13.11.2012 Aufrufe

Maquetación 2 - Hotel Llegendes de Girona

Maquetación 2 - Hotel Llegendes de Girona

Maquetación 2 - Hotel Llegendes de Girona

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

42 GEHEIMNISVOLLE GESCHICHTEN<br />

"SAGEN UND LEGENDEN AUS GIRONA"


Zur Erinnerung an Roser Vallmajó<br />

Trayter, Präsi<strong>de</strong>ntin <strong>de</strong>r Fundació60 und<br />

Initiatorin <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>e und dieses kulturellen<br />

und unternehmerischen Projekts, widmen<br />

wir ihr dieses Buch.<br />

Sie verstarb am 28.2.2007 im Alter von<br />

51 Jahren in <strong>Girona</strong>.


Hier beginnt Ihr Besuch<br />

im Magischen <strong>Girona</strong>...


4<br />

Einstein sagte: »Wenn du ein kluges<br />

Kind willst, dann erzähl ihm Geschichten.<br />

Wenn du ein noch klügeres Kind willst,<br />

dann erzähl ihm noch mehr<br />

Geschichten.« Erzählt <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn je<strong>de</strong>n<br />

Tag Sagen, Geschichten und Märchen...


Gerard Roca Ayats, 34 Jahre alt, geboren am 9.12.1972<br />

in Sant Gregori (<strong>Girona</strong>), Maler und Bildhauer, ist <strong>de</strong>r<br />

Künstler <strong>de</strong>r 42 Marmorreliefs über die Sagen <strong>Girona</strong>s, die<br />

in diesem Buch erscheinen und die das Thema <strong>de</strong>s <strong>Hotel</strong>s<br />

<strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong> (Oktober 2007) sein wer<strong>de</strong>n.<br />

Er lebt in Anglès.<br />

gerard.roca.ayats@hotmail.com<br />

Nuri Ros Rue, 31 Jahre alt, geboren am 31.12.1975 in<br />

Palafrugell (<strong>Girona</strong>). Sie ist Journalistin und soziale und<br />

kulturelle Anthropologin an <strong>de</strong>r Universität Barcelona.<br />

Sie widmet sich journalistischen und sozialen Aufgaben.<br />

Zurzeit arbeitet sie für die Stiftung Jaume Bofill am Panel<br />

über die sozialen Ungleichheiten in Katalonien. Sie ist<br />

die Autorin <strong>de</strong>r Texte über Sagen und Legen<strong>de</strong>n aus <strong>Girona</strong>,<br />

die in diesem Buch veröffentlicht wer<strong>de</strong>n. Sie lebt<br />

in <strong>de</strong>r Stadt <strong>Girona</strong>.<br />

rrnurry@hotmail.com<br />

Die Rechte und das geistige Eigentum sowohl <strong>de</strong>r<br />

Marmorreliefs als auch <strong>de</strong>r Texte <strong>de</strong>r 42 Sagen und Legen<strong>de</strong>n<br />

aus <strong>Girona</strong>, die in diesem Buch erscheinen, gehört <strong>de</strong>r<br />

Fundació60, die sie <strong>de</strong>n Bürgern <strong>Girona</strong>s und seinen Besuchern<br />

zur Verfügung stellt.<br />

Dieses Buch wird am 23.4.2007, <strong>de</strong>m Feiertag <strong>de</strong>s Heiligen Georg,<br />

auf Katalanisch, Spanisch, Englisch, Französisch und Deutsch<br />

herausgegeben.<br />

Eine zweite, erweiterte Auflage für das Jahr 2008 mit mehr<br />

Sagen und Legen<strong>de</strong>n aus <strong>Girona</strong>, weiteren Marmorreliefs und<br />

Skulpturen, mit mehr Zauber, Magie und sagenhaften<br />

Geheimnissen ist vorgesehen. Diese erweiterte Auflage wird<br />

auch auf Italienisch, Russisch, Holländisch, Arabisch, Chinesisch<br />

und Japanisch - insgesamt in elf Sprachen - erscheinen.<br />

(E-Mail: info@fundacio60.org / www.fundacio60.org).<br />

5


6<br />

Vorwort zur Ausgabe<br />

THEMENHOTEL ODER MEHRWERT<br />

In <strong>de</strong>r neuen Kultur <strong>de</strong>r Mobilität – und noch mehr im so<br />

genannten Kulturtourismus – umfasst <strong>de</strong>r Aufenthaltsort<br />

immer mehr Werte.<br />

Es gibt keinen Zweifel darüber, dass die Welt <strong>de</strong>r Sagen und<br />

Legen<strong>de</strong>n zu unserem gemeinschaftlichen Gedankengut gehört.<br />

Einen Aufenthalt also mit einem Blick in die Sagenwelt zu verbin<strong>de</strong>n,<br />

liegt auf <strong>de</strong>r Linie dieser zusätzlichen Werte, die wir alle<br />

immer mehr suchen.<br />

Unser Land ist zweifellos ein Land <strong>de</strong>r Traditionen und<br />

Wurzeln, ein Land <strong>de</strong>r Bräuche und <strong>de</strong>r Kontinuität, ein Land<br />

volkstümlicher Handwerker, sowie <strong>de</strong>s Kunstgewerbes, <strong>de</strong>r<br />

Geschichte und I<strong>de</strong>ntität.<br />

Es ist auch ein Land, das von weither kommt und in <strong>de</strong>m die<br />

Sagen- und Legen<strong>de</strong>ntradition ihre Wurzeln in <strong>de</strong>r eigenen<br />

althergebrachten Mythologie hat.<br />

Das Brauchtum und im weiteren Sinne auch die katalanische<br />

Sagen- und Legen<strong>de</strong>nsammlung, Erbe dieser Tradition, sind<br />

beson<strong>de</strong>rs reichhaltig. Ihre Historiographie ist umfassend dokumentiert<br />

und verfügt über be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Namen (Joan Ama<strong>de</strong>s,<br />

Aureli und Maria Aurèlia Capmany,) und, verbun<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>r<br />

Wie<strong>de</strong>rerlangung <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität, über Epochen mit einem starken<br />

Forschungstrieb und Verbreitungswillen.<br />

Dieser Reichtum unserer Sagen- und Legen<strong>de</strong>nsammlung zeigt<br />

sich intensiv in unseren Landkreisen, beson<strong>de</strong>rs aber in <strong>de</strong>r Stadt<br />

<strong>Girona</strong>, wo sie sich natürlich speziell auf die Altstadt konzentriert.<br />

Unter <strong>de</strong>n vielen Sagen und Legen<strong>de</strong>n dieser Sammlung gibt es<br />

religiöse, weltliche, kultische und historische Geschichten und<br />

Geschichten volkstümlicher Herkunft; im Ganzen ein Spektrum,<br />

das vielfältig, attraktiv und be<strong>de</strong>utend genug für ein traumhaftes<br />

<strong>Hotel</strong>abenteuer ist.<br />

Das für <strong>de</strong>n <strong>Hotel</strong>betrieb ausgewählte Gebäu<strong>de</strong> ist zweifellos von<br />

großer Be<strong>de</strong>utung für diese Welt zwischen Phantasie und<br />

Tradition, vor allem für einen <strong>de</strong>r Angelpunkte in <strong>de</strong>r Sagen- und<br />

Legen<strong>de</strong>nwelt <strong>Girona</strong>s, nämlich die Gestalt <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus.<br />

Zwei <strong>de</strong>r hier erzählten Sagen o<strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong>n könnten, in einer<br />

ihrer Fassungen, durchaus in diesem Gebäu<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r in seiner<br />

Umgebung entstan<strong>de</strong>n sein.<br />

Das Gebäu<strong>de</strong> entsprach in seiner Gestaltung einem Mietshaus mit<br />

mehreren Wohnungen, die sehr verän<strong>de</strong>rt wor<strong>de</strong>n sind, aber noch<br />

einige restaurierbare Elemente enthalten.<br />

Wichtig war auch die Erhaltung von kraftvollen Elementen an<br />

<strong>de</strong>n Fassa<strong>de</strong>n, beson<strong>de</strong>rs an <strong>de</strong>r zum Carrer Portal <strong>de</strong> la Barca,<br />

die bei späteren Umbauarbeiten entstand, wobei große<br />

Fenster und bessere Balkone eingebaut wur<strong>de</strong>n, um das<br />

Gebäu<strong>de</strong> zu verschönern.<br />

Der Arbeitsprozess enthüllt uns die Präsenz neuer Elemente, die<br />

Licht in die Vergangenheit <strong>de</strong>s Gebäu<strong>de</strong>s und die Historiographie<br />

<strong>de</strong>s Viertels bringen können.<br />

Das Thema <strong>de</strong>r Sagen- und Legen<strong>de</strong>nwelt führt neben <strong>de</strong>n formellen<br />

Definitionen im Kern einen recht interessanten<br />

Handlungsablauf ein.<br />

Der Planung <strong>de</strong>s Projektes versuchte dieses Unterscheidungsmerkmal<br />

einzuschließen, das weit über eine Bezugnahme hinausgeht,<br />

um im eigenen Zutun ein Unterscheidungsfakt zu wer<strong>de</strong>n.<br />

Dass die Beson<strong>de</strong>rheit dieses <strong>Hotel</strong>services mit <strong>de</strong>r volkstümlichen<br />

Weisheit zu tun hat, ist ein weiteres Argument für dieses Projekt<br />

Die Informationen, die über die Altstadt <strong>Girona</strong>s vorliegen, sind<br />

umfangreich und fundiert, und je<strong>de</strong>r kann die Geschichte dieser<br />

Stadt ab <strong>de</strong>r ersten, spätrömischen Stadtmauer mit ihrem unregelmäßigen,<br />

fast dreieckigen Verlauf, <strong>de</strong>r erst im späten 9.<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rt mit <strong>de</strong>r Errichtung <strong>de</strong>r Burg von Gironella und <strong>de</strong>r<br />

Erweiterung nach Galligans verän<strong>de</strong>rt wird, nachlesen.<br />

Das 11. Jahrhun<strong>de</strong>rt ist von einer großen Bauaktivität geprägt,<br />

sowohl im Stadtkern als auch in <strong>de</strong>r Umgebung (Kathedrale und<br />

die Kirchen Sant Pere, Sant Nicolau, Sant Daniel, Sant Martí, Santa<br />

Eulàlia, Santa Susanna usw.) und be<strong>de</strong>utet die Entstehung <strong>de</strong>s<br />

Stadtviertels Sant Feliu.<br />

Aber erst im 14. und 15. Jahrhun<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong> h das große<br />

Wachstum <strong>de</strong>r Stadt die Bebauung zur Ebene hin verstärkt.<br />

Daraus ergab sich, dass gegen Mitte <strong>de</strong>s Jahrhun<strong>de</strong>rts mit <strong>de</strong>m<br />

Bau einer neuen - <strong>de</strong>r jetzigen - Stadtmauer begonnen wur<strong>de</strong>, die<br />

eine viel größere Fläche sichern konnte. Zur selben Zeit wur<strong>de</strong> die<br />

neue Stadtmauer von Mercadal geplant; das Vorhaben wur<strong>de</strong><br />

aber erst im 15. Jahrhun<strong>de</strong>rt umgesetzt.<br />

Im Inneren dieses Gelän<strong>de</strong>s liegt diese überwältigen<strong>de</strong> Vielfalt an<br />

Bauwerken, Gebäu<strong>de</strong>n, Geschichten und Mauern, die so viele


Besucher anziehen und für die die Stadt sich einsetzt, damit sie<br />

zu einem lebenswerten Zentrum und nicht zu einem touristischen<br />

Themenpark wer<strong>de</strong>n.<br />

Es gibt keinen Zweifel darüber, dass <strong>de</strong>r historische Kern <strong>de</strong>r<br />

Stadt <strong>Girona</strong>, <strong>de</strong>r, wie Joaquim Nadal wie<strong>de</strong>rholt sehr gut beschrieben<br />

hat, bis En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r sechziger Jahre ein Zentrum sprühen<strong>de</strong>n<br />

Lebens und <strong>de</strong>r Dynamik war, später einen grundlegen<strong>de</strong>n<br />

Umwandlungs- und Erneuerungsprozess über sich<br />

ergehen lassen musste, nach<strong>de</strong>m die Innenstadt durch das<br />

übermäßige, ja chaotische Wachstum nach <strong>de</strong>m ehrgeizigen<br />

Generalplan von 1970 - ein “Groß- Gerona” genanntes Projekt<br />

- an Vitalität verloren hatte.<br />

Der spezielle Renovierungsplan hat es nun ermöglicht, diese<br />

unbedingt erfor<strong>de</strong>rliche Renaissance in Angriff zu nehmen, die<br />

auf eine Situation hinarbeitet, in <strong>de</strong>r die Bautätigkeit und die<br />

nötige Kulturisierung – und auch <strong>de</strong>r Tourismus – mit einem<br />

lebendigen und lebenswerten Stadtviertel vereinbar sein sollen.<br />

Das war das Projekt <strong>de</strong>s <strong>de</strong>mokratischen <strong>Girona</strong> und trotz <strong>de</strong>r<br />

vielen Schwierigkeiten hat <strong>de</strong>r lange Weg wichtige Lichtblicke<br />

gebracht. Das ist auf eine Weise auch das Projekt dieses<br />

<strong>Hotel</strong>betriebes.<br />

Der Standort <strong>de</strong>s <strong>Hotel</strong>s in Pou Rodó, an einem Ort <strong>de</strong>r<br />

Traditionen in <strong>de</strong>r Altstadt <strong>Girona</strong>s, die sich nicht nur zum<br />

Mittelpunkt <strong>de</strong>s Stadtlebens, son<strong>de</strong>rn zu einem wahren, neuen<br />

Dynamisierungspol <strong>de</strong>s historischen Kerns entwickelte, macht es<br />

zu einer Art Tor, zu einem Eingangsbereich und zu einer<br />

Empfangsstelle. Und was gibt es Schöneres, als dass Hoffnungen<br />

und Phantasien, die die Sagen- und Legen<strong>de</strong>nwelt immer begleiten,<br />

die Gastgeber dieses Empfangs sind?<br />

Das <strong>Hotel</strong> ist Ausgangspunkt für einen Rundgang in eine Welt<br />

<strong>de</strong>r Erlebnisse.<br />

Städte sind viel mehr als Steine, Plätze, Umgebungen und<br />

Bauwerke. Städte sind die Hinterlassenschaften <strong>de</strong>s Lebens<br />

ihrer Bewohner, sie sind durchtränkt von ihren Erlebnissen, von<br />

ihrer Geschichte und von <strong>de</strong>r Summe <strong>de</strong>r Tausen<strong>de</strong>n von<br />

Hoffnungen und Anstrengungen, und sie sind zu<strong>de</strong>m Orte, an<br />

<strong>de</strong>nen Erfun<strong>de</strong>nes und Tradition bewahrt wer<strong>de</strong>n, die die Zeit<br />

uns auf viele Weisen übermittelten, unter an<strong>de</strong>rem in Form von<br />

Legen<strong>de</strong>n und Sagen, die seit Beginn aller Zeiten in allen<br />

Kulturen vorhan<strong>de</strong>n sind.<br />

Die Gegend von <strong>Girona</strong> und ganz beson<strong>de</strong>rs seine Altstadt, sind<br />

Orte mit einem außergewöhnlichen Reichtum auf diesem Gebiet.<br />

Wenn wir uns darauf einstellen, in diese magische Welt <strong>de</strong>r<br />

Fabelei, die im volkstümlichen Gedankengut verwurzelt ist, einzutreten<br />

und sie zu erleben, öffnet sich da eine Fülle recht attraktiver<br />

Möglichkeiten.<br />

Ein Aufenthalt in einem <strong>Hotel</strong> ist wie eine gewisse Auszeit vom<br />

Alltag, wie ein kleines Geschenk in unserem hektischen Leben<br />

und ist einer dieser Glücksmomente, die wir uns hin und wie<strong>de</strong>r<br />

gönnen müssen. Das alles sind Konzepte, die uns überhaupt<br />

nicht von diesem Gebiet, das näher am Geist als an <strong>de</strong>r Materie<br />

liegt, entfernen.<br />

Die historische Stadt hat viele Winkel, viele Rundgänge und viele<br />

Aspekte, die es zu ent<strong>de</strong>cken gilt.<br />

Man kann einen Besuch o<strong>de</strong>r einen Rundgang planen, <strong>de</strong>r sich<br />

mit <strong>de</strong>m baulichen Reichtum befasst und in <strong>de</strong>m es sehr viele<br />

interessante und hochwertige Ikonen zu erkun<strong>de</strong>n gibt. Man kann<br />

sich aber auch mit <strong>de</strong>r Geschichte, vom römischen Territorium bis<br />

zu <strong>de</strong>n Stadtmauern von Mercadal, beschäftigen o<strong>de</strong>r Rundgänge<br />

wählen, die sich auf Plätze mit Eigentümlichkeiten konzentrieren.<br />

Des Weiteren kann das Augenmerk auf Geschäfte,<br />

Gastronomie, Kultur o<strong>de</strong>r die neuen städtischen und architektonischen<br />

Errungenschaften gerichtet wer<strong>de</strong>n.<br />

Auch die Sagen und Legen<strong>de</strong>n gehören dazu, wenn man diese<br />

Orte ent<strong>de</strong>cken und kennenlernen möchte; es ist dies eine an<strong>de</strong>re,<br />

aufregen<strong>de</strong> Art und Weise <strong>de</strong>s Kennenlernens.<br />

Josep Riera Micaló<br />

Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Architektenkammer von Katalonien<br />

für <strong>de</strong>n Bezirk <strong>Girona</strong><br />

7


GIRONA: EINE KLEINE, RUHIGE,<br />

MODERNE UND ÜBERSCHAUBARE STADT<br />

<strong>Girona</strong> ist ein schöner Ort, an <strong>de</strong>m Geschichte aus allen<br />

Winkeln zutage tritt, und <strong>Girona</strong> steht seinen Bewohnern<br />

und <strong>de</strong>njenigen, die we<strong>de</strong>r seine Vergangenheit noch die<br />

Möglichkeiten <strong>de</strong>r neuen Zeit ablehnen, zur Verfügung.<br />

Es ist eine kleine, ruhige, mo<strong>de</strong>rne und überschaubare<br />

Stadt, in <strong>de</strong>r mit einem einfachen Spaziergang die<br />

unterschiedlichsten Interessen verfolgt wer<strong>de</strong>n können,<br />

mit einem außergewöhnlichen architektonischen<br />

Kulturgut und einer Geschichte von mehr als zweitausend<br />

Jahren. Seine Vielfalt an Sagen und Legen<strong>de</strong>n ist eine<br />

großartige und vielseitige Hilfe, sich von einer<br />

phantastischen, phantasievollen und unterhaltsamen<br />

Perspektive aus mit <strong>de</strong>r Geschichte zu verbin<strong>de</strong>n, ein<br />

Vermächtnis, das sich im Laufe <strong>de</strong>r Zeit zu einer<br />

touristischen Ressource <strong>de</strong>r Altstadt, und im weiteren<br />

Sinne, <strong>de</strong>r Stadt entwickelt hat.<br />

Wir la<strong>de</strong>n Sie ein, <strong>Girona</strong> über seine Sagen und Legen<strong>de</strong>n<br />

zu erleben. <strong>Girona</strong> hat viele davon: Die Hexe <strong>de</strong>r<br />

Kathedrale, <strong>de</strong>r Hintern <strong>de</strong>r Löwin, die Fliegen <strong>de</strong>s Heiligen<br />

Narzissus o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Krokoling sind einige <strong>de</strong>r bekanntesten<br />

Sagen und Legen<strong>de</strong>n und ein Kulturgut, das für die<br />

I<strong>de</strong>ntität und Geschichte unserer Stadt repräsentativ ist.<br />

Wir beglückwünschen das <strong>Hotel</strong> <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong><br />

dafür, dass es das touristische Angebot <strong>de</strong>r Stadt aus<br />

einem innovativen und differenzierten Blickwinkel, <strong>de</strong>m<br />

<strong>de</strong>r volkstümlichen Traditionen und Chroniken, ergänzt.<br />

Anna Pagans Gruartmoner<br />

Bürgermeisterin von <strong>Girona</strong><br />

9


10<br />

DIE GESCHICHTE DER STADT GIRONA<br />

SPIEGELT SICH IN IHREN SAGEN WIDER<br />

Eine Sage ist eine mündliche o<strong>de</strong>r schriftliche Erzählung über<br />

eine mehr o<strong>de</strong>r weniger historische Begebenheit, in <strong>de</strong>r<br />

Raum und Figuren gut beschrieben sind und in <strong>de</strong>r es um<br />

unwahre, phantastische Ereignisse geht. Sagen sind<br />

Erzählungen, die wahr erscheinen, in <strong>de</strong>nen jedoch<br />

geschichtliche und tatsächliche Begebenheiten und<br />

sagenhafte o<strong>de</strong>r falsche, <strong>de</strong>nnoch mögliche Ereignisse<br />

ineinan<strong>de</strong>r greifen.<br />

Je<strong>de</strong> Menschengruppe hat ihren eigenen Sagenbestand<br />

geschaffen und erzählt und erinnert an tatsächliche<br />

Begebenheiten, die für wichtig erachtet wer<strong>de</strong>n, nicht von<br />

einem neutralen, son<strong>de</strong>rn vom eigenen Standpunkt aus. Die<br />

Gruppe <strong>de</strong>finiert sich selbst als gut, wahrhaftig und mutig<br />

und ist regelmäßig von an<strong>de</strong>ren Gruppen, die die Barbaren<br />

sind, angegriffen wor<strong>de</strong>n, doch sie war immer <strong>de</strong>r<br />

hel<strong>de</strong>nhafte Sieger. In diesem Sinne erhalten wir durch die<br />

Sagen Informationen über die geschichtliche Vergangenheit<br />

einer Gemeinschaft, vor allem aber darüber, wie diese<br />

Gemeinschaft ihre Vergangenheit erlebt und interpretiert hat.<br />

Die Geschichte <strong>de</strong>r Stadt <strong>Girona</strong> spiegelt sich in ihren Sagen<br />

wi<strong>de</strong>r. Die bewegte Vergangenheit <strong>Girona</strong>s durch seine<br />

strategische geographische Lage, das Eingangsportal diverser<br />

Kulturen, die Jahre <strong>de</strong>r schlechten Ernten, <strong>de</strong>r Hungersnöte<br />

und <strong>de</strong>r Epi<strong>de</strong>mien, <strong>de</strong>r hel<strong>de</strong>nhafte Wi<strong>de</strong>rstand gegen<br />

Belagerungen, die Verehrung <strong>de</strong>r Heiligen <strong>de</strong>r Stadt…<br />

diese ganzen Geschehnisse haben die einzelnen Sagen<br />

<strong>Girona</strong>s geprägt.<br />

Die Handlung <strong>de</strong>s Erzählens einer Sage ist an sich ein Ritual,<br />

in <strong>de</strong>m angestrebt wird, dass sich die Zuhörer <strong>de</strong>r Sage mit<br />

<strong>de</strong>r zugehörigen Gruppe und <strong>de</strong>ren hel<strong>de</strong>nhafter und<br />

siegreicher gemeinsamer Vergangenheit i<strong>de</strong>ntifizieren. Die<br />

Sagen geben nicht nur ein Zusammengehörigkeitsgefühl,<br />

son<strong>de</strong>rn ver<strong>de</strong>utlichen <strong>de</strong>n Charakter einer Gemeinschaft<br />

und verbreiten <strong>de</strong>ren Werte, Überzeugungen und<br />

Verhaltensregeln sowie die Strafen, die bei Nichtbeachten<br />

dieser Verhaltensregeln eingesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Neben <strong>de</strong>m ästhetischen, verbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n und sozialisieren<strong>de</strong>n<br />

Aspekt dienten die Sagen auch dazu, die Teile losen Wissens<br />

über je<strong>de</strong> Epoche zusammenzufügen, um Ursache und<br />

Herkunft bisher unbekannter, gefürchteter o<strong>de</strong>r<br />

unerklärlicher Phänomene zu erkennen und zu erläutern,<br />

wie Quellen, Seen, Brücken, seltsame Geräusche usw.<br />

Sagen leben, sie sind nicht statisch. Bei ihrer Verbreitung<br />

entwickeln sie sich weiter, passen sich <strong>de</strong>r neuen Zeit o<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r Phantasie eines je<strong>de</strong>n Erzählers an. Deshalb fin<strong>de</strong>n wir<br />

von einer einzigen Sage unterschiedliche Versionen. Einige<br />

von ihnen wur<strong>de</strong>n von an<strong>de</strong>ren Kulturen ausgeliehen und<br />

<strong>de</strong>n kulturellen Eigenarten <strong>de</strong>r Gruppe angepasst. Die Sage<br />

bezeichnet ursprünglich die volkstümliche Verfassung von<br />

Geschichten, die mündlich überliefert wur<strong>de</strong>n, doch es gibt<br />

auch gelehrte Sagen, die sich mit <strong>de</strong>r Zeit zu volkstümlichen<br />

Sagen entwickelten.<br />

Die heutige Gesellschaft mit ihren wissenschaftlichen<br />

Kenntnissen und <strong>de</strong>n neuen Informationstechnologien hat<br />

<strong>de</strong>n Entehungsprozess <strong>de</strong>r Sagen nicht aufhalten können,<br />

son<strong>de</strong>rn die Sagen haben sich <strong>de</strong>m neuen Umfeld angepasst<br />

und nutzen das Internet, um sich zu verbreiten. Mo<strong>de</strong>rnen<br />

Sagen über Prominente, Han<strong>de</strong>lsmarken und gruselige<br />

Geschichten tauchen auf, und oftmals han<strong>de</strong>lt es sich dabei<br />

um die gleichen zentralen Themen wie bei <strong>de</strong>n alten Sagen,<br />

nur dass sie mo<strong>de</strong>rnisiert und <strong>de</strong>m gegenwärtigen Umfeld<br />

angepasst sind.<br />

Nuri Ros Rue<br />

Journalistin und Anthropologin


Inhaltsverzeichnis<br />

Nr. Sage / Legen<strong>de</strong> Seite Nr. Sage / Legen<strong>de</strong> Seite<br />

Vorwort zur Ausgabe<br />

Meinung Bürgermeisterin von <strong>Girona</strong><br />

Einleitung<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1. Der See von Banyoles<br />

2. Geryon, <strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong>r <strong>Girona</strong>s<br />

3. Die Bekehrung Afras*<br />

4. Die Haushälterin von Sant Narcís*<br />

5. Die Fußspur <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus*<br />

6. Die Katakomben*<br />

7. Karl <strong>de</strong>r Große<br />

8. Guifré el Pelós<br />

9. Der Drache unter <strong>de</strong>r Kirche<br />

10. Sant Maurici und die Böse Alte aus Cal<strong>de</strong>s<br />

11. Gräfin Ermessenda von Carcassonne<br />

12. Der Strohkopf-Falke<br />

13. Der Hintern <strong>de</strong>r Löwin<br />

14. Straße <strong>de</strong>s Wolfes<br />

15. Die Meerjungfrau von Galligans<br />

16. Der Sohn <strong>de</strong>r Burg<br />

17. Die Ju<strong>de</strong>n in <strong>Girona</strong><br />

18. Die Fliegen <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus*<br />

19. Das Brüllen in Castelló<br />

20. Die Äpfel*<br />

21. Der Heilige Felix und <strong>de</strong>r Dieb in <strong>de</strong>r<br />

Stiftskirche*<br />

6<br />

9<br />

10<br />

11<br />

12<br />

14<br />

16<br />

18<br />

20<br />

22<br />

24<br />

26<br />

28<br />

30<br />

32<br />

34<br />

36<br />

38<br />

40<br />

42<br />

44<br />

46<br />

48<br />

50<br />

52<br />

22. Der Tarlà<br />

23. Die Hexe <strong>de</strong>r Kathedrale<br />

24. Die Teufelsbrücke o<strong>de</strong>r Dämonenbrücke<br />

25. Der Vampir <strong>de</strong>r Rambla<br />

26. Der Goldochse<br />

27. Das Schwein <strong>de</strong>s Heiligen Anton<br />

28. Leben und Wun<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Heiligen Felix*<br />

29. Die Glocke Beneta<br />

30. Der Heilige Narzissus und <strong>de</strong>r französische<br />

Giftmör<strong>de</strong>r*<br />

31. Die Quelle <strong>de</strong>s Pericot<br />

32. Der Wun<strong>de</strong>rstoff*<br />

33. Das Öl aus <strong>de</strong>r Lampe*<br />

34. Der Teich von Sils<br />

35. Die Hexen von Llers<br />

36. Die Lichter*<br />

37. Der Wun<strong>de</strong>rstein*<br />

38. Die Braut von Can Biel<br />

39. Die Symbolik <strong>de</strong>r Heiligen Catalina<br />

40. Der Brunnen <strong>de</strong>r Verliebten<br />

41. Der Bäcker aus Mercadal*<br />

42. Der Krokoling<br />

Meinungen zum Projekt<br />

Fundació60<br />

Stadtplan von <strong>Girona</strong><br />

Landkarte <strong>de</strong>r Landkreise <strong>Girona</strong>s<br />

Bibliografie<br />

(*)14 Legen<strong>de</strong>n zum Heiligen Narzissus<br />

20 Sagen zu <strong>de</strong>r Stadt <strong>Girona</strong> und Umgebung<br />

8 Sagen zu <strong>de</strong>n Landkreisen <strong>Girona</strong>s<br />

54<br />

56<br />

58<br />

60<br />

62<br />

64<br />

66<br />

68<br />

70<br />

72<br />

74<br />

76<br />

78<br />

80<br />

82<br />

84<br />

86<br />

88<br />

90<br />

92<br />

94<br />

96<br />

112<br />

116<br />

118<br />

120<br />

11


12<br />

1<br />

Der See von Banyoles<br />

Der See von Banyoles stellt eine seltsam<br />

geformte Acht dar. Von Nor<strong>de</strong>n nach<br />

Sü<strong>de</strong>n hat er eine Länge von 2.080 Metern<br />

und von Osten nach Westen eine Breite<br />

von 730 Metern. Die maximale Tiefe<br />

beträgt etwa 60 Meter. Der See von<br />

Banyoles wird durch die unterirdischen<br />

Wasserläufe <strong>de</strong>s Flusses Llierca und <strong>de</strong>s<br />

Baches Borró gespeist. Die Entstehung <strong>de</strong>s<br />

Sees begann im Quartär vor 250.000<br />

Jahren. In so vielen Lebensjahren hat <strong>de</strong>r<br />

See allerhand in seinen Wassern zu sehen<br />

bekommen, wie etwa kin<strong>de</strong>rfressen<strong>de</strong><br />

Drachen, Wasserfeen und sogar<br />

Olympische Spiele.<br />

Vor 250.000 Jahren - Banyoles (<strong>Girona</strong>).


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Das ist die Sage von einem Bauern namens Morgat,<br />

<strong>de</strong>r Zeuge war, wie <strong>de</strong>r See von Banyoles entstand.<br />

Vor Tausen<strong>de</strong>n von Jahren, da, wo heute die Kirche<br />

Santa Maria von Porqueres steht, gab es eine<br />

fruchtbare Ebene mit Getrei<strong>de</strong>fel<strong>de</strong>rn, die bis zur<br />

Ortschaft Banyoles reichte. An jenem Tag ging<br />

Morgat wie gewohnt mit seinen Ochsen das Feld<br />

pflügen. Nach einer Weile hörte Morgat eine<br />

Stimme, die sagte: «Morgat, Morgat, nimm <strong>de</strong>n<br />

Pflug und geh unters Dach.» Unser Bauer war ganz<br />

verblüfft. Wie seltsam! Diese Stimme, so klar zu<br />

hören... woher kam sie? Das hat er sich doch nicht<br />

etwa eingebil<strong>de</strong>t? Morgat schaute nach rechts und<br />

dann nach links, doch er konnte keine Menschenseele<br />

sehen. Er dachte sich, dass sein Frühstück schon<br />

eine Weile zurück läge, und vielleicht wollte <strong>de</strong>r<br />

Hunger ihm einen bösen Streich spielen. So kehrte<br />

er zu seiner Arbeit zurück. Die Ochsen hatten noch<br />

keine zwei Schritte getan, als die Stimme erneut zu<br />

hören war, und wie<strong>de</strong>rholte: «Morgat, Morgat,<br />

nimm die Ochsen und geh nach Hause.» Der arme<br />

Morgat war ganz verwirrt. Wenn es nicht die<br />

Ochsen waren, die zu ihm gesprochen hatten,<br />

konnte er sich nicht vorstellen, woher diese Stimme<br />

kommen sollte. Er kehrte zu seiner Arbeit zurück,<br />

<strong>de</strong>nn er dachte bei sich, dass es besser wäre, schnell<br />

fertig zu wer<strong>de</strong>n, um so früh wie möglich nach<br />

Hause gehen zu können. Doch die Stimme ließ sich<br />

wie<strong>de</strong>r hören, doch dieses Mal <strong>de</strong>utlicher und kräftiger:<br />

«Morgat, Morgat, geh nach Hause o<strong>de</strong>r du<br />

wirst ertrinken.» Dieses Mal hörte Morgat auf die<br />

Stimme, nahm seine Ochsen und ging schnell nach<br />

Hause! Als er <strong>de</strong>n Bauernhof erreichte, hörte er<br />

einen entsetzlichen Lärm, als ob die Er<strong>de</strong> aufspringen<br />

wür<strong>de</strong>. Morgat drehte sich um und sah, wie<br />

aus <strong>de</strong>n Fel<strong>de</strong>rn riesige Wellen hervorstürzten, mit<br />

ihrer Wucht das Land überspülten und dabei<br />

Bäume und Fel<strong>de</strong>r mitrissen. Als sich das Wasser<br />

beruhigte, war da ein See, <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Gegend von<br />

Lió bis Les Estunes und von <strong>de</strong>r Stelle, wo heute die<br />

Kirche von Porqueres steht, bis nach Banyoles<br />

reichte.<br />

Seit jener Zeit ist <strong>de</strong>r See von Banyoles und seine<br />

geheimnisvolle Umgebung Schauplatz für phantastische<br />

Lebewesen, wie <strong>de</strong>n Drachen von<br />

Banyoles o<strong>de</strong>r die Wassernymphen. Die Nymphen<br />

sind Wassernixen, die in Les Estunes, am Fuß <strong>de</strong>r<br />

Serra <strong>de</strong> Sant Patllari, leben. Tagsüber sind sie in<br />

diesen unterirdischen Galerien mit Wän<strong>de</strong>n aus<br />

Gold und E<strong>de</strong>lsteinen, die durch ein feines Sei<strong>de</strong>nnetz<br />

geschützt wer<strong>de</strong>n. Um Mitternacht kommen<br />

diese Wasserfeen hervor, um im Mondlicht ihre feinen<br />

Schleier zu waschen und sich im Wasser <strong>de</strong>s<br />

Sees zu spiegeln. Habt ihr sie noch nie gesehen?<br />

13


14<br />

2<br />

Geryon, <strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong>r <strong>Girona</strong>s<br />

Eine Reihe mythischer Hel<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>m<br />

gesamten Mittelmeerraum kamen ins Land<br />

<strong>Girona</strong>s, um eine Stadt zu grün<strong>de</strong>n, einige<br />

Passagen aus <strong>de</strong>r Odyssee von Homer<br />

aufzuführen und um an einigen<br />

kriegerischen Gefechten teilzunehmen.<br />

Tubal, Geryon, Herakles-Herkules und<br />

Pirene verleihen <strong>de</strong>r Vergangenheit <strong>de</strong>s<br />

Lan<strong>de</strong>s <strong>Girona</strong> ein mythisches und<br />

episches Gepräge.<br />

Jahr 2220 v. Chr. - <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Geryon, Sohn <strong>de</strong>s Chrysaor und <strong>de</strong>r Kallirhoe, wird<br />

als dreiköpfiges Riesenmonster dargestellt. Auf<br />

einer seiner Reisen durchs Mittelmeer erreichte er<br />

über Nordkatalonien, - wo er Cotlliure grün<strong>de</strong>te -,<br />

unsere Gegend und schon im Land <strong>de</strong>r Laietaner,<br />

oben auf einem kleinen Berg, auf <strong>de</strong>r rechten<br />

Uferseite <strong>de</strong>s Flusses namens Onyar grün<strong>de</strong>te Geryon<br />

eine Stadt, die auf <strong>de</strong>n Namen - na, so was! -<br />

Geriona getauft wur<strong>de</strong>. Dieses von Geryon eroberte<br />

Land war allerdings nicht herrenlos, son<strong>de</strong>rn gehörte<br />

zum Königreich Tubals, <strong>de</strong>m König Iberiens.<br />

Geryon kämpfte in einer blutigen Schlacht gegen<br />

Tubal wobei dieser starb und Geryon sich sein Land<br />

aneignete. Die Tochter Tubals, die schöne Pirene,<br />

floh in die Berge <strong>de</strong>s Nor<strong>de</strong>ns. Geryon, <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m<br />

Tod Tubals nicht genug hatte und fürchtete, dass<br />

Pirene, die rechtmäßige Erbin <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s Iberien,<br />

ihm eines Tages <strong>de</strong>n Thron entreißen könnte, ließ<br />

sie im ganzen Königreich suchen. Der dreiköpfige<br />

Riese erfuhr, dass sich Pirene in <strong>de</strong>n Wäl<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s<br />

Nor<strong>de</strong>ns versteckt hatte, und steckte diese in Brand.<br />

Jetzt gab es nieman<strong>de</strong>n mehr, <strong>de</strong>r Geryon auf seinem<br />

Weg zur Macht aufhalten könnte, und er ließ<br />

sich im Sü<strong>de</strong>n von Iberien nie<strong>de</strong>r.<br />

Durch einen Zufall kam Herkules in dieses Land, um<br />

seine zwölf Arbeiten zu verrichten. Der starke Held<br />

traf auf die schöne Pirene. Das Mädchen hatte <strong>de</strong>n<br />

schrecklichen Waldbrand überlebt, doch sie rang<br />

mit <strong>de</strong>m To<strong>de</strong>. Bevor sie starb, hatte sie Zeit, Herkules<br />

zu berichten, dass ihr Vater von Geryon getötet<br />

wor<strong>de</strong>n war, wie dieser das Königsreich an sich<br />

gerissen und das Land, wo sie sich versteckt hielt, in<br />

Brand gesteckt hatte.<br />

Als Herkules die Geschichte erfuhr und zusehen<br />

musste, wie das schöne Mädchen starb, keimte in<br />

ihm <strong>de</strong>r Wunsch, Pirenes Tod zu rächen. Es ergab<br />

sich außer<strong>de</strong>m durch Zufall, dass eine - die zehnte -<br />

<strong>de</strong>r zwölf Arbeiten, die er am Mittelmeer zu verrichten<br />

hatte, darin bestand, die Rin<strong>de</strong>rher<strong>de</strong> Geryons zu<br />

stehlen. Herkules begab sich auf <strong>de</strong>n Weg Richtung<br />

Sü<strong>de</strong>n, und in <strong>de</strong>r Stadt Ga<strong>de</strong>s fand er die Her<strong>de</strong><br />

Geryons, die vom zweiköpfigen Hund Ortre geschützt<br />

wur<strong>de</strong>. Herkules tötete <strong>de</strong>n Hund mit <strong>de</strong>n<br />

zwei Köpfen und nahm die Rin<strong>de</strong>rher<strong>de</strong> Geryons<br />

mit sich. Die zehnte Arbeit hatte Herkules nun erledigt,<br />

doch hatte er noch nicht genug damit: Er<br />

wollte sich persönlich Rache für <strong>de</strong>n Tod <strong>de</strong>r schönen<br />

Pirene rächen. Herkules suchte weiter nach<br />

Geryon. Als er ihn endlich fand, kam es zu einem<br />

gewaltigen Kampf, <strong>de</strong>r die Er<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Königsreichs<br />

zum Zittern brachte. Herkules tötete Geryon mit<br />

einem Schlag seines Schwertes auf je<strong>de</strong>n Kopf.<br />

Nach<strong>de</strong>m Herkules <strong>de</strong>n Tyrannen getötet hatte,<br />

überließ er das Land im Nor<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Söhnen<br />

Geryons. Die Drillinge Geryons vergrößerten <strong>Girona</strong><br />

ab <strong>de</strong>m Turm Gironella in Form eines Dreiecks, als<br />

Genugtuung für die Taten ihres Vaters, und ließen<br />

an je<strong>de</strong>m Scheitelpunkt einen Turm errichten. Und<br />

diese Berge, in <strong>de</strong>nen Pirene gestorben war, wur<strong>de</strong>n<br />

zu ihren Ehren Pyrenäen getauft.<br />

Was das für ein Fülle von Hel<strong>de</strong>ntaten und epischen<br />

Geschehnissen sich doch in <strong>de</strong>r Gegend <strong>Girona</strong>s<br />

ereigneten! Die Geschichte kann die tatsächlichen<br />

Ereignisse aus <strong>de</strong>m Jahre 2220 v.Ch. - 554 Jahre<br />

nach <strong>de</strong>r Sintflut - nicht verleugnen und kann sie<br />

aber auch nicht nachweisen. Dennoch, sollten sie<br />

nicht wahr sein, so passen sie doch sehr gut.<br />

15


16<br />

3<br />

Die Bekehrung Afras<br />

Eins <strong>de</strong>r wenigen Dinge, die wir über <strong>de</strong>n<br />

Heiligen Narzissus wissen, bevor er sich<br />

endgültig in <strong>Girona</strong> nie<strong>de</strong>rließ, ist seine<br />

Reise zusammen mit seinem Helfer, <strong>de</strong>m<br />

Diakon Heiliger Felix, nach Augusta<br />

(Augsburg). Auf dieser Reise traten sie in<br />

das Haus Afras, einer wun<strong>de</strong>rschönen Frau<br />

heidnischer Religion, die nach <strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong><br />

so sehr von <strong>de</strong>r Religion ihrer Gäste<br />

beeindruckt war, dass sie entschied,<br />

sich zum Christentum zu bekehren.<br />

Jahr 304 n. Chr. - Augusta (Augsburg), Deutschland.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Der Heilige Narzissus kam mit seinem Diakon, <strong>de</strong>m<br />

Heiligen Felix, in Augsburg an und bei<strong>de</strong> suchten eine<br />

Unterkunft für jene Nacht. Die göttliche Vorsehung<br />

führte sie bis zu Afras Haus. Afra war Anhängerin <strong>de</strong>r<br />

heidnischen Religion <strong>de</strong>r Venus. Die Herrin lud die<br />

Reisen<strong>de</strong>n ein, die Nacht in ihrem Haus zu verbringen,<br />

und befahl ihren Bediensteten, die Zimmer vorzubereiten.<br />

Als Afra feststellte, dass die Leuchten nicht vorbereitet<br />

waren, ta<strong>de</strong>lte sie ihre Dienstmädchen.<br />

Daraufhin segnete <strong>de</strong>r Heilige Narzissus die Öllampen<br />

mit seiner Hand und ohne einen Tropfen Öl o<strong>de</strong>r Feuer<br />

hineingegeben zu haben, fingen die Lampen von alleine<br />

an zu brennen an und strahlten eine wun<strong>de</strong>rbare<br />

Helligkeit aus. Afra war über dieses Wun<strong>de</strong>r ganz erschrocken<br />

und erkundigte sich bei ihren Gästen nach<br />

<strong>de</strong>ren Religion. Nach einer langen Nacht theologischer<br />

Gespräche mit <strong>de</strong>m Heiligen Narzissus, bereute Afra ihr<br />

früheres Leben und wollte ihre alte Religion aufgeben,<br />

um sich taufen zu lassen. Eine Woche später bekehrten<br />

sich Afra und ihre Dienstmädchen Digna, Eunòmia und<br />

Eutròpia zum Christentum.<br />

Die Nachricht kam Gaius, <strong>de</strong>m Präfekten <strong>de</strong>r Stadt zu<br />

Ohren, und er ordnete an, Afra festzunehmen und sie<br />

zu töten. Der Heilige Narzissus fand im Haus Hilàrias,<br />

<strong>de</strong>r Mutter Afras, Unterschlupf, um seine Missionsaufgabe<br />

fortsetzen zu können. Er grün<strong>de</strong>te die Diözese in<br />

Augsburg und ließ das Haus <strong>de</strong>r Hilària in eine Kathedrale<br />

umbauen. Der erste Bischof war ein Onkel Afras,<br />

Dionís, <strong>de</strong>r sich auch zum Christentum bekehrte.<br />

Afra widmete sich <strong>de</strong>r Aufgabe, das Christentum in <strong>de</strong>r<br />

Stadt zu predigen, während die Ordnungshüter ihr auf<br />

<strong>de</strong>n Fersen waren. Am 7. August 304 wur<strong>de</strong> sie schließlich<br />

festgenommen, als sie eine Gruppe von Anhängern<br />

zum Evangelium bekehrte. Afra wollte nichts<br />

bereuen, noch auf ihre neue Religion verzichten, und<br />

mit großem Mut nahm sie das Martyrium an. Afra<br />

wur<strong>de</strong> lebendigen Leibes an einem Sandufer <strong>de</strong>s<br />

Flusses Lech verbrannt. Der Heilige Narzissus bewun<strong>de</strong>rte<br />

<strong>de</strong>n Mut <strong>de</strong>r Heiligen, kümmerte sich um ihren<br />

Leichnahm und bestattete ihn. Als <strong>de</strong>r Heilige Narzissus<br />

nach <strong>Girona</strong> zurückkehrte, nahm er einen kleinen<br />

Knochen <strong>de</strong>r Heiligen als Reliquie mit.<br />

Die Leute aus <strong>Girona</strong> und <strong>de</strong>n benachbarten Dörfern<br />

waren voller Bewun<strong>de</strong>rung für die Geschichte <strong>de</strong>r<br />

Heiligen Afra, bis sie sich viele Jahre später, im Jahr<br />

1344, dazu entschlossen, ihr zu Ehren ein Sanktuarium<br />

zu errichten in Ginestar, im Gemein<strong>de</strong>bezirk von Sant<br />

Gregori. Das Volksfest <strong>de</strong>r Heiligen Afra fin<strong>de</strong>t am 5.<br />

August statt. Ein Spruch besagt: »Auf <strong>de</strong>m Volksfest <strong>de</strong>r<br />

Heiligen Afra stechen we<strong>de</strong>r die Fliegen noch die<br />

Bienen.«<br />

17


18<br />

4<br />

Die Haushälterin von Sant Narcís<br />

Ich wer<strong>de</strong> Ihnen jetzt eine apokryphische<br />

Legen<strong>de</strong> erzählen, die erst in jüngster Zeit<br />

entstan<strong>de</strong>n ist, die aber, wie die Legen<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s Krokolings schnell in die<br />

Legen<strong>de</strong>nsammlung <strong>Girona</strong>s<br />

aufgenommen wor<strong>de</strong>n ist. Die Legen<strong>de</strong><br />

erzählt von einer Hausherrin, die eine<br />

Klatschtante war, aber ein gutes<br />

Herz hatte. Es heißt, dass sie <strong>de</strong>n Heiligen<br />

Narzissus in ihrem Haus in Pou Rodó<br />

beherbergt hatte.<br />

Verfasser: Josep Tarrés und Carles Vivó<br />

Jahr 304 n. Chr. - Auf <strong>de</strong>r Carrer <strong>de</strong> les Mosques 1 in <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Die Haushälterin von Sant Narcís war eine Großtante<br />

Afras und hatte <strong>de</strong>n Heiligen Narzissus begleitet, als<br />

er sich nach seinem Aufenthalt in Augusta in <strong>Girona</strong><br />

nie<strong>de</strong>rlassen wollte. Diese gute Frau war mehr als<br />

hun<strong>de</strong>rt Jahre alt, doch ihre Gestalt war überraschend<br />

üppig. Sie hatte die weiche Haut <strong>de</strong>r Neugeborenen<br />

und war von einer wür<strong>de</strong>vollen Fülle. Diese<br />

Hausherrin hatte die Tugend eine große Köchin zu<br />

sein und sie hatte köstliche Gerichte wie Ente mit<br />

Birnen, gefüllte Äpfel und die Blutwurst erfun<strong>de</strong>n; sie<br />

kannte außer<strong>de</strong>m Heilkräuter und wusste Zaubertränke<br />

herzustellen. Als sie einmal verärgert war, sorgte<br />

sie dafür, dass alle Kirchen <strong>Girona</strong>s voller Spinnennetze<br />

und seltsam bunten Spinnen waren.<br />

Die Haushälterin aus Sant Narcís war sehr eitel, sie<br />

schmückte sich mit auffallen<strong>de</strong>n Hüten und Klei<strong>de</strong>rn<br />

aus farbenfrohen Stoffen, an <strong>de</strong>ren Säumen Glöckchen<br />

angebracht waren. Sie spazierte durch die<br />

Straßen von <strong>Girona</strong> zusammen mit ihren Bediensteten,<br />

die einen Stuhl für sie mitnahmen, falls sie beim<br />

Gehen mü<strong>de</strong> wür<strong>de</strong>. Diese herzliche Person hatte<br />

jedoch einen Fehler: Sie war eine richtige Klatschtante;<br />

sie ließ sich gerne Tratsch erzählen und erzählte<br />

ihn dann weiter. Eines Tages erzählte sie eine<br />

Klatschgeschichte über Narzissus, die <strong>de</strong>m Heiligen<br />

zu Ohren kamen. Der Heilige Narzissus war sehr<br />

verärgert und nahm ihr ihre Zauberkräfte weg.<br />

Die Haushälterin, die bei allen sehr beliebt gewesen<br />

war, wur<strong>de</strong> nun zum Gespött <strong>de</strong>r Stadt. Man sah sie<br />

geistesabwesend durch die Straßen gehen und sie<br />

zeigte nicht einmal eine Reaktion, wenn die Leute ihr<br />

Essensreste vor die Füße warfen. Eines Tages hatte sie<br />

ein Vision über das Martyrium <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus<br />

und <strong>de</strong>s Heiligen Felix. Kurze Zeit später wur<strong>de</strong> diese<br />

Version Wirklichkeit. Seit<strong>de</strong>m lebte sie ein Leben<br />

voller Reue und verbrachte ihre Zeit damit, die<br />

Armen zu pflegen.<br />

Als die Haushälterin spürte, dass ihre Zeit gekommen<br />

war, zün<strong>de</strong>te sie einen Holzhaufen vor <strong>de</strong>r Kathedrale<br />

von <strong>Girona</strong> an und in einer letzten Geste <strong>de</strong>r Liebe für<br />

die Notlei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n erfand sie die Minzsuppe für die<br />

Armen und Kranken.<br />

Man erzählt sich, dass ihr dicker Körper so leicht wie<br />

<strong>de</strong>r eines Vögelchens war, als man sie beerdigte. Zur<br />

Erinnerung an die reumütige Haushälterin haben die<br />

Leute <strong>Girona</strong>s ihr eine Statue aus Stein aus <strong>Girona</strong><br />

aufgestellt, in <strong>de</strong>r Nähe, wo sie gewohnt hatte, im<br />

Garten vor <strong>de</strong>n Arabischen Bä<strong>de</strong>rn. Diese Statue stellt<br />

die Person <strong>de</strong>r Haushälterin dar, die aufrecht dasteht<br />

mit einem großen Bauch und <strong>de</strong>m Zauberbuch in<br />

<strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n.<br />

19


20<br />

5<br />

Die Fußspur <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus<br />

Man weiß nicht sehr viel über das Leben<br />

<strong>de</strong>s Heiligen Narzissus, bevor er nach<br />

<strong>Girona</strong> kam. Man ist sich auch nicht über<br />

die Herkunft <strong>de</strong>s Heiligen einig.<br />

Die meisten Angaben, die wir über ihn<br />

haben, stammen aus seiner Zeit in <strong>Girona</strong>,<br />

<strong>de</strong>m En<strong>de</strong> seinens Lebens, <strong>de</strong>nn im Jahr<br />

307, drei Jahre nach seiner Ankunft in<br />

<strong>Girona</strong>, starb er <strong>de</strong>n Märtyrertod, während<br />

er eine Messe las. Obwohl <strong>de</strong>r Heilige<br />

Narzissus nur wenige Jahre in dieser Stadt<br />

verbracht hat, hat er im wörtlichen Sinne<br />

seine Spuren hinterlassen.<br />

Jahr 305 n. Chr. - Auf <strong>de</strong>r Carrer <strong>de</strong> les Mosques 1 in <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

In <strong>de</strong>r Geschichte heißt es, dass <strong>de</strong>r Heilige Narzissus<br />

zusammen mit seinem Diakon, <strong>de</strong>m Heiligen Felix,<br />

En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahres 304 unserer Zeitrechnung nach<br />

<strong>Girona</strong> kam; zu Beginn <strong>de</strong>s Jahres 305 machte er<br />

<strong>Girona</strong> zu seinem Bischofssitz. Nach <strong>de</strong>r volkstümlichen<br />

Erinnerung ließ sich <strong>de</strong>r Heilige Bischof in<br />

einem Haus <strong>de</strong>r Straße Sant Narcís, heute Carrer <strong>de</strong>l<br />

Pou Rodó, und im Carrer <strong>de</strong> les Mosques nie<strong>de</strong>r. In<br />

jener Zeit gewann das Christentum immer mehr<br />

Anhänger, wodurch sich die römischen Herrscher<br />

bedroht fühlten. Kaiser Diokletian ordnete die letzte<br />

große Verfolgung gegen die Christen an, in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

Heilige Narzissus und sein Diakon, <strong>de</strong>r Heilige Felix,<br />

<strong>de</strong>n Märtyrertod sterben sollten.<br />

Durch diese tatsächlichen Ereignisse entstand die<br />

Legen<strong>de</strong>: In einer dieser Verfolgungen hatte <strong>de</strong>r<br />

Heilige Narzissus eine Eingebung, um seine Verfolger<br />

irrezuführen, die eines je<strong>de</strong>n Geheimagenten würdig<br />

gewesen wäre. Narzissus flüchtete aus <strong>de</strong>m Haus in<br />

Pou Rodó durch ein Fenster. Er hatte jedoch die I<strong>de</strong>e,<br />

eine Fußspur in die entgegengesetzte Richtung zu<br />

hinterlassen, als ob er ins Haus gelaufen und nicht<br />

an<strong>de</strong>rsherum herausgelaufen wäre.<br />

Als seine Verfolger das Haus erreichten, ent<strong>de</strong>ckten<br />

sie die Fußspur. Da sie dachten, <strong>de</strong>r Heilige hielte sich<br />

im Haus versteckt, suchten sie ihn immer wie<strong>de</strong>r in<br />

allen Winkeln <strong>de</strong>s Hauses. Der Heilige Narzissus<br />

konnte dadurch Zeit gewinnen, um sich weit entfernt<br />

zu verstecken. Seit jener Zeit gibt es die Fußspur<br />

auf <strong>de</strong>m Fensterbrett <strong>de</strong>s Hauses Nummer 5 in<br />

<strong>de</strong>r Carrer <strong>de</strong>l Pou Rodó, im Zentrum <strong>de</strong>r Mythologie<br />

<strong>Girona</strong>s, wie es Joan Ama<strong>de</strong>s 1952 in seinem Costumari<br />

Català ausdrückt.<br />

Seit jeher ist Kult um nicht irdische Fußspuren<br />

betrieben wor<strong>de</strong>n und kann in diversen Kulturen in<br />

<strong>de</strong>r ganzen Welt beobachtet wer<strong>de</strong>n, die diese Spuren<br />

unterschiedlich interpretieren: Als Spuren christlicher<br />

Heiliger o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Teufels, Budas, Adams usw.<br />

Für die alten Griechen und Römer waren die Spuren<br />

von Bacus und Herakles Kultobjekte, und es ist möglich,<br />

dass die ersten Christen diesen Glauben in die<br />

neue Religion übernommen haben. In <strong>de</strong>r Nähe von<br />

<strong>Girona</strong> gibt es noch an<strong>de</strong>re Beispiele solcher Spuren:<br />

In <strong>de</strong>n Gavarres und Guilleries fin<strong>de</strong>n sich die Fußspuren<br />

<strong>de</strong>s Heiligen Martin und seines Pfer<strong>de</strong>s, und<br />

im übrigen Katalonien, auf Mallorca und in Valencia<br />

wer<strong>de</strong>n diese als Spuren <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s <strong>de</strong>s Königs<br />

Jaume I. <strong>de</strong>s Eroberers angesehen.<br />

21


22<br />

6<br />

Die Katakomben<br />

Die Bezeichnung Katakombe stammt aus<br />

<strong>de</strong>m Griechischen ‘katá’, unten, und<br />

‘kymbé’, Ausgrabung, und bezieht sich auf<br />

unterirdische Anlagen, in <strong>de</strong>nen sich die<br />

ersten Christen versammelten, um zu<br />

beten, ihre Toten zu beerdigen und um ihre<br />

Märtyrer zu ehren. In <strong>de</strong>r Zeit, als das<br />

Christentum noch verfolgt wur<strong>de</strong>,<br />

mussten sich die Christen in unterirdische<br />

Orte ihrer Städte flüchten, um ihre<br />

Religion ausüben zu können<br />

Anfangs <strong>de</strong>s 4. Jahrhun<strong>de</strong>rts unseres Zeitalters, während <strong>de</strong>r letzten<br />

großen Christenverfolgung.<br />

In <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>r Kirche Sant Feliu und in <strong>de</strong>r Straße<br />

Carrer <strong>de</strong>l Pou Rodó, <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Die Stadt <strong>Girona</strong> erlitt, wie alle Städte <strong>de</strong>s<br />

Römischen Reiches, die Verfolgung <strong>de</strong>s Christentums.<br />

Deshalb mussten sich die ersten Christen<br />

heimlich in <strong>de</strong>n Katakomben versammeln. Doch<br />

gibt es in <strong>Girona</strong> keine Überreste dieser Katakomben<br />

wie in an<strong>de</strong>ren Städten. Es gibt jedoch Dokumente,<br />

in <strong>de</strong>nen die Katakomben in Sant Feliu<br />

erwähnt wer<strong>de</strong>n. Der Diakon <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus,<br />

<strong>de</strong>r Heilige Felix, wur<strong>de</strong> in diesen Katakomben<br />

beerdigt und viele Jahre lang ruhte er dort, von <strong>de</strong>n<br />

Leuten <strong>Girona</strong>s vergessen. Nach einigen Jahrhun<strong>de</strong>rten<br />

strömte ein süßer Geruch <strong>de</strong>r Heiligkeit aus<br />

seinem Grab, <strong>de</strong>r die Stadt über seine Anwesenheit<br />

unterrichtete. Die Leute <strong>Girona</strong>s gruben ihn wie<strong>de</strong>r<br />

aus und brachten ihn zum Hochaltar <strong>de</strong>r Kirche, die<br />

seit<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Verehrung dieses Heiligen gewidmet ist.<br />

Man glaubt, dass es in <strong>de</strong>r Carrer <strong>de</strong> les Mosques,<br />

Hausnummer 5, wo <strong>de</strong>r Heilige Narzissus lebte, und<br />

ganz in <strong>de</strong>r Nähe, wo er mit seinem Diakon <strong>de</strong>n<br />

Märtyrertod starb, einen Eingang zu <strong>de</strong>n Katakomben<br />

gab, und nach <strong>de</strong>m Buch <strong>Girona</strong> vella von<br />

Jaume Marquès i Casanovas könnten Gänge bis<br />

zum Brunnen im Kreuzgang <strong>de</strong>r Kathedrale o<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r Kirche Sant Feliu geführt haben. Neben diesen<br />

Katakomben <strong>de</strong>s Heiligen Felix könnten sich im<br />

Bo<strong>de</strong>n <strong>Girona</strong>s auch die mythische Krypta <strong>de</strong>r ursprünglichen<br />

romanischen Kathedrale befin<strong>de</strong>n, die<br />

nie gefun<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n ist.<br />

Die Katakomben gehören, wie auch die unterirdischen<br />

Gänge, von <strong>de</strong>nen man weiß, dass sie die<br />

ganze Altstadt durchzogen und außerhalb <strong>de</strong>r<br />

Stadtmauern en<strong>de</strong>ten, zu <strong>de</strong>n Legen<strong>de</strong>n über <strong>de</strong>n<br />

Untergrund <strong>de</strong>r Stadt, wie beispielsweise <strong>de</strong>r<br />

bekannte Tunnel <strong>de</strong>r Carbonera, <strong>de</strong>r das Kunstmuseum<br />

<strong>de</strong>r Stadt mit <strong>de</strong>r Carrer <strong>de</strong> les Ballesteries,<br />

an <strong>de</strong>r Ecke Pujada <strong>de</strong> Sant Feliu, verbin<strong>de</strong>t. Einige<br />

dieser Gänge hatten militärische Zwecke und verban<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>n Turm Gironella mit <strong>de</strong>m Flussbett <strong>de</strong>s<br />

Galligans und <strong>de</strong>r Burg Montjuïc. An<strong>de</strong>re Gänge<br />

wie<strong>de</strong>rum verban<strong>de</strong>n Privathäuser o<strong>de</strong>r Klöster<br />

und Kirchen. Die Ju<strong>de</strong>n nutzten einige dieser Gänge<br />

als Fluchtwege, als sie von <strong>de</strong>n Christen angegriffen<br />

wur<strong>de</strong>n.<br />

Vielleicht wird eines Tages, bei irgendwelchen<br />

Bauarbeiten in einem Haus, <strong>de</strong>r Eingang zu <strong>de</strong>n<br />

Katakomben ent<strong>de</strong>ckt, dann könnten wir endlich<br />

die Geschichte <strong>de</strong>s Untergrunds <strong>de</strong>r Stadt erfahren.<br />

23


24<br />

7<br />

Karl <strong>de</strong>r Große<br />

Die Bevölkerung <strong>Girona</strong>s im Mittelalter<br />

war wie viele an<strong>de</strong>re Ortschaften in jener<br />

Zeit von <strong>de</strong>n hel<strong>de</strong>nhaften Taten Karl <strong>de</strong>s<br />

Großen fasziniert, <strong>de</strong>n sie als <strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r Stadt ansahen. Auch wenn <strong>de</strong>r<br />

fränkische Kaiser <strong>Girona</strong> nicht gegrün<strong>de</strong>t<br />

hatte, so befreite er doch die Stadt im Jahr<br />

785 von <strong>de</strong>r muslimischen Herrschaft.<br />

Über die Beziehung zwischen Karl <strong>de</strong>m<br />

Großen und <strong>de</strong>r Stadt <strong>Girona</strong> sind viele<br />

Sagen mehr o<strong>de</strong>r wenig phantastischen<br />

Inhalts überliefert, und es gibt ein<br />

Vermächtnis von Bauten und Objekten,<br />

die in irgen<strong>de</strong>iner Weise mit <strong>de</strong>m<br />

weißbärtigen Kaiser in Verbindung<br />

gebracht wer<strong>de</strong>n.<br />

785, Befreiung <strong>de</strong>r Muslime - <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Karl <strong>de</strong>r Große ist in Bezug auf die Stadt <strong>Girona</strong> und<br />

ihre Gründung in zahlreichen Sagen zu fin<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r<br />

phantastischsten Version über die Gründung <strong>Girona</strong>s<br />

spielt das herrliche Schwert <strong>de</strong>s Kaisers mit <strong>de</strong>m<br />

weißen Bart eine wichtige Rolle. Vor Zeiten, als die<br />

Gegen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Selva und <strong>de</strong>s Gironès ein großer See<br />

waren, wur<strong>de</strong>n die Bewohner <strong>de</strong>s Empordà von <strong>de</strong>n<br />

Sarazenen überfallen. Karl <strong>de</strong>r Große überlegte sich<br />

einen List, um das Land <strong>de</strong>s Empordàs von <strong>de</strong>n Sarazenen<br />

zu befreien und obendrein grün<strong>de</strong>te er die<br />

Stadt <strong>Girona</strong>. Der fränkische Kaiser schlug mit einem<br />

stumpfen Schlag seines Schwertes die Berge von Sant<br />

Julià <strong>de</strong> Ramis entzwei und öffnete die Stelle, die<br />

heute unter <strong>de</strong>m Namen Congost bekannt ist. Das<br />

Wasser <strong>de</strong>s Sees bahnte sich tosend einen Weg durch<br />

die geteilten Berge von Sant Julià <strong>de</strong> Ramis bis zum<br />

Empordà. Das empordanesische Land wur<strong>de</strong> überschwemmt<br />

und das Wasser riss die Muslime mit sich<br />

und trieb sie hinaus ins weite Meer. So wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Empordà von <strong>de</strong>r muslimischen Herrschaft befreit.<br />

Daraufhin grün<strong>de</strong>te Karl <strong>de</strong>r Große die Stadt <strong>Girona</strong><br />

mitten im abgelaufenen See.<br />

In an<strong>de</strong>ren Legen<strong>de</strong>n steht <strong>de</strong>r religiöse Aspekt <strong>de</strong>s<br />

fränkischen Kaisers im Vor<strong>de</strong>rgrund. Diese Legen<strong>de</strong>n<br />

erzählen, wie ihm bei seinen hel<strong>de</strong>nhaften Taten zur<br />

Befreiung <strong>de</strong>s von Musulmanen besetzten Geronas<br />

die Heiligen und die Muttergottes geholfen haben.<br />

Bei <strong>de</strong>r Eroberung <strong>Girona</strong>s wur<strong>de</strong> Karl <strong>de</strong>r Große<br />

durch einen Regen von Blutstropfen, die zu Kreuzen<br />

wur<strong>de</strong>n, sobald sie <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n berührten, und durch<br />

die Erscheinung eines Feuerkreuzes über <strong>de</strong>r Moschee<br />

in <strong>Girona</strong> geleitet; dieses Kreuz zeigte ihnen <strong>de</strong>n<br />

geeigneten Augenblick an, um die Stellungen <strong>de</strong>r<br />

Sarazenen anzugreifen, und es kündigte <strong>de</strong>n Sieg<br />

über die Sarazenen an.<br />

Neben diesen Legen<strong>de</strong>n über Karl <strong>de</strong>n Großen gibt es<br />

heute noch in <strong>Girona</strong> <strong>de</strong>n Turm Carlemany, <strong>de</strong>n ehemaligen<br />

Glockenturm <strong>de</strong>r romanischen Kirche, <strong>de</strong>r<br />

jetzt als Strebewerk <strong>de</strong>s Mittelschiffs <strong>de</strong>r Kathedrale<br />

auf <strong>de</strong>r Südseite <strong>de</strong>s ehemaligen Kreuzganges dient.<br />

Die ganze Nordseite aus sieben mit einem Fries aus<br />

lombardischen Bögen verzierten Stockwerken ist<br />

erhalten geblieben. Und in <strong>de</strong>r Kathedrale, hinter <strong>de</strong>m<br />

Hochaltar, steht <strong>de</strong>r Stuhl Karls <strong>de</strong>s Großen, <strong>de</strong>r aus<br />

einem einzigen Stück Marmor geschlagen ist. Dieser<br />

Stuhl stammt aus <strong>de</strong>m 11. Jahrhun<strong>de</strong>rt und gehört zu<br />

<strong>de</strong>n wichtigsten Bischofsstühlen <strong>de</strong>r europäischen<br />

Romanik. Die Tradition besagt, dass ein Paar nach<br />

weniger als einem Jahr verheiratet sein wird, wenn es<br />

sich gemeinsam auf diesen Stuhl setzt; doch wenn<br />

sich ein Mann alleine hinsetzt, wird er nie heiraten.<br />

<strong>Girona</strong> ehrt Karl <strong>de</strong>n Großen seit <strong>de</strong>m Jahr 1345, als<br />

<strong>de</strong>r Bischof Arnau <strong>de</strong> Camprodon seine Verehrung<br />

einführte. Und obwohl Papst Sixtus IV. 1484 das<br />

Kirchenfest wie<strong>de</strong>r aufhob, wur<strong>de</strong>n in <strong>Girona</strong> <strong>de</strong>r<br />

liturgische Gottesdienst noch bis ins 17. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

gefeiert.<br />

25


26<br />

8<br />

Guifré el Pelós (Wilfried <strong>de</strong>r Haarige)<br />

Die katalanische Flagge gehört zu <strong>de</strong>n<br />

ältesten Europas und <strong>de</strong>r ganzen Welt.<br />

Ursprünglich war sie das Wappen <strong>de</strong>r<br />

Nachkommenschaft <strong>de</strong>r Grafen von<br />

Barcelona und später ihres gesamten<br />

Gebietes. Der Erste <strong>de</strong>r Dynastie <strong>de</strong>r<br />

Grafen von Barcelona, Guifré el Pelós,<br />

wur<strong>de</strong> zur legendären Gestalt und wird<br />

als Grün<strong>de</strong>r unseres Lan<strong>de</strong>s und unserer<br />

Fahne angesehen: vier rote Streifen aus<br />

<strong>de</strong>m Blut <strong>de</strong>s Grafen auf einem gol<strong>de</strong>nen<br />

Hintergrund. Graf Guifré ist im Kloster von<br />

Ripoll begraben.<br />

Jahr 897.<br />

Kloster Santa Maria <strong>de</strong> Ripoll, wo Guifré el Pelós beerdigt ist.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Guifré el Pelós wur<strong>de</strong> um 840 geboren und erbte von<br />

seinem Vater die Grafschaften von Urgell und<br />

Cerdanya. Im Jahr 878 erhielt er vom fränkischen<br />

König die Grafschaften von Barcelona und <strong>Girona</strong>-<br />

Besalú. Sein wichtigstes Anliegen war die<br />

Wie<strong>de</strong>rbesiedlung von Zentralkatalonien und die<br />

Errichtung einer Grenze zu <strong>de</strong>n Muslimen auf <strong>de</strong>r<br />

Westseite vom Llobregat und Car<strong>de</strong>ner. Diese<br />

Wie<strong>de</strong>rbesiedlung wur<strong>de</strong> begleitet von <strong>de</strong>r Errichtung<br />

von Kirchen und Klöstern, wie <strong>de</strong>m Kloster Santa<br />

Maria <strong>de</strong> Ripoll, wo er beerdigt liegt, und <strong>de</strong>m von<br />

Sant Joan <strong>de</strong> les Aba<strong>de</strong>sses. Gegen En<strong>de</strong> seiner<br />

Regierung musste er sein Land gegen die Muslime<br />

verteidigen. Bei einer Schlacht gegen die Truppen <strong>de</strong>s<br />

muslimischen Statthalters von Lleida, Llop ibn<br />

Muhamnad al-Qasi, wur<strong>de</strong> er verletzt und starb am<br />

11. August 897. Er ist <strong>de</strong>r Urheber <strong>de</strong>r Erbfolge im<br />

Hause Barcelona und <strong>de</strong>r Unabhängigkeit <strong>de</strong>r Franken.<br />

Als er im Sterben lag, verteilte er ohne Rücksicht<br />

auf <strong>de</strong>n Willen <strong>de</strong>s fränkischen Monarchen sein Land<br />

unter seinen Söhnen. Diese Dynastie regierte Katalonien<br />

von 878 bis zum Jahr 1410, als die Familie ausstarb.<br />

Im Buch <strong>de</strong>s Klosters von Ripoll, Gesta Comitum<br />

Barcinonensium aus <strong>de</strong>m 12. Jahrhun<strong>de</strong>rt, wird er als<br />

Vater <strong>de</strong>s Vaterlan<strong>de</strong>s bezeichnet.<br />

Diese Ehre wird ihm durch die Geschichte zuteil, und<br />

die Sage erteilt ihm eine an<strong>de</strong>re, nicht weniger wichtige<br />

Ehre: die Schaffung <strong>de</strong>r katalanischen Flagge, unserer<br />

Nationalflagge. Die erste Erwähnung, im Buch<br />

Fets d'Armes <strong>de</strong> Catalunya, datiert aus <strong>de</strong>m Jahr 1420:<br />

Nach einer Sage starb Guifré an seinen Verletzungen,<br />

die er sich bei einer hel<strong>de</strong>nhaften Schlacht gegen die<br />

Normannen an <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>s fränkischen Königs Karl<br />

<strong>de</strong>s Kahlen zuzog. Als Guifré in seinem Zelt im Sterben<br />

lag, wollte <strong>de</strong>r fränkische König <strong>de</strong>n katalanischen<br />

Grafen für seinen tapferen Kampf belohnen und verlieh<br />

ihm ein Waffenwappen. Der Kaiser schloss die<br />

Hän<strong>de</strong> Guifrés in seine Hän<strong>de</strong> ein und nach<strong>de</strong>m er<br />

seine Finger im Blut <strong>de</strong>r tödlichen Verletzung <strong>de</strong>s<br />

Grafens getränkt hatte, zeichnete er vier Längsstreifen<br />

auf <strong>de</strong>n gol<strong>de</strong>nen Hintergrund seines Wappens.<br />

Diese vier Streifen auf <strong>de</strong>m Waffenwappen <strong>de</strong>r Grafen<br />

von Barcelona wur<strong>de</strong>n später zu einem Symbol für<br />

das ganze Land. Die katalanische Nationalflagge gehört<br />

zu <strong>de</strong>n ältesten Flaggen weltweit. Die erste<br />

Abbildung <strong>de</strong>r vier Streifen aus <strong>de</strong>m Jahr 1150 ist auf<br />

einem Wappen <strong>de</strong>s Königs Ramon Berenguer IV. zu<br />

sehen, obwohl sie schon vorher als präheraldisches<br />

Symbol auf <strong>de</strong>n Grabstätten von Ramon Berenguer II.,<br />

im Jahr 1082, und seiner Urgroßmutter Ermessenda<br />

<strong>de</strong> Carcassona, im Jahr 1052, in <strong>de</strong>r Kathedrale von<br />

<strong>Girona</strong> verwen<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>.<br />

27


28<br />

9<br />

Der Drache unter <strong>de</strong>r Kirche<br />

Die gotische Kathedrale von <strong>Girona</strong> wur<strong>de</strong><br />

auf einer romanischen Kirche gebaut, die<br />

wie<strong>de</strong>rum auf einer einfachen Kirche<br />

errichtet wur<strong>de</strong>, und es wird angenommen,<br />

dass diese auf einem römischen Tempel<br />

entstand, und wahrscheinlich wur<strong>de</strong> dieser<br />

Tempel auf einem früheren heiligen Ort<br />

errichtet. Die Tatsache, dass alle<br />

nachfolgen<strong>de</strong>n Kulturen <strong>de</strong>n gleichen<br />

Standort für ihre Kultstätte gewählt<br />

haben, könnte darauf beruhen, dass die<br />

Symbole und Kulturplätze <strong>de</strong>r vorherigen<br />

Kultur übernommen wer<strong>de</strong>n sollten.<br />

Doch vielleicht fin<strong>de</strong>t man die Erklärung<br />

unter <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>.<br />

11. - 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt - Kathedrale von <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Im Zeitraum vom 11. bis zum 13. Jahrhun<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong>n<br />

Kathedralen errichtet, die hauptsächlich <strong>de</strong>r Heiligen<br />

Maria gewidmet waren. Die Kathedralenbauer gehörten<br />

<strong>de</strong>m weltweit verbreiteten Bund <strong>de</strong>r Freimaurer<br />

an. Die Freimaurer bauten in die Kathedralen esoterische<br />

Symbole und Figuren ein, die nur Eingeweihte erkennen<br />

konnten: Zeichen <strong>de</strong>r jüdischen Kabbala und<br />

<strong>de</strong>r alchemischen Tradition. Diese Symbolik, die über<br />

<strong>de</strong>n rein <strong>de</strong>korativen Aspekt hinausging, stand mit<br />

<strong>de</strong>n Bräuchen und Lehren <strong>de</strong>s Christentums nicht in<br />

Wi<strong>de</strong>rspruch, son<strong>de</strong>rn war eine Erweiterung ihrer<br />

Kenntnisse und Deutungen.<br />

Man nimmt an, dass die Kathedralen aus diesem Zeitraum<br />

an Stellen mit einer beson<strong>de</strong>ren Kraft errichtet<br />

wur<strong>de</strong>n, auf unterirdischen Wasserläufen und an<br />

Stellen mit an<strong>de</strong>ren Energien, wie tektonischen Platten<br />

und magnetischen Energien. In <strong>de</strong>r Sprache <strong>de</strong>r<br />

Drui<strong>de</strong>n heißen diese Erdkräfte vouivre, was übersetzt<br />

Schlange o<strong>de</strong>r Drache be<strong>de</strong>utet. Der Drache verkörpert<br />

Teile von Tieren, die für die Leute <strong>de</strong>s Mittelalters<br />

geheimnisvoll und furchteinflössend waren (Flügel<br />

von Fle<strong>de</strong>rmäusen, Schlangenschuppen, Adlerkrallen<br />

usw.) und symbolisiert die übersinnlichen und verborgenen<br />

Kräfte <strong>de</strong>s Unterirdischen.<br />

Es galt die Überzeugung, dass die Erdkräfte beeinflusst<br />

wer<strong>de</strong>n könnten, sie sich verän<strong>de</strong>rn und <strong>de</strong>r<br />

Kirche dienen wür<strong>de</strong>n, wenn auf diesen heiligen<br />

Orten gebaut wur<strong>de</strong>. Es ist nicht bekannt, ob die<br />

Kathedrale von <strong>Girona</strong> auf einem dieser Orte mit irdischen<br />

Kräften entstand und welche Rolle die<br />

Freimaurerei bei <strong>de</strong>r Errichtung gespielt hatte. Immerhin<br />

ist die Allgegenwärtigkeit <strong>de</strong>s Drachens in <strong>de</strong>n<br />

Bildnissen <strong>de</strong>r Kathedrale erstaunlich. Immer wie<strong>de</strong>r<br />

erscheint <strong>de</strong>r Drache, stets von <strong>de</strong>n Kräften <strong>de</strong>s Christentums<br />

beherrscht: Der Heilige Michael, <strong>de</strong>r Mitschutzpatron<br />

<strong>de</strong>r Kathedrale, überwältigt in einem<br />

Bildnis <strong>de</strong>n Teufel, <strong>de</strong>r als Drache dargestellt ist. In<br />

einem an<strong>de</strong>ren Bild tötet <strong>de</strong>r Heilige Georg <strong>de</strong>n<br />

Drachen und auch die Heilige Margarete und die<br />

Heilige Martha wer<strong>de</strong>n dargestellt, wie sie die Drachen<br />

beherrschen. Wenn wir genau je<strong>de</strong>n Winkel <strong>de</strong>r<br />

Kathedrale wie die Rosette, die Vorsprünge <strong>de</strong>r<br />

Kapellen usw., anschauen, können wir viele Drachendarstellungen<br />

ent<strong>de</strong>cken. Vielleicht han<strong>de</strong>lt es sich<br />

um eine Darstellung <strong>de</strong>s Erddrachens, <strong>de</strong>r unter <strong>de</strong>m<br />

Bo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Kathedrale wohnt und <strong>de</strong>r, sobald die<br />

Kräfte <strong>de</strong>s Christentums ihn überwältigt haben, die<br />

Kathedrale mit einer beson<strong>de</strong>ren Energie füllt.<br />

29


10<br />

30<br />

Sant Maurici und die Böse Alte aus Cal<strong>de</strong>s<br />

Diese Legen<strong>de</strong> erzählt uns von <strong>de</strong>r<br />

Herkunft <strong>de</strong>s Namens <strong>de</strong>s Dorf Cal<strong>de</strong>s <strong>de</strong><br />

Malavella, das etwa zwanzig Minuten von<br />

<strong>Girona</strong> entfernt liegt. Im 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

war eine <strong>de</strong>r Kapellen <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>kirche<br />

vom Mercadal in <strong>Girona</strong> <strong>de</strong>m Heiligen<br />

Mauritius gewidmet. Viele Leute aus<br />

<strong>Girona</strong> gingen auf das Fest <strong>de</strong>s Heiligen<br />

Mauritius am 22. September.<br />

11. Jahrhun<strong>de</strong>rt, Bau <strong>de</strong>r Kapelle Sant Maurici an <strong>de</strong>r Burg Sant Maurici.<br />

Cal<strong>de</strong>s <strong>de</strong> Malavella (<strong>Girona</strong>).


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Es gab einmal ein verwaistes Kind namens Mauritius,<br />

das in das Dorf Cal<strong>de</strong>s kam, um sich seinen<br />

Lebensunterhalt zu verdienen. Der junge Mauritius<br />

fand ein Dorf vor, das aufgrund <strong>de</strong>r Tyrannei seiner<br />

Herrin an Geldnot litt, und betrübt war über die vielen<br />

Toten unter <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn, die ein Werwolf verursachte.<br />

Am gleichen Tag hatte Mauritius eine Begegnung<br />

mit <strong>de</strong>r bösen Herrin aus Cal<strong>de</strong>s. Da das Kind<br />

großen Hunger hatte, nahm es ihre einige Münzen<br />

weg. Dabei hatte es wenig Glück, <strong>de</strong>nn es wur<strong>de</strong> von<br />

Herrn Knauserig, <strong>de</strong>m Sekretär <strong>de</strong>r Mala Vella,<br />

erwischt.<br />

Die Mala Vella aus Cal<strong>de</strong>s war von <strong>de</strong>m Mut <strong>de</strong>s<br />

Knaben beeindruckt und wollte ihn als Diener. Der<br />

gute Mauritius kam auf die finstere Burg <strong>de</strong>r<br />

Tyrannin, die sich sich unterhalb <strong>de</strong>s ganzen Dorfes<br />

erstreckte. Die Frau jedoch hatte nicht damit gerechnet,<br />

dass gera<strong>de</strong> dieser Mut, <strong>de</strong>n sie so sehr an <strong>de</strong>m<br />

Jungen bewun<strong>de</strong>rte, ihr En<strong>de</strong> be<strong>de</strong>utete. Der gute<br />

Mauritius war nicht nur mutig, son<strong>de</strong>rn auch neugierig,<br />

und er hatte einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.<br />

Dieser Wissbegier<strong>de</strong> führte dazu, dass er<br />

das Geheimnis dieser bösen Frau ent<strong>de</strong>ckte. In einer<br />

Nacht sah er, wie <strong>de</strong>r Zwerg Suc<strong>de</strong>bruc, <strong>de</strong>r Hofnarr,<br />

mit einem Sack und das Gesicht mit einer<br />

Wolfsmaske be<strong>de</strong>ckt in die Küche ging. Die ungeheuerliche<br />

Köchin wartete auf ihn, um <strong>de</strong>n Inhalt<br />

<strong>de</strong>s Sacks, ein zartes Kindlein, zu kochen.<br />

Mauritius nutzte eine Unaufmerksamkeit <strong>de</strong>r Köchin,<br />

um sie in <strong>de</strong>n Kessel zu stoßen, er wur<strong>de</strong> aber<br />

von Suc<strong>de</strong>bruc überrascht. Nach einem Kampf<br />

konnte <strong>de</strong>r Junge entwischen und Suc<strong>de</strong>bruc blieb<br />

bewusstlos zurück.<br />

Mauritius brachte <strong>de</strong>r Mala Vella das Essen. Diesmal<br />

war <strong>de</strong>r Schmaus aber kein Kin<strong>de</strong>rfleisch, son<strong>de</strong>rn<br />

Hun<strong>de</strong>fleisch. Die Mala Vella wur<strong>de</strong> sehr wütend,<br />

doch draußen hatten die Bewohner <strong>de</strong>s Dorfes,<br />

nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Junge sie aufgeklärt hatte, einen Kreis<br />

um <strong>de</strong>n Palast gebil<strong>de</strong>t und Feuer gelegt. Unser Held<br />

konnte entfliehen, bevor die Mala Vella von <strong>de</strong>n<br />

Flammen verschlungen wur<strong>de</strong>. Die Mala Vella hatte<br />

ohne ihre Ration an Kin<strong>de</strong>rfleisch ihre Unsterblichkeit<br />

verloren und das Dorf Cal<strong>de</strong>s <strong>de</strong> Malavella hatte<br />

seine Freiheit wie<strong>de</strong>rgewonnen.<br />

31


11<br />

32<br />

Gräfin Ermessenda von Carcassonne<br />

Dies ist die Geschichte einer Frau, die sich<br />

im 11. Jahrhun<strong>de</strong>rt nicht damit abfin<strong>de</strong>n<br />

wollte, nur Zuschauerin <strong>de</strong>s politischen<br />

Lebens in Katalonien zu sein. Die Gräfin<br />

Ermessenda war bekannt für ihre<br />

Schönheit und ging durch ihren starken<br />

und resoluten Charakter in die Geschichte<br />

ein. Von Anfang an mischte sie in <strong>de</strong>r<br />

katalanischen Politik mit und nahm direkt<br />

an <strong>de</strong>n Regierungsaufgaben <strong>de</strong>r<br />

Grafschaften ihres Mannes und am Vorsitz<br />

von Versammlungen und Gerichten teil.<br />

Sie begleitete sogar <strong>de</strong>n Grafen Borrell III<br />

in vielen seiner militärischen Züge<br />

nach Al-Andalus.<br />

1058 - die Gräfin Ermessenda von Carcassonne stirbt.<br />

Kathedrale von <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Ermessenda von Carcassonne, Tochter <strong>de</strong>s Roger I<br />

von Carcassonne und <strong>de</strong>r A<strong>de</strong>laida von Gavaldà,<br />

wur<strong>de</strong> um das Jahr 975 geboren. Sie heiratete im<br />

Jahr 993 <strong>de</strong>n Grafen von Barcelona, Ramon Borrell<br />

III. Doch Graf Borrell III. starb, als sein Sohn Berenguer<br />

Ramon I. <strong>de</strong>r Gekrümmte noch min<strong>de</strong>rjährig<br />

war, so dass Ermessenda die Regentschaft übernahm,<br />

bis ihr Sohn die Volljährigkeit erreichte, und das Nutzungsrecht<br />

<strong>de</strong>r Grafschaften <strong>Girona</strong>-Osona nach <strong>de</strong>m<br />

Willen ihres Mannes genoss.<br />

Nach <strong>de</strong>r Regentschaft war die entschlossene Gräfin<br />

nicht dazu bereit, auf ihre Macht zu verzichten,<br />

und ihr Bru<strong>de</strong>r Pere Roger von Carcassonne, Bischof<br />

von <strong>Girona</strong>, musste zwischen Mutter und Sohn vermitteln.<br />

Es wur<strong>de</strong> vereinbart, dass ihr Sohn Berenguer<br />

Ramon seiner Mutter vorübergehend, neben<br />

einigen Burgen und Tributen, die Herrschaft über die<br />

Stadt <strong>Girona</strong> überließ.<br />

Berenguer Ramon I. jedoch starb im Jahr 1035 und<br />

Ermessenda von Carcassonne wur<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>r Regentin,<br />

in diesem Fall über die Grafschaften ihres Enkels<br />

Ramon Berenguer, bis zum Jahr 1056.<br />

Neben diesen Intrigen, Machtkämpfen und <strong>de</strong>r aktiven<br />

Beteiligung am politischen Leben Kataloniens ist<br />

die Gräfin Ermessenda auch aufgrund ihrer engen<br />

Beziehung zur katalanischen Kirche bekannt. Ermessenda<br />

von Carcassonne grün<strong>de</strong>te als Herrin <strong>de</strong>r<br />

Stadt <strong>Girona</strong> das Kloster <strong>de</strong>s Benediktineror<strong>de</strong>ns in<br />

Sant Daniel und das Kloster von Sant Feliu <strong>de</strong> Guíxols.<br />

1015 trieben Ermessenda und ihr Bru<strong>de</strong>r Pere Roger<br />

<strong>de</strong>n wichtigsten Sakralbau in <strong>Girona</strong> voran: die Kathedrale.<br />

Sie wur<strong>de</strong> mit einer Schenkung von 100 Unzen<br />

Gold auf einem ehemaligen römischen Tempel<br />

errichtet. Die romanische Kathedrale von <strong>Girona</strong> war<br />

wie heute eine Kirche mit einem einzigen Schiff,<br />

überdacht mit einem Tonnengewölbe und mit drei<br />

Portalen, und sie wur<strong>de</strong> am 21. September 1038<br />

eingeweiht.<br />

Als die Gräfin Ermessenda im Jahr 1058 starb, war<br />

es ihr Wille, dass ihr Grab mit <strong>de</strong>m Grafenwappen<br />

<strong>de</strong>s Hauses von Barcelona in die Kathedrale von<br />

<strong>Girona</strong> verlegt wur<strong>de</strong>. Im 14. Jahrhun<strong>de</strong>rt ließ <strong>de</strong>r<br />

König Peter <strong>de</strong>r Zeremoniöse das Grab von ihr und<br />

ihrem Enkel Ramon Berenguer II. mit einem gotischen<br />

Grab über<strong>de</strong>cken. Auf <strong>de</strong>m Grab <strong>de</strong>r Gräfin<br />

wur<strong>de</strong> eine Skulptur von Ermessenda - ein Werk von<br />

Guillem Morell - aufgestellt.<br />

33


12<br />

34<br />

Der Strohkopf-Falke<br />

Diesmal sind es historische Ereignisse,<br />

<strong>de</strong>ren Ort und Zeit genau bestimmt sind,<br />

die Eingang in die Sagenwelt gefun<strong>de</strong>n<br />

haben. Im Jahr 1053 bekam <strong>de</strong>r Graf von<br />

Barcelona, Ramon Berenguer I.,<br />

Nachkommen: Es waren Zwillinge, die dazu<br />

bestimmt waren, gemeinsam die<br />

Grafschaft zu regieren. Die Kin<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong>n<br />

auf die Namen Ramon Berenguer, auch<br />

bekannt als Strohkopf aufgrund seiner<br />

blon<strong>de</strong>n Haare, und Berenguer Ramon<br />

getauft. Am 5. Dezember 1082 wur<strong>de</strong><br />

Ramon Berenguer II. in <strong>de</strong>r Nähe von<br />

<strong>Girona</strong> ermor<strong>de</strong>t aufgefun<strong>de</strong>n.<br />

1082 - Tod <strong>de</strong>s Strohkopfes - Sant Feliu <strong>de</strong> Buixalleu / <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Die Sage beginnt mit <strong>de</strong>m historischen Ereignis,<br />

nämlich <strong>de</strong>m grausamen To<strong>de</strong> von Ramon<br />

Berenguers Sohn, als er am Montnegre, im Gemein<strong>de</strong>bezirk<br />

von Gaserans, zwischen Hostalric und Sant<br />

Celoni, in <strong>de</strong>r Nähe von Sant Feliu <strong>de</strong> Buixalleu, am<br />

Jagen war. Der Strohkopf sagte zu seinem Bru<strong>de</strong>r,<br />

dass er genug gejagt hätte, da er nach Barcelona<br />

zurückkehren wollte, um seinen erst kürzlich geborenen<br />

Sohn kennen zu lernen. Doch Ramon Berenguer<br />

II. kam nie in Barcelona an. Sein Körper wur<strong>de</strong><br />

von einem Bauern ent<strong>de</strong>ckt, <strong>de</strong>r durch das Jammern<br />

<strong>de</strong>s Falkens <strong>de</strong>s Grafens auf ihn aufmerksam<br />

wur<strong>de</strong>. Der Leichnam <strong>de</strong>s Grafen lag in einem Tümpel,<br />

<strong>de</strong>r heute unter <strong>de</strong>m Namen Gorg <strong>de</strong>l Comte<br />

bekannt ist, in einer einsamen Gegend, die seither <strong>de</strong>n<br />

Namen Voral <strong>de</strong> l’Astor o<strong>de</strong>r Perxa <strong>de</strong> l’Astor trägt.<br />

Die sterblichen Überreste <strong>de</strong>s Grafen wur<strong>de</strong>n in die<br />

Kathedrale von <strong>Girona</strong> überführt, wo er begraben<br />

wur<strong>de</strong>. Es hieß, dass <strong>de</strong>r betrübte Falke <strong>de</strong>m Leichenzug<br />

bis zur Kathedrale folgte, wo er einen Kreis<br />

über Berenguer Ramon flog, bevor er vor Ermüdung<br />

und Traurigkeit tot auf <strong>de</strong>n Sarg seines Herrn fiel.<br />

Die Dorfbewohner glaubten immer, dass Berenguer<br />

Ramon mit <strong>de</strong>m Mord in direkter Verbindung stün<strong>de</strong>,<br />

und seit jenem Tag nannten sie ihn Berenguer<br />

Ramon <strong>de</strong>n Bru<strong>de</strong>rmör<strong>de</strong>r. Die Sage erzählt uns<br />

auch, dass die Priester am Tag <strong>de</strong>r Beisetzung das<br />

Totenamt singen mussten. Unerklärlicherweise irrten<br />

sie sich bei ihrem Gesang und konnten nur immer<br />

wie<strong>de</strong>rholen: Ubi est Abel frater tuus? Wo ist<br />

Abel, <strong>de</strong>in Bru<strong>de</strong>r?<br />

Seit jener Zeit ruhen die sterblichen Überreste Ramon<br />

Berenguers II. mit seiner Rüstung und seinem<br />

Schwert in <strong>de</strong>r Kathedrale von <strong>Girona</strong>, oberhalb <strong>de</strong>s<br />

Portals <strong>de</strong>r ehemaligen Sakristei in <strong>de</strong>r Klosterkapelle.<br />

Die Bewohner <strong>Girona</strong>s haben <strong>de</strong>n treuen<br />

Falken nicht vergessen und sie verliehen ihm einen<br />

Ehrenplatz in <strong>de</strong>r Kathedrale, in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s Grabs<br />

seines Herrn, an einer <strong>de</strong>r Gewölberippen am Eingang<br />

<strong>de</strong>r Kapitularsäle.<br />

Als im Jahr 1982 das ursprüngliche Grab <strong>de</strong>s Grafen,<br />

das 1385 auf Anordnung <strong>de</strong>s Königs Peter <strong>de</strong>s<br />

Zeremoniösen mit Alabasterplatten be<strong>de</strong>ckt wor<strong>de</strong>n<br />

war, geöffnet wur<strong>de</strong>, kam ein Bildnis <strong>de</strong>r vier<br />

Streifen zum Vorschein, das älteste Bild <strong>de</strong>s Wappens<br />

von Katalonien.<br />

35


13<br />

36<br />

Der Hintern <strong>de</strong>r Löwin<br />

Ein typisches Tier <strong>Girona</strong>s - von <strong>de</strong>n<br />

Fliegen mal abgesehen - ist kein an<strong>de</strong>res<br />

als <strong>de</strong>r Löwe. Historisch fühlten sich die<br />

Bewohner <strong>Girona</strong>s sehr von diesem Tier<br />

angezogen. Doch aufgrund ihrer<br />

Unkenntnis verwechselten sie häufig<br />

Wölfe und Löwen, wie beim Löwenbrunnen<br />

Font <strong>de</strong>ls Lleons, <strong>de</strong>r so heißt, da es viele...<br />

Wölfe in <strong>de</strong>r Gegend gab. Und da wir<br />

schon bei <strong>de</strong>r Verwechslung von Löwen<br />

sind, die Bewohner <strong>Girona</strong>s haben das<br />

Geschlecht eines an<strong>de</strong>ren bekannten<br />

Löwen in <strong>de</strong>r Straße Carrer Cal<strong>de</strong>rers<br />

verwechselt.<br />

12. Jahrhun<strong>de</strong>rt - Carrer Cal<strong>de</strong>rers, <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Auf <strong>de</strong>r Carrer Cal<strong>de</strong>rers, die früher als Carrer <strong>de</strong>ls<br />

Perolers bekannt war, an <strong>de</strong>r Hausnummer 19, gab es<br />

eine romanische Säule, an <strong>de</strong>r ein Löwe aus Stein<br />

hinaufkletterte. Diese Skulptur schmückte einmal das<br />

bekannte Gasthaus Hostal <strong>de</strong> la Lleona, das im<br />

Mittelalter und in <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Zeit in Betrieb war.<br />

Dieses Gasthaus befand sich an einer guten Stelle, am<br />

Eingang <strong>de</strong>r Stadt, und alle Reisen<strong>de</strong>, die von<br />

Frankreich nach <strong>Girona</strong> kamen, kehrten dort ein.<br />

Die Skulptur stellt einen männlichen Löwen dar, <strong>de</strong>r<br />

jedoch zuerst mit einem Affen - wahrscheinlich durch<br />

die klettern<strong>de</strong> Haltung - verwechselt wur<strong>de</strong> und <strong>de</strong>r<br />

später als Löwin in die Sagenwelt <strong>Girona</strong>s einging.<br />

Da die Figur nicht sehr hoch war, konnten die Leute,<br />

wenn sie sich auf die Fußspitzen stellten und <strong>de</strong>n Arm<br />

ausstreckten, mit <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Hintern <strong>de</strong>s Tieres<br />

berühren. Und da die Katalanen von Natur aus eschatologisch<br />

sind, wur<strong>de</strong> diese Handlung zu einem Ritual.<br />

Die Löwin wur<strong>de</strong> bald unter <strong>de</strong>n Bewohnern <strong>Girona</strong>s<br />

und <strong>de</strong>n Auswärtigen berühmt. Mit <strong>de</strong>r Zeit wur<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r Brauch, <strong>de</strong>n Hintern zu berühren o<strong>de</strong>r einen Kuss<br />

zu geben, zu einer Art Taufe in <strong>Girona</strong> für Neuankömmlinge,<br />

die sich beim Einwohnermel<strong>de</strong>amt <strong>de</strong>r<br />

Stadt angemel<strong>de</strong>t hatten, und für die Bewohner<br />

<strong>Girona</strong>s eine Garantie, dass sie eine gute Rückreise in<br />

die Stadt haben, falls sie sie mal verlassen. Dieser<br />

Brauch wird mit <strong>de</strong>m folgen<strong>de</strong>n Spruch begleitet:<br />

Wer <strong>de</strong>n Hintern <strong>de</strong>r Löwin nicht geküsst hat, ist<br />

kein guter Bürger <strong>Girona</strong>s.<br />

Seit <strong>de</strong>m Jahr 1986 gibt es eine Nachahmung <strong>de</strong>r<br />

Löwin von <strong>de</strong>r Carrer Cal<strong>de</strong>rers, die mit einigen<br />

Stufen ausgestattet ist, um <strong>de</strong>n Brauch zu erleichtern,<br />

auf <strong>de</strong>r Plaça <strong>de</strong> Sant Feliu, ganz in <strong>de</strong>r Nähe<br />

<strong>de</strong>r ursprünglichen Stelle <strong>de</strong>r Löwin.<br />

Diese Nachahmung <strong>de</strong>r Löwin erhält weiterhin<br />

Küsse auf ihren Hintern von <strong>de</strong>n Bewohnern <strong>Girona</strong>s<br />

und <strong>de</strong>n Besuchern, während die Originalstatue im<br />

Kunstmuseum <strong>de</strong>r Stadt besichtigt wer<strong>de</strong>n kann.<br />

37


14<br />

38<br />

Straße <strong>de</strong>s Wolfes<br />

Die Carrer <strong>de</strong>l Llop, heute Pujada <strong>de</strong>l Rei<br />

Martí l’Humà, birgt einige Geheimnisse.<br />

Diese Straße wur<strong>de</strong> im Jahr 1750 erhöht,<br />

um Überschwemmungen zu vermei<strong>de</strong>n.<br />

So entsprechen die jetzigen Erdgeschosse<br />

<strong>de</strong>r früheren ersten Etage <strong>de</strong>r Häuser und<br />

die Balkone von früher sind die jetzigen<br />

Eingangstüren <strong>de</strong>r Häuser. Durch die<br />

Be<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>r Straße wur<strong>de</strong> auch ein Teil<br />

<strong>de</strong>r Geschichte abge<strong>de</strong>ckt, wie <strong>de</strong>r<br />

Windfang einer westgotischen Kirche,<br />

die wahrscheinlich <strong>de</strong>m Heiligen Felix<br />

gewidmet war. Es gibt jedoch eine<br />

außergewöhnliche Skulptur, die die<br />

Erhöhung <strong>de</strong>r Straße überlebte.<br />

12. Jahrhun<strong>de</strong>rt - Datum <strong>de</strong>s Reliefs.<br />

Die Straße Pujada <strong>de</strong>l Rei Martí in <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

In <strong>de</strong>r Altstadt <strong>Girona</strong>s, vor <strong>de</strong>m Portal <strong>de</strong> Sobreportes,<br />

am Fluss Galligans, befin<strong>de</strong>t sich die Straße Carrer <strong>de</strong>l<br />

Rei Martí l’Humà. Es han<strong>de</strong>lt sich um eine aufwärts<br />

führen<strong>de</strong>, enge, dunkle Gasse mit Geruch nach alten<br />

Steinen, die früher einmal Carrer <strong>de</strong>l Llop genannt<br />

wur<strong>de</strong>. In dieser Straße gab es einen aus Stein gehauenen<br />

Türsturz, <strong>de</strong>r sich heute im Kunstmuseum von<br />

<strong>Girona</strong> befin<strong>de</strong>t. Die Skulptur stellt einen großen Wolf<br />

mit einer Löwenmähne dar, <strong>de</strong>r ein Kind verschlingt.<br />

Dieses Steinrelief erinnert an ein tragisches Ereignis,<br />

das sich vor langer Zeit auf dieser Straße zutrug. Die<br />

Sage erzählt, dass eines Tages ein ausgehungerter<br />

Wolf in das Tal von Sant Daniel kam, um etwas zu<br />

fin<strong>de</strong>n, was seinen Hunger stillen konnte. Schließlich<br />

erreichte er die Carrer <strong>de</strong>l Llop. Das hungrige Tier sah<br />

dort einen Jungen, <strong>de</strong>r geistesabwesend am Spielen<br />

war, und stürzte sich auf ihn. Von hier ab gibt es<br />

verschie<strong>de</strong>ne Versionen: Einige sagen, dass <strong>de</strong>r Wolf<br />

<strong>de</strong>n Knaben mitnahm, um ihn später aufzufressen,<br />

an<strong>de</strong>re sagen, dass einige Jäger <strong>de</strong>n Wolf erschrecken<br />

konnten, <strong>de</strong>r das Kind fallen ließ und mit eingezogenem<br />

Schwanz zurück nach Sant Daniel lief.<br />

Wie<strong>de</strong>rum an<strong>de</strong>re meinen, dass <strong>de</strong>r Junge ein<br />

Messdiener war, <strong>de</strong>r inmitten einer Prozession vom<br />

Wolf verschlungen wur<strong>de</strong>.<br />

Es ist nichts über diesen traurigen Vorfall bekannt<br />

und es gibt auch keinen Nachweis dafür, dass er<br />

sich wirklich zugetragen hat. Vielleicht ist nach einem<br />

traurigen Ereignis diese Skulptur als ein Hinweis<br />

auf die Gefahr geschaffen wor<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r es war<br />

die Phantasie <strong>de</strong>r Bevölkerung, die eine Sage auf<br />

Grund <strong>de</strong>r Skulptur in <strong>de</strong>r Straße erfand. Es ist ein<br />

weiteres Mysterium, das sich <strong>de</strong>n Geheimnissen<br />

dieser Straße anschließt.<br />

Auf <strong>de</strong>r gleichen Carrer <strong>de</strong>l Llop gab es ein Nonnenkloster,<br />

an <strong>de</strong>ssen Fassa<strong>de</strong> sich ein Bildnis <strong>de</strong>r Muttergottes<br />

<strong>de</strong>r Milch befand, an die sich die Mütter wandten,<br />

<strong>de</strong>ren Muttermilch versiegt war und die ihre<br />

Kin<strong>de</strong>r nicht mehr ernähren konnten.<br />

Es ist zumin<strong>de</strong>st son<strong>de</strong>rbar, dass es ein Bild dieser<br />

Muttergottes in <strong>de</strong>r Carrer <strong>de</strong>l Llop gibt, da <strong>de</strong>r Wolf<br />

gleichfalls mit <strong>de</strong>r Muttermilch in Verbindung gebracht<br />

wird, seit eine Wölfin die Zwillinge und späteren<br />

Grün<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Stadt Roms ernährte.<br />

39


15<br />

40<br />

Die Meerjungfrau von Galligans<br />

Es liegen Daten vor, die das romanische<br />

Kloster Sant Pere <strong>de</strong> Galligans auf das<br />

Jahr 988 datieren. Anfang <strong>de</strong>s 12.<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rts begannen die Bauarbeiten<br />

an <strong>de</strong>r Kirche Sant Pere und am Kreuzgang<br />

<strong>de</strong>s Klosters und sie wur<strong>de</strong>n vor En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rts fertig gestellt. Im kleinen<br />

Kreuzgang <strong>de</strong>s Klosters gibt es ein Kapitell<br />

mit einem beson<strong>de</strong>ren Relief an <strong>de</strong>n vier<br />

Seiten: eine geheimnisvolle Meerjungfrau.<br />

Die Meerjungfrau <strong>de</strong>s Klosters Galligans<br />

ist nicht das typische Bildnis einer Nixe<br />

mit weiblichem Körper, langen Haaren und<br />

einem Fischschwanz.<br />

12. Jahrhun<strong>de</strong>rt - Kloster Sant Pere <strong>de</strong> Galligans in <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Diese Meerjungfrau aus <strong>Girona</strong> ist mit <strong>de</strong>m Körper<br />

einer Frau und nicht mit einem, son<strong>de</strong>rn mit zwei<br />

Fischschwänzen dargestellt. Die Meerjungfrau von<br />

Galligans treibt oberhalb <strong>de</strong>s Wassers mit weit geöffneten<br />

Augen, während sie mit ihren Hän<strong>de</strong>n die<br />

Schwanzspitzen hält. Am Ansatz <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Schwänze<br />

gibt es eine Zeichnung, die anscheinend die bei<strong>de</strong>n<br />

Geschlechter darstellt. Das Geheimnis um diese untypische<br />

Meerjungfrau wird umso größer, da es keine<br />

Hinweise gibt, die uns <strong>de</strong>n Ursprung o<strong>de</strong>r die<br />

Be<strong>de</strong>utung erklären.<br />

Alle Kulturen haben ein mythisches Bestiarium verwen<strong>de</strong>t,<br />

um das Unbekannte zu erklären und Gefahren,<br />

Bedrohungen, Tugen<strong>de</strong>n und Sün<strong>de</strong>n nach ihrem<br />

Glaubenssystem zu symbolisch darzustellen. Die ersten<br />

Hinweise auf Meerjungfrauen gehen auf die griechisch-römische<br />

Kultur zurück, die dieses mythologische<br />

Tier von <strong>de</strong>n orientalischen Kulturen übernommen<br />

hat. Die Meerjungfrauen verzauberten die Seeleute mit<br />

ihrem schönen Gesang, so dass <strong>de</strong>ren Schiffe gegen die<br />

Klippen fuhren. In <strong>de</strong>r Odyssee von Homer befahl<br />

Ulysses, ihn am Mast <strong>de</strong>s Schiffes festzubin<strong>de</strong>n, damit<br />

er <strong>de</strong>r Versuchung durch <strong>de</strong>n Gesang <strong>de</strong>r Meerjungfrauen<br />

wi<strong>de</strong>rstehen konnte.. Das Christentum über-<br />

nahm viele Symbole aus <strong>de</strong>n alten Kulturen, wie die<br />

Figur <strong>de</strong>r Meerjungfrauen, und christianisierte sie.<br />

Auf <strong>de</strong>r Insel Lesbos in Griechenland, am Altar von<br />

Mytilene, ist eine sehr ähnliche Meerjungfrau wie die<br />

von Galligans dargestellt: Sie hält auf die gleiche<br />

Weise die Schwanzspitzen in ihren Hän<strong>de</strong>n. Im Mittelalter<br />

wur<strong>de</strong> dieses griechische Bild übernommen und<br />

hin und wie<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong> das Haar mit <strong>de</strong>n Fischschwänzen<br />

verwechselt: In einer Miniatur <strong>de</strong>s Beato<br />

<strong>de</strong>l Burgo von Osma wird Babylonia als eine Frau<br />

gezeigt, die sich ihr Haar kämmt. Die romanische<br />

Kunst <strong>de</strong>s Baskenlan<strong>de</strong>s stellt ähnliche Meerjungfrauen<br />

wie die von Galligans dar.<br />

Die mittelalterlichen Kreuzgänge zeigen die Vereinigung<br />

<strong>de</strong>s Irdischen und Weltlichen mit <strong>de</strong>m Göttlichen<br />

und haben phantastische Elemente in ihre Symbole<br />

aufgenommen, um ihre Botschaft zu verkün<strong>de</strong>n.<br />

Das Wasser, in <strong>de</strong>m die Meerjungfrauen leben, symbolisiert<br />

das Verborgene und Gefährliche, wie das Wasser,<br />

das wild wer<strong>de</strong>n kann. Die Meerjungfrauen symbolisieren<br />

die Wollust, was im Mittelalter durch die Darstellung<br />

<strong>de</strong>r Meerjungfrau mit zwei Fischschwänzen,<br />

die jeweils ein Geschlechtsteil haben, noch verstärkt<br />

wur<strong>de</strong>. Vielleicht war die Meerjungfrau von Sant Pere<br />

<strong>de</strong> Galligans mit ihren weit geöffneten Augen eine<br />

Warnung an die Gläubigen jener Zeit vor <strong>de</strong>n Gefahren,<br />

die die Sün<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Wollust mit sich bringen konnte.<br />

41


16<br />

42<br />

Der Sohn <strong>de</strong>r Burg<br />

Traditionelle Gesellschaften haben steife<br />

Verhaltensregeln und Strafvorschriften für<br />

diejenigen, die sich nicht an diese Regeln<br />

halten. Dennoch können manchmal<br />

göttliche Kräfte die Ausrutscher, die von<br />

<strong>de</strong>r Gesellschaft verurteilt wer<strong>de</strong>n,<br />

vergeben. Das ist es, was <strong>de</strong>r Tochter von<br />

Cal Sobirà in Santa Creu geschah,<br />

die schwanger wur<strong>de</strong> von ihrem Verlobten.<br />

13. Jahrhun<strong>de</strong>rt - Die Burg von Farners.<br />

Santa Coloma <strong>de</strong> Farners (<strong>Girona</strong>).


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Als die Eltern <strong>de</strong>s armen Mädchens dies erfuhren,<br />

wur<strong>de</strong> sie aus <strong>de</strong>m Haus gejagt. Das bedauernswerte<br />

Paar hatte nur noch die Möglichkeit, gemeinsam<br />

zu fliehen. Sie heirateten hinter <strong>de</strong>m Rücken ihrer<br />

Familien in <strong>de</strong>r Einsiedlerkapelle Sant Miquel <strong>de</strong><br />

Cla<strong>de</strong>lls und sie nahmen das Angebot <strong>de</strong>s Einsiedlers,<br />

bei ihm wohnen zu bleiben, an. Das Leben<br />

schien es gut mit <strong>de</strong>m Paar zu meinen, <strong>de</strong>nn es war<br />

glücklich mit seinem neuen Leben in <strong>de</strong>r Einsiedlerkapelle.<br />

Doch eines Tages fand das Mädchen<br />

ihren Mann und <strong>de</strong>n Einsiedler tot auf. Sie wur<strong>de</strong>n<br />

ermor<strong>de</strong>t. Die Witwe hatte zuviel Angst davor,<br />

alleine in <strong>de</strong>r Einsiedlerkapelle zu bleiben. Sie konnte<br />

aber auch nicht zu ihrer Familie zurückkehren,<br />

da es keinen Zeugen für ihre Heirat gab, weshalb<br />

die Familie sie nicht aufgenommen hätte.<br />

Es blieb nicht mehr viel Zeit bis zur Geburt ihres<br />

Kin<strong>de</strong>s und in ihrer Verzweiflung ging sie bis zu <strong>de</strong>n<br />

Ruinen <strong>de</strong>r alten Burg von Farners, um sich dort<br />

auszuruhen und <strong>de</strong>n grossen Schmerz zu überwin<strong>de</strong>n.<br />

Die arme Frau suchte Trost, schaute in Richtung<br />

<strong>de</strong>r Kapelle Mare <strong>de</strong> Déu <strong>de</strong> Farners am Fuß<br />

<strong>de</strong>r Burg und bat um Hilfe in ihrer Not. Plötzliche<br />

leuchteten die Wän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Burg in einem ganz<br />

weißen Licht auf und es erschien aus <strong>de</strong>m Nichts<br />

die Figur einer schönen Dame, die <strong>de</strong>r Witwe half,<br />

das Kind zu gebären. Die schöne Dame, die keine<br />

an<strong>de</strong>re als die Muttergottes war, gab das Kind<br />

einem Ehepaar, das erst kürzlich <strong>de</strong>n Sohn verloren<br />

hatte, damit es sich zwei Jahre lang um das Kind<br />

kümmerte.<br />

Als die zwei Jahre um waren, kamen die Eltern zur<br />

Burg von Farners, um <strong>de</strong>n Jungen zurückzugeben.<br />

Als Bezahlung für <strong>de</strong>n Ammendienst füllte die<br />

Muttergottes <strong>de</strong>n Rock <strong>de</strong>r Frau mit irgen<strong>de</strong>twas<br />

Schwerem, und sagte zu ihnen, dass sie es sich nicht<br />

anschauen durften, bis sie ihr Zuhause erreichten.<br />

Das Ehepaar konnte jedoch nicht länger warten<br />

und auf halbem Wege hielt es an, um sich die<br />

geheimnisvolle Bezahlung anzuschauen. Es war<br />

aber nur ein Haufen Sand. Wütend warfen bei<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>n Sand weg und gingen nach Hause. Als die Frau<br />

sich die Schürze auszog, fiel ein Sandkorn auf <strong>de</strong>n<br />

Bo<strong>de</strong>n und wur<strong>de</strong> zu einer Goldmünze. Hätten sie<br />

auf die Worte <strong>de</strong>r Muttergottes gehört, wären sie<br />

reich gewor<strong>de</strong>n.<br />

Die Tochter <strong>de</strong>s Sobirà wur<strong>de</strong> Nonne und ihr Kind<br />

wuchs zu einem mutigen, barmherzigen Jungen<br />

heran, <strong>de</strong>n je<strong>de</strong>r als <strong>de</strong>n »Sohn <strong>de</strong>r Burg« kannte.<br />

43


17<br />

44<br />

Die Ju<strong>de</strong>n in <strong>Girona</strong><br />

Die Diaspora, die jüdische Zerstreuung, begann im Jahr 70 unserer<br />

Ära. Die ersten Hinweise auf Ju<strong>de</strong>n in <strong>Girona</strong> gehen auf das 9.<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rt zurück. Im 11. Jahrhun<strong>de</strong>rt lebte schon eine ganze<br />

Gemeinschaft in <strong>Girona</strong>, die bis zu ihrer Vertreibung im Jahr 1492 in<br />

<strong>de</strong>r Stadt ihr eigenes Gebiet, genannt »call« hatte. Als<br />

Hinterlassenschaft dieses Zusammenlebens gibt es einige<br />

persönliche Geschichten, die sich zu Sagen weiterentwickelt haben.<br />

1270, Tod von Mossé Ben Nahman,<br />

Bonastruc <strong>de</strong> Porta, Ju<strong>de</strong>nviertel, <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Mossé Ben Nahman - auch bekannt unter <strong>de</strong>m<br />

Namen Nahmàni<strong>de</strong>s o<strong>de</strong>r unter <strong>de</strong>m katalanischen<br />

Namen Bonastruc <strong>de</strong> Porta -, <strong>de</strong>r im Jahre 1194,<br />

nach <strong>de</strong>m jüdischen Kalen<strong>de</strong>r im Jahre 4954, in<br />

<strong>Girona</strong> geboren wur<strong>de</strong>, war <strong>de</strong>r Rabbi <strong>de</strong>r jüdischen<br />

Gemeinschaft <strong>Girona</strong>s. Seine Werke gehören zu<br />

<strong>de</strong>n wichtigsten <strong>de</strong>r jüdischen Literatur auf <strong>de</strong>r<br />

Iberischen Halbinsel. Der König Jaume I. ernannte<br />

ihn zum Vertreter <strong>de</strong>r jüdischen Gemeinschaften<br />

unter <strong>de</strong>r Krone Aragons im Zusammenhang mit<br />

<strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzung <strong>de</strong>r Disputa <strong>de</strong> Barcelona<br />

mit <strong>de</strong>m bekehrten Ju<strong>de</strong>n Pau Cristià. Nach seiner<br />

Verteidigung <strong>de</strong>s Ju<strong>de</strong>ntums erzwang die Kirche<br />

die Verbannung Nahmàni<strong>de</strong>s, obwohl dieser die<br />

Sympathie <strong>de</strong>s Königs genoss. Im Jahre 1276 erreichte<br />

er die Stadt Akko. Er starb im Alter von 76<br />

Jahren, nach<strong>de</strong>m er eine Synagoge in Jerusalem<br />

gegrün<strong>de</strong>t hatte, die bis 1585 benutzt wur<strong>de</strong>.<br />

Unter<strong>de</strong>ssen erreichte die antisemitische Welle, die<br />

schon das ganze Königreich von Kastilien überrollt<br />

hatte, auch Gerona. Am 10. August 1391 kam es zu<br />

einem Aufstand gegen <strong>de</strong>n call und die Obrigkeit<br />

ließ die Ju<strong>de</strong>n im Turm Gironella einschließen, um<br />

sie zu beschützen. Doch <strong>de</strong>r Rettungsort wur<strong>de</strong> zu<br />

einem Gefängnis, aus <strong>de</strong>m die Ju<strong>de</strong>n nur herauskamen,<br />

wenn sie sich zum Christentum bekehren<br />

ließen. Unter <strong>de</strong>n Ju<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Torre Gironella ließ<br />

sich Francesc Guillem <strong>de</strong> Vilaritg bekehren, aber<br />

seine Frau Tolrana weigerte sich und musste im<br />

Turm bleiben. Am 27. Dezember sandte Francesc<br />

Guillem seinen Prokurator zu Tolrana, um sie aufzufor<strong>de</strong>rn,<br />

zu ihm zurückzukehren. Tolrana aber<br />

weigerte sich, sich zu bekehren und mit ihrem<br />

bekehrten Ehemann nach <strong>de</strong>n Regeln <strong>de</strong>r katholischen<br />

Kirche für Ehen zwischen Christen und «Ungläubigen»<br />

zusammenzuleben. Diese Begebenheit<br />

wur<strong>de</strong> vom Notar Lluís Carbonell protokolliert. Nach<br />

<strong>de</strong>r Sage hätte Tolrana sich lieber umgebracht, sich<br />

von hoch oben aus <strong>de</strong>m Turm gestürzt, als vom<br />

Ju<strong>de</strong>ntum abzufallen. Seit jener Zeit, in <strong>de</strong>n kalten<br />

Tramuntana-Nächten, hört man noch <strong>de</strong>n klagen<strong>de</strong>n<br />

Gesang <strong>de</strong>s Geistes <strong>de</strong>r Tolrana in <strong>de</strong>n Gassen<br />

<strong>de</strong>s call.<br />

Die Lage verschlimmerte sich für die Ju<strong>de</strong>n. Im Jahr<br />

1490 wur<strong>de</strong> das Inquisitionsgericht in <strong>Girona</strong> eingesetzt,<br />

und zwei Jahre später, am 30. April 1492,<br />

erreichte ein Brief von Ferran <strong>de</strong>m Katholischen<br />

<strong>Girona</strong>, in <strong>de</strong>m die Verbannung aller Ju<strong>de</strong>n unter<br />

<strong>de</strong>r Krone von Kastilien und Aragon erlassen wur<strong>de</strong>.<br />

Am 12. Juli verkaufte die jüdische Gemeinschaft ihr<br />

gesamtes Eigentum in <strong>Girona</strong> und einen Monat<br />

später, im August 1492, gab es offiziell keine Ju<strong>de</strong>n<br />

mehr in <strong>de</strong>r Stadt.<br />

45


18<br />

46<br />

Die Fliegen <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus<br />

<strong>Girona</strong> hat vom 3. Jahrhun<strong>de</strong>rt bis zum<br />

Jahr 1874 unendlich viele<br />

Belagerungen - man geht von gut dreißig<br />

aus - erlei<strong>de</strong>n müssen. Je<strong>de</strong> Belagerung<br />

hinterließ eine zerstörte Stadt und viele<br />

Tote unter <strong>de</strong>n Bewohnern. Doch seit <strong>de</strong>r<br />

Belagerung im Jahr 1285 zählten die<br />

Bewohner <strong>Girona</strong>s auf die Hilfe <strong>de</strong>s<br />

Heiligen Narzissus mit seinem Heer von<br />

Fliegen, um die Belagerer zu vertreiben,<br />

beson<strong>de</strong>rs diejenigen, die aus Frankreich<br />

kamen. Schauen wir uns die historischen<br />

Ereignisse an, über die <strong>de</strong>r Chronist Bernat<br />

Desclot im Jahr 1288 berichtete.<br />

1285, Belagerung durch <strong>de</strong>n französischen König Philipp <strong>de</strong>n Tapferen.<br />

Kirche Sant Feliu, <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

<strong>Girona</strong> war durch seine geographische Lage an <strong>de</strong>r<br />

Via Augusta und aus politischen, geschäftlichen und<br />

militärischen Grün<strong>de</strong>n eine sehr begehrte Stadt.<br />

Philipp <strong>de</strong>r Tapfere aus Frankreich entschied sich<br />

wegen eines Streits über ein Gebiet mit <strong>de</strong>m König<br />

Peter, Graf von Barcelona und König von Aragón,<br />

<strong>Girona</strong> zu belagern. Im Jahr 1285 erreichten die<br />

Männer <strong>de</strong>s französichen Königs die Stadt. Die<br />

Bewohner <strong>Girona</strong>s und die Truppen <strong>de</strong>s Königs Peter<br />

verteidigten von Juni bis September die Stadt. Die<br />

Franzosen konnten <strong>Girona</strong> nicht erobern, doch sie<br />

konnten einige Viertel außerhalb <strong>de</strong>r Stadtmauern<br />

besetzen. Die Kirche Sant Feliu wur<strong>de</strong> nicht von <strong>de</strong>r<br />

Maueranlage geschützt und die Männer von Philipp<br />

<strong>de</strong>m Tapferen nutzten sie als Kaserne. Die Franzosen<br />

waren wütend darüber, dass sie die Stadt nicht besetzen<br />

konnten, weshalb sie das Grab <strong>de</strong>s Heiligen<br />

Narzissus schän<strong>de</strong>ten und die Überreste überall verstreuten.<br />

Glücklicherweise sah das ein Tischler, <strong>de</strong>r die<br />

Überreste aufhob und in einer Kiste aufbewahrte. Am<br />

gleichen Tag war <strong>de</strong>r Tischler Zeuge eines außergewöhnlichen<br />

Ereignisses: Er sah, wie aus <strong>de</strong>m Grab <strong>de</strong>s<br />

Heiligen ein Schwarm seltsamer Fliegen herauskam.<br />

Die Fliegen kamen zu Tausen<strong>de</strong>n und sie waren größer<br />

als normale Fliegen – so groß eine Eichel-, grünblau<br />

mit einen großen Stachel am Kopf. Die riesige,<br />

grüne Truppe aus giftigen Fliegen flog mit einem<br />

ohrenbetäuben<strong>de</strong>n Lärm zum französischen Heer,<br />

das schließlich die Stadt besetzt hatte. Die giftigen<br />

Fliegen griffen die Soldaten und ihre Pfer<strong>de</strong> an, und<br />

mit je<strong>de</strong>m Stich starb einer von ihnen einen<br />

schmerzhaften Tod. Unter <strong>de</strong>m Geschrei <strong>de</strong>r Soldaten<br />

und <strong>de</strong>m Gewieher <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong> musste das französische<br />

Heer abziehen. Es gibt einen wahren Zahlenwirrwarr<br />

bezüglich <strong>de</strong>r Toten auf <strong>de</strong>r französischen<br />

Seite. Es waren Tausen<strong>de</strong> von Pfer<strong>de</strong>n und ebenso<br />

Tausen<strong>de</strong> von Soldaten. Sogar <strong>de</strong>r französische König<br />

soll auf <strong>de</strong>m Weg nach Frankreich gestorben sein.<br />

Seit jener Belagerung im Jahr 1285 brachten die<br />

Bewohner <strong>Girona</strong>s, wenn sie belagert wur<strong>de</strong>n, das<br />

Grab ihres Heiligen zu <strong>de</strong>n Stadtmauern, damit er die<br />

Stadt mit seinem mächtigen Heer aus giftigen<br />

Fliegen verteidigte. Die letzte französische Belagerung<br />

ereignete sich in <strong>de</strong>n Jahren 1808-1809<br />

unter Napoleon. Diesmal gab es keine Hilfe vom<br />

Fliegenheer, doch die Bewohner <strong>Girona</strong>s verdankten<br />

<strong>de</strong>m Schutz <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus die mutige<br />

Verteidigung <strong>de</strong>r Stadt bis zu ihrer Kapitulation am<br />

10. Dezember 1809. Als Dank dafür wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Heilige<br />

Narzissus am 27. November 1808 vom Obersten Rat<br />

von Katalonien mit <strong>de</strong>m Titel <strong>de</strong>s Generalissimus ausgezeichnet.<br />

47


19<br />

48<br />

Das Brüllen in Castelló<br />

Sagen entstehen oftmals, um Ereignisse,<br />

die keine sichtbare Erklärung haben,<br />

verständlich zu machen. Siege in schweren<br />

Schlachten, aufrecht stehen<strong>de</strong> Steine,<br />

Quellen, Brücken... und sogar seltsame<br />

Schreie können durch eine Sage erklärt<br />

wer<strong>de</strong>n. Außer<strong>de</strong>m zeigen die Sagen die in<br />

einer Gesellschaft anerkannten<br />

Verhaltensweisen auf und die Strafen für<br />

diejenigen, die von diesesm Verhalten<br />

abweichen. In dieser Erzählung wer<strong>de</strong>n wir<br />

sehen, wie <strong>de</strong>r Schrei eines Vogels uns<br />

davor warnen kann, habgierig zu sein.<br />

1333 - Jahr <strong>de</strong>s Hungers in Katalonien - Castelló d’Empúries (<strong>Girona</strong>).


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

In <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>s Grafen von Empúries, Ponç Hug, im 14.<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rt gab es in einem Jahr eine sehr schlechte<br />

Ernte. Der Graf, <strong>de</strong>r einen großen Gerechtigkeitssinn<br />

hatte, verlangte die gesamte Ernte, um sie zu<br />

gleichen Teilen unter seinen Untertanen zu verteilen<br />

und um so eine Hungersnot bei <strong>de</strong>n ärmsten Bauern<br />

zu vermei<strong>de</strong>n.<br />

Doch wie schon so oft gab es einen reichen Mann in<br />

dieser Gegend, <strong>de</strong>r schlauer als die an<strong>de</strong>ren sein wollte.<br />

Er sammelte so viel Getrei<strong>de</strong>, wie er konnte ein, ein<br />

und belud einen von Rin<strong>de</strong>rn gezogenen Karren. Der<br />

angesehene Mann aus Castelló wollte mit <strong>de</strong>m Getrei<strong>de</strong><br />

bis nach Roses, wo ein Schiff auf ihn wartete,<br />

um es in ein fernes Land zu bringen. Dieses<br />

Unterfangen musste in <strong>de</strong>r dunklen Nacht und durch<br />

die Seen erfolgen, da er nicht ent<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n wollte.<br />

Als er die heimtückische Gegend Seen erreichte, gingen<br />

die Rin<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r Karren, das Getrei<strong>de</strong> und <strong>de</strong>r habgierige<br />

Reiche im Schlamm unter. Nichts konnte<br />

gegen die Kräfte <strong>de</strong>r Seen unternommen wer<strong>de</strong>n und<br />

sie wur<strong>de</strong>n von ihnen verschlungen. Seit jener Unglücksnacht<br />

hört man die Klagerufe <strong>de</strong>r Rin<strong>de</strong>r, die<br />

unschuldige Komplizen dieses verwerflichen Verhaltens<br />

wur<strong>de</strong>n.<br />

Es gibt verschie<strong>de</strong>ne Versionen dieser Sage. Man<br />

erzählt sich auch, dass <strong>de</strong>r Graf von Empúries von<br />

<strong>de</strong>n Tümpeln verschlungen wur<strong>de</strong>, da er das<br />

Getrei<strong>de</strong> nicht unter seinen Untertanen aufteilen<br />

wollte. Nach einer an<strong>de</strong>ren Version dieser Sage<br />

be<strong>de</strong>uten die Schreie <strong>de</strong>r Rin<strong>de</strong>r, dass sie in die Hölle,<br />

die sich unter <strong>de</strong>m See - wie auch beim See von Sils<br />

- befin<strong>de</strong>t, kommen.<br />

Eine Erklärung zu diesen berühmten Schreien gibt<br />

uns die Vogelwelt: Der seltsame Schrei <strong>de</strong>r Rin<strong>de</strong>r ist<br />

nichts an<strong>de</strong>res als <strong>de</strong>r Gesang <strong>de</strong>s Botaurus stellaris,<br />

mit an<strong>de</strong>ren Worten, <strong>de</strong>r großen Rohrdrommel. Dieser<br />

Vogel lebt im Schilf <strong>de</strong>r Teiche und im Frühling, während<br />

<strong>de</strong>r Balzzeit, gibt er in <strong>de</strong>r Abenddämmerung<br />

Töne von sich, die an das Brüllen eines Rin<strong>de</strong>s erinnern.<br />

In <strong>de</strong>n 60er Jahren verschwand <strong>de</strong>r Vogel aus<br />

dieser Gegend, doch mit <strong>de</strong>r Einrichtung <strong>de</strong>s<br />

Nationalparks <strong>de</strong>r Sümpfe <strong>de</strong>s Empordà im Jahr 1983<br />

kehrte das Brüllen <strong>de</strong>r Rohrdrommel und somit auch<br />

die Sage über das Brüllen aus Castelló in die Gegend<br />

l’Empordá zurück.<br />

49


20<br />

50<br />

Die Äpfel<br />

<strong>Girona</strong> hat eine wi<strong>de</strong>rsprüchliche<br />

Beziehung zu seinen vier Flüssen. Die Stadt<br />

nutzt das Wasser für landwirtschaftliche<br />

Zwecke, für die Mühlen und für <strong>de</strong>n<br />

Verbrauch seiner Bewohner. Doch die<br />

Flüsse, die die Stadt mit Wasser versorgen,<br />

haben sie auch immer wie<strong>de</strong>r<br />

überschwemmt. <strong>Girona</strong> musste sich<br />

irgendwie verteidigen, wenn diese Flüsse<br />

über die Ufer traten. Die erste<br />

dokumentierte Überschwemmung war<br />

im Jahr 1193 und seither hat die Stadt<br />

<strong>de</strong>r vier Flüsse einige davon erlei<strong>de</strong>n<br />

müssen.<br />

1336 - Verbauung <strong>de</strong>r Ufer <strong>de</strong>s Onyar - Am Fluss Onyar, <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Die Wolkenbrüche waren ein immer wie<strong>de</strong>rkehren<strong>de</strong>s<br />

Übel in <strong>Girona</strong>. Die Bewohner <strong>de</strong>s Stadtviertels<br />

Mercadal litten unter <strong>de</strong>n Überschwemmungen <strong>de</strong>r<br />

Flüsse Güell und Ter und die Leute <strong>de</strong>s Viertels Sant<br />

Pere durch <strong>de</strong>n Fluss Galligans. Als 1336 <strong>de</strong>r König<br />

Peter <strong>de</strong>r Zeremoniöse die Erlaubnis gab, am Ufer<br />

<strong>de</strong>s Flusses Onyar zu bauen, verschlimmerten sich<br />

die Schwierigkeiten. Wenn <strong>de</strong>r Onyar über die Ufer<br />

trat, konnten die niedrigeren Straßen bis zur Plaça<br />

<strong>de</strong>l Vi und <strong>de</strong>r Carrer Ciutadans überflutet wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Leute mussten zum höheren Teil <strong>de</strong>r Stadt fliehen.<br />

Im Jahr 1732 entwarfen die Bewohner <strong>Girona</strong>s<br />

eine Anlage von Hilfsbrücken, die an <strong>de</strong>r ersten<br />

Etage <strong>de</strong>r Häuser in <strong>de</strong>n überschwemmten Straßen<br />

angebracht wur<strong>de</strong>n und die zu <strong>de</strong>r höher gelegenen<br />

Stadt, <strong>de</strong>r Carrer <strong>de</strong> la Força und Pujada <strong>de</strong> Sant<br />

Feliu, führten. Ein an<strong>de</strong>re Lösung war, Löcher in <strong>de</strong>n<br />

Mauern zu öffnen, um das Wasser aus <strong>de</strong>r Stadt<br />

abfließen zu lassen. Wenn <strong>de</strong>r Erfindungsgeist <strong>de</strong>r<br />

Menschen nicht ausreichte, um die Bewohner <strong>de</strong>r<br />

Stadt <strong>de</strong>r vier Flüsse zu verteidigen, hatten die Bewohner<br />

keinen an<strong>de</strong>ren Ausweg, als im Glauben und<br />

in <strong>de</strong>n Gebeten Zuflucht zu suchen und sich mit<br />

einigen Äpfeln <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus zu versorgen.<br />

Diese Äpfel kamen von einem Grundstück, das die<br />

Bru<strong>de</strong>rschaft <strong>de</strong>s Heiligen in <strong>de</strong>r Nähe von Banyoles<br />

hatte. Es waren kleine, rote Äpfel. Zum Heiligen<br />

Narzissus wur<strong>de</strong>n sie auf sein Grab, wo sie die ganze<br />

Woche <strong>de</strong>s Heiligen blieben. Danach wur<strong>de</strong>n sie<br />

unter <strong>de</strong>n Gläubigen verteilt. Es hieß, dass sie sich<br />

das ganze Jahr über hielten, wenn sie gesegnet waren.<br />

Außer<strong>de</strong>m konnten sie das Wasser <strong>de</strong>r Flüsse,<br />

wenn sie über die Ufer traten, beruhigen. Die Bewohner<br />

<strong>de</strong>r Häuser am Onyar bewahrten einen guten<br />

Vorrat in <strong>de</strong>r Speisekammer auf und wenn Überschwemmungsgefahr<br />

bestand, wur<strong>de</strong>n sie in <strong>de</strong>n<br />

Fluss geworfen, um das Wasser zu besänftigen.<br />

Dieser Brauch ist sicherlich ein Nachlass <strong>de</strong>r Römer,<br />

die menschliche Opfer in <strong>de</strong>n Fluss Tiber warfen, als<br />

dieser drohte, über die Ufer zu treten. Später wur<strong>de</strong>n<br />

diese Opfer in an<strong>de</strong>ren Kulturen durch Stroho<strong>de</strong>r<br />

Brotpuppen ersetzt. Und <strong>de</strong>r Apfel wäre das<br />

Symbol <strong>de</strong>s Menschen, jedoch in religiöser und<br />

gesegneter Form.<br />

Mit <strong>de</strong>m Prozess <strong>de</strong>r Manus mortua im Jahr 1835,<br />

<strong>de</strong>r viele Eigentümer <strong>de</strong>r Kirche betraf, verlor die<br />

Kapelle Sant Narcís das Feld mit <strong>de</strong>n Apfelbäumen in<br />

Banyoles. Um die Tradition fortsetzen zu können,<br />

wur<strong>de</strong> beschlossen, die Äpfel zu kaufen. Die Tradition<br />

verlor sich um 1870.<br />

51


21<br />

52<br />

Der Heilige Felix und <strong>de</strong>r Dieb <strong>de</strong>r Stiftskirche<br />

Die Hauptfigur in diesem Ereignis ist <strong>de</strong>r<br />

an<strong>de</strong>re Schutzpatron <strong>de</strong>r Stadt, <strong>de</strong>r Heilige<br />

Felix, an <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus.<br />

Die Legen<strong>de</strong> erzählt, dass <strong>de</strong>r Geist <strong>de</strong>s<br />

Heiligen Felix besorgt war, da es in <strong>Girona</strong><br />

einen Dieb gab, <strong>de</strong>r darauf versessen war,<br />

Messgewän<strong>de</strong>r und an<strong>de</strong>re liturgische<br />

Ornamente zu stehlen. So entschied <strong>de</strong>r<br />

Heilige Felix, nachts eine Run<strong>de</strong> zu drehen,<br />

um diesen Diebstählen ein En<strong>de</strong> zu<br />

bereiten.<br />

14. Jahrhun<strong>de</strong>rt - Kirche Sant Feliu, <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Es war schwarze Nacht, als <strong>de</strong>r kleine Dieb im<br />

Schutze <strong>de</strong>s Nebels und <strong>de</strong>r Dunkelheit durch die<br />

Stadt <strong>de</strong>r vier Flüsse ging, bela<strong>de</strong>n mit einem Sack, in<br />

<strong>de</strong>r sich die ganze Beute jener Nacht - einige Messgewän<strong>de</strong>r<br />

aus <strong>de</strong>r Stiftskirche - befand. Auf <strong>de</strong>m<br />

Weg traf <strong>de</strong>r Dieb einen nächtlichen Reisen<strong>de</strong>n und<br />

einige Zeit lang gingen sie gemeinsam und unterhielten<br />

sich. Der geheimnisvolle Reisen<strong>de</strong> konnte<br />

sofort das Vertrauen <strong>de</strong>s Diebes gewinnen. Bald wollte<br />

<strong>de</strong>r Dieb <strong>de</strong>m Reisen<strong>de</strong>n sein Geheimnis anvertrauen,<br />

vielleicht in <strong>de</strong>r Hoffnung, im Gegenzug ein<br />

Geheimnis von seinem Begleiter zu erfahren.<br />

Der Reisen<strong>de</strong> antwortete ihm, dass er ruhig sein<br />

Geheimnis mit ihm teilen könne, da er ihn nicht<br />

verraten wür<strong>de</strong>. Der Dieb zeigte ihm <strong>de</strong>n ganzen<br />

Inhalt seines Sacks und <strong>de</strong>r Unbekannte schlug ihm<br />

vor, alles in einem großen Haus zu lassen, das er<br />

besaß. Der kleine Dieb war damit einverstan<strong>de</strong>n<br />

und folgte <strong>de</strong>m Reisen<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r ihn bis zur Kirche<br />

Sant Feliu brachte. Als sie die Stiftskirche erreicht<br />

hatte, sagte <strong>de</strong>r Unbekannte zu <strong>de</strong>m Dieb: «Lass<br />

alles hier. Das ist mein Zuhause.» Und als er diese<br />

Worte feierlich ausgesprochen hatte, verschwand<br />

er im Nebel <strong>de</strong>r Stadt.<br />

Der kleine Dieb blieb mit offenem Mund zurück und<br />

rieb sich die Augen. Er schaut noch einmal hin, doch<br />

von <strong>de</strong>m geheimnisvollen Reisen<strong>de</strong>n war keine Spur<br />

zu sehen. Der Dieb erkannte die Kirche, die er einige<br />

Stun<strong>de</strong>n vorher geschän<strong>de</strong>t hatte, wie<strong>de</strong>r und<br />

zitternd schüttete er <strong>de</strong>n gesamten Inhalt <strong>de</strong>s Sacks<br />

auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Gotteshauses. Als er <strong>de</strong>n Kopf<br />

hob und auf das Bild hinter <strong>de</strong>m Hochaltar schaute,<br />

sah er das gleiche Gesicht wie das <strong>de</strong>s geheimnisvollen<br />

Reisen<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r ihn bis hierher begleitet hatte.<br />

Der kleine Dieb verstand, dass <strong>de</strong>r Heilige Felix <strong>de</strong>n<br />

Diebstahl ent<strong>de</strong>ckt hatte. Der Heilige hatte <strong>de</strong>m<br />

kleinen Dieb eine heilsame Lehre erteilt, sodass dieser<br />

nicht wie<strong>de</strong>r stahl - zumin<strong>de</strong>st nicht im Haus<br />

<strong>de</strong>s Heiligen.<br />

53


22<br />

54<br />

Der Tarlà<br />

Auf <strong>de</strong>r Carrer <strong>de</strong> l’Argenteria sieht man zu<br />

<strong>de</strong>n Frühlingsfesten eine Harlekinpuppe,<br />

die an einer waagrechten Stange, die von<br />

Balkon zu Balkon reicht, hängt. Diese<br />

Puppe unterhält die Passanten,<br />

insbeson<strong>de</strong>re die Kin<strong>de</strong>r, mit ihrem<br />

unermüdlichen Repertoire an Überschlägen<br />

und Purzelbäumen. Die Puppe heißt Tarlà<br />

o<strong>de</strong>r Xato. Dieses Fest gab es, mit einigen<br />

Unterbrechungen, bis ins letzte<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rt. Dann wur<strong>de</strong> diese Tradition<br />

wie<strong>de</strong>r eingeführt und nun sieht man <strong>de</strong>n<br />

Tarlà erneut zu <strong>de</strong>n Frühlingsfesten um<br />

<strong>de</strong>n Tag <strong>de</strong>s Heiligen Georg auf <strong>de</strong>r<br />

Rambla und in <strong>de</strong>r Carrer <strong>de</strong> l’Argenteria.<br />

1348 - Beulenpest - Carrer <strong>de</strong> l’Argenteria, <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Dieses Fest hat <strong>de</strong>r Sage nach ihren Ursprung in<br />

einer <strong>de</strong>r schrecklichen Pestepi<strong>de</strong>mien, die <strong>Girona</strong><br />

zwischen <strong>de</strong>n Jahren 1348 und 1654 heimsuchten<br />

und die auch die Carrer <strong>de</strong> l’Argenteria nicht ausließen.<br />

Die Quarantäne wur<strong>de</strong> verhängt und die<br />

Bewohner schlossen die Zugänge <strong>de</strong>r Straßen<br />

sowie die Fenster und Türen <strong>de</strong>r Häuser mit Faschinen,<br />

Geflechten aus grünem Rohr, und beteten<br />

zum Heiligen Augustus, damit er sie von <strong>de</strong>r Seuche<br />

befreie. Den einzigen Kontakt, <strong>de</strong>n sie mit <strong>de</strong>r Stadt<br />

hatten, war das Läuten <strong>de</strong>r Kirchenglocken, die<br />

verkün<strong>de</strong>ten dass jemand an <strong>de</strong>r Seuche verstorben<br />

war. Die Quarantäne wäre für die Leute noch<br />

schlimmer gewesen, wenn sie nicht <strong>de</strong>n Tarlà<br />

gehabt hätten, mit <strong>de</strong>m ein Anwohner die ganze<br />

Straße mit seinen Überschlägen und Purzelbäumen<br />

unterhielt. Als die Seuche vorbei war, die nur<br />

das Leben eines Mädchens gekostet hatte, beschlossen<br />

die Anwohner, als Dank und zur Erinnerung<br />

an <strong>de</strong>n sympathischen Tarlà ein Fest zu<br />

feiern Da sie auch <strong>de</strong>m Heiligen Augustus dankten,<br />

wur<strong>de</strong> dieses Fest auf seinen Feiertag gelegt. Dieses<br />

Fest gab es schon im 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt und es<br />

hatte einen religiösen Aspekt dann langsam verlo-<br />

ren ging, beson<strong>de</strong>rs während <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts.<br />

Immer am 27. August, am Tag vor <strong>de</strong>m Feiertag <strong>de</strong>s<br />

Heiligen, schmückten die Anwohner die Straßen mit<br />

Geflechten aus grünem Rohr und Figuren, die <strong>de</strong>n<br />

Tarlà darstellten, sowie mit einer Holzpuppe. Der<br />

Tarlà wur<strong>de</strong> zum ersten Mal im Jahr 1814 erwähnt<br />

und bis zum letzten Drittel <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />

gab es auf <strong>de</strong>n Festen <strong>de</strong>n Tarlà aus Holz und <strong>de</strong>n<br />

Tarlà aus Fleisch und Blut. Im Jahr 1870 gab es mit<br />

Capeta und Xarron die letzten leben<strong>de</strong>n Tarlàs.<br />

Am nächsten Tag fan<strong>de</strong>n die religiösen Veranstaltungen<br />

statt und am dritten Tag «ging man zur<br />

Faschine», was heißen sollte, dass man außerhalb<br />

<strong>de</strong>r Stadt ein Picknick zum Nachmittag- o<strong>de</strong>r<br />

Aben<strong>de</strong>ssen als Abschluss <strong>de</strong>s Festes veranstaltete.<br />

Diese Tradition erinnert an das Feuer, in <strong>de</strong>m die<br />

Faschinen aus Rohr verbrannt wur<strong>de</strong>n, nach<strong>de</strong>m<br />

sie die Bewohner <strong>Girona</strong>s vor <strong>de</strong>r Pest geschützt<br />

hatten.<br />

Das Fest <strong>de</strong>s Tarlà erinnert an die mittelalterlichen<br />

Feiern <strong>de</strong>r Narren. Es ist ein Fest, an <strong>de</strong>m Gebote<br />

übertreten wer<strong>de</strong>n, wie am Karneval. Einige Tage<br />

<strong>de</strong>r Ausschweifung, in <strong>de</strong>nen die gesellschaftliche<br />

Ordnung verdreht wird, dienen als Ventil für soziale<br />

Konflikte im Alltag.<br />

55


23<br />

56<br />

Die Hexe <strong>de</strong>r Kathedrale<br />

Diese Geschichte ereignete sich in <strong>de</strong>r<br />

dunklen Hexenzeit. Die Hexen waren<br />

Personen, meistens Frauen, mit bösartigen<br />

Kräften, die die Gabe hatten, fliegen zu<br />

können und die sich mit <strong>de</strong>m Teufel<br />

verbün<strong>de</strong>t hatten, um <strong>de</strong>n Christen zu<br />

scha<strong>de</strong>n. Die Katalanen <strong>de</strong>s Mittelalters<br />

hatten große Angst vor ihnen und<br />

machten sie für die schlimmsten Sachen<br />

verantwortlich, wie schlechte Ernten,<br />

Dürren und Überschwemmungen, totes<br />

Vieh, Seuchen und Fehlgeburten.<br />

1350 - Datum <strong>de</strong>s Wasserspeiers - Kathedrale von <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Die Hexen waren trotz ihrer Macht nicht immer<br />

erfolgreich mit ihrer bösen Kunst. Die Kirche hatte<br />

einige Waffen, mit <strong>de</strong>nen sie gegen die Hexen vorgehen<br />

konnte, wie Kruzifixe, Weihwasser usw.<br />

Zu<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong>n sie von <strong>de</strong>n Inquisitoren verfolgt,<br />

gefoltert und lebend verbrannt. Nicolau Eimeric, <strong>de</strong>r<br />

große Inquisitor, war für seine Inquisitionswut und<br />

sein Handbuch für Inquisitoren bekannt. In <strong>Girona</strong><br />

wird erzählt, dass eine Hexe nicht durch die irdischen<br />

Inquisitionskräfte, son<strong>de</strong>rn durch göttliche<br />

Hand bestraft wur<strong>de</strong>. Ihre Strafe wird auch heute<br />

noch durch einen Wasserspeier an <strong>de</strong>r Kathedrale<br />

als Abschreckung und Lehre für die, die ver<strong>de</strong>ckte<br />

teuflische Absichten haben, vorgezeigt.<br />

Man erzählt sich, dass es eine alte Hexe gab, die<br />

ihren Hass gegen die guten Kräfte hegte, in<strong>de</strong>m sie<br />

Steine gegen die Kathedrale und, nach an<strong>de</strong>ren Versionen,<br />

auf <strong>de</strong>n Weg <strong>de</strong>r Korpusprozession warf. Bis<br />

sie eines Tages, als sie wie<strong>de</strong>r ihren Umtrieben nachging,<br />

eine Strafe erhielt, für die alle Bewohner<br />

<strong>Girona</strong>s dankbar waren: Als die Glocken läuteten,<br />

versteinerte sich die Hexe durch göttliche Fügung.<br />

Die Bewohner <strong>Girona</strong>s hingen die Hexe, die zu<br />

einem Wasserspeier gewor<strong>de</strong>n war, an <strong>de</strong>r höchsten<br />

Stelle <strong>de</strong>r Kathedrale auf. Seit jenem Tag sieht man<br />

die Figur <strong>de</strong>r Hexe, die immer auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n blickt<br />

und die immer dazu verurteilt ist, nie wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />

Himmel anzuschauen. Aus ihrem Mund kommen<br />

keine Flüche o<strong>de</strong>r Gotteslästerungen mehr heraus,<br />

son<strong>de</strong>rn jetzt wird sie je<strong>de</strong>s Mal, wenn es regnet,<br />

durch das saubere Regenwasser gereinigt.<br />

Der Wasserspeier <strong>de</strong>r versteinerten Hexe ist aus<br />

Mitte <strong>de</strong>s 14. Jahrhun<strong>de</strong>rt und er ist leicht zu erkennen,<br />

<strong>de</strong>nn er ist <strong>de</strong>r einzige Wasserspeier in Form<br />

einer menschlichen Figur. Je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Kathedrale<br />

an <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>r Torre <strong>de</strong> Carlemany vorbeikommt,<br />

kann sie sehen, wie sie, <strong>de</strong>n Mund sperrangelweit<br />

geöffnet, herabblickt, ohne Angst vor einer<br />

teuflischen Strafe, die ihr einen Stoß versetzt:<br />

Steine, die du wirfst, Steine, die du werfen wirst,<br />

zu Stein wirst du wer<strong>de</strong>n.<br />

57


24<br />

58<br />

Die Teufelsbrücke o<strong>de</strong>r Dämonenbrücke<br />

Der Teufel und seine überraschen<strong>de</strong><br />

Fähigkeit, in kürzester Zeit Brücken zu<br />

bauen, normalerweise vor Mitternacht<br />

o<strong>de</strong>r, bevor <strong>de</strong>r Hahn kräht, und immer als<br />

Gegenleistung für eine Seele, sind in<br />

zahlreichen Sagen über <strong>de</strong>n Ursprung<br />

vieler unserer Brücken vertreten.<br />

In Katalonien gibt es min<strong>de</strong>stens zwanzig<br />

Sagen über Brücken und Teufel.<br />

In Martorell, Olot... und in <strong>de</strong>r Stadt<br />

<strong>Girona</strong> gibt es zwei Brücken, die ihre<br />

Entstehung <strong>de</strong>n baulichen Fähigkeiten<br />

<strong>de</strong>s Teufels verdanken, und auch in<br />

Olot gibt es einen Pont <strong>de</strong>l Dimoni<br />

(Teufelsbrücke).<br />

1357 - Die Brücken Pont <strong>de</strong>l Dimoni und Pont Major, <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Die Brücke Pont Major an <strong>de</strong>r Stelle, wo <strong>de</strong>r Ter und<br />

<strong>de</strong>r Onyar zusammenfließen und die Sarrià <strong>de</strong> Ter mit<br />

<strong>Girona</strong> verbin<strong>de</strong>t, trägt zwar nicht <strong>de</strong>n Namen <strong>de</strong>s<br />

Teufels, doch erzählt die Sage, wie <strong>de</strong>r Leibhaftige<br />

und seine Fertigkeiten bei <strong>de</strong>r Errichtung <strong>de</strong>r Brücke<br />

anwesend waren.<br />

Maria, das schönste Mädchen im Landkreis, war in<br />

Jacint, einen reichen Erben vom oberen Ter, verliebt.<br />

Als die Familien die starke Liebe <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n sahen,<br />

gaben sie für die Heirat <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n ihr Einverständnis.<br />

Am Tag vor <strong>de</strong>r Hochzeit wollte Maria sich wie immer<br />

mit ihrem Liebsten auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite <strong>de</strong>s<br />

Flusses treffen. Aber an diesem Tag konnte das Pärchen<br />

wegen <strong>de</strong>s starken Ostwinds <strong>de</strong>n Fluss nicht<br />

überqueren, um sich zu treffen. Verzweifelt rief<br />

Maria: «Ich wür<strong>de</strong> meine Seele <strong>de</strong>mjenigen geben,<br />

<strong>de</strong>r eine Brücke über diesen Fluss bauen kann!» Diese<br />

Gelegenheit nutzte <strong>de</strong>r Teufel, <strong>de</strong>r vor Maria erschien<br />

und ihr versprach, noch vor Mitternacht eine Brücke<br />

zu bauen, wenn sie ihm dafür ihre Seele versprach. So<br />

wur<strong>de</strong> es vereinbart. Der Leibhaftige und Tausen<strong>de</strong><br />

von kleinen Teufeln begannen mit <strong>de</strong>r Arbeit; sie<br />

brachten Steine von <strong>de</strong>n Bergen <strong>de</strong>r Montserrat und<br />

von <strong>de</strong>n Pyrenäen. Doch Maria fühlte die Last <strong>de</strong>r<br />

Schuld und in ihrer Reue wandte sie sich an die<br />

Muttergottes. Ihre Bitten wur<strong>de</strong>n angehört und starke<br />

Win<strong>de</strong> und Beben in <strong>de</strong>n Bergen verhin<strong>de</strong>rten,<br />

dass die bösen Kräfte die Arbeit vor Mitternacht<br />

been<strong>de</strong>n konnten; diese ließen die letzten Steine in<br />

<strong>de</strong>r ganzen Gegend verstreut fallen. Das sind die<br />

aufrecht stehen<strong>de</strong>n Steine, die von Santa Pau und<br />

Sant Hilari bis nach Vall d’Aro zu sehen sind. Die<br />

dankbare Maria verabre<strong>de</strong>te mit ihrem Verlobten, die<br />

Hochzeit ein Jahr zu verschieben, damit sie ihre<br />

Schuld verbüßen konnte.<br />

In an<strong>de</strong>ren Sagen gibt es nicht so ein glückliches<br />

En<strong>de</strong>. Im Stadtviertel Sant Narcís in <strong>Girona</strong> gibt es<br />

<strong>de</strong>n so genannten Pont <strong>de</strong>l Dimoni (Teufelsbrücke)<br />

über <strong>de</strong>n Fluss Güell. Viele Jahre lang war es die einzige<br />

Verbindung zwischen diesem Viertel und <strong>de</strong>r<br />

Ortschaft Santa Eugènia. Sie wur<strong>de</strong> vom Meister<br />

Guillem Granollers aus Montfullà im Jahr 1357<br />

errichtet. Bei diesem Bau war Luzifer mit im Spiel.<br />

Meister Guillem hatte zwar seine Seele nicht verkauft,<br />

doch hatte er sie belastet: Er musste tausend<br />

Jahre Buße in <strong>de</strong>r Hölle tun - ein Jahr für je<strong>de</strong>n Stein,<br />

<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Teufel beim Bau <strong>de</strong>r Brücke gesetzt hatte –,<br />

von <strong>de</strong>nen er fast 700 abbüßte. Als er sah, wie die<br />

Brücke im Jahre 1968 abgebaut wur<strong>de</strong>, um die<br />

Schienen <strong>de</strong>s Zuges nach Olot zu entfernen, und dass<br />

die Steine im Friedhof von Santa Eugènia aufbewahrt<br />

wur<strong>de</strong>n, bereute er es sicher noch mehr.<br />

59


25<br />

60<br />

Der Vampir <strong>de</strong>r Rambla<br />

Wenn wir durch die alten Straßen <strong>Girona</strong>s<br />

gehen und dabei auf die Umgebung<br />

achten und uns je<strong>de</strong>n Stein an je<strong>de</strong>r<br />

Fassa<strong>de</strong>, je<strong>de</strong>r Säule, je<strong>de</strong>m Gewölbe und<br />

je<strong>de</strong>m Dachwinkel anschauen... wenn wir<br />

dann nicht stolpern und zu Bo<strong>de</strong>n fallen,<br />

ent<strong>de</strong>cken wir einige stille Bewohner <strong>de</strong>r<br />

Stadt, auf die wir normalerweise nicht<br />

achten wür<strong>de</strong>n.<br />

14. Jahrhun<strong>de</strong>rt - Im Bogengang <strong>de</strong>r Rambla, <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Diese Bewohner aus Stein wohnen getarnt an verschie<strong>de</strong>nen<br />

Plätzen in <strong>de</strong>r Altstadt <strong>Girona</strong>s und leisten<br />

<strong>de</strong>r berühmten Löwin und <strong>de</strong>r Hexe <strong>de</strong>r<br />

Kathedrale Gesellschaft. An <strong>de</strong>r Tür zum Sitzungssaal<br />

<strong>de</strong>s Rathauses von <strong>Girona</strong> gibt es eine Figur, die<br />

<strong>de</strong>n Kopf eines Mannes darstellt, <strong>de</strong>r sich auf die<br />

Zunge beißt und <strong>de</strong>m ein Baum aus <strong>de</strong>r Stirn<br />

wächst. Dieser geheimnisvolle Kopf beschwört die<br />

Weisheit <strong>de</strong>rjenigen, die sich in diesem Saal <strong>de</strong>s<br />

Rathauses versammeln, und das Geheimnis <strong>de</strong>r<br />

Angelegenheiten, die dort behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n.<br />

Ganz in <strong>de</strong>r Nähe, auf <strong>de</strong>r Plaça <strong>de</strong>l Vi, gibt es an<br />

einer alten Fassa<strong>de</strong> einen weiteren Kopf, bei <strong>de</strong>m es<br />

sich um <strong>de</strong>n Kopf eines Teufels han<strong>de</strong>lt. Auch in diesem<br />

Fall wissen wir nicht, wer ihn dorthin gebracht<br />

hat und wann. Da keine Angaben vorliegen, halten<br />

wir uns an die durch Volksmund überlieferte<br />

Erklärung: Vor langer Zeit gab es einen Markt auf<br />

diesem Platz und ein Wucherer hatte dort einen<br />

Stand. Dieser Wucherer nutzte die Bewohner <strong>Girona</strong>s<br />

immer mehr aus und verlangte von ihnen<br />

immer mehr Geld, bis er eines Tages versteinert als<br />

Kopf eines Teufels an <strong>de</strong>r Stelle auftauchte, wo er<br />

seinen Stand hatte. Es wird erzählt, dass er seit jener<br />

Zeit bei allen Bewohnern <strong>Girona</strong>s darauf achtet,<br />

dass sie ihre Steuern zahlen. Diese Figur ist in <strong>de</strong>r<br />

Stadt als Banyeta (gehörnter Teufel) bekannt.<br />

Ebenfalls zu <strong>de</strong>n berühmten und geheimnisvollen<br />

Persönlichkeiten <strong>de</strong>r Stadt gehört <strong>de</strong>r Vampir <strong>de</strong>r<br />

Rambla. Dieser Steinvampir befin<strong>de</strong>t sich an einer<br />

schattigen, dunklen Stelle zwischen zwei Arka<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r Rambla. Er hat einen kleinen Menschenkopf mit<br />

einem langen Bart und Fle<strong>de</strong>rmausflügel. Auch<br />

wenn er ein etwas teuflisches Aussehen hat, han<strong>de</strong>lt<br />

es sich in Wirklichkeit um einen romantischen<br />

Vampir, <strong>de</strong>r zu einer Art Amor gewor<strong>de</strong>n ist und <strong>de</strong>r<br />

an allen Tagen <strong>de</strong>s Jahres Wache hält. Gemäß <strong>de</strong>r<br />

Tradition benutzt <strong>de</strong>r Vampir <strong>de</strong>r Rambla seine Kräfte<br />

dazu, die Bewohner <strong>Girona</strong>s verliebt zu machen.<br />

Wenn ein junger Mann o<strong>de</strong>r ein Mädchen die Person,<br />

die er o<strong>de</strong>r sie mag unter die Figur <strong>de</strong>s Vampirs<br />

führt und erreicht, dass ihm ein Geschenk gemacht<br />

wird, wird <strong>de</strong>r Vampir <strong>de</strong>r Rambla dafür sorgen, dass<br />

die Liebe zwischen <strong>de</strong>n Zweien blüht. Nur er weiß,<br />

wie viele Pärchen unter <strong>de</strong>m Schutz <strong>de</strong>s Bogenganges<br />

<strong>de</strong>r Rambla zusammengefun<strong>de</strong>n haben.<br />

61


26<br />

62<br />

Der Goldochse<br />

Die Ju<strong>de</strong>n in <strong>Girona</strong> waren eine sehr reiche<br />

Gemeinschaft, bis sie im Jahr 1492 die<br />

Stadt verlassen mussten. In <strong>de</strong>r Phantasie<br />

<strong>de</strong>r Bewohner <strong>Girona</strong>s bestand immer die<br />

Möglichkeit, dass ein Ju<strong>de</strong> seinen Schatz<br />

an einer Stelle <strong>de</strong>r Stadt unter die Er<strong>de</strong><br />

vergraben hatte. Doch es musste mit<br />

Vorsicht gehan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>, <strong>de</strong>nn man<br />

verband das jüdische Gold mit teuflischen<br />

Kräften. Die Sage über <strong>de</strong>n Goldochsen<br />

und ihre unterschiedlichen Versionen<br />

verknüpft diese Zutaten: <strong>de</strong>r Glaube daran,<br />

dass große Reichtümer <strong>de</strong>r Ju<strong>de</strong>n<br />

vergraben seien in <strong>Girona</strong> und die<br />

Verbindung dieser Reichtümer mit <strong>de</strong>m<br />

Teufel und <strong>de</strong>r Hölle.<br />

1492. Nach <strong>de</strong>r Vertreibung <strong>de</strong>r Ju<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>r Stadt.<br />

Am Bou d’Or (Goldochsen) in <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Am Berghang <strong>de</strong>s Montjuïc, auf <strong>de</strong>r Seite von Pont<br />

Major, gab es bis zum 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt einen<br />

Steinbruch und eine Brücke, die unter <strong>de</strong>m Namen<br />

Goldochse bekannt war. Es ging das Gerücht um,<br />

dass an einer Wegkreuzung halbverfallenes Haus<br />

stün<strong>de</strong>, in <strong>de</strong>ssen einer Mauer eine große Steinkiste<br />

eingebaut wäre. Wahrscheinlich war es ein Schatz,<br />

doch aufgrund <strong>de</strong>r Geschichten, die man sich<br />

erzählte, traute sich niemand, die geheimnisvolle<br />

Kiste zu öffnen.<br />

In einer schwarzen Nacht gingen vier Spieler durch<br />

die Straßen, die ihr Unglück verfluchten, da sie bei<br />

einem Spiel ihr ganzes Geld verloren hatten. Sie<br />

trafen eine seltsame Person, die ihnen sagte, dass<br />

sie sie zu einem Ort begleiten wür<strong>de</strong>, an <strong>de</strong>m es<br />

viele Reichtümer gäbe, und dass sie so viel wie sie<br />

wollten, davon nehmen könnten. Bei diesem Versprechen<br />

vergassen die vier Spieler die schwarze<br />

Nacht, das Unwetter mit Blitz und Donner und die<br />

Glockenschläge, die je<strong>de</strong>m empfahlen, zuhause zu<br />

bleiben. Sie folgten <strong>de</strong>m Mann bis vor die Stadtmauern,<br />

durchquerten Pedret und überquerten die<br />

Brücke <strong>de</strong>s Goldochsen. Schließlich erreichten sie<br />

das Haus mit <strong>de</strong>r Steinkiste.<br />

Der geheimnisvolle Mann führte sie durch die<br />

Dunkelheit bis zu einem Brunnen hinter <strong>de</strong>n Ruinen<br />

<strong>de</strong>s Hauses. Dann mussten sie eine Wen<strong>de</strong>ltreppe<br />

hinabsteigen. Sie gingen eine ganze Weile die<br />

Treppe hinunter, die kein En<strong>de</strong> mehr nahm, während<br />

<strong>de</strong>r Mann ihnen zurief, dass sie weitergehen sollten.<br />

Einer von ihnen, <strong>de</strong>r von so vielen Stufen mü<strong>de</strong><br />

gewor<strong>de</strong>n war, rief: «Lieber Gott! Wann nimmt dieser<br />

Abstieg ein En<strong>de</strong>?» Nach diesem Ausruf flogen<br />

die vier Männer inmitten eines Wirbels aus <strong>de</strong>m<br />

Brunnen. Je<strong>de</strong>r von ihnen lan<strong>de</strong>te an einem schwierigen<br />

Ort: Einer lan<strong>de</strong>te auf <strong>de</strong>r Brücke von Sarrià,<br />

am Gelän<strong>de</strong>r hängend von <strong>de</strong>r Flussseite aus. Ein<br />

an<strong>de</strong>rer lan<strong>de</strong>te in <strong>de</strong>r gleichen Stellung, aber auf<br />

<strong>de</strong>r Brücke Sant Francesc. Der Dritte lan<strong>de</strong>te auf<br />

<strong>de</strong>m Glockenturm Feliua <strong>de</strong>r Kirche Sant Feliu und<br />

<strong>de</strong>r Vierte, <strong>de</strong>r Gott angerufen hatte, flog bis zum<br />

Engel <strong>de</strong>r Kathedrale. Es ist ganz ein<strong>de</strong>utig, dass<br />

diese religiöse Anrufung sie davor bewahrt hatte,<br />

<strong>de</strong>n Weg <strong>de</strong>s Teufels gera<strong>de</strong>wegs in die Hölle weiterzugehen.<br />

63


27<br />

64<br />

Das Schwein <strong>de</strong>s Heiligen Anton<br />

Das ist die Geschichte eines Heiligen, <strong>de</strong>r<br />

Mitleid mit einem verkrüppelten Ferkel<br />

hatte, und auch die Geschichte über die<br />

Dankbarkeit, die das Ferkel für seinen<br />

Retter empfand. Die Bewohner <strong>Girona</strong>s<br />

waren sehr von dieser Legend gerührt, an<br />

<strong>de</strong>r sie sich viele Jahre lang in Form einer<br />

Verlosung erinnerten. Natürlich war <strong>de</strong>r<br />

Preis es wert!<br />

16. Jahrhun<strong>de</strong>rt - <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Die Winterfeste fan<strong>de</strong>n ihren Höhepunkt mit <strong>de</strong>m<br />

Fest <strong>de</strong>s Heiligen Anton am 17. Januar, in <strong>de</strong>r Woche<br />

<strong>de</strong>r Bärtigen. Es war das wichtigste Fest im Winter<br />

und auch das letzte, bevor <strong>de</strong>r Frühling einzog. Der<br />

Heilige Anton war <strong>de</strong>r Schutzheilige <strong>de</strong>r Tiere. Aus<br />

diesem Grund brachten die Besitzer von Tieren mit<br />

gespaltenen Füssen diese schön geschmückt mit<br />

bunten Schleifen und Bän<strong>de</strong>rn vor die Kirche <strong>de</strong>s<br />

Mercadal, wo sie nach <strong>de</strong>r Messe gesegnet und mit<br />

Stückchen gesegneten Brotes gefüttert wur<strong>de</strong>n.<br />

Vom 16. Jahrhun<strong>de</strong>rt bis zum Jahr 1882 gehörte<br />

eine ungewöhnliche Verlosung zu <strong>de</strong>n wichtigsten<br />

Veranstaltungen <strong>de</strong>s Festes <strong>de</strong>s Heiligen Anton: die<br />

Verlosung <strong>de</strong>s Schweins <strong>de</strong>s Heiligen Anton.<br />

Hinter dieser einträglichen Verlosung versteckt sich<br />

natürliche eine Legen<strong>de</strong>. Diese Legen<strong>de</strong> erzählt, wie<br />

sich eine Sau eines Tages vor <strong>de</strong>n Heiligen Anton<br />

stellte mit einem verkrüppelten Ferkel im Maul, das<br />

sie vor die Füßen <strong>de</strong>s Heiligen auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n legte.<br />

Der gute Heilige Anton hatte Mitleid mit <strong>de</strong>m armen<br />

Tierchen, das kläglich wimmerte, und nahm das<br />

Ferkel auf die Schulter. Er nahm <strong>de</strong>n kranken Fuß in<br />

die Hand und machte das Zeichen <strong>de</strong>s Kreuzes. Als er<br />

das Ferkel wie<strong>de</strong>r zu Bo<strong>de</strong>n ließ, fing dieses an zu<br />

laufen, als ob es nie verkrüppelt gewesen wäre. Das<br />

Ferkel war <strong>de</strong>m Heiligen Anton so dankbar, dass es<br />

sich von ihm nicht mehr trennen wollte. Dieses<br />

Schwein blieb immer und überall an <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>s<br />

Heiligen Anton. Man erzählt sich sogar, dass es nach<br />

<strong>de</strong>m To<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Heiligen <strong>de</strong>ssen Grab aushob.<br />

<strong>Girona</strong>, wie auch an<strong>de</strong>re Städte in Katalonien, feierten<br />

die Schweineverlosung zu Ehren <strong>de</strong>s Heiligen<br />

Anton. Am Feiertag <strong>de</strong>s Heiligen wur<strong>de</strong> das Schwein<br />

durch die wichtigsten Straßen <strong>de</strong>r Stadt spazieren<br />

geführt, damit je<strong>de</strong>r sehen konnte, dass es schön<br />

fett und üppig war. Das Ferkel wur<strong>de</strong> mit einer roten<br />

Schabracke und einer Schleife am Schwanz geschmückt.<br />

Es wur<strong>de</strong> je<strong>de</strong>n Tag in <strong>de</strong>r Stadt spazieren<br />

geführt bis zum Tag <strong>de</strong>r Verlosung, die zu<br />

Altweiberfastnacht stattfand. Traditionell wur<strong>de</strong> viel<br />

Schweinfleisch zu Altweiberfastnacht gegessen,<br />

bevor die Abstinenz <strong>de</strong>r Fastenzeit begann.<br />

65


28<br />

66<br />

Leben und Wun<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Heiligen Felix<br />

Der Heilige Felix, Begleiter <strong>de</strong>r Predigten<br />

und Wun<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus, wur<strong>de</strong><br />

in <strong>Girona</strong> sehr verehrt und war <strong>de</strong>r erste<br />

Heilige, <strong>de</strong>m die Bewohner <strong>Girona</strong>s ein<br />

Gotteshaus, errichtet auf seinem Grab und<br />

Martyrium, widmeten. Die Beson<strong>de</strong>rheit<br />

dieses Heiligen ist, dass er eine Mischung<br />

aus zwei »Heiligen Felixen«, <strong>de</strong>m Afrikaner<br />

und <strong>de</strong>m Diakon <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus,<br />

darstellt. Durch diese Übereinstimmung<br />

<strong>de</strong>r Namen ist nach volkstümlicher<br />

Phantasie dieser Heilige Felix aus <strong>Girona</strong><br />

entstan<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r das Leben und die Wun<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Heiligen vereint.<br />

1567 – Feierliche Bitte um Regen an <strong>de</strong>n Heiligen Felix.<br />

Sant Feliu <strong>de</strong> Guíxols (<strong>Girona</strong>).


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Der Heilige Felix, <strong>de</strong>r Afrikaner, war nicht Sohn von<br />

<strong>Girona</strong>, doch er predigte hier. Er wur<strong>de</strong> im Nor<strong>de</strong>n<br />

Afrikas geboren und ertrank im Meer mit einem<br />

Mühlenstein um <strong>de</strong>n Hals. Der Heilige Felix, <strong>de</strong>r<br />

Diakon <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus war, wur<strong>de</strong> in <strong>Girona</strong><br />

geboren, wo er wahrscheinlich im Jahr 307 starb, als<br />

er zusammen mit <strong>de</strong>m Heiligen Narzissus während<br />

<strong>de</strong>r Feier einer Messe <strong>de</strong>n Märtyrertod erlitt. Karl <strong>de</strong>r<br />

Große brachte <strong>de</strong>n Leichnam <strong>de</strong>s Diakons, <strong>de</strong>s<br />

Heiligen Felix, nach Frankreich, während die Reliquien<br />

<strong>de</strong>s afrikanischen Heiligen, inmitten dieser<br />

ganzen Wirren, in seiner Kirche Sant Feliu ruhen.<br />

Aus <strong>de</strong>n Attributen dieser bei<strong>de</strong>n Heiligen machten<br />

die Bewohner <strong>Girona</strong>s einen Heiligen nach Maß: Der<br />

Heilige Felix <strong>Girona</strong>s ist Sohn von <strong>Girona</strong> und war<br />

<strong>de</strong>r Diakon <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus, <strong>de</strong>n er auf seinen<br />

Reisen und Fluchten vor Christenverfolgungen begleitete.<br />

Dieser Heilige <strong>Girona</strong>s wird meistens mit <strong>de</strong>n<br />

Attributen <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Heiligen namens Felix dargestellt:<br />

im Diakongewand und mit einem Mühlestein<br />

am Hals.<br />

Die Kirche war sich <strong>de</strong>r volkstümlichen Vermischung<br />

<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Heiligen bewusst, respektierte aber diese<br />

neu geschaffene Figur. Vom 6. bis zum 11. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

war <strong>de</strong>r Heilige Felix <strong>de</strong>r Heilige <strong>de</strong>r Bewohner<br />

<strong>Girona</strong>s, wur<strong>de</strong> aber schließlich vom Heiligen Narzissus<br />

und seinen Wun<strong>de</strong>rn verdrängt.<br />

Der Zusammenhang vom Heiligen Felix zum Wasser<br />

entstand, als die Bewohner <strong>Girona</strong>s ihre Reliquien<br />

zur Bucht Sans in Sant Feliu <strong>de</strong> Guíxols brachten,<br />

wenn sie Regen brauchten, nämlich an die Stelle, wo<br />

man glaubte, dass die Römer <strong>de</strong>n Heiligen mit <strong>de</strong>m<br />

Mühlenstein am Hals ins Wasser geworfen hatten.<br />

Wenn sie <strong>de</strong>n Strand erreichten, befeuchteten sie die<br />

Reliquien <strong>de</strong>s Heiligen mit Meereswasser, wodurch<br />

<strong>de</strong>r Regen gewährleistet war. Die Reise konnte allerdings<br />

nicht auf einmal unternommen wer<strong>de</strong>n. Wenn<br />

die Leute Pene<strong>de</strong>s erreichten, zwangen die Reliquien<br />

das Gefolge, Halt zu machen, um zu beten. Es heißt,<br />

dass Freun<strong>de</strong> und Schüler <strong>de</strong>n halb toten Heiligen<br />

aus <strong>de</strong>m Wasser holten, nach<strong>de</strong>m die Römer ihn ins<br />

Meer geworfen hatten, und dass sie ihn zu <strong>de</strong>m Ort<br />

brachten, wo er schließlich starb.<br />

1567 gab es eine große Dürre und es kam zu einer<br />

Betprozession nach Sant Feliu, in <strong>de</strong>r um Regen<br />

gebeten wur<strong>de</strong>. Der gute Heilige Felix hatte diesmal<br />

jedoch nicht gut abgemessen o<strong>de</strong>r vielleicht hatte<br />

man seine Reliquien zu lange im Wasser gelassen,<br />

<strong>de</strong>nn im Jahr 1568 kam es zu schrecklichen Überschwemmungen<br />

und <strong>de</strong>r Onyar erreichte die Plaça<br />

<strong>de</strong>l Vi. Man erzählt sich, dass <strong>de</strong>r Heilige Narzissus<br />

mit seinen Äpfeln einschreiten musste, aber das ist<br />

eine an<strong>de</strong>re Legen<strong>de</strong>...<br />

67


29<br />

68<br />

Die Glocke Beneta<br />

Die Glocke Beneta von <strong>Girona</strong> wiegt 4.800<br />

Kilogram. Ihr Durchmesser beträgt 1,9<br />

Meter und ihre Höhe, ohne die Griffe,<br />

beträgt 1,78 Meter. Der Hammer, mit <strong>de</strong>m<br />

die Glocken geschlagen wird, wiegt 70<br />

Kilogramm. Seit <strong>de</strong>m Tag, an <strong>de</strong>m das<br />

schwierige Gießen <strong>de</strong>r Glocke stattfand,<br />

kamen auch die Legen<strong>de</strong>n über ihren<br />

schwierigen Bau, ihren starken Klang und<br />

ihre wahrsagerischen Fähigkeiten auf.<br />

1574 - Jahr, in <strong>de</strong>m die Glocke gegossen wur<strong>de</strong> - Kathedrale von <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Die Glocke Beneta ist die Hauptglocke <strong>de</strong>r Kathedrale<br />

von <strong>Girona</strong> und befin<strong>de</strong>t sich in <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s<br />

Glockenturms. Sie ist <strong>de</strong>m Heiligen Benet gewidmet,<br />

obwohl sie aufgrund ihrer Größe und ihres<br />

tiefen Klangs in <strong>Girona</strong> immer unter <strong>de</strong>m Namen<br />

“Bombo” bekannt war. Die Bewohner <strong>Girona</strong>s sagen,<br />

dass es <strong>de</strong>r beste Glockenklang von ganz Katalonien<br />

ist.<br />

Durch das große Volumen war das Gießen <strong>de</strong>r<br />

Glocke sehr schwierig. Sie wur<strong>de</strong> dreimal gegossen<br />

und dreimal zersprang sie. Beim vierten Mal klappte<br />

es, da sie nicht zersprang, als sie aus <strong>de</strong>r Form<br />

genommen wur<strong>de</strong>. Es heißt auch, dass <strong>de</strong>r Gießer<br />

zu begierig war, <strong>de</strong>n Klang <strong>de</strong>r Glocke zu hören,<br />

und als die Glocke aus <strong>de</strong>r Form war, wollte er <strong>de</strong>n<br />

Klang mit einem Hammerschlag ausprobieren. Der<br />

arme Handwerker schlug jedoch fehl und traf <strong>de</strong>n<br />

Griff <strong>de</strong>r Glocke, <strong>de</strong>r einen rauen, krächzen<strong>de</strong>n Ton<br />

von sich gab. Der Gießer, <strong>de</strong>r dachte, dass das <strong>de</strong>r<br />

Klang <strong>de</strong>r Glocke wäre, schämte sich für sein Misslingen,<br />

verschwand schnell aus <strong>de</strong>r Stadt und kam<br />

nie wie<strong>de</strong>r. Er flüchtete so schnell aus <strong>de</strong>r Stadt,<br />

dass er <strong>de</strong>n Klang <strong>de</strong>r Glocke nicht mehr hören<br />

konnte. Mittlerweile hatte man sie in <strong>de</strong>r Kathedrale<br />

aufgehängt und ein herrlicher Ton erklang, wie<br />

er von keiner an<strong>de</strong>re Glocke je gehört wor<strong>de</strong>n war.<br />

Die Glocke Beneta schlägt seit 1574 Tag für Tag für<br />

die Bewohner <strong>Girona</strong>s: Sie schlägt die Stun<strong>de</strong>n, die<br />

Feste und Beerdigungen und warnte die Bevölkerung<br />

und schlug Alarm, wenn die Stadt belagert wur<strong>de</strong>.<br />

Man erzählte sich, dass unter <strong>de</strong>r Glocke Beneta<br />

vier Schuster passten, die an <strong>de</strong>r Hanfkor<strong>de</strong>l zogen,<br />

dass heißt, an <strong>de</strong>n Fä<strong>de</strong>n, mit <strong>de</strong>nen die Schuhe<br />

genäht wur<strong>de</strong>n. Man sagte auch, dass die Beneta<br />

aufgrund ihrer Größe nicht geschwenkt wer<strong>de</strong>n<br />

konnte, da das starke Geläut die Fenster alle Häuser<br />

<strong>de</strong>r Altstadt zerspringen lassen wür<strong>de</strong> und die<br />

Ohren <strong>de</strong>r Glöckner, die diese Arbeit verrichten<br />

müssten, verletzen wür<strong>de</strong>. Weiter in <strong>de</strong>r Sagenwelt<br />

heißt es, dass diese Glocke die Fähigkeit hatte, <strong>de</strong>n<br />

Tod <strong>de</strong>s Kanonikers vorauszusagen. Wenn <strong>de</strong>r<br />

Kanoniker im Sterben lag, hörte man ein Dröhnen<br />

in <strong>de</strong>r Umgebung <strong>de</strong>r Kathedrale, und ohne dass<br />

ein Glöckner seine Hän<strong>de</strong> im Spiel hätte, hörte man<br />

drei Glockenschläge, die <strong>de</strong>n Tod <strong>de</strong>s Geistlichen<br />

ankündigten.<br />

69


30<br />

70<br />

Der Heilige Narzissus und <strong>de</strong>r französische Giftmör<strong>de</strong>r<br />

Wie<strong>de</strong>r einmal ist es <strong>de</strong>r allmächtige<br />

Beschützer <strong>de</strong>r Bewohner <strong>Girona</strong>s, <strong>de</strong>r<br />

Heilige Narzissus, <strong>de</strong>r <strong>Girona</strong> bei dieser<br />

Gelegenheit vor einer Pestepi<strong>de</strong>mie rettet,<br />

die abgesehen von <strong>de</strong>n<br />

Überschwemmungen und Belagerungen<br />

zu <strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>rkehren<strong>de</strong>n Übeln gehörte.<br />

Und es ist schon seltsam - schon wie<strong>de</strong>r<br />

kommt die Bedrohung aus Frankreich.<br />

1592 - erste Prozession <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus<br />

Der Brunnen von Pedret, <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Es wird erzählt, dass ein Franzose namens Bernat, mit<br />

großer Lust, Böses anzurichten, sich in <strong>de</strong>r Gegend<br />

von <strong>Girona</strong> aufhielt und Wasser und Brunnen, die sich<br />

auf seinem Weg befan<strong>de</strong>n, mit einem für Menschen<br />

und Vieh tödlichen Gift verseuchte. Der böse Franzose<br />

hatte schon die Pest über das Wasser im Empordà und<br />

in <strong>de</strong>r Selva sowie in an<strong>de</strong>ren Gegen<strong>de</strong>n nahe <strong>de</strong>r<br />

Stadt mit <strong>de</strong>n vier Flüssen verbreitet.<br />

Die Bewohner <strong>Girona</strong>s wur<strong>de</strong>n durch benachbarte<br />

Dörfer gewarnt und folgten <strong>de</strong>r Spur <strong>de</strong>s bösen<br />

Franzosen, bis sie ihn gefangen nehmen konnten. Als<br />

sie ihn zum Galgen brachten, fragten sie ihn, wie es<br />

käme, dass er das Wasser <strong>de</strong>r Umgebung vergiftet<br />

hätte, nicht aber das Wasser <strong>de</strong>r Stadt Gerona. Der<br />

Franzose antwortete darauf, dass er schon wollte,<br />

aber nicht konnte. Er hatte es einmal ausprobiert,<br />

doch gäbe es da «jeman<strong>de</strong>n», <strong>de</strong>r das verhin<strong>de</strong>rt hätte.<br />

Der Franzose erzählte, dass direkt am Eingang von<br />

<strong>Girona</strong>, in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s Brunnen von Pedret, eine<br />

geheimnisvolle Gestalt vor ihm aus <strong>de</strong>m Nichts erschien.<br />

Es war ein Bischof mit einem bischöflichen<br />

Gewand. Als hätte man seine Gedanken gelesen,<br />

drohte die Erscheinung mit tausend Übeln, wenn er<br />

in die Stadt ginge, um seine finsteren Absichten auszuführen.<br />

Der erschrockene Franzose ließ von seinem<br />

Plan, die Stadt zu verseuchen, ab und ging weg, um<br />

an einem an<strong>de</strong>ren Ort Unheil zu verrichten, als er von<br />

<strong>de</strong>n Bewohnern <strong>Girona</strong>s festgenommen wur<strong>de</strong>.<br />

Es war also wie<strong>de</strong>r einmal <strong>de</strong>r Heilige Narzissus, <strong>de</strong>r<br />

<strong>Girona</strong> vor einem Unglück gerettet hatte. Es war<br />

nicht das erste Mal, dass <strong>de</strong>r Heilige ein Land vor<br />

<strong>de</strong>r Pest rettete. Es heißt, dass er das auch im<br />

Ausland gemacht hatte. Als er in <strong>de</strong>r Stadt Augusta<br />

(Augsburg) war und zusammen mit seinem Diakon<br />

Felix vor <strong>de</strong>r Verfolgung floh, gewann er in einen<br />

Streit mit <strong>de</strong>m Teufel um die Seele <strong>de</strong>r Heiligen<br />

Afra. Der Teufel nahm die Nie<strong>de</strong>rlage an, doch er<br />

sagte, dass er jeman<strong>de</strong>n töten müsste, um seinen<br />

Zorn zu besänftigen. Der Heilige Narzissus schlug<br />

ihm vor, einen Drachen zu töten, <strong>de</strong>r das Wasser in<br />

jener Gegend vergiftete.<br />

Die Ratsherren von <strong>Girona</strong> nahmen diese Ereignisse,<br />

die sich in <strong>de</strong>r Nacht <strong>de</strong>s 29. Oktobers 1592<br />

zutrugen, in ein Protokoll auf und als Zeichen <strong>de</strong>s<br />

Dankes veranstalteten die Bewohner eine Prozession<br />

mit <strong>de</strong>m Bild <strong>de</strong>s Heiligen an je<strong>de</strong>m Vorabend<br />

<strong>de</strong>s Feiertags <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus.<br />

71


31<br />

72<br />

Die Quelle <strong>de</strong>s Pericot<br />

Wasser war und ist noch heute ein sehr<br />

geschätztes Gut. Im Gegensatz zum<br />

stehen<strong>de</strong>n, schmutzigen Wasser, das<br />

Seuchen verbreitet, erzeugen Quellen<br />

Leben. Der Wasserstrahl <strong>de</strong>r Quelle, <strong>de</strong>r<br />

aus unerklärlichen Grün<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>n Felsen<br />

trat, wur<strong>de</strong> als ein geheimnisvolles<br />

Geschenk für das Land und seine<br />

Bewohner angesehen... und für diese Leute<br />

musste es auch eine Legen<strong>de</strong> geben. Im Tal<br />

von Sant Daniel gibt es die Quelle <strong>de</strong>s<br />

Pericot und natürlich auch ihre Legen<strong>de</strong>.<br />

1631 - erstes Bett <strong>de</strong>r Muttergottes - Kathedrale von <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Heute ist das prickeln<strong>de</strong> Wasser dieser Quelle nicht<br />

trinkbar, doch vor langer Zeit floss aus dieser Quelle<br />

nicht Wasser, son<strong>de</strong>rn das feinste Öl. Die Bewohner<br />

<strong>Girona</strong>s kamen aber nicht an das Öl heran, da an<br />

<strong>de</strong>r Quelle eine große Schlange lebte, die je<strong>de</strong>n<br />

auffraß, <strong>de</strong>r in ihre Nähe kam.<br />

Als ein Bauer aus Sant Daniel eines Tages an dieser<br />

Stelle vorbeikam, sah er die gefürchtete Wächterin.<br />

Die lange, wi<strong>de</strong>rliche Schlange kroch bis zum Ölstrahl<br />

und hielt dann an, um einen E<strong>de</strong>lstein von<br />

strahlen<strong>de</strong>m Glanz, <strong>de</strong>n sie im Maul hielt, abzulegen.<br />

Als sie genug getrunken hatte, nahm sie mit<br />

ihrem Maul <strong>de</strong>n glänzen<strong>de</strong>n Stein und verschwand.<br />

Der Bauer ging weiter und überlegte sich dabei, wie<br />

er an das Juwel herankommen könnte. Als er so<br />

nachdachte, kam ihm eine I<strong>de</strong>e. Am nächsten Tag,<br />

nach einer Nacht von Hammerschlägen, Nägeln<br />

und Sägearbeiten, kehrte er zurück zur Quelle. Er<br />

hatte ein Gerät aus einem Weinbottich, voll mit<br />

spitzen Nägeln, gebaut, das einem Igel ähnelte. Am<br />

Deckel hatte er ein Loch angebracht, wo er seinen<br />

Arm herausziehen konnte.<br />

Der ängstliche Bauer wartete im Bottich nahe <strong>de</strong>r<br />

Stelle, wo die Schlange <strong>de</strong>n Stein ließ, um von <strong>de</strong>r<br />

Quelle zu trinken. Als die Schlange Öl trinken ging,<br />

streckte <strong>de</strong>r Bauer seinen Arm aus und nahm <strong>de</strong>n<br />

Stein. Jetzt gehörte er ihm! Als die Riesenschlange<br />

<strong>de</strong>n Diebstahl bemerkte, hob sie ihren Kopf und pustete<br />

so fest, dass Bäume und Steine zu zittern anfingen.<br />

Sie warf sich auf <strong>de</strong>n falschen Igel, schlängelte<br />

ihren schmutzigen Körper und presste, biss und<br />

kreischte. Sie rollten <strong>de</strong>n Weg abwärts und die<br />

Böschungen herunter. Der Bauer sah schon seine<br />

letzte Stun<strong>de</strong> gekommen und vertraute sich <strong>de</strong>r<br />

Muttergottes an. Die Schlange klammerte sich fest<br />

an <strong>de</strong>n Bottich und während sie hinunter bis zum<br />

Fluss Galligans hinunterrollten, wo <strong>de</strong>r Bottich an<br />

einem Stein auseinan<strong>de</strong>r fiel, durchbohrten die<br />

Nägel die Schlange. Der Bauer, <strong>de</strong>r halb bewusstlos<br />

war, sah, dass die Schlange durch die Nägel, die<br />

ihren Körper durchbohrt hatten, tot war und bot als<br />

Dank <strong>de</strong>r Muttergottes <strong>de</strong>n E<strong>de</strong>lstein an.<br />

Es heißt, dass dieser Stein die große gol<strong>de</strong>ne Krone,<br />

die das Bett <strong>de</strong>r Muttergottes be<strong>de</strong>ckte, das je<strong>de</strong>s<br />

Jahr am Tag <strong>de</strong>r Maria Himmelfahrt aufgestellt<br />

wur<strong>de</strong>, verzierte. Diese Prozession gehörte zu <strong>de</strong>n<br />

wichtigsten <strong>Girona</strong>s und es gibt sie seit <strong>de</strong>m Jahr<br />

1574. Es gibt Belege von zwei Betten <strong>de</strong>r Muttergottes:<br />

einem aus <strong>de</strong>m 17. Jahrhun<strong>de</strong>rt und einem<br />

aus <strong>de</strong>m 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt. Man weiß allerdings<br />

nichts über <strong>de</strong>n geheimnisvollen E<strong>de</strong>lstein.<br />

73


32<br />

74<br />

Der Wun<strong>de</strong>rstoff<br />

Der Heilige Narzissus, Schutzherr von<br />

<strong>Girona</strong>, schützt nicht nur die Stadt vor<br />

einer großen Vielfalt an Übeln und<br />

Bedrohungen (Überschwemmungen,<br />

Belagerungen, Seuchen usw.), son<strong>de</strong>rn er<br />

heilt auch und betreut persönlich die<br />

Bewohner <strong>Girona</strong>s, die an irgendwelchen<br />

Übeln lei<strong>de</strong>n, heilt Verstauchungen an<br />

Armen und Beinen, Herzrasen und<br />

Ohrenschmerzen.<br />

1638 - Kathedrale von <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Der Heilige Narzissus wird bei Ohrenschmerzen<br />

gerufen. In <strong>de</strong>r Kathedrale von <strong>Girona</strong> wird immer<br />

am 29. Oktober unter <strong>de</strong>n Gläubigen <strong>de</strong>s Heiligen<br />

Papiertütchen mit einem Stückchen eines Wun<strong>de</strong>rstoffs<br />

verteilt. Es han<strong>de</strong>lt sich um einen gesegneten<br />

Baumwollstoff, <strong>de</strong>r das Grab <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus<br />

berührt und somit heilen<strong>de</strong> Kräfte erhalten hat.<br />

Der Stoff <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus hat die Eigenschaft,<br />

Ohrenschmerzen augenblicklich zu heilen<br />

und sogar Taubheit vorzubeugen.<br />

Seit Beginn <strong>de</strong>r Verehrung <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus,<br />

um das 11. Jahrhun<strong>de</strong>rt herum, sind zahlreiche<br />

Bewohner durch diesen Heiligen Heiler von verschie<strong>de</strong>nen<br />

Krankheiten befreit wor<strong>de</strong>n, entwe<strong>de</strong>r<br />

mit <strong>de</strong>m Wun<strong>de</strong>rstoff o<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m Heilöl seiner<br />

Lampe o<strong>de</strong>r aber mit <strong>de</strong>m Ritual <strong>de</strong>r Novene <strong>de</strong>r<br />

Kerzen. Deshalb bedankten sich die Gläubigen für<br />

die Heilkräfte <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus mit diesen<br />

Loblie<strong>de</strong>rn:<br />

Ihr, <strong>de</strong>r die Fieber Lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n lin<strong>de</strong>rt<br />

und die schwer verwun<strong>de</strong>t scheinen.<br />

Hinken<strong>de</strong>, Kranke, mit wenigen Tagen,<br />

Gebrochene, Gefangene und Lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

verschie<strong>de</strong>ner Krankheiten,<br />

Gott hat sie für Euch geheilt...<br />

Gegen Pest, Hunger und Krieg<br />

ein beson<strong>de</strong>rer Beschützer<br />

und vor Dürren<br />

bewahrt Ihr die Früchte <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns.<br />

Vor Taubheit und vor je<strong>de</strong>n Schmerz<br />

heilt Ihr, wer Euch ruft...<br />

Der Ruhm <strong>de</strong>s Heiligen in Bezug auf seine heilen<strong>de</strong>n<br />

Kräfte wuchs ständig und erstreckte sich auf<br />

die ganze Provinz <strong>Girona</strong>. Diese wachsen<strong>de</strong><br />

Verehrung fand ihren Höhepunkt im Jahr 1638, als<br />

Rom <strong>de</strong>n volkstümlichen Kult <strong>de</strong>s Heiligen<br />

Narzissus kanonisierte, und im Jahr 1689, als König<br />

Karl II Rom bat, <strong>de</strong>n Tag <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus<br />

auch in an<strong>de</strong>ren Königreichen <strong>de</strong>r Halbinsel und in<br />

überseeischen Län<strong>de</strong>rn zum Feiertag zu erklären.<br />

75


33<br />

76<br />

Das Öl aus <strong>de</strong>r Lampe<br />

Die schützen<strong>de</strong>n und heilen<strong>de</strong>n Kräfte <strong>de</strong>s<br />

Heiligen Narzissus umfassen viele Bereiche<br />

und offenbaren sich und wirken durch<br />

diverse Elemente. Von <strong>de</strong>n Äpfeln <strong>de</strong>s<br />

Heiligen Narzissus, <strong>de</strong>m Wun<strong>de</strong>rstoff...<br />

bis zu <strong>de</strong>n Öllampen, die heilen und vor<br />

einer großen Vielfalt an Seuchen schützen.<br />

1685 - eine Silberlampe als Gabe <strong>de</strong>s Vizekönigs Kataloniens<br />

an <strong>de</strong>n Heiligen Narzissus - Kirche Sant Feliu, <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Die Legen<strong>de</strong> erzählt, dass in allen Kirchen, in <strong>de</strong>nen<br />

<strong>de</strong>r Heilige Narzissus <strong>de</strong>n Gottesdienst gehalten<br />

hat, nie Öl in die Lampen gefüllt wer<strong>de</strong>n musste<br />

und sie mussten auch nie angezün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n,<br />

son<strong>de</strong>rn sie gingen von alleine an und brannten<br />

immer. Schon bei seinem Aufenthalt in Augusta,<br />

im Haus Afras, gab <strong>de</strong>r Heilige Narzissus eine Vorführung<br />

seiner Fähigkeiten: Er machte alle Lampen<br />

<strong>de</strong>s Hauses an, ohne Öl hinzuzufügen o<strong>de</strong>r sie<br />

anzufassen, son<strong>de</strong>rn nur, in<strong>de</strong>m er sie segnete.<br />

Neben diesem wun<strong>de</strong>rsamen Brennen hatten die<br />

Lampen noch an<strong>de</strong>re Kräfte für die Bewohner<br />

<strong>Girona</strong>s. Man glaubte, dass das Öl <strong>de</strong>r Lampe, die<br />

immer am Altar <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus brannte,<br />

heilen<strong>de</strong> Kräfte hatte.<br />

Um die heilen<strong>de</strong> Kraft <strong>de</strong>s Öls aus <strong>de</strong>r Lampe <strong>de</strong>s<br />

Heiligen Narzissus zu erfahren, musste ein kleines<br />

Ritual durchgeführt wer<strong>de</strong>n: die Novene <strong>de</strong>r Kerzen.<br />

Dieses Ritual bestand aus neun Umdrehungen<br />

am Grab <strong>de</strong>s Heiligen mit einer brennen<strong>de</strong>n Kerze in<br />

<strong>de</strong>r Hand, die bei je<strong>de</strong>r Umdrehung gewechselt<br />

wur<strong>de</strong>. Sobald die vorgeschriebenen neun Umdrehungen<br />

geleistet waren, konnte das Öl <strong>de</strong>r Lampe<br />

auf die verletzten Stellen <strong>de</strong>s Körpers aufgetragen<br />

wer<strong>de</strong>n: Wun<strong>de</strong>n, verstauchte Gliedmaßen... und<br />

alle diese Lei<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n geheilt. Mit diesem Ritual<br />

konnten sogar Knochenbrüche vorgebeugt wer<strong>de</strong>n.<br />

Ab <strong>de</strong>m Jahr 1685, ein Jahr nach <strong>de</strong>r Belagerung<br />

durch <strong>de</strong>n Marschall Bellefonds, gewann dieser<br />

Glaube an Be<strong>de</strong>utung, als sich <strong>de</strong>r Schutz <strong>de</strong>s<br />

Heiligen in <strong>de</strong>r Form geheimnisvoller Lichter<br />

offenbarte, die die Kirche Sant Feliu drei Tage lang<br />

umkreisten, bis sich die französischen Truppen<br />

zurückzogen. Als Dank für diesen neuen Schutz<br />

<strong>de</strong>r Stadt durch <strong>de</strong>n Schutzherrn von <strong>Girona</strong> wählte<br />

<strong>de</strong>r König Karl II. am 23. Mai 1685 eine schöne<br />

Silberlampe aus 954 Unzen als Gabe für <strong>de</strong>n<br />

Schutzpatronen <strong>Girona</strong>s. Während <strong>de</strong>r napoleonischen<br />

Belagerungen wur<strong>de</strong> diese Lampe vom französischen<br />

Heer gestohlen, doch die Bewohner<br />

<strong>Girona</strong>s vertrauten weiter auf die Heilkräfte <strong>de</strong>s<br />

Öls aus <strong>de</strong>r Lampe <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus .<br />

77


34<br />

78<br />

Der Teich von Sils<br />

Seen sind geheimnisvoll. Mit <strong>de</strong>r<br />

Abenddämmerung wer<strong>de</strong>n sie von einem<br />

Bo<strong>de</strong>nnebel umgeben, während das Licht<br />

<strong>de</strong>s Mon<strong>de</strong>s eigenartige Reflexe<br />

verursacht, die gespensterhafte Schatten<br />

erzeugen und die die Phantasie <strong>de</strong>r Leute<br />

in <strong>de</strong>r Gegend anregen. Mit <strong>de</strong>n ersten<br />

Siedlern von Sils kamen auch die ersten<br />

Sagen über <strong>de</strong>n See, <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Macht <strong>de</strong>s<br />

Teufels in Verbindung gebracht wur<strong>de</strong>.<br />

17. Jahrhun<strong>de</strong>rt - erste schriftliche Erwähnung dieser Sage - Sils (<strong>Girona</strong>).


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Die Einwohner von Sils mussten mit einem See<br />

zusammenleben, <strong>de</strong>r gegen sie war. Sein Wasser<br />

verursachte Krankheiten und hin<strong>de</strong>rte die Bauern<br />

daran, über mehr Land zum Anbauen zu verfügen. Es<br />

gab auch <strong>de</strong>n Glauben, dass <strong>de</strong>r See einen Eingang<br />

zur Hölle verbarg. Deshalb ist die Geschichte über<br />

<strong>de</strong>n See von Sils die Geschichte über die Versuche,<br />

<strong>de</strong>n See zu trocknen.<br />

Die Sage über Pere Porter erzählt über seinen Besuch<br />

<strong>de</strong>r Hölle über <strong>de</strong>n See von Sils, bevor er getrocknet<br />

wur<strong>de</strong>. Pere Porter war ein Bauer aus Tor<strong>de</strong>ra, <strong>de</strong>r<br />

nach Maçanet fahren musste, um ein Problem mit<br />

einer alten Familienschuld zu lösen. Es kam heraus,<br />

dass die Schuld schon beglichen war, dass <strong>de</strong>r Notar<br />

von Hostalric aber gestorben war, ohne die Bezahlung<br />

zu beurkun<strong>de</strong>n. Während <strong>de</strong>r gute Pere auf<br />

<strong>de</strong>m Weg nach Maçanet war, stieß er auf einen<br />

an<strong>de</strong>ren Wan<strong>de</strong>rer, <strong>de</strong>r kein an<strong>de</strong>rer als <strong>de</strong>r Teufel<br />

war. Doch dieses Mal hatte <strong>de</strong>r Teufel Sympathie für<br />

<strong>de</strong>n armen Pere Porter und entschloss sich, Gutes zu<br />

tun und ihm zu helfen.<br />

Die Lösung <strong>de</strong>s Missverständnisses lag nach<br />

Meinung <strong>de</strong>s Leibhaftigen in <strong>de</strong>r Hölle und da <strong>de</strong>r<br />

Bösewicht an diesem Tag nicht so böse war, bot er<br />

sich an, ihn zu begleiten. Der Eingang <strong>de</strong>r Hölle lag<br />

im See von Sils. Als sie in <strong>de</strong>r Hölle angekommen<br />

waren, war Pere überrascht über die vielen wichtigen<br />

Persönlichkeiten <strong>de</strong>s irdischen Lebens, unter<br />

<strong>de</strong>nen sich auch Gelmar Bonsoms, <strong>de</strong>r Notar von<br />

Hostalric, befand. Pere Porter erklärte <strong>de</strong>m Notar<br />

<strong>de</strong>n Grund seines Besuches und nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Notar<br />

ihm mitgeteilt hatte, wo dieser die Zahlungsurkun<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r alten Schuld fin<strong>de</strong>n konnte, ging Pere<br />

zurück auf die Er<strong>de</strong>. Wenn <strong>de</strong>r Eingang zur Hölle im<br />

See von Sils lag, so war <strong>de</strong>r Ausgang in Morvedre,<br />

in <strong>de</strong>r Region Valencia. Diese Reise war jedoch<br />

nicht kostenlos: Der arme Pere musste die Reise<br />

durch eine seltene Krankheit bezahlen, die vom ersten<br />

September bis zum ersten Oktober dauerte. Als<br />

sich Pere halbwegs von <strong>de</strong>r Krankheit erholt hatte,<br />

setzte er seine Odyssee nach Hostalric fort, um die<br />

Zahlungsurkun<strong>de</strong> zu fin<strong>de</strong>n. Am ersten November,<br />

zu Allerheiligen, erreichte Pere Hostalric, wo er <strong>de</strong>n<br />

Bewohnern sein außergewöhnliches Abenteuer<br />

erzählte. Es gab viele, die ihm nicht glauben wollten,<br />

und sie hielten ihn für einen Verrückten o<strong>de</strong>r<br />

einen Geist. Doch als sie <strong>de</strong>n Anweisungen <strong>de</strong>s<br />

verstorbenen Notars folgten, fan<strong>de</strong>n sie die Zahlungsurkun<strong>de</strong>.<br />

Je<strong>de</strong>r musste ihm nun glauben und<br />

die Familie Porter erlangte ihren guten Ruf zurück.<br />

79


35<br />

80<br />

Die Hexen von Llers<br />

Katalonien war, beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>n Pyrenäen<br />

und im Alt Empordà, im Mittelalter das<br />

Land <strong>de</strong>r Hexen. Man konnte freiwillig<br />

Hexe wer<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Teufel durch<br />

bestimmte Rituale beschwört wur<strong>de</strong>.<br />

Doch manchmal gab es keine Wahl:<br />

Das Familienerbe, <strong>de</strong>r Geburtstag o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

Geburttsort waen entschei<strong>de</strong>nd. Es wur<strong>de</strong><br />

erzählt, dass im Dorf Llers alle Frauen<br />

als Hexen geboren wur<strong>de</strong>n und zwar von<br />

<strong>de</strong>r mächtigen Sorte.<br />

17. Jahrhun<strong>de</strong>rt – Höhepunkt <strong>de</strong>r Hexenverfolgungen - Llers (<strong>Girona</strong>).


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Im Mittelalter waren die Gegend Alt Empordà und<br />

das Dorf Llers für seine Hexen bekannt und gefürchtet.<br />

In jener Zeit war für je<strong>de</strong>s Unglück die Hexerei<br />

schuld. Aus <strong>de</strong>r zwangsläufigen Beziehung zwischen<br />

<strong>de</strong>n Bewohner Empordàs und <strong>de</strong>n Hexen sind zahlreiche<br />

Sagen und Legen<strong>de</strong>n entstan<strong>de</strong>n.<br />

Ein Pächter aus Llers sah, wie ein großer schwarzer<br />

Vogel über <strong>de</strong>m Land <strong>de</strong>s Bauernhofes flog. Um dieses<br />

schlechte Omen zu vertreiben, nahm er sein<br />

Gewehr und feuerte zwei Schüsse ab. Obwohl er <strong>de</strong>n<br />

Vogel getroffen hatte, flog dieser weiter. Am nächsten<br />

Tag musste <strong>de</strong>r Pächter zusehen, wie zwei seiner<br />

Söhne plötzlich starben. Der Pfarrer sagte ihm, dass<br />

das Hexerei war und dass er mit gesegneten<br />

Schrotkugeln hätte schießen sollen.<br />

Die Leute aus Llers fürchteten sich vor <strong>de</strong>n Hexen<br />

und waren auch neugierig. Diese Neugier nahm normalerweise<br />

kein gutes En<strong>de</strong>. Das musste ein Junggeselle<br />

aus Llers an seiner eigenen Haut erfahren, als er<br />

mit einem Mädchen ausging, die Enkelin, Tochter<br />

und Schwester von Hexen war. Der Junge konnte es<br />

nicht glauben und eines Abends, als er es satt hatte,<br />

dass man ihn vor Mitternacht immer nach Hause<br />

schickte, versteckte er sich, um seine Verlobte zu beobachten.<br />

Das Mädchen ging hinaus in <strong>de</strong>n Hof und<br />

schmierte ihre Achselhöhlen mit einer Salbe ein,<br />

während sie unverständliche Wörter sprach. Danach<br />

flog sie weg. Der Junge wollte das Gleiche tun, doch<br />

er vertat sich mit einigen Wörtern und eine Kraft<br />

warf ihn vom Dach <strong>de</strong>s Hauses auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n, wo er<br />

bewusstlos liegen blieb.<br />

Die Hexen aus Llers hatten ein sehr geselliges Leben.<br />

Samstags trafen sie sich mit an<strong>de</strong>ren Hexen <strong>de</strong>r<br />

Gegend, um sich gegenseitig die Haare zu kämmen,<br />

bevor sie zum Teufelsfest von Tretzevents, auf <strong>de</strong>m<br />

Berg Canigó, flogen und Silvester trafen sie sich, um<br />

Böses zu tun und das neue Jahr zu verdammen.<br />

Die bekannteste Missetat <strong>de</strong>r Hexen von Llers ist ihr<br />

Angriff auf <strong>de</strong>n Glockenturm von Figueres. Die Hexen<br />

wollten <strong>de</strong>n Glockenturm von Figueres zerstören, da<br />

das Geläut <strong>de</strong>r Angelusglocken ihre bösen Taten<br />

zunichte machte. So flogen sie wie ein Windstoß <strong>de</strong>r<br />

Tramuntana zum Glockenturm. Glücklicherweise<br />

passte <strong>de</strong>r Glöckner auf und hatte Zeit, die Glocken<br />

zu läuten. Der Glockenturm wur<strong>de</strong> nicht zerstört,<br />

son<strong>de</strong>rn kam mit einigen Rissen davon, die durch <strong>de</strong>n<br />

Aufprall <strong>de</strong>s Hexenheeres verursacht wur<strong>de</strong>n.<br />

Die Hexen und ihre Symbole sind im Dorf Llers weiterhin<br />

anwesend. Es wird gesagt, dass es noch Hexen<br />

gibt. Ein Glück, dass sie kein Unheil mehr anrichten.<br />

81


36<br />

82<br />

Die Lichter<br />

Der Heilige Narzissus setzte seine, mit <strong>de</strong>r<br />

Belagerung im Jahr 1285 begonnene<br />

Arbeit fort; bei je<strong>de</strong>m Angriff auf die Stadt<br />

<strong>Girona</strong> ließ er sein Fliegenheer gegen die<br />

Truppen <strong>de</strong>s französischen Königs Philipp<br />

III <strong>de</strong>m Tapferen antreten. Bei <strong>de</strong>r<br />

Belagerung durch Marschall Bellefonds<br />

verdankten die Bewohner <strong>Girona</strong>s ihren<br />

Sieg <strong>de</strong>n berühmten Fliegen <strong>de</strong>s Heiligen<br />

Narzissus und <strong>de</strong>n geheimnisvollen<br />

Lichtern, die an <strong>de</strong>r Kirche Sant Feliu<br />

erschienen.<br />

1684 - Belagerung durch <strong>de</strong>n Marschall Bellefonds.<br />

Kirche Sant Feliu, <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Im Frühjahr 1684 kam die französische Armee,<br />

angeführt von Marschall Bellefonds, über <strong>de</strong>m<br />

Empordà nach Katalonien und besetzte <strong>Girona</strong>. Die<br />

Bewohner, die an Besetzungen gewöhnt waren,<br />

sammelten alle ihre Kräfte, um die Stadt zu verteidigen.<br />

Sie hofften dabei auf einen erneuten<br />

Einfluss durch <strong>de</strong>n Schutzheiligen <strong>de</strong>r Stadt.<br />

Und schon bald offenbarte sich <strong>de</strong>r Schutz <strong>de</strong>s<br />

Heiligen, diesmal durch seltsame Lichter, die nie<br />

zuvor in <strong>Girona</strong> gesehen wor<strong>de</strong>n waren. In <strong>de</strong>r<br />

Nacht vom 22. Mai sahen die Bewohner, wie seltsame<br />

Lichter an <strong>de</strong>r Kirche Sant Feliu erschienen,<br />

die entlang <strong>de</strong>n Bögen <strong>de</strong>s Gotteshauses und <strong>de</strong>m<br />

Dach liefen. Die geheimnisvollen Lichter erschienen<br />

nochmals am 23. und 24., bevor die Schlacht<br />

begann, aus <strong>de</strong>r die Bewohner <strong>Girona</strong>s als Sieger<br />

hervorgingen.<br />

In <strong>de</strong>r Nacht vom 24. zum 25. Mai <strong>de</strong>s Jahres 1684<br />

gingen die Bewohner zum Grab <strong>de</strong>s Heiligen, um<br />

ihn für <strong>de</strong>n neuelichen Sieg gegen die Franzosen zu<br />

danken. Nach <strong>de</strong>m Protokoll, verfasst von <strong>de</strong>n<br />

Stadträten, wur<strong>de</strong> um zwei Uhr morgens eine<br />

Fliege auf <strong>de</strong>m Grab <strong>de</strong>s Heiligen gesichtet. Da es<br />

sich um eine größere Fliege als die an<strong>de</strong>ren han<strong>de</strong>lte,<br />

die zu<strong>de</strong>m länglich und grün war, begriffen die<br />

Bewohner, dass sie vor einem weiteren Wun<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s<br />

Heiligen Narzissus stan<strong>de</strong>n. Die Nachricht verbreitete<br />

sich wie ein Lauffeuer und die Stiftskirche war<br />

bald voller Leute und Obrigkeiten, die das Wun<strong>de</strong>r<br />

persönlich sehen wollten. Auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />

Kirche fan<strong>de</strong>n sich sieben französische Flaggen, die<br />

als Trophäen <strong>de</strong>s Heiligen aufbewahrt wur<strong>de</strong>n.<br />

Die Lichter und Fliegen waren nicht die einzigen<br />

Wun<strong>de</strong>r, die sich gegen die Franzosen richteten,<br />

son<strong>de</strong>rn es gab an<strong>de</strong>re wun<strong>de</strong>rsame Ereignisse in<br />

<strong>Girona</strong>, die die Kräfte im Kampf gegen das feindliche<br />

Heer vereinten. Monate vor <strong>de</strong>r Belagerung<br />

hatten die Franzosen versucht, in <strong>de</strong>r Nacht von<br />

Allerheiligen in die Stadt einzudringen, doch die<br />

Glocke Susanna <strong>de</strong>r Kirche Santa Susanna in<br />

Mercadal fing ganz alleine an, Alarm zu schlagen.<br />

Die Bewohner wur<strong>de</strong>n dadurch geweckt und konnten<br />

die Stadt verteidigen.<br />

83


37<br />

84<br />

Der Wun<strong>de</strong>rstein<br />

Man erzählt sich, dass sich diese<br />

Begebenheiten zu Zeiten <strong>de</strong>s Bischofs<br />

Lorenzana, am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 18. Jahrhun<strong>de</strong>rts,<br />

ereigneten. Dieser Bischof ließ eine Kapelle<br />

an <strong>de</strong>r Kirche Sant Feliu bauen, die <strong>de</strong>m<br />

Heiligen Narzissus gewidmet wur<strong>de</strong>.<br />

Dem Schutzheiligen <strong>de</strong>r Stadt gefiel diese<br />

I<strong>de</strong>e so sehr, dass er die Stadt mit <strong>de</strong>n<br />

Rohstoffen für <strong>de</strong>n Bau <strong>de</strong>r Kapelle<br />

versorgte und die Bauarbeiter beschützte.<br />

1782-1792 - Bau <strong>de</strong>r Kapelle Sant Narcís.<br />

Kirche Sant Feliu, <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Die Verehrung <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus begann im 11.<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rt. Seit jener Zeit gewann die Devotion an<br />

Kraft, je<strong>de</strong>s Mal, wenn die Stadt eine Belagerung,<br />

eine Überschwemmung o<strong>de</strong>r ein Unglück gut überstan<strong>de</strong>n<br />

hatte. Obwohl in höheren Kreisen die Verehrung<br />

<strong>de</strong>s Heiligen Felix bevorzugt wur<strong>de</strong>, hörte <strong>de</strong>r<br />

Bischof Lorenzana auf das Volk und entschied, eine<br />

Kapelle für <strong>de</strong>n Heiligen bauen zu lassen, für <strong>de</strong>n die<br />

Bewohner <strong>Girona</strong>s eine große Vorliebe hatten.<br />

Während im Bischofsamt über die Einzelheiten <strong>de</strong>r<br />

zukünftigen Kapelle <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus gesprochen<br />

wur<strong>de</strong>, die am Ort <strong>de</strong>r ehemaligen Kreuzgänge<br />

<strong>de</strong>r Stiftskirche errichtet wer<strong>de</strong>n sollte, führte ein<br />

alter Hirte seine Her<strong>de</strong> über <strong>de</strong>n Berg Sant Miquel. Es<br />

gab an <strong>de</strong>m Tag etwas, was die Aufmerksamkeit <strong>de</strong>s<br />

Hirten weckte: Es war ein Stein, <strong>de</strong>r im Sonnenlicht<br />

glänzte. Der Hirte näherte sich neugierig und sah<br />

einen großen Stein, <strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> ragte und glänzte,<br />

wie kein an<strong>de</strong>rer Stein glänzen konnte. Der Hirte<br />

erzählte es seinen Bekannten und führte sie zu diesem<br />

Stein. Überrascht stellten sie fest, dass es sich<br />

um einen Steinbruch han<strong>de</strong>lte, in <strong>de</strong>m es feinen,<br />

schwarzweiß geä<strong>de</strong>rten Marmor gab.<br />

Die Nachricht erreichte das Bischofsamt, wo dieses<br />

Ereignis als Einverständnis <strong>de</strong>s Heiligen mit <strong>de</strong>m Projekt<br />

ge<strong>de</strong>utet wur<strong>de</strong>. Da in jenem Jahr 1782 die Bauarbeiten<br />

schon begonnen hatten, ordnete das Bischofsamt<br />

an, <strong>de</strong>n Marmor für die Kapelle Sant Narcís<br />

abzubauen.<br />

Drei Monate nach <strong>de</strong>r Grundsteinlegung stürzte<br />

eines <strong>de</strong>r benachbarten Häuser ein und fünf Arbeiter<br />

wur<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>n Trümmern verschüttet. Da keiner<br />

<strong>de</strong>r Arbeiter verletzt wur<strong>de</strong>, sah man dieses Ereignis<br />

als ein weiteres Wun<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Heiligen an, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />

Bewohnern so zeigte, dass er <strong>de</strong>m Bau <strong>de</strong>r Kapelle<br />

zustimmte. Zehn Jahre später, am 2. September 1792,<br />

wur<strong>de</strong> das Grab <strong>de</strong>s Heiligen in das neue Gotteshaus<br />

gebracht und die Kapelle Sant Narcís aus schwarzweiß<br />

geä<strong>de</strong>rten Marmor aus <strong>Girona</strong> mit <strong>de</strong>m ersten<br />

Gottesdienst eingeweiht.<br />

Es heißt, dass die Marmora<strong>de</strong>r, die während <strong>de</strong>s Baus<br />

unerschöpflich schien, nach Beendigung <strong>de</strong>r Kapelle<br />

erschöpft war, und dass auf <strong>de</strong>n ganzen Berg Sant<br />

Miquel kein Marmor mehr gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n konnte.<br />

85


38<br />

86<br />

Die Braut von Can Biel<br />

Das Bauerngut Can Biel in Anglès stammt<br />

aus <strong>de</strong>m 16. Jahrhun<strong>de</strong>rt. Es han<strong>de</strong>lt sich<br />

um ein stattliches, befestigtes Haus und<br />

sein wichtigstes Merkmal ist ein<br />

außergewöhnlicher quadratischer<br />

Verteidigungsturm. Doch trotz <strong>de</strong>r<br />

Schönheit <strong>de</strong>s Ortes und <strong>de</strong>m<br />

offensichtlichen Reichtum war dieses<br />

Gehöft am Tag, an <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Erbe ein<br />

reiches Mädchen heiratete, Schauplatz<br />

eines schrecklichen Ereignisses.<br />

Erste Hälfte <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts - Anglès (<strong>Girona</strong>).


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Die Hochzeitsfeier versammelte alle großen Persönlichkeiten<br />

<strong>de</strong>r Gegend: <strong>de</strong>n Pfarrer von Anglès, die<br />

Dekane, <strong>de</strong>n Vikar, die Großgrundbesitzer und sogar<br />

einige Kanoniker. Nach <strong>de</strong>m Bankett und <strong>de</strong>m Tanz<br />

schlug jemand vor, Verstecken zu spielen. Niemand<br />

konnte ahnen, dass dieses unschuldige Spiel Unglück<br />

über das Gehöft Can Biel bringen wür<strong>de</strong>.<br />

Da je<strong>de</strong>r natürlich die Braut fin<strong>de</strong>n wollte, strengte<br />

diese sich an, ein gutes Versteck zu suchen. Sie lief<br />

die Treppen hinauf bis zum großen Turm. Der<br />

Verteidigungsturm wur<strong>de</strong> schon seit Jahren nicht<br />

mehr benutzt, da sich die Räuber nicht mehr in dieser<br />

Gegend herumtrieben, und er war zu einer Art<br />

Rumpelkammer gewor<strong>de</strong>n. Der große Turm war voller<br />

dunkler Ecken, wo man sich verstecken konnte, voll<br />

von altem Gerümpel, Möbeln voller Staub... und<br />

inmitten <strong>de</strong>s Raumes eine schöne Brautkiste, in <strong>de</strong>r<br />

vor Jahren die Aussteuer einer Tochter <strong>de</strong>s Bauernhauses<br />

aufbewahrt wur<strong>de</strong>. Die Braut öffnete <strong>de</strong>n<br />

Deckel <strong>de</strong>r Kiste und stieg hinein, um sich zu verstecken.<br />

Als sie sich in <strong>de</strong>r Kiste befand, ging diese<br />

nicht mehr auf, und die unglückselige Braut konnte<br />

nichts machen, um aus ihrem Versteck herauszukommen.<br />

Die Gäste suchten die Braut in allen Winkeln <strong>de</strong>s<br />

Bauernhauses, ausgenommen im Turm. Als sie genug<br />

gesucht hatten, riefen sie, dass sie aus ihrem Versteck<br />

kommen sollte, da sie aufgeben wür<strong>de</strong>n. Als sie von<br />

ihr keine Antwort erhielten, begannen die Anwesen<strong>de</strong>n,<br />

sich Sorgen zu machen. Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Tages gingen<br />

die Gäste, ohne dass die Braut aus ihrem Versteck<br />

gekommen wäre. Der arme Bräutigam blieb mit seinem<br />

Kummer alleine zurück.<br />

Die Leute sagten, dass die Braut vielleicht in <strong>de</strong>n Ter<br />

gefallen wäre und dass die Strömung sie mitgenommen<br />

hätte. An<strong>de</strong>re sagten, dass die Leute <strong>de</strong>s Räubers<br />

Ramon Felip sie entführt hätten und dass sie nach<br />

<strong>de</strong>r Zahlung <strong>de</strong>s Lösegel<strong>de</strong>s wie<strong>de</strong>r zurück auf <strong>de</strong>n<br />

Hof kommen wür<strong>de</strong>. Doch die Braut kam we<strong>de</strong>r in<br />

jener Nacht noch sonst irgendwann zurück. Nach<br />

einigen Jahren wollte es das Schicksal eines Tages,<br />

dass ein Mädchen <strong>de</strong>s Hauses <strong>de</strong>n Turm hinaufging.<br />

Beim Herumstöbern fand sie eine alte Brautkiste<br />

voller Staub. Das Mädchen öffnete die Kiste und fand<br />

darin das Skelett, angetan mit einem Brautkleid und<br />

mit Hochzeitsschmuck.<br />

87


39<br />

88<br />

Die Symbolik <strong>de</strong>r Heiligen Catalina<br />

Das Bild <strong>de</strong>r Heiligen Caterina ist sehr<br />

präsent in <strong>de</strong>n Symbolen <strong>de</strong>s Landkreises<br />

<strong>Girona</strong>, in <strong>de</strong>r Kathedrale und in vielen<br />

Kapellen und Einsiedlerkapellen, die dieser<br />

Heiligen gewidmet sind, ja sogar im<br />

Provinzkrankenhaus. Die Heilige Caterina<br />

stellt die Weisheit dar, doch sie<br />

personifiziert auch esoterisches Wissen.<br />

In <strong>de</strong>r Apotheke <strong>de</strong>s ehemaligen<br />

Krankenhauses ist die Heilige am meisten<br />

zu sehen.<br />

19. Jahrhun<strong>de</strong>rt, Hospital Santa Caterina, <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Das Krankenhaus Santa Caterina hat eine Geschichte<br />

von fast 800 Jahren. Das ehemalige Hospital<br />

Santa Caterina wur<strong>de</strong> im Jahr 1211 von <strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>rschaft<br />

Sant Martí auf einem Gelän<strong>de</strong> außerhalb <strong>de</strong>r<br />

Stadtmauer, wo heute die Plaça <strong>de</strong>l Mercat ist,<br />

gegrün<strong>de</strong>t. Im Jahr 1666 wur<strong>de</strong> das Krankenhaus an<br />

<strong>de</strong>r Plaça <strong>de</strong> l’Hospital neu gebaut, wo es blieb, bis<br />

es nach Salt verlegt wur<strong>de</strong>. Das Gebäu<strong>de</strong> ist vom<br />

Krankenhausmo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>s 17. Jahrhun<strong>de</strong>rts geprägt und<br />

verfügt über einen zentralen Innenhof, eine Kirche<br />

und eine spärliche Außen<strong>de</strong>koration. In diesem Gebäu<strong>de</strong><br />

gibt es eine Apotheke aus <strong>de</strong>m 17. Jahrhun<strong>de</strong>rt,<br />

<strong>de</strong>ren Decke ein Kreuzgewölbe mit <strong>de</strong>korativen<br />

Gemäl<strong>de</strong>n ist. Die ursprünglichen Gemäl<strong>de</strong> stammten<br />

aus <strong>de</strong>m Barock, doch im 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong><br />

eine neue Dekoration in Auftrag gegeben. Die<br />

Gemäl<strong>de</strong>, die vor zwei Jahrhun<strong>de</strong>rten entstan<strong>de</strong>n,<br />

stellen allegorische Szenen dar, in <strong>de</strong>nen die Herstellung<br />

von Heilmitteln mit exotischen Substanzen<br />

aus fernen Län<strong>de</strong>rn gezeigt wer<strong>de</strong>n.<br />

Diese Gemäl<strong>de</strong> scheinen aber auch alchemistische<br />

Szenen darzustellen. Das ist sicherlich ein Zufall und<br />

<strong>de</strong>r unbekannte Künstler, <strong>de</strong>r die Aufgabe hatte, die<br />

alte Apotheke zu <strong>de</strong>korieren, ließ sich von alten<br />

alchemistischen Gemäl<strong>de</strong>n inspirieren, da er dachte,<br />

dass sie zu einer Apotheke passten. In diesen<br />

Gemäl<strong>de</strong>n gibt es viele alchemistische Symbole wie<br />

<strong>de</strong>n Aathanor, <strong>de</strong>n alchemistischen Ofen, das Destilliergefäß,<br />

einen alchemistischen Glasbehälter in<br />

Form eines Kürbisses und <strong>de</strong>n Baum und <strong>de</strong>n Hirsch,<br />

die in <strong>de</strong>r Alchemie die Natur repräsentieren, die<br />

vom Menschen beherrscht wird und zu sein er Verfügung<br />

steht. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf<br />

die okkulte, alchemistische Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Heiligen<br />

richten, wird <strong>de</strong>r Zufall schon größer und die alchemistischen<br />

Vermutungen über die Decke <strong>de</strong>r Apotheke<br />

im Hospital Santa Caterina nehmen zu. Die<br />

Heilige Caterina ist die christliche Version <strong>de</strong>r Hipatia,<br />

einer alexandrinischen Intellektuellen, die<br />

aufgrund ihrer esoterischen Kenntnisse berühmt<br />

war. Auf Befehl <strong>de</strong>s Bischofs <strong>de</strong>r Stadt starb sie<br />

durch Enthauptung. Eine noble Dame, die aufgrund<br />

ihrer Weisheit berühmt war, übernahm <strong>de</strong>n Namen<br />

Caterina und sie starb unter ähnlichen Umstän<strong>de</strong>n.<br />

Die Eingeweihten hielten die Heilige Caterina für<br />

die Große Mutter, die Göttin <strong>de</strong>r Weisheit. Alles<br />

zusammen ergibt eine Reihe von zufälligen Ereignissen,<br />

die uns die alchemistische Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r<br />

ehemaligen Apotheke <strong>de</strong>s Hospitals Santa Caterina<br />

erahnen lassen, wenn auch nur indirekt.<br />

89


40<br />

90<br />

Der Brunnen <strong>de</strong>r Verliebten<br />

Von dieser Sage gibt es verschie<strong>de</strong>ne Versionen, doch alle<br />

erzählen über <strong>de</strong>n Ursprung einer Quelle mit Spru<strong>de</strong>lwasser,<br />

die sich in Congost, am Ter-Ufer, befin<strong>de</strong>t. Diese Quelle<br />

entstand durch die bitteren Tränen eines reumütigen<br />

Mädchens, die für zwei Tote schuldig war.<br />

19. Jahrhun<strong>de</strong>rt. Am Congost, <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Die Sage erzählt, dass Sara, ein nicht sehr anmutiges,<br />

junges Mädchen, <strong>de</strong>n Zauberbann einer Zigeunerin<br />

annahm, damit ihre unmögliche Liebe zu Albert,<br />

einem jungen Mann <strong>de</strong>r Gegend, <strong>de</strong>r ein an<strong>de</strong>res<br />

Mädchen begehrte, erwi<strong>de</strong>rt wür<strong>de</strong>. Die Zigeunerin<br />

versprach ihr einen Trank, <strong>de</strong>r ihr für immer<br />

das Herz ihres Liebsten zuwen<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>. Die gleiche<br />

Zigeunerin sagte später Albert voraus, dass er<br />

seine Liebste töten wür<strong>de</strong> und dass man ihn für das<br />

Verbrechen bestrafen wür<strong>de</strong>.<br />

Albert ging am Ter-Ufer, am Ort <strong>de</strong>s Congost, auf<br />

die Jagd und dachte über die seltsamen Worte <strong>de</strong>r<br />

Zigeunerin nach, als <strong>de</strong>r Flug einer weißen Taube<br />

ihn von diesen Gedanken ablenkte. Ohne es sich zu<br />

überlegen, schoss er und <strong>de</strong>r Vogel fiel tot hinter ein<br />

Gebüsch. Der junge Mann ging los, um die Taube zu<br />

holen, als er plötzlich einen Krampf in seinen Beinen<br />

spürte. Gleichzeitig konnte er seine Füße nicht mehr<br />

fühlen, die sich am Bo<strong>de</strong>n festklammerten, und sein<br />

Körper verwan<strong>de</strong>lte sich in einem Baumstamm. In<br />

diesem Augenblick in <strong>de</strong>r Abenddämmerung sah<br />

Albert, <strong>de</strong>r sich in eine riesige Steineiche verwan<strong>de</strong>lt<br />

hatte, wie sich <strong>de</strong>r Rumpf <strong>de</strong>r Taube in einen mit<br />

Blut verschmierten Menschenkörper verwan<strong>de</strong>lte.<br />

Es war <strong>de</strong>r leblose Körper seiner Verlobten, <strong>de</strong>n einige<br />

Wasserfrauen schnell flussaufwärts zur Höhle<br />

<strong>de</strong>r Feen brachten.<br />

Die schwarze Magie <strong>de</strong>r Zigeunerin hatte sich erfüllt.<br />

Als Sara sah, dass ihr Liebster ein Baum gewor<strong>de</strong>n<br />

war und dass seine Verlobte tot war, umarmte<br />

sie <strong>de</strong>n Stamm und weinte bitter. Sie weinte so sehr,<br />

mit so viel Reue und Betrübnis darüber, dass sie am<br />

Tod <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n schuld war, dass sie sich schließlich<br />

in eine Quelle verwan<strong>de</strong>lte.<br />

Am nächsten Tag beerdigte die Stadt <strong>Girona</strong> einen<br />

jungen Mann und zwei Jungfrauen, die am Abend<br />

zuvor auf geheimnisvolle Weise gestorben waren.<br />

Seit jenem Tag - bald sind es hun<strong>de</strong>rt Jahre her -<br />

kommt als Folge dieser bitteren Tränen am Congost,<br />

am Fuß einer Steineiche ein Strahl Spru<strong>de</strong>lwasser<br />

aus <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n.<br />

91


41<br />

92<br />

Der Bäcker aus Mercadal<br />

Die Verehrung <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus<br />

begann im 11. Jahrhun<strong>de</strong>rt. Diese Devotion<br />

nahm im Laufe <strong>de</strong>r Jahre durch die Wun<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>s Heiligen noch zu. Manchmal können<br />

die Heiligen aber ihren Anhängern auch<br />

bestimmte Bedingungen stellen. Der<br />

Heilige Narzissus mochte es nicht, wenn<br />

seine Gläubigen an seinem Feiertag<br />

arbeiteten, und so ließ er es einen Bäcker<br />

aus Mercadal und einen Müller aus<br />

Peralada wissen.<br />

1864 - Heiliger Narzissus, Schutzpatron <strong>Girona</strong>s und <strong>de</strong>r Diözese.<br />

Plaça <strong>de</strong>l Mercadal, <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Der Heilige Narzissus ist seit <strong>de</strong>m 14. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

<strong>de</strong>r Schutzpatron <strong>de</strong>r Stadt <strong>Girona</strong> und zu seinen<br />

Ehren wur<strong>de</strong> ein sehr beliebter Jahrmarkt gefeiert.<br />

Es wird erzählt, dass ein Bäcker, <strong>de</strong>r seine Bäckerei<br />

zwischen <strong>de</strong>r Plaça <strong>de</strong>l Mercadal und <strong>de</strong>r Plaça <strong>de</strong>l<br />

Molí hatte, am Abend vor <strong>de</strong>m Feiertag <strong>de</strong>s Heiligen<br />

Narzissus arbeiten ging. Er dachte mehr an<br />

das Geld, das er nicht verdienen wür<strong>de</strong>, wenn er an<br />

diesem be<strong>de</strong>utungsvollen Tag frei nehmen wür<strong>de</strong>,<br />

als an seine religiösen Pflichten und begann mit<br />

<strong>de</strong>m Kneten, um am nächsten Tag Brot verkaufen<br />

zu können. Als er am Kneten war, sah er, wie sich<br />

die Hefe rot färbte, rot wie Blut, und umso mehr er<br />

knetete und die Hefe drehte, umso röter wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Teig. Der Bäcker musste einsehen, dass <strong>de</strong>r Heilige<br />

Narzissus ihn wissen ließ, dass es nicht recht war,<br />

an seinem Feiertag zu arbeiten. Er erschrak und<br />

fürchtete eine schlimmere Strafe, <strong>de</strong>shalb schloss<br />

er <strong>de</strong>n Backtrog und lief zur Kirche Sant Feliu, wo<br />

er <strong>de</strong>n Heiligen Narzissus vor seinem Grab um<br />

Vergebung bat.<br />

Erst drei Tage später traute sich <strong>de</strong>r Bäcker zu seiner<br />

Werkstätte zurück. Als er <strong>de</strong>n Backtrog öffnete,<br />

sah er, dass <strong>de</strong>r Teig dieses bedrohliche Rot verloren<br />

hatte und dass er frisch und fertig zum Backen<br />

war. Der Bäcker war erleichtert. Er schob <strong>de</strong>n Teig<br />

in <strong>de</strong>n Ofen und merkte sich diesen Vorfall für das<br />

kommen<strong>de</strong> Jahr.<br />

Ein ähnliches Erlebnis hatte ein Müller aus Peralada<br />

einige Jahrhun<strong>de</strong>rte später, auch an einem 29.<br />

Oktober. Dieser Müller aus Peralada ging zu seiner<br />

Mühle zur Arbeit, und er musste sich nicht fürchten,<br />

das Gebot, an einem Feiertag nicht zu arbeiten,<br />

zu übertreten, da außerhalb <strong>de</strong>r Stadt <strong>Girona</strong> kein<br />

Feiertag war. Doch auch in diesem Fall boykottierte<br />

<strong>de</strong>r Heilige die Arbeit <strong>de</strong>s armen Müllers und<br />

verwan<strong>de</strong>lte das Getrei<strong>de</strong> in Sägemehl.<br />

Dieser Vorfall kam <strong>de</strong>m Bischof von <strong>Girona</strong>, Constantí<br />

Bonet, zu Ohren, <strong>de</strong>r, um größere Strafen zu<br />

vermei<strong>de</strong>n, Papst Pius IX. darum bat, die Schutzherrschaft<br />

<strong>de</strong>s Heiligen Narzissus vom Jahre 1864<br />

an auf das ganze Bistum auszu<strong>de</strong>hnen, so dass <strong>de</strong>r<br />

Feiertag <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus nicht nur in <strong>Girona</strong>,<br />

son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r ganzen Diözese streng zu beachten<br />

war.<br />

93


42<br />

94<br />

Der Krokoling<br />

Wir möchten in diese Sammlung eine<br />

apokryphische Sage aufnehmen, die durch<br />

ihre kraftvolle und schnelle Verbreitung in<br />

nur kurzer Zeit in <strong>de</strong>n Sagenbestand <strong>de</strong>r<br />

Stadt <strong>Girona</strong> aufgenommen wur<strong>de</strong> und zu<br />

einem Symbol innerhalb <strong>de</strong>r Ikonografie<br />

<strong>Girona</strong>s wur<strong>de</strong>.<br />

Verfasser: Dolors Codina,<br />

Emili Massanas und Carles Vivó<br />

20. Jahrhun<strong>de</strong>rt - Kloster Santa Clara, <strong>Girona</strong>.


S A G E N U N D L E G E N D E N A U S G I R O N A<br />

Auf <strong>de</strong>r linken Uferseite <strong>de</strong>s Flusses Onyar im<br />

Stadtviertel Mercadal gab es ein Nonnenkloster <strong>de</strong>s<br />

Klarissenor<strong>de</strong>ns. In diesem Kloster lebte eine Nonne<br />

hinter Schloss und Riegel, in einer unterirdischen,<br />

dunklen, feuchten Zelle, ganz in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s Bewässerungsgrabens<br />

Monar.<br />

Die Grün<strong>de</strong>, weshalb die Novizin, die in <strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong><br />

Rosalia heißt, in einer Zelle eingeschlossen war,<br />

unterschei<strong>de</strong>n sich je nach Version <strong>de</strong>r Sage. Einige<br />

erzählen, dass die Nonne unzufrie<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m eher<br />

ausschweifen<strong>de</strong>n Leben ihrer Schwestern war und<br />

ihnen dauernd Vorwürfe machte. Die Nonnen, die<br />

sie nicht mehr länger hören und ihr sündiges Leben<br />

fortsetzen wollten, entschie<strong>de</strong>n sich, sie im Keller<br />

einzuschließen. Eine an<strong>de</strong>re, romantischere Version<br />

erzählt, dass die Novizin nachts über die unterirdischen<br />

Gänge verschwand, um sich mit ihrem<br />

Liebsten, einem Franziskanermönch <strong>de</strong>s Klosters<br />

<strong>de</strong>s Heiligen Franz, zu treffen. Als die Oberin davon<br />

erfuhr, setzte sie sie hinter Schloss und Riegel.<br />

Sicher ist auf je<strong>de</strong>n Fall, dass es <strong>de</strong>r armen Nonne<br />

gar nicht gut ging in jener dunklen, feuchten Zelle.<br />

Vielleicht durch die Feuchtigkeit <strong>de</strong>s Ortes o<strong>de</strong>r<br />

aufgrund <strong>de</strong>r vergossenen Tränen ihres Geliebten<br />

erfuhr <strong>de</strong>r Körper <strong>de</strong>r Novizin eine eigenartige Verän<strong>de</strong>rung:<br />

Der Körper wur<strong>de</strong> von Schuppen be<strong>de</strong>ckt,<br />

bis sie sich in eine Art Krokodil verwan<strong>de</strong>lt<br />

hatte. Nur am Rücken, als Ausgleich für <strong>de</strong>n abstoßen<strong>de</strong>n<br />

Körper, wuchsen ihr ein paar Schmetterlingsflügel.<br />

So wur<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>r Novizin eine Mischung<br />

aus Krokodil und Schmetterling... ein Krokoling.<br />

Als die Nonne nach Jahren, immer noch in <strong>de</strong>r Zelle<br />

eingeschlossen, starb, soll es in <strong>Girona</strong> eine Überschwemmung<br />

gegeben haben, obwohl es nicht<br />

einen Tropfen geregnet hatte. Seither schweift <strong>de</strong>r<br />

Körper <strong>de</strong>s Krokolings umher, entwe<strong>de</strong>r schwimmend<br />

o<strong>de</strong>r fliegend über <strong>de</strong>m Fluss Onyar. Wenn<br />

Sie <strong>de</strong>n Krokoling sehen möchten, müssen Sie<br />

zwischen <strong>de</strong>n Brücken Pont <strong>de</strong> Pedra und Ponte <strong>de</strong><br />

les Peixateries Velles in einer jener Nächte spazieren<br />

gehen, in <strong>de</strong>nen sich im Mondlicht die Geister<br />

im Nebel <strong>Girona</strong>s blicken lassen.<br />

95


96<br />

ZEICHEN DER WEISHEIT<br />

Am Tag <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus im Jahre 1946 entstand in<br />

einer Druckerei <strong>de</strong>r Stadt Barcelona ein kleines Juwel -<br />

<strong>Girona</strong>. Petita història <strong>de</strong> la ciutat, <strong>de</strong> les seves tradicions<br />

i folklore, (Kleine Geschichte <strong>de</strong>r Stadt, ihrer Traditionen<br />

und Bräuche) ein Werk J. Giberts aus <strong>Girona</strong>, in <strong>de</strong>m die<br />

Bräuche und Traditionen <strong>de</strong>r Stadt <strong>Girona</strong><br />

zusammengetragen wur<strong>de</strong>n und das, wie er selbst<br />

erklärte, geschrieben wur<strong>de</strong>, «damit die Tradition <strong>Girona</strong>s,<br />

zumin<strong>de</strong>st geschrieben, dient». Zu<strong>de</strong>m nahm Gibert Tag<br />

für Tag das Leben <strong>de</strong>r Stadt über jene Merkmale auf,<br />

die ihre Bewohner wahrscheinlich am meisten<br />

charakterisieren, wie Sprichwörter, Lie<strong>de</strong>r, Sagen und<br />

Legen<strong>de</strong>n, Traditionen, Tänze usw.<br />

Die Schriftsteller Gibert, Vivó und Fañanàs unter an<strong>de</strong>ren<br />

- und jetzt auch Nuri Ros - haben die Sage und die<br />

Legen<strong>de</strong>, die Phantasie und die Tradition zu <strong>de</strong>n<br />

Hauptfiguren ihrer Untersuchungen und Werke gemacht<br />

und haben uns allen dadurch die volkstümliche Weisheit,<br />

jene Entstehung <strong>de</strong>r gemeinschaftlichen Phantasie,<br />

übermittelt, Fabeln und Mythen, die auf Umwegen<br />

parallel zur realen Geschichte, <strong>de</strong>r von Historikern<br />

erforschten, begrün<strong>de</strong>ten und geschriebenen, fortschreiten.<br />

Wenn man die Sagen und Legen<strong>de</strong>n einer Stadt kennt, ist<br />

man in ihre Haut eingedrungen, und man spürt, wie die<br />

Gemeinschaft, die sie überliefert hat, fühlt und lebt. Aus<br />

diesem Grund ist es unsere Pflicht, ihnen Aufmerksamkeit<br />

zu schenken und sie zu lesen, um sie später<br />

weitererzählen zu können. Die Initiative, einen Ort zu<br />

schaffen, <strong>de</strong>r dazu beiträgt, die Sagen und Legen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />

Stadt von Generation zu Generation weiterzugeben und<br />

sie an<strong>de</strong>ren Völkern zu vermitteln, ist ein Zeichen <strong>de</strong>r<br />

Weisheit. Herzlichen Glückwunsch!<br />

Arcadi Calzada Salavedra<br />

Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Caixa <strong>Girona</strong>


GIRONA IST UNIVERSELL. SAGEN UND<br />

LEGENDEN MACHEN UNS ZU ERBEN<br />

DES WISSENS<br />

Eine Veröffentlichung mit allen Informationen über dieses<br />

Thema fin<strong>de</strong> ich absolut treffend. Eine herrliche I<strong>de</strong>e.<br />

Die Sage o<strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r Mythos und die Erzählung<br />

bringen uns eine erträumte Wirklichkeit mit einem<br />

wahren Hintergrund näher. Daher müssen diejenigen<br />

beglückwünscht wer<strong>de</strong>n, die mit ihrer Erinnerung speziell<br />

zu dieser vergnüglichen geistigen Aktivität beitragen.<br />

<strong>Girona</strong> ist eine Stadt mit Sagen und Legen<strong>de</strong>n, wie sie alle<br />

Städte mit einer langen Geschichte aufweisen. Mythen,<br />

Sagen und Legen<strong>de</strong>n sind eine Pädagogik, die auf uns<br />

selbst und unsere Umgebung einwirkt, uns mehr<br />

sozialisiert und so die Ortschaften eines Gebiets<br />

zusammenbringt.<br />

Die umfangreiche Sammlung ist eine elegante und<br />

zusammenhängen<strong>de</strong> Auswahl und reicht von Geryon<br />

bis zu Der Hintern <strong>de</strong>r Löwin über Personen und<br />

Persönlichkeiten aus <strong>Girona</strong> und von außerhalb,<br />

die jedoch mit unserer Kultur in Verbindung stehen.<br />

Der Zusammenhang ergibt sich durch die Vollständigkeit<br />

<strong>de</strong>r Abhandlung, die in <strong>de</strong>n Rahmen <strong>de</strong>r Anthropologie<br />

<strong>de</strong>s sozialen Wissens gestellt ist. Eine wahre Beschreibung<br />

<strong>de</strong>s Brauchtums, <strong>de</strong>r Sitten, <strong>de</strong>r Beziehungen zwischen<br />

Menschen, über das, was sie sind, über das, was sie<br />

darstellen und auch über ihre natürliche Umgebung.<br />

Sagen und Legen<strong>de</strong>n machen uns menschlicher und sie<br />

lassen uns über irgen<strong>de</strong>twas träumen, was das Kind in uns<br />

aufnimmt und sich zu eigen macht. Wer fühlt sich nicht<br />

von einer Sage o<strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong> angezogen, auch wenn sie<br />

schon sehr alt ist? Schließlich gibt es überall Sagen und<br />

Legen<strong>de</strong>n, und auf meinen Reisen habe ich das Glück<br />

gehabt, viele kennen zu lernen. Und wissen Sie, was ich<br />

glaube? Dass alle gleich sind und von <strong>de</strong>n gleichen<br />

Themen han<strong>de</strong>ln; das ist es, was <strong>de</strong>n Menschen universell<br />

macht.<br />

<strong>Girona</strong> ist universell und seine Bewohner müssen es<br />

immer mehr sein wollen. Wer Sagen und Legen<strong>de</strong>n seines<br />

Dorfes o<strong>de</strong>r seiner Stadt nicht versteht o<strong>de</strong>r nicht mag,<br />

kann kaum universell sein. Aus meiner Perspektive als<br />

Wissenschaftler helfen uns die Sagen und Legen<strong>de</strong>n aus<br />

<strong>Girona</strong>, menschlicher zu wer<strong>de</strong>n, und sie machen uns zu<br />

Erben eines Wissens, das ohne diese Art von Arbeiten<br />

verloren gehen wür<strong>de</strong>.<br />

Herzlichen Glückwunsch zu diesem Projekt!<br />

Dr. Eudald Carbonell Roura<br />

Universität Rovira i Virgili<br />

Abteilung für Vorgeschichte<br />

Mitdirektor von Atapuerca<br />

Direktor <strong>de</strong>s Katalanischen Instituts für humane<br />

Paläoökologie und gesellschaftliche Entwicklung<br />

97


98<br />

GIRONA HAT ES VERSTANDEN, SEINE<br />

MÜNDLICH ÜBERLIEFERTE GESCHICHTE MIT<br />

SAGEN UND LEGENDEN ZU BEWAHREN<br />

Wer die Stadt und ihren Zauber ent<strong>de</strong>cken möchte und<br />

wer <strong>de</strong>n Lauf <strong>de</strong>r Jahrhun<strong>de</strong>rte und <strong>de</strong>n Charakter ihrer<br />

Leute kennen lernen möchte, für <strong>de</strong>n ist ein Spaziergang<br />

durch die Altstadt von <strong>Girona</strong> ein nicht zu verpassen<strong>de</strong>s<br />

Muss.<br />

Auf einem Spaziergang wird man sich sofort bewusst,<br />

dass die engen Gassen viel Geschichte verbergen. <strong>Girona</strong><br />

hat es verstan<strong>de</strong>n, seine mündliche Geschichte mit Sagen<br />

und Legen<strong>de</strong>n, wie <strong>de</strong>r über die Löwin, <strong>de</strong>n Heiligen<br />

Narzissus, Geryon o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r über die Hexe <strong>de</strong>r Kathedrale,<br />

zu bewahren. Beim Kennenlernen <strong>de</strong>r Sagen und<br />

Legen<strong>de</strong>n wird man von ihnen eingenommen wie von <strong>de</strong>r<br />

Stadt, und sie überliefern das Beste <strong>de</strong>r volkstümlichen<br />

Tradition <strong>Girona</strong>s.<br />

Entschuldigt mich bitte, dass ich einer Sage, die zwar<br />

auch aus <strong>Girona</strong>, aber nicht aus <strong>de</strong>r Stadt ist, <strong>de</strong>n Vorrang<br />

gebe. Es ist die Sage über Guifré el Pilós, da sie über die<br />

Wurzeln unserer nationalen I<strong>de</strong>ntität als Volk han<strong>de</strong>lt,<br />

aber auch, weil ich in Ripoll geboren bin.<br />

Dem folgen<strong>de</strong>n Satz habe ich immer beigepflichtet: Wer<br />

seine Wurzeln verliert, verliert seine I<strong>de</strong>ntität. Und jetzt<br />

erst recht sollten wir das berücksichtigen. Daher vielen<br />

Dank an diejenigen, die diese gute Wahl getroffen haben,<br />

die Sagen und Legen<strong>de</strong>n aus <strong>Girona</strong> zu pflegen und zu<br />

för<strong>de</strong>rn.<br />

Eudald Casa<strong>de</strong>sús Barceló<br />

Präsi<strong>de</strong>nt von CDC in <strong>de</strong>n Landkreisen <strong>Girona</strong>s<br />

Abgeordneter <strong>de</strong>r CiU im Parlament von Katalonien


DIE SAGEN UND LEGENDEN AUS<br />

GIRONA UND DEN LANDKREISEN<br />

SIND HEUTE ZU STEIN GEWORDEN<br />

Im Stil <strong>de</strong>r mesopotamischen Stelen, <strong>de</strong>n griechisch-römischen<br />

Reliefs und auch <strong>de</strong>r Reliefs <strong>de</strong>r neoklassischen<br />

Grabsteine sind die Sagen und Legen<strong>de</strong>n aus <strong>Girona</strong> und<br />

seines Landkreises heute zu Stein gewor<strong>de</strong>n, o<strong>de</strong>r besser<br />

gesagt zu Marmor in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n von Gerard Roca i Ayats,<br />

Künstler aus Bescanó, <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>rs feinfühlig mit <strong>de</strong>r<br />

Tradition und <strong>de</strong>n Sagen und Legen<strong>de</strong>n umgeht, die uns<br />

dabei helfen, unsere Geschichte o<strong>de</strong>r, besser gesagt,<br />

die subjektive Interpretation einiger verwirren<strong>de</strong>n<br />

Begebenheiten unserer Vergangenheit besser zu verstehen.<br />

Der symbolische Wert <strong>de</strong>r Sagen und Legen<strong>de</strong>n wird<br />

dadurch um <strong>de</strong>n künstlerischen Wert bereichert. Und es<br />

ist hinzuzufügen, dass die Wahl <strong>de</strong>r Materialien nicht<br />

zufällig erfolgt ist: Die Absicht <strong>de</strong>r Dauerhaftigkeit macht<br />

<strong>de</strong>n Stein zu einer unerlässlichen Voraussetzung, und<br />

unter <strong>de</strong>n Steinen ist <strong>de</strong>r Marmor ein Versuch, das<br />

Volkstümliche zu vere<strong>de</strong>ln. Der saubere, klare Stil<br />

beinhaltet eine pädagogische Absicht in <strong>de</strong>r gleichen<br />

Weise, wie die romanischen Reliefs <strong>de</strong>r Kirchen durch<br />

oftmals übertriebene, doch gut erkennbare Bil<strong>de</strong>r die<br />

Ungläubigen über die göttliche und irdische Materie<br />

lehrten. Zu<strong>de</strong>m ist <strong>de</strong>r Rahmen <strong>de</strong>s Ganzen zu<br />

berücksichtigen bzw. sich vor Augen zu halten: ein<br />

herrliches mittelalterliches Gebäu<strong>de</strong> im Herzen <strong>Girona</strong>s,<br />

das in diesem Fall seine eigene Legen<strong>de</strong> hat, nämlich die<br />

über die Fußspur <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus.<br />

Es ist gar nicht einfach, die Be<strong>de</strong>utung einer Legen<strong>de</strong> in<br />

einem dreidimensionalen Bild darzustellen. Um das zu<br />

schaffen, benötigt man ein beson<strong>de</strong>res Geschick für<br />

Zusammenhänge und viel Vorstellungskraft. Wir alle<br />

verfügen mehr o<strong>de</strong>r weniger darüber in unserer<br />

Erinnerung, doch haben wir das Bild, die Proportionen<br />

und die Einzelheiten nicht genau <strong>de</strong>finiert. Ich glaube,<br />

dass uns Gerard viel Arbeit erspart hat, und dass <strong>de</strong>r<br />

unbestreitbare Wert seines Handwerks als<br />

Marmorschleifer und Bildhauer durch <strong>de</strong>n guten<br />

Geschmack und das große Talent als Illustrator in diesen<br />

Reliefs bereichert wird.<br />

Genießen Sie diese Darstellung von Sagen und Legen<strong>de</strong>n,<br />

die in Zukunft bestimmt noch bekannter wer<strong>de</strong>n.<br />

Lluís Costabella Casa<strong>de</strong>vall<br />

Dichter, Musiker und Komponist<br />

Kunsthistoriker<br />

99


100<br />

SAGEN UND LEGENDEN<br />

ZURÜCKGEWINNEN UND MIT BEIDEN<br />

FÜSSEN AUF DEM BODEN STEHEN<br />

Alle Zivilisationen und Völker sind im Schutz von Mythen<br />

sowie Sagen und Legen<strong>de</strong>n entstan<strong>de</strong>n und gewachsen.<br />

Die Geschichte <strong>de</strong>r Menschheit kann im Rahmen von<br />

mythologischen und sagenhaften Erzählungen, die in<br />

je<strong>de</strong>m Land entstan<strong>de</strong>n sind, verfolgt wer<strong>de</strong>n. Von Isis und<br />

Osiris im alten Ägypten über die Götter und Hel<strong>de</strong>n im<br />

klassischen Griechenland bis zur heutigen Zeit haben sich<br />

Kulturen und Nationen parallel zu einer Reihe von alten<br />

Mythen entwickelt, die dazu beitragen, Beson<strong>de</strong>rheit zu<br />

versinnbildlichen. Eine organisierte Menschengruppe ohne<br />

ihre Mythen, ihre Sagen und Legen<strong>de</strong>n und ohne ihre<br />

Religion ist ein Organismus, <strong>de</strong>m ein wichtiges Glied fehlt.<br />

Es muss hinzugefügt wer<strong>de</strong>n, dass die Gesellschaften, die<br />

bei <strong>de</strong>r Erkämpfung von Rechten und Wohlstand für ihre<br />

Mitglie<strong>de</strong>r am meisten erreicht haben, diejenigen sind, die<br />

es geschafft haben, das Korsett, das Mythen manchmal<br />

mit sich bringen, zu lockern und diese Mythen als das zu<br />

nehmen, was sie sind: ein Instrument, das in früheren<br />

Zeiten dazu beitrug, <strong>de</strong>r Zugehörigkeit zu einem Volk o<strong>de</strong>r<br />

einer Nation einen Sinn zu geben. Heutzutage jedoch<br />

dürfen sie nicht Zügel o<strong>de</strong>r Verlangsamung <strong>de</strong>s<br />

Fortschritts einer Gesellschaft sein.<br />

<strong>Girona</strong>, die weise alte Stadt mit einer reichen und<br />

komplexen Geschichte hat diese bei<strong>de</strong>n Aspekte sehr gut<br />

zu kombinieren gewusst: Respekt für die volkstümliche<br />

und kulturelle Tatsache <strong>de</strong>r Sagen und Legen<strong>de</strong>n (Geryon,<br />

Karl <strong>de</strong>r Große, die Hexe <strong>de</strong>r Kathedrale, die Fliegen <strong>de</strong>s<br />

Heiligen Narzissus, <strong>de</strong>r Tarlà <strong>de</strong>r Straße Argenteria usw.)<br />

und gleichzeitig eine stetige Mobilisierung aller Akteure<br />

zur Verbesserung <strong>de</strong>s Wohlergehens sowohl <strong>de</strong>r Bewohner<br />

als auch <strong>de</strong>r Besucher, heute und in Zukunft.<br />

Dies be<strong>de</strong>utet, die Vergangenheit zu respektieren,<br />

doch für die Gegenwart zu arbeiten und die Zukunft<br />

vorzubereiten. Mit an<strong>de</strong>ren Worten, Sagen und Legen<strong>de</strong>n<br />

ja, aber mit bei<strong>de</strong>n Füßen auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n stehend.<br />

Das vom <strong>Hotel</strong> <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong> umgesetzte Vorhaben<br />

ist ein gutes Beispiel für diese Absicht, vorzüglich in <strong>de</strong>r<br />

Gegenwart zu arbeiten und in die Zukunft zu schauen mit<br />

einem nostalgischen und - warum nicht - heiteren Blick<br />

in die Vergangenheit; wenn es auch nicht so war, wie es<br />

erzählt wird, ist es doch schön, dass es so gewesen sein<br />

könnte.<br />

Gute Arbeit und viel Glück!<br />

Francesc Francisco-Busquets Palahí<br />

Sub<strong>de</strong>legierter <strong>de</strong>r Staatsregierung in <strong>Girona</strong>


GIRONA IST STEIN UND WASSER,<br />

MATERIE UND ERINNERUNG<br />

<strong>Girona</strong> hat sich im Lauf <strong>de</strong>r Jahrhun<strong>de</strong>rte mit Mauern,<br />

die es schützten, Urkun<strong>de</strong>n, die die Vitalität bescheinigten,<br />

sowie mit Männern und Frauen, die dort litten und<br />

arbeiteten, entwickelt. Die in <strong>de</strong>r Geschichte am weitesten<br />

zurückliegen<strong>de</strong>n menschlichen Ansiedlungen haben zu<br />

<strong>de</strong>n römischen Baustrukturen, <strong>de</strong>n mittelalterlichen<br />

Labyrinthen und zu <strong>de</strong>n mächtigen bürgerlichen und<br />

religiösen Bauwerken geführt. <strong>Girona</strong> ist Stein und<br />

Wasser, Materie und Erinnerung.<br />

Die Wirklichkeit hat sich aber auch durch <strong>de</strong>n Beitrag <strong>de</strong>s<br />

Volkes gebil<strong>de</strong>t, durch seine Fähigkeit, Phantasien zu<br />

entwickeln, die dabei helfen, die Geschehnisse im Laufe<br />

<strong>de</strong>r Jahrhun<strong>de</strong>rte zu verstehen. <strong>Girona</strong> ist auch das:<br />

Sagen und Legen<strong>de</strong>n, die sich zur Oberhaut einer Stadt mit<br />

einem reichen Innenleben hohen Niveaus entwickelt haben.<br />

Anna M. Geli<br />

Rektorin UdG<br />

EIN HAUS, IN DEM MAN SICH IN<br />

JEDER ECKE EINE GESCHICHTE, SAGE<br />

ODER LEGENDE VORSTELLEN KANN<br />

<strong>Hotel</strong> <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong> - was für eine Ehre zu <strong>de</strong>n<br />

Leuten zu gehören, die es möglich machen!<br />

Mit meinem beschei<strong>de</strong>nen Beitrag als Baumeister wer<strong>de</strong><br />

ich an <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>r Altstadt von <strong>Girona</strong> teilhaben<br />

und beson<strong>de</strong>rs an <strong>de</strong>r Restaurierung eines Hauses, in <strong>de</strong>m<br />

man sich in je<strong>de</strong>r Ecke eine Geschichte, Sage o<strong>de</strong>r<br />

Legen<strong>de</strong> vorstellen kann.<br />

Herzlichen Glückwunsch für <strong>de</strong>n Namen, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m <strong>Hotel</strong><br />

gegeben wird und <strong>de</strong>r nicht an<strong>de</strong>rs sein könnte...<br />

In Bezug auf die Legen<strong>de</strong> über Morgat, die mich<br />

angesichts meines Weges über das Bürgermeisteramt<br />

von Porqueres berührt, muss ich sagen, dass sie zu <strong>de</strong>n<br />

Sagen und Legen<strong>de</strong>n gehört, die mich am meisten<br />

beeindrucken und zum Nach<strong>de</strong>nken gebracht haben.<br />

Normalerweise erscheinen uns die Sagen und Legen<strong>de</strong>n<br />

aus sehr fernen Zeiten o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st ist das bei mir so.<br />

Dagegen hat die Legen<strong>de</strong> über Morgat einen wahren<br />

Hintergrund, was wir, die diese Gegend etwas kennen,<br />

wissen und mit eigenen Augen gesehen haben: Mit <strong>de</strong>n<br />

Jahren haben sich mehrere Seen gebil<strong>de</strong>t und es können<br />

sich noch mehr bil<strong>de</strong>n, beson<strong>de</strong>rs in Trockenzeiten,<br />

wie wir sie jetzt haben.<br />

Xavier Gifra Darné<br />

Baumeister<br />

101


102<br />

HIER BEGINNT IHR BESUCH IM<br />

MAGISCHEN GIRONA<br />

Eine Legen<strong>de</strong> ist eine mündliche o<strong>de</strong>r schriftliche<br />

Erzählung in Prosa o<strong>de</strong>r Versen, die eine mehr o<strong>de</strong>r<br />

weniger historische Prägung mit einem größeren o<strong>de</strong>r<br />

geringeren Anteil an phantastischen Elementen hat und<br />

die traditionsgemäß mündlich o<strong>de</strong>r schriftlich überliefert<br />

wird.<br />

Es gibt auch die Volkssagen (die mehr o<strong>de</strong>r weniger<br />

spontan o<strong>de</strong>r unbewusst entstehen) o<strong>de</strong>r die gelehrten<br />

Sagen o<strong>de</strong>r auch eine Kombination von Elementen aus<br />

diesen bei<strong>de</strong>n unterschiedlichen Typen. Es kann sich auch<br />

ursprünglich um gelehrte Sagen gehan<strong>de</strong>lt haben,<br />

die später eine große Bekanntheit erreichten.<br />

Bei Sagen und Legen<strong>de</strong>n hat die Länge (generell sind sie<br />

eher kurz) keine Wichtigkeit, son<strong>de</strong>rn im Mittelpunkt steht<br />

immer das Thema o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Inhalt, da es immer um eine<br />

Erzählung geht, die durch eine phantastische Geschichte<br />

ein natürliches Phänomen erklären soll.<br />

Wir, die Bürger <strong>Girona</strong>s, können uns beim Anblick <strong>de</strong>s<br />

<strong>Hotel</strong>s <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong> durch die zahlreichen Sagen<br />

und Legen<strong>de</strong>n, die im Imperial <strong>Girona</strong> enthalten sind,<br />

verführen und verzaubern lassen. Die Magie <strong>Girona</strong>s liegt<br />

in seinen Traditionen, seinen Sagen und Legen<strong>de</strong>n und<br />

sogar in <strong>de</strong>n mo<strong>de</strong>rnen Sagen, die in <strong>de</strong>n Straßen wie<strong>de</strong>r<br />

zu hören sind.<br />

In diesem <strong>Hotel</strong> können zahlreiche verborgene Fassetten<br />

<strong>Girona</strong>s ent<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n... Hier beginnt Ihr Besuch <strong>de</strong>s<br />

magischen <strong>Girona</strong>s.<br />

Fernando Lacaba Sánchez<br />

Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s Landgerichts von <strong>Girona</strong>


UNSERER GENERATION IST DIE<br />

MÖGLICHKEIT, SAGEN UND LEGENDEN<br />

EINZUFÜHREN, VERSAGT WORDEN<br />

Die Sage o<strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong> entsteht durch die Absicht <strong>de</strong>s<br />

Menschen, ein außergewöhnliches Ereignis mitzuteilen.<br />

Es soll <strong>de</strong>n Mitmenschen und <strong>de</strong>n neuen Generationen<br />

übermittelt wer<strong>de</strong>n. Es ist das vitale Bedürfnis, etwas zu<br />

verewigen, das Bedürfnis, die Zeit zu überwin<strong>de</strong>n und sich<br />

in <strong>de</strong>r Zeit selbst nie<strong>de</strong>rzulassen.<br />

Unserer Generation ist die Möglichkeit, Sagen und<br />

Legen<strong>de</strong>n einzuführen, versagt wor<strong>de</strong>n. Die Tatsachen sind<br />

wie sie sind. Sie verfügen über Hauptfiguren und Zeugen<br />

und außer<strong>de</strong>m erlebt man sie fast live unabhängig davon,<br />

an welchem Ort sie sich abgespielt haben. Es bleibt<br />

Objektivität und <strong>de</strong>r Subjektivität wird ihre fast<br />

angeborene Penetration in die Geschehnisse versagt.<br />

Das ist das Ergebnis <strong>de</strong>r technologischen Entwicklung,<br />

ein Kind <strong>de</strong>s Mannes und <strong>de</strong>r Frau, die Sklaven ihrer<br />

eigenen Fortschritte gewor<strong>de</strong>n sind. Wenn eine Sage o<strong>de</strong>r<br />

Legen<strong>de</strong> mehr Phantasie als Gewissheit ist, und wenn je<strong>de</strong><br />

Sage o<strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong> in sich nicht abgeschlossen ist,<br />

dann besteht heute, wo beispielsweise je<strong>de</strong> militärische<br />

Auseinan<strong>de</strong>rsetzung, Bombenanschläge und einschließlich<br />

menschliche Tragödien live übertragen wer<strong>de</strong>n, keine<br />

Möglichkeit mehr, eine Sage o<strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong> entstehen zu<br />

lassen, sie zu för<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r sie als Pfand einer Gegenwart<br />

zu hinterlassen, die gewiss von <strong>de</strong>r Zeit überholt wird.<br />

Das war nichts Alltägliches, als das Gebäu<strong>de</strong> <strong>de</strong>s heutigen<br />

<strong>Hotel</strong>s <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong> inmitten <strong>de</strong>r Altstadt errichtet<br />

wur<strong>de</strong>, einer Alstadt, die das Zentrum <strong>de</strong>s Geronas jener<br />

Tage war, das Herz, <strong>de</strong>m heute durch die wirtschaftliche<br />

Aktivität und die humanistische Empfindung genug Kraft<br />

gegeben wird, um weiterhin zu schlagen für uns und alle,<br />

die angezogen wer<strong>de</strong>n von unserer Vergangenheit und<br />

<strong>de</strong>r klugen Restauration, die das Gebäu<strong>de</strong> gera<strong>de</strong> erfährt.<br />

In jener Zeit - einer Zeit ohne Zeitungen, Radios,<br />

Fernseher, Kinos und natürlich ohne Internet - nahmen<br />

die Ereignisse ihren Lauf von Mund zu Mund und wur<strong>de</strong>n<br />

von <strong>de</strong>r Phantasie <strong>de</strong>sjenigen, <strong>de</strong>r die Nachricht<br />

weitergab, schön ausgeschmückt. Das ist die Sage:<br />

Ein wahres Ereignis, um das eine poetische Schönheit<br />

gewun<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n ist, die ihm erstens eine Erklärung und<br />

gleichzeitig ein En<strong>de</strong>rgebnis geben. Die Sage hat einen<br />

Körper und verfügt auch über eine Seele. Es ist die Seele,<br />

die uns anzieht, um Unmögliches möglich zu machen:<br />

Was geschah? Während wir <strong>de</strong>r Sage mehr Phantasie,<br />

in diesem Fall unsere Phantasie, geben, um ihren roten<br />

Fa<strong>de</strong>n - <strong>de</strong>n sie hat - zu fin<strong>de</strong>n, können wir die<br />

Einrichtungen eines <strong>Hotel</strong>s genießen, das die Kühnheit<br />

besitzt, <strong>de</strong>n Namen <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> (Sage - Legen<strong>de</strong>) zu tragen.<br />

Der <strong>Hotel</strong>betrieb ist <strong>de</strong>r von heute und er ist eine<br />

greifbare, berechenbare und messbare Wirklichkeit; aber<br />

warum lassen wir dort nicht auch unsere persönlichen<br />

Sagen im Archiv <strong>de</strong>r Stille? Ich möchte Sie einla<strong>de</strong>n, dies<br />

zu tun, um sich mit all<strong>de</strong>m wie<strong>de</strong>r zu fin<strong>de</strong>n, was die<br />

Altstadt <strong>de</strong>s alten <strong>Girona</strong>s unserer Herzen erlebt hat.<br />

Josep López <strong>de</strong> Lerma<br />

Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r “Tribuna <strong>de</strong> <strong>Girona</strong>”<br />

103


104<br />

DIE GESCHICHTE DER STADT<br />

GIRONA HAT EINE EIGENE KRAFT<br />

Was das Haus für die Familie darstellt, ist die Stadt für die<br />

Gesellschaft, und wie je<strong>de</strong> Familie ihren privaten<br />

Lebensbereich nach eigenem Geschmack und Gutdünken<br />

gestaltet, so formt die Gesellschaft <strong>de</strong>n städtischen<br />

Bereich, <strong>de</strong>r für seine Bewohner, das restliche Land und<br />

auch für alle ausländischen Kulturen bewun<strong>de</strong>rnswert ist.<br />

Je<strong>de</strong>m von uns gefällt es, Dinge in unserem Zuhause zu<br />

genießen, die es unseren Sinnen erlauben, eine an<strong>de</strong>re<br />

Welt zu erreichen, eine höhere Welt, in <strong>de</strong>r je<strong>de</strong>s Gefühl<br />

und je<strong>de</strong> Empfindung uns unserem Wesen als Person<br />

näher bringt. Skulptur, Gemäl<strong>de</strong>, Architektur... Die Stadt ist<br />

<strong>de</strong>mzufolge ein großes Zuhause für uns alle.<br />

Die Stadt mit ihren Steinen und Leuten ist <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rschein<br />

<strong>de</strong>s Menschen auf die Natur. <strong>Girona</strong>, die reizen<strong>de</strong> Ortschaft<br />

<strong>de</strong>r vier Flüsse, hat schon immer ein kulturelles und<br />

künstlerisches Leben gehabt, das auf vollkommene Weise<br />

seine eigene Persönlichkeit geprägt hat. Seine Skulpturen,<br />

Kirchen, Häuser, je<strong>de</strong>r seiner Winkel und alle seine Steine<br />

waren bei <strong>de</strong>r Errichtung <strong>de</strong>r Stadt, <strong>de</strong>n Schlachten, <strong>de</strong>n<br />

Belagerungen, <strong>de</strong>n Festen, <strong>de</strong>n Sagen, <strong>de</strong>r Innovation, <strong>de</strong>n<br />

Spektakeln, <strong>de</strong>r Ankunft <strong>de</strong>r Industrie, <strong>de</strong>n großen sozialen<br />

Bewegungen und <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r letzten dreißig<br />

Jahre dabei... Doch alle sind sie dageblieben und<br />

betrachten die Verän<strong>de</strong>rungen, die eintreten, und verstehen,<br />

dass sie an ihrem Platz sind - einem ewigen Platz.<br />

Dieses Herrenhaus, in <strong>de</strong>m nach <strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong> vor 1.700<br />

Jahren <strong>de</strong>r Heilige Narzissus - Bischof, Märtyrer und<br />

Schutzpatron von <strong>Girona</strong> - lebte und wo noch heute seine<br />

Essenz lebendig ist, entwickelt sich in diesem Sinne positiv<br />

und steht einem Projekt gegenüber, das allen Leuten <strong>de</strong>r<br />

Welt ermöglicht, tiefer in die Geschichte <strong>de</strong>r Stadt <strong>Girona</strong><br />

einzudringen, dieser Stadt, die eine eigene Kraft hat und<br />

sehr bewun<strong>de</strong>rnswert ist.<br />

Oriol Mallart Vallmajó<br />

Stu<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Architektur<br />

Architekturschule La Salle


ZWEIUNDVIERZIG MAGISCHE<br />

GESCHICHTEN: SAGEN UND<br />

LEGENDEN AUS GIRONA<br />

Sagen sind generell von ihrer Herkunft mündliche<br />

Erzählungen mit einem sehr großen Anteil an erfun<strong>de</strong>nen<br />

und mythologischen Elementen, die manchmal über<br />

religiöse o<strong>de</strong>r auch weltliche und oftmals einfach nur<br />

über volkstümliche Themen berichten. Sie haben fast<br />

immer einen historischen Hintergrund: Wenn daher<br />

jemand - wie es das <strong>Hotel</strong> <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong> gemacht<br />

hat - zweiundvierzig Sagen zusammenstellt, wird damit<br />

ein Großteil <strong>de</strong>r Stadtgeschichte vereinigt. Es ist eine<br />

an<strong>de</strong>re Geschichte, aber <strong>de</strong>shalb nicht weniger wichtig,<br />

die von <strong>de</strong>n Leuten geschaffen wur<strong>de</strong>, die in <strong>de</strong>r Stadt<br />

geboren wur<strong>de</strong>n und dort gelebt haben, und auch von<br />

<strong>de</strong>nen, die einfach eines Tages kamen und vielleicht<br />

durch einen Zufall blieben.<br />

Sagen erzählen uns nicht nur Ereignisse, son<strong>de</strong>rn auch<br />

Ängste, Hoffnungen und beson<strong>de</strong>rs Phantasien <strong>de</strong>r Leute,<br />

die in einer an<strong>de</strong>ren Zeit auf <strong>de</strong>r gleichen Straße o<strong>de</strong>r<br />

sogar im gleichen Haus wie wir heute gelebt haben. Je<strong>de</strong><br />

einzelne dieser zweiundvierzig magischen Geschichten<br />

bil<strong>de</strong>t ein kollektives Gedankengut, das eine Art zu sein,<br />

zu leben und zu <strong>de</strong>nken ver<strong>de</strong>utlicht und das auf seine<br />

Weise dazu beigetragen hat, die Wirklichkeit <strong>de</strong>s heutigen,<br />

immer magischen <strong>Girona</strong> zu gestalten.<br />

Mir bleibt nur die Promotoren dieser Initiative und die<br />

Autorin zu beglückwünschen und ihnen viel Erfolg zu<br />

wünschen.<br />

Jordi Martinoy Camós<br />

Gebiets<strong>de</strong>legat <strong>de</strong>r Regierung<br />

<strong>de</strong>r Generalitat von Katalonien in <strong>Girona</strong><br />

SAGEN UND LEGENDEN SIND MIT<br />

DER GESCHICHTE VERWANDT<br />

Sagen und Legen<strong>de</strong>n sind nicht Geschichte, doch sie sind<br />

mit <strong>de</strong>r Geschichte verwandt. Je<strong>de</strong> Sage o<strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong> hat<br />

einen geschichtlichen Hin<strong>de</strong>rgrund, die von Mund zu<br />

Mund geht und mit <strong>de</strong>r Zeit eine eigene Geschichte<br />

darstellt, die über phantastische und sogar übernatürliche<br />

Ereignisse mit einem wahren Kern erzählt.<br />

Wenn die Geschichte Sache <strong>de</strong>r Gelehrten ist, so kommt<br />

die Sage hauptsächlich aus <strong>de</strong>m Volk und sie verfügt über<br />

eine breitere Empfänglichkeit. Dieser Aspekt <strong>de</strong>r Sage<br />

begünstigt das künstlerische Schaffen, das <strong>de</strong>n<br />

Themenschwerpunkt herauszieht.<br />

<strong>Girona</strong>, Stadt mit einer Überfülle an Geschichte, besitzt<br />

auch einen großen Reichtum an Sagen und Legen<strong>de</strong>n.<br />

Daher ist die Gestaltung <strong>de</strong>r <strong>Hotel</strong>einrichtungen mit<br />

Motiven aus <strong>de</strong>n Sagen unserer Stadt und unserer<br />

Landkreise eine glückliche Wahl, ebenso wie <strong>de</strong>r Name<br />

dieses <strong>Hotel</strong>betriebes: <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong>.<br />

Enric Mirambell Belloc<br />

Offizieller Chronist <strong>de</strong>r Stadt <strong>Girona</strong><br />

105


106<br />

EINES DER GEBÄUDE MIT GROSSEM<br />

HISTORISCHEM GEWICHT UND VON<br />

GRÖSSTER BESONDERHEIT<br />

In einem freundlichen Winkel <strong>Girona</strong>s wird eines <strong>de</strong>r<br />

Gebäu<strong>de</strong> mit sehr hohem historischem Wert und von<br />

größter Beson<strong>de</strong>rheit restauriert. Es ist sicherlich das<br />

Gebäu<strong>de</strong>, das in <strong>de</strong>r ganzen Gegend am besten erhalten<br />

geblieben und am wenigsten verän<strong>de</strong>rt wor<strong>de</strong>n ist. Es ist<br />

eine Gegend, die lebt und sich stark verän<strong>de</strong>rt und dabei<br />

ihre Lebensqualität erhält.<br />

Ein <strong>Hotel</strong> ist ein guter Nutzen für ein nobles Gebäu<strong>de</strong>.<br />

Es gibt <strong>de</strong>r Vornehmheit <strong>de</strong>r Mauern, <strong>de</strong>r Dichte <strong>de</strong>r<br />

Geschichte, einen zusätzlichen Wert.<br />

Mit all <strong>de</strong>n Verän<strong>de</strong>rungen, die die Altstadt <strong>Girona</strong>s<br />

erfahren hat, ist das sicher ein klares und richtiges<br />

Vorhaben.<br />

Ein Gebäu<strong>de</strong> im Herzen <strong>de</strong>r Stadt, nah an <strong>de</strong>n Stadttoren,<br />

fast am Ufer <strong>de</strong>s Onyar und am Fuß <strong>de</strong>r Kirche Sant Feliu.<br />

Joaquim Nadal Farreras<br />

Minister für Gebietspolitik und öffentliches Bauwesen<br />

Generalitat von Katalonien


DIE VOLKSTÜMLICHE KULTUR<br />

GIRONAS - DAS VERMÄCHTNIS<br />

DER GESCHICHTE<br />

Die Entstehung <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>r Menschheit ist die<br />

Vereinigung <strong>de</strong>r Rolle <strong>de</strong>r Individuen im Zusammenhang<br />

mit ihrem Umfeld und es ist diese Umgebung, die wir<br />

Kultur bezeichnen. Als Kultur kann aber auch das gesamte<br />

Vermächtnis o<strong>de</strong>r Erbe erachtetet wer<strong>de</strong>n, das bewusst<br />

hergestellt und von <strong>de</strong>n Individuen im Laufe <strong>de</strong>r Zeit<br />

gesammelt und überliefert wor<strong>de</strong>n ist. Unter<br />

Berücksichtigung <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Konzepte <strong>de</strong>r Kultur<br />

will uns die Geschichte <strong>Girona</strong>s nicht nur die Geschichte<br />

<strong>de</strong>r hel<strong>de</strong>nhaften Taten und großen Schlachten zeigen,<br />

die in <strong>de</strong>r kollektiven Erinnerung wie auch im<br />

unsterblichen <strong>Girona</strong> bleiben, son<strong>de</strong>rn auch eine sehr<br />

verwurzelte Geschichte, die durch ihre im historischen<br />

Kulturgut <strong>de</strong>r Stadt verborgenen Sagen, Legen<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r<br />

Mythen entstan<strong>de</strong>n ist und daher die volkstümliche Kultur<br />

<strong>Girona</strong>s darstellt.<br />

<strong>Girona</strong>, das Tor Kataloniens, ist schon immer ein<br />

Begegnungsort verschie<strong>de</strong>ner Zivilisationen gewesen,<br />

die ihr Vermächtnis in <strong>de</strong>n Straßen <strong>de</strong>r Stadt hinterlassen<br />

haben; einer Stadt, errichtet auf Legen<strong>de</strong>n, die Bestandteil<br />

<strong>de</strong>r volkstümlichen Kultur im Rahmen <strong>de</strong>s großen<br />

künstlerischen und archäologischen Kulturguts sind.<br />

Dieses Kulturgut ist – bei aller Beschei<strong>de</strong>nheit -<br />

vergleichbar mit <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r großen europäischen Städte.<br />

Das “<strong>Hotel</strong> <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong>” ist ein schönes Beispiel,<br />

wie dieses Kulturgut wie<strong>de</strong>rverwertet wer<strong>de</strong>n kann, nicht<br />

nur, um dabei zu helfen, die Geschichte <strong>de</strong>r Stadt unter<br />

<strong>de</strong>n Bewohnern bekannt zu machen, son<strong>de</strong>rn auch,<br />

um eine Sammlung und Erhaltung unserer innigsten<br />

Geschichte und Kultur zu ermöglichen, an <strong>de</strong>ren<br />

Erschaffung wir noch alle beteiligt sind und die <strong>de</strong>n<br />

Besuchern helfen wird, sich tiefere Kenntnisse unserer<br />

Vergangenheit anzueignen... Das <strong>Hotel</strong> befin<strong>de</strong>t sich an<br />

<strong>de</strong>r Stelle, an <strong>de</strong>r früher eine Kreuzung <strong>de</strong>r Wege lag,<br />

die aus <strong>de</strong>m Nor<strong>de</strong>n in die Stadt führten, und das ist nicht<br />

von ungefähr, <strong>de</strong>nn diese Lage ermöglicht jetzt <strong>de</strong>n<br />

Besuchern, einen angenehmen und unterhaltsamen<br />

Rundgang entlang <strong>de</strong>r Sehenswürdigkeiten <strong>de</strong>s schönsten<br />

(und ältesten) Teils <strong>Girona</strong>s zu unternehmen.<br />

Aus diesem Grun<strong>de</strong> ist <strong>Girona</strong> eine Stadt mit einem<br />

reizvollen Kulturerbe, das Sagen im kollektiven<br />

Gedankengut enthält, und mit Sehenswürdigkeiten, die<br />

die Besucher nicht nur beeindrucken, son<strong>de</strong>rn sie fast<br />

dazu zwingen, diese Sagen und Legen<strong>de</strong>n hinter <strong>de</strong>m<br />

Antlitz <strong>de</strong>r tausendjährigen Bauwerke und schattigen und<br />

schlichten Gassen zu genießen. Zurzeit ist <strong>de</strong>r kulturelle<br />

Tourismus in Mo<strong>de</strong> gekommen: geführte Reisen wer<strong>de</strong>n<br />

unternommen, um allgemein bekannte Bauwerke, Museen<br />

usw. zu besuchen, und auf diese Weise wird <strong>de</strong>n<br />

Menschen individuell die Kultur näher gebracht. Was<br />

jedoch die essenzielle Kultur eines Volkes hervorhebt, ist<br />

<strong>de</strong>r Mythos und die Volkssage, fiktive Erzählungen, die zu<br />

einer historischen Wirklichkeit wer<strong>de</strong>n, wenn eine<br />

gemeinsame Empfindung unter <strong>de</strong>n Individuen zu diesen<br />

Geschichten entsteht.<br />

Ich möchte mit einem Zitat aus <strong>de</strong>m Buch von Jaume<br />

Marquès, “<strong>Girona</strong> vella”, abschließen, in <strong>de</strong>m die<br />

Wichtigkeit <strong>de</strong>s alten Kulturguts <strong>de</strong>r Stadt für die<br />

Gesellschaft <strong>Girona</strong>s ver<strong>de</strong>utlicht wird: «Die gemeinsame<br />

Liebe zu diesem alten <strong>Girona</strong> trägt dazu bei, alle seine<br />

Bewohner mehr zu verbrü<strong>de</strong>rn und unser kollektives<br />

Zusammenleben friedlicher und angenehmer zu<br />

machen».<br />

Eduard Nadal Martín<br />

Geschichtsstu<strong>de</strong>nt an <strong>de</strong>r UAB<br />

107


108<br />

DAS GEBIET WÄCHST<br />

Die Besucher, die in die Stadt <strong>Girona</strong> kommen o<strong>de</strong>r in<br />

irgen<strong>de</strong>iner Gegend unserer Landkreise spazieren gehen,<br />

wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r Summe <strong>de</strong>r Elemente und Zustän<strong>de</strong><br />

angezogen, die unsere Persönlichkeit ausmachen,<br />

angefangen bei <strong>de</strong>r Landschaft über die Köstlichkeiten<br />

unserer Gastronomie, die Freizeitgestaltung bis zu<br />

unserem kulturellen Vermächtnis. Die Sagen und<br />

Legen<strong>de</strong>n aus <strong>Girona</strong> gehören diesem Kulturgut an und<br />

sind auch in <strong>de</strong>n Traditionen und Volkschroniken<br />

integriert.<br />

Wir von <strong>de</strong>r Provinzialbehör<strong>de</strong> <strong>Girona</strong> sind dankbar dafür,<br />

dass es so ehrgeizige Projekte gibt wie das, das<br />

Fundació60 mit <strong>de</strong>m <strong>Hotel</strong> <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong> ins Leben<br />

gerufen hat. Dank dieser Art von Initiativen wächst <strong>de</strong>r<br />

Landkreis und wird reicher an Angeboten und<br />

Infrastruktur.<br />

Carles Pàramo Ponsetí<br />

Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Provinzialbehör<strong>de</strong> <strong>Girona</strong>


SAGEN SPIEGELN DIE EMPFINDUNGEN<br />

EINES VOLKES WIDER<br />

Unsere Vergangenheit wird uns oft als ein steinernes<br />

Denkmal, als eine Art inaktiver und langweiliger<br />

Schauplatz, dargestellt. Die Sagen dagegen fassen mit<br />

ihrer außergewöhnlichen symbolischen Fülle die Sorgen,<br />

Ängste, Phantasien und Hoffnungen <strong>de</strong>r wahren<br />

Hauptfiguren <strong>de</strong>r Geschichte <strong>Girona</strong>s zusammen.<br />

So bieten sie ein wirksames Gegenmittel gegen jenen<br />

Schwarzweißblick und versetzen uns in eine gelebte<br />

Dimension unserer Geschichte.<br />

Deshalb spiegeln die Sagen die Empfindungen eines<br />

Volkes wi<strong>de</strong>r. Ein Blick in unsere Vergangenheit sollte uns<br />

reichen, nicht um dort hängen zu bleiben, son<strong>de</strong>rn ganz<br />

im Gegenteil, um unsere Gegenwart mit einer klaren<br />

Vorstellung darüber betrachten zu können, wer wir sind,<br />

und um mit einem klaren Blick darüber, wer wir sein<br />

wollen, in die Zukunft zu schreiten.<br />

Das heutige <strong>Girona</strong>, reich an Geschichte, ist mittlerweile<br />

doch ganz an<strong>de</strong>rs als das <strong>Girona</strong> dieser Sagen und<br />

Legen<strong>de</strong>n. Es wäre ein Fehler, sich unbeweglich in jener<br />

Vergangenheit zu betrachten. Unsere Stadt stellt sich <strong>de</strong>r<br />

Herausfor<strong>de</strong>rung, <strong>de</strong>n Reichtum unserer Geschichte<br />

anzunehmen, um nach vorne blicken und zu neuen<br />

Horizonten schreiten zu können. Nur so können wir<br />

erreichen, dass die zukünftigen Bewohner <strong>Girona</strong>s stolz<br />

auf ihre Vergangenheit sein wer<strong>de</strong>n.<br />

Carles Puig<strong>de</strong>mont Casamajó<br />

Bewerber um das Bürgermeisteramt <strong>de</strong>r CiU für<br />

<strong>de</strong>n Stadtrat von <strong>Girona</strong><br />

EINE TOURISTISCHE EINRICHTUNG<br />

ERSTEN RANGES<br />

Ich haben <strong>de</strong>n gesamten Inhalt <strong>de</strong>s Buches über <strong>Hotel</strong><br />

<strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> <strong>Girona</strong>, das ich von Ihnen erhalten habe,<br />

sorgfältig gelesen. Ich möchte Sie für <strong>de</strong>n ganzen Inhalt<br />

und für die Art und Weise, wie Sie arbeiten, um eine neue<br />

touristische Einrichtung ersten Ranges auf ganz neue<br />

Weise bekannt zu machen, beglückwünschen.<br />

Herzlichen Glückwunsch und weiter so!<br />

Ramon Ramos Argimon<br />

Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s Patronats für Tourismus<br />

Costa Brava-<strong>Girona</strong><br />

109


110<br />

KULTUR, KULTURERBE, "GLAMOUR" UND<br />

MYSTERIUM: EIN TOURISMUS, DER ERHOLUNG,<br />

RUHE UND NEUARTIGE ERFAHRUNGEN SUCHT<br />

Herzlichen Glückwunsch! Es wur<strong>de</strong> auch Zeit, dass wir<br />

endlich verstehen, dass wir unser kulturelles Vermächtnis<br />

<strong>de</strong>njenigen zeigen müssen, die uns besuchen kommen,<br />

um <strong>de</strong>n Tourismus bei uns zuhause zu för<strong>de</strong>rn. Tourismus<br />

ist ein Synonym für Kultur und aus diesem Grund, wenn<br />

wir die Sache gut machen wollen, müssen wir zeigen,<br />

was wir haben. Eine reiche Geschichte und ein<br />

beeindrucken<strong>de</strong>s Kulturgut...!<br />

Wenn wir diesen grundlegen<strong>de</strong>n Elementen beste<br />

Dienstleistungen hinzufügen, haben wir eine sehr soli<strong>de</strong><br />

Grundlage geschaffen, um für lange Zeit <strong>de</strong>n Tourismus<br />

zu halten, <strong>de</strong>r weit von einem Massentourismus entfernt<br />

und daher vom finanziellen Auf und Ab <strong>de</strong>r<br />

Reiseveranstalter unabhängig ist.<br />

Kleine, mit allen Einrichtungen ausgestattete <strong>Hotel</strong>s sind<br />

eine Garantie für Qualität, die dafür sorgt, dass die Stadt<br />

<strong>Girona</strong> von Touristen aufgesucht wird, die Erholung,<br />

Ruhe und neue Erfahrungen suchen. Diese grundlegen<strong>de</strong>n<br />

Elemente sind heute durch das Massenangebot im<br />

weltweiten Tourismus sehr schwer zu fin<strong>de</strong>n.<br />

Wenn zu <strong>de</strong>n unbestreitbar hochwertigen<br />

Dienstleistungen noch <strong>de</strong>r nötige Glamour bei <strong>de</strong>r<br />

Betreuung <strong>de</strong>r Gäste hinzukommt, wenn da außer<strong>de</strong>m ein<br />

Flair von sagenhaftem Mysterium ist - Sagen und<br />

Legen<strong>de</strong>n <strong>Girona</strong>s, eingemeisselt in schöne Marmorsteine<br />

gehen wir davon aus, dass <strong>de</strong>r Erfolg sicher ist.<br />

Bevor ich abschließe, möchte ich <strong>de</strong>n Bildhauer Gerard<br />

Roca i Ayats für seine herrlichen Reliefs und die<br />

Journalistin und Anthropologin Nuri Ros i Rue für die<br />

Sammlung <strong>de</strong>r Sagen und Legen<strong>de</strong>n und die Fundació60<br />

für dieses ehrgeizige kulturelle und unternehmerische<br />

Projekt beglückwünschen.<br />

Emili Rams Riera<br />

Städtischer Archivar von Anglès


ZUM BESSEREN KENNENLERNEN DER<br />

GESCHICHTE UNSERES LANDKREISES<br />

GIRONAS<br />

Ich danke Ihnen dafür, dass ich dieses Buch mit <strong>de</strong>n<br />

zweiundvierzig Legen<strong>de</strong>n aus <strong>Girona</strong> erhalten durfte.<br />

Gleichzeitig möchte ich Sie ganz aufrichtig für diese<br />

innovative und interessante, kulturelle und<br />

unternehmerische Initiative beglückwünschen.<br />

Ich glaube, dass die Herausgabe dieses Buches eine<br />

glückliche Wahl ist. Einerseits wird es dazu beitragen,<br />

dass die Gäste dieses <strong>Hotel</strong>s, die <strong>Girona</strong> besuchen,<br />

über die Legen<strong>de</strong>n und Reliefs die Geschichte unseres<br />

Landkreises besser kennen lernen; an<strong>de</strong>rerseits zeigt es<br />

die Verwurzelung und I<strong>de</strong>ntifizierung dieser neuen<br />

Einrichtung mit <strong>de</strong>r Stadt <strong>Girona</strong>.<br />

Ich wünsche Ihnen viel Glück!<br />

Xavier Soy Soler<br />

Vizepräsi<strong>de</strong>nt<br />

Provinzialbehör<strong>de</strong> <strong>Girona</strong><br />

111


C/ Portal <strong>de</strong> la Barca, 4 - GIRONA<br />

www.fundacio60.org<br />

112


C/ Mosques, 1 - Carrer Pou Rodó, 5 GIRONA Altstadt<br />

Nahe <strong>de</strong>r Kirche Sant Feliu - GIRONA<br />

113


114<br />

Die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Fundació60:<br />

Die Familie Mallart in einer<br />

Veranstaltung mit <strong>Girona</strong>s Bischof<br />

Carles Soler. Auf <strong>de</strong>m Foto von links<br />

nach rechts:<br />

Oriol Mallart (Patronatsmitglied),<br />

Anna Mallart (Patronatsmitglied),<br />

Roser Vallmajó<br />

(verstorben am 28.2.2007),<br />

Carles Soler, Bischof von <strong>Girona</strong>,<br />

Carles Mallart<br />

(Vizepräsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Stiftung),<br />

Marc Mallart<br />

(Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Stiftung),<br />

die junge Estel mit Astrid.<br />

Geschäftsführung Fundació60<br />

www.fundacio60.org


* Bis 1964 Carrer <strong>de</strong> Sant Narcís<br />

Altstadt - GIRONA<br />

F60 in <strong>de</strong>n Landkreisen <strong>Girona</strong>s<br />

115


116<br />

Stadt <strong>Girona</strong><br />

Geryon, <strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong>r <strong>Girona</strong>s<br />

Die Haushälterin von Sant Narcís<br />

Die Fußspur <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus<br />

Die Katakomben<br />

Karl <strong>de</strong>r Große<br />

Der Drache unter <strong>de</strong>r Kirche<br />

Gräfin Ermessenda von Carcassonne<br />

Der Strohkopf-Falke<br />

Der Hintern <strong>de</strong>r Löwin<br />

Straße <strong>de</strong>s Wolfes<br />

Die Meerjungfrau von Galligans<br />

Die Ju<strong>de</strong>n in <strong>Girona</strong><br />

Die Fliegen <strong>de</strong>s Heiligen Narzissus<br />

Die Äpfel<br />

Der Heilige Felix und <strong>de</strong>r Dieb<br />

in <strong>de</strong>r Stiftskirche<br />

Der Tarlà<br />

Die Hexe <strong>de</strong>r Kathedrale<br />

Der Vampir <strong>de</strong>r Rambla<br />

Das Schwein <strong>de</strong>s Heiligen Anton<br />

Leben und Wun<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Heiligen Felix<br />

Die Glocke Beneta<br />

Der Heilige Narzissus und <strong>de</strong>r<br />

französische Giftmör<strong>de</strong>r<br />

Die Quelle <strong>de</strong>s Pericot<br />

Der Wun<strong>de</strong>rstoff<br />

Das Öl aus <strong>de</strong>r Lampe<br />

Die Lichter<br />

Der Wun<strong>de</strong>rstein<br />

Die Symbolik <strong>de</strong>r Heiligen Catalina<br />

Der Bäcker aus Mercadal<br />

Der Krokoling


118<br />

Landkreise<br />

<strong>Girona</strong>s<br />

Der See von Banyoles<br />

Die Bekehrung Afras<br />

Guifré el Pelós<br />

Sant Maurici und die Böse Alte aus Cal<strong>de</strong>s<br />

Der Sohn <strong>de</strong>r Burg<br />

Das Brüllen in Castelló<br />

Die Teufelsbrücke o<strong>de</strong>r Dämonenbrücke<br />

Der Goldochse<br />

Der Teich von Sils<br />

Die Hexen von Llers<br />

Die Braut con Can Biel<br />

Der Brunnen <strong>de</strong>r Verliebten


120<br />

BIBLIOGRAFIE<br />

Alberch, Ramon: El miracle <strong>de</strong> les mosques<br />

i d’altres llegen<strong>de</strong>s. CCG Edicions, 2001.<br />

Ama<strong>de</strong>s, Joan: Costumari català. El curs <strong>de</strong> l’any.<br />

Vol. V. Salvat Editores i Edicions 62, 1982.<br />

Ama<strong>de</strong>s, Joan: Costumari català. El curs <strong>de</strong> l’any.<br />

Vol. IV. Salvat Editores i Edicions 62, 1989.<br />

Calzada Oliveras, Josep: Les campanes<br />

<strong>de</strong> <strong>Girona</strong>. Diputació Provincial <strong>de</strong> <strong>Girona</strong>, 1977.<br />

Clara, Josep Marquès, Josep: Sant Feliu<br />

<strong>de</strong> <strong>Girona</strong>. Edita Centre d’Estudis Diocesà.<br />

Costa, Lluís Maroto, Julià: Història <strong>de</strong> <strong>Girona</strong>.<br />

CCG edicions, 1991-2000.<br />

De Riquer, Martí: <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> històriques<br />

catalanes. Qua<strong>de</strong>rns Crema, 2000.<br />

Fàbrega, Albert: <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong> ponts,<br />

dòlmens i menhirs a Catalunya. Itineraris.<br />

El Farrell edicions, 2000.<br />

Gibert, Josep, 1946. <strong>Girona</strong>. Petita Història <strong>de</strong> la<br />

ciutat i <strong>de</strong> les seves tradicions i folklore. (Imprès<br />

el 29 d’octubre <strong>de</strong> 1946, diada <strong>de</strong> Sant Narcís)<br />

Marquès Casanovas: <strong>Girona</strong> vella. Vol I i II.<br />

Edita Ajuntament <strong>Girona</strong>, 1979.<br />

Pla Cargol, Joaquim: Santos mártires <strong>de</strong> Gerona.<br />

Dalmáu Carles, Pla, SA Editors, 1962.<br />

Van Gennep, Arnold: La formación <strong>de</strong> las<br />

leyendas. Editorial Altafulla, 1982.<br />

Vila, Pep: El Tarlà <strong>de</strong> <strong>Girona</strong> i les festes <strong>de</strong>l carrer<br />

<strong>de</strong> l’Argenteria. Ajuntament <strong>de</strong> <strong>Girona</strong>, 2004.<br />

Violant Ribera, Ramona: El món màgic <strong>de</strong><br />

les fa<strong>de</strong>s. Farrell editors, 2002.<br />

Vivó, Carles: <strong>Llegen<strong>de</strong>s</strong> i misteris <strong>de</strong> <strong>Girona</strong>.<br />

Qua<strong>de</strong>rns <strong>de</strong> la Revista <strong>de</strong> <strong>Girona</strong>, 1989.<br />

Erste Auflage:<br />

Herausgegeben von:<br />

Marmorreliefs:<br />

Autorin <strong>de</strong>r Sagen<br />

und Legen<strong>de</strong>n:<br />

Grafik und Layout:<br />

Fotografien:<br />

Landkarten:<br />

Druck:<br />

Pflichtexemplar Nr.:<br />

April 2007<br />

FUNDACIO60<br />

www.fundacio60.org<br />

Gerard Roca Ayats<br />

E-Mail: gerard.roca.ayats@hotmail.com<br />

Nuri Ros Rue<br />

E-Mail: rrnurry@hotmail.com<br />

Estudi Sicília<br />

E-Mail: sicilia@intercomgi.com<br />

Pere Sicília<br />

PTCBG, Antonio Garrido, Francesc Tur,<br />

Kim Castells, J.L. Banús, Pep Iglesias,<br />

Joan Ureña, Ariadna Àlvarez, Jordi Mas,<br />

Josep Padilla, Toni Soriano,<br />

Fundació Gala/Salvador Dalí<br />

© Stadt <strong>Girona</strong> UMAT<br />

Tourismuspatronat Costa Brava <strong>Girona</strong><br />

Gràfiques Alzamora - <strong>Girona</strong><br />

GI.552-2007


www.fundacio60.org<br />

VERSION: CATALAN, SPANISH, ENGLISH, FRENCH, GERMAN<br />

WORKING ON IT: ITALIAN, RUSSIAN, DUTCH, ARAB, CHINESE, JAPANESE

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!