythen manchmal<br />
mit sich bringen, zu lockern und diese Mythen als das zu<br />
nehmen, was sie sind: ein Instrument, das in früheren<br />
Zeiten dazu beitrug, <strong>de</strong>r Zugehörigkeit zu einem Volk o<strong>de</strong>r<br />
einer Nation einen Sinn zu geben. Heutzutage jedoch<br />
dürfen sie nicht Zügel o<strong>de</strong>r Verlangsamung <strong>de</strong>s<br />
Fortschritts einer Gesellschaft sein.<br />
<strong>Girona</strong>, die weise alte Stadt mit einer reichen und<br />
komplexen Geschichte hat diese bei<strong>de</strong>n Aspekte sehr gut<br />
zu kombinieren gewusst: Respekt für die volkstümliche<br />
und kulturelle Tatsache <strong>de</strong>r Sagen und Legen<strong>de</strong>n (Geryon,<br />
Karl <strong>de</strong>r Große, die Hexe <strong>de</strong>r Kathedrale, die Fliegen <strong>de</strong>s<br />
Heiligen Narzissus, <strong>de</strong>r Tarlà <strong>de</strong>r Straße Argenteria usw.)<br />
und gleichzeitig eine stetige Mobilisierung aller Akteure<br />
zur Verbesserung <strong>de</strong>s Wohlergehens sowohl <strong>de</strong>r Bewohner<br />
als auch <strong>de</strong>r Besucher, heute und in Zukunft.<br />
Dies be<strong>de</strong>utet, die Vergangenheit zu respektieren,<br />
doch für die Gegenwart zu arbeiten und die Zukunft<br />
vorzubereiten. Mit an<strong>de</strong>ren Worten, Sagen und Legen<strong>de</strong>n<br />
ja, aber mit bei<strong>de</strong>n Füßen auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n stehend.<br />
Das vom <strong>Hotel</strong> <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong> umgesetzte Vorhaben<br />
ist ein gutes Beispiel für diese Absicht, vorzüglich in <strong>de</strong>r<br />
Gegenwart zu arbeiten und in die Zukunft zu schauen mit<br />
einem nostalgischen und - warum nicht - heiteren Blick<br />
in die Vergangenheit; wenn es auch nicht so war, wie es<br />
erzählt wird, ist es doch schön, dass es so gewesen sein<br />
könnte.<br />
Gute Arbeit und viel Glück!<br />
Francesc Francisco-Busquets Palahí<br />
Sub<strong>de</strong>legierter <strong>de</strong>r Staatsregierung in <strong>Girona</strong>
GIRONA IST STEIN UND WASSER,<br />
MATERIE UND ERINNERUNG<br />
<strong>Girona</strong> hat sich im Lauf <strong>de</strong>r Jahrhun<strong>de</strong>rte mit Mauern,<br />
die es schützten, Urkun<strong>de</strong>n, die die Vitalität bescheinigten,<br />
sowie mit Männern und Frauen, die dort litten und<br />
arbeiteten, entwickelt. Die in <strong>de</strong>r Geschichte am weitesten<br />
zurückliegen<strong>de</strong>n menschlichen Ansiedlungen haben zu<br />
<strong>de</strong>n römischen Baustrukturen, <strong>de</strong>n mittelalterlichen<br />
Labyrinthen und zu <strong>de</strong>n mächtigen bürgerlichen und<br />
religiösen Bauwerken geführt. <strong>Girona</strong> ist Stein und<br />
Wasser, Materie und Erinnerung.<br />
Die Wirklichkeit hat sich aber auch durch <strong>de</strong>n Beitrag <strong>de</strong>s<br />
Volkes gebil<strong>de</strong>t, durch seine Fähigkeit, Phantasien zu<br />
entwickeln, die dabei helfen, die Geschehnisse im Laufe<br />
<strong>de</strong>r Jahrhun<strong>de</strong>rte zu verstehen. <strong>Girona</strong> ist auch das:<br />
Sagen und Legen<strong>de</strong>n, die sich zur Oberhaut einer Stadt mit<br />
einem reichen Innenleben hohen Niveaus entwickelt haben.<br />
Anna M. Geli<br />
Rektorin UdG<br />
EIN HAUS, IN DEM MAN SICH IN<br />
JEDER ECKE EINE GESCHICHTE, SAGE<br />
ODER LEGENDE VORSTELLEN KANN<br />
<strong>Hotel</strong> <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong> - was für eine Ehre zu <strong>de</strong>n<br />
Leuten zu gehören, die es möglich machen!<br />
Mit meinem beschei<strong>de</strong>nen Beitrag als Baumeister wer<strong>de</strong><br />
ich an <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>r Altstadt von <strong>Girona</strong> teilhaben<br />
und beson<strong>de</strong>rs an <strong>de</strong>r Restaurierung eines Hauses, in <strong>de</strong>m<br />
man sich in je<strong>de</strong>r Ecke eine Geschichte, Sage o<strong>de</strong>r<br />
Legen<strong>de</strong> vorstellen kann.<br />
Herzlichen Glückwunsch für <strong>de</strong>n Namen, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m <strong>Hotel</strong><br />
gegeben wird und <strong>de</strong>r nicht an<strong>de</strong>rs sein könnte...<br />
In Bezug auf die Legen<strong>de</strong> über Morgat, die mich<br />
angesichts meines Weges über das Bürgermeisteramt<br />
von Porqueres berührt, muss ich sagen, dass sie zu <strong>de</strong>n<br />
Sagen und Legen<strong>de</strong>n gehört, die mich am meisten<br />
beeindrucken und zum Nach<strong>de</strong>nken gebracht haben.<br />
Normalerweise erscheinen uns die Sagen und Legen<strong>de</strong>n<br />
aus sehr fernen Zeiten o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st ist das bei mir so.<br />
Dagegen hat die Legen<strong>de</strong> über Morgat einen wahren<br />
Hintergrund, was wir, die diese Gegend etwas kennen,<br />
wissen und mit eigenen Augen gesehen haben: Mit <strong>de</strong>n<br />
Jahren haben sich mehrere Seen gebil<strong>de</strong>t und es können<br />
sich noch mehr bil<strong>de</strong>n, beson<strong>de</strong>rs in Trockenzeiten,<br />
wie wir sie jetzt haben.<br />
Xavier Gifra Darné<br />
Baumeister<br />
101
102<br />
HIER BEGINNT IHR BESUCH IM<br />
MAGISCHEN GIRONA<br />
Eine Legen<strong>de</strong> ist eine mündliche o<strong>de</strong>r schriftliche<br />
Erzählung in Prosa o<strong>de</strong>r Versen, die eine mehr o<strong>de</strong>r<br />
weniger historische Prägung mit einem größeren o<strong>de</strong>r<br />
geringeren Anteil an phantastischen Elementen hat und<br />
die traditionsgemäß mündlich o<strong>de</strong>r schriftlich überliefert<br />
wird.<br />
Es gibt auch die Volkssagen (die mehr o<strong>de</strong>r weniger<br />
spontan o<strong>de</strong>r unbewusst entstehen) o<strong>de</strong>r die gelehrten<br />
Sagen o<strong>de</strong>r auch eine Kombination von Elementen aus<br />
diesen bei<strong>de</strong>n unterschiedlichen Typen. Es kann sich auch<br />
ursprünglich um gelehrte Sagen gehan<strong>de</strong>lt haben,<br />
die später eine große Bekanntheit erreichten.<br />
Bei Sagen und Legen<strong>de</strong>n hat die Länge (generell sind sie<br />
eher kurz) keine Wichtigkeit, son<strong>de</strong>rn im Mittelpunkt steht<br />
immer das Thema o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Inhalt, da es immer um eine<br />
Erzählung geht, die durch eine phantastische Geschichte<br />
ein natürliches Phänomen erklären soll.<br />
Wir, die Bürger <strong>Girona</strong>s, können uns beim Anblick <strong>de</strong>s<br />
<strong>Hotel</strong>s <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong> durch die zahlreichen Sagen<br />
und Legen<strong>de</strong>n, die im Imperial <strong>Girona</strong> enthalten sind,<br />
verführen und verzaubern lassen. Die Magie <strong>Girona</strong>s liegt<br />
in seinen Traditionen, seinen Sagen und Legen<strong>de</strong>n und<br />
sogar in <strong>de</strong>n mo<strong>de</strong>rnen Sagen, die in <strong>de</strong>n Straßen wie<strong>de</strong>r<br />
zu hören sind.<br />
In diesem <strong>Hotel</strong> können zahlreiche verborgene Fassetten<br />
<strong>Girona</strong>s ent<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n... Hier beginnt Ihr Besuch <strong>de</strong>s<br />
magischen <strong>Girona</strong>s.<br />
Fernando Lacaba Sánchez<br />
Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s Landgerichts von <strong>Girona</strong>
UNSERER GENERATION IST DIE<br />
MÖGLICHKEIT, SAGEN UND LEGENDEN<br />
EINZUFÜHREN, VERSAGT WORDEN<br />
Die Sage o<strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong> entsteht durch die Absicht <strong>de</strong>s<br />
Menschen, ein außergewöhnliches Ereignis mitzuteilen.<br />
Es soll <strong>de</strong>n Mitmenschen und <strong>de</strong>n neuen Generationen<br />
übermittelt wer<strong>de</strong>n. Es ist das vitale Bedürfnis, etwas zu<br />
verewigen, das Bedürfnis, die Zeit zu überwin<strong>de</strong>n und sich<br />
in <strong>de</strong>r Zeit selbst nie<strong>de</strong>rzulassen.<br />
Unserer Generation ist die Möglichkeit, Sagen und<br />
Legen<strong>de</strong>n einzuführen, versagt wor<strong>de</strong>n. Die Tatsachen sind<br />
wie sie sind. Sie verfügen über Hauptfiguren und Zeugen<br />
und außer<strong>de</strong>m erlebt man sie fast live unabhängig davon,<br />
an welchem Ort sie sich abgespielt haben. Es bleibt<br />
Objektivität und <strong>de</strong>r Subjektivität wird ihre fast<br />
angeborene Penetration in die Geschehnisse versagt.<br />
Das ist das Ergebnis <strong>de</strong>r technologischen Entwicklung,<br />
ein Kind <strong>de</strong>s Mannes und <strong>de</strong>r Frau, die Sklaven ihrer<br />
eigenen Fortschritte gewor<strong>de</strong>n sind. Wenn eine Sage o<strong>de</strong>r<br />
Legen<strong>de</strong> mehr Phantasie als Gewissheit ist, und wenn je<strong>de</strong><br />
Sage o<strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong> in sich nicht abgeschlossen ist,<br />
dann besteht heute, wo beispielsweise je<strong>de</strong> militärische<br />
Auseinan<strong>de</strong>rsetzung, Bombenanschläge und einschließlich<br />
menschliche Tragödien live übertragen wer<strong>de</strong>n, keine<br />
Möglichkeit mehr, eine Sage o<strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong> entstehen zu<br />
lassen, sie zu för<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r sie als Pfand einer Gegenwart<br />
zu hinterlassen, die gewiss von <strong>de</strong>r Zeit überholt wird.<br />
Das war nichts Alltägliches, als das Gebäu<strong>de</strong> <strong>de</strong>s heutigen<br />
<strong>Hotel</strong>s <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong> inmitten <strong>de</strong>r Altstadt errichtet<br />
wur<strong>de</strong>, einer Alstadt, die das Zentrum <strong>de</strong>s Geronas jener<br />
Tage war, das Herz, <strong>de</strong>m heute durch die wirtschaftliche<br />
Aktivität und die humanistische Empfindung genug Kraft<br />
gegeben wird, um weiterhin zu schlagen für uns und alle,<br />
die angezogen wer<strong>de</strong>n von unserer Vergangenheit und<br />
<strong>de</strong>r klugen Restauration, die das Gebäu<strong>de</strong> gera<strong>de</strong> erfährt.<br />
In jener Zeit - einer Zeit ohne Zeitungen, Radios,<br />
Fernseher, Kinos und natürlich ohne Internet - nahmen<br />
die Ereignisse ihren Lauf von Mund zu Mund und wur<strong>de</strong>n<br />
von <strong>de</strong>r Phantasie <strong>de</strong>sjenigen, <strong>de</strong>r die Nachricht<br />
weitergab, schön ausgeschmückt. Das ist die Sage:<br />
Ein wahres Ereignis, um das eine poetische Schönheit<br />
gewun<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n ist, die ihm erstens eine Erklärung und<br />
gleichzeitig ein En<strong>de</strong>rgebnis geben. Die Sage hat einen<br />
Körper und verfügt auch über eine Seele. Es ist die Seele,<br />
die uns anzieht, um Unmögliches möglich zu machen:<br />
Was geschah? Während wir <strong>de</strong>r Sage mehr Phantasie,<br />
in diesem Fall unsere Phantasie, geben, um ihren roten<br />
Fa<strong>de</strong>n - <strong>de</strong>n sie hat - zu fin<strong>de</strong>n, können wir die<br />
Einrichtungen eines <strong>Hotel</strong>s genießen, das die Kühnheit<br />
besitzt, <strong>de</strong>n Namen <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> (Sage - Legen<strong>de</strong>) zu tragen.<br />
Der <strong>Hotel</strong>betrieb ist <strong>de</strong>r von heute und er ist eine<br />
greifbare, berechenbare und messbare Wirklichkeit; aber<br />
warum lassen wir dort nicht auch unsere persönlichen<br />
Sagen im Archiv <strong>de</strong>r Stille? Ich möchte Sie einla<strong>de</strong>n, dies<br />
zu tun, um sich mit all<strong>de</strong>m wie<strong>de</strong>r zu fin<strong>de</strong>n, was die<br />
Altstadt <strong>de</strong>s alten <strong>Girona</strong>s unserer Herzen erlebt hat.<br />
Josep López <strong>de</strong> Lerma<br />
Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r “Tribuna <strong>de</strong> <strong>Girona</strong>”<br />
103
104<br />
DIE GESCHICHTE DER STADT<br />
GIRONA HAT EINE EIGENE KRAFT<br />
Was das Haus für die Familie darstellt, ist die Stadt für die<br />
Gesellschaft, und wie je<strong>de</strong> Familie ihren privaten<br />
Lebensbereich nach eigenem Geschmack und Gutdünken<br />
gestaltet, so formt die Gesellschaft <strong>de</strong>n städtischen<br />
Bereich, <strong>de</strong>r für seine Bewohner, das restliche Land und<br />
auch für alle ausländischen Kulturen bewun<strong>de</strong>rnswert ist.<br />
Je<strong>de</strong>m von uns gefällt es, Dinge in unserem Zuhause zu<br />
genießen, die es unseren Sinnen erlauben, eine an<strong>de</strong>re<br />
Welt zu erreichen, eine höhere Welt, in <strong>de</strong>r je<strong>de</strong>s Gefühl<br />
und je<strong>de</strong> Empfindung uns unserem Wesen als Person<br />
näher bringt. Skulptur, Gemäl<strong>de</strong>, Architektur... Die Stadt ist<br />
<strong>de</strong>mzufolge ein großes Zuhause für uns alle.<br />
Die Stadt mit ihren Steinen und Leuten ist <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rschein<br />
<strong>de</strong>s Menschen auf die Natur. <strong>Girona</strong>, die reizen<strong>de</strong> Ortschaft<br />
<strong>de</strong>r vier Flüsse, hat schon immer ein kulturelles und<br />
künstlerisches Leben gehabt, das auf vollkommene Weise<br />
seine eigene Persönlichkeit geprägt hat. Seine Skulpturen,<br />
Kirchen, Häuser, je<strong>de</strong>r seiner Winkel und alle seine Steine<br />
waren bei <strong>de</strong>r Errichtung <strong>de</strong>r Stadt, <strong>de</strong>n Schlachten, <strong>de</strong>n<br />
Belagerungen, <strong>de</strong>n Festen, <strong>de</strong>n Sagen, <strong>de</strong>r Innovation, <strong>de</strong>n<br />
Spektakeln, <strong>de</strong>r Ankunft <strong>de</strong>r Industrie, <strong>de</strong>n großen sozialen<br />
Bewegungen und <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r letzten dreißig<br />
Jahre dabei... Doch alle sind sie dageblieben und<br />
betrachten die Verän<strong>de</strong>rungen, die eintreten, und verstehen,<br />
dass sie an ihrem Platz sind - einem ewigen Platz.<br />
Dieses Herrenhaus, in <strong>de</strong>m nach <strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong> vor 1.700<br />
Jahren <strong>de</strong>r Heilige Narzissus - Bischof, Märtyrer und<br />
Schutzpatron von <strong>Girona</strong> - lebte und wo noch heute seine<br />
Essenz lebendig ist, entwickelt sich in diesem Sinne positiv<br />
und steht einem Projekt gegenüber, das allen Leuten <strong>de</strong>r<br />
Welt ermöglicht, tiefer in die Geschichte <strong>de</strong>r Stadt <strong>Girona</strong><br />
einzudringen, dieser Stadt, die eine eigene Kraft hat und<br />
sehr bewun<strong>de</strong>rnswert ist.<br />
Oriol Mallart Vallmajó<br />
Stu<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Architektur<br />
Architekturschule La Salle
ZWEIUNDVIERZIG MAGISCHE<br />
GESCHICHTEN: SAGEN UND<br />
LEGENDEN AUS GIRONA<br />
Sagen sind generell von ihrer Herkunft mündliche<br />
Erzählungen mit einem sehr großen Anteil an erfun<strong>de</strong>nen<br />
und mythologischen Elementen, die manchmal über<br />
religiöse o<strong>de</strong>r auch weltliche und oftmals einfach nur<br />
über volkstümliche Themen berichten. Sie haben fast<br />
immer einen historischen Hintergrund: Wenn daher<br />
jemand - wie es das <strong>Hotel</strong> <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong> gemacht<br />
hat - zweiundvierzig Sagen zusammenstellt, wird damit<br />
ein Großteil <strong>de</strong>r Stadtgeschichte vereinigt. Es ist eine<br />
an<strong>de</strong>re Geschichte, aber <strong>de</strong>shalb nicht weniger wichtig,<br />
die von <strong>de</strong>n Leuten geschaffen wur<strong>de</strong>, die in <strong>de</strong>r Stadt<br />
geboren wur<strong>de</strong>n und dort gelebt haben, und auch von<br />
<strong>de</strong>nen, die einfach eines Tages kamen und vielleicht<br />
durch einen Zufall blieben.<br />
Sagen erzählen uns nicht nur Ereignisse, son<strong>de</strong>rn auch<br />
Ängste, Hoffnungen und beson<strong>de</strong>rs Phantasien <strong>de</strong>r Leute,<br />
die in einer an<strong>de</strong>ren Zeit auf <strong>de</strong>r gleichen Straße o<strong>de</strong>r<br />
sogar im gleichen Haus wie wir heute gelebt haben. Je<strong>de</strong><br />
einzelne dieser zweiundvierzig magischen Geschichten<br />
bil<strong>de</strong>t ein kollektives Gedankengut, das eine Art zu sein,<br />
zu leben und zu <strong>de</strong>nken ver<strong>de</strong>utlicht und das auf seine<br />
Weise dazu beigetragen hat, die Wirklichkeit <strong>de</strong>s heutigen,<br />
immer magischen <strong>Girona</strong> zu gestalten.<br />
Mir bleibt nur die Promotoren dieser Initiative und die<br />
Autorin zu beglückwünschen und ihnen viel Erfolg zu<br />
wünschen.<br />
Jordi Martinoy Camós<br />
Gebiets<strong>de</strong>legat <strong>de</strong>r Regierung<br />
<strong>de</strong>r Generalitat von Katalonien in <strong>Girona</strong><br />
SAGEN UND LEGENDEN SIND MIT<br />
DER GESCHICHTE VERWANDT<br />
Sagen und Legen<strong>de</strong>n sind nicht Geschichte, doch sie sind<br />
mit <strong>de</strong>r Geschichte verwandt. Je<strong>de</strong> Sage o<strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong> hat<br />
einen geschichtlichen Hin<strong>de</strong>rgrund, die von Mund zu<br />
Mund geht und mit <strong>de</strong>r Zeit eine eigene Geschichte<br />
darstellt, die über phantastische und sogar übernatürliche<br />
Ereignisse mit einem wahren Kern erzählt.<br />
Wenn die Geschichte Sache <strong>de</strong>r Gelehrten ist, so kommt<br />
die Sage hauptsächlich aus <strong>de</strong>m Volk und sie verfügt über<br />
eine breitere Empfänglichkeit. Dieser Aspekt <strong>de</strong>r Sage<br />
begünstigt das künstlerische Schaffen, das <strong>de</strong>n<br />
Themenschwerpunkt herauszieht.<br />
<strong>Girona</strong>, Stadt mit einer Überfülle an Geschichte, besitzt<br />
auch einen großen Reichtum an Sagen und Legen<strong>de</strong>n.<br />
Daher ist die Gestaltung <strong>de</strong>r <strong>Hotel</strong>einrichtungen mit<br />
Motiven aus <strong>de</strong>n Sagen unserer Stadt und unserer<br />
Landkreise eine glückliche Wahl, ebenso wie <strong>de</strong>r Name<br />
dieses <strong>Hotel</strong>betriebes: <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong>.<br />
Enric Mirambell Belloc<br />
Offizieller Chronist <strong>de</strong>r Stadt <strong>Girona</strong><br />
105
106<br />
EINES DER GEBÄUDE MIT GROSSEM<br />
HISTORISCHEM GEWICHT UND VON<br />
GRÖSSTER BESONDERHEIT<br />
In einem freundlichen Winkel <strong>Girona</strong>s wird eines <strong>de</strong>r<br />
Gebäu<strong>de</strong> mit sehr hohem historischem Wert und von<br />
größter Beson<strong>de</strong>rheit restauriert. Es ist sicherlich das<br />
Gebäu<strong>de</strong>, das in <strong>de</strong>r ganzen Gegend am besten erhalten<br />
geblieben und am wenigsten verän<strong>de</strong>rt wor<strong>de</strong>n ist. Es ist<br />
eine Gegend, die lebt und sich stark verän<strong>de</strong>rt und dabei<br />
ihre Lebensqualität erhält.<br />
Ein <strong>Hotel</strong> ist ein guter Nutzen für ein nobles Gebäu<strong>de</strong>.<br />
Es gibt <strong>de</strong>r Vornehmheit <strong>de</strong>r Mauern, <strong>de</strong>r Dichte <strong>de</strong>r<br />
Geschichte, einen zusätzlichen Wert.<br />
Mit all <strong>de</strong>n Verän<strong>de</strong>rungen, die die Altstadt <strong>Girona</strong>s<br />
erfahren hat, ist das sicher ein klares und richtiges<br />
Vorhaben.<br />
Ein Gebäu<strong>de</strong> im Herzen <strong>de</strong>r Stadt, nah an <strong>de</strong>n Stadttoren,<br />
fast am Ufer <strong>de</strong>s Onyar und am Fuß <strong>de</strong>r Kirche Sant Feliu.<br />
Joaquim Nadal Farreras<br />
Minister für Gebietspolitik und öffentliches Bauwesen<br />
Generalitat von Katalonien
DIE VOLKSTÜMLICHE KULTUR<br />
GIRONAS - DAS VERMÄCHTNIS<br />
DER GESCHICHTE<br />
Die Entstehung <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>r Menschheit ist die<br />
Vereinigung <strong>de</strong>r Rolle <strong>de</strong>r Individuen im Zusammenhang<br />
mit ihrem Umfeld und es ist diese Umgebung, die wir<br />
Kultur bezeichnen. Als Kultur kann aber auch das gesamte<br />
Vermächtnis o<strong>de</strong>r Erbe erachtetet wer<strong>de</strong>n, das bewusst<br />
hergestellt und von <strong>de</strong>n Individuen im Laufe <strong>de</strong>r Zeit<br />
gesammelt und überliefert wor<strong>de</strong>n ist. Unter<br />
Berücksichtigung <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Konzepte <strong>de</strong>r Kultur<br />
will uns die Geschichte <strong>Girona</strong>s nicht nur die Geschichte<br />
<strong>de</strong>r hel<strong>de</strong>nhaften Taten und großen Schlachten zeigen,<br />
die in <strong>de</strong>r kollektiven Erinnerung wie auch im<br />
unsterblichen <strong>Girona</strong> bleiben, son<strong>de</strong>rn auch eine sehr<br />
verwurzelte Geschichte, die durch ihre im historischen<br />
Kulturgut <strong>de</strong>r Stadt verborgenen Sagen, Legen<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r<br />
Mythen entstan<strong>de</strong>n ist und daher die volkstümliche Kultur<br />
<strong>Girona</strong>s darstellt.<br />
<strong>Girona</strong>, das Tor Kataloniens, ist schon immer ein<br />
Begegnungsort verschie<strong>de</strong>ner Zivilisationen gewesen,<br />
die ihr Vermächtnis in <strong>de</strong>n Straßen <strong>de</strong>r Stadt hinterlassen<br />
haben; einer Stadt, errichtet auf Legen<strong>de</strong>n, die Bestandteil<br />
<strong>de</strong>r volkstümlichen Kultur im Rahmen <strong>de</strong>s großen<br />
künstlerischen und archäologischen Kulturguts sind.<br />
Dieses Kulturgut ist – bei aller Beschei<strong>de</strong>nheit -<br />
vergleichbar mit <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r großen europäischen Städte.<br />
Das “<strong>Hotel</strong> <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong>” ist ein schönes Beispiel,<br />
wie dieses Kulturgut wie<strong>de</strong>rverwertet wer<strong>de</strong>n kann, nicht<br />
nur, um dabei zu helfen, die Geschichte <strong>de</strong>r Stadt unter<br />
<strong>de</strong>n Bewohnern bekannt zu machen, son<strong>de</strong>rn auch,<br />
um eine Sammlung und Erhaltung unserer innigsten<br />
Geschichte und Kultur zu ermöglichen, an <strong>de</strong>ren<br />
Erschaffung wir noch alle beteiligt sind und die <strong>de</strong>n<br />
Besuchern helfen wird, sich tiefere Kenntnisse unserer<br />
Vergangenheit anzueignen... Das <strong>Hotel</strong> befin<strong>de</strong>t sich an<br />
<strong>de</strong>r Stelle, an <strong>de</strong>r früher eine Kreuzung <strong>de</strong>r Wege lag,<br />
die aus <strong>de</strong>m Nor<strong>de</strong>n in die Stadt führten, und das ist nicht<br />
von ungefähr, <strong>de</strong>nn diese Lage ermöglicht jetzt <strong>de</strong>n<br />
Besuchern, einen angenehmen und unterhaltsamen<br />
Rundgang entlang <strong>de</strong>r Sehenswürdigkeiten <strong>de</strong>s schönsten<br />
(und ältesten) Teils <strong>Girona</strong>s zu unternehmen.<br />
Aus diesem Grun<strong>de</strong> ist <strong>Girona</strong> eine Stadt mit einem<br />
reizvollen Kulturerbe, das Sagen im kollektiven<br />
Gedankengut enthält, und mit Sehenswürdigkeiten, die<br />
die Besucher nicht nur beeindrucken, son<strong>de</strong>rn sie fast<br />
dazu zwingen, diese Sagen und Legen<strong>de</strong>n hinter <strong>de</strong>m<br />
Antlitz <strong>de</strong>r tausendjährigen Bauwerke und schattigen und<br />
schlichten Gassen zu genießen. Zurzeit ist <strong>de</strong>r kulturelle<br />
Tourismus in Mo<strong>de</strong> gekommen: geführte Reisen wer<strong>de</strong>n<br />
unternommen, um allgemein bekannte Bauwerke, Museen<br />
usw. zu besuchen, und auf diese Weise wird <strong>de</strong>n<br />
Menschen individuell die Kultur näher gebracht. Was<br />
jedoch die essenzielle Kultur eines Volkes hervorhebt, ist<br />
<strong>de</strong>r Mythos und die Volkssage, fiktive Erzählungen, die zu<br />
einer historischen Wirklichkeit wer<strong>de</strong>n, wenn eine<br />
gemeinsame Empfindung unter <strong>de</strong>n Individuen zu diesen<br />
Geschichten entsteht.<br />
Ich möchte mit einem Zitat aus <strong>de</strong>m Buch von Jaume<br />
Marquès, “<strong>Girona</strong> vella”, abschließen, in <strong>de</strong>m die<br />
Wichtigkeit <strong>de</strong>s alten Kulturguts <strong>de</strong>r Stadt für die<br />
Gesellschaft <strong>Girona</strong>s ver<strong>de</strong>utlicht wird: «Die gemeinsame<br />
Liebe zu diesem alten <strong>Girona</strong> trägt dazu bei, alle seine<br />
Bewohner mehr zu verbrü<strong>de</strong>rn und unser kollektives<br />
Zusammenleben friedlicher und angenehmer zu<br />
machen».<br />
Eduard Nadal Martín<br />
Geschichtsstu<strong>de</strong>nt an <strong>de</strong>r UAB<br />
107
108<br />
DAS GEBIET WÄCHST<br />
Die Besucher, die in die Stadt <strong>Girona</strong> kommen o<strong>de</strong>r in<br />
irgen<strong>de</strong>iner Gegend unserer Landkreise spazieren gehen,<br />
wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r Summe <strong>de</strong>r Elemente und Zustän<strong>de</strong><br />
angezogen, die unsere Persönlichkeit ausmachen,<br />
angefangen bei <strong>de</strong>r Landschaft über die Köstlichkeiten<br />
unserer Gastronomie, die Freizeitgestaltung bis zu<br />
unserem kulturellen Vermächtnis. Die Sagen und<br />
Legen<strong>de</strong>n aus <strong>Girona</strong> gehören diesem Kulturgut an und<br />
sind auch in <strong>de</strong>n Traditionen und Volkschroniken<br />
integriert.<br />
Wir von <strong>de</strong>r Provinzialbehör<strong>de</strong> <strong>Girona</strong> sind dankbar dafür,<br />
dass es so ehrgeizige Projekte gibt wie das, das<br />
Fundació60 mit <strong>de</strong>m <strong>Hotel</strong> <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong> ins Leben<br />
gerufen hat. Dank dieser Art von Initiativen wächst <strong>de</strong>r<br />
Landkreis und wird reicher an Angeboten und<br />
Infrastruktur.<br />
Carles Pàramo Ponsetí<br />
Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Provinzialbehör<strong>de</strong> <strong>Girona</strong>
SAGEN SPIEGELN DIE EMPFINDUNGEN<br />
EINES VOLKES WIDER<br />
Unsere Vergangenheit wird uns oft als ein steinernes<br />
Denkmal, als eine Art inaktiver und langweiliger<br />
Schauplatz, dargestellt. Die Sagen dagegen fassen mit<br />
ihrer außergewöhnlichen symbolischen Fülle die Sorgen,<br />
Ängste, Phantasien und Hoffnungen <strong>de</strong>r wahren<br />
Hauptfiguren <strong>de</strong>r Geschichte <strong>Girona</strong>s zusammen.<br />
So bieten sie ein wirksames Gegenmittel gegen jenen<br />
Schwarzweißblick und versetzen uns in eine gelebte<br />
Dimension unserer Geschichte.<br />
Deshalb spiegeln die Sagen die Empfindungen eines<br />
Volkes wi<strong>de</strong>r. Ein Blick in unsere Vergangenheit sollte uns<br />
reichen, nicht um dort hängen zu bleiben, son<strong>de</strong>rn ganz<br />
im Gegenteil, um unsere Gegenwart mit einer klaren<br />
Vorstellung darüber betrachten zu können, wer wir sind,<br />
und um mit einem klaren Blick darüber, wer wir sein<br />
wollen, in die Zukunft zu schreiten.<br />
Das heutige <strong>Girona</strong>, reich an Geschichte, ist mittlerweile<br />
doch ganz an<strong>de</strong>rs als das <strong>Girona</strong> dieser Sagen und<br />
Legen<strong>de</strong>n. Es wäre ein Fehler, sich unbeweglich in jener<br />
Vergangenheit zu betrachten. Unsere Stadt stellt sich <strong>de</strong>r<br />
Herausfor<strong>de</strong>rung, <strong>de</strong>n Reichtum unserer Geschichte<br />
anzunehmen, um nach vorne blicken und zu neuen<br />
Horizonten schreiten zu können. Nur so können wir<br />
erreichen, dass die zukünftigen Bewohner <strong>Girona</strong>s stolz<br />
auf ihre Vergangenheit sein wer<strong>de</strong>n.<br />
Carles Puig<strong>de</strong>mont Casamajó<br />
Bewerber um das Bürgermeisteramt <strong>de</strong>r CiU für<br />
<strong>de</strong>n Stadtrat von <strong>Girona</strong><br />
EINE TOURISTISCHE EINRICHTUNG<br />
ERSTEN RANGES<br />
Ich haben <strong>de</strong>n gesamten Inhalt <strong>de</strong>s Buches über <strong>Hotel</strong><br />
<strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong>, das ich von Ihnen erhalten habe,<br />
sorgfältig gelesen. Ich möchte Sie für <strong>de</strong>n ganzen Inhalt<br />
und für die Art und Weise, wie Sie arbeiten, um eine neue<br />
touristische Einrichtung ersten Ranges auf ganz neue<br />
Weise bekannt zu machen, beglückwünschen.<br />
Herzlichen Glückwunsch und weiter so!<br />
Ramon Ramos Argimon<br />
Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s Patronats für Tourismus<br />
Costa Brava-<strong>Girona</strong><br />
109
110<br />
KULTUR, KULTURERBE, "GLAMOUR" UND<br />
MYSTERIUM: EIN TOURISMUS, DER ERHOLUNG,<br />
RUHE UND NEUARTIGE ERFAHRUNGEN SUCHT<br />
Herzlichen Glückwunsch! Es wur<strong>de</strong> auch Zeit, dass wir<br />
endlich verstehen, dass wir unser kulturelles Vermächtnis<br />
<strong>de</strong>njenigen zeigen müssen, die uns besuchen kommen,<br />
um <strong>de</strong>n Tourismus bei uns zuhause zu för<strong>de</strong>rn. Tourismus<br />
ist ein Synonym für Kultur und aus diesem Grund, wenn<br />
wir die Sache gut machen wollen, müssen wir zeigen,<br />
was wir haben. Eine reiche Geschichte und ein<br />
beeindrucken<strong>de</strong>s Kulturgut...!<br />
Wenn wir diesen grundlegen<strong>de</strong>n Elementen beste<br />
Dienstleistungen hinzufügen, haben wir eine sehr soli<strong>de</strong><br />
Grundlage geschaffen, um für lange Zeit <strong>de</strong>n Tourismus<br />
zu halten, <strong>de</strong>r weit von einem Massentourismus entfernt<br />
und daher vom finanziellen Auf und Ab <strong>de</strong>r<br />
Reiseveranstalter unabhängig ist.<br />
Kleine, mit allen Einrichtungen ausgestattete <strong>Hotel</strong>s sind<br />
eine Garantie für Qualität, die dafür sorgt, dass die Stadt<br />
<strong>Girona</strong> von Touristen aufgesucht wird, die Erholung,<br />
Ruhe und neue Erfahrungen suchen. Diese grundlegen<strong>de</strong>n<br />
Elemente sind heute durch das Massenangebot im<br />
weltweiten Tourismus sehr schwer zu fin<strong>de</strong>n.<br />
Wenn zu <strong>de</strong>n unbestreitbar hochwertigen<br />
Dienstleistungen noch <strong>de</strong>r nötige Glamour bei <strong>de</strong>r<br />
Betreuung <strong>de</strong>r Gäste hinzukommt, wenn da außer<strong>de</strong>m ein<br />
Flair von sagenhaftem Mysterium ist - Sagen und<br />
Legen<strong>de</strong>n <strong>Girona</strong>s, eingemeisselt in schöne Marmorsteine<br />
gehen wir davon aus, dass <strong>de</strong>r Erfolg sicher ist.<br />
Bevor ich abschließe, möchte ich <strong>de</strong>n Bildhauer Gerard<br />
Roca i Ayats für seine herrlichen Reliefs und die<br />
Journalistin und Anthropologin Nuri Ros i Rue für die<br />
Sammlung <strong>de</strong>r Sagen und Legen<strong>de</strong>n und die Fundació60<br />
für dieses ehrgeizige kulturelle und unternehmerische<br />
Projekt beglückwünschen.<br />
Emili Rams Riera<br />
Städtischer Archivar von Anglès
ZUM BESSEREN KENNENLERNEN DER<br />
GESCHICHTE UNSERES LANDKREISES<br />
GIRONAS<br />
Ich danke Ihnen dafür, dass ich dieses Buch mit <strong>de</strong>n<br />
zweiundvierzig Legen<strong>de</strong>n aus <strong>Girona</strong> erhalten durfte.<br />
Gleichzeitig möchte ich Sie ganz aufrichtig für diese<br />
innovative und interessante, kulturelle und<br />
unternehmerische Initiative beglückwünschen.<br />
Ich glaube, dass die Herausgabe dieses Buches eine<br />
glückliche Wahl ist. Einerseits wird es dazu beitragen,<br />
dass die Gäste dieses <strong>Hotel</strong>s, die <strong>Girona</strong> besuchen,<br />
über die Legen<strong>de</strong>n und Reliefs die Geschichte unseres<br />
Landkreises besser kennen lernen; an<strong>de</strong>rerseits zeigt es<br />
die Verwurzelung und I<strong>de</strong>ntifizierung dieser neuen<br />
Einrichtung mit <strong>de</strong>r Stadt <strong>Girona</strong>.<br />
Ich wünsche Ihnen viel Glück!<br />
Xavier Soy Soler<br />
Vizepräsi<strong>de</strong>nt<br />
Provinzialbehör<strong>de</strong> <strong>Girona</strong><br />
111
C/ Portal <strong>de</strong> la Barca, 4 - GIRONA<br />
www.fundacio60.org<br />
112
C/ Mosques, 1 - Carrer Pou Rodó, 5 GIRONA Altstadt<br />
Nahe <strong>de</strong>r Kirche Sant Feliu - GIRONA<br />
113
114<br />
Die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Fundació60:<br />
Die Familie Mallart in einer<br />
Veranstaltung mit <strong>Girona</strong>s Bischof<br />
Carles Soler. Auf <strong>de</strong>m Foto von links<br />
nach rechts:<br />
Oriol Mallart (Patronatsmitglied),<br />
Anna Mallart (Patronatsmitglied),<br />
Roser Vallmajó<br />
(verstorben am 28.2.2007),<br />
Carles Soler, Bischof von <strong>Girona</strong>,<br />
Carles Mallart<br />
(Vizepräsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Stiftung),<br />
Marc Mallart<br />
(Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Stiftung),<br />
die junge Estel mit Astrid.<br />
Geschäftsführung Fundació60<br />
www.fundacio60.org
* Bis 1964 Carrer <strong>de</strong> Sant Narcís<br />
Altstadt - GIRONA<br />
F60 in <strong>de</strong>n Landkreisen <strong>Girona</strong>s<br />
115
116<br />
Stadt <strong>Girona</strong><br />
Geryon, <strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong>r <strong>Girona</strong>s<br />
Die Haushälterin von Sant Narcís<br />
Die Fußspur <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus<br />
Die Katakomben<br />
Karl <strong>de</strong>r Große<br />
Der Drache unter <strong>de</strong>r Kirche<br />
Gräfin Ermessenda von Carcassonne<br />
Der Strohkopf-Falke<br />
Der Hintern <strong>de</strong>r Löwin<br />
Straße <strong>de</strong>s Wolfes<br />
Die Meerjungfrau von Galligans<br />
Die Ju<strong>de</strong>n in <strong>Girona</strong><br />
Die Fliegen <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus<br />
Die Äpfel<br />
Der Heilige Felix und <strong>de</strong>r Dieb<br />
in <strong>de</strong>r Stiftskirche<br />
Der Tarlà<br />
Die Hexe <strong>de</strong>r Kathedrale<br />
Der Vampir <strong>de</strong>r Rambla<br />
Das Schwein <strong>de</strong>s Heiligen Anton<br />
Leben und Wun<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Heiligen Felix<br />
Die Glocke Beneta<br />
Der Heilige Narzissus und <strong>de</strong>r<br />
französische Giftmör<strong>de</strong>r<br />
Die Quelle <strong>de</strong>s Pericot<br />
Der Wun<strong>de</strong>rstoff<br />
Das Öl aus <strong>de</strong>r Lampe<br />
Die Lichter<br />
Der Wun<strong>de</strong>rstein<br />
Die Symbolik <strong>de</strong>r Heiligen Catalina<br />
Der Bäcker aus Mercadal<br />
Der Krokoling
118<br />
Landkreise<br />
<strong>Girona</strong>s<br />
Der See von Banyoles<br />
Die Bekehrung Afras<br />
Guifré el Pelós<br />
Sant Maurici und die Böse Alte aus Cal<strong>de</strong>s<br />
Der Sohn <strong>de</strong>r Burg<br />
Das Brüllen in Castelló<br />
Die Teufelsbrücke o<strong>de</strong>r Dämonenbrücke<br />
Der Goldochse<br />
Der Teich von Sils<br />
Die Hexen von Llers<br />
Die Braut con Can Biel<br />
Der Brunnen <strong>de</strong>r Verliebten
120<br />
BIBLIOGRAFIE<br />
Alberch, Ramon: El miracle <strong>de</strong> les mosques<br />
i d’altres llegen<strong>de</strong>s. CCG Edicions, 2001.<br />
Ama<strong>de</strong>s, Joan: Costumari català. El curs <strong>de</strong> l’any.<br />
Vol. V. Salvat Editores i Edicions 62, 1982.<br />
Ama<strong>de</strong>s, Joan: Costumari català. El curs <strong>de</strong> l’any.<br />
Vol. IV. Salvat Editores i Edicions 62, 1989.<br />
Calzada Oliveras, Josep: Les campanes<br />
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Costa, Lluís Maroto, Julià: Història <strong>de</strong> <strong>Girona</strong>.<br />
CCG edicions, 1991-2000.<br />
De Riquer, Martí: <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> històriques<br />
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Fàbrega, Albert: <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> ponts,<br />
dòlmens i menhirs a Catalunya. Itineraris.<br />
El Farrell edicions, 2000.<br />
Gibert, Josep, 1946. <strong>Girona</strong>. Petita Història <strong>de</strong> la<br />
ciutat i <strong>de</strong> les seves tradicions i folklore. (Imprès<br />
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Violant Ribera, Ramona: El món màgic <strong>de</strong><br />
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Vivó, Carles: <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> i misteris <strong>de</strong> <strong>Girona</strong>.<br />
Qua<strong>de</strong>rns <strong>de</strong> la Revista <strong>de</strong> <strong>Girona</strong>, 1989.<br />
Erste Auflage:<br />
Herausgegeben von:<br />
Marmorreliefs:<br />
Autorin <strong>de</strong>r Sagen<br />
und Legen<strong>de</strong>n:<br />
Grafik und Layout:<br />
Fotografien:<br />
Landkarten:<br />
Druck:<br />
Pflichtexemplar Nr.:<br />
April 2007<br />
FUNDACIO60<br />
www.fundacio60.org<br />
Gerard Roca Ayats<br />
E-Mail: gerard.roca.ayats@hotmail.com<br />
Nuri Ros Rue<br />
E-Mail: rrnurry@hotmail.com<br />
Estudi Sicília<br />
E-Mail: sicilia@intercomgi.com<br />
Pere Sicília<br />
PTCBG, Antonio Garrido, Francesc Tur,<br />
Kim Castells, J.L. Banús, Pep Iglesias,<br />
Joan Ureña, Ariadna Àlvarez, Jordi Mas,<br />
Josep Padilla, Toni Soriano,<br />
Fundació Gala/Salvador Dalí<br />
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