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Grundschule aktuell 112

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-Schreibtabelle<br />

www.grundschulverband.de · November 2010 · D9607F<br />

<strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong><br />

Zeitschrift des Grundschulverbandes · Heft <strong>112</strong><br />

Grundschrift<br />

Schreiben mit Schwung<br />

Schreibtabelle<br />

als Beilage


Ein Projekt des Grundschulverbandes<br />

»Grundschrift: damit Kinder besser schreiben<br />

lernen« – unter diesem Motto steht eine<br />

Initiative des Grundschul verbandes, die Anfang<br />

Mai 2010 gestartet wurde.<br />

Ausgangspunkt ist die Überzeugung:<br />

Auch im Computerzeitalter brauchen Kinder<br />

und Jugendliche eine gut lesbare, leicht und<br />

flüssig schreibbare Schrift – in allen Schulstufen<br />

und natürlich auch in Berufsausbildung und<br />

Hochschule.<br />

Zeitgleich mit dem Erscheinen dieses Heftes<br />

finden Sie die Materialien zur Grundschrift auf<br />

einer eigenen Website versammelt:<br />

www.die-grundschrift.de<br />

Die Grundschrift mit eigener Adresse im Netz:<br />

www.die-grundschrift.de<br />

Hier ein Überblick über das Angebot, das zum Erproben und Mitmachen einlädt.<br />

www.die-grundschrift.de ist in drei Bereiche gegliedert, die für den schnellen Überblick farbig unterschieden sind:<br />

Unter diesem Link finden sich<br />

Argumente, Hintergründe und<br />

Stellungnahmen. Alle Materialien<br />

können für Konferenzen und Informationsveranstaltungen<br />

benutzt und<br />

aufbereitet werden. In Kürze sollen<br />

auch spezielle Materialien für die<br />

Fortbildung ange boten werden.<br />

Bisher finden Sie hier u. a.:<br />

●»Schluss mit dem Schriften-Wirrwarr!«,<br />

die Presseerklärung zum Start der<br />

Grundschrift-Initiative ● Beiträge zum<br />

Konzept der Grundschrift ● Erfahrungen<br />

aus der Praxis ● »Aus der Forschung«<br />

die Beiträge »Plädoyer für eine Schrift<br />

ohne normierte Verbindungen« und<br />

»Schreibenlernen mit der Hand –<br />

Populäre Mythen und Irrtümer«<br />

● Ein erhellender Überblick zur<br />

Geschichte der Handschrift findet<br />

sich ebenso wie die Möglichkeit, das<br />

»Grundschrift-Starterheft« (Nr. 110) zu<br />

bestellen.<br />

Über Erfahrungen und Rückmeldungen freuen wir uns.<br />

Sie fließen in den weiteren Arbeitsprozess ein.<br />

»Grundschrift: Kartei zum Lernen und<br />

Üben« heißt das Übungsmaterial,<br />

das der Grundschulverband in der<br />

Erprobungsfassung zum kostenlosen<br />

Download anbietet.<br />

Unter diesem Link finden Sie den<br />

Teil 1 der Grundschrift-Kartei:<br />

»Die Buchstaben«.<br />

Dazu können Sie den Kurzkommentar<br />

zur Grundschrift-Kartei und eine Übersicht<br />

über das Grundschrift-Abc lesen<br />

oder herunterladen.<br />

Neben den Karteikarten zu allen Buchstaben<br />

steht Ihnen ein ausführlicher<br />

Lehrerkommentar zur Verfügung, der<br />

nach Bewegungsgruppen geordnet ist.<br />

Das gibt Ihnen die Möglichkeit, Kindern<br />

Gruppen von Buchstaben mit gleichen<br />

oder ähnlichen Bewegungsabläufen<br />

zum gemeinsamen Üben anzubieten.<br />

Darüber hinaus gibt das Stichwort<br />

»Reflexionen der Kinder« zu jedem<br />

Buchstaben Anregungen für Schriftgespräche<br />

mit Kindern.<br />

Klicken Sie hier, und Sie finden den<br />

Teil 2 der Grundschrift-Kartei:<br />

»Schreiben mit Schwung« ist der Titel.<br />

Die Kartei setzt zwei Schwerpunkte bei<br />

der Weiterführung der Arbeit mit der<br />

Grundschrift:<br />

Buchstabenverbindungen:<br />

Die Kinder probieren aus, Buchstaben miteinander<br />

zu verbinden. Die Wendebögen<br />

am Ende von Grundschrift-Buchstaben,<br />

die mit einem Abstrich enden, bieten sich<br />

zur Weiterführung zum nächsten Buchstaben<br />

an. Das können die Kinder ausprobieren.<br />

Mit schreibhäufigen Wörtern<br />

können die Kinder erproben, was sich für<br />

ihre Hand schwungvoll schrei ben lässt.<br />

Immer gilt das Prinzip: Man kann verbinden,<br />

man muss aber nicht. Das schreibende<br />

Kind entscheidet am Ende selbst über<br />

seine Handschrift.<br />

Buchstabenvarianten:<br />

Bei einigen Buchstaben können die Kinder<br />

auch variante Schreibweisen des Buchstabens<br />

kennen lernen und ausprobieren,<br />

z. B. »k«, »w«, »v« und »E«.<br />

Auch diese Erprobungsfassung des 2. Teils<br />

der »Grundschrift-Kartei« bieten wir zum<br />

kostenlosen Download an – fertig zur Aufbereitung<br />

für die Arbeit in der Klasse bzw.<br />

Lerngruppe.


Inhalt<br />

Editorial<br />

Tagebuch<br />

S. 2 Didaktische Qualität – auch für die Ausgangsschrift!<br />

(H. Bartnitzky)<br />

Thema: Grundschrift<br />

S. 3 »Schreiben mit Schwung« (H. Bartnitzky)<br />

S. 7 Schrift und Schreiben als ständige Arbeitsspur<br />

(Ch. Schüßler)<br />

S. 10 Schreibenlernen reflektiert gestalten<br />

(Ch. Mahrhofer-Bernt)<br />

Praxis: Grundschrift – Schreiben mit Schwung<br />

S. 14 Schriftgespräche mit Kindern (L. Kindler)<br />

S. 16 Das Heft »Meine Schrift« (B. van der Donk)<br />

S. 20 Lasst die Kinder wieder mehr in Hefte schreiben<br />

(L. Bode)<br />

Dokumentation<br />

S. 23 Lehrpläne in den Bundesländern – Was bedeuten<br />

sie für die Einführung der Grundschrift?<br />

(E. Brinkmann)<br />

Aktuell …<br />

… aus den Landesgruppen, u. a.<br />

S. 28 Sachsen: Strengere Übergangsregelung<br />

S. 31 Hamburg: <strong>Grundschule</strong>n zu Schulen<br />

zweiter Klasse<br />

Dr. Hermann Schwarz zum 90. Geburtstag<br />

S. 32 Saarland: Fünftes Grundschuljahr vom Tisch<br />

Impressum<br />

GRUNDSCHULE AKTUELL, die Zeitschrift des Grundschulverbandes<br />

erscheint viertel jährlich und wird allen Mitgliedern zugestellt.<br />

Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Das einzelne Heft<br />

kostet 7,50 € (inkl. Versand); für Mitglieder und ab 10 Exemplaren 3,00 €.<br />

Verlag: Grundschulverband e. V., Niddastraße 52,<br />

60329 Frankfurt / Main , Tel. 0 69 / 77 60 06, Fax: 0 69 / 7 07 47 80,<br />

www.grundschulverband.de, info@grundschulverband.de<br />

Herausgeber: Der Vorstand des Grundschulverbandes<br />

in Zusammen arbeit mit Dr. Horst Bartnitzky<br />

Redaktion: Ulrich Hecker, Hülsdonker Str. 64, 47441 Moers,<br />

Tel. 0 28 41 / 2 17 14, ulrich.hecker@googlemail.com<br />

Fotos: Autorinnen und Autoren; Ulrich Hecker, Moers (S. 6, 15, 26, 27);<br />

Bert Butzke, Mülheim (S. 23, 25)<br />

Illustrationen: Karteikarten »Die Buchstaben« (S. 4, 5) und<br />

Etikett »Meine Schrift« (S. 17): Katharina Ritter / www.designritter.de<br />

Titel: Katharina Ritter / www.designritter.de<br />

Herstellung: novuprint Agentur für Mediendesign, Werbung,<br />

Publikationen GmbH, Bödekerstr. 73, 30161 Hannover,<br />

Tel. 0511 / 9 61 69-11, Fax: 05 11 / 9 61 69-99, info@novuprint.de<br />

Anzeigen: Claudia Klinger, Verlagsgruppe Beltz,<br />

Tel. 0 62 01 / 6 00 73 86, Fax 0 62 01 / 6 00 73 93, c.klinger@beltz.de<br />

Druck: Beltz Druckpartner, 69502 Hemsbach<br />

ISSN 1860-8604 / Bestellnummer: 6047<br />

Beilagen: »Eine Welt in der Schule« als ständige Beilage, Prospekt des<br />

Lugert Verlags<br />

Reges Echo<br />

Zu unserem Projekt »Grundschrift«, das wir mit Heft 110 dieser<br />

Zeitschrift gestartet haben, erreichen uns viele zustimmende<br />

Zuschriften per E-Mail oder »gelber Post«. Selten hat ein Projekt<br />

des Grundschulverbandes in so kurzer Zeit so viel Aufmerksamkeit<br />

in der öffentlichen und veröffentlichten pädagogischen Diskussion<br />

erhalten.<br />

Die »Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung« z. B. widmete<br />

sich dem Thema ebenso wie die »Frankfurter Rundschau« und<br />

andere Zeitungen.<br />

Grundschrift: Start der Phase 2<br />

Mit diesem Heft startet »Phase 2« der Arbeit mit der Grundschrift:<br />

Nach dem Erwerb der Buchstaben probieren die Kinder<br />

Verbindungen von Buchstaben aus.<br />

Horst Bartnitzky stellt dazu den 2. Teil der »Grundschrift-Kartei<br />

zum Lernen und Üben« vor: »Schreiben mit Schwung – mit der<br />

Grundschrift die eigene Handschrift entwickeln« (siehe S. 3 ff.).<br />

Zeitgleich mit diesem Heft erscheint die Erprobungsfassung des<br />

2. Teils der Grundschrift-Kartei zum kostenlosen Download im<br />

Internet unter www. www.die-grundschrift.de.<br />

Die Grundschrift und die Lehrpläne in den Ländern<br />

In den Bildungsstandards für das Fach Deutsch / Primarstufe hat<br />

die Kultusministerkonferenz für alle Bundesländer zur Schrift<br />

folgende Kompetenzziele festgelegt:<br />

● eine gute lesbare Handschrift flüssig schreiben<br />

● Texte zweckmäßig und übersichtlich gestalten<br />

In den KMK-Bildungsstandards findet sich kein Hinweis auf die<br />

drei normierten »Ausgangsschriften« (LA, VA, SAS). Das entspricht<br />

unserem Konzept, dass die Kinder aus der Grundschrift<br />

ihre persönliche Handschrift entwickeln – mit den Kriterien<br />

»gut lesbar« und »flüssig«.<br />

Erika Brinkmann hat den <strong>aktuell</strong>en Stand in den sechzehn Bundesländern<br />

zusammengefasst und fragt, was die Lehrplanvorgaben<br />

für die Einführung der Grundschrift bedeuten.<br />

Aus ihrem Fazit: »Viele Bundesländer bieten mit ihren Vorgaben<br />

bereits die Möglichkeit, die Grundschrift in den <strong>Grundschule</strong>n<br />

schon jetzt zu nutzen« (siehe S. 23 ff.).<br />

Der Grundschulverband strebt Gespräche mit den Schul- und<br />

Kultusministerien der Länder an. Denn der Einsatz der Grundschrift<br />

ist ein wichtiger Beitrag zu dem gemeinsamen Anliegen,<br />

die Handschrift der Kinder optimal zu fördern.<br />

Arbeitstagung zur Grundschrift<br />

Am 1. und 2. April 2011 findet in Hannover eine Arbeitstagung<br />

zur Grundschrift statt, zu der wir in diesem Heft einladen (siehe<br />

Rückseite). Bei der Tagung sollen Erfahrungen und Ergebnisse<br />

der Erprobungsphase der Grundschrift vorgestellt und diskutiert<br />

werden. Die Teilnehmerzahl ist auf 50 Personen begrenzt, es<br />

empfiehlt sich also eine möglichst schnelle Anmeldung.<br />

Ulrich Hecker<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />

1


Tagebuch<br />

Didaktische Qualität –<br />

auch für die Ausgangsschrift!<br />

Horst Bartnitzky<br />

Es gibt didaktische Entwicklungen, die notwendige Konsequenzen<br />

haben. Werden die Konsequenzen nicht gezogen,<br />

dann passt das eine nicht zum anderen und darunter leidet<br />

das Ganze. Ein Beispiel für solche didaktische Disparität<br />

wird beim Thema Ausgangsschrift deutlich.<br />

In den achtziger Jahren verbreitete sich die Einsicht, dass<br />

Lesen und Schreiben im Schriftspracherwerb zusammengehören<br />

und dass Kinder sich aktiv, entdeckend und erprobend,<br />

die Schriftsprache zu eigen machen. Die in der<br />

Lebenswelt überall anzutreffende Druckschrift ist dabei<br />

die Schriftform, die Kinder schreibend und lesend verwenden.<br />

Inzwischen ist dies in den <strong>Grundschule</strong>n Allgemeingut<br />

und in fast allen Lehrplänen auch verankert.<br />

Weiterhin wird aber in Lehrplänen gefordert und in<br />

<strong>Grundschule</strong>n praktiziert, dass die Kinder auch eine der<br />

drei genormten Schulausgangsschriften zu lernen haben:<br />

LA, VA oder SAS. Überkommen ist diese Vorschrift aus<br />

der Zeit, als Lesen- und Schreibenlernen als getrennte<br />

Lehrgänge verstanden wurden. Galt für das Lesenlernen<br />

die Druckschrift, so für das Schreibenlernen eine genormte<br />

Schulausgangsschrift.<br />

Damit ergibt sich die widersinnige Situation, dass die<br />

Kinder zwei Ausgangsschriften lernen: Von Schulbeginn<br />

an die Druckschrift, wie dies der neueren Entwicklung<br />

entspricht, später eine genormte Schulausgangsschrift, die<br />

aus früherer didaktischer Zeit stammt. Weil dann aber die<br />

Zeit zu knapp ist, diese zusätzliche Ausgangsschrift auch<br />

didaktisch seriös zu lehren und zu lernen, arbeiten sich die<br />

Kinder oft in Eigenarbeit durch irgendeinen Schreiblehrgang<br />

durch. Das Ergebnis sind die schlechten Schulschriften,<br />

die landauf, landab zu besichtigen sind: Die Formklarheit<br />

der Buchstaben, die Gleichmäßigkeit des Schriftzugs<br />

und das Wichtigste: die Lesbarkeit lassen oft sehr zu wünschen<br />

übrig.<br />

Zudem: Die genormten Schulausgangsschriften passen<br />

nicht in das Konzept eines zeitgemäßen Unterrichts, weil<br />

grundlegende Qualitätsmerkmale nicht zum Zuge kommen.<br />

»Lernen als Selbstaneignung der Welt«*: Viele Kinder<br />

beginnen schon vor der Schule zu schreiben. Sie orientieren<br />

sich an den Buchstaben, die sie in der Lebenswelt<br />

allerorten finden: den Druckbuchstaben. Und sie schreiben<br />

sie in Orientierung an diese Druckbuchstaben in<br />

einer für sie schreibgerechten Weise. Diese Entwicklung<br />

muss von der Schule aufgenommen und weitergeführt<br />

werden, Kinder ohne solche vorschulischen Erfahrungen<br />

müssen sie in der Schule gewinnen können. In der Weiterentwicklung<br />

müssen die Kinder ausprobieren können,<br />

welche Buchstaben sie miteinander verbinden können,<br />

und sie erfahren dabei, welche Möglichkeiten ihnen gut<br />

von der Hand gehen.<br />

Die genormten Schulschriften aber finden sich nirgendwo<br />

in der Lebenswelt, nur in der Schule, für die sie<br />

konstruiert wurden. Sie können eben nur kopiert, nicht<br />

aber von den Kindern selbst sich angeeignet werden.<br />

»<strong>Grundschule</strong> als Leistungsschule«*: Schrift muss für<br />

alle Kinder qualitätsvoll lernbar sein, wenn auch mit individuellen<br />

Bandbreiten. Für alle Kinder gelten die Kriterien:<br />

Formklarheit und gute Lesbarkeit sowie zunehmende<br />

Geläufigkeit. Die Schriftform selbst und die Zeit, in<br />

der sie lernbar ist, muss für alle Kinder eine individuelle<br />

Handschrift ermöglichen, die diesen Kriterien entspricht.<br />

Eine pädagogische Leistungskultur erfordert zudem, dass<br />

die Kinder diese Kriterien kennen, eigene Schreibproben<br />

einschätzen lernen und sich für die Weiterentwicklung<br />

ihrer Schrift daran orientieren. Statt die Zeit für eine<br />

lebensweltfremde Schulschrift als zweiter Ausgangsschrift<br />

zu investieren, sollte sie für die Qualitätssicherung<br />

der individuellen Handschriften verwendet werden.<br />

Ein Konzept zur Ausgangsschrift, dass diesen Qualitätsmerkmalen<br />

entspricht, legt der Grundschulverband<br />

mit seinem Projekt Grundschrift vor. Es bietet mehr<br />

als eine »Ausgangsschrift«. Schriftvorlagen und Anregungen<br />

auf den Karteikarten, Schriftgespräche und die<br />

Dokumentation in den Heften »Meine Schrift« machen<br />

das Projekt Grundschrift zu einem Beispiel qualitätsvollen<br />

Unterrichts. Der Wegfall der überkommenen genormten<br />

Schulschriften als zweite Ausgangsschrift ist notwendige<br />

Konsequenz. Für die Schulpolitik hat dies übrigens<br />

den unschätzbaren Vorteil: Diese Reform kostet nichts.<br />

Horst Bartnitzky,<br />

Grundschulpädagoge, Autor von Schul- und Fachbüchern,<br />

Ehrenmitglied des Grundschulverbandes<br />

* Die Zitate stammen aus: Neun Prinzipien zeitgemäßer Grundschularbeit.<br />

Wieder abgedruckt in: Bartnitzky / Hecker (Hrsg.)<br />

(2010): Allen Kindern gerecht werden – Aufgabe und Wege.<br />

Frankfurt a. M., Grundschulverband, S. 202 ff.<br />

2 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010


Thema: Grundschrift<br />

Horst Bartnitzky<br />

»Schreiben mit Schwung« –<br />

mit der Grundschrift die eigene Handschrift entwickeln<br />

»Eine gut lesbare Handschrift flüssig schreiben«, heißt die Zielvorgabe in den<br />

Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Primarbereich der Kultusminister<br />

aller 16 Bundesländer. 1) Keine Rede von LA oder VA oder SAS oder von einer<br />

Schrift, die zwanghaft die Buchstaben im Wort miteinander verbindet. Diese<br />

Festlegung gibt nun den Weg frei für eine überfällige Neuentscheidung in der<br />

Schriftenfrage.<br />

Solange Lesenlernen und Schrei ben -<br />

lernen didaktisch getrennt gedacht<br />

und getrennt praktiziert waren,<br />

mochte die Entscheidung sinnvoll sein:<br />

für das eine, das Lesen, die Druckschrift,<br />

für das andere, das Schreiben, eine besondere<br />

Schreibschrift – eine aus dem<br />

Angebot der drei Ausgangsschriften:<br />

Lateinische und Vereinfachte Ausgangsschrift<br />

sowie Schulausgangschrift.<br />

Vom Ende der LA, VA und SAS<br />

Seitdem aber Lesen- und Schreibenlernen<br />

didaktisch zusammen gedacht und<br />

zusammen praktiziert werden, ist nur<br />

noch eine Entscheidung in der Schriftenfrage<br />

sinnvoll, nämlich die Druckschrift<br />

für beides. Dies lehrt der Blick<br />

auf die vielen Kinder, die schon vor der<br />

Schule den Weg in die Schrift finden<br />

und dabei mit Druckbuchstaben ihre<br />

ersten Briefe und Notizen schreiben.<br />

Dies gebietet die didaktische Einsicht,<br />

dass Lesen- und Schreibenlernen die<br />

zwei Seiten derselben Medaille sind und<br />

sich im Schriftspracherwerb gegenseitig<br />

befördern. Und dies zieht die Konsequenz<br />

aus der Erkenntnis, dass nach<br />

der Druckschrift die Einführung einer<br />

»verbundenen Ausgangsschrift« ein<br />

Rückschritt in der Schriftentwicklung<br />

darstellt.<br />

Die Druckschrift sollte damit die einzige<br />

Ausgangsschrift sein, aus der Kinder<br />

im Laufe der Grundschulzeit und<br />

dann lebenslang ihre eigene individuelle<br />

Handschrift weiter entwickeln.<br />

LA, VA und SAS sind als verbundene<br />

Ausgangsschriften, so sinnvoll sie zu<br />

ihrer Zeit gewesen sein mögen, heute<br />

historisch überholt: Sie gehören ins didaktische<br />

Museum.<br />

Die Grundschrift als<br />

einzige Ausgangsschrift<br />

Der Grundschulverband nennt die<br />

»Handdruckschrift« Grundschrift. Der<br />

Begriff vermeidet für das Schreiben den<br />

Begriff Druckschrift, weil damit die gedruckten<br />

Buchstabenformen assoziiert<br />

werden.<br />

Es geht nicht um das genaue Abmalen<br />

der Druckbuchstaben, sondern um<br />

eine gut schreibbare Schrift, die der gedruckten<br />

entspricht, die aber mit der<br />

Hand geschrieben wird. Damit unterscheidet<br />

sich die Grundschrift von den<br />

vorhandenen Druckschriftformen in<br />

Lehrplänen und in nahezu allen Schülermaterialien,<br />

bei der die Buchstaben<br />

1:1 den Drucktypen entsprechen. Auch<br />

die geschriebenen Grundschrift-Buchstaben<br />

haben zwar eine klare Form, sie<br />

sind aber individuell. In einer Fachgruppe<br />

des Grundschulverbandes haben<br />

wir zum didaktischen Konzept eine<br />

Grundschrift-Kartei mit allen Buchstaben<br />

zum Lernen und Üben erarbeitet.<br />

Die Entwurfsfassung zusammen mit<br />

einer didaktischen Kommentierung ist<br />

von der Homepage des Grundschulverbandes<br />

herunterladbar. Eine ausführliche<br />

Darstellung findet sich im Themenheft:<br />

Grundschrift, damit Kinder besser<br />

schreiben lernen. 2)<br />

Zum Aufbau der Karteikarten mit<br />

den Buchstaben siehe Abb. 1.<br />

Die Weiterführung:<br />

»Schreiben mit Schwung«<br />

Mit der Grundschrift entwickeln die<br />

Kinder ihre eigene »gut lesbare und<br />

flüssige Handschrift«, wie dies die Bildungsstandards<br />

formulieren:<br />

Buchstabenverbindungen: Die Kinder<br />

probieren aus, Buchstaben miteinander<br />

zu verbinden. Anlass dazu können<br />

Aufbau der Karteikarten<br />

»Die Buchstaben«<br />

Zu jedem Kleinbuchstaben<br />

gibt es Lautbilder mit je eigenen<br />

Illustrationen.<br />

Der jeweilige Laut ist im Wort zu<br />

hören.<br />

Zu jedem Lautbild erscheint das<br />

ent sprechende Wort gedruckt.<br />

Der betreffende Buchstabe ist<br />

farblich hervorgehoben.<br />

So wird die Verwendung des<br />

Buchstabens im Wort dokumentiert<br />

und die Korrespondenz zum<br />

handgeschriebenen Buchstaben<br />

verdeutlicht.<br />

Banane<br />

Rakete<br />

acht<br />

Jede Bewegungsgruppe hat eine<br />

eigene Farbe.<br />

So können Buchstaben mit ähnlichem<br />

Bewegungsablauf gemeinsam geübt<br />

werden.<br />

© Grundschrift: www.grundschulverband.de · © Illustrationen: www.designritter.de<br />

Aufbau der Karteikarten<br />

»Die Buchstaben«<br />

Anlautbilder zu den Großbuchstaben.<br />

Es werden gängige Anlautbilder verwendet, um die Arbeit<br />

mit unterschiedlichen Medien koordinieren zu können.<br />

Zu jedem Anlautbild<br />

erscheint das entsprechende<br />

Wort<br />

gedruckt.<br />

Der betreffende<br />

Buchstabe ist farblich<br />

hervorgehoben.<br />

So wird die Verwendung<br />

des Buchstabens<br />

im Wort dokumentiert<br />

und die Korrespondenz<br />

zum handgeschriebenen<br />

Buchstaben<br />

verdeutlicht.<br />

Delfin<br />

Dino<br />

Dose<br />

Im Zentrum ein groß geschriebener<br />

Buchstabe auf der Grundlinie.<br />

Der günstige Bewegungsverlauf<br />

ist mit einem Ausgangspunkt und<br />

Pfeilen im Buchstaben markiert.<br />

Die Buchstabenform wird mit dem<br />

Finger nachgefahren.<br />

© Grundschrift: www.grundschulverband.de · © Illustrationen: www.designritter.de<br />

Die Grundlinie<br />

wird jeweils<br />

angezeigt, um<br />

den Stand und<br />

die Proportionen<br />

des Buchstabens<br />

deutlich zu<br />

machen.<br />

Kleiner geschriebene<br />

Buchstaben<br />

zum Nachfahren<br />

mit dem Finger.<br />

Abb. 1<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />

3


Thema: Grundschrift<br />

Aufbau der Karteikarten »Schreiben mit Schwung«<br />

Buchstabenkombination,<br />

die häufig geschrieben<br />

wird,<br />

hier als einzelne<br />

Buchstaben der<br />

Grundschrift.<br />

Vorderseite<br />

Probiere es aus:<br />

»Schreibe mit Schwung«<br />

– das Motto des flüssigen<br />

Schreibens<br />

Kindername als Anregung,<br />

weitere Namen mit der<br />

Buchstabenkombination zu<br />

finden und zu schreiben.<br />

Ein kleines Gedicht mit<br />

mehrfacher Verwendung der<br />

Buchstabenkombination.<br />

Die Verse können anregen,<br />

sie »mit Schwung« zu<br />

schrei ben, z. B. ins Heft<br />

Meine Schrift.<br />

»Probiere aus« ist<br />

der metho dische<br />

Grundsatz: Alle<br />

Vorlagen gelten<br />

nicht als Norm,<br />

sondern als<br />

Angebot zum<br />

Ausprobieren.<br />

Eins, zwei, drei,<br />

buntes Osterei.<br />

Das Osterei ist meins,<br />

drei, zwei, eins.<br />

Verbindung der Buchstabenkombination<br />

auf dem Papier<br />

Die Kinder spuren sie mit dem<br />

Finger nach. Danach probieren<br />

sie verschiedene Möglichkeiten<br />

im linken blauen Feld aus.<br />

Abb. 2: Aufbau der Karteikarten mit Buchstabenkombinationen<br />

die Betrachtungen von Schriften Erwachsener<br />

geben. Die Wendebögen am<br />

Ende von Grundschrift-Buchstaben,<br />

die mit einem Abstrich enden, bieten<br />

sich zur Weiterführung zum nächsten<br />

Buchstaben an: a und u zum Beispiel.<br />

Das können die Kinder ausprobieren.<br />

Mit schreibhäufigen Wörtern können<br />

die Kinder ausprobieren, was sich für<br />

ihre Hand schwungvoll schreiben lässt:<br />

wie auf oder laut, Namen von Kindern<br />

in der Klasse wie Paul oder Paula. Ein<br />

kleines Gedicht kann ein weiterer Text<br />

© Grundschrift: www.grundschulverband.de · © Illustrationen: www.designritter.de<br />

Die Schreibweisen im<br />

blauen Feld zeigen verschiedene<br />

Möglichkeiten,<br />

die Buchstaben auf dem<br />

Papier oder nur in der Luft<br />

zu verbinden.<br />

Die Kinder spuren sie mit<br />

dem Finger nach und<br />

probieren, was sie gut<br />

»mit Schwung« schrei ben<br />

können.<br />

Sie schreiben das Wort<br />

mehrfach auch ins Heft, sie<br />

probieren und üben dabei<br />

ihre eigene Schreibweise.<br />

Alltägliche Wörter mit der Buchstabenkombination:<br />

Die Kinder spuren sie mit dem<br />

Finger nach und schrei ben sie dann auf.<br />

Dabei können sie auch verschiedene<br />

Schreibweisen erproben (siehe Vorderseite).<br />

Schreibe mit Schwung:<br />

Rückseite<br />

sein, bei dem die Buchstabenkombination<br />

geübt wird. Ähnlich kann mit<br />

Buchstabenkombinationen ausprobiert<br />

werden, die häufig zusammen geschrieben<br />

werden: ei, ie, en, in, te, ch und andere.<br />

Immer gilt das Prinzip: Man kann<br />

verbinden, man muss aber nicht. Das<br />

schreibende Kind entscheidet am Ende<br />

selbst über seine Handschrift.<br />

Wir haben für solche Übungen den<br />

Teil 2 der Kartei zum Lernen und Üben<br />

in einer Entwurfsfassung erarbeitet,<br />

das Motto des zunehmend flüssigen<br />

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Dr. Horst Bartnitzky<br />

Grundschul pädagoge<br />

Schreibens ist hierbei »Schreiben mit<br />

Schwung«. Immer bleiben dabei die<br />

Kontrollfragen:<br />

● Was kann ich mit Schwung gut<br />

schrei ben?<br />

● Sind alle Buchstaben gut zu erkennen?<br />

● Ist der Text gut zu lesen?<br />

Zum Aufbau der Karteikarten<br />

mit Buchstabenkombinationen siehe<br />

Abb. 2.<br />

Buchstabenvarianten: Bei einigen<br />

Buchstaben können die Kinder auch<br />

variante Schreibweisen des Buchstabens<br />

kennen lernen und ausprobieren. Das<br />

kleine w zum Beispiel kann man unten<br />

mit Spitzen, aber auch gerundeter mit<br />

Bögen schreiben oder das große E kann<br />

man mit einem senkrechten und drei<br />

waagerechten Strichen schreiben, aber<br />

auch gerundeter in einem Schriftzug.<br />

Zum Aufbau der Karteikarten mit<br />

Buchstabenvarianten siehe Abb. 3 und 4.<br />

Schriftgespräche: Begleitet wird die<br />

Schriftentwicklung von Beginn an<br />

durch Schriftgespräche – der Kinder<br />

mit der Lehrerin, mit dem Partner, in<br />

der Gruppe. Dies gilt von Anfang an:<br />

Welche Buchstaben sind gut gelungen?<br />

Mit welchem Stift schreibe ich am besten?<br />

Schreibe ich lieber ohne Linien<br />

oder auf einer Linie, mit größer geschriebener<br />

oder mit kleiner geschriebener<br />

Schrift? Zu allen Buchstaben gibt<br />

es in der didaktischen Kommentierung<br />

auch Anregungen für solche Schriftgespräche.<br />

3)<br />

Zunehmend geraten die wesentlichen<br />

Kriterien in den Blick:<br />

● gute Lesbarkeit: Können andere meinen<br />

Text gut lesen?<br />

● Formklarheit der Buchstaben: Sind<br />

alle Buchstaben gut zu erkennen?<br />

4 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010


Thema: Grundschrift<br />

Schriftentwicklung: ein Anliegen aller Grundschuljahre<br />

Phasen der Schriftentwicklung Unterrichtsaufgaben und Materialien Ergänzende didaktische Elemente<br />

1. Phase:<br />

Die Buchstaben<br />

(Klasse 1)<br />

2. Phase:<br />

Schreiben mit Schwung<br />

(etwa: Ende Klasse 1, Klasse 2)<br />

3. Phase:<br />

zunehmende Geläufigkeit<br />

(etwa ab Klasse 3)<br />

Die Buchstaben werden erarbeitet und für<br />

das Schrei ben erster Texte verwendet.<br />

Material :<br />

Grundschrift-Kartei zum Lernen und Üben<br />

Teil 1: Die Buchstaben.<br />

Verbindungen zwischen Buchstaben werden erprobt,<br />

Buchstabenvarianten ausprobiert; die Kinder<br />

entwickeln ihre individuelle Handschrift weiter.<br />

Material :<br />

Grundschrift-Kartei zum Lernen und Üben<br />

Teil 2: Schreiben mit Schwung.<br />

Die Schriften der Kinder werden geläufiger;<br />

es gelten weiterhin die Kriterien:<br />

gut lesbar, formklar, flüssig geschrieben.<br />

Schriftgespräche<br />

Selbsteinschätzung<br />

und Rückmeldungen<br />

Heft »Meine Schrift«<br />

Unterrichtsthemen zu<br />

Schreiben und Schrift<br />

Gestalten mit Schrift<br />

●● Flüssigkeit: Sind die Wörter mit<br />

Schwung geschrieben?<br />

Siehe auch die Bögen zur Selbsteinschätzung<br />

und die Rückmeldeblätter in<br />

diesem Heft S. 18 f.<br />

Heft »Meine Schrift«: Mit den Kopiergeräten<br />

hat sich auch ein neuer Markt<br />

entwickelt: Verkauf von Kopiervorlagen.<br />

Ergänzt durch eigene Kopiervorlagen<br />

missrät Unterricht leicht zum Abarbeiten<br />

von Arbeitsblättern, die dann nach getaner<br />

Arbeit lieblos entsorgt werden. Für<br />

eine sorgsame Schriftentwicklung ist auch<br />

ein achtsamer Umgang mit dem Geschriebenen<br />

wichtig. Deshalb schlagen wir vor,<br />

handgeschriebene Übungen und Texte in<br />

ein Heft zu schrei ben: »Meine Schrift«.<br />

Wenn das von Beginn an geschieht und<br />

bis zum Ende der Grundschulzeit praktiziert<br />

wird, dann werden die Hefte durchnummeriert<br />

und sind immer Ausweis der<br />

Schriftentwicklung des Kindes.<br />

Da die traditionellen Lineaturen für<br />

die Anfangsklassen den Schreibfluss<br />

eher hemmen, sollten die Hefte unliniiert<br />

sein. Linienblätter vorzugsweise nur<br />

mit einer Grundlinie können untergelegt<br />

werden (Vorlagen zum Download hierzu:<br />

www. www.grundschulverband.de/<br />

projekte/projekte_grundschrift/).<br />

In diese Hefte können auch die Bögen<br />

zur Selbsteinschätzung und die Rückmeldeblätter<br />

eingeklebt werden. (Siehe<br />

in diesem Heft S. 18 f.)<br />

Unterrichtsthema Schreiben und<br />

Schrift: Von Beginn an ist Schreiben<br />

und Schrift beim Lernen und Üben der<br />

Buchstaben, bei dem Erproben vom<br />

Buchstabenverbindungen Unterrichtsthema.<br />

Genereller betrachtet ist das<br />

Thema so kulturell bedeutsam wie unerschöpflich:<br />

Schriften in der Lebenswelt<br />

der Kinder, auf Prospekten, in<br />

Schriftproben Erwachsener, Schriften<br />

in anderen Ländern und Kulturen, Blindenschrift,<br />

die Geschichte der Schrift,<br />

Schriftgeräte und ihre Geschichte,<br />

Schriftgestaltung und eigenes Gestalten<br />

mit Schrift …<br />

Siehe in diesem Heft S. 14 ff.<br />

Der didaktisch<br />

anspruchsvollere Weg<br />

Geläufige Gegenargumente sind: Es<br />

gehe nur darum, den Kindern immer<br />

alles leichter zu machen, statt sie durch<br />

Anstrengungen herauszufordern. – Mit<br />

der Grundschrift werde die Schreibschrift<br />

abgeschafft. – Schrift werde beliebig.<br />

– Und: Die LA (VA, SAS) seien<br />

doch schützenswertes deutsches Kulturgut.<br />

Dies sind Argumente an der<br />

Sachlage vorbei:<br />

●● Die Kinder werden nicht angehalten,<br />

wie dies bei LA und Co. der Fall<br />

ist, Formen lediglich zu reproduzieren.<br />

Probiere es aus:<br />

Schreibe mit Schwung:<br />

© Grundschrift: www.grundschulverband.de · © Illustrationen: www.designritter.de<br />

Auch kleine Katzen<br />

mit kleinen Tatzen<br />

können kräftig kratzen.<br />

© Grundschrift: www.grundschulverband.de · © Illustrationen: www.designritter.de<br />

Abb. 3 und 4: Aufbau der Karteikarten mit Buchstabenvarianten<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />

5


Thema: Grundschrift<br />

Vielmehr probieren sie eigenständig<br />

und entwickeln ihre Schrift kriterienbezogen<br />

weiter. Didaktisch gesehen, ist<br />

dies der anspruchsvollere Weg – für die<br />

Kinder wie für die Lehrkräfte.<br />

●● Nicht die Schreibschrift wird abgeschafft,<br />

sondern die drei Varianten<br />

der genormten Schul-Ausgangsschriften.<br />

Denn die Grundschrift und im<br />

Weiteren die individuelle Handschrift<br />

erfüllen alle Funktionen an eine<br />

Schreibschrift: Sie werden mit der Hand<br />

geschrieben und fixieren Gedanken<br />

und Botschaften.<br />

●● Jede funktionierende Schreibschrift<br />

muss Kriterien genügen: Sie muss formklar<br />

und bewegungsflüssig sein. Gerade<br />

diese Aspekte sind hier durchgängige<br />

Anforderungen bei allen Schreibproben<br />

und Kriterien für die Erprobungen von<br />

Buchstabenvarianten und -verbindungen.<br />

Selbsteinschätzung und Rückmeldungen<br />

durch Mitschüler und Lehrkraft<br />

gehören zum Konzept.<br />

●● Kulturgut ist die lateinische Buchstabenschrift,<br />

die ermöglicht, mit wenigen<br />

Zeichen alles sprachlich Erdenkliche zu<br />

verschriften. Die Schulschriften, die darauf<br />

fußen, haben sich häufig geändert.<br />

Zum Beispiel wurde im 20. Jahrhundert<br />

mindestens sieben Mal die Schulschrift<br />

gewechselt. 4)<br />

Mit der Grundschrift beginnen und sie<br />

zu individuellen Handschriften weiterentwickeln<br />

– dies ist der so zeitgemäße<br />

wie anspruchsvolle Weg, um das Ziel<br />

der Grundschularbeit mit allen Kindern<br />

zu erreichen. In der Setzung der<br />

Bildungsstandards heißt das: »eine gut<br />

lesbare Handschrift flüssig schreiben«.<br />

Genau das.<br />

Anmerkungen<br />

1) Kultusminsterkonferenz (2005): Bildungsstandards<br />

im Fach Deutsch für den Primarbereich<br />

(Jahrgangsstufe 4). München, S. 10<br />

2) Siehe auch: <strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong> Heft 110<br />

Mai 2010. Themenheft: Grundschrift, damit<br />

Kinder besser schreiben lernen.<br />

3) www.grundschulverband.de ; Stichwort:<br />

Projekt Grundschrift; Lehrerkommentar zu<br />

den Buchstabengruppen<br />

4) zur Geschichte: Elisabeth Neuhaus-<br />

Siemon (Hrsg.) (1981): Schreibenlernen im<br />

Anfangsunterricht der <strong>Grundschule</strong>.<br />

Frankfurt a. M., S. 7 ff.<br />

Frage: Ist die Grundschrift eine Druckschrift oder eine Schreibschrift?<br />

Kurzantwort:<br />

Sie ist beides. Im Formbestand ist sie an den Formen der Druckschrift<br />

orientiert, in ihrer Funktion ist sie eine Schreibschrift.<br />

Die Grundschrift ist eine Schrift für die Hand der Kinder.<br />

Ausführlicher:<br />

Die Grundschrift ist eine Druckschrift:<br />

● Ihre Buchstaben sind an den Formen der schulüblichen<br />

Druckschrift (Gemischt-Antiqua) orientiert<br />

● und der (Schreib-)Motorik von Kindern angepasst.<br />

Kinder bringen mit ihrer Hand die Buchstaben in<br />

Bewegung: Sie werden deshalb nicht »gedruckt«,<br />

sondern in flüssiger Bewegung geschrieben.<br />

(siehe Grundschrift-Kartei Teil 1: Die Buchstaben)<br />

Die Grundschrift ist eine Schreibschrift,<br />

● denn sie ist eine mit der Hand geschriebene Schrift<br />

● und mit ihr teilt das schreibende Kind etwas mit. *<br />

Nach dem Erwerb der Buchstaben erproben die Kinder<br />

Verbindungen von Buchstaben.<br />

(siehe Grundschrift-Kartei Teil 2: Schreiben mit Schwung.)<br />

Mit der Grundschrift beginnt das Kind von Anfang an, seine individuelle<br />

Handschrift zu entwickeln. Als Anspruch an die individuelle<br />

Schrift gelten die beiden Kriterien Formklarheit und Flüssigkeit.<br />

* Sie entspricht damit der klassischen Schrift-Definition, die Prof. Fritz Bärmann<br />

in den siebziger Jahren so formulierte: »Schrift ist die Spur eines Werkzeugs<br />

auf einer Unterlage, hervorgerufen und nach überlieferten Zeichen zu<br />

Zwecken der Dokumentation und der Kommunikation in Bewegung gestaltet<br />

von menschlicher Hand.«<br />

6 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010


Thema: Grundschrift<br />

Christiane Schüßler<br />

Schrift und Schreiben als ständige<br />

Arbeitsspur in der <strong>Grundschule</strong><br />

Anregungen für schulinterne Arbeitspläne<br />

Die Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz<br />

beschreiben Kompetenzen,<br />

die Schülerinnen und Schüler<br />

bis zu einem bestimmten Zeitpunkt<br />

der Schullaufbahn fachspezifisch erwerben<br />

sollen. Die Standards beschreiben<br />

ein mittleres Niveau, beziehen sich<br />

auf den Kernbereich des Faches und<br />

lassen somit Schulen pädagogische<br />

Gestaltungsfreiräume.<br />

Christiane Schüßler<br />

Schulrätin im Schulamt für die Landeshauptstadt<br />

Düsseldorf und dort<br />

Leiterin des Kompetenzteams für<br />

Lehrerfortbildung. Seit Jahren tätig im<br />

Aufgabenfeld Erwerb der Schreib- und<br />

Lesekompetenz sowie im Übergang<br />

vom Elementar- zum Primarbereich<br />

und Mitglied der Lehrplankommission<br />

Deutsch in NRW.<br />

Für das Fach Deutsch legte die Kultusministerkonferenz<br />

(KMK) –<br />

verbindlich für alle Bundesländer<br />

– für die Klassen 4 am Ende der Grundschulzeit<br />

fest, »dass Kinder<br />

●● eine gut lesbare Handschrift flüssig<br />

schreiben<br />

●● Texte zweckmäßig und übersichtlich<br />

gestalten<br />

●● den PC – wenn vorhanden – zum<br />

Schreiben verwenden und für Textgestaltung<br />

nutzen«. 1)<br />

Wenn also am Ende der Grundschulzeit<br />

Kinder über eine lesbare, flüssig geschriebene<br />

Handschrift verfügen sollen,<br />

mit Hilfe derer sie entsprechend zweckmäßig<br />

schreiben können, entspricht<br />

dies den Zielen des Grundschulverbandes,<br />

die an die Grundschrift formuliert<br />

werden: »Vom ersten Schreiben mit der<br />

Grundschrift aus entwickeln die Kinder<br />

individuell ihre persönliche Handschrift.«<br />

2)<br />

Wie können Schulen oder einzelne<br />

Klassen dieses Ziel erreichen?<br />

In den letzten Jahren ist die Erarbeitung<br />

schulinterner Arbeitspläne zu einer der<br />

Hauptaufgaben der Schulentwicklung<br />

geworden. Alle Lehrpläne, die – kompetenzorientiert<br />

formuliert – zu erreichende<br />

Ziele zum Ende von Jahrgangsstufen<br />

oder am Ende der Klasse 4 verbindlich<br />

festlegen, verlangen von den Kollegien<br />

die standortbezogene Auseinandersetzung<br />

mit den innerhalb eines Systems<br />

festgelegten Inhalten und Methoden,<br />

damit möglichst alle Kinder auf ihrem<br />

jeweiligen Niveau die geforderten Ziele<br />

erreichen können.<br />

Es gibt mehrere Zugangsmöglichkeiten,<br />

um das Thema Schrift und<br />

Schrei ben in der vom Grundschulverband<br />

vorgeschlagenen Vorgehensweise<br />

zu verankern.<br />

Die erste Möglichkeit: Einzelne Lehrkräfte<br />

oder ein Team in der Schuleingangsphase<br />

möchten die Grundschrift<br />

einführen und daran anknüpfend in<br />

ständiger Beachtung und Bearbeitung<br />

(in Schriftgesprächen und eigenen Reflexionen,<br />

mit Unterrichtsthemen und<br />

-projekten) Kinder ihre eigene Handschrift<br />

entwickeln lassen.<br />

Dabei haben sich folgende Schritte als<br />

hilfreich erwiesen:<br />

1. Vorstellung der Grundschrift in der<br />

Lehrerkonferenz<br />

2. Einigung auf Umsetzung innerhalb<br />

der ganzen Schule beginnend mit den<br />

Klassen 1 und 2 (Schuleingangsphase)<br />

oder in einer Klasse<br />

3. Beteiligung der Klassenpflegschaften<br />

bzw. der Schulkonferenz mit der<br />

Bitte um Zustimmung, dieses als Projekt<br />

zwei Jahre durchführen zu können<br />

4. Entwicklung eines Evaluationsbogens<br />

zur Einschätzung des Erfolges<br />

nach einem Jahr und nach zwei Jahren<br />

5. Durchführung in den jeweiligen<br />

Klassen<br />

6. Bericht über Fortschritt und Schwierigkeiten,<br />

Fragen jedes Vierteljahr in<br />

der Lehrerkonferenz<br />

7. am Ende eines Jahres: Ausweitung<br />

bei Erfolg auf die zukünftigen ersten<br />

Klassen<br />

Die zweite Möglichkeit: Die sukzessive<br />

Einführung der Grundschrift für<br />

die gesamte Schule. Diese Möglichkeit<br />

hat sich im Grundschulbereich als sehr<br />

vielversprechend herauskristallisiert,<br />

gerade bei so wesentlichen Themen wie<br />

Erwerb der Schreib- und Lesefähigkeit,<br />

dem Erlernen des Rechnens, der Methodenvielfalt<br />

im Zusammenhang mit<br />

selbständigen Lernprozessen usw. Sinnvoll<br />

ist demnach, zum jetzigen Zeitpunkt<br />

sowohl mit den Klassen 1 und 2<br />

(bzw. den Lerngruppen der Eingangsstufe)<br />

die Grundschrift zu erarbeiten<br />

und »Schrift und Schreiben« dann fortgesetzt<br />

als ständige Arbeitsspur bis zum<br />

Ende der Klasse 4 im Unterricht zu berücksichtigen.<br />

Kollegien, die in sich geschlossen einen<br />

didaktischen Weg und damit einen<br />

einheitlichen Lernansatz propagieren<br />

und diesen Eltern gegenüber vertreten,<br />

haben großen Erfolg in der Umsetzung:<br />

Die Akzeptanz und das ständige Üben<br />

bei den Kindern wird intensiviert,<br />

wenn Klassenlehrer und Fachlehrer<br />

die gleichen Impulse für die Weiterentwicklung<br />

der Schrift geben, Fragen über<br />

Schrift (Lesbarkeit, Schnelligkeit etc.) in<br />

ihren Unterricht integrieren und damit<br />

deutlich machen, dass der Erwerb der<br />

Schrift ein ständiges Thema ist.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />

7


Thema: Grundschrift<br />

Schulen, die einen ähnlichen Ansatz<br />

schon seit Jahren praktizieren, berichten,<br />

dass sich die umliegenden Einrichtungen<br />

aus dem Elementarbereich<br />

gerne an der Grundschrift orientieren<br />

und diese allen Kindern zur Verfügung<br />

stellen, die schon vor Schuleintritt<br />

schrei ben möchten.<br />

Weiterführende Schulen sind dankbar,<br />

wenn ihre Schülerinnen und Schüler<br />

eine formklare, lesbare und in angemessener<br />

Zeit geschriebene Schrift in<br />

der <strong>Grundschule</strong> gelernt haben. 3)<br />

Wie kann sich eine Schule<br />

auf den Weg machen?<br />

Der folgende Weg hat sich als sinnvoll<br />

erwiesen:<br />

1. Intensive Auseinandersetzung mit<br />

der Grundschrift und den Vorzügen<br />

dieses Ansatzes<br />

2. Erstes Erproben von Buchstabenverbindungen<br />

mit Kindern, z. B. in einer<br />

jetzigen Kl. 2<br />

3. Vorstellung und Diskussion in der<br />

Lehrerkonferenz (zur Vorstellung der<br />

Materialien 4) ist es gleichzeitig sinnvoll,<br />

dass die Lehrer/innen selbst ausprobieren<br />

und zeigen, wie unterschiedlich sie<br />

einen Stift halten und die jeweiligen<br />

Buchstaben und Verbindungen schreiben)<br />

4. Erstellung eines schulinternen Arbeitsplanes<br />

(hierzu kann die folgende<br />

Übersicht als Arbeitsgrundlage genutzt<br />

werden)<br />

Die Übersicht (siehe S. 9) verdeutlicht,<br />

wie Schrift und Schreiben als ständige<br />

Arbeitsspur die Kinder und damit die<br />

Unterrichtsinhalte in allen 4 Grundschuljahren<br />

begleiten: Dabei ist es nicht<br />

hinreichend, die Kinder die Grundschrift,<br />

individuelle Verbindungen, das<br />

Schreiben mit dem am besten geeigneten<br />

Stift und die einzelnen Schreibhefte<br />

individuell »abarbeiten« zu lassen. Um<br />

angeleitet und reflektiert zu einer individuellen,<br />

lesbaren und flüssig schreibbaren<br />

Handschrift zu gelangen, sind die<br />

Gespräche über Schrift, die grundsätzlichen<br />

Fragehaltungen (»Sind die Buchstaben<br />

und Wörter gut lesbar?« »Sind<br />

die Buchstaben erkennbar?« »In welchen<br />

Schreibvarianten kommen Buchstaben<br />

und Verbindungen vor?«) das<br />

Wesentliche, das sich durch alle Schriftund<br />

Schreibprojekte, die in den Klassen<br />

1 bis 4 durchgeführt werden, ziehen<br />

muss (also beispielsweise zu Beginn im<br />

Klassenverband gemeinsam Schriftproben<br />

bewerten, oder – wenn die Kinder<br />

dieses Arbeiten gewohnt sind – selbstständig<br />

in Partner- oder Kleingruppenarbeit).<br />

Die Einführung der Buchstaben in<br />

der Grundschrift kann mit Hilfe der<br />

Grundschrift-Kartei: Teil 1 geschehen.<br />

Dazu bietet es sich an, innerhalb der<br />

Schule zu vereinbaren, ob in jeder beginnenden<br />

Klasse 1 mehrere Karteien<br />

zur Verfügung stehen, damit die Kinder<br />

ungestört auch parallel arbeiten können.<br />

Somit lernen Kinder von Beginn an,<br />

dass nicht nur das Ergebnis (der Buchstabe<br />

auf dem Papier) zählt. Mit Hilfe<br />

der Schriftgespräche erlernen sie ein<br />

Gespür für das eigene Empfinden der<br />

Schreibgeläufigkeit, und das Aussehen<br />

der Schrift wird für den Leser wichtig.<br />

Um diese Schriftgespräche einzuführen<br />

und zu üben ist es hilfreich, schon in<br />

den ersten Schulwochen Schriften von<br />

Erwachsenen zu sammeln, diese zu vergleichen<br />

und unter den o. a. Fragestellungen<br />

zu bewerten.<br />

Im Laufe der Zeit – je nach Entwicklungsfortschritt<br />

des einzelnen Kindes<br />

schon in den ersten Schulwochen oder<br />

erst nach einigen Monaten – werden<br />

Buchstabenverbindungen ausprobiert,<br />

erprobt und geübt. Wichtig ist hierbei,<br />

dass die Hinweise der Lehrerin oder der<br />

anderen Kinder als Angebote verstanden<br />

werden – die Entscheidung über<br />

das eigene Schreiben trifft jedes Kind<br />

individuell und kommt damit in der<br />

Entwicklung der eigenen Handschrift<br />

wieder ein Stück voran.<br />

Im weiteren Verlauf werden so auch<br />

Wörter und Texte geübt. Somit sollten in<br />

regelmäßigen Abständen unterschiedliche<br />

Projekte oder Unterrichtsvorhaben<br />

durchgeführt werden, wie z. B. das<br />

künstlerische Gestalten von Buchstaben<br />

(eigene Initialien), die Auseinandersetzung<br />

mit Frakturschrift oder anderen<br />

alten Druckschriften, Geheimschriften<br />

kennen und schreiben oder mit Wörtern<br />

gestalten (z. B. »Regenwurm« in<br />

Form eines Regenwurms).<br />

In den Klassen 3 und 4 können sicherlich<br />

mehrere Schreibvorhaben<br />

angeboten werden. Es ist hilfreich,<br />

verschiedene Angebote und Aufgabenstellungen<br />

vorzuhalten, damit Kinder<br />

in Zeiten, in denen Schrift und Schreiben<br />

wieder stärker im Mittelpunkt des<br />

Unterrichts stehen, selbst Schwerpunkte<br />

auswählen können: Computerschriften<br />

ausprobieren und damit gestalten,<br />

die Blindenschrift (Brailleschrift) untersuchen,<br />

Schriften früher und heute<br />

vergleichen (z. B. Sütterlin-Schrift und<br />

andere Schulschriften), Schriften in<br />

anderen Kulturen und Ländern (z. B.<br />

Schreiben wie die Chinesen, ägyptische<br />

Hieroglyphen schreiben) … Ganz besonders<br />

interessant ist es für Kinder in<br />

diesem Zusammenhang auch, verschiedene<br />

(alte und neue) Schreibgeräte und<br />

-materialien zu sammeln, zu untersuchen,<br />

damit zu schreiben und sie auch<br />

in einer Ausstellung anderen zugänglich<br />

zu machen.<br />

Wichtig für die Erstellung eines Arbeitsplanes<br />

sind immer die Aspekte der<br />

Selbsteinschätzung und Reflexion (vgl.<br />

die im Heft vorgeschlagenen Rückmeldebögen,<br />

s. S. 18 f. / van der Donk).<br />

Schrift und Schreiben können zur<br />

ständigen Arbeitsspur in der <strong>Grundschule</strong><br />

werden. Die individuelle<br />

(Schreib-) Entwicklung der Kinder wird<br />

dabei stets mit bedacht und beachtet. In<br />

regelmäßigen Abständen werden Schrift<br />

und Schreiben zum Unterrichtsgegenstand.<br />

So entsteht eine Lernumgebung,<br />

die die Entwicklung der individuellen<br />

Handschrift eines jeden Kindes herausfordert,<br />

begünstigt und zu einem selbstständigen<br />

Lern- und Arbeitsprozess<br />

werden lässt.<br />

Anmerkungen<br />

(1) Kultusministerkonferenz (2005):<br />

Bildungsstandards im Fach Deutsch für den<br />

Primarbereich (Beschluss der KMK vom<br />

15. 10. 2004). München: Wolters Kluwer.<br />

(2) Grundschulverband (2010): Grundschrift<br />

– auf einen Blick. In: <strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>,<br />

Heft 110, S. 3.<br />

(3) vgl. Bode, L (2010): Druckschrift als einzige<br />

Schrift. Erfahrungen aus sieben Jahren<br />

Schulpraxis. In: <strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>,<br />

Heft 110, S. 17 – 19.<br />

(4) Grundlage können sein die Texte aus<br />

Heft 110 und aus dieser Ausgabe von<br />

»<strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>«, dazu die Materialien<br />

zur Grundschrift unter<br />

www.grundschulverband.de<br />

(Grundschrift-Kartei, Teil 1 und 2,<br />

»Schreibräume«, Kommentar für Lehrerinnen<br />

und Lehrer).<br />

8 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010


Thema: Grundschrift<br />

Arbeitsplan »Schrift und Schreiben« für die Klassen 1 bis 4<br />

Von der Grundschrift zur individuellen Handschrift<br />

Eingangsstufe<br />

/<br />

Klassen 1/2<br />

Grundschrift üben und reflektieren<br />

●●<br />

●●<br />

●●<br />

●●<br />

alle Buchstaben in Grundschrift üben<br />

und verwenden<br />

erste Verbindungen in verschiedenen<br />

Varianten ausprobieren, üben und<br />

verwenden<br />

Wörter und Texte in Grundschrift<br />

schreiben<br />

Schriftgespräche führen<br />

Material:<br />

●● Grundschrift: Kartei zum Lernen und<br />

Üben, Teil 1: Die Buchstaben<br />

●● Teil 2: Schreiben mit Schwung<br />

●● Heft »Meine Schrift«<br />

●● Fragen zur Selbsteinschätzung für Kinder<br />

●● Rückmeldebogen der Lehrkraft<br />

Schrift als Unterrichtsthema<br />

Möglichkeiten (zur Auswahl):<br />

●● Buchstaben des Namens in verschiedenen<br />

Schriften schreiben<br />

●● Lieblingswörter schreiben<br />

●● Unterschriften und Schriftproben von Kindern<br />

und Erwachsenen sammeln, betrachten und<br />

vergleichen (Besonderheiten, Lesbarkeit, Ästhetik)<br />

●● Buchstaben gestalten (mit versch. Stiften,<br />

Materialien)<br />

●● mit Buchstaben gestalten<br />

●● Buchstabenblätter und -sammlungen herstellen<br />

●● Schrift in der Umwelt finden und sammeln<br />

●● Wörter und erste Texte (aus)drucken<br />

Klassen 3/4<br />

●●<br />

●●<br />

individuelle Handschrift weiter ent wickeln<br />

dabei Verbindungen, Wörter und Texte<br />

üben und verwenden<br />

Material:<br />

●●<br />

●●<br />

●●<br />

●●<br />

●●<br />

Grundschrift-Karteien<br />

Heft »Meine Schrift«<br />

Fragen zur Selbsteinschätzung für Kinder<br />

Rückmeldebogen der Lehrkraft<br />

Projektmaterialien zum Thema »Schrift<br />

und Schreiben»<br />

Möglichkeiten (zur Auswahl):<br />

●●<br />

●●<br />

●●<br />

●●<br />

●●<br />

●●<br />

●●<br />

●●<br />

●●<br />

●●<br />

●●<br />

●●<br />

Schriften von Erwachsenen sammeln und<br />

vergleichen<br />

Schriften aus anderen Ländern kennen lernen<br />

und vergleichen (z. B. Schreiben wie die Chinesen,<br />

ägyptische Hieroglyphen schreiben)<br />

Schriften früher und heute vergleichen<br />

(z. B. Sütterlin-Schrift und andere alte Schulschriften<br />

untersuchen und ausprobieren, mittelalterliche<br />

Schriften kennen lernen und ausprobieren)<br />

Frakturschrift und andere alte Druckschriften<br />

untersuchen<br />

Computerschriften ausprobieren und damit<br />

gestalten<br />

Blindenschrift (Brailleschrift) untersuchen<br />

Geheimschriften kennen lernen und ausprobieren<br />

Computerschriften ausprobieren<br />

mit Wörtern gestalten (z. B. Ideogramme:<br />

»Regenwurm« in Form eines Regenwurms)<br />

künstlerische Buchstabengestaltungen<br />

(z. B. die eigenen Initialen)<br />

mit Schrift Bilder gestalten<br />

(z. B. Umrisse von Tieren als Vorlage und<br />

den Tiernamen immer wieder hineinschreiben)<br />

verschiedene (alte und neue) Schreibgeräte und<br />

-materialien sammeln, untersuchen, ausprobieren,<br />

ausstellen<br />

Die Übergänge sind selbstverständlich fließend zu verstehen.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />

9


Thema: Grundschrift<br />

Christina Mahrhofer-Bernt<br />

Schreibenlernen im Unterricht<br />

reflektiert gestalten –<br />

Produktive Übungsformen und ihre Zielsetzung<br />

Im häuslichen Alltag vollzieht sich Schreibenlernen beiläufig. Meine dreijährige<br />

Tochter imitiert die Handlung der Mutter und hinterlässt mit dem Stift in der<br />

Hand Spuren auf dem Papier. Sie „notiert“ Informationen in einem Notizbuch.<br />

Sie malt den Anfangsbuchstaben ihres Namens ab. Schreiben bedeutet für sie<br />

Malen von Buchstaben. Vor der Schule motiviert das »Nachmachen wollen« das<br />

Schreibenlernen. Nach Schuleintritt dominiert das »wirklich Schreiben können<br />

wollen« das Schreibenlernen.<br />

Leserlichkeit = Die Leserlichkeit bezieht<br />

sich auf die Mühelosigkeit, mit der<br />

Schrift entziffert werden kann. Sie hat<br />

primär mit grafischen Informationen zu<br />

tun wie Buchstabenform, Buchstabengröße,<br />

Schriftneigung, Abstand innerhalb<br />

und zwischen Wörtern. (vgl. Mahrhofer<br />

2004, 24 ff.)<br />

Lesbarkeit = Die Lesbarkeit geht über<br />

die reine Dekodierung von Graphemen<br />

in bedeutungstragende phonematische<br />

Sinneinheiten hinaus und bezieht<br />

die Sinnentnahme mit ein. Neben graphischen<br />

Informationen fließen auch<br />

semantische und syntaktische Informationen<br />

in die Dekodierung ein. (vgl.<br />

Mahrhofer 2004, ebd.)<br />

Schreibflüssigkeit = Die Schreibflüssigkeit<br />

beschreibt die Bewegungsqualität<br />

beim Schreiben. Eine flüssige<br />

Schreibbewegung zeichnet sich durch<br />

einen minimalen Krafteinsatz und sehr<br />

zügige Ausführung aus. Sie verläuft<br />

weitgehend unbewusst und ohne Korrekturen<br />

des Bewegungsablaufes. Die<br />

Schreibflüssigkeit ist mit Hilfe von computergesteuerten<br />

Bewegungsanalysen<br />

messbar. (vgl. Mai et al. 1998, 85; Mahrhofer<br />

2004, 87ff.)<br />

Schulanfänger erwarten vom<br />

Schreib unterricht, dass sie das<br />

Schreiben ordentlich lernen. Sie<br />

möchten sich die Buchstaben in der<br />

treffenden Form aneignen. Einige Kinder<br />

unter ihnen kennen wenige, andere<br />

kennen viele Buchstaben aus dem<br />

häuslichen Umfeld. Manche bringen<br />

abgewandelte Formvorstellungen mit,<br />

andere verwenden weniger günstige Bewegungsabläufe.<br />

Allen gemeinsam ist:<br />

Formen sind noch nicht verinnerlicht.<br />

Schreibbewegungen werden kontrolliert<br />

und mit angespannter Hand ausgeführt.<br />

Der Auftrag des Schreibunterrichts<br />

ist es, diese Kinder auf ihrem individuellen<br />

Weg zur leserlichen und flüssigen<br />

Handschrift zu begleiten. Eine leserliche<br />

Schrift soll vom Schreiber selbst<br />

und von anderen lesbar sein. Eine flüssige<br />

Schrift entsteht durch routinierte<br />

Schreibbewegungen, die mit einer bestimmten<br />

Schreibgeschwindigkeit und<br />

ohne Aufmerksamkeit auf den Bewegungsablauf<br />

ausgeführt werden.<br />

Wie setzen wir diesen Auftrag des<br />

Schreibunterrichts um? Als Lehrkräfte<br />

stehen wir vor der Herausforderung, unsere<br />

Schreiblernangebote zu reflektieren<br />

und produktive Übungsformen gezielt<br />

einzusetzen. Natürlich machen wir uns<br />

Gedanken und wählen eine Ausgangsschrift,<br />

die sowohl in der Form wie auch<br />

in der Bewegung leicht zu erlernende<br />

Buchstaben anbietet. Die Grundschrift-<br />

Kartei Teil 1: Die Buchstaben bietet die<br />

Möglichkeit, den Kindern den Erwerb<br />

des Formeninventars zu erleichtern.<br />

Beide Aspekte, eine leicht zu erlernende<br />

Form samt der dazugehörigen Schreibbewegung,<br />

finden hier Berücksichtigung.<br />

In der Grundschrift-Kartei zum<br />

Lernen und Üben, Teil 2: Schreiben mit<br />

Schwung wird der Ansatz weitergeführt.<br />

Es werden günstige Verbindungsmöglichkeiten<br />

aufgezeigt und dem Schreiblerner<br />

zum Ausprobieren angeboten.<br />

Doch Schreibenlernen begründet sich<br />

nicht alleine in der Schrift. Einfluss auf<br />

den Erwerb der Form und der Schreibbewegung<br />

nehmen auch die Übungen,<br />

Instruktionen und Vorlagen, mit Hilfe<br />

derer die zu erlernenden Buchstaben in<br />

Form und Bewegung internalisiert werden<br />

sollen.<br />

Der Markt an Schreiblernmaterialien<br />

ist breit gefächert. Schulbuchverlage<br />

bieten neben Leselehrgängen auch<br />

Schreiblehrgänge zum Erwerb der Ausgangsschriften<br />

an. Auch für die offene<br />

Unterrichtsgestaltung findet sich eine<br />

Vielzahl von Kopiervorlagen auf CD-<br />

Roms, zum Download aus dem Internet<br />

und als Software zum Selbstgestalten.<br />

Doch je breiter der Markt und das<br />

Angebot, desto größer ist die Verantwortung<br />

einer bewussten Auswahl und<br />

eines durchdachten Einsatzes der Materialien<br />

und Übungen. Das Angebot<br />

im Klassenzimmer sollte dahingehend<br />

reflektiert werden, ob es wirklich zum<br />

Erwerb einer formklaren und flüssigen<br />

Schrift führt. Gleichzeitig muss es auf<br />

die individuellen Schreibwünsche und<br />

motorischen Bedürfnisse der Kinder<br />

abgestimmt sein.<br />

Will man Schreiblernangebote und<br />

Übungen beurteilen, sind übergeordnet<br />

zwei zentrale Ziele zu nennen: das Verinnerlichen<br />

der Form und das Lernen<br />

der Bewegung. Dem Verinnerlichen der<br />

Form dienen alle Übungen, die dazu<br />

führen, die Form des Buchstabens in<br />

seiner Gesamtheit wie auch seinen einzelnen<br />

Bestandteilen in einer inneren<br />

Vorstellung zu repräsentieren. Hierzu<br />

zählt auch das Schulen der Wahrnehmungsbereiche,<br />

die am Formenlernen<br />

beteiligt sind (vgl. nachfolgend zur visuellen<br />

Wahrnehmung). Das Lernen der<br />

Bewegung unterstützen alle Aufgaben,<br />

bei denen Bewegungslernen passiert.<br />

Dabei ist zu unterscheiden zwischen<br />

Übungsanteilen, die den Bewegungsablauf<br />

veranschaulichen und in ersten<br />

Schritten anbahnen, und nachfolgend<br />

gezielten schreibmotorischen Übungen,<br />

die die konkret zum Schreiben erforderlichen<br />

Bewegungsprogramme trainieren<br />

(vgl. nachfolgend zur Feinmotorik<br />

und Schreibmotorik). Erst wenn<br />

beides, innere Repräsentation einer<br />

10 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010


Thema: Grundschrift<br />

Abb. 1 bis 3: Buchstabenpuzzle, Buchstabenform nachlegen, Punktschrift<br />

Form und dazu passendes motorisches<br />

Programm, zusammenkommen, sprich<br />

vom Schreiber automatisiert abgerufen<br />

werden können, wird ein Buchstabe leserlich<br />

und flüssig umgesetzt.<br />

Übungsangebote zur<br />

visuellen Wahrnehmung<br />

Der Bereich der visuellen Wahrnehmung<br />

1) stellt eine wichtige Voraussetzung<br />

für das Erlernen der Kulturtechniken<br />

dar. Dies gilt bereits auf ganz<br />

basaler Ebene für das Erfassen und<br />

Verinnerlichen einer Buchstabenform.<br />

Zu den verschiedenen Einzelleistungen<br />

zählen u.a. die Figur-Grund-Wahrnehmung,<br />

das Erkennen der Formkonstanz<br />

und der Raumlage, die Fähigkeit zur<br />

optischen Differenzierung und die visuelle<br />

Merkfähigkeit.<br />

Die Figur-Grund-Wahrnehmung benötigt<br />

der Schreibanfänger, um die Buchstabenform<br />

visuell vom Hintergrund<br />

zu trennen. Dies ist gefordert beim Abschreiben<br />

von der Tafel auf das Blatt oder<br />

beim Nachzeichnen sich überlappender<br />

Buchstaben. Um Buchstaben unabhängig<br />

von ihrer Größe und Lage als gleich zu<br />

erkennen, muss der Schreibanfänger die<br />

Formkonstanz erfassen können. Üben<br />

kann er dies bei Sortierübungen ungeordneter<br />

Buchstabengruppen im zweidimensionalen<br />

(z. B. aus Papier ausgeschnittene,<br />

laminierte Buchstaben) bzw.<br />

dreidimensionalen Raum (z. B. Buchstabenformen<br />

aus Holz). Um Buchstaben in<br />

räumlicher Beziehung zu sich selbst oder<br />

zueinander zu erkennen, muss er die<br />

Raumlage von Buchstaben wahrnehmen.<br />

So kann der Schreiber Details einzelner<br />

Buchstaben wie Gemeinsamkeiten oder<br />

Unterschiede in der Form feststellen.<br />

Dies ist wichtig für das Unterscheiden<br />

ähnlicher Buchstaben wie n– u, m – w,<br />

b – d oder p – q. Auch die optische Differenzierung<br />

leistet ihren Beitrag beim<br />

Vergleichen und Unterscheiden von Formen.<br />

Nur wenn der Schreibanfänger die<br />

Raumwahrnehmung beherrscht, gelingt<br />

es ihm, Abstände beim Schreiben angemessen<br />

einzuhalten oder die Größe des<br />

Buchstabens richtig auszuführen. Die<br />

visuelle Merkfähigkeit hilft schließlich,<br />

sich Buchstabenformen in ihren Bestandteilen<br />

zu merken und wiedergeben<br />

zu können. Übungen in diesem Bereich<br />

beschäftigen sich mit der Wahrnehmung<br />

und Verinnerlichung der Form.<br />

Einen hohen Motivationsfaktor hat das<br />

Buchstabenformen stempeln, wenn verschiedene<br />

Buchstabenelemente zu einem<br />

Buchstaben zusammengestempelt<br />

werden müssen. 2) Nach diesem Prinzip<br />

werden auch selbst hergestellte Buchstabenpuzzles<br />

eingesetzt (vgl. Abb. 1). Auch<br />

das Nachlegen der Buchstabenform mit<br />

Muggelsteinen (vgl. Abb. 2) auf einer<br />

Vorlage trainiert die Raum-Lage-Wahrnehmung<br />

und die Merkfähigkeit. Sich<br />

überlagernde Buchstabenbilder können<br />

mit Hilfe von Folien auf die Tafel oder<br />

ein Plakat projiziert werden. Hier sind<br />

die Schüler gefordert, Buchstaben in unterschiedlicher<br />

Lage und Größe zu erkennen.<br />

Ähnliche Aufgaben bieten sich<br />

auch auf der Arbeitsblattebene zur Förderung<br />

der Formwahrnehmung an.<br />

Eine weitere Leistung, die den Bereich<br />

der visuellen Wahrnehmung mit<br />

der motorischen Leistung beim Schreiben<br />

verbindet, ist die visuo-motorische<br />

Koordination. Sie umfasst die Fähigkeit,<br />

mit den Augen die Hand beim Schreiben<br />

zu steuern und zu kontrollieren. Für den<br />

Schreibanfänger ist dies eine sehr wichtige<br />

Leistung. Beim Schreibenlernen<br />

findet eine stetige Kontrolle der mit der<br />

Hand produzierten Schreibbahn durch<br />

das Auge statt. Die Bewegung wird anfangs<br />

sehr langsam ausgeführt, damit<br />

das Auge die Bewegung wahrnehmen,<br />

die Informationen verarbeitet und ggf.<br />

die Bewegung korrigiert bzw. angepasst<br />

werden kann. Die Bewegung ist demzufolge<br />

höchst kontrolliert, langsam und<br />

unflüssig. Die vielerorts sehr beliebten<br />

Nachspurübungen mit Hohlschriften<br />

oder Punktschriften (vgl. Abb. 3) auf<br />

von Verlagen vorgefertigten wie auch<br />

mittels Computerprogrammen frei gestaltbaren<br />

Übungsblättern dienen dieser<br />

Auge-Hand-Koordination und damit<br />

primär der Formerfassung. Erst in<br />

zweiter Linie erfährt der Schreibanfänger<br />

bei derartigen Nachspurübungen<br />

eine erste Vorstellung über den Ablauf<br />

der Schreibbewegung. Der Bewegungsfluss,<br />

sprich die flüssige Schreibbewegung,<br />

kann mit derartigen Aufgaben<br />

zum Nachspuren und Nachfahren nicht<br />

geübt werden.<br />

Beim Nachspuren von Hohl- oder<br />

Punktschriften kommt es stets zu einem<br />

Abgleich von produzierter Schreibspur<br />

mit vorgegebener Schreibbahn, der nur<br />

bei einer sehr langsamen Schreibbewegung<br />

geschehen kann. Das Ausbilden<br />

der vorausgehend angesprochenen routinierten<br />

Bewegung gelingt unter dieser<br />

Aufgabenstellung und dem dazu nötigen<br />

Schreibtempo nicht. Eine flüssige<br />

routinierte Bewegung muss in einer Geschwindigkeit<br />

ausgeführt werden, die<br />

Dr. Christina Mahrhofer-Bernt<br />

Sonderschullehrerin und Sonderpädagogin<br />

M.A., von 1997 bis 2002<br />

wissenschaftliche Mitarbeiterin an<br />

den Universitäten München, Erlangen-<br />

Nürnberg und Bamberg. Seit 2002 als<br />

Sonderschullehrerin tätig, gegenwärtig<br />

am Sonderpädagogischen Förderzentrum<br />

Landshut-Land in der Primarstufe.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />

11


Thema: Grundschrift<br />

mit bloßem Auge nicht mehr kontrollierbar<br />

ist. Je routinierter der Schreiber<br />

wird, sprich, je automatisierter die interne<br />

Repräsentation der Form und des<br />

motorischen Programmes ist, desto weniger<br />

visuomotorische Kontrolle ist für<br />

das Schreiben möglich bzw. nötig. Beim<br />

routinierten Schreiber tritt sie völlig in<br />

den Hintergrund und tritt nur dann in<br />

Aktion, wenn vom Schreiber ein Fehler<br />

vermutet wird bzw. ungewohnte<br />

Schreibbedingungen erwartet werden.<br />

Die routinierte Schreibbewegung ist<br />

auto matisiert, schnell und flüssig.<br />

Übungsangebote zur Motorik<br />

In der Motorik sind verschiedene<br />

Übun gen im Bereich der Grob- bzw.<br />

Groß motorik, im Bereich der Feinbzw.<br />

Kleinmotorik und im Bereich der<br />

Schreib motorik zu unterscheiden.<br />

Die Grob- bzw. Großmotorik umfasst<br />

die mit einer größeren Anzahl von<br />

Bewegungsorganen ausgeübten großräumigen<br />

Bewegungen, die zu einer anfänglichen<br />

Vorstellung von Form und<br />

Bewegung führen. Bewegungsaufgaben<br />

in diesem Bereich sind einer allgemeinen<br />

Beweglichkeit und Geschicklichkeit<br />

förderlich. Gleichzeitig tragen die an der<br />

Buchstabenform und dem dazu nötigen<br />

Bewegungsablauf ausgerichteten Aufgabenstellungen<br />

dazu bei, eine innere<br />

Vorstellung von Form und Bewegung<br />

aufzubauen. Unauffällige Kinder zeigen<br />

sich entspannt und geschickt bei großmotorischen<br />

Bewegungsaufgaben und<br />

halten leicht das Gleichgewicht. Sie weisen<br />

eine ausreichende Körperspannung<br />

auf und haben eine gute Körperkoordination.<br />

Großmotorische Übungen bietet<br />

die Station »Buchstaben-Laufdollis«<br />

(vgl. Abb. 4) oder »Buchstaben-Taxi«.<br />

Bei der erstgenannten Buchstabenübung<br />

geht das Kind den Buchstaben<br />

mit Laufdollis an den Füßen entsprechend<br />

der entstehenden Schreibbahn<br />

ab. Dazu wird der Buchstabe mit Krepp-<br />

Papier auf den Fußboden geklebt. Diese<br />

Buchstabenvorlage eignet sich auch für<br />

die Aufgabe mit dem Buchstaben-Taxi.<br />

Das Kind fährt mit einem kleinen<br />

Spielzeugauto die Buchstabenform entsprechend<br />

der entstehenden Schreibbahn<br />

nach. Die Bewegung wird aus<br />

dem Arm und dem Schultergelenk produziert.<br />

Bei beiden Aufgaben erfahren<br />

motorisch geschickte Kinder auf sehr<br />

motivierende Weise die Form und den<br />

Bewegungsablauf mit dem ganzen Körper.<br />

Motorisch weniger versierte Kinder<br />

erhalten eine Vorstellung von Form und<br />

Schreibablauf und dazu großmotorische<br />

Förderung bei Verkrampfungen,<br />

Ungeschicklichkeit, fehlendem Gleichgewicht,<br />

Problemen der Kraftdosierung<br />

und der Körperkontrolle.<br />

Der Bereich der Fein- bzw. Kleinmotorik<br />

3) erstreckt sich über den breiten<br />

Bereich der Handgeschicklichkeit, angefangen<br />

von der Hand- und Fingerkraft<br />

über die Handgelenksbeweglichkeit<br />

bis hin zur Fingerbeweglichkeit.<br />

Im fein- bzw. kleinmotorischen Bereich<br />

sind die Bewegungen kleinräumiger;<br />

es wird nur der Teil des Bewegungsapparates<br />

aktiviert, der speziell für diese<br />

Bewegung nötig ist.<br />

Viele Übungen wie Rollen, Drucken,<br />

Stempeln, Falten, Reißen, Kleben, Kneten<br />

und Fädeln dienen der Lockerung<br />

und Kraftdosierung von Fingern, Hand<br />

und Handgelenk. Auch der angesprochene<br />

Komplex der Auge-Hand-Koordination<br />

wird durch derartige Aufgabenstellungen<br />

unterstützt. An dieser Stelle sind<br />

Schneide- und Malübungen anzusiedeln<br />

ebenso wie Tast- und Fühlspiele. Der<br />

Scherenführerschein, der Bleistift- und<br />

der Füllerführerschein trainieren im<br />

Rahmen der Feinmotorik die Auge-<br />

Hand-Koordination ebenso wie den<br />

Einsatz der beteiligten Handmuskulatur.<br />

Schneide- und Schreibwerkzeuge werden<br />

somit gezielter eingesetzt. Eine gut<br />

entwickelte Feinmotorik ist eine wichtige<br />

Voraussetzung für einen problemlosen<br />

Schreiblernprozess. Feinmotorische<br />

Probleme können sich auf vielen Ebenen<br />

auswirken. Erste Hinweise in diesem<br />

Bereich geben eine eingeschränkte<br />

Fingerbeweglichkeit, Schwierigkeiten<br />

beim Falten, Schneiden und Malen oder<br />

eine eingeschränkte Beweglichkeit von<br />

Schulter und Ellenbogen. Beim Ausmalen<br />

zeigt sich entweder ein zu hoher oder<br />

zu schwacher Schreibdruck. Die Kinder<br />

verhaften beim Ausmalen auf einer Stelle<br />

oder tun sich schwer, Linien und Begrenzungen<br />

in der Malfläche einzuhalten.<br />

Beim Malen und Schreiben bewegen sie<br />

ihre Finger- und Handgelenke kaum.<br />

Lassen sich Schwierigkeiten bei der<br />

Schriftgröße, sehr krakelige oder unleserliche<br />

Schriften, hastige oder beständig<br />

stockende Schreibbewegungen beobachten,<br />

können auch dies Hinweise auf einen<br />

möglichen Förderbedarf im Bereich<br />

der Feinmotorik sein. Für das Schreibenlernen<br />

bieten sich in diesem Fall besondere<br />

Schreiblernhilfen zur individuellen<br />

Hilfestellung an, wie diverse Griffhilfen<br />

zum Aufstecken auf die Stifte oder besondere<br />

Schreibmaterialien wie Bleistifte<br />

mit Griffmulden oder einer besonders<br />

dicken Dreiecksform (vgl. Abb. 5). Im<br />

Unterricht sollten für diese Kinder besondere<br />

Regelungen geschaffen werden, wie<br />

reduzierter individueller Schreibumfang<br />

oder gezielte motorische Lockerungsübungen<br />

in kürzeren Zeitabständen.<br />

Spielerische Vorübungen zum Schreiblernprozess<br />

wie mit dem Finger im Sand<br />

(vgl. Abb. 6) oder im Rasierschaum auf<br />

einem horizontalen Spiegel unterstützen<br />

die Anbahnung erster motorischer Konzepte<br />

beim Buchstabenerwerb.<br />

Übungsangebote<br />

zur Schreibmotorik<br />

Die Schreibmotorik, häufig auch als<br />

Graphomotorik bezeichnet, wird an dieser<br />

Stelle bewusst von der Feinmotorik<br />

abgegrenzt, um die Bedeutsamkeit der<br />

Anbahnung schreibmotorischer Routinen<br />

beim Schreibenlernen hervorzuheben.<br />

Die Schreibmotorik bezieht sich<br />

auf die feinmotorischen Leistungen, die<br />

speziell für das Schreiben erbracht werden<br />

müssen. Sie zählen zu den feinsten<br />

(psycho-)motorischen Koordinationsleistungen<br />

des Menschen.<br />

Als schreibmotorische Übungen<br />

sind in erster Linie die Art von Aufgaben<br />

und Übungen zu verstehen, die<br />

dem Schreibanfänger dazu dienen, sich<br />

schreibmotorische Programme für den<br />

jeweils zu erlernenden Buchstaben anzueignen.<br />

Im weitesten Sinne handelt es<br />

sich dabei um Aufgaben, bei denen die<br />

Schreibbewegung mit dem Stift gezielt<br />

geübt wird.<br />

Die vorausgehend genannten Übungen<br />

im Sand oder im Rasierschaum<br />

bahnen eine erste Vorstellung vom<br />

Schreibbewegungsablauf an. Das großformatige<br />

Nachspuren von Buchstaben<br />

oder Buchstabenkombinationen an der<br />

Tafel mit Kreide oder auf Tapetenrollen<br />

mit Wachsmalkreiden dient ebenso dem<br />

Festigen des Bewegungsablaufes wie<br />

auch der Reihenfolge von Strichkombinationen.<br />

Der Schreibbewegungsverlauf<br />

wird weiter gefestigt durch das Buchstaben-»schreiben«<br />

mit dem Finger in<br />

12 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010


Thema: Grundschrift<br />

Abb. 4 bis 7: Laufdollis zur Übung der<br />

Großmotorik, Schreiblernhilfen zur<br />

Förderung der Feinmotorik, Schreiben<br />

im Sand, Buchstabenblätter<br />

die Luft, mit dem Radiergummi auf<br />

den Schülertisch oder mit dem Finger<br />

auf den Rücken des Tischnachbarn. Die<br />

Grundschrift-Kartei Teil 1: Die Buchstaben<br />

berücksichtigt auf der jeweiligen<br />

Kartei-Vorderseite diese Übungsebene.<br />

Die zentral abgebildete Buchstabenform<br />

veranschaulicht den Bewegungsverlauf<br />

mittels Pfeilmarkierungen. Die<br />

Buchstabenform wird mit dem Finger<br />

nachgefahren (vgl. Hecker 2010, S. 11).<br />

Nach diesen ersten Schritten wird<br />

das konkrete Bewegungsprogramm<br />

für handschriftliches Schreiben im<br />

Wesentlichen durch sich wiederholende<br />

Schreibabläufe mit dem Stift in<br />

der Hand generiert. Nur das konkrete<br />

Schrei ben mit dem Stift in der Hand auf<br />

dem Papier lässt Bewegungsroutinen<br />

entstehen. Die beteiligten schreibmotorischen<br />

Teilprozesse werden mehr und<br />

mehr automatisiert. Die Aufmerksamkeitsbeanspruchung<br />

durch motorische<br />

Kontrollprozesse nimmt ab und Flüssigkeit<br />

und Geläufigkeit der Schreibbewegung<br />

nehmen zu (vgl. Mahrhofer<br />

2005, S. 21f.).<br />

Je weniger Vorgaben und Einschränkungen<br />

zur konkreten Schreibübung<br />

gegeben werden, desto leichter bilden<br />

die Schreibanfänger ihre individuellen<br />

Schreibbewegungen für einen Buchstaben<br />

aus. Besonders gut eignen sich weiße<br />

Blätter oder Schreibunterlagen mit einer<br />

einfachen Grundlinie und einer orientierenden<br />

Größenvorgabe am Anfang der<br />

Zeile. Veranschaulicht wird dies auf der<br />

Grundschrift-Kartei Teil 1: Die Buchstaben-Karteikarte<br />

mittels verschieden<br />

groß abgebildeter Buchstaben auf einer<br />

Grundlinie. Motivierend finden Schüler<br />

eigene kleine Buchstabenhefte oder mit<br />

dem Kind individuell entworfene und<br />

gemeinsam gestaltete Buchstabenblätter<br />

(vgl. Abb. 7). Schreibenlernen geschieht<br />

am besten durch Schreibenüben auf<br />

verschiedensten Schreibunterlagen mit<br />

vielfältigen Schreibaufgaben und unterschiedlichsten<br />

Schreibgeräten.<br />

Eine Zusammenschau der vorausgehend<br />

genannten Übungsangebote findet<br />

sich in einer tabellarischen Übersicht im<br />

Lehrerkommentar zur Grundschrift-<br />

Kartei Teil 1: Die Buchstaben (vgl. Mahrhofer-Bernt<br />

2010, S. 10). Die Übersicht<br />

fasst ein beispielhaftes Angebot von<br />

Übungen im Rahmen von Übungsstationen<br />

zusammen. Hier werden die vorliegenden<br />

Ausführungen zur visuellen<br />

Wahrnehmung und Motorik ergänzt<br />

durch Förderangebote für den taktilen<br />

und auditiven Bereich. Nur ein umfängliches<br />

Angebot von möglichst verschiedenen<br />

Übungseinheiten zu unterschiedlichen<br />

Förderbereichen erscheint<br />

sinnvoll, um die Schüler in ihrem individuellen<br />

Lernbedarf anzusprechen. Ein<br />

isolierter Einsatz einzelner Übungen ist<br />

stets kritisch im Hinblick auf seine Sinnhaftigkeit<br />

zu hinterfragen.<br />

Schreibunterricht in der Schule hat<br />

das Ziel, Kinder auf ihrem Weg zu einer<br />

leserlichen und flüssigen Schrift zu begleiten.<br />

Neben dem Erlernen der Buchstabenform<br />

bestimmt das Entwickeln<br />

einer routinierten Schreibbewegung<br />

die konkrete Gestaltung des Lehrangebots.<br />

Bei der Entscheidung für einzelne<br />

Übungen in verschiedenen Unterrichtseinheiten<br />

ist stets das zugrunde liegende<br />

Förderziel zu berücksichtigen. Deutlich<br />

wurde, dass vielerorts beliebte Aufgaben,<br />

die primär der Formwahrnehmung<br />

dienen, nicht unbedingt gleichzeitig<br />

graphomotorischen Ansprüchen an förderliche<br />

Bedingungen für das Ausbilden<br />

von flüssigen Schreibbewegungen genügen.<br />

Gleichwohl sollten alle Übungen zur<br />

Automatisierung von Schreibbewegungen<br />

immer unter diesem graphomotorischen<br />

Blickwinkel hinterfragt werden.<br />

Nur wenn ein Bewusstsein über die Zielrichtung<br />

des gewählten Lernangebots<br />

besteht, können Lehrangebote produktiv<br />

eingesetzt werden.<br />

Anmerkungen<br />

(1) Übungsangebote zur auditiven Wahrnehmung<br />

beziehen sich auf die Umsetzung<br />

von gesprochener in geschriebene Sprache<br />

und bleiben hier unberücksichtigt.<br />

(2) Vgl. Brinkmann & Brügelmann (o. J.)<br />

(3) In der Fachliteratur wird häufig die<br />

Feinmotorik als Motorik der feinen und<br />

ausgereifteren Bewegungen bezeichnet und<br />

die Kleinmotorik als die Motorik der feinen<br />

Bewegungen. In den vorliegenden Ausführungen<br />

ist mit beiden Begriffen die Motorik<br />

der kleinräumigen Bewegungen gemeint.<br />

Literatur<br />

Brinkmann, Erika / Brügelmann, Hans (o. J.):<br />

Die fünf Buchstabenelemente. Stempelset.<br />

Dortmund: vpm verlag für pädagogische<br />

medien.<br />

Hecker, Ulrich (2010): Kinder – Hand –<br />

Schrift. In: <strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>, Heft 110,<br />

S. 9 – 16.<br />

Mahrhofer, Christina (2004): Schreibenlernen<br />

mit graphomotorisch vereinfachten Schreibvorgaben.<br />

Bad Heilbrunn: Klinkhardt Verlag.<br />

Mahrhofer, Christina (2005): Die eigene<br />

Schrift entwickeln – von Anfang an. Wie<br />

kann der Schreibunterricht die graphomotorische<br />

Entwicklung unterstützen? In: <strong>Grundschule</strong><br />

<strong>aktuell</strong>, Heft 91, S. 21 – 25.<br />

Mahrhofer-Bernt, Christina (2010): Grundschrift:<br />

Kartei zum Lernen und Üben. Teil 1:<br />

Die Buchstaben. Kommentar für Lehrerinnen<br />

und Lehrer. Frankfurt a.M.: Grundschulverband<br />

(veröffentlicht im Internet unter<br />

www.grundschulverband.de/Grundschrift)<br />

Mai, Norbert, Marquardt, Christian (1998):<br />

Registrierung und Analyse von Schreibbewegungen.<br />

Fragen an den Schreibunterricht.<br />

In: Huber, L., Kegel, G., Speck-Hamdan, A.<br />

(Hrsg.): Einblicke in den Schriftsprach erwerb.<br />

Braunschweig: Westermann, S. 83 – 100.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />

13


Praxis: Schreiben mit Schwung<br />

Linda Kindler<br />

Schriftgespräche mit Kindern<br />

»Wie kannst du ›ein‹ am besten schreiben?«<br />

»So! Ich schreibe das ›e‹ und das ›i‹ zusammen.«<br />

»Hast du eine Idee, warum du nach dem ›i‹ einen Luftsprung machst?<br />

»Ich mache erst den i-Punkt. Dann schreibe ich das ›n‹!«<br />

Wenn wir Kinder auf ihren<br />

Wegen zu individuellen verbundenen<br />

Handschriften begleiten<br />

und unterstützen wollen und die<br />

Handschriften den Kriterien Lesbarkeit<br />

und Flüssigkeit genügen sollen, so ist es<br />

auch unsere Aufgabe, die Handschriften<br />

der Kinder zum Gegenstand der reflektierten<br />

Auseinandersetzung zu machen<br />

und Kinder für die bewusste Wahrnehmung<br />

des eigenen Schreibens zu sensibilisieren.<br />

Das heißt: Kinder denken<br />

über das eigene Schreiben und die eigene<br />

Handschrift nach und sprechen über<br />

ihre Schreib- und Schrifterfahrungen.<br />

Der Aspekt der Reflexion im Deutschunterricht,<br />

das Nachdenken und Sprechen<br />

über Sprache, das Bewusstmachen<br />

sprachlichen Handelns, blieb in der<br />

Auseinandersetzung mit dem verbundenen<br />

Schreiben anhand von Schreiblehrgängen<br />

bisher unberücksichtigt.<br />

Insbesondere im Hinblick auf das Ziel<br />

Ablauf eines Schriftgespräches<br />

in Klasse 2<br />

●● Drei Kinder treffen sich zum Schriftgespräch.<br />

●● Die Kinder legen die Reihenfolge<br />

fest, in der die Wörter / Texte untersucht<br />

werden.<br />

●● Der Schreiber fragt: »Was könnt ihr<br />

gut lesen?«<br />

●● Der Schreiber fragt: »Könnt ihr alle<br />

Buchstaben gut erkennen?«<br />

●● Die beiden anderen Teilnehmer des<br />

Schriftgespräches überprüfen die Lesbarkeit<br />

und geben dem Schreiber entsprechende<br />

Rückmeldungen.<br />

●● Der Schreiber markiert die gut lesbaren<br />

Wörter.<br />

●● Der Schreiber wird befragt: »Welche<br />

Wörter hast du mit Schwung geschrieben?«<br />

und reflektiert seinen Schreibprozess.<br />

●● Der Schreiber markiert die Wörter,<br />

die er mit Schwung geschrieben hat<br />

und die gut lesbar sind.<br />

●● Das nächste Kind ist an der Reihe.<br />

individueller verbundener Handschriften<br />

ist die Reflexion jedoch ein notwendiger<br />

Bestandteil der Entwicklung und<br />

Weiterentwicklung der Handschriften<br />

von Kindern. Wir sollten die Kinder<br />

anregen und motivieren, sich aktiv<br />

mit ihrem Schreibprozess sowie ihren<br />

Schreibprodukten auseinanderzusetzen,<br />

um ihre individuelle, für sie gut<br />

schreibbare und für andere gut lesbare<br />

Handschrift aus der Grundschrift zu<br />

entwickeln.<br />

Reflexion über Schrift und<br />

Schreiben in Schriftgesprächen<br />

Organisation von<br />

Schriftgesprächen<br />

Um den Kindern Orientierung und Unterstützung<br />

im Hinblick auf Ablauf und<br />

Inhalt eines Schriftgespräches zu geben,<br />

sollten die ersten Schriftgespräche – wie<br />

jede neue Gesprächsform – mit der ganzen<br />

Klasse oder in Kleingruppen mit<br />

Begleitung durch die Lehrerin stattfinden.<br />

Ziel ist es jedoch, dass die Kinder<br />

die Schriftgespräche in Dreiergruppen<br />

weitgehend selbstständig führen. Auch<br />

dann sind aber gemeinsame Reflexionsphasen<br />

über Handschriften und das<br />

Schreiben von wesentlicher Bedeutung,<br />

in denen die Kinder zum einen ihre individuellen<br />

Schriften präsentieren und<br />

zum Gegenstand der gemeinsamen<br />

Auseinandersetzung machen können<br />

und in denen sie zum anderen ihre unterschiedlichen<br />

Erfahrungen aus den<br />

Schriftgesprächen einbringen können,<br />

um diese ihren Mitschülern zugänglich<br />

zu machen.<br />

Linda Kindler<br />

war von 2008 bis 2010 Lehramtsanwärterin<br />

an der GGS Repelen in<br />

Moers und wurde dort in den Fächern<br />

Deutsch und Englisch ausgebildet.<br />

Sie ist seither an einer <strong>Grundschule</strong> in<br />

Dortmund tätig.<br />

Inhalte von Schriftgesprächen<br />

In Schriftgesprächen sprechen Kinder<br />

über ihre Schrift und ihren Schreibprozess.<br />

Dabei sind die entscheidenden<br />

Kriterien »Lesbarkeit« und »Flüssigkeit«.<br />

Kurze Auseinandersetzungen mit<br />

dem Schwerpunkt der Lesbarkeit können<br />

bereits in Klasse 1 stattfinden, indem<br />

Kinder einzelne Buchstaben oder<br />

die Buchstaben in einem Wort auf ihre<br />

Formklarheit hin untersuchen, Wörter<br />

oder Sätze auf ihre Lesbarkeit hin überprüfen.<br />

Im Verlauf des zweiten Schuljahres<br />

lassen sich Schriftgespräche im Unterricht<br />

mit der Kartei zum Schreiben<br />

mit Schwung kombinieren. Die Kinder<br />

untersuchen die Wörter, die sie anhand<br />

der Kartei schreiben, auf ihre Lesbarkeit<br />

hin. Hier gilt es nun, zum einen die Lesbarkeit<br />

der Wörter zu bewerten (»Was<br />

könnt ihr gut lesen?«), zum anderen<br />

bleibt die Frage der Formklarheit und<br />

somit der Erkennbarkeit der einzelnen<br />

Buchstaben (»Könnt ihr alle Buchstaben<br />

gut erkennen?«). Eindeutig lesbare<br />

Wörter markieren die Kinder beispielsweise<br />

durch farbiges Einkreisen.<br />

Im Laufe der Auseinandersetzung mit<br />

dem Schreiben mit Schwung kommt<br />

ebenfalls das Kriterium der Flüssigkeit<br />

als Gegenstand des Schriftgespräches<br />

hinzu. Die Kinder befragen sich gegenseitig,<br />

ob sie die Wörter mit Schwung<br />

geschrieben haben. Hilfreiche Fragen<br />

dazu können sein: »Hast du schnell /<br />

zügig oder eher langsam geschrieben?«,<br />

»Hat das Schreiben deine Hand<br />

angestrengt?«, »Ist deine Hand beim<br />

Schreiben locker?«. Wörter, die sowohl<br />

der Lesbarkeit genügen als auch mit<br />

Schwung geschrieben wurden, können<br />

14 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010


Praxis: Schreiben mit Schwung<br />

ein besonderes Kennzeichen wie ein<br />

Sternchen erhalten.<br />

Die Kinder können später anhand<br />

der Arbeitsaufträge zum Schreiben mit<br />

Schwung ebenfalls darüber nachdenken,<br />

welche Buchstaben sie in welchen<br />

Wörtern auf dem Papier verbinden und<br />

bei welchen Buchstaben sie hingegen<br />

Luftsprünge machen. Diesbezüglich ist<br />

auch die Schreibschnelligkeit ein interessanter<br />

Aspekt: Schreibe ich schneller,<br />

wenn ich bestimmte Buchstaben<br />

auf dem Papier verbinde oder geht es<br />

schneller, die Verbindung in der Luft<br />

umzusetzen?<br />

Schriftgespräche können in den Klassen<br />

3 und 4 auch über Texte geführt<br />

werden, die in verschiedenen Unterrichtssituationen<br />

entstanden sind, in<br />

denen nicht das Thema Schrift im Vordergrund<br />

stand. Die Kinder können<br />

dann ihre Handschriften auch unter etwas<br />

anderen Gesichtspunkten genauer<br />

in den Blick nehmen, diese vergleichen<br />

und bewerten. Es können verschiedene<br />

Texte bzw. Textsorten eines Schreibers<br />

verglichen werden, die zu unterschiedlichen<br />

Zeitpunkten, in unterschiedlichen<br />

Schreibsituationen oder mit unterschiedlichen<br />

Schreibabsichten erstellt<br />

wurden. Auf diese Weise kommen die<br />

Kinder den Ursachen für unterschiedliche<br />

Schriftbilder auf die Spur. Ebenfalls<br />

können die Kinder ihre Texte untereinander<br />

vergleichen und auf Gemeinsamkeiten<br />

und Unterschiede hin untersuchen.<br />

Die Lesbarkeit der Kindertexte<br />

sollte auch bei diesen Schriftgesprächen<br />

ein zentrales Kriterium sein, wobei die<br />

Aus Gesprächen über die Karteikarten<br />

»Felix, kannst du das gut lesen?«<br />

»Zeig mal« (nimmt das Heft und liest).<br />

»Das und das kann ich nicht gut lesen«<br />

(zeigt auf zwei Wörter, in denen Lukas die<br />

Buchstaben u und n ohne Wendebogen<br />

aneinander geschrieben hat).<br />

»Wieso nicht? Hund, und.«<br />

»Das u ist nicht zu Ende. Du musst erst<br />

`runter und dann das n schreiben. So«<br />

(schreibt das Wort und).<br />

»Aber die anderen [Wörter] kannst du<br />

lesen!«<br />

»Ja. Die kannst du einkreisen.«<br />

Funktion des jeweiligen Textes berücksichtigt<br />

werden muss. Persönliche Notizen<br />

müssen selbstverständlich nur für<br />

den Schreiber lesbar sein, während bei<br />

einem Brief, einer Geschichte oder gar<br />

einem Gedicht die Lesbarkeit für die<br />

Adressaten wichtig ist.<br />

Erfahrungen mit der Reflexion<br />

von Schrift und Schreiben<br />

Kinder haben sichtlich Freude daran,<br />

die eigene Handschrift zu untersuchen<br />

sowie sich mit anderen Kindern über<br />

diese auszutauschen. Nach kurzer Zeit<br />

werden die Kinder kritischer im Hinblick<br />

auf die Lesbarkeit ihrer Handschriften<br />

und begründen ihre Einwände<br />

gegen schwer lesbare Buchstaben<br />

und Wörter mit zunehmender Genauigkeit.<br />

Die Reflexion der Flüssigkeit des<br />

Schreibens, d. h. des Schreibens mit<br />

Schwung, verlangt von den Kindern<br />

»Laura, kannst du meine Wörter lesen?«<br />

»Ja, aber bunt so nicht so gut (zeigt auf<br />

das Wort, bei dem das b und das u mit einem<br />

Wendebogen verbunden sind). Das<br />

b sieht komisch aus.«<br />

»Soll ich das nicht einkreisen?«<br />

»Nein.«<br />

das Nachdenken über den Prozess des<br />

Schreibens selbst – im Unterschied zu<br />

der Betrachtung eines Schreibproduktes<br />

– und stellt somit eine höhere Anforderung<br />

dar. Bei stetiger Betonung<br />

des Schreibens mit Schwung werden<br />

die Kinder jedoch zunehmend sensibel<br />

für lockeres, zügiges Schreiben und beschreiben<br />

das eigene Schreiben sowie<br />

das Gefühl oder die Befindlichkeit ihrer<br />

Hand anschaulich.<br />

Insgesamt bewirkt eine aktive und reflektierte<br />

Auseinandersetzung mit den<br />

individuellen Handschriften der Kinder<br />

zum einen, dass die Kinder ihr Schreiben<br />

und ihre Schriften zunehmend bewusster<br />

und reflektierter wahrnehmen,<br />

und zum anderen, dass den Schriften<br />

der Kinder ein höherer Stellenwert zukommt<br />

und die persönliche Handschrift<br />

in ihrer geschätzten Individualität für<br />

die Kinder bedeutsamer wird.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />

15


Praxis: Schreiben mit Schwung<br />

Barbara van der Donk<br />

Das Heft »Meine Schrift«<br />

Handschrift bedeutet Schreiben mit der Hand. Die Kinder sollen eine persönliche,<br />

gut lesbare Handschrift entwickeln. Dieser Weg fängt nicht erst in der<br />

<strong>Grundschule</strong> an und hört auch dort noch lange nicht auf.<br />

Für die Grundschulzeit empfehlen<br />

wir ein Heft, in dem die Kinder<br />

ihre Handschrift trainieren. Es<br />

ist auch Anlass, über ihre Schrift nachzudenken,<br />

gleichzeitig dokumentiert es<br />

ihre individuelle Schreibentwicklung.<br />

Das Heft trägt bei unseren Kindern das<br />

Etikett: »Meine Schrift«. Dies sind unsere<br />

Gründe:<br />

●● Eine Schreibkultur in Heften ist alltagstauglich.<br />

(Siehe auch Seite 20 f. in<br />

diesem Heft.)<br />

●● Die Flut der Kopien kann gestoppt<br />

werden.<br />

●● Hefte, die den Kindern etwas wert<br />

sind, werden gerne aufgehoben.<br />

●● Das Kind kann einschätzen lernen,<br />

wie viel es beim Schreiben gelernt hat.<br />

●● Das Heft »Meine Schrift« dokumentiert<br />

die Schriftbiografie und ist ein Entwicklungsnachweis,<br />

also ein Portfolio<br />

der individuellen Handschrift.<br />

●● Die Verantwortung für die eigene<br />

Handschrift liegt damit offenkundig in<br />

der Hand des Kindes selbst.<br />

Wie kann die Arbeit mit dem Heft »Meine<br />

Schrift« aussehen – aus der Sicht der<br />

Grundschullehrerin und aus der Sicht<br />

des Grundschulkindes?<br />

Eingangsstufe<br />

Die Grundschrift-Kartei Teil 1: Die<br />

Buchstaben sollte den Kindern zur Verfügung<br />

stehen. Sie bietet viele Möglichkeiten<br />

zum Lernen und Üben, die im<br />

Kommentar beschrieben werden.<br />

Als Teil des Schreiblernprozesses werden<br />

die Kinder in die Arbeitsweise mit<br />

dem Heft »Meine Schrift« eingeführt.<br />

Im 1. Schuljahr beginnen die Kinder,<br />

in Hefte zu schreiben. Dabei wählt die<br />

Klassenlehrerin aus, welche Hefte für jedes<br />

Kind am günstigsten sind: ein blanko<br />

DIN-A4-Heft oder ein blanko DIN-<br />

A5-Heft. Auf jeden Fall sollte es keine<br />

Lineatur enthalten. Ein Format DIN A5<br />

quer ist für diese Arbeit sehr günstig,<br />

lässt sich im Handel jedoch nicht erwerben.<br />

Die Herstellung ist leicht durch<br />

Halbieren eines DIN-A4-Heftes mit der<br />

Schneidemaschine zu erreichen. Für<br />

alle Möglichkeiten bietet der Grundschulverband<br />

»Linienblätter« (Schreibräume)<br />

in zwei verschiedenen Größen<br />

an ( www. www.grundschulverband.de/<br />

projekte/projekte_grundschrift/).<br />

Nach einiger Übung bzw. Beobachtungszeit<br />

kann eines dieser Blätter individuell<br />

eingesetzt werden.<br />

Arbeitsmöglichkeiten mit dem Heft<br />

»Meine Schrift« sind:<br />

●● Die Kinder werden ermutigt,<br />

schwung voll zu schreiben.<br />

●● Die Kinder schreiben die Buchstaben<br />

der Grundschrift in ihr Heft und ergänzen<br />

sie individuell durch Wörter oder<br />

Sätze.<br />

●● Ist das Kind mit den ersten Schriftergebnissen<br />

zufrieden, können diese in<br />

das Heft »Meine Schrift« übertragen<br />

werden.<br />

●● Haben die Kinder einige Seiten fertig<br />

geschrieben, kleben sie den Selbsteinschätzungsbogen<br />

1 innen in die vordere<br />

Umschlagseite ihres Heftes und reflektieren<br />

mit Hilfe der Fragen ihre Schriftergebnisse.<br />

●● Können die Kinder im ersten Schuljahr<br />

den Einschätzungsbogen noch<br />

nicht selbstständig lesen, kann die Lehrerin<br />

einer kleinen Schülergruppe die<br />

Fragen vorlesen.<br />

●● Die Lehrerin gibt dem Kind nach der<br />

Selbsteinschätzung eine Rückmeldung.<br />

Dabei kann sie die drei Fragen des<br />

Rückmeldebogens 1 verwenden. Der<br />

Bogen kann in die hintere Umschlagseite<br />

des Heftes eingeklebt werden.<br />

Diese Arbeit kann im 1. oder im 2.<br />

Schuljahr starten. Die Kinder nummerieren<br />

die Hefte »Meine Schrift« fort<br />

(siehe Etikett) und gestalten es. Sie legen<br />

es regelmäßig der Klassenlehrerin<br />

vor. Vorher können sie mit dem Selbsteinschätzungsbogen<br />

arbeiten. Die Kinder<br />

können allein, mit Partner oder<br />

Gruppen die Hefte betrachten und die<br />

Schriften bewerten (siehe Selbsteinschätzungsbogen).<br />

Ich empfehle, für jede Selbsteinschätzung<br />

der Kinder eine Seite im Heft<br />

»Meine Schrift« zu verwenden. Die<br />

Kinder schmücken ihre beste Seite mit<br />

einem Sternchen, der Stift, mit dem sie<br />

zurzeit am besten schreiben können,<br />

wird aufgemalt oder das Wort dafür geschrieben,<br />

das <strong>aktuell</strong>e Blatt mit einem<br />

Schreibraum kann auch ein Sternchen<br />

erhalten, und der Lehrerin werden Erfahrungen<br />

berichtet.<br />

Die Fragen auf dem Rückmeldebogen<br />

für die Lehrerin können einer mündlichen<br />

oder schriftlichen Rückmeldung<br />

zur Schriftentwicklung des Kindes dienen.<br />

Das Heft enthält so in überschaubaren<br />

Abständen dokumentierte Reflexionen.<br />

Die Arbeit mit beiden Einklebeblättern<br />

gewährleistet ein transparentes Verfahren<br />

und kann die Kinder auf ihrem individuellen<br />

Weg der Schriftentwicklung<br />

unterstützen. Sämtliche Arbeitschritte<br />

werden in demselben Heft sichtbar. So<br />

trainieren die Kinder eine systematische<br />

Arbeitsweise, die ihnen in jedem Unterricht<br />

wieder begegnet und die im 3. und<br />

4. Schuljahr erweitert wird: schreiben<br />

üben, selbst reflektieren, Hinweise zur<br />

Weiterarbeit erhalten, ermutigt werden,<br />

schreiben üben.<br />

Wenn die Klassenlehrerin den Zeitpunkt<br />

für angemessen hält, wird das<br />

»Schreiben mit Schwung« fortgesetzt:<br />

Die Kinder versuchen, Buchstaben<br />

schwungvoll miteinander zu verbinden,<br />

und probieren aus, ob einzelne Buchstaben<br />

auf andere Weise schwungvoller<br />

zu schreiben sind (siehe Grundschrift-<br />

Kartei, Teil 2: Schreiben mit Schwung).<br />

Die Kinder zeigen der Lehrerin, ob<br />

es ihnen auch gelingt, beim Schreiben<br />

einzelne Verbindungen für sich selbst<br />

zu schaffen. Die Lehrerin hat durch<br />

ihre Beobachtung beim Schreibenüben<br />

die Möglichkeit, schwungvolles Schreiben<br />

zu entdecken. Häufig ist das beim<br />

Schreiben des eigenen Namens oder<br />

16 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010


Praxis: Schreiben mit Schwung<br />

besonders wichtiger Wörter zu finden.<br />

Das könnte der Zeitpunkt sein, Kinder<br />

auf den zweiten Teil der Grundschrift-<br />

Kartei aufmerksam zu machen. Hiermit<br />

kann das Kind lernen und üben, wie<br />

Buchstabenverbindungen ökonomisch<br />

geschrieben werden können. Die Verbindungen<br />

können in einfachen Wörtern<br />

und schließlich mit kurzen Reimen<br />

geübt werden. Selbstverständlich kann<br />

jedes Kind jeden Text, der ihm wichtig<br />

ist, mit Schwung zu schreiben versuchen.<br />

Jahrgangsstufen 3 und 4<br />

Der Übergang der Arbeitsweise aus<br />

Klasse 2 in Klasse 3 ist natürlich fließend<br />

und wird individuell entschieden.<br />

Die Klassenlehrerin entscheidet gemeinsam<br />

mit dem Kind:<br />

–– Welches Heft mit welcher Lineatur<br />

möchte ich erproben?<br />

–– Welche Stifte sind für meine Handschrift<br />

am besten geeignet?<br />

–– Welche Buchstaben verbinde ich?<br />

–– Bei welchen Buchstabenverbindungen<br />

möchte ich neue Verbindungen<br />

erproben?<br />

Auch weiterhin führen die Schülerinnen<br />

und Schüler das Heft mit dem Etikett<br />

»Meine Schrift«. Sie lernen zügiger<br />

und mit mehr Schwung zu schreiben,<br />

der Umfang ihrer Texte wächst und<br />

somit steigen auch die Anforderungen.<br />

Die Kinder können ihre Schreibentwicklung<br />

betrachten, indem sie ein Heft<br />

aus der Eingangsstufe mit einem neuen<br />

Heft »Meine Schrift« vergleichen. Das<br />

macht stolz!<br />

Eine Erweiterung der Arbeit bieten<br />

die Schriftgespräche und die schuleigenen<br />

Projekte zum Schreiben. Als<br />

Ausgangspunkt können die Arbeitsmöglichkeiten<br />

aus der Eingangsstufe<br />

fortgesetzt und mit den nachfolgend<br />

beschriebenen erweitert werden. Gibt es<br />

bei einzelnen Buchstabenverbindungen<br />

noch Schwierigkeiten, wird die Kartei 2<br />

zum Üben herangezogen und anschließend<br />

mit zusätzlichen Übungstexten<br />

erweitert.<br />

Mit steigender Schreiberfahrung arbeiten<br />

die Kinder selbstständiger im<br />

Heft »Meine Schrift«, z. B. in der Freiarbeit.<br />

Die Kinder können verschiedene<br />

Schriften der Welt erproben und<br />

sammeln Erfahrungen für die eigene<br />

Handschrift. Das Gestalten mit Schrift<br />

erfordert ein Sortiment verschiedener<br />

Schreibgeräte in der Klasse.<br />

Die eigene kritische Sicht auf »meine<br />

Schrift« wird weiter entwickelt. Die<br />

kritische Sicht der Mitschülerinnen und<br />

Mitschüler spielt eine wichtige Rolle.<br />

In das Heft »Meine Schrift« werden<br />

ausgewählte Texte geschrieben. Das<br />

können eigene Texte sein, aber auch<br />

zum Beispiel Gedichte. Die Kinder finden<br />

zum Verbinden von Buchstaben in<br />

einem Wort neue Möglichkeiten, die<br />

für ihre Hand ökonomischer sind, und<br />

tauschen sich mit Mitschülern aus. Sie<br />

erfahren, dass es keine Normierung für<br />

Schreibhaltungen geben kann, und erproben<br />

verschiedene Haltungen.<br />

In Abständen führen sie eine Selbsteinschätzung<br />

durch und machen sich<br />

ihre Lernerfolge und Probleme bewusst.<br />

Die Kinder können ihre Schreibergebnisse<br />

regelmäßig in der Klasse präsentieren.<br />

Die Beantwortung der Fragen<br />

des Selbsteinschätzungsbogens sollte<br />

auch im Heft »Meine Schrift« erfolgen.<br />

Die Kinder sollten ermutigt werden,<br />

ausführlich zu antworten und z. B. bei<br />

Barbara van der Donk<br />

Rektorin der <strong>Grundschule</strong> Repelen<br />

in Moers, NRW<br />

Frage 5 Schriftproben für ihre Antwort<br />

zu verwenden. Darauf kann die Lehrerin<br />

sich bei ihrer Rückmeldung (Rückmeldebogen<br />

2) direkt beziehen.<br />

Zusammenfassung<br />

1. Das Kind arbeitet regelmäßig mit<br />

dem Heft »Meine Schrift«.<br />

2. Die Hefte werden nummeriert.<br />

3. Das Kind führt eine Selbsteinschätzung<br />

durch.<br />

4. Das Heft wird regelmäßig der Lehrerin<br />

gezeigt.<br />

5. Die Lehrerin gibt eine Rückmeldung.<br />

6. Die Kinder präsentieren besonders<br />

gelungene Schreibergebnisse in der<br />

Gruppe.<br />

7. Mit wachsender Schreiberfahrung<br />

arbeiten die Kinder selbstständiger im<br />

Heft »Meine Schrift«.<br />

So wird die Heftfolge »Meine Schrift«<br />

zum Helfer im Lernprozess für eine gut<br />

lesbare individuelle Handschrift.<br />

Arbeitsmittel, die dem Kind zur Verfügung stehen sollten:<br />

●● Etikett für jedes Heft »Meine Schrift«<br />

●● Passende Linienblätter (Schreibräume)<br />

●● Grundschrift Kartei 1 Die Buchstaben<br />

●● Grundschrift Kartei 2 Schreiben mit Schwung<br />

●● Einklebeblatt zur Selbsteinschätzung<br />

(Kopiervorlage auf Seite 18)<br />

●● Einklebeblatt Rückmeldebogen<br />

(Kopiervorlage auf Seite 19)<br />

Alle Arbeitsmittel stehen zum Download bereit unter:<br />

www.<br />

www.grundschulverband.de/projekte/projekte_grundschrift/<br />

Name:<br />

Heft-Nr.:<br />

© Grundschrift: www.grundschulverband.de · © Illustrationen: www.designritter.de<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />

17


1.<br />

Welche Buchstaben schreibe ich am besten mit Schwung?<br />

2.<br />

Welche Seiten sind mir besonders gut gelungen?<br />

• Der Text ist gut zu lesen?<br />

• Alle Buchstaben sind gut zu erkennen?<br />

• Die Wörter sind mit Schwung geschrieben?<br />

Gut gelungene Seiten bekommen einen<br />

3.<br />

Mit welchem Stift schreibe ich am besten?<br />

4.<br />

Schreibe ich am besten<br />

• ohne Linien?<br />

• auf den großen Linien?<br />

• auf den engen Linien?<br />

<br />

Fragen zur Selbsteinschätzung – Einklebeblatt für die Eingangsstufe<br />

Rückmeldung von LehrerInnen – Einklebeblatt für die Eingangsstufe<br />

1.<br />

Diese Buchstaben kannst du schon gut schreiben:<br />

2. Auf deinen<br />

Seiten fällt mir auf:<br />

3.<br />

Das fällt mir in deinem Heft auf:


1. Welche Seiten sind mir besonders gut gelungen?<br />

• Der Text ist gut zu lesen?<br />

• Alle Buchstaben sind gut zu erkennen?<br />

• Die Wörter sind mit Schwung geschrieben?<br />

Gut gelungene Seiten bekommen einen<br />

Welche Seite stelle ich im Schriftgespräch vor?<br />

2. Ich vergleiche Heft Nummer mit meinem letzten Heft Nummer .<br />

Was fällt mir auf?<br />

3. Mit welchem Stift schreibe ich am besten?<br />

4. Schreibe ich am besten ohne Linien? auf den großen Linien?<br />

auf den engen Linien? im Schreibheft mit Linien ?<br />

5. Welche Buchstabenverbindungen habe ich ausprobiert?<br />

6. Welches Wort oder welchen Satz kann ich besonders leicht mit Schwung schreiben?<br />

Fragen zur Selbsteinschätzung – Einklebeblatt für die Jahrgangsstufen 3 und 4<br />

Rückmeldung von LehrerInnen – Einklebeblatt für die Jahrgangsstufen 3 und 4<br />

1. Das fällt mir bei deinen Buchstaben auf:<br />

2. Diese Buchstaben-Verbindungen geben deiner Schrift Schwung:<br />

3. Deine Wörter<br />

• sind gut lesbar meistens solltest du noch üben<br />

• haben gut erkennbare Buchstaben meistens solltest du noch üben<br />

• sind mit Schwung geschrieben meistens solltest du noch üben<br />

4. Deine Texte<br />

• sind gut lesbar meistens solltest du noch üben<br />

• haben gut erkennbare Buchstaben meistens solltest du noch üben<br />

• sind mit Schwung geschrieben meistens solltest du noch üben<br />

5. Du schreibst am besten mit diesem Stift:<br />

6. Was mir sonst noch auffällt (Schreibhaltung, Lineatur, …):


Praxis: Schreiben mit Schwung<br />

Lothar Bode<br />

Lasst die Kinder wieder mehr in Hefte schreiben<br />

Mein Plädoyer für eine gute Schreibkultur an der <strong>Grundschule</strong><br />

Mit diesem Beitrag möchte ich dafür werben, dass Lehrkräfte Schülerinnen und<br />

Schüler ihre Arbeiten mehr in geeignete Hefte als auf lose Blätter / Arbeitsblätter<br />

fertigen lassen. Beim Kompetenzerwerb »Schreiben« möchte ich den Blick richten<br />

auf das Wie und Wohin der Schreibprodukte der Kinder.<br />

Die KMK formuliert für den<br />

Kompetenzbereich »Schrei ben«<br />

in den Bildungsstandards im<br />

Fach Deutsch für den Primarbereich<br />

von 2004 :<br />

– Über Schreibfertigkeiten verfügen<br />

– Richtig schreiben<br />

– Texte planen<br />

– Texte schreiben überarbeiten<br />

Kinder können diese Kompetenzen erwerben,<br />

wenn ihnen ihre Lehrerinnen<br />

und Lehrer<br />

● gute Aufgaben in allen Fächern stellen.<br />

● Zeit einräumen, Lernzeit zur Verfügung<br />

stellen, genügend Unterrichtszeit<br />

zum Schreiben einplanen. Schreiben<br />

lernen erfordert viel, vor allem aber<br />

Zeit.<br />

● Rückmeldung geben. Kinder brauchen<br />

Rückmeldung über ihren Schreibprozess,<br />

ihr Schreibprodukt, ihren Text,<br />

ihre Schrift. Lehrerinnen und Lehrer<br />

tragen hier eine große Verantwortung,<br />

denn ohne entsprechende Rückmeldung<br />

fehlt den Schülerinnen und Schülern<br />

die Orientierung auf ihrem Weg<br />

zum Kompetenzerwerb des Schreibens.<br />

Gute Aufgaben sind offen konzipiert,<br />

lassen mehrere Lösungswege zu, fördern<br />

individuelle Vorgehensweise, prozessbezogene<br />

Kompetenzen und eigene<br />

Fragestellungen, schließen Anschlussaufgaben<br />

und die Entwicklung eigener<br />

Aufgaben ein. Wenn Schülerinnen<br />

und Schüler gute Aufgaben bearbeiten,<br />

entwickeln sie gleichzeitig ihre Schreibkompetenz<br />

im o. g. Sinne weiter. Gute<br />

Aufgaben erfordern auch teilweise umfangreiche<br />

schriftliche Arbeiten der<br />

Schülerinnen ud Schüler.<br />

Bei allen Aufgaben, die Lehrerinnen<br />

und Lehrer ihren Schülern stellen, sind<br />

immer auch die Entscheidungen relevant:<br />

– Wie dokumentieren Kinder ihre Arbeitsergebnisse?<br />

– Wohin schreiben die Kinder ihre<br />

Texte?<br />

– Welche Hefte oder Blätter werden benutzt?<br />

– Wie und wo werden die Ergebnisse<br />

abgelegt?<br />

– Was geschieht mit den Schreib- /<br />

Arbeitsprodukten?<br />

Lehrerinnen und Lehrer sind also bei<br />

ihrer Unterrichtsplanung gefordert,<br />

diese Fragen mit zu bedenken und zu<br />

entscheiden.<br />

Hier plädiere ich dafür, Kinder mehr<br />

in Hefte schreiben zu lassen.<br />

In Hefte schreiben beeinhaltet die<br />

Chance, dass Schülerinnen und Schüler<br />

ihre Gedanken und Dokumente ordnen,<br />

ihre Texte und Arbeiten wertschätzen<br />

und diese in nutzbarer und vorzeigbarer<br />

Form erstellen.<br />

In Hefte schreiben beinhaltet die<br />

Chance, dass Inhalten ein passender<br />

äußerer Rahmen zugeordnet wird. Wie<br />

ein gemaltes Bild, ein Kunstwerk mit<br />

passendem Rahmen besser wirkt, vorzeigbar<br />

und ausstellbar wird, so verleiht<br />

ein Heft einer Schülerarbeit den<br />

passenden Rahmen. Kinder arbeiten<br />

mit mehr Freude und geben sich nach<br />

meiner Erfahrung auch mehr Mühe mit<br />

ihren Arbeiten, wenn sie diese in Hefte<br />

fertigen, für die es bestimmte Regeln<br />

und Strukturen gibt. Für Arbeitsblätter<br />

ist diese Wertschätzung nur schwer zu<br />

erzielen, wenn nicht klar ist, was mit<br />

diesen nach Fertigstellung geschieht,<br />

wo sie abgeheftet werden oder für wen<br />

sie wichtig sind.<br />

Schreiben erfordert Zeit. Gute Aufgaben<br />

zu bearbeiten kostet viel Lernzeit.<br />

Kinder brauchen für das Schreiben unterschiedlich<br />

lange. Nach entsprechen-<br />

Gute Aufgaben in den Fächern, genügend<br />

Zeit zum Schreiben und geeignete<br />

Rückmeldung sind Faktoren,<br />

die die Schreibkultur an einer Schule<br />

wesentlich bestimmen.<br />

20 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010


Praxis: Schreiben mit Schwung<br />

Beispiele aus der Praxis<br />

Wenige gefaltete oder<br />

geheftete Blätter<br />

Geschichten- und Malheft<br />

für erste eigene Sätze und kleine Geschichten Deutsch, ab Kl. 1<br />

Sammelheft für erste eigene Sätze und kleine Geschichten, ergänzt<br />

durch Bilder und Zeichnungen zum Inhalt – zusammengeheftete<br />

Blätter mit oder ohne Linien, Mal- und Schreibseite abwechselnd<br />

Deutsch, ab Kl. 1<br />

Geschichtenheft<br />

Sammelheft für Geschichten und eigene Texte, auch für Klassenarbeiten<br />

Deutsch, ab Kl. 2<br />

Abschreibheft für das Üben des Abschreibens mit Einlegetasche für Vorlagen Deutsch, ab Kl. 1<br />

Wörterheft<br />

Fachheft<br />

Themenheft<br />

Heft für die freie Arbeit<br />

Forscherheft<br />

Forscherheft/<br />

Versuchsprotokolle<br />

naturw. Experimente<br />

Lesetagebuch<br />

Heft für Knobelaufgaben,<br />

Sachaufgaben,<br />

Geometrie u. a.<br />

Klassenhefte<br />

Wochenheft<br />

Lerntagebuch<br />

Portfolio<br />

für das Sammeln von Wörtern, für rechtschriftliche Übungen mit<br />

der Wörterkartei oder für Fehlerwörter<br />

Sammelheft für Ergebnisse des Fachunterrichtes, chronologisch<br />

geführt, mit Vorgabe oder freie Dokumentation<br />

Sammelheft für Ergebnisse zu einem Unterrichtsthema, enthält<br />

eigene Texte, eigene Zeichnungen, eingeklebte Bilder oder Strukturen,<br />

teilweise strukturelle Vorgaben<br />

Dokumentation der Ergebnisse der Freiarbeit zu individuellen, selbstgewählten<br />

Themen ohne strukturelle Vorgaben<br />

für Forscherfragen, Lösungswege, Beschreibungen von Methoden,<br />

Beobachtungen und Erklärungsversuche, Literatur und Hilfsquellen,<br />

auch im Unterricht gemeinsam dokumentierte Forscherprozesse<br />

für Forscherfragen, die durch Versuche beantwortet werden;<br />

strukturelle Vorgaben, z. B.: Forscherfrage: Ich brauche: Ich versuche:<br />

Ich beobachte: Ich erkläre:<br />

für die Dokumentation von Gelesenem. Gelesene Bücher werden<br />

verzeichnet, dazu wird gemalt, Sätze oder Passagen abgeschrieben,<br />

der Inhalt zusammengefasst, beschrieben, bewertet.<br />

Ein Lesetagebuch kann den Leselernprozess über einen langen Zeitraum<br />

dokumentieren<br />

für die Dokumentation des Mathematiklernens in den jeweiligen<br />

Bereichen<br />

für die Dokumention gemeinsamer Erlebnisse, Klassenfeste,<br />

Schul- oder Klassenprojekte, Klassenfahrten.<br />

Einzelne Schüler oder Kleingruppen gestalten Seiten oder Teile<br />

für die Dokumentation individueller Erlebnisse in einem überschaubaren<br />

Zeitraum (z. B. eine Woche). Die Arbeit am Wochenheft kann<br />

regelmäßig in einer bestimmten Stunde erfolgen<br />

für die Dokumentation und Formulierung von individuellen Lernfortschritten,<br />

von Erkenntnissen, von zukünftigen Lernabsichten und<br />

Vorlieben; Erkennen von Fähigkeiten; selbstkritische Rückbesinnung<br />

wie Lerntagebuch, eher mit dem Schwerpunkt Dokumentation und<br />

Präsentation<br />

Deutsch, ab Kl. 1<br />

Alle Fächer, ab Kl 1<br />

Religion/Sachunterricht/<br />

Deutsch ab Klasse 1<br />

Alle Fächer, ab Kl. 1<br />

Sachunterricht,<br />

auch andere Fächer, ab Kl. 1<br />

Sachunterricht, ab Kl. 2<br />

Deutsch, ab Kl. 1<br />

Mathematik, ab Kl. 1<br />

fächerübergreifend<br />

fächerübergreifend<br />

fächerübergreifend<br />

fächerübergreifend<br />

Anmerkungen zu den Beispielen:<br />

Dies ist eine Beispielsammlung. Die Qualität<br />

der Schreibkultur einer Schule ist nicht<br />

durch die Zahl der Hefte definiert, die die<br />

Schüler bearbeiten.<br />

Der Begriff »Heft« wird hier im weiteren<br />

Sinne verwendet für zusammengehörige/<br />

-geheftete Papiere unterschiedlicher<br />

Formate und Lineaturen.<br />

Je nach Klassensituation können Kinder mit<br />

der Verwaltung einer gewissen Zahl von<br />

Heften überfordert sein. Hier kann eine<br />

Verwaltung im Klassenraum helfen. Auch<br />

werden manche Hefte selten, regelmäßig<br />

oder nur in bestimmten Zeiten benutzt.<br />

Hier kann logistische Unterstützung durch<br />

die Lehrkraft und Verbleib der Hefte im<br />

Klassenraum erforderlich und sinnvoll sein.<br />

Die Verwendung von verschiedenfarbigen<br />

Umschlägen und von Aufklebern, die den<br />

Namen des Heftes und des Schülers enthalten,<br />

dient der Orientierung.<br />

Für manche Hefte kann es Sinn machen,<br />

dass das neue Heft mit dem vorderen<br />

Einband an den hinteren Einband des vollen<br />

Heftes geklebt oder geheftet wird. So entstehen<br />

umfassende Dokumentationen.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />

21


Praxis: Schreiben mit Schwung<br />

Lothar Bode<br />

Rektor der Gemeinschaftsgrundschule<br />

Alpen-Veen, NRW<br />

Kontakt: ggsveen@web.de<br />

den Rückmeldungen müssen Kinder<br />

ihr Schreibprodukt manchmal überarbeiten.<br />

Manche Kinder möchten mehr<br />

und ausführlicher schreiben oder haben<br />

weiterführende Ideen, ihnen fallen weitere<br />

Lösungswege oder neue Aufgaben<br />

und Fragen ein.<br />

Bei der Unterrichtsplanung ist dies zu<br />

berücksichtigen.<br />

Häufig nehmen Lehrkräfte Kindern<br />

Schreibarbeit ab und fertigen Arbeitsblätter<br />

an, um Zeit zu sparen. Das kann<br />

sinnvoll sein. Wenn Kinder in der ihnen<br />

zur Verfügung stehenden Lernzeit<br />

überwiegend Papiere, deren Struktur<br />

und Inhalt sich Erwachsene ausgedacht<br />

haben, bearbeiten, beschriften oder vervollständigen,<br />

lernen sie dadurch möglicherweise<br />

auch etwas. Vom Selbstgeschriebenen<br />

wird der Lerner meiner<br />

Ansicht nach mehr Nutzen haben und<br />

dadurch sicher eher zum kompetenten<br />

Schreiber werden können. Lerntheoretiker<br />

und Hirnbiologen liefern hierfür<br />

stichhaltige Begründungen.<br />

Die Lehrkraft sollte sich zu jedem<br />

Arbeitsblatt auch die Frage ernsthaft<br />

beantworten: Was geschieht mit dem<br />

Arbeitsblatt nach Gebrauch? Ist und<br />

bleibt es für den Lerner wertvoll oder<br />

sinnvoll? Wie kann das unverzichtbare<br />

Arbeitsblatt sinnvoll in das Dokumentationskonzept<br />

integriert werden?<br />

Schülerinnen und Schüler brauchen<br />

Rückmeldung über ihren Schreibprozess,<br />

ihr Schreibprodukt, ihren Text<br />

und ihre Schrift. Ohne Rückmeldung<br />

gelingt selten der Lernprozess, erzielt<br />

der Schreiber kein optimales Schreibprodukt,<br />

bleiben Texte und Schrift häufig<br />

ohne Entwicklung.<br />

Sicherlich kann eine Lehrkraft auch<br />

Rückmeldung geben zu einer Arbeit<br />

auf einem einzelnen Blatt. Mehr Sinn<br />

macht es, Arbeiten in einem größeren<br />

Zusammenhang zu sichten, zu würdigen,<br />

zur Kenntnis zu nehmen. Der<br />

größere Zusammenhang ähnlicher Arbeiten,<br />

mehrerer Gedanken zu einem<br />

Thema, einer Aufgabensammlung vermittelt<br />

einen größeren Überblick über<br />

die Leistungen, die Denkfähigkeit und<br />

die Lernentwicklung der Schülerinnen<br />

und Schüler über einen längeren Zeitraum.<br />

Daraus folgt: Den Schülerinnen<br />

und Schülern Rückmeldung zu geben,<br />

ist auf der Basis von Heften sinnvoller<br />

als auf der Basis einzelner Blätter.<br />

Schrift, Handschrift, ordentliches<br />

und strukturiertes Schreiben wird beim<br />

Benutzen von Heften zu einem wichtigen<br />

Thema. Wenn Schülerinnen und<br />

Schüler gute Aufgaben bekommen, haben<br />

sie oft zu entscheiden, wie sie ihre<br />

Texte strukturieren, ob sie Unterstreichungen,<br />

Hervorhebungen, Tabellen,<br />

Zeichnungen usw. benutzen. Hierzu<br />

brauchen sie zunächst Hilfen und Anleitung.<br />

Die Lehrkraft stellt Anforderungen<br />

an Inhalt und Struktur der Arbeiten,<br />

hier brauchen Kinder ebenfalls<br />

Zeit zum Üben und Rückmeldung.<br />

Schrift kann sich beim Kind zur<br />

persönlichen Handschrift entwickeln,<br />

wenn Kinder viel Zeit zum Schreiben<br />

haben und viel schreiben. Auch dieser<br />

Entwicklungsprozess der Kinder erfordert<br />

Rückmeldung und Begleitung<br />

durch die Lehrkraft.<br />

Fazit<br />

Grundschulkinder sollen Schreibkompetenzen<br />

erwerben. Dabei ist es nicht<br />

beliebig, wie, worauf und wohin Kinder<br />

schreiben. Art und Weise und der Ort<br />

der Dokumentation der Schreibprodukte<br />

und die Schrift sind wichtig wie<br />

Gehalt und Inhalt. Erfolgreiche Unterrichtsplanung<br />

sollte dies berücksichtigen.<br />

Für die Schreibkultur einer Schule ist<br />

es bedeutsam, welche Hefte benutzt und<br />

wie sie geführt werden und wie Schüler<br />

schreiben sollen. Im Sinne des Auftrags,<br />

Grundschulkindern zu helfen, Schreibkompetenzen<br />

zu erwerben, ist der Dialog<br />

zum Thema für das Kollegium jeder<br />

Schule wichtig.<br />

Vorteile einer Schreibkultur<br />

in Heftform<br />

●● Die Schreibprodukte der Lerner haben<br />

einen Ort und sind damit für Lehrkraft<br />

und Schüler geordnet und übersichtlich.<br />

●● Kinder erzeugen ein vorzeigbares<br />

Produkt.<br />

●● Bei entsprechender Wertschätzung<br />

durch die Lehrkraft wird das Heft auch<br />

vom Lerner wertgeschätzt und damit<br />

wertvoll.<br />

●● Kinder dokumentieren ihren Lernprozess<br />

oft ausführlich durch Texte und<br />

Bilder und vermitteln so dem Betrachter<br />

den Grad ihres Verstehens.<br />

●● Kinder dokumentieren ihre offenen<br />

Fragen und ihren Lernbedarf auch<br />

durch Fehler.<br />

●● Kinder dokumentieren den Stand<br />

ihrer Schreibkompetenz kontinuierlich<br />

und übersichtlich.<br />

●● Ein ansprechend beschriebenes und<br />

gestaltetes Heft vermittelt den Kindern<br />

eine Könnenserfahrung.<br />

●● Ein Heft mit Dokumenten zu einem<br />

Thema kann für die Kinder eine Grundlage<br />

für die Kommunikation mit anderen<br />

über dieses Thema sein.<br />

●● Ein Heft bietet der Lehrkraft eine<br />

umfassende Basis für Rückmeldungen<br />

an den Schüler.<br />

●● Der Lerner kann seine Schrift sinnvoll<br />

weiter entwickeln, entsprechende<br />

Rückmeldungen der Lehrkraft begünstigen<br />

dies.<br />

●● Für den Lerner wird lesbare und klare<br />

Schrift und Schreiben alltäglich, unverzichtbar<br />

und erstrebenswert.<br />

●● Die Lehrkraft formuliert für die<br />

Schrift und das Schreiben in bestimmte<br />

Hefte fachliche und individuelle Anforderungen.<br />

●● Durch eine begründete und durchdachte<br />

Schreibkultur an einer Schule<br />

erwerben die Lerner vielfältige Schreibund<br />

Methodenkompetenz.<br />

Anmerkung<br />

Die abgebildeten Heftseiten stammen aus<br />

Heften von Schülern der Gemeinschaftsgrundschule<br />

Veen, Alpen und der Wilhelm-<br />

Koppers-<strong>Grundschule</strong>, Alpen-Menzelen.<br />

Literatur<br />

Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister<br />

der Länder in der Bundes republik<br />

Deutschland (2005): Bildungs standards im<br />

Fach Deutsch für den Primarbereich (Jahrgangsstufe<br />

4) – Beschluss der Kultusministerkonferenz<br />

vom 15. 10. 2004. München.<br />

22 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010


Dokumentation<br />

Erika Brinkmann<br />

Lehr-/Bildungs- und Rahmenpläne in den Bundesländern:<br />

Was bedeuten sie für die Einführung der Grundschrift?<br />

Die Vereinbarungen der Kultusministerkonferenz, die für alle Bundesländer<br />

die Basis für die Erstellung der neuen Richtlinien für den Unterricht waren,<br />

sind – bezogen auf die Handschrift der Kinder – kurz: Die Schülerinnen und<br />

Schüler verfügen über verschiedene Möglichkeiten der ästhetischen Darstellung<br />

entsprechend dem Schreibanlass und arbeiten mit unterschiedlichen Medien. Sie<br />

schreiben eine lesbare und flüssige Handschrift.<br />

In diesen beiden Sätzen stecken die<br />

wesentlichen Anforderungen an<br />

den Unterricht in Hinblick auf die<br />

Handschrift der Kinder, die für das<br />

Projekt Grundschrift des Grundschulverbandes<br />

in gleicher Weise gelten:<br />

●● Das Ziel wird geklärt: Die Handschrift<br />

soll formklar sein, damit sie lesbar<br />

ist. Darüber hinaus soll die Handschrift<br />

flüssig sein, damit sie auch<br />

einigermaßen rasch geschrieben werden<br />

kann. Davon, dass die Buchstaben<br />

miteinander verbunden sein müssten,<br />

steht nichts in diesen Vorgaben.<br />

●● Es wird zudem darauf hingewiesen,<br />

dass die ästhetische Darstellung etwas<br />

mit dem Schreibanlass zu tun hat und<br />

die Kinder lernen sollen, die verschiedenen<br />

Möglichkeiten kompetent zu<br />

nutzen. Ausschlaggebend ist dabei die<br />

Funktion der Schrift: Beim Schreiben<br />

von Notizen ist z. B. anderes wichtig als<br />

bei der sorgfältigen Gestaltung des<br />

Lieblingsgedichtes. Im ersten Fall geht<br />

es um Schnelligkeit – die gute Lesbarkeit<br />

tritt in den Hintergrund – und im<br />

zweiten Fall geht es um das Gestalten<br />

eines Gesamtwerkes mit Schrift, bei<br />

dem der Zeitfaktor eine untergeordnete<br />

Rolle spielt, die Formklarheit und die<br />

ästhetische Darstellung aber wesentlich<br />

sind.<br />

●● Und – last but not least – es soll nicht<br />

nur mit der Hand geschrieben werden,<br />

auch andere Medien wie Stempel, Druckerei,<br />

Schreibmaschine und Computer<br />

sollen zum Schreiben und zur Textgestaltung<br />

genutzt werden.<br />

Es wird durch diese Vorgaben also<br />

geklärt, was die Kinder lernen sollen.<br />

Der Weg zu diesem Ziel bleibt offen.<br />

Die Ausgangsschrift:<br />

Hilfe oder Umweg?<br />

Für die einzelnen Bundesländer finden<br />

sich in den verschiedenen Bildungs-,<br />

Lehr- und Rahmenplänen in der Regel<br />

Ergänzungen zu den Vorgaben der<br />

KMK, die sich mit dem Wie beschäftigen:<br />

Auf welchem Weg soll eine lesbare<br />

und flüssige Handschrift erworben werden?<br />

Fast immer wird dafür als Zwischenschritt<br />

das Erlernen einer der drei möglichen<br />

Ausgangsschriften verbindlich<br />

vorgeschrieben. Das ist erstaunlich,<br />

denn es gibt keine einzige Untersuchung,<br />

die belegt, dass dies ein besonders<br />

sinnvoller Weg sei. Erklärbar ist<br />

diese Vorgabe aus dem historischen<br />

Verlauf des Schreibunterrichts: Jahrhundertelang<br />

wurden den Schülerinnen<br />

und Schülern verbundene Schriften vermittelt,<br />

die als Normschrift<br />

galten. Jede<br />

Buchstabenform sollte<br />

möglichst genau der<br />

Vorlage entsprechen,<br />

eine persönliche Ausgestaltung<br />

der Schrift<br />

war nicht vorgesehen.<br />

Noch viele unserer<br />

(Ur-)Großeltern<br />

haben so mit spitzer<br />

Stahlfeder die deutsche<br />

Kurrentschrift<br />

Erika Brinkmann<br />

Professorin für deutsche Sprache,<br />

Literatur und ihre Didaktik an der Pädagogischen<br />

Hochschule in Schwäbisch<br />

Gmünd. Schwerpunkte: Schriftspracherwerb,<br />

Förderung von Kindern mit<br />

Lernschwierigkeiten, Rechtschreiben<br />

lernen, Offene Unterrichtsformen,<br />

Medien im Deutschunterricht.<br />

erlernt. Eine gute Zensur für die Schrift<br />

gab es dann, wenn sie der Norm weitgehend<br />

entsprach. Die später eingeführten<br />

Ausgangsschriften haben ein<br />

anderes Ziel. Sie sollen die Basis bilden,<br />

von der aus die Kinder ihre persönliche<br />

Handschrift entwickeln. Seitdem sich<br />

jedoch die Erkenntnis durchgesetzt hat,<br />

dass die Druckschrift die besser geeignete<br />

Schrift für das Lesen und für das<br />

Schrei ben im Anfangsunterricht ist,<br />

wird in allen Bundesländern grundsätzlich<br />

das Schreiben mit der Druckschrift<br />

begonnen (nur in Rheinland-Pfalz wird<br />

dies im Rahmenplan nicht ausdrücklich<br />

erwähnt). Die eigentliche Ausgangsschrift<br />

ist in der Bundesrepublik also<br />

die Druckschrift. Die verbundenen<br />

Ausgangsschriften wie die Lateinische<br />

Ausgangsschrift, die Vereinfachte Ausgangsschrift<br />

oder die Schulausgangsschrift<br />

sind ein zusätzlicher Zwischenschritt<br />

für die Kinder, bevor sie ihre<br />

persönliche Handschrift entwickeln<br />

dürfen. Ob dies tatsächlich eine Hilfe<br />

oder doch eher ein Umweg ist, ist in der<br />

Fachwelt umstritten. Tatsache ist aber,<br />

dass alle vorgegebenen verbundenen<br />

Schriften vielen Kindern beim Lernen<br />

Probleme bereiten, und dass von vielen<br />

Aspekten der verbundenen Schriften<br />

in den ausgeschriebenen Erwachsenenschriften<br />

kaum etwas übrig bleibt.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />

23


Dokumentation<br />

Und: Die Klagen der Kollegen und<br />

Kolleginnen in den weiterführenden<br />

Schulen bezüglich der Kinderschriften<br />

sind laut. Das ist prinzipiell nichts Neues,<br />

diese Klagen gibt es schon, seitdem<br />

Kinder schreiben lernen. Heutzutage<br />

ist sicherlich vielfach ein Grund dafür<br />

das Missverständnis, die Kinder müssten<br />

die Ausgangsschrift, die sie in der<br />

<strong>Grundschule</strong> gelernt haben, als Normschrift<br />

genau so weiter schreiben. Zum<br />

Teil sind die Klagen aber auch berechtigt,<br />

da nach dem Erwerb der verbundenen<br />

Ausgangsschrift dem Schreiben<br />

der Kinder nicht mehr die notwendige<br />

Aufmerksamkeit geschenkt wird und<br />

es an Hilfen fehlt, die Kinder bei der<br />

Entwicklung ihrer persönlichen Handschrift<br />

zu unterstützen, damit diese lesbar<br />

und flüssig wird.<br />

Mit der Grundschrift will der Grundschulverband<br />

den Kindern den Umweg<br />

über eine vorgegebene verbundene<br />

Schrift ersparen und die Aufmerksamkeit<br />

der Lehrer/innen und Kinder von<br />

Anfang an darauf lenken, gemeinsam<br />

aus der Druckschrift individuelle Handschriften<br />

zu entwickeln. Wie die gesetzlichen<br />

Vorgaben dazu in den einzelnen<br />

Bundesländern aussehen und welche<br />

Möglichkeiten es für die Grundschrift<br />

dort gibt, soll im Folgenden dargestellt<br />

werden.<br />

Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen,<br />

Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen<br />

In diesen Bundesländern gibt es keine<br />

Vorgaben in den Rahmenplänen bzw.<br />

im Lehrplan dafür, mit welcher verbundenen<br />

Schrift die Kinder zu ihrer persönlichen<br />

Handschrift finden sollen. Im<br />

gemeinsamen Rahmenplan für Berlin,<br />

Brandenburg, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern<br />

findet man folgende<br />

Hinweise zur Schrift:<br />

Druckschrift und Schreibschrift werden<br />

nacheinander eingeführt. Als Erstschrift<br />

ist eine unverbundene, serifenlose<br />

Druckschrift zu verwenden. Diese unterstützt<br />

das optische Durchgliedern der<br />

Wörter. Beim Schreiben der Druckschrift<br />

lernen die Schülerinnen und Schüler<br />

sinnvolle Bewegungs- und Schreibabläufe.<br />

Die Lehrerinnen und Lehrer achten<br />

auf eine entspannte Körper- und<br />

Stifthaltung. Die Feinmotorik wird auch<br />

durch andere Tätigkeiten wie Schneiden,<br />

Falten, Basteln entwickelt. Die Schreibschrift<br />

wird erst eingeführt, wenn die<br />

Schülerinnen und Schüler die meisten<br />

Buchstaben kennen, die Druckschrift<br />

sicher lesen können und ihre feinmotorischen<br />

Fertigkeiten entsprechend weit<br />

entwickelt sind. Bei der Auswahl der verbundenen<br />

Schrift ist darauf zu achten,<br />

dass diese formklar, leicht zu lernen und<br />

gut zu lesen ist. Schülerinnen und Schüler<br />

mit großen feinmotorischen Schwierigkeiten<br />

können weiterhin Druckschrift<br />

verwenden (Rahmenlehrplan <strong>Grundschule</strong><br />

Deutsch, 2004, S. 23 f.).<br />

Die Grundschrift entspricht den Anforderungen<br />

an die Druckschrift hier<br />

in jeder Hinsicht. Schwierig ist die<br />

Formulierung »Bei der Auswahl der<br />

verbundenen Schrift …«, denn es wird<br />

keine vorgegebene Schrift »ausgewählt«,<br />

wenn man die Grundschrift konsequent<br />

weiterentwickelt und durch Schreiben<br />

mit Schwung den Kindern hilft, zu einer<br />

persönlichen Handschrift zu gelangen.<br />

Die Kriterien sind allerdings wieder<br />

deckungsgleich mit den Vorgaben: Es<br />

»… ist darauf zu achten, dass diese formklar,<br />

leicht zu lernen und gut zu lesen<br />

ist.« Vom Grundgedanken her sollte die<br />

Einführung der Grundschrift in diesen<br />

Bundesländern also ohne Probleme<br />

möglich sein.<br />

Im Rahmenplan aus Hessen<br />

ist dies zur Handschrift zu<br />

finden: Der Übergang zur verbundenen<br />

Schreib schrift muss<br />

nicht forciert werden. Durch Schreibdrucken<br />

wird die Entwicklung zur verbundenen<br />

Handschrift nicht beeinträchtigt.<br />

Erfahrungsgemäß wollen alle Kinder die<br />

Schreibschrift lernen, sobald die ersten<br />

damit beginnen. Der Zeitpunkt sollte<br />

aber der Entscheidung jedes Kindes überlassen<br />

bleiben und eine (selbstkritische)<br />

Rückkehr zum Schreibdrucken offen gehalten<br />

werden. – Vergleichbares gilt für<br />

das Scheiben mit Füller.<br />

Die Vereinfachte Ausgangsschrift ist<br />

in ihrer Zweigliedrigkeit strukturell den<br />

Formen der Druckschrift ähnlich und<br />

bietet daher die günstigsten Voraussetzungen<br />

für die kontinuierliche Entwicklung<br />

einer persönlichen Handschrift. Als<br />

Orientierungshilfe auf dem Weg zur individuellen<br />

Handschrift ist ihr Vorrang<br />

einzuräumen.<br />

Im »schönen Schreiben« und in der<br />

Schriftgestaltung kommt auch die ästhetische<br />

Dimension der Schrift zum Tragen.<br />

Kinder verzieren von sich aus oft mit<br />

großer Hingabe ihre eigenen Werke und<br />

Briefe, erfinden kunstvolle Schriftformen<br />

oder suchen sich attraktive Lettern aus<br />

Zeitschriften z. B. für Buchstabenplakate<br />

heraus. Bei manchen Kindern wird erst<br />

dadurch die Lust am Schreiben geweckt.<br />

(...) Neben dem Handschreiben sollten<br />

auch technische Werkzeuge zum Einsatz<br />

kommen wie Druckerei, Schreibmaschinen<br />

und der Computer als Schreibwerkzeug<br />

(Rahmenplan <strong>Grundschule</strong> 1995,<br />

S. 93 f.).<br />

Im hessischen Rahmenplan steht die<br />

individuelle Entwicklung der Kinder an<br />

erster Stelle und es geht in den Vorgaben<br />

vor allem um mögliche Orientierungshilfen<br />

auf dem Weg zur individuellen<br />

Handschrift, die allerdings eine »verbundene<br />

Schreibschrift« sein soll. Hier<br />

ist zu diskutieren, was die Verbundenheit<br />

ausmacht: Die Bewegung der Hand<br />

oder die Spur auf dem Papier? In den<br />

Handschriften von Erwachsenen finden<br />

wir in der Regel auf dem Papier zwei bis<br />

drei verbundene Buchstaben und dann<br />

kleine Leerstellen, bevor die in der Luft<br />

weiterhin verbundene Bewegung wieder<br />

auf dem Papier sichtbar wird (vgl.<br />

Mahrhofer-Bernt in <strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>,<br />

Heft 110, S. 27). Zwingt man die<br />

Spur auf das Papier, führt dies zu Verkrampfungen<br />

der Hand, Erhöhung des<br />

Schreibdrucks und Verlangsamung der<br />

Bewegung. Diese Befunde sprechen<br />

dafür, den Begriff »verbunden« auf die<br />

Bewegung zu beziehen und nicht auf<br />

deren sichtbare Spur.<br />

Ähnlich wie in Hessen soll<br />

auch den Kindern in Schleswig-Holstein<br />

ein individueller<br />

Übergang zur Schreibschrift<br />

ermöglicht werden, die eine<br />

verbundene sein soll (Argumentation<br />

s. o.). Vorrang wird ebenfalls der Vereinfachten<br />

Ausgangsschrift eingeräumt,<br />

24 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010


Dokumentation<br />

allerdings findet sich kein Hinweis darauf,<br />

dass grundsätzlich eine Ausgangsschrift<br />

verwendet werden muss.<br />

Geschriebenes begegnet den Kindern<br />

durchweg in Druckschrift (Großantiqua<br />

und Gemischtantiqua). Wie das Lesen<br />

beginnt deshalb auch das Schreiben<br />

mit der Druckschrift. Zunächst können<br />

Großantiqua und Gemischtantiqua<br />

nebeneinander verwendet werden, bis<br />

sich die Gemischtantiqua als »normale«<br />

Druckschrift durchsetzt. Später wird zusätzlich<br />

zur Gemischtantiqua eine verbundene<br />

Schreibschrift eingeführt. Als<br />

verbundene Schrift hat die Vereinfachte<br />

Ausgangsschrift (VA) Vorrang. Im »schönen«<br />

Schreiben und in der Schriftgestaltung<br />

kommt auch die ästhetische Seite<br />

der Schrift zum Ausdruck. Dazu können<br />

das Erfinden kunstvoller Schriftformen<br />

und das Verzieren der eigenen Werke<br />

gehören. Bei manchen Kindern wird erst<br />

dadurch die Lust am Schreiben geweckt.<br />

Über den Zeitpunkt für den Übergang<br />

zur verbundenen Schrift sollte das<br />

Kind mitentscheiden können (Lehrplan<br />

<strong>Grundschule</strong>, S. 59).<br />

Vergleichbares gilt für die<br />

Kompetenz erwartungen im<br />

Lehrplan von Nordrhein-<br />

Westfalen. Auch hier muss<br />

man klären, was der Begriff »verbundene<br />

Schrift« bedeutet:<br />

»Im Schriftspracherwerb unterstützen<br />

sich Lesen und Schreiben gegenseitig.<br />

Ausgangsschrift für das Lesen und<br />

Schrei ben ist die Druckschrift.<br />

Im Zuge der Verflüssigung des Schreibverlaufs<br />

und der individuellen Ausprägung<br />

der Schrift entwickeln Schülerinnen<br />

und Schüler aus der Druckschrift eine<br />

gut lesbare verbundene Handschrift.<br />

In allen Phasen der Grundschulzeit<br />

sind Schreibaufgaben von Bedeutung,<br />

in denen formklares und gestaltendes<br />

Schrei ben wichtig wird.<br />

Schülerinnen und Schüler lernen das<br />

Schreiben und Rechtschreiben in einem<br />

aktiven, durch Beispiel, Reflexion und<br />

Anleitung unterstützten Prozess<br />

Kompetenzerwartung am Ende der<br />

Klasse 4:<br />

Die Schülerinnen und Schüler schreiben<br />

flüssig in einer gut lesbaren verbundenen<br />

Handschrift.«<br />

Im Rahmenplan für die<br />

<strong>Grundschule</strong> in Rheinland-<br />

Pfalz finden sich an zwei<br />

Stellen Aussagen zur Handschrift:<br />

Sie [die Kinder, EB] haben eine<br />

les bare, persönliche Handschrift entwickelt<br />

und haben grundlegende orthografische<br />

Regeln, Lösungshilfen und Rechtschreibstrategien<br />

kennengelernt und<br />

erprobt und somit zunehmend bewusst<br />

ihre Schreibleistungen im Hinblick auf<br />

die richtige Schreibweise zu reflektieren<br />

(Leistungsprofil am Ende der Grundschulzeit,<br />

S. 10).<br />

»Über Schreibfertigkeiten verfügen«:<br />

Eine gut lesbare Handschrift flüssig<br />

schrei ben; Texte zweckmäßig und übersichtlich<br />

gestalten, den PC zum Schreiben<br />

und für Textgestaltung verwenden<br />

(Orientierungsrahmen, S. 26).<br />

Es gibt in Rheinland-Pfalz im Rahmenplan<br />

der <strong>Grundschule</strong> keine Vorgaben<br />

dafür, wie die Kinder zu ihrer persönlichen<br />

Handschrift gelangen sollen – der<br />

Weg ist freigegeben.<br />

Ebenso im Land Thüringen:<br />

Der Schüler eignet sich in<br />

einem Schreiblehrgang die<br />

Druckschrift an.<br />

Als zu erreichende Sachkompetenz<br />

wird für die Schuleingangsphase angeführt:<br />

Der Schüler kann<br />

–– flüssig, formklar und leserlich in<br />

Druckschrift schreiben<br />

–– Wörter, Sätze und Texte schreiben<br />

–– Wörter und Texte mit Schrift kreativ<br />

gestalten<br />

Für Klasse 4 wurden folgende Sachkompetenzen<br />

formuliert:<br />

Der Schüler kann<br />

–– mit einer gut lesbaren individuellen<br />

Handschrift schreiben<br />

–– formklar<br />

–– flüssig<br />

–– in einem angemessenen Schreibtempo.<br />

–– Texte übersichtlich gestalten<br />

(Lehrplan für die <strong>Grundschule</strong> Deutsch,<br />

2010, S. 14)<br />

Im Kerncurriculum für Niedersachsen<br />

sieht es ähnlich<br />

aus. Im zweiten Schuljahrgang<br />

findet sich bei den erwarteten<br />

Kompetenzen:<br />

Die Schülerinnen und Schüler<br />

–– schreiben in einer formklaren, gut<br />

lesbaren Schrift<br />

–– gestalten Texte zweckmäßig und<br />

übersichtlich<br />

Bei den Kenntnissen und Fertigkeiten<br />

heißt es dann allerdings:<br />

–– Druckschrift als Ausgangsschrift<br />

schrei ben und eine verbundene<br />

Schrift kennen<br />

Im vierten Schuljahrgang liest man bei<br />

den erwarteten Kompetenzen:<br />

Die Schülerinnen und Schüler<br />

–– schreiben flüssig eine gut lesbare<br />

Handschrift<br />

–– gestalten Texte zweckmäßig und<br />

übersichtlich und achten auf einen<br />

Ordnungsrahmen in der Heft- und<br />

Mappenführung<br />

und bei den Kenntnissen und Fertigkeiten:<br />

–– unterschiedliche Schrifttypen unterscheiden<br />

–– in einer zunehmend automatisierten<br />

und individualisierten Handschrift<br />

schreiben<br />

–– unterschiedliche Textgestaltungs-<br />

möglichkeiten mit unterschiedlichen<br />

Medien anwenden und die Entscheidungen<br />

begründen<br />

erarbeitete Ordnungsstrukturen<br />

––<br />

sach- und fachangemessen anwenden<br />

Hier ist die Frage, was die »Kenntnis«<br />

einer verbundenen Schrift bedeutet:<br />

Im Zusammenhang mit der Grundschrift<br />

und dem Schreiben mit Schwung<br />

sind viele Gelegenheiten geplant, in denen<br />

die Kinder sich mit verschiedenen<br />

Schriften beschäftigen, diese erproben<br />

und sich dabei kreativ und kritisch auch<br />

mit ihrer eigenen Handschrift auseinandersetzen.<br />

Dabei lernen sie auch verbundene<br />

Schriften kennen.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />

25


Dokumentation<br />

Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt<br />

In diesen Ländern sind Ausgangsschriften<br />

als Zwischenschritt nach dem<br />

Schrei ben mit der Druckschrift vorgegeben.<br />

Der Bildungsplan in Baden-<br />

Württemberg macht das<br />

Lernen einer verbundenen<br />

Schrift (entweder LA oder<br />

VA, je nach Konferenzbeschluss) nach<br />

der Druckschrift als Ausgangsschrift<br />

verbindlich:<br />

Ausgangsschrift für das Lesen und<br />

Schreiben ist die Druckschrift. Ausgehend<br />

von der Druckschrift erlernen die<br />

Kinder eine verbundene Schrift. Sie entwickeln<br />

im Laufe der Grundschulzeit<br />

ihre persönliche Handschrift und achten<br />

auf eine angemessene Handhaltung<br />

beim Schreiben. Die Gesamtlehrerkonferenz<br />

entscheidet, ob die Lateinische Ausgangsschrift<br />

oder die Vereinfachte Ausgangsschrift<br />

zugrunde gelegt wird. Für<br />

das einzelne Kind darf die Ausgangsschrift<br />

während der Grundschulzeit<br />

nicht gewechselt werden. Kinder, deren<br />

Händigkeit noch nicht klar zu erkennen<br />

ist und linkshändige Kinder erhalten angemessene<br />

Unterstützung. Für Kinder<br />

mit besonderem Förderbedarf können<br />

individuelle Lösungen entwickelt werden,<br />

gegebenenfalls dürfen sie auch weiter<br />

Druckschrift schreiben (Bildungsplan<br />

2004, S. 45).<br />

Das Ziel ist klar formuliert: Die Kinder<br />

»entwickeln im Laufe der Grundschulzeit<br />

ihre persönliche Handschrift«.<br />

Auf dem Weg zu dieser persönlichen<br />

Handschrift soll eine Ausgangsschrift<br />

»zugrunde gelegt« werden. Diese Formulierung<br />

eröffnet Interpretationsspielräume,<br />

da nicht ganz klar wird,<br />

ob sich die Forderung, dass die Kinder<br />

(»[a]usgehend von der Druckschrift«)<br />

»eine verbundene Schrift« lernen sollen,<br />

auf die persönliche Handschrift<br />

oder auf die Ausgangsschrift bezieht.<br />

Auf keinen Fall kann gemeint sein,<br />

dass die Kinder dogmatisch eine dieser<br />

Schriften als Normvorgabe nachvollziehen<br />

müssen. Mindestanforderung<br />

scheint mir zu sein, dass sich das jeweilige<br />

Kollegium auf eine der beiden<br />

Ausgangsschriften einigt und die Kinder<br />

zumindest in den Phasen, in denen<br />

sie kreativ mit Schrift experimentieren,<br />

verschiedene Schriften erproben und<br />

kritisch mit den Schreibergebnissen<br />

umgehen, sich auch verbindlich mit<br />

der ausgewählten Ausgangsschrift auseinandersetzen<br />

und diese mit Hilfe von<br />

Vorlagen schreiben. So können spezifische<br />

Verbindungen, die den einzelnen<br />

Kindern besonders gut von der Hand<br />

gehen und sich von ihnen flüssig schreiben<br />

lassen, für die Entwicklung der<br />

persönlichen Handschriften genutzt<br />

werden.<br />

In Bayern sehen die Vorgaben<br />

etwas anders aus: Hier soll<br />

die persönliche Handschrift<br />

ausdrücklich aus der Vereinfachten<br />

Ausgangsschrift nach dem Beginn<br />

mit der Druckschrift entwickelt<br />

werden:<br />

Die Schrift entwickeln: Lesbarkeit,<br />

Geläufigkeit und Ästhetik sind die Kriterien,<br />

nach denen die Schüler ihre<br />

persönliche Handschrift aus der Ausgangsschrift<br />

entwickeln sollen. In allen<br />

Fachbereichen achten sie auf eine<br />

klare und übersichtliche Gestaltung<br />

ihrer schriftlichen Arbeiten. Neben verschiedenen<br />

Schreibwerkzeugen sollen<br />

die Schüler auch andere gestalterische<br />

Möglichkeiten wie Druckerei, Schreibmaschine<br />

oder Computer nutzen lernen.<br />

Kinder mit Schwierigkeiten beim Schreiben<br />

benötigen spezifische Beratung und<br />

fachliche Hilfe, besonders Kinder, deren<br />

Händigkeit noch nicht klar zu erkennen<br />

ist. Als verbundene Schrift ist die Ausgangsschrift<br />

verbindlich (Lehrplan für<br />

die bayrische <strong>Grundschule</strong> 2000, S. 27).<br />

Auch hier gelten die gleichen Anmerkungen<br />

zum Umgang mit einer<br />

Ausgangsschrift wie für Baden-Württemberg:<br />

Die Vereinfachte Ausgangsschrift<br />

ist keine Normschrift. Sie soll<br />

den Kindern helfen, eine persönliche<br />

Handschrift zu entwickeln. Deshalb<br />

sollten die Lehrer/innen von Anfang an<br />

den Kindern, die mit einzelnen Buchstabenformen<br />

(z. B. dem Köpfchen-e)<br />

Probleme haben, einfachere Alternativen<br />

aufzeigen (wie z. B. eine schlichte<br />

Schlaufe für das e).<br />

Ausgehend von einer serifenlosen<br />

und formklaren<br />

Druckschrift sollen auch in<br />

Hamburg die Kinder eine<br />

vorgebene Ausgangsschrift lernen:<br />

Alle Schülerinnen und Schüler, die ab<br />

August 2004 eingeschult werden, erlernen<br />

im Anschluss an die »Druckschrift«<br />

verbindlich die Schulausgangsschrift als<br />

verbundene Ausgangsschrift. Voraussetzung<br />

für das Erlernen der Schulausgangsschrift<br />

ist, dass die Feinmotorik des<br />

Kindes entsprechend entwickelt (worden)<br />

ist. Spätestens bis zum Ende der Klasse 2<br />

ist die Vermittlung der verbundenen<br />

Schrift abgeschlossen. Kinder mit anhaltenden<br />

Schwierigkeiten können immer<br />

die unverbundene Schrift benutzen<br />

(Rahmenplan Deutsch für die <strong>Grundschule</strong>,<br />

S. 13).<br />

In den Kompetenzen und Inhalten<br />

des Kernlehrplanes für<br />

das Saarland heißt es:<br />

Grundlage für das Lesen<br />

und Schreiben ist die Druckschrift.<br />

26 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010


Dokumentation<br />

Flüssigkeit für jede Handschrift bei entsprechender<br />

unterrichtlicher Unterstützung<br />

eher erreicht wird, ist groß.<br />

In enger Verbindung mit dem Sprechen<br />

erwerben die Schülerinnen und<br />

Schüler die notwendigen Kompetenzen<br />

im Umgang mit Buchstaben, Wörtern,<br />

Sätzen und Texten, um an einer elementaren<br />

Lese- und Schriftkultur teilzuhaben.<br />

Bis zum Ende des 2. Schuljahrganges<br />

erlernen sie dafür die Druckschrift<br />

und die Schulausgangsschrift als verbundene<br />

Schrift (Fachlehrplan <strong>Grundschule</strong><br />

Deutsch, 2007, S. 5).<br />

Zu den verfügbaren Schreibfertigkeiten<br />

der Kinder steht im Kernlehrplan:<br />

In gut lesbarer Schrift schreiben:<br />

–– normgerechte Darstellung der<br />

einzelnen Buchstaben in Druckschrift<br />

und in der verbundenen Schrift:<br />

Schulausgangsschrift (Deutsch 1/2 )<br />

–– mit flüssiger, gut lesbarer Schrift<br />

schrei ben (Deutsch 3/4 )<br />

(Kernlehrplan Deutsch <strong>Grundschule</strong>,<br />

2009, S. 6, 12, 26, 40)<br />

Hier scheint ein Missverständnis vorzuliegen:<br />

Beim Lernen einer Ausgangsschrift<br />

ist niemals der Anspruch an das<br />

normgerechte Schreiben der einzelnen<br />

Buchstaben zu stellen. Eine Ausgangsschrift<br />

ist immer nur als Orientierungshilfe<br />

zu verstehen, die es den Kindern<br />

erleichtern soll, zu einer formklaren<br />

und flüssigen persönlichen Handschrift<br />

zu gelangen, was ja auch als Ziel für die<br />

Klasse 3 und 4 angegeben wird.<br />

Im Lehrplan von Sachsen<br />

wird die Schulausgangsschrift<br />

ebenfalls verbindlich vorgeschrieben<br />

und es fehlt auch<br />

hier ein expliziter Hinweis auf das Ziel,<br />

aus dieser Ausgangsschrift individuelle<br />

Handschriften zu entwickeln.<br />

Um den Schritt zur Schreibschrift zu<br />

erleichtern, sollten die Kinder bereits die<br />

Druckbuchstaben so schreiben lernen,<br />

dass die Buchstaben der Schreibschrift<br />

nach Möglichkeit daraus abgeleitet werden<br />

können. Dieser Prozess bedarf der<br />

Anleitung jedes Kindes, seinem individuellen<br />

Entwicklungsstand entsprechend,<br />

jedoch keines Schreiblehrganges für alle<br />

Kinder. Dabei sollte auch beachtet werden,<br />

dass Kinder unterschiedlich schnell<br />

Wege zur Schrift finden und Kinder mit<br />

Linkshändigkeit spezifischer Hilfestellung<br />

bedürfen (Lehrplan <strong>Grundschule</strong><br />

Deutsch, 2004/2009, S. 3).<br />

Ziele in der Klassenstufe 1/2: Die<br />

Schüler erwerben in enger Verbindung<br />

von Lesen und Schreiben die Grundlagen<br />

für das Verstehen und Verwenden<br />

der Schriftsprache. Sie lernen Schrift als<br />

Kommunikationsmittel kennen und verwenden<br />

Druckschrift als Erstschrift. In<br />

Auseinandersetzung mit Geschriebenem<br />

gewinnen sie Einsichten in die Struktur<br />

der Sprache und erweitern ihren Wortschatz.<br />

Die Schüler eignen sich in einem<br />

sachsystematischen Lehrgang die Schulausgangsschrift<br />

an und schreiben gut<br />

lesbar. Dabei achten sie auf eine zweckentsprechende<br />

Gestaltung des Geschriebenen<br />

(Lehrplan <strong>Grundschule</strong> Deutsch,<br />

2004/2009, S. 6).<br />

Auch im Fachlehrplan<br />

<strong>Grundschule</strong> für Sachsen-<br />

Anhalt gibt es keinen Hinweis<br />

auf die zu entwickelnde<br />

persönliche Handschrift der Kinder.<br />

Wie sich aus den ausgeschriebenen Erwachsenenhandschriften<br />

ablesen lässt,<br />

ist dies aber ein Prozess, der offenbar<br />

immer stattfindet – unabhängig von<br />

der Ausgangsschrift, mit der das Schreiben<br />

gelernt wurde, und auch unabhängig<br />

davon, ob eine solche Entwicklung<br />

im Unterricht unterstützt wurde oder<br />

nicht. Die Wahrscheinlichkeit jedoch,<br />

dass das Ziel der Formklarheit und<br />

Fazit<br />

Das von der Kultusministerkonferenz<br />

verabschiedete Ziel für den Schreibunterricht<br />

in der <strong>Grundschule</strong>, eine lesbare<br />

und flüssige Handschrift bei den<br />

Kindern zu entwickeln, wird in fast<br />

allen Bundesländern aufgegriffen. In<br />

dreizehn Bundesländern wird als Ziel<br />

ausdrücklich die individuelle, persönliche<br />

Handschrift aufgeführt. Dies entspricht<br />

dem Ziel, das sich der Grundschulverband<br />

mit der Neuentwicklung<br />

der Grundschrift und ihrer bewussten<br />

Weiterentwicklung durch das Schreiben<br />

mit Schwung gesetzt hat. In allen Bildungs-,<br />

Lehr- und Rahmenplänen spürt<br />

man das Bemühen, die Entwicklungsdifferenzen<br />

und die Unterschiede im<br />

Können der Kinder aufzugreifen und<br />

ihnen die Chance zu geben, sich bestmöglich<br />

zu entwickeln. Bisher war dies<br />

beim Schreibenlernen der Weg über die<br />

Druckschrift und einen anschließenden<br />

Lehrgang zu einer sorgfältig ausgewählten<br />

Ausgangsschrift. Inzwischen<br />

gibt es aber neue Erkenntnisse aus der<br />

Schreibforschung, die den Grundschulverband<br />

bewogen haben, andere Wege<br />

zu beschreiten.<br />

Viele Bundesländer bieten mit ihren<br />

Vorgaben bereits die Möglichkeit,<br />

die Grundschrift in den <strong>Grundschule</strong>n<br />

schon jetzt zu nutzen. Wir sind sicher,<br />

dass die Grundschulreferentinnen und<br />

-referenten der anderen Bundesländer<br />

uns auch unterstützen werden (die<br />

ersten Gesprächstermine sind bereits<br />

vereinbart) und den Lehrerinnen und<br />

Lehrern zumindest in einem Erprobungsstatus<br />

den Einsatz der Grundschrift<br />

zu ermöglichen und dadurch<br />

dazu beizutragen, die Handschrift der<br />

Kinder optimal zu fördern.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />

27


<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />

Sachsen<br />

Ansprechpartnerin: Sibylle Jaszovics, Südwestring 11, 04668 Parthenstein<br />

jas.sib@t-online.de<br />

Strengere Übergangsregelung<br />

Um eine Bildungsempfehlung<br />

für das Gymnasium zu<br />

bekommen, brauchen<br />

Sachsens Viertklässler ab<br />

sofort einen Notendurchschnitt<br />

von 2,0. Dieser<br />

errechnet sich aus den Noten<br />

der Fächer Deutsch, Mathematik<br />

und Sachunterricht.<br />

Mit 2,5 kann man sich einer<br />

Eignungsprüfung (Dauer 60’)<br />

unterziehen, die Aufgaben<br />

der genannten Fächer<br />

enthält. Bestanden ist die<br />

Prüfung mit einem Ergebnis<br />

von mindestens 2,0.<br />

Bei guten Leistungen ist auch<br />

ein Wechsel von der Mittelschule<br />

an ein Gymnasium<br />

möglich. Dieser Wechsel<br />

kann nach Klasse 5, 6 oder<br />

10 erfolgen.<br />

Die veränderte Bildungsempfehlung<br />

in der 4. Klasse ist ein<br />

erster Schritt auf dem Weg<br />

der Mittelschule zur Oberschule.<br />

Die Mittelschule als<br />

Kernstück des sächsischen<br />

Schulsystems soll zur Oberschule<br />

weiterentwickelt<br />

werden. An weiteren Maßnahmen<br />

wird derzeit gearbeitet.<br />

So sollen in der<br />

künftigen Oberschule<br />

Leistungsgruppen angeboten<br />

werden. Besonders<br />

wichtig ist auch das Angebot<br />

einer zweiten Fremdsprache<br />

für alle Schüler der 6. Klassen.<br />

Ein weiterer Baustein im<br />

Zuge der Entwicklung zur<br />

Oberschule ist eine zweite<br />

Bildungsempfehlung in der<br />

6. Klasse. Ab dem Schuljahr<br />

2011/12 wird diese jeweils im<br />

zweiten Schulhalbjahr erteilt.<br />

Sie enthält unter anderem<br />

die Entscheidung der<br />

Klassenkonferenz mit der<br />

Empfehlung für den Realoder<br />

Hauptschulbildungsgang<br />

oder das Gymnasium.<br />

Besondere Berücksichtigung<br />

finden die Fächer Deutsch,<br />

Mathematik und Englisch.<br />

Erreicht werden muss ein<br />

Durchschnitt von 2,0.<br />

Bereits ab Klasse 3 ist der<br />

Leistungsdruck auf die<br />

Schüler enorm. Schon jetzt<br />

werden Grundschullehrer<br />

von Eltern, die unter allen<br />

Umständen eine Empfehlung<br />

für das Gymnasium wollen,<br />

unter Druck gesetzt. Es bleibt<br />

abzuwarten, ob dieser durch<br />

die zweite Bildungsempfehlung<br />

in Klasse 6 entschärft<br />

wird.<br />

Für die Landesgruppe:<br />

Sibylle Jaszovics<br />

29. Januar 2011<br />

10 bis 13 Uhr in der<br />

Löwenzahn-GS Großpösna<br />

Zu einer Gesprächsrunde<br />

sind alle eingeladen, die an<br />

einer Wiederbelebung der<br />

Landesgruppenarbeit in<br />

Sachsen interessiert sind.<br />

Mitglieder erhalten eine<br />

schriftliche Einladung.<br />

(Kontakt unter jas.sib@<br />

t-online.de möglich)<br />

Berlin<br />

Kontakt: Inge Hirschmann, Babelsberger Straße 45, 10715 Berlin<br />

www.gsv-berlin.de<br />

Schon auf dem Weg zur<br />

inklusiven Schule?<br />

In Berlin war es bislang für<br />

behinderte Kinder leichter<br />

als in vielen anderen Bundesländern,<br />

einen Schulplatz in<br />

einer Regelschule zu finden,<br />

zumindest wenn das Kind in<br />

einem der ehemaligen<br />

Westbezirke der Stadt<br />

wohnte. Eine Integrationsquote<br />

von etwa 40 % aller<br />

Kinder mit ausgewiesenem<br />

besonderem Förderbedarf<br />

ist ein durchaus nennenswerter<br />

Erfolg, aber auch kein<br />

Grund sich auszuruhen. Auch<br />

in Berlin muss in den Schulen<br />

und in der Schulverwaltung<br />

neu gedacht werden. Nicht<br />

mehr nur ein einzelnes zu<br />

integrierendes Kind steht im<br />

Fokus, sondern jede einzelne<br />

Schule und deren Leistungsfähigkeit.<br />

Wir alle sind<br />

gespannt auf den bislang<br />

noch nicht veröffentlichten<br />

Aktions- und Maßnahmenplan<br />

unserer Senatsverwaltung<br />

zur Umsetzung der<br />

UN-Konvention über die<br />

Rechte von Menschen mit<br />

Behinderungen.<br />

Betrachtet man nur allein die<br />

Personalzuweisung in diesem<br />

Schuljahr, hat man so seine<br />

Zweifel an der Leistungsfähigkeit<br />

der Berliner Schule.<br />

Die angeblich punktgenaue<br />

Ausstattung mit 100 %<br />

Lehrer/innen in Berlin trifft<br />

leider nicht auch punktgenau<br />

auf jede einzelne Schule zu.<br />

Das Misstrauen gegenüber<br />

der Verwaltung ist groß. Man<br />

munkelt, dass man es bei der<br />

Erfassung des den Schulen<br />

zur Verfügung stehenden<br />

Personals nicht immer genau<br />

genug nimmt. Wurde die<br />

Anzahl der nachweislich auf<br />

lange Sicht fehlenden<br />

Lehrkräfte tatsächlich<br />

sorgfältig erfasst, weiß die<br />

Senatsverwaltung, wie viele<br />

Lehrer/innen für Verwaltungs<br />

aufgaben, für Projekte<br />

und für die Umsetzung der<br />

nicht immer ganz sorgfältig<br />

ausfinanzierten Reformmaßnahmen<br />

für die Senatsverwaltung<br />

selbst eingesetzt<br />

werden? Keiner scheint zu<br />

erfassen, wie viele befristet<br />

eingestellte Vertretungskräfte<br />

ohne abgeschlossene<br />

Lehrerbildung bereits in den<br />

ersten Schulwochen die<br />

Lücken in den Stundenplänen<br />

füllen mussten.<br />

So werden Schulen mehr<br />

verwaltet als gestaltet!<br />

Außer der verlässlichen und<br />

rechtzeitigen Ausstattung<br />

mit qualifizierten Lehrern<br />

und Lehrerinnen benötigen<br />

die Schulen aber auch<br />

verlässliche sozialpädagogische<br />

Unterstützung. Für die<br />

sozialen Brennpunkte – und<br />

Berlin hat eine wachsende<br />

Anzahl von Schulen mit<br />

benachteiligten und armen<br />

Kindern – fordern wir als GSV<br />

den Aufbau von Schulstationen<br />

mit gut ausgebildeten<br />

Sozialpädagog/innen. Geistig<br />

und schwer mehrfach<br />

behinderte Kinder, aber auch<br />

Kinder mit gravierenden<br />

Fehlentwicklungen im<br />

emotional-sozialen Bereich<br />

bedürfen einer schulbegleitenden<br />

Assistenz, die<br />

weit über die Qualifizierung<br />

von den in Berlin üblichen<br />

Schulhelfer/innen hinausgeht.<br />

Berlin kennt das System<br />

der gut qualifizierten Pädagogischen<br />

Unterrichtshilfen,<br />

setzt diese aber inzwischen<br />

nur noch an den Förderzentren<br />

ein. Dies ist eine nicht<br />

nachvollziehbare Ungleichbehandlung<br />

der <strong>Grundschule</strong><br />

auf dem Weg zur inklusiven<br />

Schule.<br />

28 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010


<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />

Brandenburg<br />

Vorsitzende: Denise Sommer, Weinbergweg 21, 15834 Rangsdorf<br />

www.gsv-brandenburg.de<br />

Große Resonanz<br />

auf Fachtagung<br />

»Den Übergang gemeinsam<br />

meistern«<br />

Am 15. 09. 2010 fand an der<br />

»<strong>Grundschule</strong> am See« in<br />

Senftenberg unsere zweite<br />

Fachtagung zur Zusammenarbeit<br />

von Kindertageseinrichtung<br />

und <strong>Grundschule</strong><br />

statt. Das große Interesse an<br />

der Tagung im November<br />

2009 in der » Waldhofschule<br />

– eine Schule für alle« in<br />

Templin hat uns dazu<br />

bewogen, dieses Thema auch<br />

noch einmal im Süden des<br />

Landes Brandenburg anzubieten.<br />

73 Kolleginnen aus<br />

Kitas und <strong>Grundschule</strong>n nicht<br />

nur des südlichen Brandenburgs<br />

nahmen daran teil.<br />

Das Motto der gastgebenden<br />

<strong>Grundschule</strong> »Große Kunst<br />

für kleine Leute« wurde beim<br />

ersten Schritt ins Schulhaus<br />

sichtbar. In beeindruckender<br />

Weise zeigt die Gestaltung<br />

der Flure, Räume und Fenster<br />

die Freude und das Können<br />

der Schüler und den Ideenreichtum<br />

der Lehrerinnen.<br />

Die ganze Schule ist quasi<br />

Kunstausstellung und<br />

würdigt so in beispielhafter<br />

Weise Schülerleistungen. Bei<br />

der Vorstellung ihrer Schule<br />

sprach die Schulleiterin, Frau<br />

Rose, auch über den zweiten<br />

Schwerpunkt im Schulprogramm,<br />

die Leseförderung,<br />

und gab den Anwesenden<br />

wertvolle Impulse dazu.<br />

Schüler der Schule sorgten<br />

fleißig und fröhlich für das<br />

leibliche Wohl der Tagungsteilnehmer.<br />

Auch dafür<br />

ausdrücklichen Dank!<br />

Als Hauptreferentin trat Frau<br />

Dr. Frauke Hildebrandt,<br />

Universität Potsdam, auf. Sie<br />

gehört wie die ebenfalls<br />

teilnehmende Frau Susanne<br />

Scheib zur Arbeitsstelle<br />

Gorbiks-Transfer am Landesinstitut<br />

für Schule und<br />

Medien Berlin-Brandenburg.<br />

Die Arbeitsstelle wurde<br />

eingerichtet, um den Transfer<br />

aus den Ergebnissen des<br />

Projektes Transkigs zu<br />

sichern. In diesem Projekt<br />

wurde u. a. der »Gemeinsame<br />

Orientierungsrahmen für die<br />

Bildung in Kindertagesbetreuung<br />

und <strong>Grundschule</strong>«<br />

(Gorbiks) erarbeitet. Der<br />

Orientierungsrahmen in<br />

seiner überarbeiteten<br />

Fassung liegt seit dem<br />

Frühjahr allen Schulen im<br />

Land Brandenburg vor und<br />

bietet eine Fülle von Praxisanregungen<br />

neben den theoretischen<br />

Grundlagen. Der<br />

dem Orientierungsrahmen<br />

beiliegende und während<br />

der Fachtagung gezeigte<br />

Film »Eine neue Lernkultur in<br />

KiTa und <strong>Grundschule</strong>« unterstrich<br />

in anschaulicher Weise<br />

das Gesagte und zeigte neue<br />

pädagogische Ansätze am<br />

Beispiel der KiTa »Rappelkiste«<br />

in Wünsdorf und der<br />

<strong>Grundschule</strong> Brück.<br />

Wie Kooperation konkret<br />

aussehen kann, stellte ein<br />

Tandem aus Großräschen vor.<br />

Frau Krüger von der<br />

GutsMuths-<strong>Grundschule</strong> und<br />

Frau Burghardt von der KiTa<br />

Spatzennest kooperieren seit<br />

2005. Im vergangenen Jahr<br />

nutzten sie die Tandem-<br />

Fortbildung der Gorbiks-<br />

Arbeitsstelle, welche in<br />

diesem Zusammenhang<br />

noch einmal ausdrücklich<br />

empfohlen wurde. Beide<br />

Frauen zündeten ein wahres<br />

Feuerwerk der Ideen. »Wann<br />

macht ihr das alles?«, war in<br />

den Augen einiger Teilnehmerinnen<br />

zu lesen. Sicherlich<br />

sind die Bedingungen für ein<br />

solches Arbeiten nicht<br />

überall ideal. Welche Bedeutung<br />

misst die Schulleitung<br />

dem bei? Gibt es Abminderungsstunden<br />

für diesen<br />

wichtigen Arbeitsbereich?<br />

Wie sieht es aus mit der<br />

eigenen Professionalität?<br />

Frau Krüger und Frau Burghardt<br />

machten deutlich, dass<br />

auch ihre Zusammenarbeit<br />

nicht von heute auf morgen<br />

so gut funktioniert hat,<br />

sondern gewachsen ist.<br />

Anfangen, auch kleine<br />

Schritte bedeuten Bewegung!<br />

Eine gelungene Veranstaltung,<br />

fanden nicht nur die<br />

Organisatorinnen des<br />

Landesgruppenvorstandes,<br />

sondern auch fast alle<br />

Teilnehmer.<br />

Für die Landesgruppe:<br />

Sabine Wendt<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Anschrift: Werner Lang, Am Wingertsberg 8, 67756 Hinzweiler<br />

www.wl-lang.de<br />

Grundschultag 2010<br />

Auf großes Interesse stieß der<br />

am 5. Oktober 2010 an der<br />

Universität Trier veranstaltete<br />

Grundschultag der Landesgruppe<br />

Rheinland-Pfalz.<br />

Die Veranstaltung stand<br />

unter dem Motto »Mathematisch-naturwissenschaftliches<br />

Lernen in der <strong>Grundschule</strong>.<br />

<strong>Grundschule</strong> auf dem Weg zur<br />

neuen Lernkultur«.<br />

Nach der Eröffnung und sich<br />

anschließenden Erläuterungen<br />

zum SINUS-Projekt in<br />

<strong>Grundschule</strong>n durch den<br />

Landesvorsitzenden Werner<br />

Lang folgte ein Vortrag von<br />

Prof. Dr. Renate Rasch über<br />

»Zahlen und Operationen aus<br />

dem Blickwinkel der Lernenden«.<br />

Derartig eingestimmt<br />

verteilten sich die rund<br />

400 TeilnehmerInnen auf<br />

21 Work shops, um sich dort<br />

in vielfältiger Weise mit<br />

ausgewählten Aspekten<br />

mathematisch-naturwissenschaftlicher<br />

Bildung auseinanderzusetzen.<br />

Gespräch in Mainz<br />

Mitte November fährt eine<br />

Abordnung der rheinlandpfälzischen<br />

Landesgruppe<br />

nach Mainz, um mit dem<br />

Arbeitskreis Bildung und<br />

Jugend der SPD-Landtagsfraktion<br />

über Fragen der Grundschulpolitik<br />

zu diskutieren.<br />

Ausblick 2011<br />

Da nach wie vor an vielen<br />

<strong>Grundschule</strong>n zentrale<br />

Aspekte der Grundschulordnung<br />

unterschiedlich<br />

ausgelegt werden, plant die<br />

Landesgruppe im kommenden<br />

Jahr eine praxisbezogene<br />

Veranstaltungsreihe.<br />

Im Mittelpunkt sollen die<br />

Diagnose, die Erhebung, die<br />

Dokumentation und die<br />

Bewertung von Leistungen –<br />

kurz: die pädagogische<br />

Leistungskultur – stehen. Im<br />

Vorfeld ist als Vorbereitung<br />

auf die Fortbildungsreihe ein<br />

Gespräch mit VertreterInnen<br />

des Ministeriums und des<br />

Pädagogischen Landesinstituts<br />

Rheinland-Pfalz geplant.<br />

Für die Landesgruppe:<br />

Konstanze Klein<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />

29


<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Vorsitzende: Gisela Cappel, Habichtstr. 1d, 58285 Gevelsberg<br />

www.grundschulverband-nrw.de<br />

Kooperation der Landesgruppe<br />

mit weiteren<br />

Fortbildungspartnern<br />

Die Landesgruppe setzt ihre<br />

bewährte Kooperation mit<br />

Partnern aus dem Fortbildungsbereich<br />

fort:<br />

Am 4. 12. findet in Zusammenarbeit<br />

mit dem Franz-<br />

Hitze-Haus in Münster eine<br />

Wiederholung der Tagung<br />

zum Thema »Lernspuren von<br />

Kindern entdecken« statt.<br />

Aufgrund des hohen Interesses<br />

an der Tagung mussten<br />

leider beim ersten Mal einige<br />

Absagen erteilt werden –<br />

jetzt gibt es wieder Gelegenheit,<br />

gemeinsam mit anderen<br />

daran zu arbeiten, wie man<br />

im Rahmen der individuellen<br />

Förderung die Lernergebnisse<br />

von Kindern dokumentieren<br />

und mit ihnen über ihr<br />

Lernen, ihre Ziele, ihre Wege<br />

usw. sprechen kann.<br />

In Zusammenarbeit mit der<br />

GEE (Gemeinschaft Evangelischer<br />

Erzieher) finden im Jahr<br />

2011 vier jeweils zweitägige<br />

Fortbildungen für Schulleitungen<br />

statt. Die Referenten<br />

Kirsten Mattern und Thomas<br />

Rimmasch haben bereits<br />

mehrfach Tagungen für den<br />

GSV moderiert und stießen<br />

dabei auf großes Interesse<br />

und hohe Zufriedenheit bei<br />

den Schulleitungen.<br />

Neue Landesregierung –<br />

Veränderungen für die<br />

<strong>Grundschule</strong>?<br />

Die rot-grüne Minderheitsregierung<br />

in NRW plant mit<br />

einem ›schulrechtlichem<br />

Sofortprogramm‹ Veränderungen<br />

in einigen für die<br />

<strong>Grundschule</strong> zentralen<br />

Feldern. Diese betreffen u. a.<br />

die Abschaffung der Kopfnoten,<br />

die Aufhebung der<br />

Fröhlich und entspannt diskutieren Kolleginnen praktische<br />

Beispiele. Hier: Einfache Ordner, in denen Kinder ihre Lernspuren<br />

sammeln ohne großen Aufwand, aber mit nachhaltigem Erfolg.<br />

bindenden Empfehlung für<br />

den Übergang von der<br />

<strong>Grundschule</strong> zur Sekundarstufe<br />

und die Wiedereinführung<br />

der Wohnortbezirke.<br />

Der GSV begrüßt diese<br />

angestrebten Veränderungen,<br />

da sie in Übereinstimmung<br />

mit wichtigen Verbandspositionen<br />

stehen und<br />

hofft auf eine konstruktive<br />

Zusammenarbeit!<br />

Alle Informationen zur<br />

Arbeit der Landesgruppe<br />

auch unter:<br />

www.grundschulverbandnrw.de<br />

Für die Landesgruppe:<br />

Beate Schweitzer und<br />

Baldur Bertling<br />

Schleswig-Holstein<br />

Vorsitzende: Dr. Beate Blaseio, Universität Flensburg, Auf dem Campus 1, 24943 Flensburg<br />

www.grundschulverband-sh.de<br />

Nicht ärgern –<br />

nur wundern!<br />

Klugheit hat in Schleswig-<br />

Holstein eine Farbe, nämlich<br />

schwarzgelb. Gerne erinnern<br />

wir uns an die kleine, sympathisch<br />

schwarz-gelb gestreifte<br />

Tigerente aus den Kinderbüchern<br />

von Janosch.<br />

Bedauerlicherweise haben<br />

unser Bildungsminister Herr<br />

Dr. Klug und die Tigerente so<br />

gar keine Gemeinsamkeiten.<br />

Die Veränderungen des<br />

Schulgesetzes stiften nach<br />

wie vor Unfrieden in der<br />

Bildungslandschaft unseres<br />

vor kurzem noch so fortschrittlichen<br />

und reformfreudigen<br />

Bundeslandes.<br />

Die Ausgestaltung der<br />

Flexiblen Eingangsphase<br />

durch jahrgangsübergreifende<br />

Lernformen gerät zur<br />

Beliebigkeit. Wirksame<br />

Unterstützungen, z. B. durch<br />

erhöhte Stellenzuweisungen<br />

an Schulen, die sich auf den<br />

Weg der Umsetzung lernfortschrittlicher<br />

Unterrichtsformen<br />

gemacht haben, sind<br />

politisch ungewollt.<br />

Inklusion bleibt ein schulinternes<br />

Vorhaben, die Politik<br />

hält sich heraus.<br />

Die <strong>aktuell</strong>e Geringschätzung<br />

der Schulform <strong>Grundschule</strong><br />

wurde erschreckend deutlich,<br />

als man den Motivationsbrief<br />

aus dem Ministerium zum<br />

Schuljahresanfang las. Nicht<br />

allein die Tatsache war<br />

erschütternd, dass sich die<br />

hauptsächliche Zuwendung<br />

unseres Ministers an die Lehrkräfte<br />

des Sekundarbereichs<br />

richtete. Es gab zudem<br />

erstaunliche Entlastungsangebote.<br />

Jemand Kluges, der<br />

das Erstellen von individuellen<br />

Lernplänen als »pädagogischen<br />

Ballast« bezeichnet<br />

und sie zur Erleichterung der<br />

Lehrkräfte als entbehrlich<br />

sieht, verkennt die Wirksamkeit<br />

dieses Instruments für<br />

die lernberatende Arbeit<br />

unter Einbeziehung von<br />

Kindern und Eltern. Da wollte<br />

jemand Kluges den Lehrkräften<br />

so richtig viel Schweres<br />

von den Schultern nehmen<br />

– und hat sich als unklug und<br />

ahnungslos geoutet. Die<br />

vermutlich verhaltene<br />

Dankbarkeit sollten dann<br />

aber doch bitte alle Lehrkräfte<br />

bei der Reduzierung<br />

von Leistungsnachweisen /<br />

Klassenarbeiten empfinden.<br />

Wir dürfen nun weniger auf<br />

Fehlersuche gehen und<br />

korrigieren.<br />

Anstelle von VERA und den<br />

vorher beschriebenen<br />

Pseudoarbeitserleichterungen<br />

wünschen wir uns<br />

bildungspolitische Unterstützung<br />

bei der inhaltlichen<br />

Verbesserung für die Schaffung<br />

einer zeitgemäßen<br />

Lern- und Leistungskultur.<br />

Die Ausgaben für ein Grundschulkind<br />

betrugen in<br />

Schleswig-Holstein 2007 nur<br />

4500 Euro, da wird bei den<br />

massiven Sparmaßnahmen<br />

zukünftig nicht ein Euro mehr<br />

zu erwarten sein, und wir<br />

bleiben Drittletzter im<br />

Vergleich der Bundesländer.<br />

Aber vielleicht wechselt die<br />

Klugheit bald Farbe und<br />

Gestalt. Die jetzige Legislaturperiode<br />

dauert nur noch<br />

maximal bis 2012. Da ist der<br />

Ärger über die Schadensanrichtung<br />

dieser Regierung<br />

wenigstens zeitlich begrenzt.<br />

Für die Landesgruppe:<br />

Sabine Jesumann,<br />

Andrea Keyser<br />

30 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010


<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />

Hamburg<br />

Vorsitzende: Susanne Peters, Güntherstraße 10, 22087 Hamburg<br />

susanne.peters@gsvhh.de, www.gsvhh.de<br />

Hamburger <strong>Grundschule</strong>n<br />

werden zu Schulen<br />

zweiter Klasse<br />

Bis zum Volksentscheid am<br />

18. 7. 2010 hatten noch alle<br />

Hamburger <strong>Grundschule</strong>n<br />

von besseren Zeiten geträumt:<br />

Individualisiertes<br />

gemeinsames Lernen bis<br />

Klasse 6, Ziffernzensuren bis<br />

Klasse 5, große Primarschulen<br />

mit den entsprechenden<br />

Ressourcen, die auch Schulentwicklung<br />

ermöglichen. Bis<br />

Anfang September hofften<br />

die Hamburger <strong>Grundschule</strong>n,<br />

dass nach dem Ausgang<br />

des Volks entscheids zumindest<br />

die inhaltlichen Elemente<br />

der Schulreform Bestand<br />

haben würden.<br />

Nun, mit der Verabschiedung<br />

eines Schulgesetzänderungsgesetzes,<br />

zeigen die Politiker<br />

aller Fraktionen (CDU, Grüne,<br />

SPD und Die Linke) ihr wahres<br />

Gesicht: Einig sind sie sich<br />

darin, dass es schon im<br />

4. Schuljahr Ziffernzensuren<br />

geben soll, die Schulleitungen<br />

an <strong>Grundschule</strong>n<br />

schlechter bezahlt werden als<br />

an den übrigen Schulformen<br />

und die Bildung großer<br />

<strong>Grundschule</strong>n systematisch<br />

erschwert wird.<br />

Die Landesgruppe Hamburg<br />

hat sich mit anderen Verbänden<br />

gemeinsam gegen die<br />

Behandlung von <strong>Grundschule</strong>n<br />

als Schulen zweiter<br />

Klasse gewehrt – vergebens.<br />

<strong>Grundschule</strong>n sind für<br />

Bildungspolitiker nun kein<br />

Thema mehr, da der nächste<br />

Wahlkampf naht und die<br />

Bildungspolitiker sich lieber<br />

auf andere Themen konzentrieren.<br />

Für die Landesgruppe:<br />

Susanne Peters<br />

Unser Ehren mitglied<br />

Dr. Hermann Schwarz<br />

feiert am 19. Novem ber 2010<br />

seinen 90. Geburtstag.<br />

Der Bundesvorstand des<br />

Grundschulverbandes und<br />

besonders die Hamburger<br />

Landesgruppe gratulieren<br />

ihm herzlich.<br />

Dr. Hermann Schwarz zum 90. Geburtstag<br />

Nach seiner Pensionierung<br />

als Grundsatzreferent der<br />

Hamburger Schulbehörde für<br />

Vorschulische Erziehung und<br />

<strong>Grundschule</strong> engagierte sich<br />

Dr. Hermann Schwarz aktiv<br />

im Vorstand und als Fachreferent<br />

des Grundschulverbands.<br />

Mit seinen Veröffentlichungen<br />

machte er<br />

Lehrerinnen und Lehrern<br />

immer wieder Mut, sich für<br />

eine bessere <strong>Grundschule</strong><br />

einzusetzen. Ganz praxisnah<br />

zeigte er Elemente der<br />

Umsetzung auf: die kindgerechte<br />

Gestaltung der<br />

Klassenräume, die Rhythmisierung<br />

des Schultags,<br />

Wochenplan- und Freiarbeit<br />

mit einer integrierten<br />

Förderung, ein regelmäßiger<br />

Klassenrat.<br />

All diese Themen sind<br />

nach wie vor <strong>aktuell</strong> und<br />

Dr. Hermann Schwarz wird<br />

nicht müde, sich für seine<br />

Vision von guter Schule stark<br />

zu machen. So beobachtet er<br />

vor allem die Hamburger<br />

Schulpolitik und mischt sich<br />

ein: er unterstützt die Aktiven<br />

im Grundschulverband mit<br />

ermutigenden Briefen und<br />

Kommentaren. Er schreibt<br />

offene Briefe und Stellungnahmen<br />

an Politiker und<br />

Verbände. Immer dann, wenn<br />

politische Entscheidungen<br />

anstehen, setzt er sich für<br />

eine kindgerechte Schule ein:<br />

für eine inklusive Schule ohne<br />

Aussonderung, für eine Schule<br />

ohne Zensuren, für eine<br />

Aufwertung der pädagogischen<br />

Berufe im Elementarund<br />

Primarbereich durch<br />

bessere Arbeitsbedingungen<br />

und eine entsprechende<br />

Bezahlung, für eine Stärkung<br />

der Rechte von Eltern und<br />

Kindern.<br />

Wir wünschen Dr. Hermann<br />

Schwarz noch viele Lebensjahre,<br />

in denen er die Arbeit<br />

des Grundschulverbands als<br />

Unterstützer, kritischer Freund<br />

und Impulsgeber begleitet.<br />

Für den Bundesvorstand:<br />

Susanne Peters<br />

Bayern<br />

Vorsitzende: Dr. Gudrun Schönknecht, Pfirsichweg 37b, 86169 Augsburg<br />

gudrun.schoenknecht@grundschulverband-bayern.de, www.grundschulverband-bayern.de<br />

Schulversuch »Flexible<br />

<strong>Grundschule</strong>« startet<br />

Die Stiftung Bildungspakt<br />

Bayern initiiert in Kooperation<br />

mit dem bayerischen<br />

Kultusministerium das<br />

Projekt »Flexible <strong>Grundschule</strong>«.<br />

Das Projekt hat einschließlich<br />

des vorbereitenden Schuljahres<br />

2009/2010 eine<br />

Laufzeit von vier Jahren<br />

und endet im Schuljahr<br />

2012/2013. Am Schulversuch<br />

nehmen 20 <strong>Grundschule</strong>n<br />

teil, die Hälfte mit Erfahrung<br />

im Unterrichten von<br />

jahrgangs gemischten<br />

Klassen, die andere Hälfte<br />

startet damit.<br />

Die ersten beiden Jahrgangsstufen<br />

werden in einer<br />

Flexiblen Eingangsstufe<br />

organisiert, in der die<br />

Heterogenität einer Jahrgangsmischung<br />

positiv<br />

genutzt wird. Diese können<br />

die Schüler entsprechend<br />

ihrer Begabung, ihrer<br />

Entwicklung und ihrer<br />

Vorbildung in einem individuellen<br />

Tempo zwischen<br />

einem und drei Jahren<br />

durchlaufen.<br />

Die unterschiedliche Verweildauer<br />

in der Eingangsstufe<br />

hat dabei keine Auswirkungen<br />

auf die Schulpflicht.<br />

Am Ende der Eingangsstufe<br />

sollen alle Kinder flüssig lesen<br />

und schreiben können, die<br />

Grundrechenarten im<br />

Zahlenraum bis 100 beherrschen<br />

und über ein positives<br />

Selbstkonzept verfügen,<br />

bevor sie in die dritte<br />

Jahrgangsstufe wechseln.<br />

Es wäre erfreulich, wenn die<br />

Vorteile einer Jahrgangsmischung<br />

nicht nur wenigen<br />

Schülern in einem Schulversuch<br />

vorbehalten bleiben<br />

würden, sondern möglichst<br />

rasch mit entsprechenden<br />

Rahmenbedingungen in der<br />

Fläche umgesetzt werden<br />

könnten. Positive Erfahrungen<br />

dazu gibt es in vielen<br />

Bundesländern.<br />

Weitere Informationen zum<br />

Schulversuch findet man<br />

unter www.<br />

www.bildungs<br />

pakt-bayern.de/projekte/<br />

flexible-grundschule/<br />

Für die Landesgruppe:<br />

Gabriele Klenk, Petra Hiebl<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />

31


<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />

Saarland<br />

Vorsitzende: Lilo Groll, Holbeinstr. 11, 66128 Saarbrücken<br />

lagroll@t-online.de<br />

Fremdsprachenlernen –<br />

auf dem Weg zu einem<br />

Gesamtsprachenkonzept<br />

Sprache schafft Verständigung<br />

und kulturelle Zugehörigkeit.<br />

Sie verbindet Menschen<br />

und eröffnet ihnen<br />

vielfältige Chancen in Schule<br />

und Beruf. Die Europäische<br />

Union fordert daher zu Recht,<br />

dass jede/jeder in Europa<br />

neben seiner Muttersprache<br />

zwei weitere EU-Sprachen<br />

lernen soll.<br />

Für das Saarland spielt die<br />

Sprache des Nachbarn<br />

angesichts der geografischen<br />

Nähe zu Frankreich eine<br />

besondere Rolle und wird<br />

bereits in das Bildungsangebot<br />

einer Vielzahl von<br />

Kindergärten selbstverständlich<br />

aufgenommen. Auch an<br />

saarländischen <strong>Grundschule</strong>n<br />

wird in den Klassenstufen 3<br />

und 4 flächendeckend<br />

Französisch gelernt, an vielen<br />

Schulen bereits in den<br />

Klassenstufen 1 und 2 in<br />

Fortführung zum Fremdsprachenlernen<br />

im Kindergarten.<br />

An weiterführenden Schulen<br />

kann Französisch fortgesetzt<br />

werden, und weitere Sprachen<br />

kommen hinzu.<br />

Denkbar gute Voraussetzungen<br />

auf dem Weg zur<br />

Mehr sprachigkeit. Allerdings<br />

ist Sprachenlernen auf Kontinuität<br />

angewiesen. Dies setzt<br />

voraus, dass die einzelnen<br />

Bildungsbereiche miteinander<br />

verknüpft werden und<br />

die Sprachlernangebote<br />

aufeinander aufbauen.<br />

Dies ist aus Sicht der Landesgruppe<br />

leider noch nicht in<br />

ausreichendem Maße<br />

realisiert: Kaum ein Lehrer an<br />

den <strong>Grundschule</strong>n weiß, was<br />

und wie die Kinder im Kindergarten<br />

Französischkenntnisse<br />

erworben haben; nur wenige<br />

Lehrkräfte an weiterführenden<br />

Schulen wissen, welche<br />

Kompetenzen in der <strong>Grundschule</strong><br />

erworben wurden.<br />

Die jeweils in der vorausgehenden<br />

Bildungseinrichtung<br />

erworbenen Kenntnisse und<br />

Fähigkeiten der Schülerinnen<br />

und Schüler finden damit<br />

kaum Berücksichtigung,<br />

was die Arbeit weitgehend<br />

wertlos macht und nicht<br />

selten zu Motivationsverlusten<br />

bei den Schülern führt.<br />

Die Landesgruppe begrüßt<br />

daher die Aussage der neuen<br />

Landesregierung im Koalitionsvertrag,<br />

wonach ein<br />

Fremdsprachenkonzept<br />

erarbeitet werden soll,<br />

welches neben Aussagen zu<br />

Niveau und Didaktik des<br />

Fremdsprachenunterrichts<br />

auch Empfehlungen zum<br />

frühen Spracherwerb bis<br />

einschließlich Klasse 6 in<br />

allen Schulformen enthalten<br />

soll. Denn nur, wenn das<br />

(fremd-)sprachliche Lernen<br />

vom Kindergarten bis zur<br />

Sekun darstufe 1 miteinander<br />

ver knüpft wird, ist die<br />

An schluss fähigkeit und damit<br />

die Effektivität sprachlichen<br />

Lernens gewährleistet.<br />

Fünftes Grundschuljahr<br />

vom Tisch<br />

Nachdem sich die SPD-<br />

Opposition, deren Stimmen<br />

für eine Verfassungsänderung<br />

vonnöten gewesen<br />

wäre, eindeutig gegen ein<br />

5. Grundschuljahr ausgesprochen<br />

hatte, zog der Bildungsminister<br />

Klaus Kessler<br />

(Bündnis 90 / Die Grünen)<br />

seinen Entwurf zur »Neugestaltung<br />

der <strong>Grundschule</strong> –<br />

Einführung 5. Grundschuljahr«<br />

zurück. Auch von<br />

Mitgliedern der Koalitionsparteien<br />

CDU und FDP kam<br />

viel Kritik. Nur an 42 % der<br />

<strong>Grundschule</strong>n wäre eine<br />

Ansiedlung eines 5. Schuljahres<br />

möglich. Mehr als die<br />

Hälfte der Grundschüler<br />

müsste nach dem 4. Schuljahr<br />

und ein großer Teil der<br />

Schülerschaft ein zweites Mal<br />

nach dem 5. Schuljahr einen<br />

Schulortwechsel hinnehmen,<br />

sollten sie nicht die weiterführende<br />

Schule wählen, an<br />

der sie aus Platzgründen<br />

nach dem 4. Schuljahr<br />

untergebracht werden.<br />

Lehrkräfte mit einer Lehrbefähigung<br />

für das Gymnasium<br />

sollten im 4. Schuljahr<br />

eingesetzt werden, obwohl<br />

sie für die Primarstufe keine<br />

Ausbildung haben. Die<br />

Vertreter des Gymnasiums<br />

sprachen zudem von einer<br />

Verkürzung der Gymnasialzeit<br />

auf G7.<br />

Das Argument einer späteren<br />

Schullaufbahnempfehlung<br />

spielt im Saarland keine Rolle<br />

mehr, da die Eltern frei über<br />

die Schulwahl entscheiden<br />

können. Das Saarland hätte<br />

zudem mit fünf Grundschuljahren<br />

in Deutschland eine<br />

Sonderstellung inne, die<br />

viele Bürger als Hemmnis<br />

bewer teten. In der Diskussion<br />

befindet sich außerdem<br />

das Eck punktepapier zur<br />

Gemeinschaftsschule. Im<br />

Saarland bedeutet diese<br />

neue Schulform eine noch<br />

stärkere Annäherung der<br />

Erweiterten Realschulen und<br />

der Gesamtschulen neben<br />

dem Gymnasium im Sinne<br />

eines Zwei-Säulen-Systems.<br />

Sachsen-Anhalt<br />

Kontakt: Petra Uhlig, Richard-Wagner-Str. 29, 06114 Halle<br />

petra.katrin.uhlig@googlemail.com<br />

Der neue Leistungsbewertungserlass<br />

vom<br />

4. Juni 2010<br />

Zum Ende des Schuljahres<br />

2009/2010 wurde in Sachsen-<br />

Anhalt der lang erwartete<br />

überarbeitete Leistungsbewertungserlass<br />

veröffentlicht.<br />

Der Grundschulverband<br />

begrüßt grundsätzlich jede<br />

Maßnahme, die eine sinnvolle<br />

Umsetzung der Schuleingangsphase<br />

an den <strong>Grundschule</strong>n<br />

in Sachsen-Anhalt<br />

unterstützt. So unterstreichen<br />

wir den einleitenden<br />

Absatz zu grundsätzlichen<br />

Bestimmungen der Leistungsbewertung<br />

in der<br />

<strong>Grundschule</strong>:<br />

»Jede Schülerin und jeder<br />

Schüler hat das Recht auf Anerkennung<br />

ihres oder seines<br />

individuellen Lernstandes und<br />

Lernfortschrittes. Daher muss<br />

die Leistungsbewertung nicht<br />

nur ergebnisorientiert, sondern<br />

auch schülerbezogen und<br />

lernprozess-orientiert erfolgen<br />

und Leistungsentwicklung<br />

fördern. Sie muss Schülerinnen,<br />

Schüler und deren Erziehungsberechtigte<br />

über den erreichten<br />

Stand hinsichtlich aller im<br />

Lehrplan ausgewiesenen Ziele<br />

und Kompetenzen informieren<br />

und dabei der Spezifik der<br />

<strong>Grundschule</strong> Rechnung<br />

tragen.«<br />

Allerdings konkretisiert der<br />

Erlass nicht, was genau die<br />

»Spezifik der <strong>Grundschule</strong>«<br />

ausmacht und auch nicht,<br />

wie mithilfe einer Notenskala<br />

von 1 bis 6 eine lernprozessorientierte,<br />

schülerbezogene,<br />

die Leistungsentwicklung<br />

fördernde Bewertung<br />

erfolgen kann. Hier wurden<br />

die Chancen einer nachhaltigen<br />

Unterstützung der<br />

Schuleingangsphase nicht<br />

ausgeschöpft. Eine moderne<br />

Schule macht Kinder zu<br />

kompetenten, leistungsstarken<br />

und motivierten Lernern.<br />

32 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010


<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />

Thüringen<br />

Steffi Jünemann, Hauptstraße 7, 99734 Nordhausen<br />

SJuenemannStS@web.de<br />

Gute Aufgaben für Kinder<br />

Was sind gute Aufgaben für<br />

Kinder? Diese Frage nimmt<br />

auch im Freistaat Thüringen<br />

einen immer größer<br />

werdenden Stellenwert bei<br />

der Betrachtung schulischer<br />

Lernprozesse ein.<br />

Aufgaben besitzen einen<br />

zentralen Platz im Lernprozess.<br />

Sie sind ein Schlüssel zur<br />

Entwicklung von Kompetenzen.<br />

Sie müssen sehr sorgfältig<br />

und bewusst konzipiert<br />

bzw. ausgewählt werden. Die<br />

Aufgabenqualität steht im<br />

Fokus von Wissenschaft und<br />

Ausbildung und soll gerade<br />

in der Praxis ihren Niederschlag<br />

finden.<br />

Was gilt es zu beachten?<br />

Forschungsergebnisse<br />

weisen immanent darauf hin,<br />

welch hohen Einfluss die Motivation<br />

auf den Lern prozess<br />

hat. Deshalb gilt: Gute<br />

Aufgaben sind für Schüler<br />

bedeutungsvolle Aufgaben.<br />

Eine solche Aufgabe birgt die<br />

Motivation, sie zu lösen, in<br />

sich selbst.<br />

Neben der Mitteilung, warum<br />

sich (Grund-)Schüler mit<br />

einem bestimmten Lerninhalt<br />

auseinandersetzen<br />

werden, brauchen Schüler<br />

auch Raum zum Entwickeln,<br />

zum eigenen Ausprobieren,<br />

zum Lösen dieser neuen Aufgaben.<br />

Erste Schritte dahin<br />

werden gegangen.<br />

Ein weiterer Faktor, der Schüler<br />

dazu anregt, Aufgaben<br />

bereitwillig zu bearbeiten, ist<br />

die Aussicht auf Erfolg. Das<br />

Lösen der Auf gabe, das Sich-<br />

Anstrengen muss der Mühe<br />

wert sein. Das bedeutet, dass<br />

Aufgaben anschlussfähig an<br />

die jeweiligen Fähigkeiten<br />

und Erfahrungen des einzelnen<br />

Schülers sein müssen.<br />

Für die Lehrer besteht die<br />

Schwierigkeit darin, in ihrem<br />

Unterricht, unabhängig von<br />

der gewählten Unterrichtsform,<br />

Aufgaben im Sinne von<br />

individualisiertem Lernen<br />

einzusetzen. Offene Aufgaben,<br />

die differenziertes<br />

Lernen zulassen, sind ein Weg,<br />

der auch in Thüringen immer<br />

häufiger beschritten wird.<br />

Ein Umdenken hat begonnen,<br />

ein Sich-Einlassen auf<br />

den Gedanken, dass Heterogenität<br />

an sich natürlich<br />

ist und sich in der Schule<br />

deshalb fortsetzt. Dieses<br />

Neudenken gilt es in Bezug<br />

auf eine gewünschte Aufgabenkultur<br />

weiter zu fördern<br />

und zu fordern.<br />

Die Aufgabe nicht nur<br />

zielgerichtet zu Übungsund<br />

Leistungs zwecken zu<br />

benutzen, sondern sie ganz<br />

bewusst zum Etwas-neu-<br />

Lernen einzusetzen, ist die<br />

Herausforderung für die<br />

Lehrer der Zukunft.<br />

Dennoch sei angemerkt: Alle<br />

didaktischen Funktionen<br />

von Aufgaben haben ihre<br />

Berechtigung. Entscheidend<br />

für ihren Einsatz muss eine<br />

sinnvolle Einbettung in den<br />

Unterricht, eine Auswahl<br />

nach ihrem Zweck sein.<br />

Aufgaben zum Üben und<br />

Festigen haben ihre Bedeutung<br />

beim Aufbau von<br />

Routinen, die frei machen für<br />

die Möglichkeiten der Bearbeitung<br />

anspruchsvollerer,<br />

komplexer Aufgaben. Solche<br />

Aufgaben können die zum<br />

Etwas-neu-Lernen sein. Sie<br />

fördern in besonderem Maße<br />

die Entwicklung von Kompetenzen,<br />

wenn sie verknüpfendes<br />

Lernen ermöglichen. Die<br />

Themensetzungen müssen<br />

so sein, dass die Schüler sie<br />

selbstständig bearbeiten<br />

können. Dies erfordert eine<br />

bestimmte Aufgabenstruktur.<br />

Die Schüler erfahren zunächst<br />

die Problemstellung.<br />

Günstigenfalls erzeugt die<br />

Problemstellung das Bedeutungsvollwerden<br />

für die<br />

Schüler, weckt Neugierde<br />

und Interesse. Die Schüler finden<br />

Anknüpfungspunkte an<br />

ihr Vorwissen und ihre Erfahrungen.<br />

Beides wird aktiviert<br />

und gesammelt. Sie prüfen<br />

für sich, welche Schritte unternommen<br />

werden können,<br />

um die Aufgabe zu lösen. Der<br />

Lehrer begleitet den Prozess<br />

und hilft, sinnvolle Methoden,<br />

Strate gien auszuwählen,<br />

Erfahrungen zu reflektieren,<br />

Eng stellen und Klippen zu<br />

überwinden. Seine Rolle ist<br />

hier die eines Beraters und<br />

Begleiters. Das bedeutet<br />

durchaus auch, an Engstellen<br />

konkrete Hilfe durch Informationen<br />

und Erklärungen<br />

zu geben. Aber anders als<br />

sonst, sind hier diese Erklärungen<br />

von den Schülern<br />

absolut erwünscht. In diesem<br />

Erarbeitungsprozess wird<br />

eine Folge von Aufträgen<br />

bearbeitet und im Austausch<br />

miteinander neu Gelerntes<br />

in Bezug zum Vorwissen<br />

gesetzt. Im Anschluss kann<br />

mit Aufgaben zum Üben und<br />

Festigen Sicherheit mit dem<br />

Gelernten erlangt werden.<br />

Eine solche Vorgehensweise<br />

fördert die Selbstständigkeit<br />

und Eigenverantwortung<br />

der Schüler und beeinflusst<br />

nachhaltig die Entwicklung<br />

der Sach-, Methoden-, Sozialund<br />

Selbstkompetenz.<br />

Ich höre schon: Das können<br />

Grundschüler nicht.<br />

Und ich frage zurück:<br />

Ist das so? Haben Sie es<br />

schon ausprobiert?<br />

Für die Landesgruppe:<br />

Liane Hohnstein<br />

Sie nimmt die Leistungen der<br />

Kinder wahr – insbesondere<br />

die Leistungen, die hinter<br />

der Oberfläche von Klassenarbeiten<br />

und Tests stehen. Es<br />

geht u. a. um die Übernahme<br />

von Verantwortung für das<br />

eigene Lernen und die Entwicklung<br />

einer Fehlerkultur,<br />

die Fehler als Ausgangspunkt<br />

für die individuelle Entwicklung<br />

annimmt. Folgende<br />

Neuerungen lassen sich aber<br />

positiv herausstellen:<br />

●●<br />

Klassenarbeiten werden<br />

in den Fächern Deutsch, Mathematik<br />

und Sachunterricht<br />

erst ab dem 3. Schuljahrgang<br />

geschrieben. Somit entfällt in<br />

der Schuleingangsphase ein<br />

wenig Leistungsdruck, und<br />

Kapazität für vernetztes, individuelles<br />

Lernen wird frei.<br />

●●<br />

Die Benotung kann auf Beschluss<br />

der Gesamtkonferenz<br />

bis zum letzten Schulhalbjahr<br />

vor dem Wechsel der Schüler<br />

in den dritten Schuljahrgang<br />

ausgesetzt werden.<br />

Negativ fällt vor allen Dingen<br />

ins Auge, dass die Schulen,<br />

die möglichst spät mit der<br />

Zensierung von Schülerleistungen<br />

beginnen möchten,<br />

nach wie vor unter Rechtfertigungsdruck<br />

stehen.<br />

Pädagogisch sinnvoll und als<br />

Signal wünschenswert wäre<br />

genau der umgekehrte Weg<br />

gewesen: die Rechtfertigung<br />

der frühen Zensierung als<br />

Ausnahmeentscheidung. So<br />

erscheint der neue Leistungsbewertungserlass,<br />

mit<br />

Blick auf das zu erreichende<br />

Ziel: eine individualisierende<br />

und lernprozess-orientierte<br />

Schuleingangsphase, als zu<br />

halbherziger Versuch, dem<br />

das Potential zur nachhaltigen<br />

Änderung der Unterrichtskultur<br />

fehlt.<br />

Für die Landesgruppe:<br />

R. Thielbeer


<strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong><br />

Grundschulverband e. V.<br />

Niddastraße 52 · 60329 Frankfurt / Main<br />

Tel. 069 776006 · Fax 069 7074780<br />

info@grundschulverband.de<br />

www.grundschulverband.de<br />

Postvertriebsstück · Entgelt bezahlt DP AG<br />

D 9607 F · ISSN 1860-8604<br />

Versandadresse<br />

1. / 2. April 2011 | Grundschrift –<br />

damit Kinder besser schreiben lernen<br />

Arbeitstagung des Grundschulverbandes<br />

Die Grundschrift ist eine mit der Hand geschriebene Schrift.<br />

Mit ihr teilt das schreibende Kind etwas mit. Die Grundschrift-<br />

Buchstaben sind an den Formen der schulüblichen Druckschrift<br />

orientiert. Sie werden aber von Anfang an in flüssiger<br />

Bewegung geschrieben. Nach dem Erwerb der Buchstaben<br />

probieren die Kinder Verbindungen von Buchstaben aus.<br />

Mit der Grundschrift beginnt das Kind, seine individuelle<br />

Handschrift zu entwickeln.<br />

Thematik<br />

der Tagung<br />

Zeit<br />

Referentinnen<br />

und Referenten<br />

Ort<br />

Zielgruppe<br />

Im Plenum und in Arbeitsgruppen werden<br />

Erfahrungen aus der Erprobungsphase der<br />

Grundschrift vorgestellt und diskutiert.<br />

Themen sind u. a.:<br />

– Die Grundschrift – Konzept und<br />

Begründung<br />

– Die Materialien zur Grundschrift –<br />

Ergebnisse und Erfahrungen<br />

– Schreiben lernen mit der Grundschrift<br />

– »Schrift und Schreiben« als ständige<br />

Arbeitsspur im Grundschulunterricht<br />

– Werkstattmaterialien zum Thema<br />

»Schrift und Schreiben«.<br />

Freitag, 1. April 2011, 15 bis 19 Uhr<br />

Samstag, 2. April 2011, 9 bis 13 Uhr<br />

Dr. Horst Bartnitzky,<br />

Prof. Dr. Erika Brinkmann,<br />

Ulrich Hecker,<br />

Dr. Christina Mahrhofer-Bernt,<br />

N.N.<br />

Hotel Loccumer Hof,<br />

www.loccumerhof.de<br />

Kurt-Schumacher-Str. 14/16,<br />

30159 Hannover<br />

Multiplikatoren/innen<br />

aus Schule und Studienseminaren<br />

Tagungs beitrag<br />

Anmeldung<br />

160 Euro für Mitglieder des<br />

Grundschulverbandes<br />

210 Euro für Nichtmitglieder<br />

Im Tagungsbeitrag enthalten sind:<br />

Übernachtung im Einzelzimmer,<br />

Verpflegung während der Tagung,<br />

Tagungsmaterialien.<br />

Die Kosten der Anreise sind von den<br />

Teilnehmer/innen selbst zu tragen.<br />

– per Post: Grundschulverband,<br />

Niddastr. 52, 60329 Frankfurt,<br />

– per Mail: info@grundschulverband.de<br />

– oder über die Homepage:<br />

www.grundschulverband.de<br />

Die Teilnehmerzahl ist auf 50 Personen<br />

begrenzt.<br />

Verbindlich ist die Teilnahme erst nach<br />

Zahlungseingang des Tagungsbeitrages<br />

bis 30. Dezember 2010.<br />

Stornogebühren nach dem<br />

15. Februar 2011: 100 Euro<br />

Bankverbindung:<br />

Postbank Frankfurt, BLZ 500 100 60<br />

Konto Nr. 19 56 71 605<br />

Bitte bei der Anmeldung angeben:<br />

Vollständige Anschrift mit Mailadresse;<br />

Mitglied ja – nein;<br />

Anreise mit Auto oder Zug;<br />

derzeitige Funktion im Schulbereich;<br />

Praktische Erfahrungen mit der Grundschrift<br />

ja – nein

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