Aus dem 1. Lehrgang „Tiergestützte Therapie, Pädagogik und ...
Aus dem 1. Lehrgang „Tiergestützte Therapie, Pädagogik und ...
Aus dem 1. Lehrgang „Tiergestützte Therapie, Pädagogik und ...
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<strong>Aus</strong> <strong>dem</strong><br />
<strong>1.</strong> <strong>Lehrgang</strong><br />
<strong>„Tiergestützte</strong> <strong>Therapie</strong>, <strong>Pädagogik</strong> <strong>und</strong> Fördermaßnahmen am Bauernhof“<br />
des Österreichischen Kuratoriums für Landtechnik <strong>und</strong> Landentwicklung<br />
<strong>und</strong> des Vereines „Tiere als <strong>Therapie</strong>“<br />
<strong>„Tiergestützte</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> pädagogische Fördermaßnahmen am Bauernhof“<br />
Ein landwirtschaftlicher Betrieb <strong>und</strong> eine Behinderteneinrichtung<br />
beschreiten gemeinsam neue Wege.<br />
Die Geschichte einer erfolgreichen Zusammenarbeit.<br />
HAUSARBEIT<br />
zur Erlangung der Qualifikation<br />
"FachbetreuerIn/AssistenzbetreuerIn für tiergestützte <strong>Therapie</strong>, <strong>Pädagogik</strong> <strong>und</strong><br />
Fördermaßnahmen am Bauernhof"<br />
vorgelegt von<br />
Beate Haas-Geltl <strong>und</strong> Martina Holzinger-Neulinger<br />
sowie Maria <strong>und</strong> Helmut Summerer<br />
Stockerau, im Januar 2007
Wir versichern,<br />
dass diese Hausarbeit nur von den angegebenen Personen verfasst, andere als die<br />
angegebenen Quellen <strong>und</strong> Hilfsmittel nicht benutzt <strong>und</strong> wir uns keiner unerlaubten Hilfe<br />
bedient haben.<br />
dass dieses Hausarbeitsthema von den VerfasserInnen bisher weder im In- noch im <strong>Aus</strong>land<br />
in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt wurde.<br />
dass diese Arbeit mit der von <strong>dem</strong>/der BegutachterIn beurteilten Arbeit übereinstimmt.<br />
Auf die personelle Bearbeitung wird in der Hausarbeit hingewiesen.<br />
Für die Zusammenstellung <strong>und</strong> das Layout zeichnet Beate Haas-Geltl verantwortlich.<br />
____________ _________________________<br />
Datum Unterschrift<br />
____________ _________________________<br />
Datum Unterschrift<br />
____________ _________________________<br />
Datum Unterschrift<br />
____________ _________________________<br />
Datum Unterschrift
Man kann in die Tiere nichts hineinprügeln,<br />
aber man kann manches aus ihnen herausstreicheln.<br />
(Astrid Lindgren)<br />
Wir bedanken uns bei:<br />
den Mitarbeiterinnen des ÖKL<br />
DSA Dipl. Ing. Silke Scholl<br />
<strong>und</strong><br />
Dipl. Ing. Gerlinde Grall<br />
für das Initiieren <strong>und</strong> Zustandekommen dieses großartigen Projektes<br />
sowie ihr Engagement <strong>und</strong> ihre tatkräftige Unterstützung.<br />
der Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg<br />
sowie ihrem<br />
Direktor Johannes Hofer<br />
für die Akzeptanz <strong>und</strong> den Glauben an die Sache<br />
<strong>und</strong> ebenfalls für die engagierte Mitarbeit.<br />
den Ziegen<br />
Felix, Flecki, Hanni <strong>und</strong> Wedelchen<br />
sowie den Schweinchen<br />
Susi <strong>und</strong> Paula<br />
<strong>und</strong> all den anderen Tieren, die den Alltag auf <strong>dem</strong> Bauernhof bereichern.
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Einleitung .....................................................................................................1<br />
(Beate Haas-Geltl)<br />
2 Kooperationspartner ....................................................................................3<br />
2.1 Vorstellung des Landwirtschaftlichen Betriebes .............................................3<br />
(Helmut Summerer)<br />
2.<strong>1.</strong>1 Der Betrieb .....................................................................................................3<br />
2.<strong>1.</strong>2 Die Familie ....................................................................................................3<br />
2.<strong>1.</strong>3 Die örtliche Lage <strong>und</strong> Umgebung ...................................................................4<br />
2.<strong>1.</strong>4 Die Tiere ........................................................................................................5<br />
2.<strong>1.</strong>5 Gebäude, Räumlichkeiten, Stallungen <strong>und</strong> Tierhaltung ...................................5<br />
2.2 Vorstellung des ÖKL ......................................................................................9<br />
(DSA DI Silke Scholl)<br />
2.3 Vorstellung der Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg .....................................11<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
3 Von der Idee zum ersten Treffen .................................................................12<br />
3.1 Ideologische Betrachtungen ............................................................................12<br />
(Helmut Summerer)<br />
3.<strong>1.</strong>1 Die ursprüngliche Idee ...................................................................................13<br />
3.<strong>1.</strong>2 Kontaktaufnahme ...........................................................................................13<br />
3.<strong>1.</strong>3 Treffen bei der Bezirksbauernkammer ............................................................15<br />
3.2 Großteam in der Behindertenhilfe ...................................................................16<br />
(3.2 bis 3.6 Martina Holzinger-Neulinger)<br />
3.3 Vorstellung des Projektes bei einem ersten Treffen auf <strong>dem</strong> Bauernhof ..........17<br />
3.4 Interne Stellenausschreibung der Behindertenhilfe ..........................................18<br />
3.5 Vorbereitungen ...............................................................................................19<br />
3.5.1 Erste Besprechung in Oberrohrbach ................................................................19<br />
3.5.2. Zweite Besprechung im ÖKL .........................................................................19<br />
3.5.3 Dokumentationsform festlegen <strong>und</strong> Dokumentationsbögen erarbeiten ............20<br />
3.6 Erste Schnuppereinheit mit den ausgewählten Anvertrauten ...........................20<br />
4 Die Praxis ......................................................................................................21<br />
4.1 Die Tiere ........................................................................................................21<br />
(Helmut Summerer)<br />
4.<strong>1.</strong>1 Ziegen ............................................................................................................21<br />
4.<strong>1.</strong>2 Minihängebauchschweine ...............................................................................23<br />
4.<strong>1.</strong>3 Schafe ............................................................................................................24<br />
4.<strong>1.</strong>4 Rinder in Mutterkuhhaltung ............................................................................25<br />
4.2 Arbeitsmaterialien für den Einsatz bei <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Pädagogik</strong> ......................26<br />
(Maria Summerer)<br />
4.2.<strong>1.</strong> Arbeitsmaterialien für die Arbeit mit den Ziegen ............................................26<br />
4.2.2 Arbeitsmaterialien für die Arbeit mit den Minischweinen ...............................27<br />
1
4.3 Das erste Praxisjahr (2005) ............................................................................28<br />
4.3.1 Standardablauf eines Projekttages ...................................................................28<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
4.3.<strong>1.</strong>1 Standardablauf der <strong>Therapie</strong>-Einheit ..............................................................31<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
4.3.<strong>1.</strong>2 Standardablauf in der Mittagspause ...............................................................31<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
4.3.<strong>1.</strong>3 Standardablauf der <strong>Pädagogik</strong>-Einheit ...........................................................32<br />
(Maria Summerer)<br />
4.3.2 Die Projekttage ...............................................................................................33<br />
4.3.2.1 Gr<strong>und</strong>sätzliches zu den <strong>Therapie</strong>-Einheiten ....................................................33<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
Bildtafel 1 – <strong>Therapie</strong>spiele.............................................................................35<br />
4.3.2.2 Gr<strong>und</strong>sätzliches zu den <strong>Pädagogik</strong>-Einheiten ..................................................36<br />
(Maria Summerer)<br />
4.3.2.3 Beispiele zur Gestaltung einer <strong>Pädagogik</strong>-Einheit ...........................................37<br />
Bildtafel 2 – Erlebnisbauernof .........................................................................47<br />
4.3.3 Das Praktizieren im Alltag ..............................................................................48<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
4.3.4 Tag der offenen Tür (Helmut Summerer) ............................................................49<br />
4.3.5 Dokumentation / Elterngespräche ...................................................................52<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
4.3.6 Abschiedsst<strong>und</strong>e vor der Winterpause ............................................................52<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
4.4 Umgestaltung in der Winterpause ...................................................................53<br />
(Beate Haas-Geltl)<br />
4.4.1 Bedarfserhebung nach einem Praxisjahr .........................................................53<br />
4.4.2 Beschreibung der Umbauarbeiten <strong>und</strong> Neuerungen .........................................54<br />
4.4.3 Tiertraining <strong>und</strong> Sozialisation .........................................................................55<br />
(Maria Summerer)<br />
4.4.3.1 Sozialisation der Schafe ..................................................................................55<br />
4.4.3.2 Sozialisation <strong>und</strong> Training der Ziegen ...........................................................56<br />
4.4.3.3 Sozialisation <strong>und</strong> Training der Rinder .............................................................58<br />
4.4.3.4 Sozialisation <strong>und</strong> Training der Schweinchen ...................................................59<br />
4.4.3.5 Clickertraining ...............................................................................................64<br />
4.5 Das 2. Praxisjahr (2006) .................................................................................65<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
4.5.1 Die erste Besprechung nach der Winterpause .................................................65<br />
4.5.2 Die erste Praxiseinheit nach der Winterpause .................................................66<br />
4.5.3 Standardablauf eines Projekttages 2006 ..........................................................67<br />
4.5.4 Erkenntnisse <strong>und</strong> Erfahrungen aus der Praxis ...............................................67<br />
4.5.5 Abschiedsst<strong>und</strong>e .............................................................................................69<br />
5 Reflexion der beiden Praxisjahre – Versuch der Gegenüberstellung<br />
von positiven <strong>und</strong> negativen Entwicklungen ................................................70<br />
(gemeinschaftlich verfasst)<br />
2
6 Konkrete Beispiele aus der Praxis ...............................................................71<br />
(Beate Haas-Geltl)<br />
6.1 Gr<strong>und</strong>sätzliches über die Planung <strong>und</strong> Entstehung einer Einheit .....................71<br />
6.2 Die Planung <strong>und</strong> Entstehung einer Einheit ......................................................72<br />
6.2.1 Vorstellung der bestehende Gruppe ................................................................72<br />
6.2.2 Individuelle Förderziele ..................................................................................77<br />
6.2.3 Förderziele für die Gruppe ..............................................................................78<br />
6.2.4 Feinziele für eine konkrete Einheit .................................................................79<br />
6.3 Detailliertes Programm einer Einheit im August 2006 ....................................79<br />
6.3.1 Tiergestützte therapeutische Fördermaßnahmen .............................................80<br />
Bildtafel 3 – Therapeutische Fördermaßnahmen..............................................82<br />
6.3.2 Mittagspause ..................................................................................................83<br />
6.3.3 Pädagogische Fördermaßnahmen ....................................................................84<br />
6.3.4 Nachbesprechung <strong>und</strong> Dokumentation ............................................................84<br />
6.3.4.1 Die qualitative Dokumentation .......................................................................84<br />
6.3.4.2 Die statistische Dokumentation ......................................................................88<br />
6.4 Fallbesprechungen ..........................................................................................89<br />
6.4.1 Fallbesprechung Roland F. .............................................................................89<br />
6.4.2 Fallbesprechung Helene K. .............................................................................91<br />
7 Zukunftsperspektiven / Verbesserungsvorschläge / Wünsche ....................93<br />
7.1 Gedanken <strong>und</strong> Reflexionen aus der Sicht des Betriebes ..................................93<br />
(Maria <strong>und</strong> Helmut Summerer)<br />
7.2 Gedanken <strong>und</strong> Reflexionen aus der Sicht der Behindertenhilfe .......................94<br />
(Beate Haas-Geltl <strong>und</strong> Martina Holzinger-Neulinger)<br />
7.3 Schlussbetrachtung .........................................................................................96<br />
(gemeinschaftlich verfasst)<br />
7.4 Zusammenfassung ..........................................................................................97<br />
(Beate Haas-Geltl)<br />
Anhang<br />
Anhang 1 Lebenslauf Beate Haas-Geltl ..........................................................99<br />
Anhang 2 Lebenslauf Martina Holzinger-Neulinger ........................................101<br />
Anhang 3 Lebenslauf Maria Summerer ...........................................................103<br />
Anhang 4 Lebenslauf Helmut Summerer ........................................................104<br />
Anhang 5 Abbildungsverzeichnis ...................................................................105<br />
Anhang 6 Stellenausschreibung ......................................................................107<br />
Anhang 7 Dokumentationsbogen – Muster .....................................................108<br />
3
Kapitel 1 Einleitung<br />
(Beate Haas-Geltl)<br />
1<br />
Vor zwei Jahren haben sich ein paar engagierte Menschen zusammengetan, sich mit ihren<br />
unkonventionellen Ideen kurzgeschlossen <strong>und</strong> mutig etwas Innovatives auf die Beine gestellt.<br />
Es ist nicht immer einfach, neue Wege zu beschreiten, aber in je<strong>dem</strong> Fall eine große<br />
Herausforderung.<br />
Unserem Projekt vorausgegangen ist ein vom ÖKL (Österreichisches Kuratorium für<br />
Landtechnick <strong>und</strong> Landentwicklung) initiiertes <strong>und</strong> gefördertes Forschungs- <strong>und</strong> Pilotprojekt<br />
in den Jahren 2003 <strong>und</strong> 2004: <strong>„Tiergestützte</strong> <strong>Pädagogik</strong> <strong>und</strong> <strong>Therapie</strong> am Bauernhof“. In<br />
diesem Projekt wurde getestet, welche <strong>Aus</strong>wirkungen <strong>und</strong> welchen Nutzen der therapeutische<br />
<strong>und</strong> pädagogische Umgang mit landwirtschaftlichen Nutztieren auf Menschen aller<br />
Altersgruppen mit besonderen Bedürfnissen <strong>und</strong>/oder sozialen <strong>und</strong> emotionalen<br />
Schwierigkeiten hat. Des Weiteren wurde erforscht, welche Tierarten <strong>und</strong> -rassen geeignet<br />
dafür sind <strong>und</strong> wie die für den Einsatz bestimmten Tiere sinnvoll gehalten, sozialisiert <strong>und</strong><br />
trainiert werden können.<br />
Nach dieser Forschungsphase wurden weitere Pilotbetriebe gesucht, um mit tiergestützter<br />
<strong>Pädagogik</strong> <strong>und</strong> <strong>Therapie</strong> am Bauernhof „in Serie“ zu gehen. So wurde der landwirtschaftliche<br />
Betrieb Summerer in Füllersdorf zum Pilotbetrieb, <strong>und</strong> die Behindertenhilfe Bezirk<br />
Korneuburg zum Kooperationspartner. Das Projekt lief zwei Jahre – vom Frühjahr 2005 bis<br />
Winter 2006 – <strong>und</strong> sollte Menschen mit geistiger <strong>und</strong> Mehrfachbehinderung die Möglichkeit<br />
bieten, außerhalb der eigenen Einrichtung das Erlebnisfeld Bauernhof pädagogisch <strong>und</strong><br />
therapeutisch wertvoll aufbereitet näher zu bringen.<br />
Im ersten Jahr (2005) wurde das Projekt von den Mitarbeiterinnen des ÖKL geleitet <strong>und</strong> die<br />
Landwirte <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen der Behindertenhilfe an das neue Aufgabengebiet<br />
herangeführt. Im zweiten Jahr (2006) übernahmen die Landwirte <strong>und</strong> Betreuerinnen das<br />
Projekt, allerdings unter Begleitung der Mitarbeiterinnen des ÖKL.<br />
Um künftig einheitliche Rahmenbedingungen für diese neue Form der Arbeit mit<br />
landwirtschaftlichen Nutztieren zu schaffen, wurde vom ÖKL <strong>und</strong> <strong>dem</strong> Verein TAT (Tiere als<br />
<strong>Therapie</strong>) ein <strong>Lehrgang</strong> konzipiert <strong>und</strong> in die Praxis umgesetzt. Im Mai 2006 startete der erste
2<br />
TAT-ÖKL-<strong>Lehrgang</strong>, an welchem die Landwirte <strong>und</strong> die Mitarbeiterinnen der<br />
Behindertenhilfe verbindlich teilnehmen mussten.<br />
Es ist etwas Großartiges im Entstehen, wobei der Entstehungsprozess längst noch nicht<br />
abgeschlossen ist. Aber auch der Weg ist in diesem Fall das Ziel. Es ist ein aktives<br />
Mitgestalten <strong>und</strong> spannendes Hineinwachsen …<br />
Mittlerweile können wir – die VerfasserInnen dieser Arbeit – auf zwei bewegte Praxisjahre<br />
zurückblicken. Wir haben bewusst dieses Thema gewählt, weil wir einen umfangreichen<br />
Einblick in das Projekt von tiergestützten therapeutischen <strong>und</strong> pädagogischen<br />
Fördermaßnahmen <strong>und</strong> unser Schaffen geben wollen. Wir möchten aufzeigen, wie<br />
umfangreich dieses Unterfangen ist, wie viel Arbeit <strong>und</strong> persönliches Engagement von allen<br />
Beteiligten dahinter steckt, welche Lernprozesse wir nach <strong>dem</strong> Motto „learning by doing“<br />
hinter uns haben <strong>und</strong> zu welchen Erkenntnissen wir gelangt sind.<br />
Und wir wollen vermitteln, wie wertvoll <strong>und</strong> bereichernd diese Form des Arbeitens sein kann.<br />
Was ein Mensch oft nicht zu bewirken vermag, das schafft ein Tier mitunter mühelos: einen<br />
Zugang finden zu einer verschlossenen oder verletzten Seele <strong>und</strong> jeman<strong>dem</strong> ein Lächeln<br />
abgewinnen.<br />
„Was ist der Mensch ohne Tier?<br />
Wären alle Tiere fort, so stürbe der Mensch an großer Einsamkeit des Geistes.“<br />
(Indianisches Sprichwort)
Kapitel 2 Kooperationspartner<br />
2.1 Vorstellung des landwirtschaftlichen Betriebes<br />
(Helmut Summerer)<br />
2.<strong>1.</strong>1 Der Betrieb<br />
3<br />
Der landwirtschaftliche Betrieb wird von Maria <strong>und</strong> Helmut Summerer im Vollerwerb<br />
geführt. Auf <strong>dem</strong> Marktfruchtbetrieb werden Getreide, Kartoffel, Zuckerrüben <strong>und</strong><br />
Sonnenblumen produziert. Alle anfallenden Arbeiten werden von den Familienmitgliedern<br />
erledigt. Der Betrieb verfügt über einen hohen Stand an eigenen Maschinen, der Betrieb ist<br />
weiters Mitglied beim Maschinenring Mittleres Weinviertel. Seit <strong>dem</strong> Jahre 2004 werden auf<br />
<strong>dem</strong> Betrieb wieder Tiere gehalten. Weiters hat der Betrieb kleinere Waldflächen, die für die<br />
Gewinnung von Brennholz herangezogen werden. Der kleine Obst- <strong>und</strong> Weingarten dient nur<br />
zur Eigenversorgung der Familie.<br />
2.<strong>1.</strong>2 Die Familie<br />
Abb.1: Familie Summerer
4<br />
Auf <strong>dem</strong> Bauernhof leben neben <strong>dem</strong> Ehepaar Maria (36 Jahre) <strong>und</strong> Helmut (39 Jahre) die<br />
beiden Kinder Lena (7 Jahre) <strong>und</strong> Lukas (5 Jahre) <strong>und</strong> die Großmutter. In unmittelbarer Nähe<br />
wohnen die Eltern <strong>und</strong> die Geschwister des Bauern.<br />
Der Betriebsleiter absolvierte 1987 das Francisco Josefinum in Wieselburg <strong>und</strong> arbeitet seit<br />
<strong>dem</strong> 18. Lebensjahr im Betrieb. Weiters nimmt er verschiedene Funktionen im Dorf <strong>und</strong> in<br />
der Gemeinde wahr.<br />
Maria, landwirtschaftliche Facharbeiterin, kommt ebenfalls aus einer Bauernfamilie <strong>und</strong><br />
übernimmt neben <strong>dem</strong> Haushalt <strong>und</strong> der Kindererziehung die Betreuung <strong>und</strong> das Training der<br />
Tiere. Leidenschaftlich organisiert sie ANIMA Seminare in der Pfarrgemeinde.<br />
Im Urlaub oder bei Abwesenheit werden die Tiere vom Vater versorgt. Die in unmittelbarer<br />
Nähe wohnende Mutter <strong>und</strong> Großmutter, Schwägerin <strong>und</strong> Nichte helfen bei der Betreuung<br />
der Kinder.<br />
Der Großteil der Feldarbeit wird vom Betriebsleiter alleine erledigt, bei der Getreide-,<br />
Kartoffel- <strong>und</strong> Zuckerrübenernte helfen der Vater <strong>und</strong> Maria tatkräftig mit.<br />
Der kleine Weingarten (<strong>und</strong> die Kellerarbeit), Hobby <strong>und</strong> Leidenschaft vom Senior-Bauern,<br />
wird von diesem alleine bewirtschaftet.<br />
2.<strong>1.</strong>3 Die örtliche Lage <strong>und</strong> Umgebung<br />
Der landwirtschaftliche Betrieb befindet sich in Füllerdorf <strong>und</strong> gehört zu der Marktgemeinde<br />
Großmugl, Bezirk Korneuburg. Füllersdorf liegt inmitten des sanft geschwungenen<br />
Weinviertler Hügellandes. Im Osten, Norden <strong>und</strong> Westen ist es umgeben von einem Eichen-<br />
Mischwald, den <strong>Aus</strong>läufern des Ernstbrunner Waldes, im Süden öffnet sich der Blick<br />
Richtung Schloß Steinabrunn <strong>und</strong> der klein strukturierten Ackerflur.<br />
Die B<strong>und</strong>eshauptstadt Wien ist 40 km entfernt <strong>und</strong> ist bequem mit <strong>dem</strong> Auto zu erreichen.<br />
Weiters befinden sich Stockerau (18 km), Hollabrunn (11 km) <strong>und</strong> Ernstbrunn (13 km) in der<br />
näheren Umgebung.
2.<strong>1.</strong>4 Die Tiere<br />
Derzeit werden auf <strong>dem</strong> Betrieb folgende Tiere gehalten:<br />
� 4 Saaneziegen: Wedelchen, Hanni, Flecki (Geißen) <strong>und</strong> Felix (kastrierter Bock)<br />
� 2 Mini-Hängebauchschweine: Paula <strong>und</strong> Susi<br />
� 9 Lacoune Mutterschafe, 1 Texel Schafbock, 3 Lämmer<br />
� 5 Mutterkühe (Deutsch Angus) <strong>und</strong> 6 Kälber<br />
� 2 Kaninchen (Freigänger)<br />
� 2 Katzen<br />
� 1 H<strong>und</strong> (Labrador* Deutsch Langhaar)<br />
2.<strong>1.</strong>5 Gebäude, Räumlichkeiten, Stallungen <strong>und</strong> Tierhaltung<br />
5<br />
Auf <strong>dem</strong> Betrieb sind vor Jahren 14 Milchkühe gehalten <strong>und</strong> Stiere gemästet worden. Die<br />
Milchproduktion wurde im Jahre 1995 aufgegeben, die letzten 30 Stiere wurden im Jahr 2002<br />
verkauft. Außer<strong>dem</strong> sind Schweine für den Eigenbedarf gezüchtet <strong>und</strong> gemästet worden. Seit<br />
<strong>dem</strong> Jahr 2002 standen die Stallungen <strong>und</strong> Scheunen leer bzw. wurden nur als Lagerplatz für<br />
diverse Geräte <strong>und</strong> Materialien verwendet. Für einen Wiedereinstieg in die Tierhaltung waren<br />
also die Gebäude vorhanden, wenngleich auch umfangreichere Renovierungen <strong>und</strong><br />
Adaptierungen notwendig waren.<br />
Die <strong>Therapie</strong>einheiten finden bei Schönwetter im Freien statt, bei Regenwetter oder in der<br />
kalten Jahreszeit nutzten wir im ersten Jahr den alten Kuhstall zum Schutz vor Regen <strong>und</strong><br />
Kälte. Es stellte sich aber bald heraus, dass der Kuhstall (erbaut im Jahr 1960, System<br />
Langstand mit erhöhtem Futterbarren, händische Entmistung) nur eine Not- bzw.<br />
Übergangslösung sein konnte (unebener Boben, zu kleine Fensterflächen, unzureichende<br />
Beleuchtung, störende Einbauten bzw. Anbindevorrichtungen, Zugluft, zu kleine<br />
Eingangstüre, Stufen als Stolperquellen, keine Möglichkeit zum Heizen …).<br />
Wir entschlossen uns daher im Winter 2005/2006 zum Umbau in einen Trainings- bzw.<br />
<strong>Therapie</strong>raum mit angeschlossenem Laufstall. Der Trainingsraum (ca. 40 m_) ist ebenerdig
6<br />
<strong>und</strong> über eine geräumige Eingangstüre zu betreten. Auf der einen Stirnseite befinden sich drei<br />
große Glaselemente, die den Blick auf den Innenhof freigeben. Der Betonboden ist mit einem<br />
Anstrich versiegelt, was Tritt- <strong>und</strong> Rutschsicherheit für Mensch <strong>und</strong> Tier bedeutet, bei einer<br />
gleichzeitig relativ einfachen Möglichkeit zum Reinigen. Eine ausreichende Beleuchtung ist<br />
durch vier Neonröhren gewährleistet. Außer<strong>dem</strong> ist der Raum über eine Zuleitung vom<br />
Wohnhaus aus beheizbar. Alles in allem sind wir mit <strong>dem</strong> Raum sehr zufrieden, lediglich die<br />
Akustik bzw. der Widerhall stellen zeitweise ein Problem dar, für das es noch eine Lösung zu<br />
finden gilt.<br />
Direkt im Anschluss an den Raum, durch eine Türe getrennt, befindet sich ein Laufstall, der<br />
optional für Rinder, Schafe oder Ziegen genutzt werden kann.<br />
Im Keller des Wohnhauses, in unmittelbarer Nähe zum Trainingsraum <strong>und</strong> zu den Stallungen,<br />
kann man barrierefrei den Waschraum zum Händewaschen <strong>und</strong> die weiteren Sanitärräume<br />
erreichen. Auch befindet sich dort ein Ruheraum.<br />
Die <strong>Therapie</strong> findet bei Schönwetter auf der <strong>Therapie</strong>koppel bzw. Weide statt. Diese liegt im<br />
Kellergarten <strong>und</strong> ist ca. 300 m vom Bauernhof entfernt, leicht zu Fuß zu erreichen. Von dort<br />
aus hat man einen schönen <strong>Aus</strong>blick über die Landschaft <strong>und</strong> die umliegenden Felder. Auf der<br />
<strong>Therapie</strong>weide befinden sich Obstbäume, die zum einen <strong>dem</strong> Jahreslauf entsprechend Früchte<br />
liefern, zum anderen sind sie segensreiche Schattenspender in den Hochsommermonaten. Oft<br />
werden die Früchte (Kirschen, Zwetschken) in den Ablauf der <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Pädagogik</strong>einheit<br />
bei diversen Spielen <strong>und</strong> Übungen integriert. Als Sitzmöglichkeit dienen Baumstämme, die<br />
im Kreis liegen bzw. aufgestellt sind. Besonders wichtig ist, dass den Ziegen die Möglichkeit<br />
zum Klettern <strong>und</strong> Herumtoben geboten wird. Große Baumstämme <strong>und</strong> Teile von Baumkronen<br />
eignen sich dafür besonders gut. Natürlich muss den Tieren auf der Weide auch Wasser<br />
angeboten werden. Eingezäunt ist die Weide mit einem 1,50m hohen Maschendraht-Zaun.<br />
Zu Beginn der <strong>Therapie</strong>einheit befinden sich die Ziegen im Ziegenstall, einem Teil des<br />
umgebauten alten Schweinestalles. Hier werden sie zu Beginn der <strong>Therapie</strong>einheiten auch<br />
begrüßt, gebürstet <strong>und</strong> ihnen die Leinen angelegt. Der Ziegenstall wird mit hochwertigem<br />
Stroh eingestreut. Das regelmäßige <strong>Aus</strong>misten <strong>und</strong> Entfernen vom abgesetzten Kot hält eine
7<br />
eventuelle Geruchsbelästigung hintan. Das ist vor allem dann von Bedeutung, wenn mit den<br />
Tieren gearbeitet wird. Ein angenehmes Stallklima trägt wesentlich zum Wohlbefinden von<br />
Mensch <strong>und</strong> Tier bei. Angrenzend an den Ziegenstall gibt es einen kleinen <strong>Aus</strong>lauf im Freien<br />
(früher der Mistplatz), den die Ziegen jederzeit nutzen können. Dort haben sie ebenfalls die<br />
Gelegenheit zum Klettern, <strong>und</strong> Herumtoben oder sie nutzen den <strong>Aus</strong>lauf einfach nur, um sich<br />
nach internen Rangeleien zurückzuziehen. Da die Ziegen das Klettern <strong>und</strong> Springen perfekt<br />
beherrschen, ist es notwendig, den <strong>Aus</strong>lauf sowie den Stall ausbruchssicher zu gestallten.<br />
Ziegen lieben es, an erhöhten Stellen zu liegen <strong>und</strong> so einen guten Überblick über das<br />
Geschehen zu behalten. Wir haben daher im Stall zwei Podeste à 0,75m2 in unterschiedlicher<br />
Höhe errichtet, die wirklich als die Lieblingsplätze bezeichnet werden können. Die<br />
Materialien für den Umbau (div. Holz, Nägel, Schrauben, Maschendraht ...) waren zum Teil<br />
auf <strong>dem</strong> Betrieb vorhanden. Nicht zu unterschätzen ist aber der Zeitaufwand für Planung <strong>und</strong><br />
Durchführung von Umbau- <strong>und</strong> Adaptierungsarbeiten.<br />
Die Minischweine sind im selben Stallgebäude wie die Ziegen untergebracht. Für die Haltung<br />
dieser Tiere waren kaum Arbeiten im <strong>und</strong> am Stall notwendig. Die Minischweine werden auf<br />
Stroh gehalten, was auch ihrem natürlichen Verhaltensmuster entspricht. Das Stroh dient zum<br />
Abdecken des täglichen Rauhfutterbedarfes einerseits, außer<strong>dem</strong> lieben es die Schweine in so<br />
genannten „Nestern“ zu schlafen. Die Schweine teilen sich ihren Stall selbst in die<br />
Funktionsbereiche Fress-, Liege- <strong>und</strong> Kotplatz ein. Die Tiere haben auch die Möglichkeit in<br />
den ebenfalls eingestreuten <strong>Aus</strong>lauf zu wechseln. Diesem <strong>Aus</strong>lauf ist auch eine Suhle<br />
angeschlossen, welche die Schweine vor allem im Sommer gerne nutzen.<br />
Unsere Mutterschafe werden das ganze Jahr über im Freien auf der Schafweide bzw. im<br />
integrierten Schafstall gehalten. Der Schafstall ist Teil einer großen Scheune. Der abgetrennte<br />
Stallbereich ist betoniert <strong>und</strong> wird ausreichend mit Stroh eingestreut. Die Tiere können<br />
ungehindert ins Freie <strong>und</strong> auf die Weide. Die Tiere nutzen vor allem in der sehr heißen<br />
Jahreszeit den schattigen Platz im Stall <strong>und</strong> gehen nur zum Grasen hinaus. Die Futterraufen<br />
sind von uns selbst hergestellt worden. Die Wasserversorgung wird mit einem hygienischen<br />
Plastiktank sichergestellt. Die zu große Erhitzung des Wassers durch Sonnenbestrahlung wird<br />
durch die Platzierung des Wasserbehälters im Stadel vermieden. Eine regelmäßige Kontrolle,
8<br />
ein sauberer <strong>und</strong> sorgfältiger Umgang mit Lebens- <strong>und</strong> Futtermitteln ist ohnedies unerlässlich.<br />
Weiters ist ein entsprechendes Wei<strong>dem</strong>anagement zwecks Hintanhaltens des Parasitendruckes<br />
unverzichtbar.<br />
Unsere Rinder werden ebenfalls das ganze Jahr über auf der Rinderweide mit<br />
angeschlossenem Unterstand gehalten. Da es sich beim Angus Rind um eine Robustrasse<br />
handelt, stellt dies überhaupt kein Problem dar. Außer<strong>dem</strong> fühlen sich Rinder bei<br />
Temperaturen um <strong>und</strong> unter <strong>dem</strong> Gefrierpunkt wohler als an sonnigen <strong>und</strong> heißen Tagen. Das<br />
ist auch leicht zu beobachten, da die Rinder in den Sommermonaten nur zum Grasen<br />
ausgehen, zum Widerkauen <strong>und</strong> Ruhen suchen sie den Schatten im Stall bzw. unter Bäumen<br />
<strong>und</strong> Sträuchern auf. Der Unterstand für die Tiere befindet sich in einem Stadel. Dieser wird –<br />
so wie bei den anderen Tieren auch – ausreichend mit Stroh eingestreut. In diesem Unterstand<br />
sind auch die Fressplätze eingebaut. Im Unterstand befindet sich außer<strong>dem</strong> noch ein<br />
Kälberschlupf. Dieser wird von den Jungtieren gerne benützt, da sie hier wirklich ungestört<br />
liegen <strong>und</strong> schlafen können. Eingezäunt ist die Weide mit einem Elektrozaun. Ein weiteres<br />
wichtiges Inventar bei reiner Weidehaltung ist ein Fangstand. In diesem können notwendige<br />
Untersuchungen, Behandlungen, Blutabnahmen etc. gefahrlos für Mensch <strong>und</strong> Tier<br />
vorgenommen werden.
9<br />
2.2 Vorstellung des Österreichischen Kuratoriums für Landtechnik <strong>und</strong><br />
Landentwicklung (ÖKL) (DSA DI Silke Scholl)<br />
An dieser Stelle haben wir DSA DI Silke Scholl um folgenden Gastbeitrag gebeten:<br />
Das ÖKL wurde 1947 als gemeinnütziger Verein mit Sitz in Wien gegründet <strong>und</strong> fungiert<br />
seither als Informationsdrehscheibe im ländlichen Raum. Als Bindeglied zwischen<br />
Forschung, Verwaltung <strong>und</strong> Praxis ist das ÖKL in den Bereichen Landtechnik, Energie <strong>und</strong><br />
Landentwicklung aktiv. Neben der Erstellung von fachlichen Beratungsunterlagen <strong>und</strong><br />
Publikationen (ÖKL-Richtwerte für Maschinenselbstkosten, Merkblätter zu den Themen<br />
Bauen, Energie <strong>und</strong> Verkehr, Typenstatikpläne für Holzhallen, Landtechnische Schriftenreihe<br />
zu diversen Themen des ländlichen Raums, Projektberichte) veranstaltet das ÖKL auch<br />
<strong>Aus</strong>bildungen für LandwirtInnen (Biogasspezialberaterforbildung, <strong>Lehrgang</strong> „Tiergestütze<br />
<strong>Therapie</strong>, <strong>Pädagogik</strong> <strong>und</strong> Fördermaßnahmen am Bauernhof“).<br />
Ziele des ÖKL sind:<br />
� Koordination der Anforderungen moderner Landtechniken <strong>und</strong> der nachhaltigen<br />
Entwicklung des ländlichen Raums<br />
� Förderung <strong>und</strong> Weiterentwicklung innovativer <strong>und</strong> nachhaltiger Produktionsverfahren<br />
<strong>und</strong> Anwendungstechniken in der Landwirtschaft<br />
� Weitergabe von Informationen als Entscheidungshilfe an Gemeinden, LandwirtInnen,<br />
BeraterInnen, Sachverständige<br />
� Sicherung <strong>und</strong> Verbesserung der Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Funktion landwirtschaftlicher<br />
Gebäude (Haus <strong>und</strong> Hof)<br />
� Erhaltung der Kulturlandschaft im Sinne regionaler Raumordnung, Ökologie <strong>und</strong><br />
Landentwicklung<br />
� Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit <strong>und</strong> soziale Qualität in bäuerlichen<br />
Familienbetrieben
10<br />
Die Abteilung „Landentwicklung“ des ÖKL initiierte <strong>und</strong> startete im Jahr 2003 das Projekt<br />
<strong>„Tiergestützte</strong> <strong>Therapie</strong>, <strong>Pädagogik</strong> <strong>und</strong> Fördermaßnahmen am Bauernhof“. Die Finanzierung<br />
wurde von der Innovationsabteilung des Landwirtschaftsministeriums sichergestellt <strong>und</strong><br />
Projektträger war die Landwirtschaftskammer Österreich. Das ÖKL übernahm die fachliche<br />
Leitung <strong>und</strong> inhaltliche Durchführung des Projektes.<br />
Es handelte sich um ein Forschungs- <strong>und</strong> Pilotprojekt, bei <strong>dem</strong> geprüft wurde, in welchem<br />
Umfang der Einsatz landwirtschaftlicher Nutztiere (Ziegen, Rinder, Schweine, etc.) für die<br />
<strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Pädagogik</strong> ein zusätzliches Einkommen für LandwirtInnen erbringen kann <strong>und</strong><br />
bei <strong>dem</strong> wir untersuchten, wie landwirtschaftliche Nutztiere von pädagogischem <strong>und</strong><br />
therapeutischem Nutzen für unterschiedliche Zielgruppen (Menschen mit besonderen<br />
Bedürfnissen, SeniorInnen, kranke Menschen, verhaltensauffällige Kinder, etc.) sein können.<br />
Es ging sowohl um die Entwicklung von Konzepten <strong>und</strong> Programmen für die Praxis als auch<br />
um eine wissenschaftliche Dokumentation der Beobachtungen.<br />
Im Jahr 2005 wurden die Ergebnisse, die im Rahmen wissenschaftlicher Erhebungen 2003<br />
<strong>und</strong> 2004 gewonnen wurden, auf sechs landwirtschaftlichen Betrieben (Pilotbetrieben) in<br />
Oberösterreich, Niederösterreich, Vorarlberg <strong>und</strong> der Steiermark in die Praxis umgesetzt. Die<br />
Betriebe wurden bezüglich Konzepterstellung, Tiertraining, Durchführung der tiergestützten<br />
<strong>Pädagogik</strong> <strong>und</strong> <strong>Therapie</strong>, <strong>Aus</strong>arbeitung der pädagogischen <strong>und</strong> therapeutischen Ziele,<br />
Marketing, Stalladaptierung, etc. vom ÖKL <strong>und</strong> den Landwirtschaftskammern Oberösterreich<br />
<strong>und</strong> Niederösterreich fachlich begleitet.<br />
2006-2007 wird der erste <strong>Lehrgang</strong> für „Tiergestütze <strong>Therapie</strong>, <strong>Pädagogik</strong> <strong>und</strong><br />
Fördermaßnahmen am Bauernhof“ abgehalten, in <strong>dem</strong> das im Rahmen des innovativen<br />
Projektes erworbene Wissen an LandwirtInnen <strong>und</strong> Personen mit sozialberuflichem<br />
Hintergr<strong>und</strong> weitergegeben wird.
2.3 Vorstellung der Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
11<br />
Die “BEHINDERTENHILFE Bezirk Korneuburg” wurde im Jahre 1978 auf Initiative der<br />
Eltern einiger behinderter Kinder gegründet. Anlass war das Fehlen von geeigneten Förder-<br />
<strong>und</strong> Betreuungseinrichtungen nach <strong>dem</strong> Schulabgang.<br />
Ziel war es, eine Tagesheimstätte zu errichten, die sowohl <strong>Therapie</strong>möglichkeiten als auch<br />
adäquate Beschäftigungsprogramme bietet. In weiterer Folge wurde auch die Schaffung von<br />
Wohneinrichtungen für die KlientInnen geplant, um einen geordneten Abnabelungsprozess<br />
von der Stammfamilie <strong>und</strong> eine weitere Förderung des selbstständigen Lebens zu<br />
ermöglichen. Sowohl das Engagement der Eltern als auch Förderungen seitens der<br />
Niederösterreichischen Landesregierung <strong>und</strong>, nicht zuletzt, großzügige Spenden der<br />
Bevölkerung ermöglichten es, die Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg innerhalb weniger<br />
Jahre zu einer hoch qualifizierten Einrichtung mit mehreren Standorten wachsen zu lassen.<br />
Das ursprüngliche Angebot der Förderung von handwerklichen <strong>und</strong> hauswirtschaftlichen<br />
Fähigkeiten wurde <strong>und</strong> wird nach <strong>und</strong> nach erweitert. Das <strong>Therapie</strong>programm wurde massiv<br />
ausgebaut, <strong>und</strong> auch die Integration von behinderten Menschen in den Arbeitsmarkt wird<br />
heute mit speziellen Programmen ermöglicht.<br />
Heute verfügt die Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg über zwei Wohnhäuser in<br />
Oberrohrbach <strong>und</strong> Langenzersdorf, sowie über Tagesheime in Stockerau <strong>und</strong><br />
Oberrohrbach, in denen mehr als h<strong>und</strong>ert KlientInnen Tag <strong>und</strong> Nacht betreut werden.<br />
Darüber hinaus gibt es das Projekt “teilbetreutes Wohnen”, im Rahmen dessen derzeit fünf<br />
KlientInnen in Stockerau weitgehend eigenverantwortlich ihr alltägliches Leben bestreiten.
12<br />
Kapitel 3 Von der Idee zum ersten Treffen<br />
3.1 Ideologische Betrachtungen<br />
(Helmut Summerer)<br />
Es ist eine persönliche Entscheidung, wie Menschen mit der Lebenssituation, in der sie sich<br />
befinden, umgehen. Für die Bauern im Allgemeinen sind permanente Veränderungen in der<br />
Art <strong>und</strong> Weise ihres Aufgabenbereiches historisch gewachsen <strong>und</strong> prägen auch heute noch<br />
das Berufsbild. Ist noch vor geraumer Zeit die Versorgung der Bevölkerung mit billigen<br />
Lebensmitteln der Auftrag an die Bauernschaft gewesen, so erkennt man in Zeiten des<br />
beginnenden Überflusses, dass auch die Landschaft, unser Wohn- <strong>und</strong> Lebensraum, einen<br />
hohen Wert <strong>und</strong> vor allem auch wichtigen Stellenwert bei der Bevölkerung hat. Tourismus<br />
<strong>und</strong> Naherholung funktionieren eben nur in einer ges<strong>und</strong>en <strong>und</strong> lebenswerten Natur- <strong>und</strong><br />
Kulturlandschaft.<br />
Mit steigen<strong>dem</strong> Wohlstand <strong>und</strong> steigen<strong>dem</strong> Umweltbewusstsein treffen die Konsumenten<br />
gezielte Kaufentscheidungen, bei denen sie Produkten aus der Region entsprechend <strong>dem</strong><br />
saisonalen Angebot den Vorzug geben. Das Öffnen der Märkte für den globalen Welthandel<br />
zwingt die Bauern natürlich auch dazu, ihre Produktion ebenso unter betriebswirtschaftlichen<br />
Gesichtspunkten zu betrachten. Die daraus resultierenden Konsequenzen führen zu <strong>dem</strong> uns<br />
allen bekannten Strukturwandel mit all seinen Folgen, <strong>und</strong> außer<strong>dem</strong> zu einem<br />
Identitätsverlust in der Landwirtschaft. Patentrezepte oder Lösungen aus einem Lehrbuch, um<br />
dieser Krise entgegenzuwirken, gibt es nicht. Jeder Betrieb ist gut beraten, sich über seine<br />
mittel- <strong>und</strong> langfristige Entwicklung Gedanken zu machen. In diesem Spannungsfeld haben<br />
auch wir schon vor längerer Zeit begonnen, uns Gedanken über unsere betriebliche<br />
Entwicklung <strong>und</strong> Zukunft zu machen. Weiterbildung bei diversen Persönlichkeits- <strong>und</strong><br />
Unternehmerseminaren, Gespräche mit Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Beratern festigten in uns den<br />
Entschluss, aktiv in Richtung Veränderung tätig zu werden.
3.<strong>1.</strong>1 Die ursprüngliche Idee<br />
13<br />
Bei diversen Planspielen, Stärken-Schwächenanalysen, Erfolgsdefinitionen <strong>und</strong><br />
Zielbeschreibungen kristallisiert sich bei uns Landwirten heraus, dass Tiere <strong>und</strong> deren<br />
Haltung eine zentrale Stellung in unserer zukünftigen Berufsvorstellung haben. Das ist auch<br />
nicht besonders überraschend, da wir beide auf Höfen aufgewachsen sind, auf denen Tiere<br />
immer eine zentrale Bedeutung innehatten. So ist es für uns auch absolut nichts Neues,<br />
Verantwortung für Tiere zu übernehmen. Der Alltag mit den Tieren von der Geburt bis zu<br />
ihrem Tod in all seinen Facetten hat uns positiv geprägt <strong>und</strong> ist wesentlich für unsere<br />
Einstellung zur Tierhaltung <strong>und</strong> für den respekt- <strong>und</strong> liebevollen Umgang mit Tieren<br />
verantwortlich. Wir beide wissen, dass es ein besonderes Glück war, auf einem Bauernhof mit<br />
Tierhaltung aufzuwachsen. So ist es auch nahe liegend, dass wir unseren Kindern einen<br />
natürlichen <strong>und</strong> achtungsvollen Ungang mit Tieren vermitteln wollen.<br />
Das Aufwachsen im Verband einer Großfamilie hat uns geprägt. Die Großfamilie mit Eltern,<br />
drei Geschwistern, Großeltern, Onkeln <strong>und</strong> Tanten in unmittelbarer Umgebung bietet das<br />
beste Übungsfeld für soziale Kompetenz <strong>und</strong> Rücksichtnahme. Gastfre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> offene<br />
Haustüren haben <strong>und</strong> hatten auf unserem Bauernhof stets einen hohen Stellenwert, genauso<br />
wie die Wertschätzung <strong>und</strong> Zuneigung zu Mensch <strong>und</strong> Tier. Das alles erachten wir als gute<br />
Voraussetzungen für „<strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> Erlebnispädagogik am Bauernhof“.<br />
3.<strong>1.</strong>2 Kontaktaufnahme<br />
Die erste Information über das Pilotprojekt „<strong>Therapie</strong> am Bauernhof“ entdeckte ich in einem<br />
Artikel der Österreich–Beilage eines deutschen Landwirtschaftsmagazins. Hier wurde das<br />
Pilot- <strong>und</strong> Forschungsprojekt in der Lebenswelt Schenkenfelden kurz vorgestellt. Ich nahm<br />
daraufhin umgehend telefonischen Kontakt mit <strong>dem</strong> ÖKL, konkret mit DSA Dipl. Ing. Silke<br />
Scholl auf. Nach genaueren Informationen über dieses Projekt meldete ich Interesse an einer<br />
Zusammenarbeit an. Mitte Dezember 2004 kontaktierte mich Frau Scholl <strong>und</strong> lud mich <strong>und</strong><br />
weitere Interessenten zu einem Informationsgespräch bezüglich der Möglichkeit Pilotbetrieb<br />
zu werden ein. Hier wurden intensiv die Details <strong>und</strong> Anforderungen für diese Projekt
14<br />
besprochen. Als dann – sehr zu unserer Freude – die Entscheidung, uns als weiteren<br />
Pilotbetrieb aufzunehmen, gefallen war, mussten wir verschiedene Voraussetzungen erfüllen.<br />
Eine Vorgabe war, dass die K<strong>und</strong>enwerbung <strong>und</strong> Kontaktaufnahme seitens des Bauernhofes<br />
zu erfolgen hat.<br />
Ich nahm daraufhin umgehend Kontakt mit <strong>dem</strong> Direktor der Behindertenhilfe Bezirk<br />
Korneuburg, Herrn Johannes Hofer, sowie mit <strong>dem</strong> pädagogischen Leiter, Herrn Christoph<br />
Lagler, auf. Bei einer Erstinformation in den Räumlichkeiten der Behindertenhilfe wurde die<br />
Idee von der <strong>Therapie</strong> mit landwirtschaftlichen Nutztieren am Bauernhof mit großem<br />
Interesse aufgenommen. Wir luden zu einer Hof-Besichtigung nach Füllersdorf ein <strong>und</strong><br />
vereinbarten umgehend einen Termin dafür. Dieser mit Spannung erwartete erste Besuch<br />
einer Delegation von interessierten MitarbeiterInnen der Behindertenhilfe sowie einer<br />
Vertreterin des ÖKL verlief unserer Meinung nach in einer fre<strong>und</strong>lichen <strong>und</strong> entspannten<br />
Atmosphäre. Nach weiteren Beratungen mit der Behindertenhilfe konnten wir uns auf einen<br />
Start des Projekts Ende Mai 2005 einigen.<br />
Entscheidend für das Gelingen unseres gemeinsamen Vorhabens war unter anderem auch die<br />
klare Aufteilung der Kompetenzen. Wir als Bauernfamilie sind zuständig für die artgerechte<br />
Tierhaltung, für das Training der Tiere, für sozialisierte <strong>und</strong> gutmütige Tiere, für die<br />
Sicherheit auf <strong>dem</strong> Hof generell, für das zur Verfügungstellen entsprechender Räumlichkeiten<br />
inklusive Sanitäranlagen, für die Gestaltung der Erlebnis- <strong>und</strong> <strong>Pädagogik</strong>-Einheiten sowie für<br />
die Mithilfe bei den <strong>Therapie</strong>-Einheiten.<br />
Allen Verantwortlichen war klar, dass der Bauernhof mit all den Menschen die hier leben<br />
(Kinder <strong>und</strong> Großeltern), das Umfeld mit all seinen Besonderheiten (unebene<br />
Bodenverhältnisse, verschiedenste Gerüche <strong>und</strong> Arten der Verschmutzung etc.) zum Einen<br />
eine gewisse Herausforderung darstellt, zum Anderen jedoch als ein wesentlicher Aspekt der<br />
<strong>Therapie</strong> am Bauernhof gesehen werden kann.
15<br />
3.<strong>1.</strong>3 Treffen bei der Bezirksbauernkammer<br />
Wichtig war uns auch, dieses Projekt einem Personenkreis von Funktionären <strong>und</strong> Mandataren<br />
vorzustellen <strong>und</strong> zu präsentieren. Diese Meinungsbildner <strong>und</strong> Verantwortungsträger wollten<br />
wir noch vor Start des Projektes informieren. Da wir als landwirtschaftlicher Betrieb in engem<br />
Kontakt mit der Bezirksbauernkammer stehen, erschien uns diese mit ihren Räumlichkeiten<br />
als geeignet.<br />
Am 26. April 2005 fand deshalb die Besprechung zum Start des Pilotprojektes in der<br />
Bezirksbauernkammer Korneuburg statt, bei der folgende Personen anwesend waren:<br />
� Obmann Ökonomierat (ÖKR) Lorenz Mayr<br />
o Begrüßung<br />
� Helmut <strong>und</strong> Maria Summerer<br />
o Vorstellung Betrieb, Motivation<br />
� Dipl. Ing. Gerlinde Grall, ÖKL<br />
o Die Wirkung landwirtschaftlicher Nutztiere auf Menschen mit besonderen<br />
Bedürfnissen<br />
� Direktor Johannes Hofer<br />
o Erweiterung des therapeutischen Angebotes für die Behindertenhilfe Bezirk<br />
Korneuburg<br />
� BR Hermann Haller<br />
� Präs. NR Hermann Schultes<br />
� Josef Kreitmayer, Bürgermeister von Großmugl<br />
� Dipl. Ing. Christian Jochum, Landwirtschaftskammer Österreich<br />
� Dr. Heinz Bixa, Praktikant<br />
� Dip. Ing. Anita Fürthner, Praktikantin
16<br />
3.2 Großteam in der Behindertenhilfe<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
Im Interesse der umfassenden Information sämtlicher MitarbeiterInnen der Behindertenhilfe<br />
Bezirk Korneuburg gibt es im Ablauf des alltäglichen Geschehens fixe<br />
Besprechungseinheiten. Eine dieser Einheiten ist das so genannte “Großteam”, an <strong>dem</strong> ca.<br />
vier Mal im Jahr MitarbeiterInnen aus allen Organisationsbereichen teilnehmen.<br />
Das heißt nicht nur die BetreuerInnen aus Tagesheimstätten <strong>und</strong> Wohnhäusern, sondern auch,<br />
soweit möglich, Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen aus allen anderen Bereichen wie zum Beispiel<br />
Verwaltung, Großküche <strong>und</strong> Haustechnik, selbstverständlich auch alle Zivildiener <strong>und</strong><br />
Absolventinnen <strong>und</strong> Absolventen des freiwilligen Sozialen Jahres.<br />
Geleitet wird dieses Team vom Geschäftsführer der Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg,<br />
Herrn Johannes Hofer. Weiters sollte jedes Mal ein Mitglied des Vorstandes anwesend sein.<br />
Die Themen dieses Großteams sind unter anderem:<br />
� aktuelle Finanzgebarung des Vereins<br />
� Öffentlichkeitsarbeit<br />
� Veränderungen im personellen Bereich<br />
� Planung <strong>und</strong> Organisation von Urlaubsaktionen<br />
� Planung <strong>und</strong> Organisation von Weihnachts- <strong>und</strong> Ostermärkten u.a. Veranstaltungen<br />
� Vorstellung neuer <strong>Therapie</strong>möglichkeiten <strong>und</strong> geplanter Projekte im Sinne der<br />
Erweiterung des Sonderpädagogischen Angebotes<br />
Im Rahmen eines dieser Großteams, kurz nach Jahresbeginn 2005, erfuhren wir das erste Mal<br />
von der geplanten Kooperation der Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg mit <strong>dem</strong> ÖKL<br />
(Österreichisches Kuratorium für Landtechnik <strong>und</strong> Landentwicklung). Es wurde der Termin<br />
für einen Besichtigungstag bekannt gegeben, an <strong>dem</strong> das ÖKL am Bauernhof der Familie<br />
Summerer in Füllersdorf sein Projekt ”Tiergestützte <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> pädagogische<br />
Fördermaßnahmen am Bauernhof” vorstellen sollte.<br />
Interessierte Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter wurden dazu eingeladen.
17<br />
3.3 Vorstellung des Projektes bei einem ersten Treffen auf <strong>dem</strong><br />
Bauernhof<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
Einen Monat nach <strong>dem</strong> besagten Großteam fand die bereits erwähnte Vorstellung statt. Die<br />
TeilnehmerInnen der Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg waren:<br />
Direktor Johannes Hofer, Pädagogischer Leiter <strong>und</strong> Leiter der Werkstätten Mag. Christoph<br />
Lagler, Ergo-Therapeutin Martina Burdak, Bewegungstrainer Gerhard Fritz sowie die<br />
Behindertenbetreuerinnen Martina Holzinger-Neulinger, Beate Haas-Geltl <strong>und</strong> Maria<br />
Schirmbrand.<br />
Weiters anwesend waren die Betreiber des Bauernhofes Maria <strong>und</strong> Helmut Summerer.<br />
Vorgestellt wurde das Projekt von Dipl.-Ing. Gerlinde Grall, Mitarbeiterin des ÖKL.<br />
Was ist „tiergestützte <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Pädagogik</strong> am Bauernhof ”?<br />
Diese <strong>Therapie</strong>form (in nicht medizinischem Sinn) findet unter Einsatz von besonders<br />
ausgebildeten landwirtschaftlichen Nutztieren statt. Die spezielle <strong>Aus</strong>bildung der Tiere<br />
ermöglicht ein breites Spektrum an Aktivitäten <strong>und</strong> ein hohes Maß an Sicherheit. Das<br />
Programm reicht von Füttern, Streicheln <strong>und</strong> Pflege der Tiere über Spiele bis zu<br />
maßgeschneiderten therapeutischen Einheiten. Das Instrument der detaillierten<br />
Dokumentation, welches ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil der tiergestützten <strong>Therapie</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Pädagogik</strong> ist, ermöglicht in weiterer Folge eine bedarfsorientierte Nachjustierung des<br />
Angebotes <strong>und</strong> den effizienten Wirkungsnachweis. Diese Ergebnisse sind sowohl für den<br />
internen als auch für den externen Gebrauch von größter Wichtigkeit.<br />
Eine der deklarierten Zielgruppen dieser Anwendung sind unter anderem Menschen mit<br />
besonderen Bedürfnissen.<br />
Die im Rahmen einer umfassenden empirischen Aufarbeitung gewonnen Erkenntnisse zeigten<br />
eine Vielzahl von positiven Effekten, die durch die Anwendung der tiergestützten <strong>Therapie</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Pädagogik</strong> erzielt werden können. Diese Effekte gingen weit über die Erfolge von<br />
“Streichelzoo” oder “Schule am Bauernhof” hinaus, da sich letztere Angebote fast
18<br />
ausschließlich auf oberflächliche Begegnungen zwischen Tier <strong>und</strong> Mensch <strong>und</strong> <strong>dem</strong> Transfer<br />
von Informationen beschränken.<br />
Uns war jedenfalls rasch klar, dass dieses Angebot eine Bereicherung des bestehenden<br />
<strong>Therapie</strong>angebotes der Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg darstellen kann.<br />
Umso mehr waren wir erfreut als verlautbart wurde, dass das ÖKL <strong>und</strong> die Familie Summerer<br />
mehrere MitarbeiterInnen der Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg zur intensiven <strong>und</strong> Erfolg<br />
versprechenden Zusammenarbeit einladen würde. Dies ergab sich vor allem aus <strong>dem</strong><br />
Anspruch überprüfen zu wollen, welchen tatsächlichen Effekt die Teilnahme an <strong>dem</strong> Projekt<br />
auf die KlientInnen <strong>und</strong> somit auf das alltägliche Leben in den Tagesheimstätten <strong>und</strong> den<br />
Wohnhäusern der Behindertenhilfe haben könnte.<br />
Auf die Frage nach bestehen<strong>dem</strong> Interesse an dieser Zusammenarbeit kam aus den Reihen der<br />
MitarbeiterInnen der Behindertenhilfe reger Zuspruch.<br />
3.4 Interne Stellenausschreibung der Behindertenhilfe<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
Nach<strong>dem</strong> im Führungsteam der Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg die weitere<br />
Zusammenarbeit mit <strong>dem</strong> ÖKL fixiert wurde, ergab sich als nächster Schritt die <strong>Aus</strong>wahl der<br />
teilnehmenden MitarbeiterInnen. In weiterer Folge stellte sich naturgemäß die Frage,<br />
aufgr<strong>und</strong> welcher Qualifikation die <strong>Aus</strong>wahl erfolgen sollte. Entsprechend <strong>dem</strong><br />
Anforderungsprofil zur <strong>Aus</strong>bildung zum Fachbegleiter in tiergestützter <strong>Pädagogik</strong> vom ÖKL<br />
wurde dann innerhalb der Behindertenhilfe eine <strong>Aus</strong>schreibung gestartet.<br />
(Originaltext der Stellenausschreibung siehe Anhang 6, Seite 107)<br />
Die Betreuerinnen Martina Holzinger-Neulinger <strong>und</strong> Beate Haas-Geltl wurden schließlich<br />
ausgewählt, um einerseits die <strong>Therapie</strong>gruppe der Behindertenhilfe regelmäßig auf den<br />
Bauernhof der Familie Summerer zu begleiten, <strong>und</strong> um andererseits die <strong>Aus</strong>bildung zur
19<br />
“Fachbegleiterin in tiergestützter <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Pädagogik</strong>” zu absolvieren <strong>und</strong> ihre fachliche<br />
Qualifikation, vor allem in Hinblick auf die Dokumentation, zu erweitern.<br />
3.5 Vorbereitungen<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
Nach<strong>dem</strong> nun also sämtliche organisatorische Dinge erledigt waren, ging es an die eigentliche<br />
Arbeit. Als erster Schritt erfolgte naturgemäß die <strong>Aus</strong>wahl der teilnehmenden KlientInnen.<br />
Diese erste <strong>Aus</strong>wahl erfolgte durch den Direktor der Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg<br />
Johannes Hofer in Absprache mit den BetreuerInnen <strong>und</strong> lief nach folgenden Kriterien ab:<br />
� Die ausgewählten KlientInnen sind in ihrer bisherigen <strong>Therapie</strong>biographie an einer<br />
scheinbar unüberwindbaren Grenze angelangt<br />
� Die Verhaltensweisen der ausgewählten Teilnehmer stellen eine besondere<br />
Belastungssituation in der jeweiligen Betreuungsgruppe der Tagesheimstätte dar.<br />
Als weiterer wichtiger Schritt erfolgte die Information der Angehörigen über das geplante<br />
Projekt <strong>und</strong> die Einholung deren schriftlichen Einverständnisses.<br />
3.5.1 Erste Besprechung in Oberrohrbach<br />
Die erste Arbeitsbesprechung fand in Oberrohrbach statt. Hauptziel dieser Besprechung war<br />
die Koordination der Maßnahmen <strong>und</strong> die Weitergabe von relevanten Informationen über die<br />
ausgewählten KlientInnen von den BetreuerInnen der Behindertenhilfe an die<br />
Projektleiterinnen des ÖKL Dipl.-Ing. DSA Silke Scholl <strong>und</strong> Dipl.-Ing. Gerlinde Grall. Die<br />
Vertreterinnen des ÖKL ihrerseits referierten über die spezifischen Anforderungen an das<br />
tiergestützte therapeutische <strong>und</strong> pädagogische Programm für die Behindertenhilfe,<br />
insbesondere im Hinblick auf Zieldefinierung <strong>und</strong> Methodik.<br />
3.5.2. Zweite Besprechung im ÖKL<br />
Diese Besprechung hatte vor allem die Frage der Dokumentation zum Inhalt. Nach<strong>dem</strong> sich<br />
bereits bekannte Dokumentationsverfahren für das Vorhaben als untauglich erwiesen, weil sie
20<br />
zu komplex bzw. zu unspezifisch waren, wurde beschlossen, einen eigenen Protokollbogen zu<br />
entwickeln.<br />
3.5.3 Dokumentationsform festlegen <strong>und</strong> Dokumentationsbögen erarbeiten<br />
Der letztlich verwendete Dokumentationsbogen (siehe Anhang 7 Seite 108) wurden von<br />
Dipl.-Ing. DSA Silke Scholl <strong>und</strong> Herrn Johannes Hofer gemeinsam erarbeitet. Überdies<br />
einigten sich alle Beteiligten auf eine zusätzliche Dokumentation in Form von Fotos <strong>und</strong><br />
Videos <strong>und</strong> der Protokollierung von Supervisionseinheiten im Anschluss an die jeweiligen<br />
<strong>Therapie</strong>einheiten.<br />
3.6 Erste Schnuppereinheit mit den ausgewählten KlientInnen<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
Eine erste Schnuppereinheit hatte vor allem den Zweck, den ausgewählten Anvertrauten eine<br />
erste Kontaktaufnahme mit den Örtlichkeiten des Bauernhofes der Familie Summerer <strong>und</strong> den<br />
dort lebenden Menschen <strong>und</strong> Tieren zu ermöglichen. Auch die beiden Vertreterinnen des<br />
ÖKL waren natürlich vor Ort. Da wir aus unserer Erfahrung bei vielen Anvertrauten Scheu<br />
<strong>und</strong> Unsicherheit bei Veränderungen kennen, entschlossen wir uns, auch die jeweiligen<br />
GruppenbetreuerInnen der Tagesheimstätte mitzunehmen. Wir erwarteten uns von dieser<br />
Maßnahme eine Entschärfung der Tendenz zur Verweigerung der Anvertrauten, da die<br />
gewohnte Bezugsperson als eine Art “Übergangsobjekt“ fungieren konnte.<br />
Der Besuch war geprägt von der Gelegenheit zur Erforschung, keine/r der TeilnehmerInnen<br />
wurde zu irgendeiner Form der Kontaktaufnahme oder zu irgendwelchen Handlungen<br />
gezwungen. Die Anvertrauten sollten die Gelegenheit haben, den Bauernhof stress- <strong>und</strong><br />
angstfrei zu erleben. Unserer Beobachtung nach war dieses Vorhaben von Erfolg gekrönt <strong>und</strong><br />
trug in der Folge zu einem positiven Verlauf des gesamten Projektes bei.
Kapitel 4 Die Praxis<br />
4.1 Die Tiere<br />
(Helmut Summerer)<br />
21<br />
Zu Anfang des Projektes gab es auf unserem Hof noch nicht sehr viele Tiere. Aber über den<br />
Zeitraum der letzten zwei Jahre haben wir unseren Tierbestand kontinuierlich erweitert <strong>und</strong> es<br />
leben mittlerweile zahlreiche Tiere verschiedener Arten auf unserem Hof.<br />
Zusätzlich zu den landwirtschaftlichen Nutztieren gibt es – weil es einfach zu einem<br />
Bauernhof dazu gehört – zwei Katzen, zwei Kaninchen <strong>und</strong> eine Labradorhündin namens<br />
Kora.<br />
4.<strong>1.</strong>1 Ziegen<br />
Zuerst sind da unsere vier Saaneziegen – Flecki, Hanni, Wedelchen <strong>und</strong> Felix – gekauft im<br />
März 2005 von einem Waldviertler Ziegenkäsebetrieb. Diese Milch- <strong>und</strong> Käsebetriebe<br />
verkaufen die Tiere leider sehr jung, da sie sich auf die Produktion von Milch <strong>und</strong> Käse<br />
spezialisiert haben <strong>und</strong> die Jungtiere Konkurrenten darstellen. In der Regel sind auch<br />
Stallkapazitäten <strong>und</strong> Futterbasis nicht ausreichend, um alle Tiere (Mutter- <strong>und</strong> Jungtiere) zu<br />
versorgen. Die Tiere waren ca. 7 Tage alt, als sie zu uns auf den Hof kamen. Es war unsere<br />
Aufgabe, sie liebevoll „aufzupäppeln“, wobei auch gleich die Sozialisation der Tiere<br />
stattfand. Die ganze Familie beteiligte sich daran, mit besonderer Hingabe die Kinder.<br />
Fütterung <strong>und</strong> Haltung der Ziegen<br />
In den ersten acht Wochen bekamen die Tiere drei Mal täglich einen so genannten<br />
Milchaustauscher <strong>und</strong> gutes, schmackhaftes Heu. Die Ziegen waren schon vom<br />
Geburtsbetrieb an das Trinken aus einer Rinne gewöhnt. Wir hatten daher keine<br />
Umstellungsprobleme. Außer<strong>dem</strong> mischten wir anfangs frische Ziegenmilch unter den<br />
Milchaustauscher. So ließen sich mögliche Verdauungsprobleme verhindern oder zumindest<br />
reduzieren. Ganz wichtig beim Tränken waren die Sauberkeit <strong>und</strong> die richtige Temperatur
22<br />
(38°C) der Trinkmischung. Das Anbieten von gutem Heu bereits in den ersten Lebenstagen<br />
war besonders wichtig, da die Ziegen gerne knabbern <strong>und</strong> die Rohfaser wichtig für die<br />
<strong>Aus</strong>bildung <strong>und</strong> Entwicklung des Pansens ist. Ab der achten Woche wurde die Konzentration<br />
des Milchaustauschers kontinuierlich gesenkt. Heu wurde ständig at libitum angeboten.<br />
Weiters war zu beachten, dass ständig frisches Wasser zu Verfügung steht. Nach sechs<br />
Wochen brachten wir die Ziegen täglich für kurze Zeit auf die nahe gelegene Weide, um sie<br />
langsam an das frische Gras zu gewöhnen. Eine behutsame Umstellung auf frisches<br />
Grünfutter war wichtig, weil sich die Pansenbakterien erst auf die neue Futterbasis einstellen<br />
mußten.<br />
Im Sommer sind die Ziegen ganztags auf der Weide <strong>und</strong> fressen frisches Gras. Auch auf der<br />
Weide ist das zur Verfügungstellen von frischem Wasser unbedingt erforderlich. Ebenso<br />
wichtig ist das Anbieten von Salz- <strong>und</strong> Mineralsteinen, wobei unbedingt zu beachten ist, dass<br />
es speziell für Schafe <strong>und</strong> Ziegen eigene Mineralsteine gibt. Auf der Weide sind natürlich<br />
Fallobst, Zweige <strong>und</strong> Rinde besondere Leckerbissen für die Tiere. Besonders die Blätter <strong>und</strong><br />
Äste des Hollerstrauches sind sehr begehrt, deshalb eignen diese sich auch hervorragend zum<br />
Locken der Ziegen, was sich bei vielen Spielen <strong>und</strong> beim Training als sehr vorteilhaft erweist.<br />
Im Winter bieten wir stattdessen Äste von Fichten <strong>und</strong> Tannen an. Auch diese erweisen sich,<br />
vor allem wenn die Tiere daran gewöhnt sind, als besondere Leckerbissen. Gerstenkörner<br />
werden von den Ziegen leidenschaftlich gerne <strong>und</strong> gierig gefressen Wir legen dieses Futter<br />
deshalb nicht regelmäßig vor, da wir unsere Tiere nicht mästen wollen. Während der<br />
<strong>Therapie</strong>einheiten erweist sich der Einsatz von Gerste als „Leckerli“ ungeeignet, weil die<br />
Tiere vor lauter Gier unkontrolliert <strong>und</strong> viel zu stürmisch reagieren, weshalb wir davon rasch<br />
Abstand genommen haben. Aber als abschließende Belohnung am St<strong>und</strong>enende ist Gerste ein<br />
absolutes „Highlight“.<br />
Für die Fütterung im Stall ist es von Vorteil, wenn mindestens zwei oder drei Futterraufen zur<br />
Verfügung stehen, da so auch die rangniederen Tiere ungestört fressen können.
4.<strong>1.</strong>2 Minihängebauchschweine<br />
23<br />
Gekauft haben wir unsere zwei Minihängebauchschweine Paula <strong>und</strong> Susi im November 2005<br />
von einem „Urlaub am Bauernhof“ - Betrieb im Wienerwald. Der Betrieb hält Minischweine,<br />
weil sie eine Attraktion für seine Urlaubsgäste darstellen. Für die regelmäßigen Nachkommen<br />
hat er jedoch keine Verwendung. Die Tiere waren ca. 8 Wochen alt als sie bei uns ein neues<br />
Zuhause fanden.<br />
Fütterung <strong>und</strong> Haltung der Minischweine<br />
Da die Tiere nicht mehr auf die Muttermilch angewiesen waren, konnten wir von Beginn an<br />
mit festen Nahrungsmitteln füttern. Getreidebruch mit Mineralstoffen sowie Brot <strong>und</strong> Obst<br />
machen einen Hauptbestandteil des Basisfutters aus. Zu Abwechslung bekommen unsere<br />
„Minis“ Rübenschnitte, die mindestens zwölf St<strong>und</strong>en im Wasser eingeweicht werden. Äpfel<br />
<strong>und</strong> Birnen stammen aus unseren Gärten <strong>und</strong> werden das ganze Jahr über in ausreichenden<br />
Mengen vorgelegt. Dabei ist es egal, ob ganze Früchte oder Fruchtstücke verfüttert werden.<br />
Kartoffeln werden ebenfalls angeboten, aber nur in rohem Zustand, d.h. nicht gekocht oder<br />
gedämpft. Rohe Kartoffeln machen nicht „fett“, da die enthaltene Stärke nicht bzw. nur gering<br />
verwertet werden kann. Kartoffel <strong>und</strong> Obst werden nicht zu klein geschnitten, weil die<br />
Schweine auch beim Fressen beschäftigt sein wollen. Auf die Fütterung von fein gemahlenem<br />
Getreide wird gänzlich verzichtet, da wir unsere Tiere nicht mästen wollen. Maiskörner<br />
werden lediglich als besonderes „Leckerli“ eingesetzt, aber nur ganz gezielt <strong>und</strong> einzelne<br />
Körner. Ebenfalls als „Leckerli“ eignen sich kleine in Würfel geschnittene, getrocknete<br />
Brotstückchen sowie Rosinen <strong>und</strong> Apfelwürfel. Verfeinert man diese noch mit etwas<br />
Vanillezucker, dann hat man den Jackpot geknackt. Ganze Rüben werden nach<br />
Vorhandensein, welches jahreszeitlich bedingt ist, auch gerne vorgelegt, weil vor allem das<br />
Spielen <strong>und</strong> die Beschäftigung mit diesen ein erwähnenswerter Nebeneffekt ist. Ähnliches gilt<br />
auch für Heu <strong>und</strong> Stroh, welches außer<strong>dem</strong> gerne zum Nestbau verwendet wird.
4.<strong>1.</strong>3 Schafe<br />
24<br />
Unsere Schafe haben wir ebenfalls von einem Milchbetrieb zugekauft, der für die Lämmer<br />
keine Verwendung hat. Die Tiere waren jeweils ca. sechs Tage alt, als wir sie zu uns holten.<br />
Auch sie wurden – wie schon die Zicklein – mit viel Liebe <strong>und</strong> Sorgfalt von uns groß<br />
gezogen, was nicht immer unproblematisch war.<br />
Mittlerweile umfasst unsere Herde neun Mutterschafe, einen Texel-Schafbock <strong>und</strong> derzeit<br />
drei Lämmer.<br />
Fütterung <strong>und</strong> Haltung der Schafe<br />
Die Lämmer bekamen anfangs drei Mal täglich Lämmermilch-<strong>Aus</strong>tauscher zu trinken. Diese<br />
wurden in einem Tränkekübel mit fünf Tränkenippeln verabreicht. Dabei musste wieder sehr<br />
auf Sauberkeit <strong>und</strong> die richtige Temperatur der Trinkmischung geachtet werden. Der<br />
Milchaustauscher musste mit sehr heißem Wasser angerührt werden, damit sich das<br />
Tränkepulver vollständig auflösen konnte. Dies erreichte man am Besten, in<strong>dem</strong> man mit<br />
einem Schneebesen kräftig umrührte. Mit <strong>dem</strong> Verabreichen der Tränke musste so lange<br />
zugewartet werden, bis die Temperatur 38°C betrug. Da nicht alle Tiere von Anfang an das<br />
Trinken aus diesen Tränkenippeln gewöhnt waren, mußten wir ihnen anfangs dabei helfen.<br />
Dabei entstand natürlich ein sehr intensiver Körperkontakt, <strong>und</strong> die Tiere wurden somit gut an<br />
den Menschen gewöhnt <strong>und</strong> sozialisiert. Jedenfalls war es wichtig, den jungen Tieren gutes<br />
Heu vorzulegen, sodass sie von klein an die Möglichkeit zum Knabbern hatten <strong>und</strong> die<br />
Pansenaktivität angeregt wurde. Mit acht Wochen haben wird das Konzentrat des<br />
Milchaustauschers nach <strong>und</strong> nach verringert <strong>und</strong> später abgesetzt. Eine Versorgung mit gutem<br />
Trinkwasser ist generell sicher zu stellen.<br />
Da die Tiere jetzt auf der Weide gehalten werden, ist eine Zufütterung in den<br />
Sommermonaten nicht notwendig. Bei abnehmen<strong>dem</strong> Zuwachs an Gräsern muss mit der<br />
Zufütterung von Heu begonnen werden. Im Winter werden die Tiere mit Luzerneheu <strong>und</strong><br />
Luzernesilage gefüttert. Mineralstoff- <strong>und</strong> Salzsteine stehen den Tieren das ganze Jahr über<br />
frei zur Verfügung.
4.<strong>1.</strong>4 Rinder in Mutterkuhhaltung<br />
25<br />
Mit Ende März 2006 entschieden wir uns zum Ankauf von Rindern, <strong>und</strong> zwar der Rasse<br />
Deutsch-Angus. Diese Rasse ist sehr robust <strong>und</strong> für ein ganzjähriges Leben auf der Weide<br />
bestens geeignet. Wir entschieden uns bewusst für diese Form der Mutterkuhhaltung.<br />
Zum Start kauften wir zwei Kühe mit je einem Kalb aus einem Zuchtbetrieb aus Zlabern<br />
(Bezik Mistelbach). Inzwischen hat sich unser Bestand auf 5 Mutterkühe <strong>und</strong> deren<br />
Nachkommen erhöht.<br />
Fütterung <strong>und</strong> Haltung der Rinder<br />
Von März bis Mai 2006 waren die Rinder noch im großen Laufstall neben <strong>dem</strong><br />
Trainingsraum eingestallt, bevor sie dann auf die Weide kamen. Gefüttert wurden sie<br />
ausschließlich mit Luzerneheu, Silage <strong>und</strong> gutem Gerstenstroh. Die Kälber knabberten von<br />
Beginn an am Heu herum, aber Hauptnahrungsmittel war naturgemäß lange Zeit die<br />
Muttermilch.<br />
Ab <strong>dem</strong> Überstellen auf die Weide war <strong>und</strong> ist keinerlei Zufütterung mehr notwendig. Die<br />
ausreichende Wasserversorgung der Rinder wurde bereits in den ersten Monaten mit einem<br />
2000 Liter Wasserbehälter dauerhaft sichergestellt. Die Tiere benötigen vor allem in der<br />
heißen Jahreszeit große Mengen an Trinkwasser (bis zu 40 Liter pro Kuh <strong>und</strong> Tag). Da diese<br />
Art der Wasserversorgung nicht winterfest war, haben wir mit Hilfe eines Wünschelruten-<br />
Gehers eine Wasserader mit gutem Wasser in ausreichender Menge gesucht <strong>und</strong> gef<strong>und</strong>en.<br />
Die Tiere können nun mit einer frostsicheren Weidepumpe den Bedarf an Trinkwasser<br />
ganzjährig selbstständig decken.<br />
Die Mineralstoffversorgung ist ein wesentlicher Bestandteil einer artgerechten Fütterung. Das<br />
lässt sich am einfachsten mit einem großen, wetterfesten Behältnis sicherstellen. Die Tiere<br />
haben so jederzeit freien Zugang zur Mineralstoffmischung <strong>und</strong> Mineralsteinen.<br />
Die Gr<strong>und</strong>futterration im Winter besteht wieder aus Luzerneheu, Silage <strong>und</strong> Gerstenstroh.<br />
Wichtig ist auch, dass immer mehr Fressplätze zur Verfügung stehen als Tiere gehalten<br />
werden. Denn hier gilt ebenfalls: auch die rangniederen Tiere müssen die Möglichkeit haben,<br />
ungestört fressen zu können.
4.2 Arbeitsmaterialien für den Einsatz bei <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Pädagogik</strong><br />
(Maria Summerer)<br />
26<br />
Bei unserer Förderarbeit sind die Tiere das Wichtigste. Allerdings gibt es eine Vielzahl an<br />
Dingen <strong>und</strong> Materialien, die wir bei unserer Arbeit zusätzlich brauchen <strong>und</strong> verwenden<br />
können, denen zweifelsfrei auch eine wichtige Bedeutung zukommt.<br />
Hier ist eine <strong>Aus</strong>wahl an Dingen <strong>und</strong> Arbeitsmaterialien aufgelistet, mit denen wir in der<br />
Praxis immer wieder arbeiten. Der Phantasie sind aber keine Grenzen gesetzt. Man kann aus<br />
„Allem <strong>und</strong> Nichts“ etwas machen. Und je kreativer man bei der Gestaltung ist, umso<br />
abwechslungsreicher <strong>und</strong> spannender wird der Arbeitsprozess.<br />
4.2.<strong>1.</strong> Arbeitsmaterialien für die Arbeit mit den Ziegen<br />
Folgende Dinge haben sich in der Praxis vielfach bewährt:<br />
� Halsbänder, verschiedene Farben (jedes Tier hat sein eigenes Halsband)<br />
� dazu passende Leinen<br />
� Bürsten<br />
� Bürsthandschuh<br />
� verschiedene Bälle ( groß- klein, weich – hart, rauh – weich )<br />
� Leintuch ( Tischlein deck dich )<br />
� Seile<br />
� Hol<strong>und</strong>erstauden, Tannenzweige zum Locken<br />
� Holzkisten für unseren so genannten „Barfußlehrpfad“ mit unterschiedlicher<br />
Befüllung<br />
� Greifsäcke mit verschiedenen Materialien gefüllt<br />
� Milchwagen/Handwagen<br />
� Baumstämme zum Sitzen ( Sitzauflagen )<br />
� Strohballen<br />
� Äpfelpflücker <strong>und</strong> verschiedene andere Arbeitsgeräte ( Schaufeln, Rechen, Scheren,..)<br />
� Tontöpfe
� Ballpool (Holzrahmen 1,4 m im Quadrat, gefüllt mit kleinen, weichen Bällen)<br />
� Weidenkugeln<br />
Abb.2: Ballpool Abb.3: Weidenkugel<br />
4.2.2 Arbeitsmaterialien für die Arbeit mit den Minischweinen<br />
� Brustgeschirr<br />
� Leinen<br />
� Bürsten<br />
� kleiner Leiterwagen<br />
� Holzwippe<br />
27<br />
� Tunnel (Pop-Up-Tunnel aus <strong>dem</strong> Spielwarenfachhandel)<br />
� Brotstück, Rosinen, Mais<br />
� Clicker<br />
� Futtertasche (Bauchtasche)<br />
� Bälle<br />
� Fliegenklatsche<br />
� Futterschüssel
Abb.4: Schweinchen im Tunnel Abb.5: Schweinchen mit Ball<br />
4.3 Das erste Praxisjahr (2005)<br />
28<br />
Wie bereits erläutert startete nach allen Vorbesprechungen, der Bedarfserhebung <strong>und</strong> der<br />
Gruppeneinteilung Anfang Juni 2005 das erste Praxisjahr mit einer Kennenlern- <strong>und</strong><br />
Schnupperst<strong>und</strong>e.<br />
4.3.1 Standardablauf eines Projekttages<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
So wie es für jede Zielgruppe wichtig ist, so ist es auch speziell für Menschen mit<br />
Behinderung wichtig, die Projekttage immer gleich zu gestalten. So haben sie einen Fixpunkt<br />
<strong>und</strong> klare Strukturen zur Orientierung.<br />
Um den reibungslosen Transport der KlientInnen mit <strong>dem</strong> Kleinbus der Behindertenhilfe<br />
gewährleisten zu können, einigten wir uns auf den Dienstag als geeigneten Projekttag.<br />
Auch im Hinblick auf die handelnden Personen ist besonders bei behinderten Menschen<br />
Kontinuität nötig, <strong>und</strong> um die teilnehmenden KlientInnen keinem unnötigen Stress<br />
auszusetzen, wurde ein fixes Betreuungsteam zusammengestellt, welches die<br />
TeilnehmerInnen während des ganzen Jahres begleitete. Dieses Team bestand aus folgenden<br />
Personen:<br />
� DSA Dipl.-Ing. Silke Scholl / ÖKL
� Dipl.-Ing. Gerlinde Grall / ÖKL<br />
� Martina Holzinger-Neulinger / Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg<br />
29<br />
� Beate Haas-Geltl / Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg<br />
� Maria Summerer / Landwirtschaft Summerer<br />
� Hermi Summerer / Landwirtschaft Summerer<br />
� Zwei PraktikantInnen vom TAT („Tiere als <strong>Therapie</strong>“) Universitätslehrgang zur<br />
wissenschaftlichen Dokumentation<br />
Nach<strong>dem</strong> die Verantwortung für den therapeutischen Teil der Einheiten an Silke Scholl <strong>und</strong><br />
die Verantwortung für den pädagogischen Teil an Maria Summerer übertragen wurde, legten<br />
wir einen standardisierten Tagesablauf fest.<br />
Diese erschien uns notwendig, um sowohl die Effizienz der <strong>Therapie</strong>einheiten zu garantieren<br />
als auch <strong>dem</strong> Bedürfnis der KlientInnen nach Kontinuität zu entsprechen. Uns war allerdings<br />
klar, dass unsere Planung flexibel sein musste, um auf abweichende Bedürfnisse der<br />
Anvertrauten adäquat reagieren zu können. Wie sich bald herausstellte, war dies im Hinblick<br />
auf den Ablauf der <strong>Therapie</strong>einheiten rasch nötig, da die ursprüngliche Vorgehensweise nicht<br />
praktikabel war.<br />
Der erste Entwurf eines Tagesablaufes sah folgendermaßen aus:<br />
� Treffen der Betreuerinnen der Behindertenhilfe in Oberrohrbach um 08:30 Uhr<br />
� Vorbereitung der Lunchpakete in der Großküche unter Mithilfe des Küchenpersonals<br />
� Abholung der TeilnehmerInnen aus ihren Betreuungsgruppen<br />
� Abfahrt zum Bauernhof Summerer mit <strong>dem</strong> betriebseigenen Kleinbus um 9:30h<br />
Abb.6: Kleinbus der Behindertenhilfe<br />
� Ankunft der TeilnehmerInnen <strong>und</strong> Betreuerinnen am Bauernhof um 10:00h
30<br />
� Begrüßung durch die beiden Vertreterinnen des ÖKL <strong>und</strong> die Familie Summerer<br />
� Gemeinsamer Gang zum Ziegenstall, wo die TeilnehmerInnen die Ziegen begrüßen,<br />
die Tiere streicheln <strong>und</strong> bürsten bzw. ihnen die Halsbänder <strong>und</strong> Leinen anlegen<br />
� Teilung der Gruppe der Anvertrauten in eine <strong>Therapie</strong>gruppe <strong>und</strong> eine<br />
<strong>Pädagogik</strong>gruppe, wobei diese Gruppen jeweils nach <strong>dem</strong> Mittagessen wechseln<br />
� Gang der <strong>Therapie</strong>gruppe mit den Ziegen zu der <strong>Therapie</strong>koppel, bei Schlechtwetter in<br />
den <strong>Therapie</strong>stall<br />
� Gang der <strong>Pädagogik</strong>gruppe zu der jeweils geplanten Stätte der pädagogischen<br />
Tagesaktivität<br />
� Dauer der Vormittagseinheit ca. eine St<strong>und</strong>e, danach Rückkehr zum Sammelplatz im<br />
Hof<br />
� Vorbereitung des gemeinsamen Mittagessens, je nach Witterung im Freien oder im<br />
Aufenthaltsraum im Keller, Händewaschen etc.<br />
� Mittagessen sämtlicher TeilnehmerInnen <strong>und</strong> des gesamten Teams<br />
� Gruppentausch wie bereits oben erwähnt<br />
� Nach Beendigung der Nachmittagseinheit begleitete Rückkehr der <strong>Therapie</strong>ziegen in<br />
den Stall, erneutes Treffen aller Teilnehmer am Sammelplatz<br />
� Verabschiedung<br />
� Rücktransport der Anvertrauten in die jeweilige Tagesheimgruppe durch eine der<br />
beiden Betreuerinnen aus Oberrohrbach<br />
� Nachbesprechung, Dokumentation <strong>und</strong> Supervision des restlichen Teams am<br />
Bauernhof Summerer<br />
Nach den ersten Projekttagen stellte sich allerdings heraus, dass die Unterteilung in zwei<br />
Gruppen nicht den gewünschten Effekt erzielte. Wir hatten uns eigentlich erwartet, dass die<br />
Kleingruppe ein intensiveres Arbeiten mit den einzelnen Teilnehmern ermöglichen sollte.<br />
Tatsächlich jedoch schien die Unterteilung zu bewirken, dass jedes Mal ein signifikantes<br />
Leistungsgefälle zwischen den Gruppen zu beobachten war. Trotz unserer Bemühungen dies<br />
zu ergründen, gelang es uns nicht, die Ursachen dafür heraus zu finden. Daher entschlossen<br />
wir uns, die Unterteilung ganz aufzugeben <strong>und</strong> zuerst die <strong>Therapie</strong>- <strong>und</strong> nach der<br />
Mittagspause die <strong>Pädagogik</strong>einheit immer mit der ganzen Gruppe zu absolvieren. Dies erwies
31<br />
sich letztlich als sehr gute Entscheidung, da wir damit das Engagement der Einzelpersonen in<br />
etwa annähern konnten.<br />
4.3.<strong>1.</strong>1 Standardablauf der <strong>Therapie</strong>-Einheit<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
Der Ablauf bis zum Eintreffen auf <strong>dem</strong> Bauernhof blieb unverändert.<br />
Nach der Begrüßung startete dann mit der gesamten Gruppe die <strong>Therapie</strong>einheit. Der Ablauf<br />
dieser Einheit war standardisiert, nur die Spiele waren inhaltlich verschieden <strong>und</strong> beliebig<br />
variabel.<br />
Der Ablauf gestaltete sich wie folgt:<br />
� Begrüßung der Ziegen im Stall: streicheln, bürsten, Halsbänder anlegen, anleinen<br />
� die Ziegen bei Schönwetter auf die Koppel <strong>und</strong> bei Schlechtwetter in den <strong>Therapie</strong>stall<br />
führen<br />
� sammeln im Sitzkreis (Baumstämme oder Strohballen) <strong>und</strong> Ziegennamen <strong>und</strong><br />
Merkmale besprechen<br />
� Durchführung verschiedener Spiele mit den Ziegen<br />
� Abschlussspiel <strong>und</strong> danach Ziegen anleinen<br />
� die Ziegen zurück in den Stall führen<br />
4.3.<strong>1.</strong>2 Standardablauf in der Mittagspause<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
Da die Nahrungsaufnahme aus der Erfahrung der Betreuerinnen der Behindertenhilfe einen<br />
besonderen Stellenwert im Leben von Menschen mit besonderen Bedürfnissen einnimmt,<br />
erschien es uns ebenfalls von Wichtigkeit, diesem Umstand Rechnung zu tragen. Daher<br />
entschlossen wir uns bei der <strong>Aus</strong>wahl der Lebensmittel Rücksicht auf die jeweiligen<br />
Vorlieben der Teilnehmer zu nehmen. Dies erscheint möglicherweise unwichtig, kann aber<br />
den Erfolg der therapeutischen <strong>und</strong> pädagogischen Maßnahmen entscheidend beeinflussen.
Der <strong>Therapie</strong>einheit folgte das Mittagspausen-Ritual mit immer <strong>dem</strong> gleichen Prozedere:<br />
� auf das WC gehen <strong>und</strong> Hände waschen<br />
32<br />
� Versammeln beim Mittagstisch (bei Schönwetter im Hof, bei Schlechtwetter im<br />
Aufenthaltsraum)<br />
� gemütliches Beisammensitzen bei Speis <strong>und</strong> Trank<br />
� plaudern <strong>und</strong> einstimmen auf den folgenden <strong>Pädagogik</strong>teil<br />
4.3.<strong>1.</strong>3 Standardablauf der <strong>Pädagogik</strong>-Einheit<br />
(Maria Summerer)<br />
Um den Bogen r<strong>und</strong> zu machen, folgte nach der Mittagspause immer noch eine<br />
<strong>Pädagogik</strong>einheit. Diese war formal <strong>und</strong> inhaltlich nicht so streng reglementiert wie die<br />
<strong>Therapie</strong>-Einheit. Hier ging er vor allem darum, mit den Tieren das Umfeld Bauernhof <strong>und</strong><br />
den Wandel der Jahreszeiten bewusst in seiner ganzen Vielfalt zu erleben. Deshalb nannten<br />
wir diesen Teil des Projekttages auch oft Erlebnis-Einheit.<br />
Der Ablauf gestaltete sich wie folgt:<br />
� je nach Wetterlage entschieden wir uns für ein Programm (es wurde als Alternative<br />
zum Schönwetter- für alle Fälle immer auch ein Schlechtwetter-Programm vorbereitet)<br />
� es wurde dann erklärt, was passiert (wohin wir gehen, was wir machen <strong>und</strong> warum …)<br />
<strong>und</strong> jeder Person wurde – je nach Fähigkeit <strong>und</strong> Vorliebe – eine Aufgabe <strong>und</strong><br />
Verantwortung zugeteilt (z.B. eine Ziege an der Leine führen, ein Arbeitsgerät tragen<br />
etc.)<br />
� danach setzten wir unser Vorhaben gemeinsam um<br />
� wir räumten schließlich wieder auf oder kehrten von unserem <strong>Aus</strong>flug zurück<br />
� <strong>und</strong> zuletzt fand die Verabschiedung statt
4.3.2 Die Projekttage<br />
33<br />
Auf die Zielgruppe, die <strong>Aus</strong>wahl der TeilnehmerInnen, den Förderbedarf, St<strong>und</strong>enaufbau etc.<br />
wird im Kapitel 6 konkret eingegangen. An dieser Stelle der Arbeit wird daher vorerst<br />
Allgemeines zu den Projekttagen gesagt.<br />
4.3.2.1 Gr<strong>und</strong>sätzliches zu den <strong>Therapie</strong>einheiten<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
Die Herausforderung bei der Arbeit mit den KlientInnen <strong>und</strong> den <strong>Therapie</strong>ziegen besteht<br />
darin, den <strong>Therapie</strong>teilnehmerInnen einerseits – so vorhanden – die Scheu vor den Tieren zu<br />
nehmen <strong>und</strong> andererseits eine effiziente Form der Begegnung zwischen Tier <strong>und</strong> Mensch zu<br />
finden, um einen positiven therapeutischen Effekt daraus zu erzielen. Die entsprechenden<br />
Programme dafür wurden uns von DSA Dipl.-Ing. Silke Scholl zur Verfügung gestellt.<br />
Hauptaugenmerk dabei liegt auf <strong>dem</strong> spielerischen Umgang <strong>und</strong> der wohlüberlegten<br />
Zielsetzung, um zu verhindern, dass die TeilnehmerInnen überfordert werden oder mit<br />
Ablehnung reagieren.<br />
Wie bereits erwähnt, beginnt der Tag am Bauernhof immer mit der Begrüßung. Da dies im<br />
Falle einer therapeutischen Maßnahme nicht nur ein Formalismus ist, sondern bereits dieser<br />
Punkt zur Maßnahme selbst gehört, werden auch die Ziegen in die Begrüßung mit<br />
einbezogen. Nach<strong>dem</strong> die Ziegen versehen mit Halsbändern <strong>und</strong> Leinen auf der Koppel bzw.<br />
im <strong>Therapie</strong>stall angelangt sind, beginnt der eigentliche <strong>Therapie</strong>teil. Vorerst setzten sich die<br />
TeilnehmerInnen im Kreis auf Strohballen oder Baumstämme <strong>und</strong> beginnen gemeinsam mit<br />
<strong>dem</strong> Team das so genannte “Ziegennamentheater”. Dabei stellt jeder Teilnehmer<br />
pantomimisch die besonderen Eigenheiten der Ziegen dar unter gleichzeitiger, mehrmaliger<br />
Nennung des Ziegennamens. Das macht den TeilnehmerInnen Spaß <strong>und</strong> soll helfen, sich die<br />
Ziegennamen <strong>und</strong> Merkmale einzuprägen. Es sind folgende vier Ziegen, die unser Team<br />
bereichern:<br />
� FELIX ist unser einziger Ziegenbub, er hat einen Ziegenbart, was von den<br />
Anvertrauten durch abwärts Streichen am Kinn pantomomisch dargestellt wird.
34<br />
� WEDELCHEN wedelt häufig mit <strong>dem</strong> Schwanz <strong>und</strong> hat als einzige <strong>Therapie</strong>ziege<br />
Hörner, daher werden sowohl das Wedeln des Schwanzes durch wackeln mit <strong>dem</strong><br />
Hinterteil als auch die Hörner mit den Fingern auf <strong>dem</strong> Kopf dargestellt.<br />
� HANNI hat Hautlappen am Hals, die von uns zur besseren Vorstellung für die<br />
Anvertrauten als „Glöckchen“ bezeichnet werden. Diese werden dargestellt, in<strong>dem</strong> mit<br />
den Händen unterhalb des Kinns Pendelbewegungen gemacht werden.<br />
� FLECKI hat im Gegensatz zu den anderen Ziegen vorerst keinerlei besondere<br />
Merkmale. Aber nach<strong>dem</strong> eine Ohrmarkierungs-Marke ausreißt, hat auch Flecki ein<br />
Merkmal, nämlich ein eingerissenes Ohr, <strong>und</strong> die Anvertrauten greifen sich mit der<br />
Hand auf ein Ohr, um das darzustellen.<br />
Danach werden mit den Ziegen verschiedene Spiele durchgeführt. Für die Spiele können<br />
ergänzend verschiedene Materialien hergenommen werden. Es gibt Kreisspiele, eher statische<br />
Spiele, oder sehr bewegte Spiele, die eine große räumliche <strong>Aus</strong>dehnung haben. Es gibt<br />
Übungen, die jede Person für sich machen kann, es gibt Partnerübungen, <strong>und</strong> natürlich gibt es<br />
auch Gruppenspiele. Jedes Spiel <strong>und</strong> jede Übung kann natürlich abgewandelt <strong>und</strong> vielfach<br />
variiert werden, je nach Bedarf <strong>und</strong> Zielsetzung. Der Phantasie sind hierbei keine Grenzen<br />
gesetzt. Das ÖKL hat – herausgegeben von Silke Scholl – eine <strong>Aus</strong>wahl von Spielen <strong>und</strong><br />
Übungen in einem so genannten „Spielekatalog Ziegen“ zusammengefasst. „Spielekataloge“<br />
vom ÖKL gibt es übrigens nicht nur für Ziegen, sondern auch für andere landwirtschaftliche<br />
Nutztierarten.<br />
<strong>Aus</strong> Gründen der Urheberrechte ist es uns nicht möglich, diesen „Spielekatalog Ziegen“ im<br />
Anhang dieser Arbeit zu veröffentlichen. Bei Interesse kann dieser aber beim ÖKL direkt<br />
angefordert werden unter:<br />
Österreichisches Kuratorium für Landtechnik <strong>und</strong> Landentwicklung<br />
A-1040 Wien, Gußhausstr.6<br />
Tel: (+43-1) 505 18 91<br />
Fax: (+43-1) 505 18 91-16<br />
office@oekl.at<br />
http://www.oekl.at
35<br />
BILDTAFEL 1 - THERAPIESPIELE<br />
Abb.7: Ballspiel Abb.8: Slalomspiel<br />
Abb.9: Ziegennamentheater<br />
Abb.10: Zugspiel 1 Abb.11: Zugspiel 2
36<br />
4.3.2.2 Gr<strong>und</strong>sätzliches zu den <strong>Pädagogik</strong>einheiten<br />
(Maria Summerer)<br />
Die Gestaltung der Erlebnispädagogik-Einheiten sowie alle dafür notwendigen<br />
Vorbereitungen fallen in den Zuständigkeitsbereich der Landwirtin. Diese muss sich bereits<br />
vorher gedanklich damit auseinander setzten, welche Aktivitäten sie am Projekttag anbieten<br />
möchte.<br />
Ein besonderes Anliegen ist ihr dabei immer, die Aktivitäten in einen jahreszeitlichen <strong>und</strong><br />
bäuerlichen Kontext zu stellen, so viel Zeit wie möglich in der Natur zu verbringen <strong>und</strong> die<br />
Früchte der Natur gemeinsam mit den KlientInnen sinn- <strong>und</strong> lustvoll zu verarbeiten. Und<br />
natürlich werden auch stets die Tiere bei den Aktivitäten in irgendeiner Form miteinbezogen.<br />
Es ist unbedingt ratsam, sich auch ein Ersatzprogramm für Schlechtwetter zu überlegen, da<br />
viele Aktivitäten wetterabhängig sind <strong>und</strong> bei Regen z.B. nicht durchgeführt werden können.<br />
In je<strong>dem</strong> Fall sind aber verschiedenste Vorbereitungen zu treffen.<br />
Bereits am Vortag:<br />
� Arbeitsmaterialien besorgen <strong>und</strong> herrichten<br />
� Gründliches säubern <strong>und</strong> ausmisten des Ziegen- <strong>und</strong> Schweinestalles (Hygiene,<br />
Geruchsbelästigung)<br />
� Intensives einstreuen, Gang kehren, Hof kehren<br />
� mögliche Gefahrenquellen beseitigen (Leitern, Gegenstände, Versperren von<br />
Kammern)<br />
� Trainingsraum säubern, Strohballen für Sitzgelegenheit herrichten<br />
� Keller zusammenräumen<br />
� Waschraum säubern, frische Handtücher bereitstellen, WC reinigen<br />
� Tische <strong>und</strong> Bänke für Jause herrichten<br />
Am <strong>Therapie</strong>tag:<br />
� sich mit <strong>dem</strong> geplanten Programm der Betreuerinnen vertraut machen, welches immer<br />
spätestens am Vorabend per eMail kommt<br />
� <strong>dem</strong>entsprechend Arbeitsmaterialien für <strong>Therapie</strong> herrichten
37<br />
� Bürsten <strong>und</strong> Leinen an den vorgesehenen Platz legen<br />
� Wasserkübel für Tiere auf <strong>Therapie</strong>weide bereitstellen<br />
� Getränke für die Begrüßung <strong>und</strong> Jause herrichten (Saft, Tee)<br />
� im Hochsommer Sonnencreme herrichten<br />
4.3.2.3 Beispiele zur Gestaltung einer <strong>Pädagogik</strong>einheit<br />
� Kresseanbau:<br />
Benötigtes Material: für jeden Teilnehmer einen Tontopf, Erde, Kressesamen, Gießkanne mit<br />
Wasser;<br />
In einem großflächigen Behältnis pflanzen zuerst alle gemeinsam Kresse für die Ziegen an,<br />
um in der Woche darauf die Ziegen damit zu füttern.<br />
Jede/r TeilnehmerIn erhält dann einen kleinen Tontopf, der mit seinem Namen versehen ist.<br />
Zuerst wird eine Tonscherbe über das Loch des Blumentopfes gelegt <strong>und</strong> dann den Topf mit<br />
Hilfe einer kleinen Schaufel mit Erde befüllt, die wir oben glatt streifen. Mit den<br />
Fingerspitzen streuen wir vorsichtig <strong>und</strong> gleichmäßig Kressesamen auf die lockere Erde, was<br />
für Einige aufgr<strong>und</strong> ihrer feinmotorischen Defizite eine ziemliche Herausforderung darstellt.<br />
� Barfußlehrpfad:<br />
Holzkisten (60cm x 60cm) gefüllt mit Gerste, Maiskörnern, Sand, Schotter, Rindenmulch,<br />
Schafwolle <strong>und</strong> Sägespänen werden hintereinander in einer Reihe aufgestellt. Barfüßig<br />
werden die TeilnehmerInnen (wer möchte bzw. sich traut auch mit verb<strong>und</strong>enen Augen)<br />
durch die Kisten gelotst.<br />
Abb.12: Barfußlehrpfad
38<br />
Diese Übung bedarf mehrmaliger Wiederholungen, um den TeilnehmerInnen das nötige<br />
Vertrauen <strong>und</strong> Sicherheit zu geben. Dabei sind sie gefordert zu beschreiben, was sie spüren<br />
(hart-weich, kantig-r<strong>und</strong>, kalt-warm, grob-fein, klein-groß, angenehm-unangenehm etc.).<br />
Die Teilnehmer wählen ihre Lieblingskiste <strong>und</strong> sollen ihre Wahl erklären.<br />
Eine Variation dieses Erlebnisses kann sein: die Holzkisten werden nebeneinander auf Tische<br />
gestellt, um sie dann ordentlich mit den Händen (<strong>und</strong> ebenfalls verb<strong>und</strong>enen Augen) zu<br />
durchwühlen <strong>und</strong> die Materialien zur erraten <strong>und</strong> beschreiben.<br />
� Greifsäcke:<br />
Kleine Jutesäcke werden mit Kartoffeln, Getreide, einer Ziegenbürste, Heu, einer Ziegenleine,<br />
Sand, Kieseln, Stroh <strong>und</strong> Schafwolle gefüllt. Die TeilnehmerInnen greifen in die Säcke (ohne<br />
dabei hinein zu sehen) <strong>und</strong> versuchen die verschiedenen Materialien zu erkennen <strong>und</strong> einen<br />
Zusammenhang zu den Tieren herzustellen (Was kann man für die Pflege der Tiere<br />
verwenden? Was ist das Lieblingsfutter der Ziegen?)<br />
� Füttern der Ziegen:<br />
Die TeilnehmerInnen bringen den Ziegen frisches Heu. Wir nehmen das Heu mit all unseren<br />
Sinnen wahr <strong>und</strong> versuchen es zu beschreiben (grob-fein, wohlriechend …). Im Gespräch<br />
wird versucht, die anderen Futtermittel der Ziegen (wie Wasser, Salzsteine, Mineralsteine) zu<br />
erraten <strong>und</strong> zu benennen. Um die Tiere mit Wasser zu versorgen, müssen die<br />
TeilnehmerInnen erst den Wasserbehälter reinigen, auffüllen <strong>und</strong> ihn dann zu den Tieren<br />
bringen.<br />
� Kleine Materialk<strong>und</strong>e:<br />
Alle Übungs- <strong>und</strong> Arbeitsmaterialien werden an ihrem eigenen, fixen Platz aufbewahrt. Die<br />
TeilnehmerInnen werden aufgefordert, sich die Materialien (Bürste, Leinen, Halsbänder)<br />
einerseits <strong>und</strong> deren Aufbewahrungsort andererseits zu merken <strong>und</strong> das zu reflektieren.<br />
Weiters hat jede Ziege ein andersfarbiges Halsband (Wedelchen: einfärbig rot, Felix: rot<br />
gemustert, Hanni: schwarz gemustert, Flecki: blau gemustert). Fragespiele wie „Welche<br />
Farbe hat das Halsband vom Felix?“ können gespielt werden. Eine gute Übung zum
39<br />
trainieren der motorischen Fähigkeiten ist das Anlegen der Halsbänder, was mit den<br />
Anvertrauten immer wieder im „Trockentraining“ ohne Ziegen geübt wird.<br />
� Sonnenblumenfeld besichtigen:<br />
Gemeinsamer Spaziergang zum Sonnenblumenfeld. Die TeilnehmerInnen betrachten die<br />
Sonnenblumen. Manche sind noch klein <strong>und</strong> verschlossen, manche schon voll aufgeblüht oder<br />
sogar schon verblüht <strong>und</strong> braun, prall gefüllt mit den Kernen. Wir riechen daran (lustiges<br />
Erlebnis mit „gelber Nase“), wir beobachten Bienen <strong>und</strong> Schmetterlinge. Es wird über die<br />
verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten der Sonnenblumen gesprochen. Die<br />
TeilnehmerInnen dürfen sich Blumen aussuchen, sie abschneiden <strong>und</strong> mit heim nehmen. Das<br />
Betrachten eines blühenden Sonnenblumenfeldes ist etwas für die Seele, es löst bei allen<br />
positive Gefühle <strong>und</strong> eine entspannte Stimmung aus.<br />
� Schafe besuchen:<br />
Beim Spaziergang zur Schafweide benützen wir einen ruhigen Feldweg, der von den<br />
verschiedensten Wildblumen eingesäumt ist. Da unsere Schafe sehr gut sozialisiert sind,<br />
werden wir von diesen fre<strong>und</strong>lich erwartet <strong>und</strong> empfangen. Wir füttern sie mit Gras <strong>und</strong><br />
nehmen dabei Körperkontakt auf. Die TeilnehmerInnen greifen in das Fell, welches sich<br />
weich, warm <strong>und</strong> fettig anfühlt. Das löst bei vielen positive Emotionen <strong>und</strong> Freude aus. Wir<br />
versuchen auf das unterschiedliche Alter <strong>und</strong> die Größe der Tiere hinzuweisen <strong>und</strong><br />
Unterscheidungsmerkmale festzustellen.<br />
� Kürbisanbau im Blumentopf:<br />
Die TeilnehmerInnen bekommen einen mit ihrem Namen beschrifteten Blumentopf. In diesen<br />
geben wir Blumenerde, stecken den Kürbissamen <strong>und</strong> gießen ihn ein. Die TeilnehmerInnen<br />
nehmen diese Blumentöpfe mit nachhause, mit der Aufgabe, sie fleißig zu gießen <strong>und</strong> die<br />
weitere Entwicklung zu beobachten. Es bereitet immer Freude, wenn die TeilnehmerInnen<br />
Sachen vom Bauernhof mit nach Hause nehmen <strong>und</strong> den Eltern zeigen können. Außer<strong>dem</strong><br />
können sie zu einem späteren Zeitpunkt berichten, was aus „ihren“ Samen geworden ist.
40<br />
� Kürbis <strong>und</strong> Zuckermais Anbau im Hausgarten:<br />
Gemeinsam wird mit den mitgenommenen Arbeitsgeräten (Schaufel, Rechen) das Beet<br />
hergerichtet <strong>und</strong> die Samen in eine selbstgezogene Reihe abgelegt <strong>und</strong> von Hand wieder<br />
zugedeckt. Beim Handbrunnen wird mit Begeisterung Wasser gepumpt <strong>und</strong> mit einer<br />
Gießkanne auf die Samen gegossen.<br />
Beim Anbau von Kürbis <strong>und</strong> Mais im Hausgarten wird die Möglichkeit gegeben, das<br />
Wachsen der Pflanzen bis hin zur Ernte zu beobachten. Kürbis <strong>und</strong> Mais eignen sich sogar<br />
besonders gut, da beide Pflanzen sehr schnell wachsen <strong>und</strong> wir später die Früchte ernten <strong>und</strong><br />
selbst verzehren können, was für alle eine tolle Motivation darstellt.<br />
� Futter heimbringen <strong>und</strong> Kühe füttern:<br />
Wir fahren ausgerüstet mit Schiebetruhe <strong>und</strong> Schubkarren, Heugabel <strong>und</strong> Rechen zur nahe<br />
gelegenen Wiese. Dort ist das Gras bereits abgemäht. Die TeilnehmerInnen beteiligten sich je<br />
nach Möglichkeit beim Zusammenrechen <strong>und</strong> Aufladen (mit der Heugabel oder mit den<br />
Händen). Es entsteht dabei ein richtiges Teamwork (zusammenrechen, Schiebetruhe halten,<br />
aufladen, festdrücken ...). Das Heimbringen der vollgefüllten Schiebetruhe erfordert sehr viel<br />
Geschick.<br />
Abb.13: Gras aufladen Abb.14: Gras führen<br />
Anschließend werden damit die Rinder gefüttert. So ist für die Anvertrauten der direkte<br />
Bezug ihres Handelns <strong>und</strong> des daraus resultierenden Nutzens klar erkennbar. Und außer<strong>dem</strong><br />
macht es Freude, den Tieren beim genussvollen Verzehr des frischen Grases zuzusehen.
41<br />
� Melissensaft (Holl<strong>und</strong>erblütensaft) herstellen:<br />
Abb.15: Kühe füttern<br />
Gemeinsam pflücken wir Melisseblätter im Hausgarten. Durch Reiben der Blätter zwischen<br />
den Fingern kann man den angenehmen Geruch der Melisse besonders intensiv wahrnehmen.<br />
Nach <strong>dem</strong> Waschen der Blätter setzten wir gemeinsam den Saft an. Zucker in Wasser<br />
einrühren, Zitronensäure beifügen, Zitronen schneiden, <strong>und</strong> zum Schluss die selbst<br />
gepflückten Melisseblätter einrühren. In der nächsten Einheit wird dann der selbst gemachte<br />
Saft verkostet. Genauso kann man das mit Hol<strong>und</strong>erblüten machen.<br />
� Besuch beim Damwildgehege:<br />
In unserer Nähe gibt es ein großes, neu angelegtes Damwildgehege. Wir fahren mit <strong>dem</strong> Bus<br />
hin <strong>und</strong> unternehmen dort eine Wanderung um das Gehege. Das Gehege besteht zum einen<br />
Teil aus Ackerfläche, zum anderen Teil aus Eichenwald. Das Gelände ist sehr hügelig, zum<br />
Teil sehr stark abfallend, der Weg der um das Gehege führt aber gut begehbar <strong>und</strong> ca. 1km<br />
lang.<br />
Es ist beeindruckend zu beobachten, wie sich die TeilnehmerInnen bei diesem für sie<br />
teilweise beschwerlichen Marsch gegenseitig führen <strong>und</strong> helfen.
� Spiele mit Paula <strong>und</strong> Susi<br />
42<br />
Ein gutes Schlechtwetterprogramm ist die Beschäftigung mit den Minischweinen Susi <strong>und</strong><br />
Paula, weil diese Spiele prinzipiell im Trainingsraum abgehalten werden. Hier eine <strong>Aus</strong>wahl<br />
an möglichen Spielen:<br />
� Leiterwagen fahren <strong>und</strong> dabei die Schweine bürsten<br />
� Schweinchen über die ausgestreckten Füße springen lassen<br />
� Slalom mit Paula <strong>und</strong> Susi<br />
� Schweine füttern<br />
� Schweine durch die gegrätschten Beine durchlocken<br />
� Verschiedene Ballspiele<br />
Bei diesen Spielen wird besonderes Augenmerk darauf gelegt, dass sich die TeilnehmerInnen<br />
aktiv daran beteiligen.<br />
� Lämmer besuchen <strong>und</strong> versorgen<br />
Abb.16: Fahrt mit <strong>dem</strong> Leiterwagen<br />
Die zugekauften Lämmer werden drei Mal täglich mit einer speziellen Lämmermilch<br />
gefüttert. Die TeilnehmerInnen freuen sich immer, wenn sie bei einer Fütterung dabei sein<br />
dürfen. Die kleinen „knuddeligen“ Tiere lösen bei allen viele <strong>und</strong> durchwegs positive<br />
Emotionen aus. Natürlich werden die Lämmer auch gestreichelt <strong>und</strong> hochgehoben. Zum<br />
Abschluss bringen wir ihnen noch frisches Heu.
� „Tatort“ Rinderweide<br />
43<br />
Bereits auf den Weg zur Rinderweide pflückten wir saftigen Klee, mit <strong>dem</strong> wir dann die<br />
Rinder zu uns locken <strong>und</strong> füttern. Besonders bei unserem Kalb Sophie ist es gut möglich,<br />
Körperkontakt aufzunehmen <strong>und</strong> dass samtig weiche Fell zu spüren. Die <strong>Aus</strong>strahlung <strong>und</strong><br />
das Gemüt der Kühe sowie die angenehme Umgebung wirken sich beruhigend <strong>und</strong> positiv auf<br />
die TeilnehmerInnen aus.<br />
Abb.17: Rinder auf der Weide<br />
� Obst ernten<br />
Je nach Saison haben wir die Möglichkeit, in unseren Obstgärten die verschiedenen Früchte<br />
zu ernten <strong>und</strong> zu verkosten. Mit viel Freude <strong>und</strong> Spannung warten alle auf das Reifen der<br />
Kirschen, welche als erstes im Jahr reifen <strong>und</strong> besonders köstlich schmecken.<br />
Abb.18: Kirschenernte
44<br />
Für das Ernten der Birnen <strong>und</strong> Äpfel verwenden wir einen Obstpflücker. Es erfordert viel<br />
Geschick <strong>und</strong> <strong>Aus</strong>dauer, damit die reifen Früchte zu ernten. Aufgelockert wird das<br />
Geschehen, in <strong>dem</strong> wir Lieder wie z.B. „Spannenlanger Hansl“ singen.<br />
Die geernteten Früchte, die den Verarbeitungsprozess ungegessen überstehen, werden dann zu<br />
Kompott verarbeitet <strong>und</strong> anschließend verkostet.<br />
� Kartoffelernte<br />
Das Kartoffelfeld besuchen wir mehrere Male im Lauf des Jahres. Dabei können wir den<br />
jeweiligen Entwicklungsstand der Knollen beobachten <strong>und</strong> das Wachstum verfolgen. Wir<br />
verwenden dazu einen Spaten, manche aber graben die Kartoffeln lieber mit den bloßen<br />
Händen aus. Für viele ist es ein vollkommen neues Erlebnis, mit den Händen in der Erde zu<br />
wühlen <strong>und</strong> mit den Fingern die Kartoffeln herauszufischen. Besonders ein blinder<br />
Teilnehmer ist von diesen Eindrücken sehr berührt.<br />
Die Kartoffelernte ist ein Erlebnis für alle, gekrönt von der Tatsache, daß wir im Anschluss<br />
die Kartoffeln noch kochen <strong>und</strong> gemeinsam verspeisen: Erdäpfel mit Salz <strong>und</strong> Butter. Lecker!<br />
� Zwetschkenernte<br />
Abb.19: Erdäpfelernte<br />
Zum Einstimmen auf die Zwetschkenernte essen wir als Nachspeise am Ende der<br />
Mittagspause einen Zwetschkenfleck (ein Blechkuchen aus Germteig, der mit halbierten
45<br />
Früchten belegt <strong>und</strong> mit Streusel bedeckt wird). Bereits beim Verzehr bereite ich die<br />
TeilnehmerInnen auf unseren geplanten <strong>Aus</strong>flug vor. Mit unserem alten Milchwagen, auf den<br />
wir viele Kübel <strong>und</strong> eine lange Stange zum Schütteln des Baumes aufladen, wandern wir zum<br />
Obstgarten. Ein kräftiger Bursche schüttelt die Bäume, damit die reifen Früchte<br />
herunterfallen. Voller Eifer sammeln wir alle Zwetschken ein. Wieder daheim suchen wir die<br />
schönsten Früchte heraus, teilen <strong>und</strong> entkernen sie <strong>und</strong> belegen damit einen dafür<br />
vorbereiteten Germteig. Ein paar frische Zwetschken dürfen sich die TeinmehmerInnen mit<br />
heim nehmen. Und die restlichen Zwetschken bekommt Opa zum Schnaps brennen.<br />
� Spaziergang mit den Schweinchen<br />
Sehr oft nehmen wir Susi <strong>und</strong>/oder Paula zu unseren Aktivitäten mit. Dafür bekommen sie ein<br />
Brustgeschirr angelegt <strong>und</strong> werden angeleint. Die Schweinchen lieben diese <strong>Aus</strong>flüge über<br />
alles. Das Führen <strong>und</strong> Beobachten der Schweine <strong>und</strong> das Auf-Sie-Rücksicht-Nehmen ist für<br />
unsere TeilnehmerInnen eine sehr interessante <strong>und</strong> verantwortungsvolle Aufgabe. Das laute<br />
Schmatzen <strong>und</strong> die Freudensprünge der „Minis“ wirken außer<strong>dem</strong> belustigend <strong>und</strong> Herz<br />
erfrischend.<br />
Abb.20: Spaziergang mit Paula Abb.21: Grasen mit Paula
� Kürbisernte<br />
46<br />
Zur Kürbisernte fahren wir wieder mit unserer Schiebetruhe aus. Bei der Hinfahrt bekommen<br />
die Anvertrauten schon Informationen über die Verwendung unserer Kürbisse. Wir bauen die<br />
Sorte Hokkaido an, weil die sich besonders gut für cremige Suppen eignet <strong>und</strong> im<br />
Allgemeinen den Ruf als vorzüglicher Speisekürbis genießt. Jeder darf einen Kürbis von der<br />
Staude lösen <strong>und</strong> vorsichtig in unser Gefährt legen. Voller Vorfre<strong>und</strong>e auf die nächste Einheit,<br />
wo es dann eine Suppe zum Verkosten <strong>und</strong> die Kerne zum Knabbern geben gibt, fahren wir<br />
nach Hause. Wir schneiden noch eine Frucht auseinander, lösen die Kerne heraus <strong>und</strong> legen<br />
sie zum Trocknen auf. Es ist für viele ein interessantes <strong>und</strong> unvergessliches Erlebnis, die<br />
glitschigen Kerne aus <strong>dem</strong> Fruchtfleisch herauszulösen.<br />
� Basteln mit Kastanien <strong>und</strong> mit Maiskolben<br />
Wenn das Wetter einmal nicht so attraktiv für Outdoor-Aktivitäten ist, nutzen wir die Zeit, um<br />
lustige Sachen aus Naturmaterialien zu basteln. Mit Kastanien <strong>und</strong> Zahnstochern kann man<br />
die Tiere vom Bauernhof einfach nachbauen. Wieder etwas, was die KlientInnen dann mit<br />
heim nehmen können. Ebenso leicht zu basteln <strong>und</strong> wirklich lustig anzusehen sind die<br />
Maiskolbenpuppen.
47<br />
BILDTAFEL 2 - ERLEBNISBAUERNHOF<br />
Abb.22: Birnen pflücken Abb.23: Babykatze<br />
Abb.24: Brombeeren pflücken Abb.25: Brombeeren passieren<br />
Abb.26: Zuwendung <strong>und</strong> Berührung Abb.27: Spaziergang zur Schafweide
4.3.3 Das Praktizieren im Alltag<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
48<br />
Selbstverständlich war für uns interessant, wie sich die Teilnahme an diesem Projekt auf die<br />
KlientInnen, ihre Verhaltensweisen <strong>und</strong> ihre Position im Umfeld der Behindertenhilfe<br />
auswirken würde. Insbesondere die Teilbereiche Sozialverhalten, Sinneswahrnehmung <strong>und</strong><br />
Bewegung sind in der Behindertenarbeit von besonderer Bedeutung. In allen diesen Bereichen<br />
waren durchwegs positive <strong>Aus</strong>wirkungen festzustellen.<br />
Durch die regelmäßige Konfrontation mit der Gruppensituation in unterschiedlichster<br />
Dynamik lernten die TeilnehmerInnen, sich in einen vorgegebenen Ablauf zu integrieren <strong>und</strong><br />
schienen sich von Mal zu Mal mehr als Teil eines Ganzen zu verstehen.<br />
Die vielfältige Inanspruchnahme aller, oder besser gesagt aller verfügbaren Sinne, trug dazu<br />
bei, die Sinneswahrnehmung zu schärfen <strong>und</strong> zu sensibilisieren.<br />
Aber auch die Verschmutzung beim Umgang mit Tieren <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen<br />
unangenehmen Gerüche waren ein wichtiges Element in der Erweiterung der in vielerlei<br />
Hinsicht von Verboten <strong>und</strong> Geboten geprägten Welt von behinderten Menschen.<br />
Dass im Rahmen der Begegnung mit den Tieren, sowohl im Bereich der Versorgung <strong>und</strong><br />
Pflege als auch im Bereich der therapeutischen Spiele, der Mobilität jeder einzelnen Person<br />
besondere Bedeutung zukommt, liegt auf der Hand. Gerade bei behinderten Menschen<br />
resultiert mangelnde Mobilität oft nicht nur aus körperlichen Einschränkungen, sondern auch<br />
aus mangelnder Übung, Mangel an Bewegung oder diversen Ängsten. Somit erwies sich die<br />
wöchentliche Herausforderung bei den Besuchen am Bauernhof als wahres<br />
„Mobilitätsdoping“. All diese Umstände führten letztlich zu einer Bereicherung der<br />
Wahrnehmungswelt <strong>und</strong> somit zu einer Erhöhung der Lebensqualität der TeilnehmerInnen.<br />
Natürlich waren in einzelnen Fällen auch gegenteilige <strong>Aus</strong>wirkungen zu beobachten. In einem<br />
Fall führte die erhöhte Aufmerksamkeit, die den TeilnehmerInnen im Rahmen der Einheiten<br />
entgegengebracht wird dazu, dass eine Teilnehmerin dies auch in ihrem Arbeits- <strong>und</strong><br />
Wohnbereich vehement einforderte. Nach<strong>dem</strong> dies aber nicht zu erfüllen war, weil eine<br />
Sonderstellung <strong>und</strong> ausschließliche Einzelbetreuung in einem Sozialgefüge einer Einrichtung<br />
nicht möglich <strong>und</strong> zu<strong>dem</strong> kontraproduktiv ist, verweigerte sie schließlich auch die weitere<br />
Teilnahme an unserem Projekt.
49<br />
Ein anderer Teilnehmer verließ das Projekt, nach<strong>dem</strong> die mediale Aufregung über die<br />
Vogelgrippe ihren Höhepunkt erreichte <strong>und</strong> seine Ängste gegenüber den positiven Aspekten<br />
einer weiteren Teilnahme überwogen.<br />
4.3.4 Tag der offenen Tür<br />
(Helmut Summerer)<br />
Wenn man neue Wege beschreitet, was wir mit dieser Form der tiergestützten <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Pädagogik</strong> taten, so ist es notwendig, so viel Information wie möglich darüber nach außen zu<br />
tragen <strong>und</strong> damit auf sich aufmerksam zu machen. Nur so kann man ein neues Angebot<br />
mittel- <strong>und</strong> langfristig etablieren.<br />
Deshalb wollten wir nach knapp einem halben Jahr das Projekt <strong>und</strong> unsere Tätigkeit vor Ort<br />
im Rahmen von einem „Tag der offenen Türe“ einem möglichst breiten Publikum vorstellen.<br />
Vor allem den Angehörigen der TeilnehmerInnen wollten wir die Möglichkeit bieten, sich<br />
Eindrücke vom Bauernhof, von der Umgebung, den Tieren <strong>und</strong> den Menschen zu machen <strong>und</strong><br />
Einblicke zu gewähren, was denn da eigentlich konkret passiert.<br />
Auf Initiative <strong>und</strong> Anregung des ÖKL luden wir außer<strong>dem</strong> die Projektträger<br />
(Landwirtschaftskammer Österreich), die Vertreter der Förderstelle (Lebensministerium),<br />
Fachberater der Landwirtschaftskammer <strong>und</strong> die mit diesem Pilotprojekt vertrauten Politiker<br />
ein.<br />
Folgende Einladung erging daher nicht nur an die Eltern, sondern ebenfalls an Mag. Helmut<br />
Eiselsberg, DI Gerhard Gahleitner, Dir. DI Ernst Großhagauer, DI Gerhard Pretterhofer, DI<br />
Christian Jochum, DI Adolf Marktsteiner, BR Hermann Haller, ÖKR Lorenz Mayr, DI Anita<br />
Fürthner, Dir. Johannes Hofer, Fritz Schuster, Helga Widder <strong>und</strong> Gabi Glaser:
50<br />
Einladung<br />
zu einem Informationsnachmittag über<br />
Tiergestützte <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Pädagogik</strong> am Bauernhof<br />
Maria <strong>und</strong> Helmut Summerer <strong>und</strong> ÖKL (Österreichisches Kuratorium für Landtechnik <strong>und</strong><br />
Landentwicklung) laden zu einer Betriebsbesichtigung <strong>und</strong> zu Informationen über den<br />
Programm:<br />
bisherigen Verlauf<br />
der Tiergestützten <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Pädagogik</strong> ein<br />
am Freitag, 23. September 2005<br />
14.30 Uhr<br />
Füllersdorf 22<br />
2002 Großmugl<br />
� Begrüßung: Maria <strong>und</strong> Helmut Summerer<br />
� DSA DI Silke Scholl: Erfahrungen <strong>und</strong> Erkenntnisse aus der Praxis<br />
� DI Gerhard Gahleitner: Betriebswirtschaftliche Überlegungen<br />
Ab 16.00 sind die TeilnehmerInnen der <strong>Therapie</strong>, deren Eltern <strong>und</strong> alle Gäste eingeladen , die<br />
Tiere <strong>und</strong> den Hof kennen zu lernen <strong>und</strong> Fotos aus der <strong>Therapie</strong> anzuschauen.
51<br />
Den anwesenden Eltern <strong>und</strong> auch allen anderen Gästen wurde zuerst in Form von Referaten<br />
ein Einblick in unsere Arbeitsweise geboten. In einem anschließenden Film wurde sehr<br />
berührend ein anschauliches <strong>und</strong> eindrucksvolles Bild über den Ablauf der Projekttage<br />
vermittelt, auch die Inhalte der <strong>Therapie</strong>- <strong>und</strong> <strong>Pädagogik</strong>einheiten wurden dabei konkret näher<br />
gebracht. Des Weiteren wurde diese neue Form der <strong>Therapie</strong> auch vom<br />
betriebswirtschaftlichen Standpunkt betrachtet <strong>und</strong> beleuchtet. Im Anschluss konnten die<br />
Gäste den Bauernhof mit all seinen Räumlichkeiten besichtigen <strong>und</strong> die Tiere kennen lernen.<br />
Zum Abschluss der Veranstaltung luden wir zu regionalen kulinarischen Köstlichkeiten im<br />
stimmungsvollen Ambiente des Kellergartens ein.<br />
Abb.28: Buffet im Kellergarten<br />
Die Eltern unserer TeilnehmerInnen waren von unserem Engagement <strong>und</strong> Einsatz sehr<br />
angetan <strong>und</strong> sprachen uns ihren Dank aus. Die TeilnehmerInnen selbst waren sehr<br />
selbstbewusst <strong>und</strong> stolz, sich vor allem den Eltern aber auch den anderen Gästen mit „ihren“<br />
Tieren präsentieren zu können <strong>und</strong> ihr neues Wissen <strong>und</strong> ihre Geschicklichkeit im Umgang<br />
mit denselben zu <strong>dem</strong>onstrieren.<br />
Abschließend konnten wir überzeugt <strong>und</strong> stolz behaupten, dass es für alle ein wirklich<br />
gelungener Tag mit vielen positiven Eindrücken <strong>und</strong> Erlebnissen war.
52<br />
4.3.5 Dokumentation / Elterngespräche<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
Die beiden TAT-PraktikantInnen, die sich eingehend mit der umfangreichen Dokumentation<br />
<strong>und</strong> der <strong>Aus</strong>wertung derselben beschäftigt hatten, stellten uns ihre Ergebnisse in Form einer<br />
statistischen <strong>Aus</strong>arbeitung einerseits <strong>und</strong> in Form eines Videofilmes andererseits zur<br />
Verfügung, genauso wie jede Menge Fotos.<br />
Des Weiteren führten sie Feedback-Gespräche mit den Eltern der teilnehmenden KlientInnen.<br />
Einerseits, um die <strong>Aus</strong>wirkungen der Projektteilnahme auf das familiäre Leben in Erfahrung<br />
zu bringen, <strong>und</strong> andererseits, um etwaige Mängel bei der Kommunikation aller Beteiligten<br />
aufzuspüren.<br />
Auch die BetreuerInnen der Arbeits- <strong>und</strong> Wohneinrichtungen der KlientInnen wurden in<br />
Form eines Feedbackbogens befragt.<br />
Dadurch wurde sehr gut ein breites Wirkungsspektrum aufgezeigt, was uns in unserer Arbeit<br />
bestätigte <strong>und</strong> uns motivierte, weiter zu machen.<br />
4.3.6 Abschiedsst<strong>und</strong>e vor der Winterpause<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
Die beiden Mitarbeiterinnen der Behindertenhilfe schickten zeitgerecht einen Informations-<br />
Brief an alle betroffenen Eltern <strong>und</strong> an die Tages- <strong>und</strong> Wohnhaus-BetreuerInnen, um die<br />
letzte St<strong>und</strong>e anzukündigen <strong>und</strong> auf die Fortsetzung des Projektes nach einer Winterpause im<br />
Jahr 2006 hinzuweisen.<br />
Zum Abschluss des Praxisjahres 2005 wurde am letzten Projekttag Mitte Dezember nach der<br />
<strong>Therapie</strong>einheit das gemeinsame Mittagessen zu einer Feierst<strong>und</strong>e umgestaltet.<br />
Dabei wurde der <strong>Pädagogik</strong>teil von den TAT-PraktikantInnen gestaltet, welche mit allen<br />
TeilnehmerInnen einen irischen Volkstanz einübten. Damit nahmen wir außer<strong>dem</strong> von den<br />
PraktikantInnen Abschied, die uns leider im nächsten Jahr nicht mehr zur Verfügung standen.
Abb.29: Abschiedstanz<br />
53<br />
4.4 Umgestaltung in der Winterpause<br />
(Beate Haas-Geltl)<br />
Da die Winterpause, bezogen sowohl auf unsere <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> Erlebnispädagogik als auch auf<br />
den landwirtschaftlichen Arbeitsaufwand, für gröbere Änderungen <strong>und</strong> Umbauten genutzt<br />
werden konnte, erhoben wir noch vorher, welcher Bedarf bestand.<br />
4.4.1 Bedarfserhebung nach einem Praxisjahr<br />
Am Ende des ersten Praxisjahres setzten sich alle Beteiligten zusammen, um ihre Eindrücke<br />
des vergangenen Jahres zu reflektieren. Bereits im Verlauf des Jahres fielen da <strong>und</strong> dort<br />
manche Mängel auf, gabt es Wünsche <strong>und</strong> Verbesserungsvorschläge. Manche Kleinigkeiten<br />
konnten sofort erledigt werden, aber manches war im Alltag aus Zeitmangel oder aufgr<strong>und</strong><br />
der regelmäßigen Praxistage einfach nicht möglich.<br />
Das größte Manko für uns war, dass es bei Schlechtwetter <strong>und</strong> in der kalten Jahreszeit keine<br />
geeigneten Räumlichkeiten für die <strong>Therapie</strong>einheiten gab. So hatte uns die Kälte zum Ende<br />
des ersten Projektjahres schon massiv zugesetzt <strong>und</strong> uns die Lust an der Sache genommen.
54<br />
Wir konnten zwar als Alternative zur Koppel den alten Stall benützen, der aber aus folgenden<br />
Gründen nicht besonders geeignet dafür war:<br />
� es war dort kalt <strong>und</strong> zugig<br />
� es war sehr dunkel, was sich absolut negativ auf die Stimmung <strong>und</strong> die Motivation<br />
auswirkte<br />
� <strong>und</strong> die baulichen Gegebenheiten engten den Bewegungsradius stark ein <strong>und</strong> stellten<br />
außer<strong>dem</strong> eine Gefahrenquelle für die KlientInnen dar<br />
Des Weiteren ware wieder Neuzugänge bei den Tieren absehbar oder teilweise schon erfolgt,<br />
was eine <strong>Aus</strong>einandersetzung über sinnvolle Planung <strong>und</strong> Umsetzung in Sachen<br />
Unterbringung <strong>und</strong> Stall erforderte.<br />
4.4.2 Beschreibung der Umbauarbeiten <strong>und</strong> Neuerungen<br />
Viele Informationen über die baulichen Veränderungen sind im Kapitel 2.1 bei der<br />
Vorstellung des Betriebes schon eingeflossen <strong>und</strong> somit vorweggenommen worden.<br />
Deshalb wird hier nicht mehr im Detail darauf eingegangen <strong>und</strong> es werden nur die wichtigsten<br />
Änderungen im Überblick dargestellt:<br />
� der Ziegenstall wurde vergrößert <strong>und</strong> um ein Podest (Klettermöglichkeit für die<br />
Ziegen) erweitert<br />
� für die neuen Minihängebauchschweine wurden ebenfalls Adaptierungsarbeiten im<br />
Stall notwendig, sie bekamen einen Bereich neben den Ziegen<br />
� der Bestand der Schafe wurde aufgestockt <strong>und</strong> die Tiere bekamen eine neue, weitaus<br />
größere Weide mit einer ausreichend großen Rückzugsmöglichkeit in den zum Stall<br />
umfunktionierten Stadel<br />
� im Vorausblick auf die Anschaffung von Rindern wurde eine große Weide mit<br />
angeschlossenem Unterstand (in einem Stadel) mit Fressplätzen <strong>und</strong> Kälberschlupf<br />
vorbereitet<br />
� das WC im Keller – welches bislang nicht versperrbar war – bekam endlich einen<br />
Riegel zum Versperren
55<br />
� der Garagenöffner bekam einen Code, damit KlientInnen nicht heimlich über den<br />
Schleichweg Keller ins Haus gehen <strong>und</strong> den Kühlschrank plündern oder andere<br />
Dummheiten anstellen konnten<br />
� <strong>und</strong> – das absolut Wichtigste für unsere Projektarbeit: der alte Stall wurde komplett<br />
umgebaut, <strong>und</strong> zwar einerseits zu einem zweckmäßigen, hellen <strong>und</strong> einladenden<br />
<strong>Therapie</strong>- <strong>und</strong> Trainingsraum, der außer<strong>dem</strong> beheizbar ist, <strong>und</strong> andererseits zu einem<br />
halboffenem Laufstall, der unmittelbar an den Trainingsraum anschließt <strong>und</strong> durch<br />
eine Verbindungstüre direkt zugänglich ist.<br />
4.4.3 Tiertraining <strong>und</strong> Sozialisation<br />
(Maria Summerer)<br />
An dieser Stelle wird im Detail beschrieben, welchem Training die verschiedenen Tierarten<br />
unterzogen wurde. Da für jede Tierart unterschiedliche Trainingsmethoden angewendet<br />
werden müssen, wird jede Art in einem eigenen Abschnitt behandelt.<br />
Ein wichtiger Aspekt ist – schon bevor man mit <strong>dem</strong> Training beginnt – die Sozialisation der<br />
Tiere. Unter Sozialisation versteht man die Bindung des Tierbabys an Sozialpartner, mit<br />
denen das Nutztier in einem zukünftigen Leben häufigen Kontakt haben wird. Für den Einsatz<br />
landwirtschaftlicher Nutztiere in der <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Pädagogik</strong> wird eine Doppelbindung<br />
sowohl an Artgenossen als auch an Menschen angestrebt.<br />
4.4.3.1 Sozialisation der Schafe<br />
Am 13. Februar 2005 holten wir uns – wie bereits erwähnt – erstmals Schafe von einem<br />
Milchschafbetrieb im Waldviertel. Da diese mit einem Milchaustauscher drei Mal am Tag<br />
gefüttert werden mussten, hatten wir von Anfang an sehr viel Kontakt zu unseren kleinen<br />
Lämmern. Von Frau Grall (ÖKL) bekamen wir Informationen zur Sozialisation der Lämmer.<br />
Die Tiere wurden mehrmals am Tag gestreichelt, hochgehoben <strong>und</strong> gebürstet. Wir, <strong>und</strong> wir<br />
vermuten auch unsere Lämmer, genossen diesen engen Kontakt.
56<br />
<strong>Aus</strong> den Lämmern wurden gut sozialisierte Schafe, die den Kontakt mir Menschen gewöhnt<br />
sind. Da wir die Schafe aber vorerst nicht zur <strong>Therapie</strong> einsetzten, wurden sie einstweilen<br />
nicht speziell trainiert.<br />
Abb.30: Schoß-Lamm<br />
4.4.3.2 Sozialisation <strong>und</strong> Training der Ziegen<br />
Am Palmsonntag, <strong>dem</strong> 20. März 2005, machten wir einen <strong>Aus</strong>flug ins Waldviertel <strong>und</strong> holten<br />
vier herzigen Zicklein von einem Ziegenkäsebetrieb. Wir waren total überrascht, wie<br />
zutraulich, offen <strong>und</strong> herzlich diese Tierart ist. Die Osterwoche als Eingewöhnungswoche der<br />
Zicklein erwies sich als sehr günstig, da unsere Kinder Lena <strong>und</strong> Lukas sowie die Kinder<br />
unseres Schwagers, Bianca <strong>und</strong> Jürgen, Ferien hatten <strong>und</strong> sich den Tieren gerne <strong>und</strong> viel<br />
widmeten. Wir alle verbrachten von nun an sehr viel Zeit mit unseren Zicklein. Sie wurden<br />
gestreichelt, gebürstet, liebkost <strong>und</strong> hochgehoben. Die Kinder liefen <strong>und</strong> sprangen mit den<br />
Zicklein um die Wette. Ende des Monats bekamen wir Besuch von Gerlinde Grall, mit der wir<br />
erstmals Halsbänder anprobierten. Die Tiere hatten damit erfreulicherweise überhaupt kein<br />
Problem. Da unsere Ziegen reinweiß sind, bekamen sie natürlich Halsbänder in<br />
unterschiedlichen Farben, was sich auch für den späteren <strong>Therapie</strong>einsatz als zweckmäßig<br />
erwies. Gerlinde Grall kam in regelmäßigen Abständen <strong>und</strong> unterstützte uns beim<br />
Sozialisieren <strong>und</strong> Trainieren der Tiere. Wir ließen unsere Ziegen sehr viel in den Hof, ließen<br />
sie dort frei laufen <strong>und</strong> nützten diese Gelegenheit, um sie in ungezwungener Atmosphäre an<br />
verschiedene Gegenstände <strong>und</strong> Materialen zu gewöhnen. Diese Gewöhnung von Tierbabys an<br />
die unbelebte Umwelt nennt man Habituation. Dem Nutztier werden Gegenstände, Orte <strong>und</strong>
57<br />
Situationen vertraut gemacht, die in seiner natürlichen Umwelt normalerweise nicht<br />
vorkommen bzw. keine Rolle spielen, was für den weiteren Werdegang zur <strong>Therapie</strong>ziege<br />
notwendig ist.<br />
Wir lißen die Ziegen zuerst an einem Ball schnuppern, um später damit über den Körper des<br />
Tieres zu rollen <strong>und</strong> es damit massieren zu können. Wir spielten im Hof mit <strong>dem</strong> Ball (hoch<br />
werfen, am Boden rollen, zu den Ziegen hinrollen) <strong>und</strong> sprangen dabei übermütig herum.<br />
Als unsere nächste Aufgabe galt es, die Ziegen an das Führen an einer Leine zu gewöhnen.<br />
Dabei begannen wir wieder mit Beschnuppern <strong>und</strong> zwanglosem Kennenlernen der Leine. Um<br />
die Ziegen leinenführig zu machen, war es beim Spazierengehen notwendig, stets darauf zu<br />
achten, dass kein permanenter Zug auf der Leine ist. Wenn die Leine gespannt war, verharrte<br />
man solange in einer Position, bis die Ziegen nachgaben <strong>und</strong> man mit lockerer Leine wieder<br />
weitergehen konnte. Dieser Lernprozess erwies sich bei vier jungen, temperamentvollen<br />
Ziegen als sehr zeitaufwendig.<br />
Die Ziegen wurden auch mehrmals in der Woche an allen Körperstellen gebürstet, dabei<br />
wurden außer<strong>dem</strong> alle vier Füße abwechselnd gehoben. Die Gewöhnung daran erwies sich<br />
später auch bei der Klauenpflege als vorteilhaft. Auch Spielereien wie die Vorderfüße auf<br />
einen Schwamm drücken wurden trainiert. Denn wer weiß, wofür man es später noch<br />
brauchen kann (z.B. für einen Tonabdruck als Erinnerung für die TeilnehmerInnen).<br />
Unsere Tiere wurden auch mit einem großen Leintuch vertraut gemacht, welches wir später<br />
bei den Spielen brauchten. Es lief wieder nach <strong>dem</strong> gleichen Motto ab: die Ziegen durften<br />
schnuppern <strong>und</strong> wurden mit <strong>dem</strong> Tuch sanft berührt. Das Tuch wurde ausgebreitet, über die<br />
Ziegen drüber gespannt, dann vor ihnen wieder zusammengefaltet <strong>und</strong> schließlich irgendwann<br />
sogar über ihren Rücken gelegt wie ein Tischtuch.<br />
Da die Ziegen während ihrer Laufbahn als <strong>Therapie</strong>tiere wohl immer wieder mit Situationen<br />
konfrontiert sein werden, die normalerweise einen erschreckenden Charakter haben<br />
(plötzliche, heftige Bewegungen, vielleicht verb<strong>und</strong>en mit lauten oder unangenehmen<br />
Geräuschen etc.), mussten die Tiere auch gegen solche Schrecksek<strong>und</strong>en immun gemacht<br />
werden, um später nicht in Panik zu geraten <strong>und</strong> sich selbst oder KlientInnen zu verletzen.
58<br />
Das ließ sich ganz w<strong>und</strong>erbar mit einem Schirm bewerkstelligen, mit <strong>dem</strong> man eben solch<br />
plötzliche, unvermutete Bewegungen simulieren konnte. Dazu spannten wir den Schirm<br />
unmittelbar vor der Ziege auf, am Anfang etwas gemäßigter bis hin zu ruckartig.<br />
Zirka einen Monat vor Beginn der ersten <strong>Therapie</strong>-Einheiten probierten <strong>und</strong> trainierten wir<br />
sämtliche Spiele aus <strong>dem</strong> Spielekatalog. Übungen, wie z.B. die Ziege um einen Kreis herum<br />
oder in die Kreismitte locken, oder sie durch einen „Menschen-Tunnel“ zu lotsen. Wir lockten<br />
die Tiere dazu mit frischen, saftigen Hol<strong>und</strong>erzweigen, wobei die Äste in Bodennähe gehalten<br />
werden mussten, damit die Ziegen nicht aufspringen. Jeden Besuch von Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />
Bekannten nützten wir, um mit den Tieren spazieren zu gehen <strong>und</strong> verschiedene Spiele auf<br />
der Koppel auszuprobieren.<br />
4.4.3.3 Sozialisation <strong>und</strong> Training der Rinder<br />
Ende April 2006 bekamen wir zwei Kühe der Rasse Deutsch Angus – Mona, eine schwarze<br />
Kuh mit weißem Streif im Gesicht <strong>und</strong> Emma, eine schwarze Kuh – <strong>und</strong> deren Kälber. Den<br />
Kälbern gaben wir die Namen Sammy <strong>und</strong> Sophie.<br />
Die Tiere stammten aus einer größeren Herde mit Mutterkuhhaltung <strong>und</strong> waren daher an<br />
menschliche Nähe nicht gewöhnt <strong>und</strong> sehr misstrauisch. Auf Berührung reagierten sie<br />
abwehrend, in<strong>dem</strong> sie mit <strong>dem</strong> Kopf stießen. Die Kälber waren bei der Ankunft eine Woche<br />
alt. Die Mütter sind in der Prägungsphase Vorbild für die Kälber, das heißt in Situationen, in<br />
denen sich die Mutterkühe sicher fühlen, fühlen sich auch die Kälber sicher. Zu Menschen<br />
<strong>und</strong> Dingen, zu denen die Kühe Vertrauen haben, haben auch die Kälber Vertrauen. Da unsere<br />
Kühe nicht gerade zutraulich waren <strong>und</strong> ich anfangs großen Respekt vor der Leitkuh Mona<br />
hatte, begann ich die Kälber im Kälberschlupf zu sozialisieren. Damit gewöhnte ich die<br />
Kälber an menschliche Nähe <strong>und</strong> an Berührungen (streicheln) durch Menschen. Dabei war<br />
unbedingt auf die Reaktion der Mutterkühe zu achten <strong>und</strong> wie die Kälber darauf reagieren.<br />
Die Kühe nämlich kommunizieren mit ihren Kälbern, auch über größere räumliche Distanzen.<br />
Wenn also die Kühe durch ungeduldige <strong>und</strong> misstrauische Rufe ihre Kälber stressen, muss<br />
man diese frei lassen. Deshalb wiederholten wir unsere Sozialisationsversuche der Kälber im<br />
Kälberschlupf in häufigen <strong>und</strong> regelmäßigen Abständen. Als nächste Herausforderung
59<br />
versuchten wir die Kälber aus <strong>dem</strong> Stallbereich in den angrenzenden Trainingsraum zu<br />
locken. Dies gelang uns, in<strong>dem</strong> wir die Mutterkühe mit gutem Heu ablenkten <strong>und</strong> zugleich die<br />
Kälber mit gutem Kleeheu oder frischem Klee in den Trainingsraum lockten. Dort<br />
beschnüffelten sie alles neugierig. Wir deponierten immer unterschiedliche Gegenstände <strong>und</strong><br />
Materialien, um die Kälber flexibler zu machen <strong>und</strong> zu habituieren.<br />
Als nächstes Ziel verfolgten wir Sophie an das Halfter gewöhnen. Wir ließen die Kälber an<br />
diesem schnuppern, bevor wir das Halfter mit Hilfe von frischen Gras <strong>und</strong> Klee anlegten.<br />
Ende Juni gelang es erstmals, Sophie durch den Trainingsraum in den angrenzenden Hof zu<br />
führen, was wir von da an regelmäßig übten, bis die Tiere schließlich auf die große Weide<br />
übersiedelt wurden, wo sie ab dann ganzjährig gehalten wurden.<br />
Auf der Weide besuchte ich sie weiterhin regelmäßig. Ich konnte sie bürsten, streicheln <strong>und</strong><br />
liebkosen. Als <strong>Therapie</strong>tiere waren sie zum damaligen Zeitpunkt allerdings noch nicht<br />
geeignet. Dazu müsste noch mehr Zeit in intensives Training investiert werden.<br />
4.4.3.4 Sozialisation <strong>und</strong> Training der Schweinchen<br />
Unsere „Minis“ kauften wir am 13.1<strong>1.</strong>2005 von einem Bauernhof im Wienerwald. Die acht<br />
Wochen alten Tiere waren zum Zeitpunkt der Umsiedelung schon an feste Futtermittel<br />
gewöhnt <strong>und</strong> insofern unproblematisch. Da die Tiere aber mit den Vorbesitzern so gut wie<br />
keinen Körperkontakt hatten, waren sie nicht sozialisiert <strong>und</strong> äußerst scheu. Wir mussten<br />
deshalb besonders intensiv mit den Schweinchen – wir haben sie Susi <strong>und</strong> Paule getauft –<br />
arbeiten, um sie in erster Linie an uns Menschen, aber auch an Lärm, an schnelle<br />
Bewegungen sowie an Gegenstände aller Art zu gewöhnen.<br />
Beim Training der Schweine standen uns von Beginn an Silke Scholl <strong>und</strong> Gerlinde Grall mit<br />
Rat <strong>und</strong> Tat zur Seite, <strong>und</strong> zwar regelmäßig über einen relativ langen Zeitraum.<br />
In den ersten Tagen nach Ankunft der „Minis“ setzte ich mich auf einem Strohballen in den<br />
Stall <strong>und</strong> beobachtete die Tiere. Immer wieder sprach ich zu ihnen, um sie an die menschliche<br />
Stimme zu gewöhnen. Auch sprach ich sie von Anfang an mit ihrem Namen an. Da sie beide<br />
schwarz sind, war es vorerst nicht einfach, sie zu unterscheiden. Paula war von Beginn an<br />
etwas zutraulicher <strong>und</strong> weniger schreckhaft. Auch war sie etwas größer <strong>und</strong> hatte dichtere<br />
Borsten.
Abb.31: Susi <strong>und</strong> Paula Abb.32: Sozialisation Schweinchen<br />
60<br />
Als nächstes stellten wir die Futterschüssel in einem Abstand von zwei Metern vor uns auf<br />
<strong>und</strong> sahen den Tieren beim Fressen zu, wobei wir uns ruhig verhielten. Diesen Abstand<br />
verringerten wir kontinuierlich, bis die Schüssel vor unseren Füssen <strong>und</strong> später sogar<br />
zwischen diesen positioniert werden konnte. Wichtig war es auch, immer wieder mit den<br />
Schweinen zu reden, auch während sie fraßen.<br />
Als nächstes legten wir eine Hand in die Schüssel <strong>und</strong> verharrten, so kam es, dass die<br />
Schweine beim Fressen zwanglos unsere Hand mit ihrem Rüssel berührten. Einen großen<br />
Fortschritt bei der Sozialisation erkannten wir, als uns die Schweine den Maisbruch aus der<br />
flachen Hand fraßen, wobei die Hand ganz ruhig gehalten werden musste, um die Tiere nicht<br />
zu erschrecken. Susi fraß das Futter zögerlicher aus der Hand als Paula. Auch beobachteten<br />
wir, dass Susi das Futter aus der Schüssel holte <strong>und</strong> sich dann zum Fressen damit an einen<br />
anderen Ort zurückzog.<br />
Besonders freute es uns, als sich zunächst Paula während des Fressens mit der Hand am<br />
Körper berühren <strong>und</strong> streicheln ließ. Der <strong>Aus</strong>gangspunkt für unsere Hand dafür war die<br />
Futterschüssel, weil Paula daran schon gewöhnt war. Und von dort arbeiteten wir uns dann<br />
langsam über den Kopf zum restlichen Körper vor. Bei Susi war das Anfangs nicht möglich.<br />
Sie ließ sich beim Fressen nur am „Goderl“ graulen. Diese Übungen wurden täglich beim<br />
Füttern der Tiere gemacht (Dauer ca. 20 - 25 Minuten).<br />
Ein nächster Schritt bestand darin, das Futter auf eine aus Stroh gefertigte Erhöhung zu<br />
platzieren. Damit erreichten wir, dass sich die Tiere mit den Vorderbeinen auf die Erhöhung<br />
stellten, um an das Futter zu gelangen.
61<br />
� Übung 1: Schweinchen anheben <strong>und</strong> auf den Schoß legen.<br />
Bei der nächsten Übung setzten wir uns flach in den Stall <strong>und</strong> stellten die Futterschüssel auf<br />
die Oberschenkeln. Die Schweinchen kamen <strong>und</strong> stellten sich mit den Vorderbeinen zum<br />
Fressen auf unsere Füße. Während dieser Übungen redeten wir mit den Tieren <strong>und</strong><br />
streichelten sie. Wir fassten sie dabei am Hinterteil (so, als wollten wir sie aufheben). Wir<br />
setzten uns bei den Wiederholungen dieser Übung immer höher, so dass die Tiere sich immer<br />
mehr bemühen <strong>und</strong> strecken mussten, um an die Schüssel zu gelangen. Ziel dieser Übung war,<br />
dass das Schwein mit <strong>dem</strong> Kommando „Rauf“ auf meinen Schoß springt <strong>und</strong> das Leckerli<br />
aus meiner linken Hand frisst. Mit <strong>dem</strong> Kommando „Kuscheln“ drückte ich das Schwein an<br />
mich <strong>und</strong> streichelte es am ganzen Körper.<br />
Anmerkungen:<br />
Da es zum damaligen Zeitpunkt (Winter 2005) den heutigen Trainingsraum noch nicht gab,<br />
wurden die Schweine im Stall, am Futtergang <strong>und</strong> in der Futterkammer trainiert, alles Orte,<br />
wo es zum Teil sehr eng <strong>und</strong> schlecht ausgeleuchtet war.<br />
Zu Beginn des Trainings wurden beide Schweine gemeinsam trainiert, was sich aber sehr<br />
schnell als nicht zweckmäßig herausstellte, weil es für die Tiere verwirrend <strong>und</strong> letztendlich<br />
kontraproduktiv war. Ein gezieltes Arbeiten mit konkreten Aufgabenstellungen, Kommandos<br />
<strong>und</strong> Belohnungen war nur mit einem Tier sinnvoll <strong>und</strong> effektiv.<br />
Zu Beginn des Schweinetrainings arbeiteten wir nur mit Stimme <strong>und</strong> Kommandos. Als<br />
weiteres Hilfsmittel diente uns eine Fliegenklatsche als Verlängerung der Hand beim<br />
Kommando „Folgen“.<br />
� Übung 2: „Folgen“<br />
Jedes mal, wenn das Schwein mit seinem Rüssel die Fliegenklatsche berührte, sprach ich dazu<br />
das Kommando „Folgen“ <strong>und</strong> belohnte mit einem Brotstück (kleine, getrocknete Brotwürfel).<br />
Diese Brotwürfel mochten die Schweinen lieber als Maisbruch <strong>und</strong> wirkten motivierend auf<br />
sie, außer<strong>dem</strong> haben sie weniger Kalorien. Die „Minis“ haben schnell verstanden, dass es<br />
beim Berühren <strong>und</strong> Folgen der Fliegenklatsche eine Belohnung gibt. Somit konnte ich sie<br />
überall hinlocken <strong>und</strong> sie zum Mitmachen vieler Übungen motivieren. Deshalb folgten sie mir<br />
auch in schnellerem Tempo, wenn ich Slalom oder über eine Holzwippe ging. Die Holzwippe<br />
ist ein langes Brett (200x30cm), welches in der Mitte einen Drehpunkt (ca. 10cm über
62<br />
Bodenhöhe) hat. Das Gehen über die Holzwippe bewältigten die Schweinchen mühelos.<br />
Allerdings konnten sie vorerst mit Irritationen – wie z.B. Hindernissen innerhalb ihres<br />
Aktionsradius’ – noch nicht umgehen <strong>und</strong> verweigerten in Folge. Aber mit etwas Geduld <strong>und</strong><br />
Übung meisterten sie auch das. Um sie auch an die Gesellschaft von anderen Tieren zu<br />
gewöhnen, war unsere Katze Cindy regelmäßig „Zaungast“ beim Schweinetraining.<br />
� Übung 3: Springen durch einen Autoreifen<br />
Auch diese Übung war für die Schweine kein Problem. Wir platzierten einen aufgestellten<br />
Autoreifen vor die Schweinchen <strong>und</strong> lockten sie mit einem Brotstück <strong>und</strong> <strong>dem</strong> Kommando<br />
„Hopp“ hindurch. Das Kommando wurde ausnahmslos jedes Mal gesprochen, wenn das<br />
Schwein durch den Reifen sprang, <strong>und</strong> nach je<strong>dem</strong> erfolgreichen Durchgang gab es ein<br />
Brotstück als Belohnung. Später funktionierte dieses „Kunststück“ auch, wenn wir den Reifen<br />
10-15cm anhoben.<br />
� Übung 4: Springen über die Beine<br />
Wir setzten uns mit ausgestreckten Beinen auf den Fußboden <strong>und</strong> lockten die „Minis“ mit<br />
Brotstückchen <strong>und</strong> <strong>dem</strong> Kommando „Hopp“ über unsere Beine. Das gefiel ihnen recht gut.<br />
Wir steigerten das Tempo <strong>und</strong> die Anzahl der Durchgänge. Besonders gut funktionierte es,<br />
wenn mehrere Personen mit ausreichen<strong>dem</strong> Abstand zueinander nebeneinander saßen.<br />
� Übung 5: Springen auf Strohballen<br />
In weiterer Folge übten wir mit den Schweinchen auf Kommando <strong>und</strong> mit anschließender<br />
Belohnung auf einen Strohballen zu springen. Diese Übung ließ sich auch mit anderen<br />
Gegenständen trainieren. Aber Achtung! Diese Übungen sollten nicht in Leistungssport<br />
ausarten! Minihängebauchschweine haben schwache Beine <strong>und</strong> Röhrenknochen. Weiters gilt:<br />
Immer nur auf rutschsicherem (!) Untergr<strong>und</strong> oder auf Stroh trainieren <strong>und</strong> die Sprunghöhe<br />
nicht zu groß wählen, weil sonst Verletzungsgefahr besteht.
� Übung 6: Ball spielen<br />
63<br />
Wir legten einen Ball auf den Boden. Da Schweine sehr neugierig sind, berührten sie ihn<br />
früher oder später. Jedes Mal, wenn das passierte, sprachen wir das Kommando „stups“ <strong>und</strong><br />
belohnten das Tier.<br />
� Übung 7: Brustgeschirr anlegen<br />
Anfang Dezember machten unsere Schweine Bekanntschaft mit <strong>dem</strong> Brustgeschirr. Da es<br />
kein spezielles Brustgeschirr für Schweine gibt, nahmen wir welche für H<strong>und</strong>e <strong>und</strong> passten<br />
sie an die Körpergröße von unseren Schweinen an. Wir streckten eine Hand voll Maiskörner<br />
durch die Kopföffnung <strong>und</strong> zogen die Hand langsam zurück, wenn das Tier nachfolgte, bis<br />
der Kopf in der richtigen Position war, danach versuchten wir, den Brustteil umzuschnallen.<br />
Anfangs reagierten die Schweine beunruhigt, liefen teilweise davon <strong>und</strong> verhedderten sich im<br />
Geschirr. Sie dann zu befreien war etwas mühsam. Da diese Sache die Tiere offensichtlich<br />
nervös machte, legten wir eine Übungspause von etwa einem Monat ein <strong>und</strong> begannen danach<br />
wieder vorsichtig <strong>und</strong> geduldig mit der Gewöhnung an das Brustgeschirr.<br />
Um die Schweine an den späteren <strong>Therapie</strong>einsatz, an verschiedene Menschen <strong>und</strong> an die<br />
erhöhte Lärmbelastung zu gewöhnen, halfen die Kinder <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e beim Training mit.<br />
Anfangs war die Entwicklung etwas zäh, aber mit viel Geduld <strong>und</strong> <strong>Aus</strong>dauer wurden aus Susi<br />
<strong>und</strong> Paula absolut therapietaugliche Tiere.<br />
Mit Februar verlegten wir die Übungen in den überdachten Bereich vor <strong>dem</strong> Stall im Hof. Die<br />
Tiere gewöhnten sich langsam auch an diese Umgebung <strong>und</strong> die neue Situation.<br />
� Übung 8: Laufen durch den Tunnel<br />
Da das Springen durch den Reifen für die Tiere kein Problem darstellte, sprangen sie auch<br />
ohne Zögern durch einen zusammengeb<strong>und</strong>enen (Pop-Up-Spielzeug-)Tunnel, der einem<br />
Reifen in gewisser Weise ähnlich ist. Deshalb waren die Schweine mit <strong>dem</strong> neuen<br />
Gegenstand Tunnel auch schnell vertraut. Wir legten den Tunnel mit vorerst einer Länge von<br />
ca. 30-40cm auf den Boden <strong>und</strong> lockten die Schweinchen mit Futter durch. Als das<br />
funktionierte, übten wir das Gleiche mit vollständig geöffnetem Tunnel (ca. 2m lang). Wir<br />
positionierten uns an beiden Enden <strong>und</strong> lockten die Schweine unter Zurufen ihres Namens<br />
durch. Dafür gab es jedes Mal eine Belohnung <strong>und</strong> ganz viel Lob.
� Übung 9: auf den Namen reagieren<br />
64<br />
Um mit den Schweinchen gezielt arbeiten zu können, war es notwendig, dass sie auf ihre<br />
Namen reagieren. Wir setzten uns ca. sechs Meter von ihnen entfernt auf den Boden <strong>und</strong><br />
riefen sie beim Namen: „Paula komm“ - „Susi komm“! Wenn sie <strong>dem</strong> Kommando folgten<br />
<strong>und</strong> zu uns kamen, wurden sie belohnt.<br />
4.4.3.5 Clickertraining<br />
Ende März klärte uns Silke Scholl über die Gr<strong>und</strong>prinzipien des so genannten<br />
Clickertrainings auf.<br />
Clickertraining basiert auf der Konditionierung eines Tieres. Wesentliches Merkmal des<br />
Clickertrainings ist, dass das Tier in seinem Verhalten nicht manuell beeinflusst wird. Das<br />
heißt, es wird nicht durch Berührung oder mit Nachdruck zu einer Handlung genötigt. Das<br />
Tier kann <strong>und</strong> darf jedes Verhalten zeigen, wird aber nur für ein bestimmtes Verhalten<br />
bestärkt. Und zwar mit einem unmittelbaren Click <strong>und</strong> einer darauf folgenden Belohnung<br />
(z.B. Lieblingsfutter).<br />
Der Click hat also eine ganz bestimmte Bedeutung, er stellt sozusagen den konditionierenden<br />
Bestärker dar. Clicken funktioniert viel unmittelbarer als jedes gesprochene Kommando oder<br />
Lob <strong>und</strong> ist im Gegensatz zu stimmlichen Lauten neutral <strong>und</strong> immer akustisch gleich<br />
bleibend. Durch unmittelbares Clicken vor der eigentlichen Belohnung erfährt das Tier<br />
präzise, wofür es die Belohnung bekommt. Der Click sagt: „Das was du gerade tust, ist super<br />
<strong>und</strong> eine Belohnung wert!“ Jedes Tier, egal welcher Art, ob jung oder alt, versteht diesen<br />
Zusammenhang mehr oder weniger schnell. Das Lernen am Erfolg macht zu<strong>dem</strong> ein Tier<br />
sicherer. Es traut sich mehr <strong>und</strong> beginnt zu probieren, welches Verhalten von ihm gewünscht<br />
wird <strong>und</strong> den Erfolg der heiß begehrten Belohnung bringt.<br />
In Amerika ist das eine sehr verbreitete Trainingsmethode. Im europäischen Raum ist sie erst<br />
in den Anfängen. Sie wird hierorts vorrangig bei H<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Pferden eingesetzt. Aber unsere<br />
Praxis hat gezeigt, dass sich diese Trainingsmethode auch w<strong>und</strong>erbar für<br />
Minihängebauchschweine <strong>und</strong> andere Tiere eignet.
4.5 Das 2. Praxisjahr (2006)<br />
(Martina Holzinger-Neulinger)<br />
65<br />
Abb.33: Clickertraining mit Paula<br />
Nach<strong>dem</strong> der Winter 2005/06 sehr intensiv ausfiel <strong>und</strong> eisige Kälte sich bis in den März<br />
hinein zog, dauerte die Winterpause länger als ursprünglich geplant.<br />
Die Projekttage starteten erst wieder mit <strong>dem</strong> 25. April 2006.<br />
Diesem Termin ging aber natürlich wieder eine Planungsphase voraus.<br />
4.5.1 Die erste Besprechung nach der Winterpause<br />
Das zweite Praxisjahr begann mit einer Besprechung in Oberrohrbach. TeilnehmerInnen<br />
waren: DSA Dipl.-Ing. Silke Scholl, Dipl.-Ing. Gerlinde Grall, Direktor Johannes Hofer,<br />
Martina Holzinger-Neulinger, Beate Haas-Geltl sowie Maria <strong>und</strong> Helmut Summerer.<br />
In dieser Besprechung wurde unter anderem der Ablauf des neuen Praxisjahres festgelegt,<br />
wobei sich der neue Ablauf in erster Linie durch den Zeitplan vom alten unterschied. Des<br />
Weiteren wurden die Teilnehmer festgelegt, wobei vier TeilnehmerInnen aus <strong>dem</strong> ersten<br />
Turnus übernommen wurden <strong>und</strong> zwei neue KlientInnen dazu kamen.<br />
Neben einigen organisatorischen Belangen wurde auch darüber gesprochen, ob man eine oder<br />
mehr PraktikantInnen in das Team aufnehmen sollte, um wieder ein qualitativ einwandfreies
66<br />
Arbeiten zu gewährleisten. Eine der möglichen Praktikantinnen war eine Teilnehmerin des<br />
TAT-<strong>Lehrgang</strong>es, die andere eine Mutter, deren Sohn voraussichtlich im September in unsere<br />
Einrichtung kommen würde. Letztlich zogen wir nur die TAT-Praktikantin in Betracht, da<br />
durch die Aufnahme der Mutter in das Team Probleme in der professionellen Abgrenzung den<br />
KlientInnen gegenüber zu befürchten war.<br />
Weiters kam zur Sprache, dass die Projekttage, die auch heuer wieder wöchentlich am<br />
Dienstag stattfinden sollten, in Zukunft nur noch von den Mitarbeiterinnen der<br />
Behindertenhilfe ohne Unterstützung von Silke Scholl <strong>und</strong> Gerlinde Grall absolviert werden<br />
sollten. Von den Mitarbeiterinnen des ÖKL gab es nunmehr nur noch Unterstützung in Form<br />
von Supervision maximal einmal monatlich. Im Zusammenhang mit dieser „Offenbarung“<br />
wurde angekündigt, dass für heuer erstmals ein Universitätslehrgang für <strong>„Tiergestützte</strong><br />
<strong>Therapie</strong>, <strong>Pädagogik</strong> <strong>und</strong> Fördermaßnahmen am Bauernhof“ geplant sei, an <strong>dem</strong><br />
teilzunehmen sowohl die MitarbeiterInnen der Behindertenhilfe als auch die Familie<br />
Summerer aufgefordert wurden. Ziel sei es nämlich letztendlich, dass nur noch ein<br />
Personenkreis mit entsprechender Qualifikation zur <strong>Aus</strong>übung dieser speziellen<br />
Fördermaßnahmen berechtigt sein soll.<br />
4.5.2 Die erste Praxiseinheit nach der Winterpause<br />
Die erste <strong>Therapie</strong>- <strong>und</strong> <strong>Pädagogik</strong>einheit des Jahres 2006 wurde noch unter der Leitung von<br />
DSA Dipl.-Ing. Silke Scholl absolviert. Im Anschluss daran fand eine Nachbesprechung in<br />
Oberrohrbach statt, die folgende wichtige Änderungen ergab:<br />
Der Zeitaufwand für die Nachbesprechungen <strong>und</strong> die Dokumentation im Jahr 2005 war<br />
enorm. Um die Dokumentation in Zukunft effizienter <strong>und</strong> weniger zeitaufwendig zu gestalten,<br />
ergriffen wir zwei Maßnahmen. Zum einen wurden die Dokumentationsbögen in einigen<br />
Teilbereichen gekürzt, in<strong>dem</strong> sie auf die individuellen Förderziele der jeweiligen KlientInnen<br />
abgestimmt wurden. Und zum anderen einigten wir uns darauf, die Nachbesprechungen<br />
künftig generell in Oberrohrbach zu machen. Das brachte insofern eine erhebliche<br />
Zeitersparnis, als sich die Fahrzeiten dadurch reduzierten. Daraus ergab sich allerdings auch<br />
die Tatsache, dass Maria Summerer nicht wie bisher an den Besprechungen teilnahm, weil ihr<br />
das aus organisatorischen Gründen dann nicht mehr möglich war.
67<br />
4.5.3 Standardablauf eines Projekttages 2006<br />
Der Standardablauf eines Praxistages sah nunmehr wie folgt aus:<br />
� Treffen der Betreuerinnen der Behindertenhilfe um 08:15 Uhr in Oberrohrbach<br />
� Vorbereitung der Lunchpakete unter Mithilfe des Küchenpersonals<br />
� Abholung der Teilnehmer aus den jeweiligen Tagesheimgruppen<br />
� Abfahrt zum Bauernhof Summerer mit <strong>dem</strong> betriebseigenen Kleinbus um 09:00h<br />
� Ankunft am Bauernhof 09:30 Uhr<br />
� Begrüßung, Beginn der <strong>Therapie</strong>einheit, Dauer ca. 1 St<strong>und</strong>e 15 Minuten<br />
� Mittagspause ca. 30 Minuten<br />
� Beginn der <strong>Pädagogik</strong>einheit, Dauer ca. 1 St<strong>und</strong>e 15 Minuten<br />
� Ende der Tageseinheit, Verabschiedung 12:30 Uhr, Rückfahrt<br />
� Ankunft in Oberrohrbach 13:00h<br />
� Begleitung der Anvertrauten in ihre Tagesheimgruppen<br />
� im Anschluss Nachbesprechung <strong>und</strong> Dokumentation bis ca. 15:30h<br />
4.5.4 Erkenntnisse <strong>und</strong> Erfahrungen aus der Praxis<br />
Naturgemäß unterschied sich das Praxisjahr 2006 in einigen Details vom Jahr 2005. Dies<br />
ergab sich aus bewussten Nachbesserungen unsererseits, aber auch aus Faktoren, auf die wir<br />
keinen Einfluss hatten.<br />
Die <strong>Aus</strong>stiegstelle des Kleinbusses wurde aus Sicherheitsgründen vom Haupteingang des<br />
Bauernhofes an der Hauptstraße zu einem Nebeneingang verlegt, der sich an einem kaum<br />
befahrenen Güterweg befindet. Die TeilnehmerInnen wurden bei ihrer Ankunft nun auch mit<br />
einem Begrüßungsgetränk empfangen, was zusätzlich als positiver Verstärker diente. Im<br />
Sommer gabt es Saft zur Erfrischung, in der kalten Jahreszeit gab es warmen Tee.<br />
Im Laufe des Jahres entschieden wir uns, ein gemeinsames Begrüßungslied am Anfang der<br />
<strong>Therapie</strong>einheit zu singen, um die Stimmung etwas aufzulockern <strong>und</strong> somit den Einstieg zu<br />
erleichtern. Zum Abschluss der Einheit sangen wir das Ziegenlied, gefolgt von einer
68<br />
Belohnung der Ziegen mit Gerstenkörnern, um das Ende klar erkennbar zu gestalten. Diese<br />
Maßnahmen haben sich insgesamt als sehr positiv erwiesen.<br />
Die TAT-Praktikantin Susanne Freudhofmeier, für deren Teilnahme wir uns schließlich<br />
entschieden hatten, erwies sich über einen Zeitraum von ca. 6 Monaten als äußerst wertvolle<br />
<strong>und</strong> unentbehrliche Unterstützung unseres Teams. Als das Praktikum von Frau Freudhofmeier<br />
abgeschlossen war, folgte auf ihre Vermittlung <strong>und</strong> Empfehlung hin die TAT-Praktikantin<br />
Agnes Urban, deren Engagement ebenfalls über ein normales Maß hinausging.<br />
Die beiden Betreuerinnen der Behindertenhilfe wechselten sich in der Erstellung der<br />
Programme <strong>und</strong> Leitung der <strong>Therapie</strong>einheiten im Monatsrhythmus ab, um dadurch einen<br />
aufbauenden Programmverlauf zu erreichen.<br />
Im Gegensatz zum letzten Jahr gab es heuer im Sommer während der Urlaubszeit auch eine<br />
dreiwöchige Sommerpause, über die wir selbstverständlich alle Betroffenen rechtzeitig<br />
informierten. Und wie wir feststellen konnten, tat allen Beteiligten – aber vor allem <strong>dem</strong><br />
Betreuungsteam – dieser Abstand gut. Nach der Pause waren alle wieder voll Motivation bei<br />
der Sache.<br />
Im Praxisjahr 2006 war rückblickend bis zur Sommerpause betrachtet ein sehr<br />
kontinuierliches <strong>und</strong> konzentriertes Arbeiten möglich. Nach der Sommerpause allerdings kam<br />
es zu einigen Irritationen. Leider kam es sehr häufig zu <strong>Aus</strong>fällen in der Stammgruppe, da<br />
immer wieder KlientInnen wegen Krankheit oder Urlaub fehlten. Die reduzierte Gruppe<br />
wurde mit wechselnden GastteilnehmerInnen aufgestockt. Außer<strong>dem</strong> kamen aufgr<strong>und</strong> des<br />
neuen <strong>Lehrgang</strong>es immer wieder unregelmäßig <strong>und</strong> oftmals ohne Vorankündigung<br />
verschiedene PraktikantInnen hospitieren, was auch eine gewisse Unruhe in die Sache<br />
brachte. Des Weiteren gab es einen neuen Klienten in unserer Einrichtung, der für zwei<br />
Monate als Gast regelmäßig „schnuppern“ kam, <strong>und</strong> zwar – weil er etwas anstrengend ist – in<br />
Begleitung eines Zusatzbetreuers.<br />
Dieser ständige Wechsel führte zu empfindlichen Störungen im gewohnten Ablauf der<br />
Einheiten. Allerdings ist zu bemerken, dass sich diese Störungen in erster Linie auf die<br />
<strong>Therapie</strong>einheiten bezog, weil dadurch ein kontinuierlich aufbauendes Arbeiten an<br />
Förderzielen nur sehr eingeschränkt möglich war, <strong>und</strong> nicht sosehr auf die<br />
<strong>Pädagogik</strong>einheiten. Letztere waren von vornherein viel flexibler in der Gestaltung <strong>und</strong><br />
erfuhren dadurch im Gegenteil sogar eine gewisse Belebung <strong>und</strong> Bereicherung.
69<br />
Überdies fühlten sich die Teilnehmer noch durch diverse Umbauarbeiten am Bauernhof <strong>und</strong><br />
die damit verb<strong>und</strong>enen Veränderungen überfordert.<br />
Wir stellten fest, dass aufgr<strong>und</strong> der zeitlichen <strong>und</strong> örtlichen Rahmenbedingungen eine<br />
effiziente Kommunikation zwischen allen Teammitgliedern nicht immer optimal<br />
gewährleistet war, wodurch es leider zu Verzögerungen oder Verzerrungen in der Weitergabe<br />
wichtiger Informationen kam. Dadurch konnte das Team nicht immer erfolgreich mit<br />
Konflikten <strong>und</strong> Problemen umgehen bzw. manche ergaben sich erst daraus. Glücklicherweise<br />
tat dies jedoch <strong>dem</strong> Engagement <strong>und</strong> Teamgeist keinen Abbruch. Durch solche Situationen<br />
lernten wir. Wir strebten an, im nächsten Praxisjahr eine bessere Lösung zu finden.<br />
4.5.5 Abschiedsst<strong>und</strong>e<br />
Der Abschluss des Praxisjahres 2006 war zugleich auch der Abschied von den<br />
TeilnehmerInnenn der diesjährigen <strong>Therapie</strong>gruppe. Diese Tatsache sowie der konkrete<br />
Termin wurden ebenfalls wieder in Form eines Informations-Briefes an die betroffenen Eltern<br />
sowie Tagesheim- <strong>und</strong> Wohngruppenbetreuer kommuniziert.<br />
Die Gestaltung der letzten <strong>Therapie</strong>einheit war voll <strong>und</strong> ganz auf die Vorlieben der<br />
TeilnehmerInnen abgestimmt. Jede/r durfte sich zum Abschied noch einmal ein ausgesuchtes<br />
Lieblingsspiel wünschen, welches dann gemeinsam gespielt wurde. Die Mittagspause ging<br />
nahtlos in den <strong>Pädagogik</strong>teil über <strong>und</strong> wurde der Jahreszeit <strong>und</strong> <strong>dem</strong> bevorstehenden Ereignis<br />
entsprechend in Form einer Weihnachtsfeier gestaltet <strong>und</strong> bildete somit einen gemütlichen<br />
<strong>und</strong> stimmungsvollen <strong>Aus</strong>klang.
70<br />
Kapitel 5 Reflexion der beiden Praxisjahre:<br />
Versuch einer Gegenüberstellung von positiven <strong>und</strong> negativen Entwicklungen<br />
(gemeinschaftlich verfasst)<br />
Minus:<br />
Plus:<br />
2005<br />
� Nachbesprechungen zu lange <strong>und</strong> aufwendig<br />
� nur Ziegen als <strong>Therapie</strong>tiere, mangelnde<br />
Artenvielfalt, viel zu wenig Tiere für einen<br />
Bauernhof<br />
� <strong>Therapie</strong>stall: dunkel, kalt, mit baulich<br />
bedingten „Stolpersteinen“,<br />
Verletzungsgefahr<br />
� interdisziplinäre Supervision: Feedback,<br />
Nachbesprechung, Dokumentation <strong>und</strong><br />
<strong>Aus</strong>einandersetzung im kompletten Team<br />
� Ziegen: junge, umgängliche Tiere, viel <strong>und</strong><br />
regelmäßig trainiert, gut sozialisiert, sehr gut<br />
einsetzbar<br />
� konstante Gruppe: langfristig gleich<br />
bleibende Bezugspersonen in ausreichender<br />
Zahl, dadurch auch<br />
� viele Fotos <strong>und</strong> jede Menge Filmmaterial<br />
Minus:<br />
Plus:<br />
2006<br />
� interdisziplinäre Supervision:<br />
<strong>Aus</strong>einandersetzung nie im gesamten Team<br />
möglich, zu wenig Feedback<br />
� Zum Teil fehlende Aufarbeitung von<br />
besonderen Ereignissen oder<br />
Krisensituationen (aus Zeitgründen)<br />
� Ziegen: pubertierende Tiere, sehr eigenwillig<br />
<strong>und</strong> nicht mehr so umgänglich, außer<strong>dem</strong> aus<br />
Zeitgründen nicht mehr regelmäßig trainiert<br />
� Nach der Sommerpause: Unruhe durch<br />
wechselnde PraktikantInnen vom <strong>Lehrgang</strong><br />
� Nach der Sommerpause: aus verschiedenen<br />
Gründen wechselnde TeilnehmerInnen<br />
� Teilweise ist die optimale Betreuung<br />
aufgr<strong>und</strong> zu weniger Betreuungspersonen<br />
nicht gewährleistet, außer<strong>dem</strong> ist die<br />
filmische <strong>und</strong> fotografische Dokumentation<br />
kaum mehr möglich<br />
� Dokumentationsbögen optimiert (gekürzt <strong>und</strong><br />
individuell angepasst)<br />
� Tierartenvielfalt: es gibt außer den Ziegen<br />
nun auch Schafe, Minischweine, Rinder,<br />
Schweine <strong>und</strong> einen H<strong>und</strong><br />
� <strong>Therapie</strong>stall nach Umbau: hell, fre<strong>und</strong>lich,<br />
eben <strong>und</strong> pflegeleicht, beheizbar<br />
� Gut eingespieltes Betreuungsteam <strong>und</strong><br />
angenehmes, produktives Arbeitsklima
71<br />
Kapitel 6 Konkrete Beispiele aus der Praxis<br />
(Beate Haas-Geltl)<br />
6.1 Gr<strong>und</strong>sätzliches über die Planung <strong>und</strong> Entstehung einer Einheit<br />
Der Planung <strong>und</strong> Entstehung einer konkreten Einheit geht schon ein gewisser Prozess voraus.<br />
Dazu gehört zu allererst einmal die Definition der Zielgruppe. In unserem Fall waren <strong>und</strong> sind<br />
das geistig <strong>und</strong> mehrfach behinderte Menschen, Menschen mit besonderen Bedürfnissen.<br />
Dann lief folgendes Prozedere ab: Wir machten in unserer Einrichtung eine interne<br />
Bedarfserhebung <strong>und</strong> stellten eine Gruppe aus 6 KlientInnen zusammen. Über jede Person<br />
sammelten wir so viele Informationen wie möglich, aus <strong>dem</strong> Akt (Stammdatenblatt,<br />
Krankengeschichte etc.) <strong>und</strong> durch Gespräche mit BezugsbetreuerInnen <strong>und</strong> wenn möglich<br />
mit den Eltern. Darauf basierend wurde für jede Person im Einzelnen ein Förderplan erstellt,<br />
in <strong>dem</strong> Grobziele <strong>und</strong> Feinziele definiert wurden. Darüber hinaus wurden auch für die Gruppe<br />
als solche Grob- <strong>und</strong> Feinziele überlegt.<br />
Unter Berücksichtigung dieser Förderziele wurde dann eine konkrete St<strong>und</strong>e geplant. Als<br />
Grobziele definieren wir jene Ziele, die nach einem Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten zu<br />
erreichen wünschenswert wären, wobei in den einzelnen St<strong>und</strong>en jeweils untergeordnete<br />
Feinziele erreicht werden sollen.<br />
Es macht natürlich einen Unterschied, ob man mit einer neu zusammengestellten Gruppe eine<br />
erste St<strong>und</strong>e halten will, oder ob man mit einer bereits länger bestehenden Gruppe arbeitet. In<br />
einer ersten St<strong>und</strong>e wird das Kennenlernen <strong>und</strong> Einstellen auf die neue Situation im<br />
Vordergr<strong>und</strong> stehen. Wogegen in der fortlaufenden Arbeit schon sehr viel differenzierter an<br />
diversen Zielen gearbeitet werden kann, ebenso ist ein aufbauendes Arbeiten möglich.<br />
Wichtig <strong>und</strong> nicht zu vernachlässigen nach jeder Einheit ist die Dokumentation. Eine gute<br />
St<strong>und</strong>en-Nachbereitung ist genauso unerlässlich wie eine gute St<strong>und</strong>en-Vorbereitung.
72<br />
6.2 Die Planung <strong>und</strong> Entstehung einer Einheit<br />
Um den Aufbau einer konkreten Einheit besser verständlich <strong>und</strong> nachvollziehbar zu machen,<br />
ist es sinnvoll, erst einmal alle TeilnehmerInnen der Gruppe kurz vorzustellen <strong>und</strong> des<br />
Weiteren die individuellen Förderziele jedes Einzelnen konkret zu definieren.<br />
Bei der kurzen Beschreibung der Anvertrauten erscheint uns in diesem Zusammenhang nicht<br />
sosehr die medizinisch genaue Diagnose <strong>und</strong> detaillierte Krankengeschichte von Bedeutung,<br />
sondern vielmehr die Beschreibung der Charaktere, des Sozialverhaltens, der Eigenarten <strong>und</strong><br />
Spleens, der körperlichen Symptome, der Stärken oder Schwächen in der Alltagsbewältigung<br />
etc., weil das genau die Bereiche sind, wo unsere Maßnahmen ja letztendlich greifen <strong>und</strong><br />
helfen sollen.<br />
6.2.1 Vorstellung der bestehende Gruppe<br />
Unsere Projektgruppe 2006 bestand aus folgenden sechs TeilnehmerInnen:<br />
Kerstin, Johanna, Leon, Roland, Rudolf <strong>und</strong> Oskar;<br />
(Sämtliche Namen sind aus Datenschutzgründen geändert!)<br />
Kerstin:<br />
Sie ist eine Frau mittleren Alters (geb. 1962), die aufgr<strong>und</strong> des Alters- <strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heitszustandes der Eltern kaum mehr Kontakt zu ihnen hat <strong>und</strong> gänzlich bei uns in der<br />
Einrichtung lebt. Sie wirkt nach außen hin verschlossen <strong>und</strong> starr, ist nicht leicht zugänglich<br />
<strong>und</strong> absolut nicht flexibel. Sie ist schwer zu irgendwelchen Tätigkeiten zu motivieren. Sie<br />
redet sehr wenig, hat einen sehr eingeschränkten Wortschatz, gibt aber oft recht laute<br />
Wortäußerungen von sich, vor allem wenn sie emotional erregt ist. Sie kann zu<strong>dem</strong> äußerst<br />
stur sein („NEIN“), <strong>und</strong> wenn etwas nicht nach ihren Vorstellungen abläuft, schlägt ihre<br />
Emotion leicht einmal in Aggressionen um. Der Grad ihrer geistigen Behinderung ist<br />
erheblich, <strong>und</strong> eine autistische Wahrnehmung macht ihr Leben auch nicht gerade leichter. Zu<br />
allem Überfluss hatte sie heuer gezwungenermaßen eine Medikamentenumstellung (das alte<br />
Medikament wurde vom Markt genommen), die bei ihr verstärkt Stimmungsschwankungen<br />
<strong>und</strong> Aggressionsausbrüche zur Folge hatten.
73<br />
Körperlich wirkt sie oft etwas steif <strong>und</strong> verkrampft, vor allem wenn sie sich psychisch nicht<br />
wohl fühlt, unsicher oder überfordert ist. Ihre Beweglichkeit lässt teilweise zu wünschen<br />
übrig, sie ist unsicher beim Gehen oder bei räumlichen Lageänderungen.<br />
Johanna:<br />
Johanna (geb. 1960) lebte bis 2005 bei der Mutter, gemeinsam mit ihrer ebenfalls<br />
gehandicapten Schwester Julia. Beide Frauen sind nur leichtgradig geistig behindert <strong>und</strong> im<br />
lebenspraktischen Bereich weitgehend selbständig, sodass die beiden in unserer Einrichtung<br />
in der Wäscherei gut <strong>und</strong> gerne wertvolle Arbeit leisteten.<br />
Johanna hat eine schwierige Kindheit mit etlichen Schlüsselerlebnissen hinter sich (Tod des<br />
Bruders, Selbstmord des Vaters …), lebte dadurch geprägt immer schon mit gewissen<br />
Ängsten <strong>und</strong> Zwängen, war psychisch labil, oft depressiv <strong>und</strong> antriebsvermindert, <strong>und</strong> sie<br />
hatte eine ausgeprägte Schwäche in der zwischenmenschlichen Kontaktfähigkeit. Im Frühjahr<br />
2005 fiel sie leider akut in eine schwere Psychose <strong>und</strong> wurde für einen längeren Zeitraum<br />
stationär in Mauer-Öhling im Kriseninterventionszentrum untergebracht, weil sie mit ihrem<br />
Leben überhaupt nicht mehr zurecht kam. Johanna zog sich immer mehr in sich zurück, war<br />
gefangen in ihren inneren Zwängen <strong>und</strong> der Realität vollkommen entrückt. Mit Hilfe von<br />
verschiedenen <strong>Therapie</strong>n <strong>und</strong> starken Medikamenten versuchte man sie wieder zu<br />
stabilisieren, was sich aber als sehr schwierig <strong>und</strong> langwierig erwies. Nach ca. fünf Monaten<br />
wurde sie entlassen <strong>und</strong> sollte unter völlig neuen Rahmenbedingungen wieder in die<br />
Strukturen der Behindertenhilfe eingegliedert werden. Seit <strong>dem</strong> Zeitpunkt lebt Johanna auf<br />
Anraten des Kriseninterventionsteams ganz in unserer Einrichtung, der Kontakt zur Mutter ist<br />
auf die sonntäglichen Besuche beschränkt. Die Eingliederung war einigermaßen<br />
problematisch, weil Johanna vor allem anfangs eine sehr intensive 1:1 Betreuung benötigte,<br />
viel Zuwendung, keinerlei Druck <strong>und</strong> keine zu hohen Anforderungen.<br />
Sie ist sehr auf ihre BetreuerInnen fixiert, sie braucht viel Geduld <strong>und</strong> Anleitung, klare<br />
Strukturen, an denen sie sich dann auch orientieren kann. Sie liebt Tiere, Blumen <strong>und</strong><br />
ausgedehnte Spaziergänge in der Natur, Handarbeiten <strong>und</strong> Singen. Essen <strong>und</strong> Süssigkeiten<br />
sind auch zum Lebensinhalt geworden.<br />
Es geht ihr mittlerweile wieder besser, aber der Mensch, der sie früher war, wird sie wohl nie<br />
wieder sein.
Leon:<br />
74<br />
Er ist ein fescher junger Bursche (geb. 1983), der bei uns in der Einrichtung lebt, aber<br />
regelmäßig an den Wochenenden Kontakt zu seiner Familie hat. Leon ist psychomental<br />
retardiert <strong>und</strong> Autist. Und wie es für Autisten so typisch ist, hält er die Nähe zu anderen<br />
Menschen nur schwer aus, genauso wie das Verweilen in einer Gruppe oder in einem Raum.<br />
Er isoliert sich in seiner eigenen Welt.<br />
Jede Veränderung stürzt ihn in eine Krise, auf jede neue Bezugsperson muss er sich neu<br />
einstellen. In seiner gestörten Wahrnehmung ist ein Transfer von bereits Erlerntem auf<br />
ähnliche Situationen generell – nicht nur auf Beziehungsebene - nicht oder nur sehr<br />
eingeschränkt möglich.<br />
Leon provoziert die Menschen seiner Umgebung, um sich durch deren Reaktion selbst<br />
wahrzunehmen. Sein Antrieb ist erhöht, er muss ständig in Bewegung sein (geht auf <strong>und</strong> ab),<br />
er braucht (Bewegungs-)Freiräume aber auch klar definierte Regeln <strong>und</strong> Rahmenbedingungen<br />
sowie Rituale in seiner Tagesstruktur, sonst läuft er davon oder wird panisch bis aggressiv.<br />
Es ist schwierig, ihn zu Arbeiten oder Beschäftigungen zu motivieren. Schafft man es doch,<br />
so bleibt er nie lange an einer Sache dran, weil er statisches Verharren nicht lange aushält.<br />
Von sich aus Kontakt sucht er hauptsächlich zu seinen vertrauten Bezugspersonen, also den<br />
BetreuerInnen, weniger zu seinen KollegInnen.<br />
Leon hat ein gutes Verständnis, er weiß sehr viel <strong>und</strong> merkt sich auch sehr viel. Aber er kann<br />
es oft nicht oder nur zeitversetzt wiedergeben bzw. kann die Dinge, die er sagt, nicht in die<br />
Tat umsetzen. Er hat einen guten Wortschatz, redet aber oft etwas unverständlich. Er führt oft<br />
Selbstgespräche, stellt stereotype Fragen oder gibt stereotyp Inhalte wieder, die er gelernt<br />
oder irgendwo aufgeschnappt hat. Seine Wahrnehmung ist sehr genau, es entgeht ihm nichts,<br />
aber die Wahrnehmungsumsetzung ist – wie für Autisten so typisch – verschoben <strong>und</strong><br />
abweichend von der Norm, was in der sozialen Interaktionen oft zu Schwierigkeiten führt.<br />
Roland:<br />
Er ist ein junger Mann (geb. 1982) mit geistiger Behinderung <strong>und</strong> seit seiner Geburt blind. Er<br />
lebt bei seiner Mutter, zu der er ein etwas ambivalentes Verhältnis hat. Die Mutter hat ihn zu<br />
ihrem Lebensmittelpunkt <strong>und</strong> -inhalt gemacht, wodurch er einerseits eine sehr enge Bindung
75<br />
zu ihr hat, aber wogegen er auch manchmal rebelliert, in<strong>dem</strong> er Streit mit ihr sucht <strong>und</strong> sie<br />
wüst beschimpft. Tagsüber besucht er unsere Einrichtung.<br />
Roland hat wenig eigenen Antrieb, zeigt aber immer großes Interesse, wenn ihm etwas<br />
(an)geboten wird. Je passiver er konsumieren kann, umso lieber ist ihm das.<br />
Dementsprechend passiv ist oft seine Körperhaltung. Wenn man ihn nicht ständig erinnert<br />
oder dazu auffordert, sackt er mit hängen<strong>dem</strong> Kopf vollends in sich zusammen. In<br />
alltagspraktischen Dingen ist er nicht besonders selbstständig, er war nie gefordert, es zu<br />
lernen. Obwohl er im Blindeninstitut im Internat war, hat er weder die Blindenschrift gelernt,<br />
noch hat er Mobilitätstraining gemacht. Sprachlich ist er sehr gut. Er hat einen umfangreichen<br />
Wortschatz, redet fließend <strong>und</strong> zusammenhängend <strong>und</strong> hat auch Freude daran, sich<br />
mitzuteilen <strong>und</strong> etwas zu erzählen. Sprachlich ist er weit besser als kognitiv, was mit sich<br />
bringt, dass man ihn oftmals in seinen Fähigkeiten überschätzt <strong>und</strong> ihn überfordert.<br />
Er ist nur in einer 1:1-Situation motivier- <strong>und</strong> förderbar.<br />
Rudolf:<br />
Er ist ein begeisterungsfähiger, junger Mann (geb. 1983), der bei den Eltern lebt <strong>und</strong> tagsüber<br />
bei uns in der Einrichtung ist. Er ist aufgr<strong>und</strong> einer postnatalen, frühkindlichen<br />
Gehirnschädigung psychomotorisch retardiert.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich hat Rudolf ein sehr fröhliches <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>liches Wesen, er ist offen <strong>und</strong> vor<br />
allem Schwächeren gegenüber sehr hilfsbereit, auch ist er ausgesprochen kinder- <strong>und</strong> tierlieb.<br />
Aber er leidet an unkontrollierten, oft sehr heftigen Wutausbrüchen, die dann fast immer mit<br />
Fremdaggression einhergehen.<br />
Dinge, die ihm wichtig sind, verteidigt er wild gestikulierend mit Nachdruck bis hin zu<br />
Aggression, <strong>und</strong> er wird zornig, wenn man von ihm Handlungen oder Tätigkeiten fordert, die<br />
er nicht ausüben will.<br />
Rudolf ist sehr vaterbezogen <strong>und</strong> hat zu männlicher Autorität ein eher ambivalentes<br />
Verhältnis, was durchaus immer wieder zu Konflikten <strong>und</strong> Aggressionsausbrüchen führen<br />
kann.<br />
Rudolf ist sicher in seiner Bewegung <strong>und</strong> durchaus zu körperlich anstrengenden Tätigkeiten<br />
fähig, bei ihm ist es eher ein Motivationsproblem. Wenn man es schafft, ihn mit „Schmäh“ zu<br />
motivieren, ist er vollauf bei der Sache <strong>und</strong> nachher sehr stolz auf seine Leistungen.
76<br />
Sprachlich hat er schwere Defizite. Er hat einen sehr eingeschränkten Wortschatz, bringt<br />
maximal Zwei- bis Drei-Wortverbindungen zustande <strong>und</strong> redet zu<strong>dem</strong> äußerst <strong>und</strong>eutlich. Er<br />
ist dadurch sehr gehemmt, obwohl er im Gr<strong>und</strong>e total mitteilungsbedürftig ist. Sein<br />
Sprachverständnis ist gut.<br />
Oskar:<br />
Er ist ein junger Mann (geb.1981), der bei den Eltern lebt <strong>und</strong> tagsüber bei uns in der<br />
Einrichtung ist. Oskar ist Autist. Er ist zwar gerne unter Menschen, ist aber meist unfähig zur<br />
Kontaktaufnahme. Seine Wahrnehmung ist sehr genau, aber auch bei ihm – wie für Autisten<br />
so typisch – ist die Umsetzung paradox <strong>und</strong> abweichend von <strong>dem</strong>, was man sich<br />
normalerweise erwartet. Oskar ist sehr sensibel <strong>und</strong> introvertiert, aber er kennt <strong>und</strong> akzeptiert<br />
Regeln <strong>und</strong> Grenzen, wenn man diese geduldig <strong>und</strong> konsequent von ihm einfordert <strong>und</strong><br />
Verzögerungen dabei hinnimmt. Mit Zeitvorgaben kommt er schwer zurecht, weil er ein<br />
eigenes Zeitverständnis <strong>und</strong> „Lebenstempo“ hat.<br />
Emotionen <strong>und</strong> Stimmungen – egal ob positive oder negative – einzuordnen <strong>und</strong> zu ertragen,<br />
bereitet ihm Probleme, was er durch Stereotypien zu übergehen bzw. auszugleichen versucht.<br />
Wenn es ihm zu viel oder zu laut wird, hält er sich z.B. beide Ohren zu <strong>und</strong> senkt den Kopf<br />
ab. Auch räumliche Distanz hilft ihm oft.<br />
Oskar lebt in seiner eigenen Welt, aufgr<strong>und</strong> der für ihn wahrscheinlich nicht<br />
nachvollziehbaren Sinnhaftigkeit ist er oftmals nur schwer zu einer Tätigkeit zu motivieren.<br />
Er findet sich seine Beschäftigungen lieber selbst, deren Sinnhaftigkeit für uns wiederum oft<br />
schwer oder gar nicht nachvollziehbar ist.<br />
Sprachlich ist er gut orientiert, er versteht alles <strong>und</strong> kann sich auch selbst adäquat ausdrücken,<br />
allerdings in einer sehr eigenwilligen Art <strong>und</strong> Weise. So redet er von sich z.B. in der dritten<br />
Person <strong>und</strong> auch seine Satzzusammenstellung ist etwas ungewöhnlich.<br />
Aber wenn er Freude an etwas hat, dann zeigt er das unmissverständlich, sowohl durch eine<br />
sehr starke Mimik <strong>und</strong> Gestik, als auch durch erregtes, lautes Sprechen mit unzähligen<br />
Wiederholungen. Genauso massiv äußerst er sich, wenn ihn etwas stört oder irritiert.<br />
Er mag Tiere, er liebt Spaziergänge <strong>und</strong> Erfahrungen in der Natur.<br />
Manchmal wirkt er wie ein kleines „Traummännlein“.
6.2.2 Individuelle Förderziele<br />
77<br />
Basierend auf diesem Wissen wurden für jede Person individuelle Förderziele festgelegt. Die<br />
Anzahl der Förderziele kann variieren, je nach<strong>dem</strong> wie komplex das jeweilige Ziel ist, <strong>und</strong><br />
auf welcher Entwicklungsstufe die betroffene Person steht. In der Folge sind eben diese<br />
individuellen Förderziele (Grobziele) unserer sechs TeilnehmerInnen aufgelistet.<br />
Kerstin:<br />
� Verbesserung des eigenen Körpergefühls<br />
� Beweglichkeit steigern / motorische Blockaden abbauen<br />
� Steigerung der sozialen Kontaktfähigkeit<br />
� Steigerung von Motivation <strong>und</strong> <strong>Aus</strong>dauer<br />
Johanna:<br />
Leon:<br />
� Lebensfreude vermitteln<br />
� ihren Platz in der Gruppe finden / soziale Kontakte fördern<br />
� Motivation <strong>und</strong> <strong>Aus</strong>dauer steigern<br />
� besser mit Zwängen <strong>und</strong> Ängsten umgehen lernen<br />
� Akzeptanz von fremdbestimmten Aufgaben<br />
� Einhaltung von Regeln <strong>und</strong> Abmachungen<br />
� Steigerung von Motivation <strong>und</strong> <strong>Aus</strong>dauer<br />
� aktive Beteiligung am Gruppengeschehen / Integration in die Gruppe<br />
� dran bleiben anstatt weglaufen<br />
Roland:<br />
� Mobilität <strong>und</strong> Orientierung steigern<br />
� gesteigerte Körperwahrnehmung / bessere Körperhaltung<br />
� Selbstvertrauen <strong>und</strong> Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten stärken<br />
� aus der Passivität in die Aktivität
� Handlungsausdauer steigern<br />
78<br />
� beide Hände einsetzten (zum fühlen, begreifen <strong>und</strong> tun)<br />
Rudolf:<br />
Oskar:<br />
� Kontrolle seiner Aggressionsausbrüche<br />
� sozial angemessenes Verhalten<br />
� Steigerung der sprachlichen <strong>Aus</strong>drucksfähigkeit<br />
� Akzeptieren <strong>und</strong> angemessenes Behandeln von Autoritätspersonen<br />
� Einhaltung von Regeln <strong>und</strong> Abmachungen<br />
� mit zeitlichen Vorgaben umgehen lernen<br />
� körperliche Nähe <strong>und</strong> Kontakte zulassen können (Partnerarbeit)<br />
� Integration in die Gruppe (Zugehörigkeitsgefühl)<br />
� Stereotypien durchbrechen (zu ihm durchdringen)<br />
6.2.3 Förderziele für die Gruppe<br />
Durch die spezielle Gruppenkonstellation ergaben sich aber auch Ziele für die Gruppe als<br />
solche. Unsere Gruppe z.B. bestand zu einem Großteil aus „EinzelgängerInnen“. In den<br />
seltensten Fällen fand ein Miteinander statt, es ist eher ein egoistisches auf seine eigenen<br />
Bedürfnisse schauen. Manche wollten sich unbedingt hervortun <strong>und</strong> im Mittelpunkt stehen,<br />
andere waren unscheinbar <strong>und</strong> wollten nicht so gerne im Geschehen sein.<br />
Also waren die Förderziele:<br />
� soziale Interaktion zwischen den TeilnehmerInnen<br />
� ein Gefühl für die Gruppe als Gemeinschaft entwickeln <strong>und</strong> sich als Teil dieser<br />
Gemeinschaft fühlen<br />
� soziale Verantwortung übernehmen<br />
� gruppendynamische Prozesse fördern<br />
� gegenseitige Wertschätzung der Gruppenmitglieder
79<br />
6.2.4 Feinziele für eine konkrete Einheit<br />
Für die St<strong>und</strong>envorbereitung wurde für jede Person ein <strong>dem</strong> Grobziel untergeordnetes<br />
Feinziel definiert, welches bei der Erstellung des Programms berücksichtigt <strong>und</strong> in der Einheit<br />
bearbeitet wurde.<br />
In <strong>dem</strong> unter Punkt 6.3 beschriebenem Programm fanden folgende Feinziele<br />
Berücksichtigung:<br />
Kerstin:<br />
� räumliche Lageänderungen, motorische Flexibilität steigern<br />
Johanna:<br />
Leon:<br />
� sie wenigstens einmal herzhaft zum Lachen bringen<br />
� Kontaktaufnahme mit <strong>dem</strong> Tier<br />
� Kontaktaufnahme mit einem Partner bei einer Partnerübung<br />
Roland:<br />
� soll – nur geführt von der Ziege – alleine den Weg zur Koppel gehen<br />
Rudolf:<br />
Oskar:<br />
� soll vor Beginn der Einheit seine Zeitschrift in einer Mappe im Aufenthaltsraum<br />
lassen<br />
� kein Zornausbruch nach der Mittagspause (Regel!)<br />
� soll bei einer Partnerübung Berührungen zulassen <strong>und</strong> den Blick erwidern<br />
Gruppe:<br />
� Gruppendynamik<br />
6.3 Detailliertes Programm einer Einheit im August 2006<br />
Eine Einheit setzte sich zusammen aus<br />
� einem <strong>Therapie</strong>teil (6.3.1)<br />
� einer gemeinsamen Mittagspause (6.3.2)<br />
� einem pädagogischen Erlebnisteil (6.3.3)
80<br />
Im Anschluss daran fand (ohne Anvertraute) die Nachbesprechung <strong>und</strong> Dokumentation statt.<br />
Folgende Punkte sind – obwohl bereits vergangen – in der Gegenwart verfasst, weil das<br />
generell der tatsächlichen St<strong>und</strong>envorbereitung sowie Dokumentation entspricht.<br />
6.3.1 Tiergestützte therapeutische Fördermaßnahmen<br />
die Gruppe: Leon, Roland, Rudolf, Oskar, Kerstin <strong>und</strong> Johanna<br />
betreut von: Beate, Martina, Maria <strong>und</strong> Susi (Praktikantin)<br />
Ziegen: Felix <strong>und</strong> Flecki<br />
Gemeinsames Programm im Hof:<br />
� nach der Ankunft Begrüßung mit Saft, sich einstimmen<br />
� da das Wetter schön <strong>und</strong> warm ist, entscheiden wir uns für die Koppel<br />
� die Anvertrauten werden mit Sonnencreme eingeschmiert <strong>und</strong> bekommen eine<br />
Kopfbedeckung, um sie vor Sonnenbrand <strong>und</strong> Sonnenstich zu schützen<br />
� letzte Vorbereitungen: Übungsmaterialien etc. im Handwagen herrichten<br />
� Therapeutische Einheit mit den Ziegen:<br />
� Begrüßung der Ziegen im Stall, streicheln;<br />
� Bürsten <strong>und</strong> Striegelhandschuh holen <strong>und</strong> Ziegen bürsten;<br />
� Halsbänder <strong>und</strong> Leinen holen, Halsbänder umbinden, Ziegen anleinen <strong>und</strong> in den Hof<br />
führen<br />
� Ziegen auf die Koppel führen, ableinen <strong>und</strong> die Leinen im Körbchen außer Reichweite<br />
der Ziegen deponieren;<br />
� Begrüßungslied: im Kreis hinsetzen (Baumstämme): Morgenkreis mit Begrüßungslied<br />
„Guten Morgen, guten Morgen, wir winken uns zu. Guten morgen, guten Morgen, erst<br />
ich <strong>und</strong> dann du“ mit Gesten.<br />
� Ziegennamentheater: wir holen die Ziegen in den Kreis <strong>und</strong> Begrüßen sie mit<br />
Streicheln; wir wiederholen dabei kurz die Namen <strong>und</strong> Merkmale der Ziegen, erst von<br />
den beiden Anwesenden, dann von den zwei Abwesenden;
81<br />
� Partnerübung: die TeilnehmerInnen (in der Folge TN) gehen paarweise zusammen,<br />
jeder TN bekommt einen kleinen Ball, wir locken die Ziegen in den Kreis; TN A<br />
rollt/massiert mit <strong>dem</strong> Ball TN B an einer ausgesuchten Körperstelle (wie z.B.<br />
Rücken, Kopf, Arm, Schulter…). TN B soll die berührte Stelle lokalisieren <strong>und</strong><br />
benennen <strong>und</strong> dann mit seinem Ball die Ziege am gleichen Körperteil berühren.<br />
(Rollen tauschen)<br />
� Gruppenübung: ein TN lockt mit Futterzweigen eine Ziege in die Kreismitte <strong>und</strong><br />
verweilt dort mit ihr, in<strong>dem</strong> er sie streichelt oder bürstet; die anderen TN stellen sich<br />
im Kreis herum auf <strong>und</strong> fassen sich an den Händen, gehen einen Schritt auf die Mitte<br />
zu, der TN in der Mitte bestimmt den nächsten TN, der ihn in der Mitte bei der Ziege<br />
ablöst <strong>und</strong> nimmt dafür seinen Platz im Kreis ein; alle gehen wieder einen Schritt<br />
auseinander, usw., nach Möglichkeit sollte jeder TN einmal in der Mitte gewesen sein<br />
<strong>und</strong> kein TN sollte vorzeitig den Kreis verlassen;<br />
� Zum Abschluss setzen wir uns wieder gemeinsam in den Kreis <strong>und</strong> singen ALLE<br />
gemeinsam das Ziegen-Lied:<br />
� Wir bedanken uns noch bei den Ziegen mit einer Belohnung: jeder TN darf eine Hand<br />
voll Körner in die Futter-Rinne geben. Dann werden die Ziegen angeleint <strong>und</strong> wieder<br />
zurück in den Stall geführt.
82<br />
BILDTAFEL 3 THERAPEUTISCHE FÖRDERMASSNAHMEN<br />
Abb.34: Ziegen bürsten Abb.35: Ziegen führen<br />
Abb.36: Weg zur Koppel Ab.37: Ziege locken<br />
Abb.38: Ziege massieren 1 Abb.39: Ziege massieren 2
Abb.40: Kontaktaufnahme Abb.41: Berührung/Zuwendung<br />
6.3.2 Mittagspause<br />
83<br />
Nun haben sich alle eine Mittagspause verdient. Zuerst einmal gehen alle TeilnehmerInnen in<br />
Begleitung von Beate <strong>und</strong> Martina auf das WC <strong>und</strong> Hände waschen. Während dessen stellen<br />
Maria <strong>und</strong> Susi die Heurigentische <strong>und</strong> –bänke im Schatten im Hof auf. Alle treffen sich dann<br />
dort zu einem gemütlichen Mittagslunch. Maria bringt frischen Saft. Und als Überraschung<br />
gibt es heute frisch gekochte Maiskolben (wir haben im Frühjahr Maiskörner im<br />
Gemüsegarten eingesetzt!) mit Butter <strong>und</strong> Salz.<br />
Abb.42: Mittagspause im Hof 1 Abb.43: Mittagspause im Hof 2
84<br />
Die Freude über das Resultat der eigenen Arbeit ist groß <strong>und</strong> je<strong>dem</strong> schmeckt es. Aber auch<br />
unsere Lunchpakete finden wie immer großen Anklang. Es gibt verschiedene Wurst- <strong>und</strong><br />
Käsesemmeln <strong>und</strong> Weckerln, als Nachspeise gibt es Obstgarten <strong>und</strong> natürlich auch Äpfel <strong>und</strong><br />
Bananen. Essen hat für all unsere Anvertrauten einen hohen Stellenwert, <strong>dem</strong>entsprechend<br />
wird es genussvoll zelebriert.<br />
6.3.3 Pädagogische Fördermaßnahmen<br />
Wir holen Schweinchen Paula aus <strong>dem</strong> Stall, binden ihm das Brustgeschirr um <strong>und</strong> leinen es<br />
an. Oskar möchte heute mir Paula gehen. Leon bekommt einen Kübel mit einer kleinen<br />
Handharke in die Hand gedrückt, wofür er jetzt verantwortlich ist. Rudolf fährt mit der<br />
Schiebetruhe. Und dann machen wir uns alle gemeinsam auf den Weg zum Gemüsegarten, wo<br />
wir im Frühjahr den Mais gepflanzt haben. Dort stehen die ausgewachsenen Pflanzen. Einen<br />
Teil der Kolben hat Maria schon vorher für unser Mittagessen abgeerntet, aber einige Kolben<br />
sind noch an den Stängeln. Die werden jetzt noch geerntet <strong>und</strong> zu Leon in den Kübel gegeben.<br />
Die leeren Stängeln werden auch abgeerntet, in die Schiebetruhe geladen <strong>und</strong> zum Verfüttern<br />
an die Rinder mit heim genommen.<br />
Schweinchen Paula genießt derweilen seinen Freigang, Oskar hält noch immer brav die Leine.<br />
Gemeinsam machen wir uns auf den Rückweg, laden die Maisstängel bei den Rindern ab <strong>und</strong><br />
bringen Paula in den Stall zurück.<br />
Danach verabschieden wir uns. Wir bringen die Anvertrauten mit <strong>dem</strong> Bus zurück in die<br />
Einrichtung <strong>und</strong> ziehen uns zur Nachbesprechung <strong>und</strong> Dokumentation zurück.<br />
6.3.4 Nachbesprechung <strong>und</strong> Dokumentation<br />
6.3.4.1 Die qualitative Dokumentation<br />
Heute war ein w<strong>und</strong>erschöner Sommertag, die Teilnehmerinnen waren in einer guten<br />
Stimmung <strong>und</strong> motiviert. Die Gruppe war heute nach längerer Zeit wieder einmal vollzählig<br />
<strong>und</strong> kein/e <strong>Lehrgang</strong>spraktikanntIn sorgt für Ablenkung.
Auch die Ziegen waren gut bei der Sache, vor allem Felix war heute ein Traum.<br />
85<br />
Ideale Voraussetzungen für einen guten <strong>Therapie</strong>verlauf.<br />
Kerstin:<br />
Kerstin war heute sehr gut gelaunt. Immer wieder gibt sie Kommentare zum Geschehen ab.<br />
Sie wirkt heute körperlich nicht so verkrampft wie sonst. Im Stall bei den Ziegen ist sie nur<br />
kurz zum Streicheln der Ziegen zu motivieren, danach ist sie nur Beobachterin. Eine Ziege an<br />
der Leine auf die Koppel zu führen gelingt ihr nicht, weil sie die Leine sofort auslässt, sobald<br />
ein wenig Zug daran ist. Aber Kerstin geht alleine sicheren <strong>und</strong> flotten Schrittes zur Koppel.<br />
Bei den Übungen macht sie zwar mit, aber nur wenn man sie dabei führt <strong>und</strong> leitet, <strong>und</strong> selbst<br />
dann nur sehr reduziert. Der Wechsel vom Sitzen zum Stehen <strong>und</strong> das Bücken gelingt ihr<br />
heute gut.<br />
Auch beim Spaziergang nach <strong>dem</strong> Mittagessen ist sie flott <strong>und</strong> sicher unterwegs. Bei der<br />
Maisernte helfen will sie allerdings nicht.<br />
Johanna:<br />
Johanna ist mit Oskar die Erste im Stall bei den Ziegen. Mit einer Hingabe streichelt <strong>und</strong><br />
bürstet sie die Ziegen am ganzen Körper. Die Freude steht ihr dabei ins Gesicht geschrieben.<br />
Sie kann gar nicht genug davon bekommen. Sie legt Flecki das Halsband um <strong>und</strong> die Leine<br />
an. Führen mag sie die Ziege aber nicht.<br />
Auf der Koppel ist sie nicht ganz bei der Sache. Sie sitzt zwar die meiste Zeit bei uns im<br />
Kreis, wirkt aber etwas gedankenverloren <strong>und</strong> abwesend. Unter viel Zuspruch der<br />
Betreuerinnen macht sie bei der Partnerübung mit, wobei sie lieber die Ziege als den Partner<br />
berührt. Bei der Gruppenübung macht sie anfangs noch mit, aber dann dauert es ihr zu lange<br />
<strong>und</strong> sie geht eine R<strong>und</strong>e über die Koppel Blumen pflücken (eine ihrer<br />
Lieblingsbeschäftigungen). Die <strong>Aus</strong>sicht auf das bevorstehende Mittagessen zaubert ihr am<br />
St<strong>und</strong>enende ein Leuchten ins Gesicht.<br />
Das Mittagessen gestaltet sich wie immer etwas mühsam, weil Johanna immer sehr gierig ihr<br />
Essen verschlingt, ohne es zu kauen, was oft einen Würgereflex bei ihr auslöst <strong>und</strong> sie zum<br />
Erbrechen bringt. Also müssen wir auch heute darauf achten, dass sie es nicht übertreibt. Den
86<br />
Maiskolben kann sie leider nicht essen, weil er ihr zu hart ist. Sie hat noch immer keine Zähne<br />
<strong>und</strong> kann nur weiche oder sehr klein zerteilte Nahrung zu sich nehmen.<br />
Im <strong>Pädagogik</strong>teil ist sie in ihrem Element: spazieren gehen <strong>und</strong> etwas ernten.<br />
Leon:<br />
Leon ist zwar heute gut gelaunt, in den Ziegenstall bringen wir ihn aber heute gar nicht<br />
hinein. Er verweigert total, bringt nicht einmal die Bürsten, Halsbänder <strong>und</strong> Leinen hinein.<br />
Aber er hält sich wenigstens an die vereinbarten Regeln <strong>und</strong> bleibt im Hof <strong>und</strong> geht nicht fort.<br />
Im Hof übernimmt er dann aber bereitwillig die Ziege, die Johanna nicht führen will, <strong>und</strong> geht<br />
mit ihr bis auf die Koppel, wo er sie ableint, die Leine ins Körbchen legt <strong>und</strong> in Sicherheit<br />
bringt. Leon bleibt die meiste Zeit bei uns im Kreis, macht auch bei allen Übungen zumindest<br />
teilweise mit, ist aber zum Teil sehr provokant <strong>und</strong> lenkt mit Fragen ab, die nichts mit der<br />
Sache zu tun haben. Dabei lacht er. Die Partnerübung macht er mit, wobei die<br />
Kontaktaufnahme zum Partner <strong>und</strong> zur Ziege eher peripher stattfindet, weil er mehr damit<br />
beschäftigt ist, uns Löcher in den Bauch zu fragen. Auch ihm dauert die letzte Übung zu<br />
lange, er möchte die St<strong>und</strong>e lieber schon beenden. Er ist sehr erleichtert, als er am Ende<br />
endlich die Ziege anleinen <strong>und</strong> zurückbringen darf.<br />
Beim Mittagessen isst er nur einen Maiskolben, unsere Lunchpakete interessieren ihn heute<br />
wieder einmal gar nicht. Nur eine Banane will er noch davon haben. Er geht viel im Hof auf<br />
<strong>und</strong> ab, verweilt zwischendurch aber immer wieder bei uns am Tisch.<br />
Beim Spaziergang zum Gemüsegarten kommt er den ihm auferlegten Verpflichtungen brav<br />
nach <strong>und</strong> trägt den Kübel samt Inhalt.<br />
Roland:<br />
Roland braucht wie immer 1:1 Betreuung <strong>und</strong> sehr viel Motivationshilfe. Aber er ist gut<br />
gelaunt <strong>und</strong> erzählt vom letzten Wochenende, wo er mit seiner Mutter einen <strong>Aus</strong>flug gemacht<br />
hat. Im Stall ist er wie immer sehr zaghaft beim Streicheln der Ziegen. Aber immerhin hat er<br />
sich alleine bis in den Stall vorgetastet. Susi kümmert sich fast ausschließlich um Roland, sie<br />
streichelt mit ihm die Ziegen <strong>und</strong> hilft ihm, Felix das Halsband um- <strong>und</strong> die Leine anzulegen.<br />
Es dauert wie immer sehr lange. Da die Ziegen meist recht stürmisch den Stall verlassen, führt<br />
Susi mit ihm die Ziege in den Hof. Ab dort übernimmt er sie alleine. Susi steuert nur noch ein
87<br />
wenig die Ziege, <strong>und</strong> Roland folgt der Ziege tapfer <strong>und</strong> alleine bis zur Koppel. Sogar das<br />
letzte Steilstück schafft er unter einigem Gemurre. Bei den Übungen bringt er sich heute – mit<br />
intensiver Unterstützung von Susi – sehr brav ein. Er weiß sogar einen Ziegennamen. Auf<br />
<strong>dem</strong> Rückweg möchte er lieber mit Susi <strong>und</strong> ohne Ziege gehen.<br />
In der Mittagspause ist er begeistert über die Maiskolben. Er äußert, dass er unbedingt wieder<br />
etwas anbauen möchte, um es dann zu ernten <strong>und</strong> zu genießen. Wir freuen uns über diese<br />
Motivation. Und auch im Gemüsegarten spricht er wieder davon, dass wir nächstes Jahr<br />
unbedingt wieder Mais anbauen sollen. Er hilft auch ein wenig mit, in<strong>dem</strong> er einen Maisstiel<br />
aberntet <strong>und</strong> in die Schiebetruhe legt.<br />
Rudolf:<br />
Rudolf hat wieder eine Autozeitung mit. Weil er sich von dieser nie trennen mag, aber die<br />
Ziegen gerne Papier fressen, war das in den letzten St<strong>und</strong>en Konfliktpotential. Martina hat<br />
heute eine Mappe mit <strong>und</strong> vereinbart noch vor der Abfahrt mit ihm, dass er die Zeitung in<br />
dieser Mappe deponiert. Bei der Ankunft zeigt er noch je<strong>dem</strong> das Heft, aber bevor es dann<br />
losgeht, legt er nach einer Weile des Zuredens das Heft tatsächlich in die Mappe, welche wir<br />
dann im Bus lassen.<br />
Rudolf geht mit in den Stall, will aber nicht zu den Ziegen hinein. Er begrüßt lieber Susi <strong>und</strong><br />
Paula (die Schweinchen) <strong>und</strong> beobachtet das Geschehen vom Gang aus.<br />
Er möchte mit keiner Ziege gehen, sondern lieber mit <strong>dem</strong> Handwagen die Arbeitsmaterialien<br />
zur Koppel fahren. Den Handwagen nennt er liebevoll seinen „Porsche“, welchen ihm<br />
niemand streitig machen darf.<br />
Auf der Koppel ist Rudolf voll motiviert <strong>und</strong> macht bei allen Übungen mit. Manchmal muss<br />
man ihm zwar ein wenig zureden, aber umso größer ist seine Freude, wenn er dann etwas gut<br />
macht. Und natürlich führt er den Handwagen wieder zurück.<br />
Das Mittagessen genießt er, wie immer. Auch er ist begeistert von den Maiskolben.<br />
Bereits beim Mittagessen weisen wir Rudolf darauf hin, dass wir nach <strong>dem</strong> Mittagessen<br />
NICHT gleich heimfahren, sondern wie immer noch der <strong>Pädagogik</strong>teil stattfindet. Und wir<br />
erinnern ihn an die Abmachung, deshalb nicht zornig zu werden.
88<br />
Als es dann soweit ist, beginnt er zwar momentan zu schimpfen, als wir ihn aber noch einmal<br />
etwas schärfer an unsere Abmachung erinnern, beruhigt er sich wieder <strong>und</strong> es kommt zu<br />
keinem Aggressionsausbruch. Er ist dann sogar einer der Aktivsten bei der Maisernte.<br />
Oskar:<br />
Oskar ist einer der Ersten im Stall bei den Ziegen. Er ist so euphorisch <strong>und</strong> erregt, dass er die<br />
Ziegen aber einigermaßen grob bürstet. Wir versuchen ihm zu erklären, wie man es richtig<br />
macht <strong>und</strong> üben es mit ihm. Nach<strong>dem</strong> Leon uns heute im Stich lässt, holt Oskar die<br />
Halsbänder <strong>und</strong> Leinen. Beim Hinweg führt er keine Ziege, weil beide schon vergeben sind.<br />
Aber am Rückweg geht er mit Felix.<br />
Auf der Koppel hält es Oskar heute erstaunlich lange im Kreis aus. Die Partner- <strong>und</strong> die<br />
Gruppenübung kostet ihn viel Überwindung. Aber mit viel Zuspruch hält er die Nähe aus,<br />
massiert mit <strong>dem</strong> Ball sowohl den Partner als auch die Ziege, nur den Blickkontakt kann er<br />
nicht halten. Bei der Gruppenübung hält er lange die Hände gefasst, in die Kreismitte mag er<br />
nicht, <strong>und</strong> gegen Ende wird er nervös <strong>und</strong> verlässt letztendlich den Kreis vorzeitig.<br />
Dafür stimmt er – wie auch schon erstaunlicherweise die letzten Male – unaufgefordert das<br />
Ziegenlied an, was ihm offensichtlich Freude bereitet. Wir finden das faszinierend.<br />
Nach <strong>dem</strong> Mittagessen ist er mit Paula unterwegs. Es ist für uns erstaunlich, mit welcher<br />
Geduld es das erledigt. Aber das liegt vielleicht daran, dass auch Paula in der Natur ein etwas<br />
anderes Zeitverständnis hat, welches offensichtlich zu <strong>dem</strong> von Oskar passt.<br />
6.3.4.2 Die statistische Dokumentation<br />
Wie bereits in einem früheren Kapitel erwähnt, gibt es eigens ausgearbeitete<br />
Dokumentationsbögen für eine spätere statistische <strong>Aus</strong>wertung.<br />
Für jede/n TeilnehmerIn wurde zusätzlich zur qualitativen Dokumentation auch nach jeder<br />
<strong>Therapie</strong>einheit so ein Bogen ausgefüllt, davon möchten wir in dieser Arbeit aber absehen.<br />
Ein Musterbogen ist im Anhang zu finden.
6.4 Fallbesprechungen<br />
89<br />
An dieser Stelle wollen wir über zwei ausgewählte KlientInnen sprechen, ein Klient dient<br />
dabei als Positivbeispiel, eine Klientin als Negativbeispiel. Und zwar wollen wir anhand der<br />
Fallbesprechung dieser beiden Personen nachträglich den Entwicklungsverlauf zeigen. Als<br />
Gr<strong>und</strong>lage dafür dienten unsere Aufzeichnungen <strong>und</strong> Dokumentationen.<br />
In der einen Fallbesprechung geht es um Roland. Er ist bereits im Kapitel 6.2.1 als eines der<br />
Gruppenmitglieder vorgestellt worden. Anhand seines Entwicklungsverlaufes möchten wir<br />
aufzeigen, welch positive <strong>Aus</strong>wirkungen die tiergestützten Fördermaßnahmen auf ihn gehabt<br />
haben <strong>und</strong> wie sich das konkret äußert.<br />
In der zweiten Fallbesprechung geht es um Helene. Helene war für kurze Zeit Teilnehmerin<br />
im ersten Praxisjahr. Sie ist ein Beispiel dafür, dass diese Form der Maßnahmen nicht in<br />
je<strong>dem</strong> Fall nur positive sondern auch negative <strong>Aus</strong>wirkungen haben kann.<br />
Auch hier ist die Gegenwartsform gewählt, weil das bei Dokumentationen <strong>und</strong><br />
Fallbesprechungen, zu welchen MitarbeiterInnen der Behindertenhilfe regelmäßig verpflichtet<br />
sind, so üblich ist.<br />
6.4.1 Fallbesprechung Roland F.<br />
Wir erinnern uns: Roland ist blind, ist sprachlich sehr gut, sodass man ihn in seinen<br />
Fähigkeiten oftmals überschätzt, <strong>und</strong> ist in vielen Bereichen der Lebenspraxis höchst<br />
unselbständig. Er ist vom Typ her sehr passiv <strong>und</strong> wird lieber unterhalten <strong>und</strong> beschäftigt, als<br />
selbst etwas zu tun. Um ihn zu mehr Aktivität zu motivieren, erfordert das eine intensive 1:1<br />
Betreuungssituation. Von seiner Mutter wird er sehr verwöhnt <strong>und</strong> verhätschelt <strong>und</strong> außer<strong>dem</strong><br />
von vorne bis hinten bedient.<br />
Roland ist von Beginn an sehr erfreut über die Teilnahme an diesem Projekt. Er ist neugierig<br />
<strong>und</strong> erwartet, dass ihm etwas geboten wird. Die Tatsache, dass eine Menge Anforderungen an<br />
ihn gestellt werden, überrascht ihn. Er ist diese Art von Aktivität offenbar nicht gewöhnt.<br />
Aber aus der Ruhe bringt ihn das nicht. Er tut einfach nichts <strong>und</strong> wartet ab, was passiert. Sehr
90<br />
rasch kommen wir drauf, dass Roland nur aktiv wird, wenn sich eine Betreuungsperson<br />
ausschließlich <strong>und</strong> sehr intensiv um ihn bemüht. Selbst dann agiert er sehr zaghaft <strong>und</strong><br />
unsicher. Zu jeder Handbewegung, zu je<strong>dem</strong> einzelnen Schritt, zu jeder Berührung, zu allem<br />
muss man ihn gesondert <strong>und</strong> erneut auffordern. Gerade bei blinden Menschen erwartet man,<br />
dass ihre anderen Sinne geschärft sind, dass sie sich verstärkt auf ihr Gehör <strong>und</strong> ihren<br />
Tastsinn verlassen. Aber bei Roland sind – so scheint uns – auch diese Sinne sehr<br />
verkümmert. Oder vielleicht ist es auch nur mangelnde Übung, weil er dazu nie gefordert war.<br />
Wir wissen es nicht. Aber er treibt uns mit seiner nach außen hin laschen <strong>und</strong> bequemen Art<br />
manchmal in den Wahnsinn.<br />
Roland wirkt auf uns total orientierungslos. Wenn wir ihn aus einiger Entfernung rufen, so<br />
kann er nicht orten, woher die Stimme kommt. Auch schafft er es deshalb nicht einmal<br />
annähernd, eine einfache, kurze Wegstrecke (wohlgemerkt ohne Hindernisse) nur nach <strong>dem</strong><br />
Klang einer Stimme zu überwinden. Er sieht auch keine Notwendigkeit, sich selbst einen Weg<br />
zu ertasten, um eigenständig eine Distanz zu überwinden. Nicht einmal in seiner vertrauten<br />
Umgebung unternimmt er einen derartigen Versuch. Er wartet stets, bis er von jeman<strong>dem</strong> an<br />
der Hand genommen <strong>und</strong> geführt wird. Für einen blinden Menschen – selbst mit geistiger<br />
Behinderung – ist das schon sehr ungewöhnlich.<br />
Aber auch andere motorische Tätigkeiten kommen ihm von sich aus selten in den Sinn (es sei<br />
denn, es geht um Essen). Zu je<strong>dem</strong> Streicheln oder Abtasten der Ziegen müssen wir ihn<br />
auffordern, sowie generell zu je<strong>dem</strong> Handgriff oder ungeführten Schritt. Es ist also nicht<br />
schwer vorzustellen, wie aufwendig <strong>und</strong> mühsam es für uns ist, ihn durch alle Aktivitäten zu<br />
leiten, <strong>und</strong> wie enorm zeitaufwendig das außer<strong>dem</strong> ist.<br />
Dieser Zustand dauert sehr lange an, wir bezweifeln, ob sich das je ändern wird <strong>und</strong> überlegen<br />
sogar am Ende des ersten Praxisjahres, die <strong>Therapie</strong> mit ihm zu beenden. Aber dann<br />
versuchen wir es doch noch ein weiteres Jahr <strong>und</strong> bemühen uns weiterhin konsequent um ihn.<br />
Wieder kümmert sich meistens eine Betreuungsperson ausschließlich um ihn <strong>und</strong> exerziert<br />
alle Übungen mit ihm in mühevoller Kleinarbeit bis ins Detail durch. Und sehr zu unserem<br />
Erstaunen <strong>und</strong> noch mehr zu unserer Freude können wir im zweiten Jahr tatsächlich einen<br />
zwar sehr langsamen aber stetigen Entwicklungsprozess verfolgen.<br />
So z.B. streichelt er die Tiere schon ausdauernder ohne ständige Erinnerung. Er hat mehr<br />
Zutrauen in seine Fähigkeiten bekommen, er traut sich mehr, er lässt sich auf Experimente
91<br />
ein. Auch was seine Mobilität betrifft, hat er Fortschritte gemacht. Er ist nicht mehr so<br />
statisch, bewegt sich öfter, wenn es notwendig ist, kniet oder setzt sich sogar auf den Boden,<br />
wenn es erforderlich ist. Er hat gelernt, sich im Hof für kurze Strecken frei zu bewegen. Die<br />
Ortung der Stimme, aus welcher Richtung sie genau kommt, fällt ihm zwar immer noch<br />
extrem schwer, aber er bemüht sich <strong>und</strong> nähert sich der Richtung wenigstens schon an <strong>und</strong><br />
folgt dann der Stimme auch. Im Stall – bei immer <strong>dem</strong> gleichen Weg – hat er gelernt, sich an<br />
der Wand entlang bis zum Ziegenabteil vorzutasten, sogar bis in den Verschlag der Ziegen<br />
hinein. Mittlerweile schafft er auch den kompletten Weg zu Koppel hinauf nur von der Ziege<br />
geführt. Sogar den Handwagen hat er schon einige Male erfolgreich (mit Hilfe) die Böschung<br />
hinauf oder hinunter geschoben. Alles Tätigkeiten, die voriges Jahr noch absolut <strong>und</strong>enkbar<br />
gewesen wären.<br />
Ebenfalls ein bemerkenswerter Fortschritt ist, dass er zwischenzeitlich auch die direkte<br />
Berührung von feuchten Tierschnauzen (der Ziegen oder Schweinchen) beim Füttern z.B.<br />
akzeptiert, was er anfangs komplett abgelehnt hat.<br />
Zwar ist bei Roland nach wie vor eine sehr intensive Betreuung bei der Erfüllung der<br />
gestellten Anforderungen notwendig, aber seine erfreuliche Entwicklung spricht eindeutig für<br />
den Nutzen der tiergestützten Fördermaßnahmen.<br />
6.4.2 Fallbesprechung Helene K.<br />
(Helene ist im Zuge dieser Arbeit noch nicht vorgestellt worden, da in dieser Arbeit bislang<br />
schwerpunktmäßig auf die Gruppe des zweiten Praxisjahres eingegangen wurde, Helene aber<br />
eine Teilnehmerin des ersten Praxisjahres war.)<br />
Helene ist eine junge Frau (geb. 1977), die unter schweren epileptischen Anfällen, so<br />
genannten Grand-Mal-Anfällen leidet. Zusätzlich ist sie durch eine Hirnschädigung linksseitig<br />
spastisch, einhergehend mit einer Wirbelsäulenfehlhaltung, was ihre Beweglichkeit stark<br />
einschränkt.<br />
Vom Wesen her ist Helene sehr launenhaft <strong>und</strong> aggressiv, vor allem vor <strong>und</strong> nach ihren<br />
Anfällen oder wenn sie sich über etwas ärgert. Aber auch ohne erkennbaren <strong>Aus</strong>löser ist sie<br />
emotional sehr unstabil. Ihre Aggressionen richten sich zum Teil sehr massiv auf alle
92<br />
Personen in ihrem Umfeld, was das Zusammenleben mit ihr nicht gerade einfach <strong>und</strong> sie oft<br />
zu einer ungeliebten Außenseiterin macht. Aber Helene zeigt genauso autoaggressive<br />
Tendenzen mit teilweise sichtbaren Verletzungen.<br />
Helene ist sehr egozentrisch. Sie möchte immer <strong>und</strong> überall im Mittelpunkt stehen <strong>und</strong><br />
ungeteilte Aufmerksamkeit genießen. Sie umgibt sich gerne mit sozial schwächeren Personen,<br />
weil sie dadurch Selbstbestätigung erhält, wenn sie „besser“ sein <strong>und</strong> diesen helfen kann.<br />
Die Art, wie sie mit anderen Menschen in Kontakt tritt, ist oft etwas überschwänglich <strong>und</strong><br />
grob. Auf spontanen Körperkontakt reagiert sie oft unverhältnismäßig heftig bis aggressiv.<br />
Überhaupt ist ihr Sozialverhalten vielfach nicht adäquat.<br />
Helene ist verbal recht gut <strong>und</strong> stets mitteilungsbedürftig.<br />
Außer<strong>dem</strong> ist Helene sehr begeisterungsfähig <strong>und</strong> zu tollen Leistungen imstande, wenn sie<br />
motiviert ist. Und sie liebt Tiere.<br />
Das macht sie – wie wir glauben – zu einer guten Kandidatin für unser Projekt.<br />
Helene ist begeistert über die <strong>Aus</strong>flüge <strong>und</strong> die Aktivitäten auf <strong>dem</strong> Bauernhof, sie geht voll<br />
auf <strong>und</strong> strahlt. So viel Freude ist ansteckend <strong>und</strong> ihre Motivation überrollt uns alle. Sie macht<br />
alles mit, ist voller Euphorie <strong>und</strong> unheimlich stolz, wenn ihr die Aufgaben gut gelingen. Sie<br />
ist ein wahrer Lichtblick in dieser Gruppe, <strong>und</strong> jeden Dienstag ist sie der „Star des Tages“.<br />
Der nicht beabsichtigte Nebeneffekt ist, dass Helene dadurch so einen Höhenflug erlebt, dass<br />
der Umgang im Alltag mit ihr zunehmend problematischer wird.<br />
Die Sonderstellung, die sie sich bei uns mehr oder weniger unbemerkt „erschlichen“ hat,<br />
steigt ihr zu Kopf, <strong>und</strong> das gleiche Maß an uneingeschränkter Aufmerksamkeit fordert sie nun<br />
auch vehement im Alltag ein, was natürlich in keiner Weise zu bewerkstelligen <strong>und</strong> zu<strong>dem</strong><br />
überhaupt nicht sinnvoll ist, weil zum Förderziel eines adäquaten Sozialverhaltens absolut<br />
kontraproduktiv. Helene hat dann auch damit begonnen, einen wahren „Affen-Zirkus“ um die<br />
Teilnahme zu machen, der für alle betroffenen BetreuerInnen schlichtweg unzumutbar war.<br />
Und deshalb ist Helene die weitere Teilnahme an dieser Form der Fördermaßnahmen nicht<br />
mehr zugestanden worden.
Kapitel 7<br />
93<br />
Zukunftsperspektiven / Verbesserungsvorschläge / Wünsche<br />
Wie soll <strong>und</strong> kann es weiter gehen?<br />
Was können wir besser machen?<br />
Welche Ideen wollen wir in der näheren Zukunft umsetzen?<br />
7.1 Gedanken <strong>und</strong> Reflexionen aus der Sicht des Betriebes<br />
(Maria <strong>und</strong> Helmut Summerer)<br />
� Ziegen<br />
Wir möchten zukünftig die Ziegen das ganze Jahr über in einem Stall mit freiem <strong>Aus</strong>lauf<br />
halten. Dazu werden wir einen Teil des Stadels, in <strong>dem</strong> auch die Rinder ihren Unterstand<br />
haben, umbauen <strong>und</strong> adaptieren. Das hat den großen Vorteil, dass die Tiere jederzeit auf die<br />
Weide können.<br />
Bis dato haben wir die Tiere in den Sommermonaten täglich auf die Weide gebracht. Das<br />
erfordert einen gewissen zeitlichen Aufwand, da wir sie am Abend oder bei zu erwartenden<br />
Regenfällen wieder nach Hause bringen müssen. Durch die Übersiedlung der Ziegen in die<br />
neue Unterkunft entfällt dieses oft mühsame Prozedere, da sich die <strong>Therapie</strong>koppel dann<br />
direkt in Anschluss an die Weide befindet.<br />
Da unsere Ziegen bereits ausgewachsen sind, können wir einige Spiele (z.B. Schoßziege)<br />
nicht mehr durchführen. Außer<strong>dem</strong> lösen Zicklein <strong>und</strong> Jungtiere stets mehr Emotionen bei<br />
Menschen aus. Da wir auch zu Beginn der Ziegenhaltung wenig Erfahrung im Bezug auf das<br />
Training dieser Tiere gehabt haben, gibt es künftig sicherlich noch ein Potential, das genützt<br />
werden sollte. Wir planen daher, im Laufe des nächsten Jahres die Ziegen decken zu lassen.<br />
� <strong>Therapie</strong>raum<br />
Der neu gestaltete <strong>Therapie</strong>raum bringt sehr viele Vorteile für den <strong>Therapie</strong>einsatz. Der durch<br />
die großen Glasscheiben helle Raum wirkt sich positiv auf das Empfinden der Teilnehmer
94<br />
aus. Auch der freie Blick in den Hof gibt das Gefühl von Freiheit. Äußerst Vorteilhaft hat sich<br />
auch die Möglichkeit zum Temperieren <strong>und</strong> Beheizen des Raumes erwiesen. Es ist somit<br />
möglich, die <strong>Therapie</strong>einheiten unabhängig von Wetter <strong>und</strong> Temperatur abzuhalten. Mit der<br />
Akustik des Raumes sind wir noch nicht zufrieden, der Widerhall <strong>und</strong> eine unangenehme<br />
„Lautstärke“ werden, vor allem wenn sich wenige Leute im Raum befinden, als störend<br />
empf<strong>und</strong>en. Da es vor allem bei der Ziegentherapie nicht möglich ist, schallschluckende<br />
Materialien aufzustellen bzw. an den Wänden zu montieren (weil die Ziegen alles fressen),<br />
versuchen wir mittels großzügiger Stoffbahnen an der Decke dieses Akustikproblem in den<br />
Griff zu bekommen. Aber darüber hinaus planen wir, uns noch weiter mit der Detailgestaltung<br />
des Raumes zu befassen.<br />
� Hoftor <strong>und</strong> Hofdurchfahrt<br />
Das vor vielen Jahren selbstgebaute Holztor hat sich für den normalen Einsatz in der<br />
Landwirtschaft als ausreichend erwiesen. Wird das Tor aber so häufig wie jetzt <strong>und</strong> von<br />
vielen verschiedenen Menschen mit teilweisen Einschränkungen benutzt, erweist es sich als<br />
unpraktisch <strong>und</strong> schwierig in der Handhabung. Auch die Hofdurchfahrt, die im Lauf der<br />
jahrzehntelangen Benutzung mittels Fuhrwerk uneben geworden ist, ist verbesserungswürdig.<br />
Wir planen die Errichtung eines neuen Hoftores mit einem Gehflügel. Dadurch ist es künftig<br />
nicht mehr notwendig, das ganze Tor zu öffnen. Außer<strong>dem</strong> möchten wir lichtdurchlässige<br />
Elemente einbauen, sodass der Blick nach außen freigegeben wird. Mit einer neu<br />
gepflasterten <strong>und</strong> ebeneren Hofdurchfahrt erhalten wir zusätzlich einen attraktiven schattigen<br />
Platz, den wir im Hochsommer als Picknickplatz <strong>und</strong> für verschiedene Aktivitäten nutzen<br />
können.<br />
7.2 Gedanken <strong>und</strong> Reflexionen aus der Sicht der Behindertenhilfe<br />
(Beate Haas-Geltl <strong>und</strong> Martina Holzinger-Neulinger)<br />
Wie bereits erwähnt, haben wir im Dezember 2006 die Praxisgruppe vor der Winterpause<br />
verabschiedet. Vier der TeilnehmerInnen haben beide Praxisjahre mitgemacht, zwei<br />
KlientInnen waren erst im zweiten Jahr dazu gekommen. Trotz<strong>dem</strong> haben wir bewusst einen<br />
Schlussstrich gezogen, da wir noch nicht genau wissen, in welcher Form <strong>und</strong> mit welchen
95<br />
Personen wir im nächsten Jahr weiterarbeiten werden <strong>und</strong> wir nieman<strong>dem</strong> falsche Hoffnungen<br />
machen wollen.<br />
Wir haben uns – obwohl es nun schon einen beheizbaren <strong>Therapie</strong>stall gibt – trotz<strong>dem</strong> für<br />
zumindest eine kurze Winterpause entschieden. Das hängt zum Einen damit zusammen, dass<br />
wir nach dieser wenn auch schönen aber doch sehr intensiven Form des Arbeitens eine Pause<br />
brauchen, um ein wenig Abstand zu gewinnen, die vielen Eindrücke zu verarbeiten <strong>und</strong><br />
unsere Gedanken zu sammeln, um im nächsten Jahr wieder mit Motivation <strong>und</strong> Freude an die<br />
Sache zu gehen. Und zum Andren hängt es damit zusammen, dass der <strong>Lehrgang</strong> <strong>dem</strong> Ende<br />
zugeht, wir diese Hausarbeit verfassen <strong>und</strong> uns auf die Prüfung vorbereiten müssen, was<br />
neben Familie <strong>und</strong> Berufsleben doch auch sehr viel Zeit in Anspruch nimmt.<br />
Fest steht für uns – die Mitarbeiterinnen der Behindertenhilfe – dass die Konstellation der<br />
Gruppe zuletzt aus verschiedenen Gründen nicht mehr optimal war. Auch haben wir durch<br />
den TAT-ÖKL-<strong>Lehrgang</strong> viel Wissen <strong>und</strong> Input bekommen, was wir in unsere Überlegungen<br />
<strong>und</strong> Zukunftsgestaltung gerne einfließen lassen möchten, genauso wie die Erkenntnisse aus<br />
den zwei vorangegangenen Praxisjahren.<br />
Wir haben daher beschlossen, die Winterpause auch dafür zu nützen, um gemeinsam das<br />
bisher Geschehene zu reflektieren, unsere Arbeitsweise zu überdenken <strong>und</strong> ein Konzept für<br />
das kommende Jahr zu erstellen, wobei alle unterschiedlichen Bereiche Berücksichtigung<br />
finden sollen. Das heißt:<br />
� In welcher Form (Einzel oder Gruppe) <strong>und</strong> in welchem zeitlichen <strong>Aus</strong>maß (wie viele<br />
Wochenst<strong>und</strong>en; wöchentlich oder 14-tägig; ev. eine Projektwoche) sollen <strong>Therapie</strong><br />
<strong>und</strong> Erlebnispädagogik stattfinden?<br />
� In welcher Form kann sich der landwirtschaftliche Betrieb die weitere<br />
Zusammenarbeit mit uns vorstellen? Gemeinsame Planung.<br />
� Welche Personen sollen teilnehmen, damit – abgesehen natürlich vom Förderbedarf –<br />
auch eine arbeitsfähige, homogene Gruppe entsteht?<br />
� Welche individuellen Förderziele verfolgen wir bei den einzelnen TeilnehmerInnen?<br />
� Wie soll/wird die Finanzierung in Zukunft aussehen?<br />
� Wie präsentieren wir uns nach außen?
96<br />
� In welchem zeitlichen <strong>Aus</strong>maß lässt sich tiergestützte <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Pädagogik</strong> am<br />
Bauernhof mit unserer eigentlichen Beschäftigung als Behindertenbetreuerin<br />
vereinbaren?<br />
� Und in <strong>dem</strong> Zusammenhang: Wie steht der Dienstgeber in Zukunft zu dieser Arbeit?<br />
Wie weit fördert er unsere Arbeit <strong>und</strong> in welchem <strong>Aus</strong>maß kann sich diese<br />
<strong>Therapie</strong>form in unserer Einrichtung etablieren?<br />
� Welche Rahmenbedingungen für einen trotz<strong>dem</strong> reibungslosen Arbeitsablauf sind<br />
notwendig, um für zukünftige <strong>Lehrgang</strong>steilnehmerInnen Praktikumsplätze<br />
anzubieten? Reglements schaffen.<br />
Wir sind der Auffassung, je besser <strong>und</strong> strukturierter das Gesamtkonzept, umso<br />
praktikabler <strong>und</strong> Erfolg versprechender ist dieses Unterfangen. Und es ist in unser aller<br />
Interesse, diese innovative Sache so gut <strong>und</strong> professionell wie nur möglich weiter zu<br />
führen. Auch hier gilt das Motto: Qualität statt Quantität!<br />
7.3 Schlussbetrachtung<br />
(gemeinschaftlich verfasst)<br />
Abschließend möchten wir festhalten, dass das gesamte Team wirklich mit Freude <strong>und</strong><br />
Engagement bei der Sache war <strong>und</strong> ist. Und obwohl nicht immer alles reibungslos abgelaufen<br />
ist, es Pannen, Schwierigkeiten <strong>und</strong> manchmal Chaos gegeben hat <strong>und</strong> wir allesamt in diese<br />
neue Aufgabe erst hineinwachsen mussten, so sind wir doch einstimmig zu der Überzeugung<br />
gekommen „die Sache ist es uns wert, wir wollen diesen Weg gemeinsam weiter gehen“.<br />
Wir mussten erkennen, dass nicht alle KlientInnen auf die <strong>Therapie</strong>tiere <strong>und</strong> diese Form der<br />
Fördermaßnahmen ansprechen, wir also im Einzelnen auf unüberwindbare Grenzen gestoßen<br />
sind. Und wir haben aus Fehlern gelernt <strong>und</strong> gemeinsam Strategien entwickelt, wie wir mit<br />
verschiedenen Problemen umgehen bzw. sie lösen können.<br />
Alles in Allem können wir stolz auf unsere Arbeit sein <strong>und</strong> mit Freude auf zwei bewegte,<br />
erfolgreiche Praxisjahre zurückblicken.
7.4 Zusammenfassung<br />
(Beate Haas-Geltl)<br />
97<br />
Das Ziel unseres Projektes war es, behinderten Menschen eine neue Form pädagogisch-<br />
therapeutischer Fördermaßnahmen anzubieten, <strong>und</strong> zwar außerhalb der<br />
Behinderteneinrichtung <strong>und</strong> der üblichen Alltagsroutinen, eingebettet in ein naturverb<strong>und</strong>enes<br />
Ambiente unter Einbezug des jahreszeitlichen Wandels <strong>und</strong> – absolut innovativ weil bisher<br />
noch nicht üblich – unter Einsatz von landwirtschaftlichen Nutztieren als Co-Therapeuten.<br />
Eine Gr<strong>und</strong>voraussetzung für tiergestützte Fördermaßnahmen am Bauernhof sind dieser<br />
Sache gegenüber aufgeschlossene Landwirte, die offen <strong>und</strong> ohne Berührungsängste auf die<br />
unterschiedlichen TeilnehmerInnen zugehen, die keine Kosten <strong>und</strong> Mühen scheuen, ihren Hof<br />
nach den speziellen Anforderungen <strong>und</strong> Tierhaltungsvorschriften (<strong>und</strong> natürlich nach allen<br />
Gesichtspunkten der Sicherheit) zu adaptieren, <strong>und</strong> die (zumindest einen Teil) ihre Tiere für<br />
therapeutische Zwecke speziell sozialisieren <strong>und</strong> trainieren, anstatt sie konventionell für<br />
Milch- <strong>und</strong> Fleischwirtschaft zu nutzen.<br />
Ebensoviel Bedeutung kommt bei diesem Projekt der Behindertenhilfe zu, die sich sehr<br />
engagiert an der Erarbeitung <strong>und</strong> Umsetzung des Projektes beteiligt <strong>und</strong> langfristig sowohl<br />
zwei Mitarbeiterinnen als auch eine Gruppe von KlientInnen dafür zur Verfügung gestellt <strong>und</strong><br />
den Mitarbeiterinnen die <strong>Aus</strong>bildung finanziert hat.<br />
Einen wichtigen Stellenwert in <strong>dem</strong> Zusammenhang hat natürlich auch das ÖKL, welches<br />
dieses Projekt initiiert <strong>und</strong> fachlich kompetent geleitet bzw. in weiterer Folge begleitet hat.<br />
Wir konnten in dieser Arbeit vermitteln, wie das Projekt entstanden <strong>und</strong> im Detail umgesetzt<br />
worden ist, mit welchen Schwierigkeiten <strong>und</strong> Entwicklungsprozessen das verb<strong>und</strong>en war.<br />
Und wir konnten anhand konkreter Beispiele aufzeigen <strong>und</strong> belegen, welchen Einfluss<br />
tiergestützte Fördermaßnahmen auf die TeilnehmerInnen hatten.<br />
Die Ergebnisse lassen sich sehen <strong>und</strong> bestärken uns darin, tiergestützte <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Pädagogik</strong> auch weiter zu praktizieren <strong>und</strong> uns aktiv in den Prozess einzubringen sowie<br />
flexibel <strong>und</strong> bedürfnisorientiert zu arbeiten.
98<br />
Abb.44: Lebensfreude<br />
Das Wenige, das du tun kannst, ist viel, wenn du nur irgendwo<br />
Schmerz <strong>und</strong> Weh <strong>und</strong> Angst von einem Wesen nimmst.<br />
(Albert Schweitzer)
Lebenslauf Beate Haas-Geltl<br />
Angaben zur Person:<br />
26. März 1967 geboren in Wien<br />
99<br />
verheiratet mit Karl Geltl<br />
2 Kinder<br />
26. April 2000 Geburt von Sohn Elias<br />
1<strong>1.</strong> Februar 2003 Geburt von Sohn Simon<br />
<strong>Aus</strong>bildungsweg <strong>und</strong> beruflicher Werdegang:<br />
1973 – 77 Besuch der Volksschule in 1030 Wien<br />
1977 – 82 Besuch eines musisch-pädagogischen Gymnasiums in 1030 Wien<br />
1982 – 85 Besuch eines musisch-pädagogischen<br />
1985 Matura<br />
Oberstufen-Realgymnasiums in 1010 Wien<br />
1985 / 86 Architekturstudium an der TU-Wien<br />
(Technische Universität Wien)<br />
(ohne Zeugnisse <strong>und</strong> Abschluss)<br />
1986 – 88 Studium für Lehramt Italienisch <strong>und</strong> Germanistik<br />
auf der Universität Wien (ohne Zeugnisse <strong>und</strong> Abschluss)<br />
1989 – 93 Studium der Tanzpädagogik am Konservatorium Wien<br />
Unterrichtstätigkeit bei Kindern <strong>und</strong> Erwachsenen<br />
im Rahmen der <strong>Aus</strong>bildung
100<br />
1992 Gasttänzerin des Tanztheater Homunculus für die Produktion<br />
„Schlachthof für Engel“ im Künstlerhaus Wien<br />
1993 Diplomarbeit <strong>und</strong> Abschluss des Studiums: Staatliche Lehrbefähigung<br />
1993 Tournee mit „Schlachthof für Engel“ durch Österreich<br />
1993 – 94 freie Unterrichtstätigkeit in Wien in<br />
„DAS STUDIO – Zentrum für Modernen <strong>Aus</strong>druckstanz“<br />
seit April 1994 Mitarbeiterin der Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg<br />
bis 2000 vollzeitbeschäftigt<br />
02/2000 – 08/2002 Mutterschutz <strong>und</strong> erste Karenz<br />
09 – 12/2002 teilzeitbeschäftigt<br />
01/2003 – 02/2005 Mutterschutz <strong>und</strong> zweite Karenz<br />
seit 02/2005 in Elternteilzeit (25 Wochenst<strong>und</strong>en)<br />
2005 Teilnahme am Projekt des ÖKL<br />
<strong>„Tiergestützte</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Pädagogik</strong> am Bauernhof“<br />
beim Pilotbetrieb Summerer in Füllersdorf / NÖ<br />
im Rahmen der Beschäftigung bei der Behindertenhilfe<br />
2006 eigenständige Weiterführung des Projektes neben der<br />
berufsbegleitenden <strong>Aus</strong>bildung (<strong>1.</strong> TAT-ÖKL-<strong>Lehrgang</strong>) zur<br />
"Fachbetreuerin für tiergestützte <strong>Therapie</strong>, <strong>Pädagogik</strong> <strong>und</strong><br />
Fördermaßnahmen am Bauernhof "<br />
(geplanter Abschluss 03/2007)
101<br />
Lebenslauf Martina Holzinger-Neulinger<br />
Angaben zur Person:<br />
2<strong>1.</strong> September 1969 geboren in Stockerau<br />
Lebensgemeinschaft mit Alexander Barta,<br />
zwei Kinder<br />
04. März 1997 Geburt von Tochter Sarah<br />
22. Juli 1998 Geburt von Sohn Moritz<br />
<strong>Aus</strong>bildungsweg <strong>und</strong> beruflicher Werdegang:<br />
1975 - 1979 Volksschule Russbach / NÖ<br />
1979 - 1983 Hauptschule Gross-Weikersdorf / NÖ<br />
1983 - 1987 Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen<br />
"Sacre Coeur" Pressbaum / NÖ<br />
1987 - 1990 Privaterzieherin in Stockerau<br />
1990 - 1993 Kindergärtnerinn im Klosterkindergarten<br />
"St. Koloman" Stockerau / NÖ<br />
1993 - 1995 <strong>Lehrgang</strong> für Sonderkindergartenpädagogik<br />
Pädak. Ettenreichgasse / Wien<br />
1994 - 1997 Behindertenbetreuerin bei der "Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg"<br />
1997 - 2001 Kinderkarenz<br />
seit 2001 Behindertenbetreuerin bei der "Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg"<br />
mit 30 Wochenst<strong>und</strong>en
102<br />
2005 Teilnahme am Projekt des ÖKL<br />
"Tiergestützte <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Pädagogik</strong> am Bauernhof"<br />
beim Pilotbetrieb Summerer in Füllersdorf / NÖ<br />
im Rahmen der Beschäftigung bei der Behindertenhilfe<br />
2006 eigenständige Weiterführung des Projektes neben der<br />
berufsbegleitenden <strong>Aus</strong>bildung (<strong>1.</strong> TAT - ÖKL - <strong>Lehrgang</strong>) zur<br />
"Fachbetreuerin für tiergestützte <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> tiergestützte<br />
Fördermaßnahmen am Bauernhof"<br />
(geplanter Abschluss 03/2007)
Lebenslauf Maria Summerer<br />
Angaben zur Person:<br />
20. März 1971 geboren in Stockerau<br />
103<br />
verheiratet mit Helmut Summerer<br />
2 Kinder, Lena <strong>und</strong> Lukas<br />
<strong>Aus</strong>bildungsweg <strong>und</strong> beruflicher Werdegang:<br />
1977 – 1981 Volksschule Hausleiten<br />
1981 – 1985 Hauptschule Hausleiten<br />
1985 – 1987 Landwirtschaftlich Fachschule Korneuburg<br />
� Ortsbäuerin von Füllersdorf<br />
� ANIMA Seminarbetreuerin<br />
Facharbeiterin der ländlichen Hauswirtschaft<br />
Facharbeiterin der Landwirtschaft<br />
� aktives Mitglied im Dorfverein Füllersdorf
104<br />
Lebenslauf Ing. Helmut Summerer<br />
Angaben zur Person:<br />
22. März 1968 geboren in Wien<br />
verheiratet mit Maria Summerer<br />
2 Kinder, Lena <strong>und</strong> Lukas<br />
<strong>Aus</strong>bildungsweg <strong>und</strong> beruflicher Werdegang:<br />
1974 – 1978 Volksschule Großmugl<br />
1978 – 1982 Hauptschule Laa/Thaya<br />
1982 – 1987 HBLA Francisco Josephinum Wieselburg<br />
� Ortsbauernratsobmann von Füllersdorf<br />
� Ortsvorsteher von Füllersdorf<br />
� gesch. Gemeinderat Marktgemeinde Großmugl<br />
� Jagdleiter Stv. Jagdgesellschaft Füllersdorf<br />
� aktives Mitglied in der Feuerwehr <strong>und</strong> im Dorfverein Füllersdorf
Abbildungsverzeichnis<br />
105<br />
Abb.1 Familie Summerer (Foto: Summerer) ......................................................2<br />
Abb.2 Ballpool (Foto: Dipl. Ing. A. Fürthner) ....................................................26<br />
Abb.3 Weidenkugel (Foto: Summerer)...............................................................26<br />
Abb.4 Schweinchen im Tunnel (Foto: Susi Freudhofmeier)................................27<br />
Abb.5 Schweinchen mit Ball (Foto: ÖKL) .........................................................27<br />
Abb.6 Kleinbus der Behindertenhilfe (Foto: Susi Freudhofmeier) .......................28<br />
Bildtafel 1 <strong>Therapie</strong>spiele (Fotos: Susi Freudhofmeier) ...........................................34<br />
Abb.7 Ballspiel ..................................................................................................34<br />
Abb.8 Slalomspiel ..............................................................................................34<br />
Abb.9 Ziegennamentheater .................................................................................34<br />
Abb.10 Zugspiel 1 ................................................................................................34<br />
Abb.11 Zugspiel 2 ................................................................................................34<br />
Abb.12 Barfußlehrpfad (Foto: Susi Freudhofmeier) .............................................36<br />
Abb.13 Gras aufladen (Foto: Susi Freudhofmeier) ...............................................39<br />
Abb.14 Gras führen (Foto: Susi Freudhofmeier)...................................................39<br />
Abb.15 Kühe füttern (Foto: Susi Freudhofmeier) ..................................................40<br />
Abb.16 Fahrt mit <strong>dem</strong> Leiterwagen (Foto: Susi Freudhofmeier)...........................41<br />
Abb.17 Rinder auf der Weide (Foto: Summerer) ...................................................42<br />
Abb.18 Kirschernte (Foto: Susi Freudhofmeier)....................................................42<br />
Abb.19 Erdäpfelernte (Herkunft nicht zuordenbar)...............................................43<br />
Abb.20 Spaziergang mit Paula (Foto: Susi Freudhofmeier) ..................................44<br />
Abb.21 Grasen mit Paula (Foto: Susi Freudhofmeier) ...........................................44<br />
Bildtafel 2 Erlebnisbauernhof .................................................................................46<br />
Abb.22 Birnen pflücken (Foto: Susi Freudhofmeier) ............................................46<br />
Abb.23 Babykatze (Foto: Susi Freudhofmeier)......................................................46<br />
Abb.24 Brombeeren pflücken (Foto: B. Haas-Geltl)..............................................46<br />
Abb.25 Brombeeren passieren (Foto: B. Haas-Geltl).............................................46<br />
Abb.26 Zuwendung <strong>und</strong> Berührung (Foto: Susi Freudhofmeier) ...........................46<br />
Abb.27 Spaziergang zur Schafweide (Foto: Susi Freudhofmeier) ..........................46
106<br />
Abb.28 Buffet im Kellergarten (Herkunft nicht zuordenbar)..................................50<br />
Abb.29 Abschiedstanz (Herkunft nicht zuordenbar) ..............................................52<br />
Abb.30 Schoßlamm (Foto: ÖKL) ..........................................................................55<br />
Abb.31 Susi <strong>und</strong> Paula (Foto: Dipl. Ing. A. Fürthner)...........................................59<br />
Abb.32 Sozialisation Schweinchen (Foto: Dipl. Ing. A. Fürthner) .........................59<br />
Abb.33 Clickertraining mit Paula (Foto: ÖKL)......................................................64<br />
Bildtafel 3 Therapeutische Fördermaßnahmen (Fotos: Susi Freudhofmeier).........81<br />
Abb.34 Ziegen bürsten .........................................................................................81<br />
Abb.35 Ziegen führen ...........................................................................................81<br />
Abb.36 Weg zur Koppel .......................................................................................81<br />
Abb.37 Ziege locken ............................................................................................81<br />
Abb.38 Ziege massieren 1 ....................................................................................81<br />
Abb.39 Ziege massieren 2 ....................................................................................81<br />
Abb.40 Kontaktaufnahme ....................................................................................82<br />
Abb.41 Berührung/Zuwendung ............................................................................82<br />
Abb.42 Mittagspause im Hof 1 (Foto: Susi Freudhofmeier)...................................82<br />
Abb.43 Mittagspause im Hof 2 (Herkunft nicht zuordenbar) ................................82<br />
Abb.44 Lebensfreude (Foto: Susi Freudhofmeier).................................................96<br />
Alle in dieser Arbeit abgebildeten Fotos sind im Laufe der vergangenen zwei Praxisjahre<br />
ausschließlich bei diesem Projekt der tiergestützten <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Pädagogik</strong> am Bauernhof<br />
entstanden. In den Klammern wird – soweit rekonstruierbar – auf die Herkunft der Fotos<br />
verwiesen.
107<br />
I n t e r n e A u s s c h r e i b u n g<br />
In Kooperation mit <strong>dem</strong> ÖKL (Österr. Kuratorium f. Landtechnik u. Landentwicklung) <strong>und</strong><br />
<strong>dem</strong> Bauernhof der Fam. Summerer werden ab der 2. Maiwoche 6-7 Anvertaute am<br />
Bauernhof eine <strong>Therapie</strong>möglichkeit erhalten. Das Besondere an diesem Angebot ist, dass<br />
landwirtschaftliche Nutztiere wie Rinder, Schweine, Ziegen etc. in Freizeitgestaltung,<br />
<strong>Pädagogik</strong> <strong>und</strong> <strong>Therapie</strong> zum Einsatz kommen. Die Zielgruppen kommen auf den Bauernhof<br />
bzw. auf die Weidekoppeln <strong>und</strong> beschäftigen sich dort unter Betreuung <strong>und</strong> Anleitung mit<br />
den Bauernhoftieren.<br />
Das Programm umfasst Füttern, Pflege der Tiere, Streicheln <strong>und</strong> Spiele mit den Tieren <strong>und</strong><br />
gezielte, individuelle auf die jeweilige Person abgestimmte pädagogische bzw.<br />
therapeutische Interventionen mit Unterstützung der Tiere.<br />
Die Tiere sind eigens trainiert <strong>und</strong> ausgebildet, sodass höchste Sicherheitsanforderungen<br />
erfüllt sind <strong>und</strong> vielfältige Aktivitäten mit den Tieren durchgeführt werden können.<br />
Nähere Infos: http://www.oekl.at/projekte/<br />
Fortbildung zum<br />
„Fachbegleiter in tiergestützter <strong>Pädagogik</strong> <strong>und</strong> <strong>Therapie</strong>“<br />
Anforderungsprofil:<br />
• Sonderpädagogische <strong>Aus</strong>bildung mit Diplom oder höherwertig<br />
• Fähigkeiten zur Erstellung <strong>und</strong> Umsetzung von therapeutisch/pädagogischen<br />
Lernzielen nach <strong>dem</strong> Kiphard Entwicklungsraster<br />
• Kenntnisse über die Methoden <strong>und</strong> Anwendungen von Konfliktlösungsmodellen<br />
• Fähigkeit zur Führung einer fachlich f<strong>und</strong>ierten Dokumentation<br />
• Fähigkeit zur Vermittlung der Inhalte nach Innen <strong>und</strong> Außen (Öffentlichkeitsarbeit)<br />
• Kenntnisse über Reaktionen der eingesetzten Tiere<br />
• Kenntnisse über die Bedürfnisse <strong>und</strong> Pflege der Tiere<br />
• Fähigkeit zur angstfreien Kontaktaufnahme mit Tieren<br />
• Belastbarkeit betreffend Gerüchen <strong>und</strong> Verschmutzung jeglicher Art<br />
• Zusammenarbeit mit <strong>dem</strong> Umfeld, Bauer <strong>und</strong> seiner Familie, Sachwalter,<br />
Bezugsbetreuer<br />
Projektleitung: Dipl. Ing. DSA Silke Scholl<br />
Schriftl. Bewerbungen zur Fortbildung an: Direktion der Behindertenhilfe Bezirk<br />
Korneuburg<br />
Bewerbungsfrist endet mit 22.04.2005<br />
2000 Stockerau 2105 Oberrohrbach 2103 Langenzersdorf SPENDENKONTO<br />
GESCGÄFTSLEITUNG FÖRDERZENTRUM WOHNHAUS ERSTE Bank BLZ 20111<br />
Manhartstraße 51 Hofstraße 3 Wienerstraße 33-35 Konto Nr.: 085-05837<br />
TAGESHEIM WOHNHAUS Tel.:02244/30070 FaxDW17<br />
Theodor Stefskygasse 26 Neusiedlgasse 1-5<br />
Tel.: 02266/ 714 19 Tel.: 02266/80 250 FaxDW 72