Grundschule aktuell 112
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-Schreibtabelle<br />
www.grundschulverband.de · November 2010 · D9607F<br />
<strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong><br />
Zeitschrift des Grundschulverbandes · Heft <strong>112</strong><br />
Grundschrift<br />
Schreiben mit Schwung<br />
Schreibtabelle<br />
als Beilage
Ein Projekt des Grundschulverbandes<br />
»Grundschrift: damit Kinder besser schreiben<br />
lernen« – unter diesem Motto steht eine<br />
Initiative des Grundschul verbandes, die Anfang<br />
Mai 2010 gestartet wurde.<br />
Ausgangspunkt ist die Überzeugung:<br />
Auch im Computerzeitalter brauchen Kinder<br />
und Jugendliche eine gut lesbare, leicht und<br />
flüssig schreibbare Schrift – in allen Schulstufen<br />
und natürlich auch in Berufsausbildung und<br />
Hochschule.<br />
Zeitgleich mit dem Erscheinen dieses Heftes<br />
finden Sie die Materialien zur Grundschrift auf<br />
einer eigenen Website versammelt:<br />
www.die-grundschrift.de<br />
Die Grundschrift mit eigener Adresse im Netz:<br />
www.die-grundschrift.de<br />
Hier ein Überblick über das Angebot, das zum Erproben und Mitmachen einlädt.<br />
www.die-grundschrift.de ist in drei Bereiche gegliedert, die für den schnellen Überblick farbig unterschieden sind:<br />
Unter diesem Link finden sich<br />
Argumente, Hintergründe und<br />
Stellungnahmen. Alle Materialien<br />
können für Konferenzen und Informationsveranstaltungen<br />
benutzt und<br />
aufbereitet werden. In Kürze sollen<br />
auch spezielle Materialien für die<br />
Fortbildung ange boten werden.<br />
Bisher finden Sie hier u. a.:<br />
●»Schluss mit dem Schriften-Wirrwarr!«,<br />
die Presseerklärung zum Start der<br />
Grundschrift-Initiative ● Beiträge zum<br />
Konzept der Grundschrift ● Erfahrungen<br />
aus der Praxis ● »Aus der Forschung«<br />
die Beiträge »Plädoyer für eine Schrift<br />
ohne normierte Verbindungen« und<br />
»Schreibenlernen mit der Hand –<br />
Populäre Mythen und Irrtümer«<br />
● Ein erhellender Überblick zur<br />
Geschichte der Handschrift findet<br />
sich ebenso wie die Möglichkeit, das<br />
»Grundschrift-Starterheft« (Nr. 110) zu<br />
bestellen.<br />
Über Erfahrungen und Rückmeldungen freuen wir uns.<br />
Sie fließen in den weiteren Arbeitsprozess ein.<br />
»Grundschrift: Kartei zum Lernen und<br />
Üben« heißt das Übungsmaterial,<br />
das der Grundschulverband in der<br />
Erprobungsfassung zum kostenlosen<br />
Download anbietet.<br />
Unter diesem Link finden Sie den<br />
Teil 1 der Grundschrift-Kartei:<br />
»Die Buchstaben«.<br />
Dazu können Sie den Kurzkommentar<br />
zur Grundschrift-Kartei und eine Übersicht<br />
über das Grundschrift-Abc lesen<br />
oder herunterladen.<br />
Neben den Karteikarten zu allen Buchstaben<br />
steht Ihnen ein ausführlicher<br />
Lehrerkommentar zur Verfügung, der<br />
nach Bewegungsgruppen geordnet ist.<br />
Das gibt Ihnen die Möglichkeit, Kindern<br />
Gruppen von Buchstaben mit gleichen<br />
oder ähnlichen Bewegungsabläufen<br />
zum gemeinsamen Üben anzubieten.<br />
Darüber hinaus gibt das Stichwort<br />
»Reflexionen der Kinder« zu jedem<br />
Buchstaben Anregungen für Schriftgespräche<br />
mit Kindern.<br />
Klicken Sie hier, und Sie finden den<br />
Teil 2 der Grundschrift-Kartei:<br />
»Schreiben mit Schwung« ist der Titel.<br />
Die Kartei setzt zwei Schwerpunkte bei<br />
der Weiterführung der Arbeit mit der<br />
Grundschrift:<br />
Buchstabenverbindungen:<br />
Die Kinder probieren aus, Buchstaben miteinander<br />
zu verbinden. Die Wendebögen<br />
am Ende von Grundschrift-Buchstaben,<br />
die mit einem Abstrich enden, bieten sich<br />
zur Weiterführung zum nächsten Buchstaben<br />
an. Das können die Kinder ausprobieren.<br />
Mit schreibhäufigen Wörtern<br />
können die Kinder erproben, was sich für<br />
ihre Hand schwungvoll schrei ben lässt.<br />
Immer gilt das Prinzip: Man kann verbinden,<br />
man muss aber nicht. Das schreibende<br />
Kind entscheidet am Ende selbst über<br />
seine Handschrift.<br />
Buchstabenvarianten:<br />
Bei einigen Buchstaben können die Kinder<br />
auch variante Schreibweisen des Buchstabens<br />
kennen lernen und ausprobieren,<br />
z. B. »k«, »w«, »v« und »E«.<br />
Auch diese Erprobungsfassung des 2. Teils<br />
der »Grundschrift-Kartei« bieten wir zum<br />
kostenlosen Download an – fertig zur Aufbereitung<br />
für die Arbeit in der Klasse bzw.<br />
Lerngruppe.
Inhalt<br />
Editorial<br />
Tagebuch<br />
S. 2 Didaktische Qualität – auch für die Ausgangsschrift!<br />
(H. Bartnitzky)<br />
Thema: Grundschrift<br />
S. 3 »Schreiben mit Schwung« (H. Bartnitzky)<br />
S. 7 Schrift und Schreiben als ständige Arbeitsspur<br />
(Ch. Schüßler)<br />
S. 10 Schreibenlernen reflektiert gestalten<br />
(Ch. Mahrhofer-Bernt)<br />
Praxis: Grundschrift – Schreiben mit Schwung<br />
S. 14 Schriftgespräche mit Kindern (L. Kindler)<br />
S. 16 Das Heft »Meine Schrift« (B. van der Donk)<br />
S. 20 Lasst die Kinder wieder mehr in Hefte schreiben<br />
(L. Bode)<br />
Dokumentation<br />
S. 23 Lehrpläne in den Bundesländern – Was bedeuten<br />
sie für die Einführung der Grundschrift?<br />
(E. Brinkmann)<br />
Aktuell …<br />
… aus den Landesgruppen, u. a.<br />
S. 28 Sachsen: Strengere Übergangsregelung<br />
S. 31 Hamburg: <strong>Grundschule</strong>n zu Schulen<br />
zweiter Klasse<br />
Dr. Hermann Schwarz zum 90. Geburtstag<br />
S. 32 Saarland: Fünftes Grundschuljahr vom Tisch<br />
Impressum<br />
GRUNDSCHULE AKTUELL, die Zeitschrift des Grundschulverbandes<br />
erscheint viertel jährlich und wird allen Mitgliedern zugestellt.<br />
Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Das einzelne Heft<br />
kostet 7,50 € (inkl. Versand); für Mitglieder und ab 10 Exemplaren 3,00 €.<br />
Verlag: Grundschulverband e. V., Niddastraße 52,<br />
60329 Frankfurt / Main , Tel. 0 69 / 77 60 06, Fax: 0 69 / 7 07 47 80,<br />
www.grundschulverband.de, info@grundschulverband.de<br />
Herausgeber: Der Vorstand des Grundschulverbandes<br />
in Zusammen arbeit mit Dr. Horst Bartnitzky<br />
Redaktion: Ulrich Hecker, Hülsdonker Str. 64, 47441 Moers,<br />
Tel. 0 28 41 / 2 17 14, ulrich.hecker@googlemail.com<br />
Fotos: Autorinnen und Autoren; Ulrich Hecker, Moers (S. 6, 15, 26, 27);<br />
Bert Butzke, Mülheim (S. 23, 25)<br />
Illustrationen: Karteikarten »Die Buchstaben« (S. 4, 5) und<br />
Etikett »Meine Schrift« (S. 17): Katharina Ritter / www.designritter.de<br />
Titel: Katharina Ritter / www.designritter.de<br />
Herstellung: novuprint Agentur für Mediendesign, Werbung,<br />
Publikationen GmbH, Bödekerstr. 73, 30161 Hannover,<br />
Tel. 0511 / 9 61 69-11, Fax: 05 11 / 9 61 69-99, info@novuprint.de<br />
Anzeigen: Claudia Klinger, Verlagsgruppe Beltz,<br />
Tel. 0 62 01 / 6 00 73 86, Fax 0 62 01 / 6 00 73 93, c.klinger@beltz.de<br />
Druck: Beltz Druckpartner, 69502 Hemsbach<br />
ISSN 1860-8604 / Bestellnummer: 6047<br />
Beilagen: »Eine Welt in der Schule« als ständige Beilage, Prospekt des<br />
Lugert Verlags<br />
Reges Echo<br />
Zu unserem Projekt »Grundschrift«, das wir mit Heft 110 dieser<br />
Zeitschrift gestartet haben, erreichen uns viele zustimmende<br />
Zuschriften per E-Mail oder »gelber Post«. Selten hat ein Projekt<br />
des Grundschulverbandes in so kurzer Zeit so viel Aufmerksamkeit<br />
in der öffentlichen und veröffentlichten pädagogischen Diskussion<br />
erhalten.<br />
Die »Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung« z. B. widmete<br />
sich dem Thema ebenso wie die »Frankfurter Rundschau« und<br />
andere Zeitungen.<br />
Grundschrift: Start der Phase 2<br />
Mit diesem Heft startet »Phase 2« der Arbeit mit der Grundschrift:<br />
Nach dem Erwerb der Buchstaben probieren die Kinder<br />
Verbindungen von Buchstaben aus.<br />
Horst Bartnitzky stellt dazu den 2. Teil der »Grundschrift-Kartei<br />
zum Lernen und Üben« vor: »Schreiben mit Schwung – mit der<br />
Grundschrift die eigene Handschrift entwickeln« (siehe S. 3 ff.).<br />
Zeitgleich mit diesem Heft erscheint die Erprobungsfassung des<br />
2. Teils der Grundschrift-Kartei zum kostenlosen Download im<br />
Internet unter www. www.die-grundschrift.de.<br />
Die Grundschrift und die Lehrpläne in den Ländern<br />
In den Bildungsstandards für das Fach Deutsch / Primarstufe hat<br />
die Kultusministerkonferenz für alle Bundesländer zur Schrift<br />
folgende Kompetenzziele festgelegt:<br />
● eine gute lesbare Handschrift flüssig schreiben<br />
● Texte zweckmäßig und übersichtlich gestalten<br />
In den KMK-Bildungsstandards findet sich kein Hinweis auf die<br />
drei normierten »Ausgangsschriften« (LA, VA, SAS). Das entspricht<br />
unserem Konzept, dass die Kinder aus der Grundschrift<br />
ihre persönliche Handschrift entwickeln – mit den Kriterien<br />
»gut lesbar« und »flüssig«.<br />
Erika Brinkmann hat den <strong>aktuell</strong>en Stand in den sechzehn Bundesländern<br />
zusammengefasst und fragt, was die Lehrplanvorgaben<br />
für die Einführung der Grundschrift bedeuten.<br />
Aus ihrem Fazit: »Viele Bundesländer bieten mit ihren Vorgaben<br />
bereits die Möglichkeit, die Grundschrift in den <strong>Grundschule</strong>n<br />
schon jetzt zu nutzen« (siehe S. 23 ff.).<br />
Der Grundschulverband strebt Gespräche mit den Schul- und<br />
Kultusministerien der Länder an. Denn der Einsatz der Grundschrift<br />
ist ein wichtiger Beitrag zu dem gemeinsamen Anliegen,<br />
die Handschrift der Kinder optimal zu fördern.<br />
Arbeitstagung zur Grundschrift<br />
Am 1. und 2. April 2011 findet in Hannover eine Arbeitstagung<br />
zur Grundschrift statt, zu der wir in diesem Heft einladen (siehe<br />
Rückseite). Bei der Tagung sollen Erfahrungen und Ergebnisse<br />
der Erprobungsphase der Grundschrift vorgestellt und diskutiert<br />
werden. Die Teilnehmerzahl ist auf 50 Personen begrenzt, es<br />
empfiehlt sich also eine möglichst schnelle Anmeldung.<br />
Ulrich Hecker<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />
1
Tagebuch<br />
Didaktische Qualität –<br />
auch für die Ausgangsschrift!<br />
Horst Bartnitzky<br />
Es gibt didaktische Entwicklungen, die notwendige Konsequenzen<br />
haben. Werden die Konsequenzen nicht gezogen,<br />
dann passt das eine nicht zum anderen und darunter leidet<br />
das Ganze. Ein Beispiel für solche didaktische Disparität<br />
wird beim Thema Ausgangsschrift deutlich.<br />
In den achtziger Jahren verbreitete sich die Einsicht, dass<br />
Lesen und Schreiben im Schriftspracherwerb zusammengehören<br />
und dass Kinder sich aktiv, entdeckend und erprobend,<br />
die Schriftsprache zu eigen machen. Die in der<br />
Lebenswelt überall anzutreffende Druckschrift ist dabei<br />
die Schriftform, die Kinder schreibend und lesend verwenden.<br />
Inzwischen ist dies in den <strong>Grundschule</strong>n Allgemeingut<br />
und in fast allen Lehrplänen auch verankert.<br />
Weiterhin wird aber in Lehrplänen gefordert und in<br />
<strong>Grundschule</strong>n praktiziert, dass die Kinder auch eine der<br />
drei genormten Schulausgangsschriften zu lernen haben:<br />
LA, VA oder SAS. Überkommen ist diese Vorschrift aus<br />
der Zeit, als Lesen- und Schreibenlernen als getrennte<br />
Lehrgänge verstanden wurden. Galt für das Lesenlernen<br />
die Druckschrift, so für das Schreibenlernen eine genormte<br />
Schulausgangsschrift.<br />
Damit ergibt sich die widersinnige Situation, dass die<br />
Kinder zwei Ausgangsschriften lernen: Von Schulbeginn<br />
an die Druckschrift, wie dies der neueren Entwicklung<br />
entspricht, später eine genormte Schulausgangsschrift, die<br />
aus früherer didaktischer Zeit stammt. Weil dann aber die<br />
Zeit zu knapp ist, diese zusätzliche Ausgangsschrift auch<br />
didaktisch seriös zu lehren und zu lernen, arbeiten sich die<br />
Kinder oft in Eigenarbeit durch irgendeinen Schreiblehrgang<br />
durch. Das Ergebnis sind die schlechten Schulschriften,<br />
die landauf, landab zu besichtigen sind: Die Formklarheit<br />
der Buchstaben, die Gleichmäßigkeit des Schriftzugs<br />
und das Wichtigste: die Lesbarkeit lassen oft sehr zu wünschen<br />
übrig.<br />
Zudem: Die genormten Schulausgangsschriften passen<br />
nicht in das Konzept eines zeitgemäßen Unterrichts, weil<br />
grundlegende Qualitätsmerkmale nicht zum Zuge kommen.<br />
»Lernen als Selbstaneignung der Welt«*: Viele Kinder<br />
beginnen schon vor der Schule zu schreiben. Sie orientieren<br />
sich an den Buchstaben, die sie in der Lebenswelt<br />
allerorten finden: den Druckbuchstaben. Und sie schreiben<br />
sie in Orientierung an diese Druckbuchstaben in<br />
einer für sie schreibgerechten Weise. Diese Entwicklung<br />
muss von der Schule aufgenommen und weitergeführt<br />
werden, Kinder ohne solche vorschulischen Erfahrungen<br />
müssen sie in der Schule gewinnen können. In der Weiterentwicklung<br />
müssen die Kinder ausprobieren können,<br />
welche Buchstaben sie miteinander verbinden können,<br />
und sie erfahren dabei, welche Möglichkeiten ihnen gut<br />
von der Hand gehen.<br />
Die genormten Schulschriften aber finden sich nirgendwo<br />
in der Lebenswelt, nur in der Schule, für die sie<br />
konstruiert wurden. Sie können eben nur kopiert, nicht<br />
aber von den Kindern selbst sich angeeignet werden.<br />
»<strong>Grundschule</strong> als Leistungsschule«*: Schrift muss für<br />
alle Kinder qualitätsvoll lernbar sein, wenn auch mit individuellen<br />
Bandbreiten. Für alle Kinder gelten die Kriterien:<br />
Formklarheit und gute Lesbarkeit sowie zunehmende<br />
Geläufigkeit. Die Schriftform selbst und die Zeit, in<br />
der sie lernbar ist, muss für alle Kinder eine individuelle<br />
Handschrift ermöglichen, die diesen Kriterien entspricht.<br />
Eine pädagogische Leistungskultur erfordert zudem, dass<br />
die Kinder diese Kriterien kennen, eigene Schreibproben<br />
einschätzen lernen und sich für die Weiterentwicklung<br />
ihrer Schrift daran orientieren. Statt die Zeit für eine<br />
lebensweltfremde Schulschrift als zweiter Ausgangsschrift<br />
zu investieren, sollte sie für die Qualitätssicherung<br />
der individuellen Handschriften verwendet werden.<br />
Ein Konzept zur Ausgangsschrift, dass diesen Qualitätsmerkmalen<br />
entspricht, legt der Grundschulverband<br />
mit seinem Projekt Grundschrift vor. Es bietet mehr<br />
als eine »Ausgangsschrift«. Schriftvorlagen und Anregungen<br />
auf den Karteikarten, Schriftgespräche und die<br />
Dokumentation in den Heften »Meine Schrift« machen<br />
das Projekt Grundschrift zu einem Beispiel qualitätsvollen<br />
Unterrichts. Der Wegfall der überkommenen genormten<br />
Schulschriften als zweite Ausgangsschrift ist notwendige<br />
Konsequenz. Für die Schulpolitik hat dies übrigens<br />
den unschätzbaren Vorteil: Diese Reform kostet nichts.<br />
Horst Bartnitzky,<br />
Grundschulpädagoge, Autor von Schul- und Fachbüchern,<br />
Ehrenmitglied des Grundschulverbandes<br />
* Die Zitate stammen aus: Neun Prinzipien zeitgemäßer Grundschularbeit.<br />
Wieder abgedruckt in: Bartnitzky / Hecker (Hrsg.)<br />
(2010): Allen Kindern gerecht werden – Aufgabe und Wege.<br />
Frankfurt a. M., Grundschulverband, S. 202 ff.<br />
2 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010
Thema: Grundschrift<br />
Horst Bartnitzky<br />
»Schreiben mit Schwung« –<br />
mit der Grundschrift die eigene Handschrift entwickeln<br />
»Eine gut lesbare Handschrift flüssig schreiben«, heißt die Zielvorgabe in den<br />
Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Primarbereich der Kultusminister<br />
aller 16 Bundesländer. 1) Keine Rede von LA oder VA oder SAS oder von einer<br />
Schrift, die zwanghaft die Buchstaben im Wort miteinander verbindet. Diese<br />
Festlegung gibt nun den Weg frei für eine überfällige Neuentscheidung in der<br />
Schriftenfrage.<br />
Solange Lesenlernen und Schrei ben -<br />
lernen didaktisch getrennt gedacht<br />
und getrennt praktiziert waren,<br />
mochte die Entscheidung sinnvoll sein:<br />
für das eine, das Lesen, die Druckschrift,<br />
für das andere, das Schreiben, eine besondere<br />
Schreibschrift – eine aus dem<br />
Angebot der drei Ausgangsschriften:<br />
Lateinische und Vereinfachte Ausgangsschrift<br />
sowie Schulausgangschrift.<br />
Vom Ende der LA, VA und SAS<br />
Seitdem aber Lesen- und Schreibenlernen<br />
didaktisch zusammen gedacht und<br />
zusammen praktiziert werden, ist nur<br />
noch eine Entscheidung in der Schriftenfrage<br />
sinnvoll, nämlich die Druckschrift<br />
für beides. Dies lehrt der Blick<br />
auf die vielen Kinder, die schon vor der<br />
Schule den Weg in die Schrift finden<br />
und dabei mit Druckbuchstaben ihre<br />
ersten Briefe und Notizen schreiben.<br />
Dies gebietet die didaktische Einsicht,<br />
dass Lesen- und Schreibenlernen die<br />
zwei Seiten derselben Medaille sind und<br />
sich im Schriftspracherwerb gegenseitig<br />
befördern. Und dies zieht die Konsequenz<br />
aus der Erkenntnis, dass nach<br />
der Druckschrift die Einführung einer<br />
»verbundenen Ausgangsschrift« ein<br />
Rückschritt in der Schriftentwicklung<br />
darstellt.<br />
Die Druckschrift sollte damit die einzige<br />
Ausgangsschrift sein, aus der Kinder<br />
im Laufe der Grundschulzeit und<br />
dann lebenslang ihre eigene individuelle<br />
Handschrift weiter entwickeln.<br />
LA, VA und SAS sind als verbundene<br />
Ausgangsschriften, so sinnvoll sie zu<br />
ihrer Zeit gewesen sein mögen, heute<br />
historisch überholt: Sie gehören ins didaktische<br />
Museum.<br />
Die Grundschrift als<br />
einzige Ausgangsschrift<br />
Der Grundschulverband nennt die<br />
»Handdruckschrift« Grundschrift. Der<br />
Begriff vermeidet für das Schreiben den<br />
Begriff Druckschrift, weil damit die gedruckten<br />
Buchstabenformen assoziiert<br />
werden.<br />
Es geht nicht um das genaue Abmalen<br />
der Druckbuchstaben, sondern um<br />
eine gut schreibbare Schrift, die der gedruckten<br />
entspricht, die aber mit der<br />
Hand geschrieben wird. Damit unterscheidet<br />
sich die Grundschrift von den<br />
vorhandenen Druckschriftformen in<br />
Lehrplänen und in nahezu allen Schülermaterialien,<br />
bei der die Buchstaben<br />
1:1 den Drucktypen entsprechen. Auch<br />
die geschriebenen Grundschrift-Buchstaben<br />
haben zwar eine klare Form, sie<br />
sind aber individuell. In einer Fachgruppe<br />
des Grundschulverbandes haben<br />
wir zum didaktischen Konzept eine<br />
Grundschrift-Kartei mit allen Buchstaben<br />
zum Lernen und Üben erarbeitet.<br />
Die Entwurfsfassung zusammen mit<br />
einer didaktischen Kommentierung ist<br />
von der Homepage des Grundschulverbandes<br />
herunterladbar. Eine ausführliche<br />
Darstellung findet sich im Themenheft:<br />
Grundschrift, damit Kinder besser<br />
schreiben lernen. 2)<br />
Zum Aufbau der Karteikarten mit<br />
den Buchstaben siehe Abb. 1.<br />
Die Weiterführung:<br />
»Schreiben mit Schwung«<br />
Mit der Grundschrift entwickeln die<br />
Kinder ihre eigene »gut lesbare und<br />
flüssige Handschrift«, wie dies die Bildungsstandards<br />
formulieren:<br />
Buchstabenverbindungen: Die Kinder<br />
probieren aus, Buchstaben miteinander<br />
zu verbinden. Anlass dazu können<br />
Aufbau der Karteikarten<br />
»Die Buchstaben«<br />
Zu jedem Kleinbuchstaben<br />
gibt es Lautbilder mit je eigenen<br />
Illustrationen.<br />
Der jeweilige Laut ist im Wort zu<br />
hören.<br />
Zu jedem Lautbild erscheint das<br />
ent sprechende Wort gedruckt.<br />
Der betreffende Buchstabe ist<br />
farblich hervorgehoben.<br />
So wird die Verwendung des<br />
Buchstabens im Wort dokumentiert<br />
und die Korrespondenz zum<br />
handgeschriebenen Buchstaben<br />
verdeutlicht.<br />
Banane<br />
Rakete<br />
acht<br />
Jede Bewegungsgruppe hat eine<br />
eigene Farbe.<br />
So können Buchstaben mit ähnlichem<br />
Bewegungsablauf gemeinsam geübt<br />
werden.<br />
© Grundschrift: www.grundschulverband.de · © Illustrationen: www.designritter.de<br />
Aufbau der Karteikarten<br />
»Die Buchstaben«<br />
Anlautbilder zu den Großbuchstaben.<br />
Es werden gängige Anlautbilder verwendet, um die Arbeit<br />
mit unterschiedlichen Medien koordinieren zu können.<br />
Zu jedem Anlautbild<br />
erscheint das entsprechende<br />
Wort<br />
gedruckt.<br />
Der betreffende<br />
Buchstabe ist farblich<br />
hervorgehoben.<br />
So wird die Verwendung<br />
des Buchstabens<br />
im Wort dokumentiert<br />
und die Korrespondenz<br />
zum handgeschriebenen<br />
Buchstaben<br />
verdeutlicht.<br />
Delfin<br />
Dino<br />
Dose<br />
Im Zentrum ein groß geschriebener<br />
Buchstabe auf der Grundlinie.<br />
Der günstige Bewegungsverlauf<br />
ist mit einem Ausgangspunkt und<br />
Pfeilen im Buchstaben markiert.<br />
Die Buchstabenform wird mit dem<br />
Finger nachgefahren.<br />
© Grundschrift: www.grundschulverband.de · © Illustrationen: www.designritter.de<br />
Die Grundlinie<br />
wird jeweils<br />
angezeigt, um<br />
den Stand und<br />
die Proportionen<br />
des Buchstabens<br />
deutlich zu<br />
machen.<br />
Kleiner geschriebene<br />
Buchstaben<br />
zum Nachfahren<br />
mit dem Finger.<br />
Abb. 1<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />
3
Thema: Grundschrift<br />
Aufbau der Karteikarten »Schreiben mit Schwung«<br />
Buchstabenkombination,<br />
die häufig geschrieben<br />
wird,<br />
hier als einzelne<br />
Buchstaben der<br />
Grundschrift.<br />
Vorderseite<br />
Probiere es aus:<br />
»Schreibe mit Schwung«<br />
– das Motto des flüssigen<br />
Schreibens<br />
Kindername als Anregung,<br />
weitere Namen mit der<br />
Buchstabenkombination zu<br />
finden und zu schreiben.<br />
Ein kleines Gedicht mit<br />
mehrfacher Verwendung der<br />
Buchstabenkombination.<br />
Die Verse können anregen,<br />
sie »mit Schwung« zu<br />
schrei ben, z. B. ins Heft<br />
Meine Schrift.<br />
»Probiere aus« ist<br />
der metho dische<br />
Grundsatz: Alle<br />
Vorlagen gelten<br />
nicht als Norm,<br />
sondern als<br />
Angebot zum<br />
Ausprobieren.<br />
Eins, zwei, drei,<br />
buntes Osterei.<br />
Das Osterei ist meins,<br />
drei, zwei, eins.<br />
Verbindung der Buchstabenkombination<br />
auf dem Papier<br />
Die Kinder spuren sie mit dem<br />
Finger nach. Danach probieren<br />
sie verschiedene Möglichkeiten<br />
im linken blauen Feld aus.<br />
Abb. 2: Aufbau der Karteikarten mit Buchstabenkombinationen<br />
die Betrachtungen von Schriften Erwachsener<br />
geben. Die Wendebögen am<br />
Ende von Grundschrift-Buchstaben,<br />
die mit einem Abstrich enden, bieten<br />
sich zur Weiterführung zum nächsten<br />
Buchstaben an: a und u zum Beispiel.<br />
Das können die Kinder ausprobieren.<br />
Mit schreibhäufigen Wörtern können<br />
die Kinder ausprobieren, was sich für<br />
ihre Hand schwungvoll schreiben lässt:<br />
wie auf oder laut, Namen von Kindern<br />
in der Klasse wie Paul oder Paula. Ein<br />
kleines Gedicht kann ein weiterer Text<br />
© Grundschrift: www.grundschulverband.de · © Illustrationen: www.designritter.de<br />
Die Schreibweisen im<br />
blauen Feld zeigen verschiedene<br />
Möglichkeiten,<br />
die Buchstaben auf dem<br />
Papier oder nur in der Luft<br />
zu verbinden.<br />
Die Kinder spuren sie mit<br />
dem Finger nach und<br />
probieren, was sie gut<br />
»mit Schwung« schrei ben<br />
können.<br />
Sie schreiben das Wort<br />
mehrfach auch ins Heft, sie<br />
probieren und üben dabei<br />
ihre eigene Schreibweise.<br />
Alltägliche Wörter mit der Buchstabenkombination:<br />
Die Kinder spuren sie mit dem<br />
Finger nach und schrei ben sie dann auf.<br />
Dabei können sie auch verschiedene<br />
Schreibweisen erproben (siehe Vorderseite).<br />
Schreibe mit Schwung:<br />
Rückseite<br />
sein, bei dem die Buchstabenkombination<br />
geübt wird. Ähnlich kann mit<br />
Buchstabenkombinationen ausprobiert<br />
werden, die häufig zusammen geschrieben<br />
werden: ei, ie, en, in, te, ch und andere.<br />
Immer gilt das Prinzip: Man kann<br />
verbinden, man muss aber nicht. Das<br />
schreibende Kind entscheidet am Ende<br />
selbst über seine Handschrift.<br />
Wir haben für solche Übungen den<br />
Teil 2 der Kartei zum Lernen und Üben<br />
in einer Entwurfsfassung erarbeitet,<br />
das Motto des zunehmend flüssigen<br />
© Grundschrift: www.grundschulverband.de · © Illustrationen: www.designritter.de<br />
Dr. Horst Bartnitzky<br />
Grundschul pädagoge<br />
Schreibens ist hierbei »Schreiben mit<br />
Schwung«. Immer bleiben dabei die<br />
Kontrollfragen:<br />
● Was kann ich mit Schwung gut<br />
schrei ben?<br />
● Sind alle Buchstaben gut zu erkennen?<br />
● Ist der Text gut zu lesen?<br />
Zum Aufbau der Karteikarten<br />
mit Buchstabenkombinationen siehe<br />
Abb. 2.<br />
Buchstabenvarianten: Bei einigen<br />
Buchstaben können die Kinder auch<br />
variante Schreibweisen des Buchstabens<br />
kennen lernen und ausprobieren. Das<br />
kleine w zum Beispiel kann man unten<br />
mit Spitzen, aber auch gerundeter mit<br />
Bögen schreiben oder das große E kann<br />
man mit einem senkrechten und drei<br />
waagerechten Strichen schreiben, aber<br />
auch gerundeter in einem Schriftzug.<br />
Zum Aufbau der Karteikarten mit<br />
Buchstabenvarianten siehe Abb. 3 und 4.<br />
Schriftgespräche: Begleitet wird die<br />
Schriftentwicklung von Beginn an<br />
durch Schriftgespräche – der Kinder<br />
mit der Lehrerin, mit dem Partner, in<br />
der Gruppe. Dies gilt von Anfang an:<br />
Welche Buchstaben sind gut gelungen?<br />
Mit welchem Stift schreibe ich am besten?<br />
Schreibe ich lieber ohne Linien<br />
oder auf einer Linie, mit größer geschriebener<br />
oder mit kleiner geschriebener<br />
Schrift? Zu allen Buchstaben gibt<br />
es in der didaktischen Kommentierung<br />
auch Anregungen für solche Schriftgespräche.<br />
3)<br />
Zunehmend geraten die wesentlichen<br />
Kriterien in den Blick:<br />
● gute Lesbarkeit: Können andere meinen<br />
Text gut lesen?<br />
● Formklarheit der Buchstaben: Sind<br />
alle Buchstaben gut zu erkennen?<br />
4 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010
Thema: Grundschrift<br />
Schriftentwicklung: ein Anliegen aller Grundschuljahre<br />
Phasen der Schriftentwicklung Unterrichtsaufgaben und Materialien Ergänzende didaktische Elemente<br />
1. Phase:<br />
Die Buchstaben<br />
(Klasse 1)<br />
2. Phase:<br />
Schreiben mit Schwung<br />
(etwa: Ende Klasse 1, Klasse 2)<br />
3. Phase:<br />
zunehmende Geläufigkeit<br />
(etwa ab Klasse 3)<br />
Die Buchstaben werden erarbeitet und für<br />
das Schrei ben erster Texte verwendet.<br />
Material :<br />
Grundschrift-Kartei zum Lernen und Üben<br />
Teil 1: Die Buchstaben.<br />
Verbindungen zwischen Buchstaben werden erprobt,<br />
Buchstabenvarianten ausprobiert; die Kinder<br />
entwickeln ihre individuelle Handschrift weiter.<br />
Material :<br />
Grundschrift-Kartei zum Lernen und Üben<br />
Teil 2: Schreiben mit Schwung.<br />
Die Schriften der Kinder werden geläufiger;<br />
es gelten weiterhin die Kriterien:<br />
gut lesbar, formklar, flüssig geschrieben.<br />
Schriftgespräche<br />
Selbsteinschätzung<br />
und Rückmeldungen<br />
Heft »Meine Schrift«<br />
Unterrichtsthemen zu<br />
Schreiben und Schrift<br />
Gestalten mit Schrift<br />
●● Flüssigkeit: Sind die Wörter mit<br />
Schwung geschrieben?<br />
Siehe auch die Bögen zur Selbsteinschätzung<br />
und die Rückmeldeblätter in<br />
diesem Heft S. 18 f.<br />
Heft »Meine Schrift«: Mit den Kopiergeräten<br />
hat sich auch ein neuer Markt<br />
entwickelt: Verkauf von Kopiervorlagen.<br />
Ergänzt durch eigene Kopiervorlagen<br />
missrät Unterricht leicht zum Abarbeiten<br />
von Arbeitsblättern, die dann nach getaner<br />
Arbeit lieblos entsorgt werden. Für<br />
eine sorgsame Schriftentwicklung ist auch<br />
ein achtsamer Umgang mit dem Geschriebenen<br />
wichtig. Deshalb schlagen wir vor,<br />
handgeschriebene Übungen und Texte in<br />
ein Heft zu schrei ben: »Meine Schrift«.<br />
Wenn das von Beginn an geschieht und<br />
bis zum Ende der Grundschulzeit praktiziert<br />
wird, dann werden die Hefte durchnummeriert<br />
und sind immer Ausweis der<br />
Schriftentwicklung des Kindes.<br />
Da die traditionellen Lineaturen für<br />
die Anfangsklassen den Schreibfluss<br />
eher hemmen, sollten die Hefte unliniiert<br />
sein. Linienblätter vorzugsweise nur<br />
mit einer Grundlinie können untergelegt<br />
werden (Vorlagen zum Download hierzu:<br />
www. www.grundschulverband.de/<br />
projekte/projekte_grundschrift/).<br />
In diese Hefte können auch die Bögen<br />
zur Selbsteinschätzung und die Rückmeldeblätter<br />
eingeklebt werden. (Siehe<br />
in diesem Heft S. 18 f.)<br />
Unterrichtsthema Schreiben und<br />
Schrift: Von Beginn an ist Schreiben<br />
und Schrift beim Lernen und Üben der<br />
Buchstaben, bei dem Erproben vom<br />
Buchstabenverbindungen Unterrichtsthema.<br />
Genereller betrachtet ist das<br />
Thema so kulturell bedeutsam wie unerschöpflich:<br />
Schriften in der Lebenswelt<br />
der Kinder, auf Prospekten, in<br />
Schriftproben Erwachsener, Schriften<br />
in anderen Ländern und Kulturen, Blindenschrift,<br />
die Geschichte der Schrift,<br />
Schriftgeräte und ihre Geschichte,<br />
Schriftgestaltung und eigenes Gestalten<br />
mit Schrift …<br />
Siehe in diesem Heft S. 14 ff.<br />
Der didaktisch<br />
anspruchsvollere Weg<br />
Geläufige Gegenargumente sind: Es<br />
gehe nur darum, den Kindern immer<br />
alles leichter zu machen, statt sie durch<br />
Anstrengungen herauszufordern. – Mit<br />
der Grundschrift werde die Schreibschrift<br />
abgeschafft. – Schrift werde beliebig.<br />
– Und: Die LA (VA, SAS) seien<br />
doch schützenswertes deutsches Kulturgut.<br />
Dies sind Argumente an der<br />
Sachlage vorbei:<br />
●● Die Kinder werden nicht angehalten,<br />
wie dies bei LA und Co. der Fall<br />
ist, Formen lediglich zu reproduzieren.<br />
Probiere es aus:<br />
Schreibe mit Schwung:<br />
© Grundschrift: www.grundschulverband.de · © Illustrationen: www.designritter.de<br />
Auch kleine Katzen<br />
mit kleinen Tatzen<br />
können kräftig kratzen.<br />
© Grundschrift: www.grundschulverband.de · © Illustrationen: www.designritter.de<br />
Abb. 3 und 4: Aufbau der Karteikarten mit Buchstabenvarianten<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />
5
Thema: Grundschrift<br />
Vielmehr probieren sie eigenständig<br />
und entwickeln ihre Schrift kriterienbezogen<br />
weiter. Didaktisch gesehen, ist<br />
dies der anspruchsvollere Weg – für die<br />
Kinder wie für die Lehrkräfte.<br />
●● Nicht die Schreibschrift wird abgeschafft,<br />
sondern die drei Varianten<br />
der genormten Schul-Ausgangsschriften.<br />
Denn die Grundschrift und im<br />
Weiteren die individuelle Handschrift<br />
erfüllen alle Funktionen an eine<br />
Schreibschrift: Sie werden mit der Hand<br />
geschrieben und fixieren Gedanken<br />
und Botschaften.<br />
●● Jede funktionierende Schreibschrift<br />
muss Kriterien genügen: Sie muss formklar<br />
und bewegungsflüssig sein. Gerade<br />
diese Aspekte sind hier durchgängige<br />
Anforderungen bei allen Schreibproben<br />
und Kriterien für die Erprobungen von<br />
Buchstabenvarianten und -verbindungen.<br />
Selbsteinschätzung und Rückmeldungen<br />
durch Mitschüler und Lehrkraft<br />
gehören zum Konzept.<br />
●● Kulturgut ist die lateinische Buchstabenschrift,<br />
die ermöglicht, mit wenigen<br />
Zeichen alles sprachlich Erdenkliche zu<br />
verschriften. Die Schulschriften, die darauf<br />
fußen, haben sich häufig geändert.<br />
Zum Beispiel wurde im 20. Jahrhundert<br />
mindestens sieben Mal die Schulschrift<br />
gewechselt. 4)<br />
Mit der Grundschrift beginnen und sie<br />
zu individuellen Handschriften weiterentwickeln<br />
– dies ist der so zeitgemäße<br />
wie anspruchsvolle Weg, um das Ziel<br />
der Grundschularbeit mit allen Kindern<br />
zu erreichen. In der Setzung der<br />
Bildungsstandards heißt das: »eine gut<br />
lesbare Handschrift flüssig schreiben«.<br />
Genau das.<br />
Anmerkungen<br />
1) Kultusminsterkonferenz (2005): Bildungsstandards<br />
im Fach Deutsch für den Primarbereich<br />
(Jahrgangsstufe 4). München, S. 10<br />
2) Siehe auch: <strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong> Heft 110<br />
Mai 2010. Themenheft: Grundschrift, damit<br />
Kinder besser schreiben lernen.<br />
3) www.grundschulverband.de ; Stichwort:<br />
Projekt Grundschrift; Lehrerkommentar zu<br />
den Buchstabengruppen<br />
4) zur Geschichte: Elisabeth Neuhaus-<br />
Siemon (Hrsg.) (1981): Schreibenlernen im<br />
Anfangsunterricht der <strong>Grundschule</strong>.<br />
Frankfurt a. M., S. 7 ff.<br />
Frage: Ist die Grundschrift eine Druckschrift oder eine Schreibschrift?<br />
Kurzantwort:<br />
Sie ist beides. Im Formbestand ist sie an den Formen der Druckschrift<br />
orientiert, in ihrer Funktion ist sie eine Schreibschrift.<br />
Die Grundschrift ist eine Schrift für die Hand der Kinder.<br />
Ausführlicher:<br />
Die Grundschrift ist eine Druckschrift:<br />
● Ihre Buchstaben sind an den Formen der schulüblichen<br />
Druckschrift (Gemischt-Antiqua) orientiert<br />
● und der (Schreib-)Motorik von Kindern angepasst.<br />
Kinder bringen mit ihrer Hand die Buchstaben in<br />
Bewegung: Sie werden deshalb nicht »gedruckt«,<br />
sondern in flüssiger Bewegung geschrieben.<br />
(siehe Grundschrift-Kartei Teil 1: Die Buchstaben)<br />
Die Grundschrift ist eine Schreibschrift,<br />
● denn sie ist eine mit der Hand geschriebene Schrift<br />
● und mit ihr teilt das schreibende Kind etwas mit. *<br />
Nach dem Erwerb der Buchstaben erproben die Kinder<br />
Verbindungen von Buchstaben.<br />
(siehe Grundschrift-Kartei Teil 2: Schreiben mit Schwung.)<br />
Mit der Grundschrift beginnt das Kind von Anfang an, seine individuelle<br />
Handschrift zu entwickeln. Als Anspruch an die individuelle<br />
Schrift gelten die beiden Kriterien Formklarheit und Flüssigkeit.<br />
* Sie entspricht damit der klassischen Schrift-Definition, die Prof. Fritz Bärmann<br />
in den siebziger Jahren so formulierte: »Schrift ist die Spur eines Werkzeugs<br />
auf einer Unterlage, hervorgerufen und nach überlieferten Zeichen zu<br />
Zwecken der Dokumentation und der Kommunikation in Bewegung gestaltet<br />
von menschlicher Hand.«<br />
6 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010
Thema: Grundschrift<br />
Christiane Schüßler<br />
Schrift und Schreiben als ständige<br />
Arbeitsspur in der <strong>Grundschule</strong><br />
Anregungen für schulinterne Arbeitspläne<br />
Die Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz<br />
beschreiben Kompetenzen,<br />
die Schülerinnen und Schüler<br />
bis zu einem bestimmten Zeitpunkt<br />
der Schullaufbahn fachspezifisch erwerben<br />
sollen. Die Standards beschreiben<br />
ein mittleres Niveau, beziehen sich<br />
auf den Kernbereich des Faches und<br />
lassen somit Schulen pädagogische<br />
Gestaltungsfreiräume.<br />
Christiane Schüßler<br />
Schulrätin im Schulamt für die Landeshauptstadt<br />
Düsseldorf und dort<br />
Leiterin des Kompetenzteams für<br />
Lehrerfortbildung. Seit Jahren tätig im<br />
Aufgabenfeld Erwerb der Schreib- und<br />
Lesekompetenz sowie im Übergang<br />
vom Elementar- zum Primarbereich<br />
und Mitglied der Lehrplankommission<br />
Deutsch in NRW.<br />
Für das Fach Deutsch legte die Kultusministerkonferenz<br />
(KMK) –<br />
verbindlich für alle Bundesländer<br />
– für die Klassen 4 am Ende der Grundschulzeit<br />
fest, »dass Kinder<br />
●● eine gut lesbare Handschrift flüssig<br />
schreiben<br />
●● Texte zweckmäßig und übersichtlich<br />
gestalten<br />
●● den PC – wenn vorhanden – zum<br />
Schreiben verwenden und für Textgestaltung<br />
nutzen«. 1)<br />
Wenn also am Ende der Grundschulzeit<br />
Kinder über eine lesbare, flüssig geschriebene<br />
Handschrift verfügen sollen,<br />
mit Hilfe derer sie entsprechend zweckmäßig<br />
schreiben können, entspricht<br />
dies den Zielen des Grundschulverbandes,<br />
die an die Grundschrift formuliert<br />
werden: »Vom ersten Schreiben mit der<br />
Grundschrift aus entwickeln die Kinder<br />
individuell ihre persönliche Handschrift.«<br />
2)<br />
Wie können Schulen oder einzelne<br />
Klassen dieses Ziel erreichen?<br />
In den letzten Jahren ist die Erarbeitung<br />
schulinterner Arbeitspläne zu einer der<br />
Hauptaufgaben der Schulentwicklung<br />
geworden. Alle Lehrpläne, die – kompetenzorientiert<br />
formuliert – zu erreichende<br />
Ziele zum Ende von Jahrgangsstufen<br />
oder am Ende der Klasse 4 verbindlich<br />
festlegen, verlangen von den Kollegien<br />
die standortbezogene Auseinandersetzung<br />
mit den innerhalb eines Systems<br />
festgelegten Inhalten und Methoden,<br />
damit möglichst alle Kinder auf ihrem<br />
jeweiligen Niveau die geforderten Ziele<br />
erreichen können.<br />
Es gibt mehrere Zugangsmöglichkeiten,<br />
um das Thema Schrift und<br />
Schrei ben in der vom Grundschulverband<br />
vorgeschlagenen Vorgehensweise<br />
zu verankern.<br />
Die erste Möglichkeit: Einzelne Lehrkräfte<br />
oder ein Team in der Schuleingangsphase<br />
möchten die Grundschrift<br />
einführen und daran anknüpfend in<br />
ständiger Beachtung und Bearbeitung<br />
(in Schriftgesprächen und eigenen Reflexionen,<br />
mit Unterrichtsthemen und<br />
-projekten) Kinder ihre eigene Handschrift<br />
entwickeln lassen.<br />
Dabei haben sich folgende Schritte als<br />
hilfreich erwiesen:<br />
1. Vorstellung der Grundschrift in der<br />
Lehrerkonferenz<br />
2. Einigung auf Umsetzung innerhalb<br />
der ganzen Schule beginnend mit den<br />
Klassen 1 und 2 (Schuleingangsphase)<br />
oder in einer Klasse<br />
3. Beteiligung der Klassenpflegschaften<br />
bzw. der Schulkonferenz mit der<br />
Bitte um Zustimmung, dieses als Projekt<br />
zwei Jahre durchführen zu können<br />
4. Entwicklung eines Evaluationsbogens<br />
zur Einschätzung des Erfolges<br />
nach einem Jahr und nach zwei Jahren<br />
5. Durchführung in den jeweiligen<br />
Klassen<br />
6. Bericht über Fortschritt und Schwierigkeiten,<br />
Fragen jedes Vierteljahr in<br />
der Lehrerkonferenz<br />
7. am Ende eines Jahres: Ausweitung<br />
bei Erfolg auf die zukünftigen ersten<br />
Klassen<br />
Die zweite Möglichkeit: Die sukzessive<br />
Einführung der Grundschrift für<br />
die gesamte Schule. Diese Möglichkeit<br />
hat sich im Grundschulbereich als sehr<br />
vielversprechend herauskristallisiert,<br />
gerade bei so wesentlichen Themen wie<br />
Erwerb der Schreib- und Lesefähigkeit,<br />
dem Erlernen des Rechnens, der Methodenvielfalt<br />
im Zusammenhang mit<br />
selbständigen Lernprozessen usw. Sinnvoll<br />
ist demnach, zum jetzigen Zeitpunkt<br />
sowohl mit den Klassen 1 und 2<br />
(bzw. den Lerngruppen der Eingangsstufe)<br />
die Grundschrift zu erarbeiten<br />
und »Schrift und Schreiben« dann fortgesetzt<br />
als ständige Arbeitsspur bis zum<br />
Ende der Klasse 4 im Unterricht zu berücksichtigen.<br />
Kollegien, die in sich geschlossen einen<br />
didaktischen Weg und damit einen<br />
einheitlichen Lernansatz propagieren<br />
und diesen Eltern gegenüber vertreten,<br />
haben großen Erfolg in der Umsetzung:<br />
Die Akzeptanz und das ständige Üben<br />
bei den Kindern wird intensiviert,<br />
wenn Klassenlehrer und Fachlehrer<br />
die gleichen Impulse für die Weiterentwicklung<br />
der Schrift geben, Fragen über<br />
Schrift (Lesbarkeit, Schnelligkeit etc.) in<br />
ihren Unterricht integrieren und damit<br />
deutlich machen, dass der Erwerb der<br />
Schrift ein ständiges Thema ist.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />
7
Thema: Grundschrift<br />
Schulen, die einen ähnlichen Ansatz<br />
schon seit Jahren praktizieren, berichten,<br />
dass sich die umliegenden Einrichtungen<br />
aus dem Elementarbereich<br />
gerne an der Grundschrift orientieren<br />
und diese allen Kindern zur Verfügung<br />
stellen, die schon vor Schuleintritt<br />
schrei ben möchten.<br />
Weiterführende Schulen sind dankbar,<br />
wenn ihre Schülerinnen und Schüler<br />
eine formklare, lesbare und in angemessener<br />
Zeit geschriebene Schrift in<br />
der <strong>Grundschule</strong> gelernt haben. 3)<br />
Wie kann sich eine Schule<br />
auf den Weg machen?<br />
Der folgende Weg hat sich als sinnvoll<br />
erwiesen:<br />
1. Intensive Auseinandersetzung mit<br />
der Grundschrift und den Vorzügen<br />
dieses Ansatzes<br />
2. Erstes Erproben von Buchstabenverbindungen<br />
mit Kindern, z. B. in einer<br />
jetzigen Kl. 2<br />
3. Vorstellung und Diskussion in der<br />
Lehrerkonferenz (zur Vorstellung der<br />
Materialien 4) ist es gleichzeitig sinnvoll,<br />
dass die Lehrer/innen selbst ausprobieren<br />
und zeigen, wie unterschiedlich sie<br />
einen Stift halten und die jeweiligen<br />
Buchstaben und Verbindungen schreiben)<br />
4. Erstellung eines schulinternen Arbeitsplanes<br />
(hierzu kann die folgende<br />
Übersicht als Arbeitsgrundlage genutzt<br />
werden)<br />
Die Übersicht (siehe S. 9) verdeutlicht,<br />
wie Schrift und Schreiben als ständige<br />
Arbeitsspur die Kinder und damit die<br />
Unterrichtsinhalte in allen 4 Grundschuljahren<br />
begleiten: Dabei ist es nicht<br />
hinreichend, die Kinder die Grundschrift,<br />
individuelle Verbindungen, das<br />
Schreiben mit dem am besten geeigneten<br />
Stift und die einzelnen Schreibhefte<br />
individuell »abarbeiten« zu lassen. Um<br />
angeleitet und reflektiert zu einer individuellen,<br />
lesbaren und flüssig schreibbaren<br />
Handschrift zu gelangen, sind die<br />
Gespräche über Schrift, die grundsätzlichen<br />
Fragehaltungen (»Sind die Buchstaben<br />
und Wörter gut lesbar?« »Sind<br />
die Buchstaben erkennbar?« »In welchen<br />
Schreibvarianten kommen Buchstaben<br />
und Verbindungen vor?«) das<br />
Wesentliche, das sich durch alle Schriftund<br />
Schreibprojekte, die in den Klassen<br />
1 bis 4 durchgeführt werden, ziehen<br />
muss (also beispielsweise zu Beginn im<br />
Klassenverband gemeinsam Schriftproben<br />
bewerten, oder – wenn die Kinder<br />
dieses Arbeiten gewohnt sind – selbstständig<br />
in Partner- oder Kleingruppenarbeit).<br />
Die Einführung der Buchstaben in<br />
der Grundschrift kann mit Hilfe der<br />
Grundschrift-Kartei: Teil 1 geschehen.<br />
Dazu bietet es sich an, innerhalb der<br />
Schule zu vereinbaren, ob in jeder beginnenden<br />
Klasse 1 mehrere Karteien<br />
zur Verfügung stehen, damit die Kinder<br />
ungestört auch parallel arbeiten können.<br />
Somit lernen Kinder von Beginn an,<br />
dass nicht nur das Ergebnis (der Buchstabe<br />
auf dem Papier) zählt. Mit Hilfe<br />
der Schriftgespräche erlernen sie ein<br />
Gespür für das eigene Empfinden der<br />
Schreibgeläufigkeit, und das Aussehen<br />
der Schrift wird für den Leser wichtig.<br />
Um diese Schriftgespräche einzuführen<br />
und zu üben ist es hilfreich, schon in<br />
den ersten Schulwochen Schriften von<br />
Erwachsenen zu sammeln, diese zu vergleichen<br />
und unter den o. a. Fragestellungen<br />
zu bewerten.<br />
Im Laufe der Zeit – je nach Entwicklungsfortschritt<br />
des einzelnen Kindes<br />
schon in den ersten Schulwochen oder<br />
erst nach einigen Monaten – werden<br />
Buchstabenverbindungen ausprobiert,<br />
erprobt und geübt. Wichtig ist hierbei,<br />
dass die Hinweise der Lehrerin oder der<br />
anderen Kinder als Angebote verstanden<br />
werden – die Entscheidung über<br />
das eigene Schreiben trifft jedes Kind<br />
individuell und kommt damit in der<br />
Entwicklung der eigenen Handschrift<br />
wieder ein Stück voran.<br />
Im weiteren Verlauf werden so auch<br />
Wörter und Texte geübt. Somit sollten in<br />
regelmäßigen Abständen unterschiedliche<br />
Projekte oder Unterrichtsvorhaben<br />
durchgeführt werden, wie z. B. das<br />
künstlerische Gestalten von Buchstaben<br />
(eigene Initialien), die Auseinandersetzung<br />
mit Frakturschrift oder anderen<br />
alten Druckschriften, Geheimschriften<br />
kennen und schreiben oder mit Wörtern<br />
gestalten (z. B. »Regenwurm« in<br />
Form eines Regenwurms).<br />
In den Klassen 3 und 4 können sicherlich<br />
mehrere Schreibvorhaben<br />
angeboten werden. Es ist hilfreich,<br />
verschiedene Angebote und Aufgabenstellungen<br />
vorzuhalten, damit Kinder<br />
in Zeiten, in denen Schrift und Schreiben<br />
wieder stärker im Mittelpunkt des<br />
Unterrichts stehen, selbst Schwerpunkte<br />
auswählen können: Computerschriften<br />
ausprobieren und damit gestalten,<br />
die Blindenschrift (Brailleschrift) untersuchen,<br />
Schriften früher und heute<br />
vergleichen (z. B. Sütterlin-Schrift und<br />
andere Schulschriften), Schriften in<br />
anderen Kulturen und Ländern (z. B.<br />
Schreiben wie die Chinesen, ägyptische<br />
Hieroglyphen schreiben) … Ganz besonders<br />
interessant ist es für Kinder in<br />
diesem Zusammenhang auch, verschiedene<br />
(alte und neue) Schreibgeräte und<br />
-materialien zu sammeln, zu untersuchen,<br />
damit zu schreiben und sie auch<br />
in einer Ausstellung anderen zugänglich<br />
zu machen.<br />
Wichtig für die Erstellung eines Arbeitsplanes<br />
sind immer die Aspekte der<br />
Selbsteinschätzung und Reflexion (vgl.<br />
die im Heft vorgeschlagenen Rückmeldebögen,<br />
s. S. 18 f. / van der Donk).<br />
Schrift und Schreiben können zur<br />
ständigen Arbeitsspur in der <strong>Grundschule</strong><br />
werden. Die individuelle<br />
(Schreib-) Entwicklung der Kinder wird<br />
dabei stets mit bedacht und beachtet. In<br />
regelmäßigen Abständen werden Schrift<br />
und Schreiben zum Unterrichtsgegenstand.<br />
So entsteht eine Lernumgebung,<br />
die die Entwicklung der individuellen<br />
Handschrift eines jeden Kindes herausfordert,<br />
begünstigt und zu einem selbstständigen<br />
Lern- und Arbeitsprozess<br />
werden lässt.<br />
Anmerkungen<br />
(1) Kultusministerkonferenz (2005):<br />
Bildungsstandards im Fach Deutsch für den<br />
Primarbereich (Beschluss der KMK vom<br />
15. 10. 2004). München: Wolters Kluwer.<br />
(2) Grundschulverband (2010): Grundschrift<br />
– auf einen Blick. In: <strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>,<br />
Heft 110, S. 3.<br />
(3) vgl. Bode, L (2010): Druckschrift als einzige<br />
Schrift. Erfahrungen aus sieben Jahren<br />
Schulpraxis. In: <strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>,<br />
Heft 110, S. 17 – 19.<br />
(4) Grundlage können sein die Texte aus<br />
Heft 110 und aus dieser Ausgabe von<br />
»<strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>«, dazu die Materialien<br />
zur Grundschrift unter<br />
www.grundschulverband.de<br />
(Grundschrift-Kartei, Teil 1 und 2,<br />
»Schreibräume«, Kommentar für Lehrerinnen<br />
und Lehrer).<br />
8 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010
Thema: Grundschrift<br />
Arbeitsplan »Schrift und Schreiben« für die Klassen 1 bis 4<br />
Von der Grundschrift zur individuellen Handschrift<br />
Eingangsstufe<br />
/<br />
Klassen 1/2<br />
Grundschrift üben und reflektieren<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
alle Buchstaben in Grundschrift üben<br />
und verwenden<br />
erste Verbindungen in verschiedenen<br />
Varianten ausprobieren, üben und<br />
verwenden<br />
Wörter und Texte in Grundschrift<br />
schreiben<br />
Schriftgespräche führen<br />
Material:<br />
●● Grundschrift: Kartei zum Lernen und<br />
Üben, Teil 1: Die Buchstaben<br />
●● Teil 2: Schreiben mit Schwung<br />
●● Heft »Meine Schrift«<br />
●● Fragen zur Selbsteinschätzung für Kinder<br />
●● Rückmeldebogen der Lehrkraft<br />
Schrift als Unterrichtsthema<br />
Möglichkeiten (zur Auswahl):<br />
●● Buchstaben des Namens in verschiedenen<br />
Schriften schreiben<br />
●● Lieblingswörter schreiben<br />
●● Unterschriften und Schriftproben von Kindern<br />
und Erwachsenen sammeln, betrachten und<br />
vergleichen (Besonderheiten, Lesbarkeit, Ästhetik)<br />
●● Buchstaben gestalten (mit versch. Stiften,<br />
Materialien)<br />
●● mit Buchstaben gestalten<br />
●● Buchstabenblätter und -sammlungen herstellen<br />
●● Schrift in der Umwelt finden und sammeln<br />
●● Wörter und erste Texte (aus)drucken<br />
Klassen 3/4<br />
●●<br />
●●<br />
individuelle Handschrift weiter ent wickeln<br />
dabei Verbindungen, Wörter und Texte<br />
üben und verwenden<br />
Material:<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
Grundschrift-Karteien<br />
Heft »Meine Schrift«<br />
Fragen zur Selbsteinschätzung für Kinder<br />
Rückmeldebogen der Lehrkraft<br />
Projektmaterialien zum Thema »Schrift<br />
und Schreiben»<br />
Möglichkeiten (zur Auswahl):<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
Schriften von Erwachsenen sammeln und<br />
vergleichen<br />
Schriften aus anderen Ländern kennen lernen<br />
und vergleichen (z. B. Schreiben wie die Chinesen,<br />
ägyptische Hieroglyphen schreiben)<br />
Schriften früher und heute vergleichen<br />
(z. B. Sütterlin-Schrift und andere alte Schulschriften<br />
untersuchen und ausprobieren, mittelalterliche<br />
Schriften kennen lernen und ausprobieren)<br />
Frakturschrift und andere alte Druckschriften<br />
untersuchen<br />
Computerschriften ausprobieren und damit<br />
gestalten<br />
Blindenschrift (Brailleschrift) untersuchen<br />
Geheimschriften kennen lernen und ausprobieren<br />
Computerschriften ausprobieren<br />
mit Wörtern gestalten (z. B. Ideogramme:<br />
»Regenwurm« in Form eines Regenwurms)<br />
künstlerische Buchstabengestaltungen<br />
(z. B. die eigenen Initialen)<br />
mit Schrift Bilder gestalten<br />
(z. B. Umrisse von Tieren als Vorlage und<br />
den Tiernamen immer wieder hineinschreiben)<br />
verschiedene (alte und neue) Schreibgeräte und<br />
-materialien sammeln, untersuchen, ausprobieren,<br />
ausstellen<br />
Die Übergänge sind selbstverständlich fließend zu verstehen.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />
9
Thema: Grundschrift<br />
Christina Mahrhofer-Bernt<br />
Schreibenlernen im Unterricht<br />
reflektiert gestalten –<br />
Produktive Übungsformen und ihre Zielsetzung<br />
Im häuslichen Alltag vollzieht sich Schreibenlernen beiläufig. Meine dreijährige<br />
Tochter imitiert die Handlung der Mutter und hinterlässt mit dem Stift in der<br />
Hand Spuren auf dem Papier. Sie „notiert“ Informationen in einem Notizbuch.<br />
Sie malt den Anfangsbuchstaben ihres Namens ab. Schreiben bedeutet für sie<br />
Malen von Buchstaben. Vor der Schule motiviert das »Nachmachen wollen« das<br />
Schreibenlernen. Nach Schuleintritt dominiert das »wirklich Schreiben können<br />
wollen« das Schreibenlernen.<br />
Leserlichkeit = Die Leserlichkeit bezieht<br />
sich auf die Mühelosigkeit, mit der<br />
Schrift entziffert werden kann. Sie hat<br />
primär mit grafischen Informationen zu<br />
tun wie Buchstabenform, Buchstabengröße,<br />
Schriftneigung, Abstand innerhalb<br />
und zwischen Wörtern. (vgl. Mahrhofer<br />
2004, 24 ff.)<br />
Lesbarkeit = Die Lesbarkeit geht über<br />
die reine Dekodierung von Graphemen<br />
in bedeutungstragende phonematische<br />
Sinneinheiten hinaus und bezieht<br />
die Sinnentnahme mit ein. Neben graphischen<br />
Informationen fließen auch<br />
semantische und syntaktische Informationen<br />
in die Dekodierung ein. (vgl.<br />
Mahrhofer 2004, ebd.)<br />
Schreibflüssigkeit = Die Schreibflüssigkeit<br />
beschreibt die Bewegungsqualität<br />
beim Schreiben. Eine flüssige<br />
Schreibbewegung zeichnet sich durch<br />
einen minimalen Krafteinsatz und sehr<br />
zügige Ausführung aus. Sie verläuft<br />
weitgehend unbewusst und ohne Korrekturen<br />
des Bewegungsablaufes. Die<br />
Schreibflüssigkeit ist mit Hilfe von computergesteuerten<br />
Bewegungsanalysen<br />
messbar. (vgl. Mai et al. 1998, 85; Mahrhofer<br />
2004, 87ff.)<br />
Schulanfänger erwarten vom<br />
Schreib unterricht, dass sie das<br />
Schreiben ordentlich lernen. Sie<br />
möchten sich die Buchstaben in der<br />
treffenden Form aneignen. Einige Kinder<br />
unter ihnen kennen wenige, andere<br />
kennen viele Buchstaben aus dem<br />
häuslichen Umfeld. Manche bringen<br />
abgewandelte Formvorstellungen mit,<br />
andere verwenden weniger günstige Bewegungsabläufe.<br />
Allen gemeinsam ist:<br />
Formen sind noch nicht verinnerlicht.<br />
Schreibbewegungen werden kontrolliert<br />
und mit angespannter Hand ausgeführt.<br />
Der Auftrag des Schreibunterrichts<br />
ist es, diese Kinder auf ihrem individuellen<br />
Weg zur leserlichen und flüssigen<br />
Handschrift zu begleiten. Eine leserliche<br />
Schrift soll vom Schreiber selbst<br />
und von anderen lesbar sein. Eine flüssige<br />
Schrift entsteht durch routinierte<br />
Schreibbewegungen, die mit einer bestimmten<br />
Schreibgeschwindigkeit und<br />
ohne Aufmerksamkeit auf den Bewegungsablauf<br />
ausgeführt werden.<br />
Wie setzen wir diesen Auftrag des<br />
Schreibunterrichts um? Als Lehrkräfte<br />
stehen wir vor der Herausforderung, unsere<br />
Schreiblernangebote zu reflektieren<br />
und produktive Übungsformen gezielt<br />
einzusetzen. Natürlich machen wir uns<br />
Gedanken und wählen eine Ausgangsschrift,<br />
die sowohl in der Form wie auch<br />
in der Bewegung leicht zu erlernende<br />
Buchstaben anbietet. Die Grundschrift-<br />
Kartei Teil 1: Die Buchstaben bietet die<br />
Möglichkeit, den Kindern den Erwerb<br />
des Formeninventars zu erleichtern.<br />
Beide Aspekte, eine leicht zu erlernende<br />
Form samt der dazugehörigen Schreibbewegung,<br />
finden hier Berücksichtigung.<br />
In der Grundschrift-Kartei zum<br />
Lernen und Üben, Teil 2: Schreiben mit<br />
Schwung wird der Ansatz weitergeführt.<br />
Es werden günstige Verbindungsmöglichkeiten<br />
aufgezeigt und dem Schreiblerner<br />
zum Ausprobieren angeboten.<br />
Doch Schreibenlernen begründet sich<br />
nicht alleine in der Schrift. Einfluss auf<br />
den Erwerb der Form und der Schreibbewegung<br />
nehmen auch die Übungen,<br />
Instruktionen und Vorlagen, mit Hilfe<br />
derer die zu erlernenden Buchstaben in<br />
Form und Bewegung internalisiert werden<br />
sollen.<br />
Der Markt an Schreiblernmaterialien<br />
ist breit gefächert. Schulbuchverlage<br />
bieten neben Leselehrgängen auch<br />
Schreiblehrgänge zum Erwerb der Ausgangsschriften<br />
an. Auch für die offene<br />
Unterrichtsgestaltung findet sich eine<br />
Vielzahl von Kopiervorlagen auf CD-<br />
Roms, zum Download aus dem Internet<br />
und als Software zum Selbstgestalten.<br />
Doch je breiter der Markt und das<br />
Angebot, desto größer ist die Verantwortung<br />
einer bewussten Auswahl und<br />
eines durchdachten Einsatzes der Materialien<br />
und Übungen. Das Angebot<br />
im Klassenzimmer sollte dahingehend<br />
reflektiert werden, ob es wirklich zum<br />
Erwerb einer formklaren und flüssigen<br />
Schrift führt. Gleichzeitig muss es auf<br />
die individuellen Schreibwünsche und<br />
motorischen Bedürfnisse der Kinder<br />
abgestimmt sein.<br />
Will man Schreiblernangebote und<br />
Übungen beurteilen, sind übergeordnet<br />
zwei zentrale Ziele zu nennen: das Verinnerlichen<br />
der Form und das Lernen<br />
der Bewegung. Dem Verinnerlichen der<br />
Form dienen alle Übungen, die dazu<br />
führen, die Form des Buchstabens in<br />
seiner Gesamtheit wie auch seinen einzelnen<br />
Bestandteilen in einer inneren<br />
Vorstellung zu repräsentieren. Hierzu<br />
zählt auch das Schulen der Wahrnehmungsbereiche,<br />
die am Formenlernen<br />
beteiligt sind (vgl. nachfolgend zur visuellen<br />
Wahrnehmung). Das Lernen der<br />
Bewegung unterstützen alle Aufgaben,<br />
bei denen Bewegungslernen passiert.<br />
Dabei ist zu unterscheiden zwischen<br />
Übungsanteilen, die den Bewegungsablauf<br />
veranschaulichen und in ersten<br />
Schritten anbahnen, und nachfolgend<br />
gezielten schreibmotorischen Übungen,<br />
die die konkret zum Schreiben erforderlichen<br />
Bewegungsprogramme trainieren<br />
(vgl. nachfolgend zur Feinmotorik<br />
und Schreibmotorik). Erst wenn<br />
beides, innere Repräsentation einer<br />
10 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010
Thema: Grundschrift<br />
Abb. 1 bis 3: Buchstabenpuzzle, Buchstabenform nachlegen, Punktschrift<br />
Form und dazu passendes motorisches<br />
Programm, zusammenkommen, sprich<br />
vom Schreiber automatisiert abgerufen<br />
werden können, wird ein Buchstabe leserlich<br />
und flüssig umgesetzt.<br />
Übungsangebote zur<br />
visuellen Wahrnehmung<br />
Der Bereich der visuellen Wahrnehmung<br />
1) stellt eine wichtige Voraussetzung<br />
für das Erlernen der Kulturtechniken<br />
dar. Dies gilt bereits auf ganz<br />
basaler Ebene für das Erfassen und<br />
Verinnerlichen einer Buchstabenform.<br />
Zu den verschiedenen Einzelleistungen<br />
zählen u.a. die Figur-Grund-Wahrnehmung,<br />
das Erkennen der Formkonstanz<br />
und der Raumlage, die Fähigkeit zur<br />
optischen Differenzierung und die visuelle<br />
Merkfähigkeit.<br />
Die Figur-Grund-Wahrnehmung benötigt<br />
der Schreibanfänger, um die Buchstabenform<br />
visuell vom Hintergrund<br />
zu trennen. Dies ist gefordert beim Abschreiben<br />
von der Tafel auf das Blatt oder<br />
beim Nachzeichnen sich überlappender<br />
Buchstaben. Um Buchstaben unabhängig<br />
von ihrer Größe und Lage als gleich zu<br />
erkennen, muss der Schreibanfänger die<br />
Formkonstanz erfassen können. Üben<br />
kann er dies bei Sortierübungen ungeordneter<br />
Buchstabengruppen im zweidimensionalen<br />
(z. B. aus Papier ausgeschnittene,<br />
laminierte Buchstaben) bzw.<br />
dreidimensionalen Raum (z. B. Buchstabenformen<br />
aus Holz). Um Buchstaben in<br />
räumlicher Beziehung zu sich selbst oder<br />
zueinander zu erkennen, muss er die<br />
Raumlage von Buchstaben wahrnehmen.<br />
So kann der Schreiber Details einzelner<br />
Buchstaben wie Gemeinsamkeiten oder<br />
Unterschiede in der Form feststellen.<br />
Dies ist wichtig für das Unterscheiden<br />
ähnlicher Buchstaben wie n– u, m – w,<br />
b – d oder p – q. Auch die optische Differenzierung<br />
leistet ihren Beitrag beim<br />
Vergleichen und Unterscheiden von Formen.<br />
Nur wenn der Schreibanfänger die<br />
Raumwahrnehmung beherrscht, gelingt<br />
es ihm, Abstände beim Schreiben angemessen<br />
einzuhalten oder die Größe des<br />
Buchstabens richtig auszuführen. Die<br />
visuelle Merkfähigkeit hilft schließlich,<br />
sich Buchstabenformen in ihren Bestandteilen<br />
zu merken und wiedergeben<br />
zu können. Übungen in diesem Bereich<br />
beschäftigen sich mit der Wahrnehmung<br />
und Verinnerlichung der Form.<br />
Einen hohen Motivationsfaktor hat das<br />
Buchstabenformen stempeln, wenn verschiedene<br />
Buchstabenelemente zu einem<br />
Buchstaben zusammengestempelt<br />
werden müssen. 2) Nach diesem Prinzip<br />
werden auch selbst hergestellte Buchstabenpuzzles<br />
eingesetzt (vgl. Abb. 1). Auch<br />
das Nachlegen der Buchstabenform mit<br />
Muggelsteinen (vgl. Abb. 2) auf einer<br />
Vorlage trainiert die Raum-Lage-Wahrnehmung<br />
und die Merkfähigkeit. Sich<br />
überlagernde Buchstabenbilder können<br />
mit Hilfe von Folien auf die Tafel oder<br />
ein Plakat projiziert werden. Hier sind<br />
die Schüler gefordert, Buchstaben in unterschiedlicher<br />
Lage und Größe zu erkennen.<br />
Ähnliche Aufgaben bieten sich<br />
auch auf der Arbeitsblattebene zur Förderung<br />
der Formwahrnehmung an.<br />
Eine weitere Leistung, die den Bereich<br />
der visuellen Wahrnehmung mit<br />
der motorischen Leistung beim Schreiben<br />
verbindet, ist die visuo-motorische<br />
Koordination. Sie umfasst die Fähigkeit,<br />
mit den Augen die Hand beim Schreiben<br />
zu steuern und zu kontrollieren. Für den<br />
Schreibanfänger ist dies eine sehr wichtige<br />
Leistung. Beim Schreibenlernen<br />
findet eine stetige Kontrolle der mit der<br />
Hand produzierten Schreibbahn durch<br />
das Auge statt. Die Bewegung wird anfangs<br />
sehr langsam ausgeführt, damit<br />
das Auge die Bewegung wahrnehmen,<br />
die Informationen verarbeitet und ggf.<br />
die Bewegung korrigiert bzw. angepasst<br />
werden kann. Die Bewegung ist demzufolge<br />
höchst kontrolliert, langsam und<br />
unflüssig. Die vielerorts sehr beliebten<br />
Nachspurübungen mit Hohlschriften<br />
oder Punktschriften (vgl. Abb. 3) auf<br />
von Verlagen vorgefertigten wie auch<br />
mittels Computerprogrammen frei gestaltbaren<br />
Übungsblättern dienen dieser<br />
Auge-Hand-Koordination und damit<br />
primär der Formerfassung. Erst in<br />
zweiter Linie erfährt der Schreibanfänger<br />
bei derartigen Nachspurübungen<br />
eine erste Vorstellung über den Ablauf<br />
der Schreibbewegung. Der Bewegungsfluss,<br />
sprich die flüssige Schreibbewegung,<br />
kann mit derartigen Aufgaben<br />
zum Nachspuren und Nachfahren nicht<br />
geübt werden.<br />
Beim Nachspuren von Hohl- oder<br />
Punktschriften kommt es stets zu einem<br />
Abgleich von produzierter Schreibspur<br />
mit vorgegebener Schreibbahn, der nur<br />
bei einer sehr langsamen Schreibbewegung<br />
geschehen kann. Das Ausbilden<br />
der vorausgehend angesprochenen routinierten<br />
Bewegung gelingt unter dieser<br />
Aufgabenstellung und dem dazu nötigen<br />
Schreibtempo nicht. Eine flüssige<br />
routinierte Bewegung muss in einer Geschwindigkeit<br />
ausgeführt werden, die<br />
Dr. Christina Mahrhofer-Bernt<br />
Sonderschullehrerin und Sonderpädagogin<br />
M.A., von 1997 bis 2002<br />
wissenschaftliche Mitarbeiterin an<br />
den Universitäten München, Erlangen-<br />
Nürnberg und Bamberg. Seit 2002 als<br />
Sonderschullehrerin tätig, gegenwärtig<br />
am Sonderpädagogischen Förderzentrum<br />
Landshut-Land in der Primarstufe.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />
11
Thema: Grundschrift<br />
mit bloßem Auge nicht mehr kontrollierbar<br />
ist. Je routinierter der Schreiber<br />
wird, sprich, je automatisierter die interne<br />
Repräsentation der Form und des<br />
motorischen Programmes ist, desto weniger<br />
visuomotorische Kontrolle ist für<br />
das Schreiben möglich bzw. nötig. Beim<br />
routinierten Schreiber tritt sie völlig in<br />
den Hintergrund und tritt nur dann in<br />
Aktion, wenn vom Schreiber ein Fehler<br />
vermutet wird bzw. ungewohnte<br />
Schreibbedingungen erwartet werden.<br />
Die routinierte Schreibbewegung ist<br />
auto matisiert, schnell und flüssig.<br />
Übungsangebote zur Motorik<br />
In der Motorik sind verschiedene<br />
Übun gen im Bereich der Grob- bzw.<br />
Groß motorik, im Bereich der Feinbzw.<br />
Kleinmotorik und im Bereich der<br />
Schreib motorik zu unterscheiden.<br />
Die Grob- bzw. Großmotorik umfasst<br />
die mit einer größeren Anzahl von<br />
Bewegungsorganen ausgeübten großräumigen<br />
Bewegungen, die zu einer anfänglichen<br />
Vorstellung von Form und<br />
Bewegung führen. Bewegungsaufgaben<br />
in diesem Bereich sind einer allgemeinen<br />
Beweglichkeit und Geschicklichkeit<br />
förderlich. Gleichzeitig tragen die an der<br />
Buchstabenform und dem dazu nötigen<br />
Bewegungsablauf ausgerichteten Aufgabenstellungen<br />
dazu bei, eine innere<br />
Vorstellung von Form und Bewegung<br />
aufzubauen. Unauffällige Kinder zeigen<br />
sich entspannt und geschickt bei großmotorischen<br />
Bewegungsaufgaben und<br />
halten leicht das Gleichgewicht. Sie weisen<br />
eine ausreichende Körperspannung<br />
auf und haben eine gute Körperkoordination.<br />
Großmotorische Übungen bietet<br />
die Station »Buchstaben-Laufdollis«<br />
(vgl. Abb. 4) oder »Buchstaben-Taxi«.<br />
Bei der erstgenannten Buchstabenübung<br />
geht das Kind den Buchstaben<br />
mit Laufdollis an den Füßen entsprechend<br />
der entstehenden Schreibbahn<br />
ab. Dazu wird der Buchstabe mit Krepp-<br />
Papier auf den Fußboden geklebt. Diese<br />
Buchstabenvorlage eignet sich auch für<br />
die Aufgabe mit dem Buchstaben-Taxi.<br />
Das Kind fährt mit einem kleinen<br />
Spielzeugauto die Buchstabenform entsprechend<br />
der entstehenden Schreibbahn<br />
nach. Die Bewegung wird aus<br />
dem Arm und dem Schultergelenk produziert.<br />
Bei beiden Aufgaben erfahren<br />
motorisch geschickte Kinder auf sehr<br />
motivierende Weise die Form und den<br />
Bewegungsablauf mit dem ganzen Körper.<br />
Motorisch weniger versierte Kinder<br />
erhalten eine Vorstellung von Form und<br />
Schreibablauf und dazu großmotorische<br />
Förderung bei Verkrampfungen,<br />
Ungeschicklichkeit, fehlendem Gleichgewicht,<br />
Problemen der Kraftdosierung<br />
und der Körperkontrolle.<br />
Der Bereich der Fein- bzw. Kleinmotorik<br />
3) erstreckt sich über den breiten<br />
Bereich der Handgeschicklichkeit, angefangen<br />
von der Hand- und Fingerkraft<br />
über die Handgelenksbeweglichkeit<br />
bis hin zur Fingerbeweglichkeit.<br />
Im fein- bzw. kleinmotorischen Bereich<br />
sind die Bewegungen kleinräumiger;<br />
es wird nur der Teil des Bewegungsapparates<br />
aktiviert, der speziell für diese<br />
Bewegung nötig ist.<br />
Viele Übungen wie Rollen, Drucken,<br />
Stempeln, Falten, Reißen, Kleben, Kneten<br />
und Fädeln dienen der Lockerung<br />
und Kraftdosierung von Fingern, Hand<br />
und Handgelenk. Auch der angesprochene<br />
Komplex der Auge-Hand-Koordination<br />
wird durch derartige Aufgabenstellungen<br />
unterstützt. An dieser Stelle sind<br />
Schneide- und Malübungen anzusiedeln<br />
ebenso wie Tast- und Fühlspiele. Der<br />
Scherenführerschein, der Bleistift- und<br />
der Füllerführerschein trainieren im<br />
Rahmen der Feinmotorik die Auge-<br />
Hand-Koordination ebenso wie den<br />
Einsatz der beteiligten Handmuskulatur.<br />
Schneide- und Schreibwerkzeuge werden<br />
somit gezielter eingesetzt. Eine gut<br />
entwickelte Feinmotorik ist eine wichtige<br />
Voraussetzung für einen problemlosen<br />
Schreiblernprozess. Feinmotorische<br />
Probleme können sich auf vielen Ebenen<br />
auswirken. Erste Hinweise in diesem<br />
Bereich geben eine eingeschränkte<br />
Fingerbeweglichkeit, Schwierigkeiten<br />
beim Falten, Schneiden und Malen oder<br />
eine eingeschränkte Beweglichkeit von<br />
Schulter und Ellenbogen. Beim Ausmalen<br />
zeigt sich entweder ein zu hoher oder<br />
zu schwacher Schreibdruck. Die Kinder<br />
verhaften beim Ausmalen auf einer Stelle<br />
oder tun sich schwer, Linien und Begrenzungen<br />
in der Malfläche einzuhalten.<br />
Beim Malen und Schreiben bewegen sie<br />
ihre Finger- und Handgelenke kaum.<br />
Lassen sich Schwierigkeiten bei der<br />
Schriftgröße, sehr krakelige oder unleserliche<br />
Schriften, hastige oder beständig<br />
stockende Schreibbewegungen beobachten,<br />
können auch dies Hinweise auf einen<br />
möglichen Förderbedarf im Bereich<br />
der Feinmotorik sein. Für das Schreibenlernen<br />
bieten sich in diesem Fall besondere<br />
Schreiblernhilfen zur individuellen<br />
Hilfestellung an, wie diverse Griffhilfen<br />
zum Aufstecken auf die Stifte oder besondere<br />
Schreibmaterialien wie Bleistifte<br />
mit Griffmulden oder einer besonders<br />
dicken Dreiecksform (vgl. Abb. 5). Im<br />
Unterricht sollten für diese Kinder besondere<br />
Regelungen geschaffen werden, wie<br />
reduzierter individueller Schreibumfang<br />
oder gezielte motorische Lockerungsübungen<br />
in kürzeren Zeitabständen.<br />
Spielerische Vorübungen zum Schreiblernprozess<br />
wie mit dem Finger im Sand<br />
(vgl. Abb. 6) oder im Rasierschaum auf<br />
einem horizontalen Spiegel unterstützen<br />
die Anbahnung erster motorischer Konzepte<br />
beim Buchstabenerwerb.<br />
Übungsangebote<br />
zur Schreibmotorik<br />
Die Schreibmotorik, häufig auch als<br />
Graphomotorik bezeichnet, wird an dieser<br />
Stelle bewusst von der Feinmotorik<br />
abgegrenzt, um die Bedeutsamkeit der<br />
Anbahnung schreibmotorischer Routinen<br />
beim Schreibenlernen hervorzuheben.<br />
Die Schreibmotorik bezieht sich<br />
auf die feinmotorischen Leistungen, die<br />
speziell für das Schreiben erbracht werden<br />
müssen. Sie zählen zu den feinsten<br />
(psycho-)motorischen Koordinationsleistungen<br />
des Menschen.<br />
Als schreibmotorische Übungen<br />
sind in erster Linie die Art von Aufgaben<br />
und Übungen zu verstehen, die<br />
dem Schreibanfänger dazu dienen, sich<br />
schreibmotorische Programme für den<br />
jeweils zu erlernenden Buchstaben anzueignen.<br />
Im weitesten Sinne handelt es<br />
sich dabei um Aufgaben, bei denen die<br />
Schreibbewegung mit dem Stift gezielt<br />
geübt wird.<br />
Die vorausgehend genannten Übungen<br />
im Sand oder im Rasierschaum<br />
bahnen eine erste Vorstellung vom<br />
Schreibbewegungsablauf an. Das großformatige<br />
Nachspuren von Buchstaben<br />
oder Buchstabenkombinationen an der<br />
Tafel mit Kreide oder auf Tapetenrollen<br />
mit Wachsmalkreiden dient ebenso dem<br />
Festigen des Bewegungsablaufes wie<br />
auch der Reihenfolge von Strichkombinationen.<br />
Der Schreibbewegungsverlauf<br />
wird weiter gefestigt durch das Buchstaben-»schreiben«<br />
mit dem Finger in<br />
12 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010
Thema: Grundschrift<br />
Abb. 4 bis 7: Laufdollis zur Übung der<br />
Großmotorik, Schreiblernhilfen zur<br />
Förderung der Feinmotorik, Schreiben<br />
im Sand, Buchstabenblätter<br />
die Luft, mit dem Radiergummi auf<br />
den Schülertisch oder mit dem Finger<br />
auf den Rücken des Tischnachbarn. Die<br />
Grundschrift-Kartei Teil 1: Die Buchstaben<br />
berücksichtigt auf der jeweiligen<br />
Kartei-Vorderseite diese Übungsebene.<br />
Die zentral abgebildete Buchstabenform<br />
veranschaulicht den Bewegungsverlauf<br />
mittels Pfeilmarkierungen. Die<br />
Buchstabenform wird mit dem Finger<br />
nachgefahren (vgl. Hecker 2010, S. 11).<br />
Nach diesen ersten Schritten wird<br />
das konkrete Bewegungsprogramm<br />
für handschriftliches Schreiben im<br />
Wesentlichen durch sich wiederholende<br />
Schreibabläufe mit dem Stift in<br />
der Hand generiert. Nur das konkrete<br />
Schrei ben mit dem Stift in der Hand auf<br />
dem Papier lässt Bewegungsroutinen<br />
entstehen. Die beteiligten schreibmotorischen<br />
Teilprozesse werden mehr und<br />
mehr automatisiert. Die Aufmerksamkeitsbeanspruchung<br />
durch motorische<br />
Kontrollprozesse nimmt ab und Flüssigkeit<br />
und Geläufigkeit der Schreibbewegung<br />
nehmen zu (vgl. Mahrhofer<br />
2005, S. 21f.).<br />
Je weniger Vorgaben und Einschränkungen<br />
zur konkreten Schreibübung<br />
gegeben werden, desto leichter bilden<br />
die Schreibanfänger ihre individuellen<br />
Schreibbewegungen für einen Buchstaben<br />
aus. Besonders gut eignen sich weiße<br />
Blätter oder Schreibunterlagen mit einer<br />
einfachen Grundlinie und einer orientierenden<br />
Größenvorgabe am Anfang der<br />
Zeile. Veranschaulicht wird dies auf der<br />
Grundschrift-Kartei Teil 1: Die Buchstaben-Karteikarte<br />
mittels verschieden<br />
groß abgebildeter Buchstaben auf einer<br />
Grundlinie. Motivierend finden Schüler<br />
eigene kleine Buchstabenhefte oder mit<br />
dem Kind individuell entworfene und<br />
gemeinsam gestaltete Buchstabenblätter<br />
(vgl. Abb. 7). Schreibenlernen geschieht<br />
am besten durch Schreibenüben auf<br />
verschiedensten Schreibunterlagen mit<br />
vielfältigen Schreibaufgaben und unterschiedlichsten<br />
Schreibgeräten.<br />
Eine Zusammenschau der vorausgehend<br />
genannten Übungsangebote findet<br />
sich in einer tabellarischen Übersicht im<br />
Lehrerkommentar zur Grundschrift-<br />
Kartei Teil 1: Die Buchstaben (vgl. Mahrhofer-Bernt<br />
2010, S. 10). Die Übersicht<br />
fasst ein beispielhaftes Angebot von<br />
Übungen im Rahmen von Übungsstationen<br />
zusammen. Hier werden die vorliegenden<br />
Ausführungen zur visuellen<br />
Wahrnehmung und Motorik ergänzt<br />
durch Förderangebote für den taktilen<br />
und auditiven Bereich. Nur ein umfängliches<br />
Angebot von möglichst verschiedenen<br />
Übungseinheiten zu unterschiedlichen<br />
Förderbereichen erscheint<br />
sinnvoll, um die Schüler in ihrem individuellen<br />
Lernbedarf anzusprechen. Ein<br />
isolierter Einsatz einzelner Übungen ist<br />
stets kritisch im Hinblick auf seine Sinnhaftigkeit<br />
zu hinterfragen.<br />
Schreibunterricht in der Schule hat<br />
das Ziel, Kinder auf ihrem Weg zu einer<br />
leserlichen und flüssigen Schrift zu begleiten.<br />
Neben dem Erlernen der Buchstabenform<br />
bestimmt das Entwickeln<br />
einer routinierten Schreibbewegung<br />
die konkrete Gestaltung des Lehrangebots.<br />
Bei der Entscheidung für einzelne<br />
Übungen in verschiedenen Unterrichtseinheiten<br />
ist stets das zugrunde liegende<br />
Förderziel zu berücksichtigen. Deutlich<br />
wurde, dass vielerorts beliebte Aufgaben,<br />
die primär der Formwahrnehmung<br />
dienen, nicht unbedingt gleichzeitig<br />
graphomotorischen Ansprüchen an förderliche<br />
Bedingungen für das Ausbilden<br />
von flüssigen Schreibbewegungen genügen.<br />
Gleichwohl sollten alle Übungen zur<br />
Automatisierung von Schreibbewegungen<br />
immer unter diesem graphomotorischen<br />
Blickwinkel hinterfragt werden.<br />
Nur wenn ein Bewusstsein über die Zielrichtung<br />
des gewählten Lernangebots<br />
besteht, können Lehrangebote produktiv<br />
eingesetzt werden.<br />
Anmerkungen<br />
(1) Übungsangebote zur auditiven Wahrnehmung<br />
beziehen sich auf die Umsetzung<br />
von gesprochener in geschriebene Sprache<br />
und bleiben hier unberücksichtigt.<br />
(2) Vgl. Brinkmann & Brügelmann (o. J.)<br />
(3) In der Fachliteratur wird häufig die<br />
Feinmotorik als Motorik der feinen und<br />
ausgereifteren Bewegungen bezeichnet und<br />
die Kleinmotorik als die Motorik der feinen<br />
Bewegungen. In den vorliegenden Ausführungen<br />
ist mit beiden Begriffen die Motorik<br />
der kleinräumigen Bewegungen gemeint.<br />
Literatur<br />
Brinkmann, Erika / Brügelmann, Hans (o. J.):<br />
Die fünf Buchstabenelemente. Stempelset.<br />
Dortmund: vpm verlag für pädagogische<br />
medien.<br />
Hecker, Ulrich (2010): Kinder – Hand –<br />
Schrift. In: <strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>, Heft 110,<br />
S. 9 – 16.<br />
Mahrhofer, Christina (2004): Schreibenlernen<br />
mit graphomotorisch vereinfachten Schreibvorgaben.<br />
Bad Heilbrunn: Klinkhardt Verlag.<br />
Mahrhofer, Christina (2005): Die eigene<br />
Schrift entwickeln – von Anfang an. Wie<br />
kann der Schreibunterricht die graphomotorische<br />
Entwicklung unterstützen? In: <strong>Grundschule</strong><br />
<strong>aktuell</strong>, Heft 91, S. 21 – 25.<br />
Mahrhofer-Bernt, Christina (2010): Grundschrift:<br />
Kartei zum Lernen und Üben. Teil 1:<br />
Die Buchstaben. Kommentar für Lehrerinnen<br />
und Lehrer. Frankfurt a.M.: Grundschulverband<br />
(veröffentlicht im Internet unter<br />
www.grundschulverband.de/Grundschrift)<br />
Mai, Norbert, Marquardt, Christian (1998):<br />
Registrierung und Analyse von Schreibbewegungen.<br />
Fragen an den Schreibunterricht.<br />
In: Huber, L., Kegel, G., Speck-Hamdan, A.<br />
(Hrsg.): Einblicke in den Schriftsprach erwerb.<br />
Braunschweig: Westermann, S. 83 – 100.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />
13
Praxis: Schreiben mit Schwung<br />
Linda Kindler<br />
Schriftgespräche mit Kindern<br />
»Wie kannst du ›ein‹ am besten schreiben?«<br />
»So! Ich schreibe das ›e‹ und das ›i‹ zusammen.«<br />
»Hast du eine Idee, warum du nach dem ›i‹ einen Luftsprung machst?<br />
»Ich mache erst den i-Punkt. Dann schreibe ich das ›n‹!«<br />
Wenn wir Kinder auf ihren<br />
Wegen zu individuellen verbundenen<br />
Handschriften begleiten<br />
und unterstützen wollen und die<br />
Handschriften den Kriterien Lesbarkeit<br />
und Flüssigkeit genügen sollen, so ist es<br />
auch unsere Aufgabe, die Handschriften<br />
der Kinder zum Gegenstand der reflektierten<br />
Auseinandersetzung zu machen<br />
und Kinder für die bewusste Wahrnehmung<br />
des eigenen Schreibens zu sensibilisieren.<br />
Das heißt: Kinder denken<br />
über das eigene Schreiben und die eigene<br />
Handschrift nach und sprechen über<br />
ihre Schreib- und Schrifterfahrungen.<br />
Der Aspekt der Reflexion im Deutschunterricht,<br />
das Nachdenken und Sprechen<br />
über Sprache, das Bewusstmachen<br />
sprachlichen Handelns, blieb in der<br />
Auseinandersetzung mit dem verbundenen<br />
Schreiben anhand von Schreiblehrgängen<br />
bisher unberücksichtigt.<br />
Insbesondere im Hinblick auf das Ziel<br />
Ablauf eines Schriftgespräches<br />
in Klasse 2<br />
●● Drei Kinder treffen sich zum Schriftgespräch.<br />
●● Die Kinder legen die Reihenfolge<br />
fest, in der die Wörter / Texte untersucht<br />
werden.<br />
●● Der Schreiber fragt: »Was könnt ihr<br />
gut lesen?«<br />
●● Der Schreiber fragt: »Könnt ihr alle<br />
Buchstaben gut erkennen?«<br />
●● Die beiden anderen Teilnehmer des<br />
Schriftgespräches überprüfen die Lesbarkeit<br />
und geben dem Schreiber entsprechende<br />
Rückmeldungen.<br />
●● Der Schreiber markiert die gut lesbaren<br />
Wörter.<br />
●● Der Schreiber wird befragt: »Welche<br />
Wörter hast du mit Schwung geschrieben?«<br />
und reflektiert seinen Schreibprozess.<br />
●● Der Schreiber markiert die Wörter,<br />
die er mit Schwung geschrieben hat<br />
und die gut lesbar sind.<br />
●● Das nächste Kind ist an der Reihe.<br />
individueller verbundener Handschriften<br />
ist die Reflexion jedoch ein notwendiger<br />
Bestandteil der Entwicklung und<br />
Weiterentwicklung der Handschriften<br />
von Kindern. Wir sollten die Kinder<br />
anregen und motivieren, sich aktiv<br />
mit ihrem Schreibprozess sowie ihren<br />
Schreibprodukten auseinanderzusetzen,<br />
um ihre individuelle, für sie gut<br />
schreibbare und für andere gut lesbare<br />
Handschrift aus der Grundschrift zu<br />
entwickeln.<br />
Reflexion über Schrift und<br />
Schreiben in Schriftgesprächen<br />
Organisation von<br />
Schriftgesprächen<br />
Um den Kindern Orientierung und Unterstützung<br />
im Hinblick auf Ablauf und<br />
Inhalt eines Schriftgespräches zu geben,<br />
sollten die ersten Schriftgespräche – wie<br />
jede neue Gesprächsform – mit der ganzen<br />
Klasse oder in Kleingruppen mit<br />
Begleitung durch die Lehrerin stattfinden.<br />
Ziel ist es jedoch, dass die Kinder<br />
die Schriftgespräche in Dreiergruppen<br />
weitgehend selbstständig führen. Auch<br />
dann sind aber gemeinsame Reflexionsphasen<br />
über Handschriften und das<br />
Schreiben von wesentlicher Bedeutung,<br />
in denen die Kinder zum einen ihre individuellen<br />
Schriften präsentieren und<br />
zum Gegenstand der gemeinsamen<br />
Auseinandersetzung machen können<br />
und in denen sie zum anderen ihre unterschiedlichen<br />
Erfahrungen aus den<br />
Schriftgesprächen einbringen können,<br />
um diese ihren Mitschülern zugänglich<br />
zu machen.<br />
Linda Kindler<br />
war von 2008 bis 2010 Lehramtsanwärterin<br />
an der GGS Repelen in<br />
Moers und wurde dort in den Fächern<br />
Deutsch und Englisch ausgebildet.<br />
Sie ist seither an einer <strong>Grundschule</strong> in<br />
Dortmund tätig.<br />
Inhalte von Schriftgesprächen<br />
In Schriftgesprächen sprechen Kinder<br />
über ihre Schrift und ihren Schreibprozess.<br />
Dabei sind die entscheidenden<br />
Kriterien »Lesbarkeit« und »Flüssigkeit«.<br />
Kurze Auseinandersetzungen mit<br />
dem Schwerpunkt der Lesbarkeit können<br />
bereits in Klasse 1 stattfinden, indem<br />
Kinder einzelne Buchstaben oder<br />
die Buchstaben in einem Wort auf ihre<br />
Formklarheit hin untersuchen, Wörter<br />
oder Sätze auf ihre Lesbarkeit hin überprüfen.<br />
Im Verlauf des zweiten Schuljahres<br />
lassen sich Schriftgespräche im Unterricht<br />
mit der Kartei zum Schreiben<br />
mit Schwung kombinieren. Die Kinder<br />
untersuchen die Wörter, die sie anhand<br />
der Kartei schreiben, auf ihre Lesbarkeit<br />
hin. Hier gilt es nun, zum einen die Lesbarkeit<br />
der Wörter zu bewerten (»Was<br />
könnt ihr gut lesen?«), zum anderen<br />
bleibt die Frage der Formklarheit und<br />
somit der Erkennbarkeit der einzelnen<br />
Buchstaben (»Könnt ihr alle Buchstaben<br />
gut erkennen?«). Eindeutig lesbare<br />
Wörter markieren die Kinder beispielsweise<br />
durch farbiges Einkreisen.<br />
Im Laufe der Auseinandersetzung mit<br />
dem Schreiben mit Schwung kommt<br />
ebenfalls das Kriterium der Flüssigkeit<br />
als Gegenstand des Schriftgespräches<br />
hinzu. Die Kinder befragen sich gegenseitig,<br />
ob sie die Wörter mit Schwung<br />
geschrieben haben. Hilfreiche Fragen<br />
dazu können sein: »Hast du schnell /<br />
zügig oder eher langsam geschrieben?«,<br />
»Hat das Schreiben deine Hand<br />
angestrengt?«, »Ist deine Hand beim<br />
Schreiben locker?«. Wörter, die sowohl<br />
der Lesbarkeit genügen als auch mit<br />
Schwung geschrieben wurden, können<br />
14 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010
Praxis: Schreiben mit Schwung<br />
ein besonderes Kennzeichen wie ein<br />
Sternchen erhalten.<br />
Die Kinder können später anhand<br />
der Arbeitsaufträge zum Schreiben mit<br />
Schwung ebenfalls darüber nachdenken,<br />
welche Buchstaben sie in welchen<br />
Wörtern auf dem Papier verbinden und<br />
bei welchen Buchstaben sie hingegen<br />
Luftsprünge machen. Diesbezüglich ist<br />
auch die Schreibschnelligkeit ein interessanter<br />
Aspekt: Schreibe ich schneller,<br />
wenn ich bestimmte Buchstaben<br />
auf dem Papier verbinde oder geht es<br />
schneller, die Verbindung in der Luft<br />
umzusetzen?<br />
Schriftgespräche können in den Klassen<br />
3 und 4 auch über Texte geführt<br />
werden, die in verschiedenen Unterrichtssituationen<br />
entstanden sind, in<br />
denen nicht das Thema Schrift im Vordergrund<br />
stand. Die Kinder können<br />
dann ihre Handschriften auch unter etwas<br />
anderen Gesichtspunkten genauer<br />
in den Blick nehmen, diese vergleichen<br />
und bewerten. Es können verschiedene<br />
Texte bzw. Textsorten eines Schreibers<br />
verglichen werden, die zu unterschiedlichen<br />
Zeitpunkten, in unterschiedlichen<br />
Schreibsituationen oder mit unterschiedlichen<br />
Schreibabsichten erstellt<br />
wurden. Auf diese Weise kommen die<br />
Kinder den Ursachen für unterschiedliche<br />
Schriftbilder auf die Spur. Ebenfalls<br />
können die Kinder ihre Texte untereinander<br />
vergleichen und auf Gemeinsamkeiten<br />
und Unterschiede hin untersuchen.<br />
Die Lesbarkeit der Kindertexte<br />
sollte auch bei diesen Schriftgesprächen<br />
ein zentrales Kriterium sein, wobei die<br />
Aus Gesprächen über die Karteikarten<br />
»Felix, kannst du das gut lesen?«<br />
»Zeig mal« (nimmt das Heft und liest).<br />
»Das und das kann ich nicht gut lesen«<br />
(zeigt auf zwei Wörter, in denen Lukas die<br />
Buchstaben u und n ohne Wendebogen<br />
aneinander geschrieben hat).<br />
»Wieso nicht? Hund, und.«<br />
»Das u ist nicht zu Ende. Du musst erst<br />
`runter und dann das n schreiben. So«<br />
(schreibt das Wort und).<br />
»Aber die anderen [Wörter] kannst du<br />
lesen!«<br />
»Ja. Die kannst du einkreisen.«<br />
Funktion des jeweiligen Textes berücksichtigt<br />
werden muss. Persönliche Notizen<br />
müssen selbstverständlich nur für<br />
den Schreiber lesbar sein, während bei<br />
einem Brief, einer Geschichte oder gar<br />
einem Gedicht die Lesbarkeit für die<br />
Adressaten wichtig ist.<br />
Erfahrungen mit der Reflexion<br />
von Schrift und Schreiben<br />
Kinder haben sichtlich Freude daran,<br />
die eigene Handschrift zu untersuchen<br />
sowie sich mit anderen Kindern über<br />
diese auszutauschen. Nach kurzer Zeit<br />
werden die Kinder kritischer im Hinblick<br />
auf die Lesbarkeit ihrer Handschriften<br />
und begründen ihre Einwände<br />
gegen schwer lesbare Buchstaben<br />
und Wörter mit zunehmender Genauigkeit.<br />
Die Reflexion der Flüssigkeit des<br />
Schreibens, d. h. des Schreibens mit<br />
Schwung, verlangt von den Kindern<br />
»Laura, kannst du meine Wörter lesen?«<br />
»Ja, aber bunt so nicht so gut (zeigt auf<br />
das Wort, bei dem das b und das u mit einem<br />
Wendebogen verbunden sind). Das<br />
b sieht komisch aus.«<br />
»Soll ich das nicht einkreisen?«<br />
»Nein.«<br />
das Nachdenken über den Prozess des<br />
Schreibens selbst – im Unterschied zu<br />
der Betrachtung eines Schreibproduktes<br />
– und stellt somit eine höhere Anforderung<br />
dar. Bei stetiger Betonung<br />
des Schreibens mit Schwung werden<br />
die Kinder jedoch zunehmend sensibel<br />
für lockeres, zügiges Schreiben und beschreiben<br />
das eigene Schreiben sowie<br />
das Gefühl oder die Befindlichkeit ihrer<br />
Hand anschaulich.<br />
Insgesamt bewirkt eine aktive und reflektierte<br />
Auseinandersetzung mit den<br />
individuellen Handschriften der Kinder<br />
zum einen, dass die Kinder ihr Schreiben<br />
und ihre Schriften zunehmend bewusster<br />
und reflektierter wahrnehmen,<br />
und zum anderen, dass den Schriften<br />
der Kinder ein höherer Stellenwert zukommt<br />
und die persönliche Handschrift<br />
in ihrer geschätzten Individualität für<br />
die Kinder bedeutsamer wird.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />
15
Praxis: Schreiben mit Schwung<br />
Barbara van der Donk<br />
Das Heft »Meine Schrift«<br />
Handschrift bedeutet Schreiben mit der Hand. Die Kinder sollen eine persönliche,<br />
gut lesbare Handschrift entwickeln. Dieser Weg fängt nicht erst in der<br />
<strong>Grundschule</strong> an und hört auch dort noch lange nicht auf.<br />
Für die Grundschulzeit empfehlen<br />
wir ein Heft, in dem die Kinder<br />
ihre Handschrift trainieren. Es<br />
ist auch Anlass, über ihre Schrift nachzudenken,<br />
gleichzeitig dokumentiert es<br />
ihre individuelle Schreibentwicklung.<br />
Das Heft trägt bei unseren Kindern das<br />
Etikett: »Meine Schrift«. Dies sind unsere<br />
Gründe:<br />
●● Eine Schreibkultur in Heften ist alltagstauglich.<br />
(Siehe auch Seite 20 f. in<br />
diesem Heft.)<br />
●● Die Flut der Kopien kann gestoppt<br />
werden.<br />
●● Hefte, die den Kindern etwas wert<br />
sind, werden gerne aufgehoben.<br />
●● Das Kind kann einschätzen lernen,<br />
wie viel es beim Schreiben gelernt hat.<br />
●● Das Heft »Meine Schrift« dokumentiert<br />
die Schriftbiografie und ist ein Entwicklungsnachweis,<br />
also ein Portfolio<br />
der individuellen Handschrift.<br />
●● Die Verantwortung für die eigene<br />
Handschrift liegt damit offenkundig in<br />
der Hand des Kindes selbst.<br />
Wie kann die Arbeit mit dem Heft »Meine<br />
Schrift« aussehen – aus der Sicht der<br />
Grundschullehrerin und aus der Sicht<br />
des Grundschulkindes?<br />
Eingangsstufe<br />
Die Grundschrift-Kartei Teil 1: Die<br />
Buchstaben sollte den Kindern zur Verfügung<br />
stehen. Sie bietet viele Möglichkeiten<br />
zum Lernen und Üben, die im<br />
Kommentar beschrieben werden.<br />
Als Teil des Schreiblernprozesses werden<br />
die Kinder in die Arbeitsweise mit<br />
dem Heft »Meine Schrift« eingeführt.<br />
Im 1. Schuljahr beginnen die Kinder,<br />
in Hefte zu schreiben. Dabei wählt die<br />
Klassenlehrerin aus, welche Hefte für jedes<br />
Kind am günstigsten sind: ein blanko<br />
DIN-A4-Heft oder ein blanko DIN-<br />
A5-Heft. Auf jeden Fall sollte es keine<br />
Lineatur enthalten. Ein Format DIN A5<br />
quer ist für diese Arbeit sehr günstig,<br />
lässt sich im Handel jedoch nicht erwerben.<br />
Die Herstellung ist leicht durch<br />
Halbieren eines DIN-A4-Heftes mit der<br />
Schneidemaschine zu erreichen. Für<br />
alle Möglichkeiten bietet der Grundschulverband<br />
»Linienblätter« (Schreibräume)<br />
in zwei verschiedenen Größen<br />
an ( www. www.grundschulverband.de/<br />
projekte/projekte_grundschrift/).<br />
Nach einiger Übung bzw. Beobachtungszeit<br />
kann eines dieser Blätter individuell<br />
eingesetzt werden.<br />
Arbeitsmöglichkeiten mit dem Heft<br />
»Meine Schrift« sind:<br />
●● Die Kinder werden ermutigt,<br />
schwung voll zu schreiben.<br />
●● Die Kinder schreiben die Buchstaben<br />
der Grundschrift in ihr Heft und ergänzen<br />
sie individuell durch Wörter oder<br />
Sätze.<br />
●● Ist das Kind mit den ersten Schriftergebnissen<br />
zufrieden, können diese in<br />
das Heft »Meine Schrift« übertragen<br />
werden.<br />
●● Haben die Kinder einige Seiten fertig<br />
geschrieben, kleben sie den Selbsteinschätzungsbogen<br />
1 innen in die vordere<br />
Umschlagseite ihres Heftes und reflektieren<br />
mit Hilfe der Fragen ihre Schriftergebnisse.<br />
●● Können die Kinder im ersten Schuljahr<br />
den Einschätzungsbogen noch<br />
nicht selbstständig lesen, kann die Lehrerin<br />
einer kleinen Schülergruppe die<br />
Fragen vorlesen.<br />
●● Die Lehrerin gibt dem Kind nach der<br />
Selbsteinschätzung eine Rückmeldung.<br />
Dabei kann sie die drei Fragen des<br />
Rückmeldebogens 1 verwenden. Der<br />
Bogen kann in die hintere Umschlagseite<br />
des Heftes eingeklebt werden.<br />
Diese Arbeit kann im 1. oder im 2.<br />
Schuljahr starten. Die Kinder nummerieren<br />
die Hefte »Meine Schrift« fort<br />
(siehe Etikett) und gestalten es. Sie legen<br />
es regelmäßig der Klassenlehrerin<br />
vor. Vorher können sie mit dem Selbsteinschätzungsbogen<br />
arbeiten. Die Kinder<br />
können allein, mit Partner oder<br />
Gruppen die Hefte betrachten und die<br />
Schriften bewerten (siehe Selbsteinschätzungsbogen).<br />
Ich empfehle, für jede Selbsteinschätzung<br />
der Kinder eine Seite im Heft<br />
»Meine Schrift« zu verwenden. Die<br />
Kinder schmücken ihre beste Seite mit<br />
einem Sternchen, der Stift, mit dem sie<br />
zurzeit am besten schreiben können,<br />
wird aufgemalt oder das Wort dafür geschrieben,<br />
das <strong>aktuell</strong>e Blatt mit einem<br />
Schreibraum kann auch ein Sternchen<br />
erhalten, und der Lehrerin werden Erfahrungen<br />
berichtet.<br />
Die Fragen auf dem Rückmeldebogen<br />
für die Lehrerin können einer mündlichen<br />
oder schriftlichen Rückmeldung<br />
zur Schriftentwicklung des Kindes dienen.<br />
Das Heft enthält so in überschaubaren<br />
Abständen dokumentierte Reflexionen.<br />
Die Arbeit mit beiden Einklebeblättern<br />
gewährleistet ein transparentes Verfahren<br />
und kann die Kinder auf ihrem individuellen<br />
Weg der Schriftentwicklung<br />
unterstützen. Sämtliche Arbeitschritte<br />
werden in demselben Heft sichtbar. So<br />
trainieren die Kinder eine systematische<br />
Arbeitsweise, die ihnen in jedem Unterricht<br />
wieder begegnet und die im 3. und<br />
4. Schuljahr erweitert wird: schreiben<br />
üben, selbst reflektieren, Hinweise zur<br />
Weiterarbeit erhalten, ermutigt werden,<br />
schreiben üben.<br />
Wenn die Klassenlehrerin den Zeitpunkt<br />
für angemessen hält, wird das<br />
»Schreiben mit Schwung« fortgesetzt:<br />
Die Kinder versuchen, Buchstaben<br />
schwungvoll miteinander zu verbinden,<br />
und probieren aus, ob einzelne Buchstaben<br />
auf andere Weise schwungvoller<br />
zu schreiben sind (siehe Grundschrift-<br />
Kartei, Teil 2: Schreiben mit Schwung).<br />
Die Kinder zeigen der Lehrerin, ob<br />
es ihnen auch gelingt, beim Schreiben<br />
einzelne Verbindungen für sich selbst<br />
zu schaffen. Die Lehrerin hat durch<br />
ihre Beobachtung beim Schreibenüben<br />
die Möglichkeit, schwungvolles Schreiben<br />
zu entdecken. Häufig ist das beim<br />
Schreiben des eigenen Namens oder<br />
16 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010
Praxis: Schreiben mit Schwung<br />
besonders wichtiger Wörter zu finden.<br />
Das könnte der Zeitpunkt sein, Kinder<br />
auf den zweiten Teil der Grundschrift-<br />
Kartei aufmerksam zu machen. Hiermit<br />
kann das Kind lernen und üben, wie<br />
Buchstabenverbindungen ökonomisch<br />
geschrieben werden können. Die Verbindungen<br />
können in einfachen Wörtern<br />
und schließlich mit kurzen Reimen<br />
geübt werden. Selbstverständlich kann<br />
jedes Kind jeden Text, der ihm wichtig<br />
ist, mit Schwung zu schreiben versuchen.<br />
Jahrgangsstufen 3 und 4<br />
Der Übergang der Arbeitsweise aus<br />
Klasse 2 in Klasse 3 ist natürlich fließend<br />
und wird individuell entschieden.<br />
Die Klassenlehrerin entscheidet gemeinsam<br />
mit dem Kind:<br />
–– Welches Heft mit welcher Lineatur<br />
möchte ich erproben?<br />
–– Welche Stifte sind für meine Handschrift<br />
am besten geeignet?<br />
–– Welche Buchstaben verbinde ich?<br />
–– Bei welchen Buchstabenverbindungen<br />
möchte ich neue Verbindungen<br />
erproben?<br />
Auch weiterhin führen die Schülerinnen<br />
und Schüler das Heft mit dem Etikett<br />
»Meine Schrift«. Sie lernen zügiger<br />
und mit mehr Schwung zu schreiben,<br />
der Umfang ihrer Texte wächst und<br />
somit steigen auch die Anforderungen.<br />
Die Kinder können ihre Schreibentwicklung<br />
betrachten, indem sie ein Heft<br />
aus der Eingangsstufe mit einem neuen<br />
Heft »Meine Schrift« vergleichen. Das<br />
macht stolz!<br />
Eine Erweiterung der Arbeit bieten<br />
die Schriftgespräche und die schuleigenen<br />
Projekte zum Schreiben. Als<br />
Ausgangspunkt können die Arbeitsmöglichkeiten<br />
aus der Eingangsstufe<br />
fortgesetzt und mit den nachfolgend<br />
beschriebenen erweitert werden. Gibt es<br />
bei einzelnen Buchstabenverbindungen<br />
noch Schwierigkeiten, wird die Kartei 2<br />
zum Üben herangezogen und anschließend<br />
mit zusätzlichen Übungstexten<br />
erweitert.<br />
Mit steigender Schreiberfahrung arbeiten<br />
die Kinder selbstständiger im<br />
Heft »Meine Schrift«, z. B. in der Freiarbeit.<br />
Die Kinder können verschiedene<br />
Schriften der Welt erproben und<br />
sammeln Erfahrungen für die eigene<br />
Handschrift. Das Gestalten mit Schrift<br />
erfordert ein Sortiment verschiedener<br />
Schreibgeräte in der Klasse.<br />
Die eigene kritische Sicht auf »meine<br />
Schrift« wird weiter entwickelt. Die<br />
kritische Sicht der Mitschülerinnen und<br />
Mitschüler spielt eine wichtige Rolle.<br />
In das Heft »Meine Schrift« werden<br />
ausgewählte Texte geschrieben. Das<br />
können eigene Texte sein, aber auch<br />
zum Beispiel Gedichte. Die Kinder finden<br />
zum Verbinden von Buchstaben in<br />
einem Wort neue Möglichkeiten, die<br />
für ihre Hand ökonomischer sind, und<br />
tauschen sich mit Mitschülern aus. Sie<br />
erfahren, dass es keine Normierung für<br />
Schreibhaltungen geben kann, und erproben<br />
verschiedene Haltungen.<br />
In Abständen führen sie eine Selbsteinschätzung<br />
durch und machen sich<br />
ihre Lernerfolge und Probleme bewusst.<br />
Die Kinder können ihre Schreibergebnisse<br />
regelmäßig in der Klasse präsentieren.<br />
Die Beantwortung der Fragen<br />
des Selbsteinschätzungsbogens sollte<br />
auch im Heft »Meine Schrift« erfolgen.<br />
Die Kinder sollten ermutigt werden,<br />
ausführlich zu antworten und z. B. bei<br />
Barbara van der Donk<br />
Rektorin der <strong>Grundschule</strong> Repelen<br />
in Moers, NRW<br />
Frage 5 Schriftproben für ihre Antwort<br />
zu verwenden. Darauf kann die Lehrerin<br />
sich bei ihrer Rückmeldung (Rückmeldebogen<br />
2) direkt beziehen.<br />
Zusammenfassung<br />
1. Das Kind arbeitet regelmäßig mit<br />
dem Heft »Meine Schrift«.<br />
2. Die Hefte werden nummeriert.<br />
3. Das Kind führt eine Selbsteinschätzung<br />
durch.<br />
4. Das Heft wird regelmäßig der Lehrerin<br />
gezeigt.<br />
5. Die Lehrerin gibt eine Rückmeldung.<br />
6. Die Kinder präsentieren besonders<br />
gelungene Schreibergebnisse in der<br />
Gruppe.<br />
7. Mit wachsender Schreiberfahrung<br />
arbeiten die Kinder selbstständiger im<br />
Heft »Meine Schrift«.<br />
So wird die Heftfolge »Meine Schrift«<br />
zum Helfer im Lernprozess für eine gut<br />
lesbare individuelle Handschrift.<br />
Arbeitsmittel, die dem Kind zur Verfügung stehen sollten:<br />
●● Etikett für jedes Heft »Meine Schrift«<br />
●● Passende Linienblätter (Schreibräume)<br />
●● Grundschrift Kartei 1 Die Buchstaben<br />
●● Grundschrift Kartei 2 Schreiben mit Schwung<br />
●● Einklebeblatt zur Selbsteinschätzung<br />
(Kopiervorlage auf Seite 18)<br />
●● Einklebeblatt Rückmeldebogen<br />
(Kopiervorlage auf Seite 19)<br />
Alle Arbeitsmittel stehen zum Download bereit unter:<br />
www.<br />
www.grundschulverband.de/projekte/projekte_grundschrift/<br />
Name:<br />
Heft-Nr.:<br />
© Grundschrift: www.grundschulverband.de · © Illustrationen: www.designritter.de<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />
17
1.<br />
Welche Buchstaben schreibe ich am besten mit Schwung?<br />
2.<br />
Welche Seiten sind mir besonders gut gelungen?<br />
• Der Text ist gut zu lesen?<br />
• Alle Buchstaben sind gut zu erkennen?<br />
• Die Wörter sind mit Schwung geschrieben?<br />
Gut gelungene Seiten bekommen einen<br />
3.<br />
Mit welchem Stift schreibe ich am besten?<br />
4.<br />
Schreibe ich am besten<br />
• ohne Linien?<br />
• auf den großen Linien?<br />
• auf den engen Linien?<br />
<br />
Fragen zur Selbsteinschätzung – Einklebeblatt für die Eingangsstufe<br />
Rückmeldung von LehrerInnen – Einklebeblatt für die Eingangsstufe<br />
1.<br />
Diese Buchstaben kannst du schon gut schreiben:<br />
2. Auf deinen<br />
Seiten fällt mir auf:<br />
3.<br />
Das fällt mir in deinem Heft auf:
1. Welche Seiten sind mir besonders gut gelungen?<br />
• Der Text ist gut zu lesen?<br />
• Alle Buchstaben sind gut zu erkennen?<br />
• Die Wörter sind mit Schwung geschrieben?<br />
Gut gelungene Seiten bekommen einen<br />
Welche Seite stelle ich im Schriftgespräch vor?<br />
2. Ich vergleiche Heft Nummer mit meinem letzten Heft Nummer .<br />
Was fällt mir auf?<br />
3. Mit welchem Stift schreibe ich am besten?<br />
4. Schreibe ich am besten ohne Linien? auf den großen Linien?<br />
auf den engen Linien? im Schreibheft mit Linien ?<br />
5. Welche Buchstabenverbindungen habe ich ausprobiert?<br />
6. Welches Wort oder welchen Satz kann ich besonders leicht mit Schwung schreiben?<br />
Fragen zur Selbsteinschätzung – Einklebeblatt für die Jahrgangsstufen 3 und 4<br />
Rückmeldung von LehrerInnen – Einklebeblatt für die Jahrgangsstufen 3 und 4<br />
1. Das fällt mir bei deinen Buchstaben auf:<br />
2. Diese Buchstaben-Verbindungen geben deiner Schrift Schwung:<br />
3. Deine Wörter<br />
• sind gut lesbar meistens solltest du noch üben<br />
• haben gut erkennbare Buchstaben meistens solltest du noch üben<br />
• sind mit Schwung geschrieben meistens solltest du noch üben<br />
4. Deine Texte<br />
• sind gut lesbar meistens solltest du noch üben<br />
• haben gut erkennbare Buchstaben meistens solltest du noch üben<br />
• sind mit Schwung geschrieben meistens solltest du noch üben<br />
5. Du schreibst am besten mit diesem Stift:<br />
6. Was mir sonst noch auffällt (Schreibhaltung, Lineatur, …):
Praxis: Schreiben mit Schwung<br />
Lothar Bode<br />
Lasst die Kinder wieder mehr in Hefte schreiben<br />
Mein Plädoyer für eine gute Schreibkultur an der <strong>Grundschule</strong><br />
Mit diesem Beitrag möchte ich dafür werben, dass Lehrkräfte Schülerinnen und<br />
Schüler ihre Arbeiten mehr in geeignete Hefte als auf lose Blätter / Arbeitsblätter<br />
fertigen lassen. Beim Kompetenzerwerb »Schreiben« möchte ich den Blick richten<br />
auf das Wie und Wohin der Schreibprodukte der Kinder.<br />
Die KMK formuliert für den<br />
Kompetenzbereich »Schrei ben«<br />
in den Bildungsstandards im<br />
Fach Deutsch für den Primarbereich<br />
von 2004 :<br />
– Über Schreibfertigkeiten verfügen<br />
– Richtig schreiben<br />
– Texte planen<br />
– Texte schreiben überarbeiten<br />
Kinder können diese Kompetenzen erwerben,<br />
wenn ihnen ihre Lehrerinnen<br />
und Lehrer<br />
● gute Aufgaben in allen Fächern stellen.<br />
● Zeit einräumen, Lernzeit zur Verfügung<br />
stellen, genügend Unterrichtszeit<br />
zum Schreiben einplanen. Schreiben<br />
lernen erfordert viel, vor allem aber<br />
Zeit.<br />
● Rückmeldung geben. Kinder brauchen<br />
Rückmeldung über ihren Schreibprozess,<br />
ihr Schreibprodukt, ihren Text,<br />
ihre Schrift. Lehrerinnen und Lehrer<br />
tragen hier eine große Verantwortung,<br />
denn ohne entsprechende Rückmeldung<br />
fehlt den Schülerinnen und Schülern<br />
die Orientierung auf ihrem Weg<br />
zum Kompetenzerwerb des Schreibens.<br />
Gute Aufgaben sind offen konzipiert,<br />
lassen mehrere Lösungswege zu, fördern<br />
individuelle Vorgehensweise, prozessbezogene<br />
Kompetenzen und eigene<br />
Fragestellungen, schließen Anschlussaufgaben<br />
und die Entwicklung eigener<br />
Aufgaben ein. Wenn Schülerinnen<br />
und Schüler gute Aufgaben bearbeiten,<br />
entwickeln sie gleichzeitig ihre Schreibkompetenz<br />
im o. g. Sinne weiter. Gute<br />
Aufgaben erfordern auch teilweise umfangreiche<br />
schriftliche Arbeiten der<br />
Schülerinnen ud Schüler.<br />
Bei allen Aufgaben, die Lehrerinnen<br />
und Lehrer ihren Schülern stellen, sind<br />
immer auch die Entscheidungen relevant:<br />
– Wie dokumentieren Kinder ihre Arbeitsergebnisse?<br />
– Wohin schreiben die Kinder ihre<br />
Texte?<br />
– Welche Hefte oder Blätter werden benutzt?<br />
– Wie und wo werden die Ergebnisse<br />
abgelegt?<br />
– Was geschieht mit den Schreib- /<br />
Arbeitsprodukten?<br />
Lehrerinnen und Lehrer sind also bei<br />
ihrer Unterrichtsplanung gefordert,<br />
diese Fragen mit zu bedenken und zu<br />
entscheiden.<br />
Hier plädiere ich dafür, Kinder mehr<br />
in Hefte schreiben zu lassen.<br />
In Hefte schreiben beeinhaltet die<br />
Chance, dass Schülerinnen und Schüler<br />
ihre Gedanken und Dokumente ordnen,<br />
ihre Texte und Arbeiten wertschätzen<br />
und diese in nutzbarer und vorzeigbarer<br />
Form erstellen.<br />
In Hefte schreiben beinhaltet die<br />
Chance, dass Inhalten ein passender<br />
äußerer Rahmen zugeordnet wird. Wie<br />
ein gemaltes Bild, ein Kunstwerk mit<br />
passendem Rahmen besser wirkt, vorzeigbar<br />
und ausstellbar wird, so verleiht<br />
ein Heft einer Schülerarbeit den<br />
passenden Rahmen. Kinder arbeiten<br />
mit mehr Freude und geben sich nach<br />
meiner Erfahrung auch mehr Mühe mit<br />
ihren Arbeiten, wenn sie diese in Hefte<br />
fertigen, für die es bestimmte Regeln<br />
und Strukturen gibt. Für Arbeitsblätter<br />
ist diese Wertschätzung nur schwer zu<br />
erzielen, wenn nicht klar ist, was mit<br />
diesen nach Fertigstellung geschieht,<br />
wo sie abgeheftet werden oder für wen<br />
sie wichtig sind.<br />
Schreiben erfordert Zeit. Gute Aufgaben<br />
zu bearbeiten kostet viel Lernzeit.<br />
Kinder brauchen für das Schreiben unterschiedlich<br />
lange. Nach entsprechen-<br />
Gute Aufgaben in den Fächern, genügend<br />
Zeit zum Schreiben und geeignete<br />
Rückmeldung sind Faktoren,<br />
die die Schreibkultur an einer Schule<br />
wesentlich bestimmen.<br />
20 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010
Praxis: Schreiben mit Schwung<br />
Beispiele aus der Praxis<br />
Wenige gefaltete oder<br />
geheftete Blätter<br />
Geschichten- und Malheft<br />
für erste eigene Sätze und kleine Geschichten Deutsch, ab Kl. 1<br />
Sammelheft für erste eigene Sätze und kleine Geschichten, ergänzt<br />
durch Bilder und Zeichnungen zum Inhalt – zusammengeheftete<br />
Blätter mit oder ohne Linien, Mal- und Schreibseite abwechselnd<br />
Deutsch, ab Kl. 1<br />
Geschichtenheft<br />
Sammelheft für Geschichten und eigene Texte, auch für Klassenarbeiten<br />
Deutsch, ab Kl. 2<br />
Abschreibheft für das Üben des Abschreibens mit Einlegetasche für Vorlagen Deutsch, ab Kl. 1<br />
Wörterheft<br />
Fachheft<br />
Themenheft<br />
Heft für die freie Arbeit<br />
Forscherheft<br />
Forscherheft/<br />
Versuchsprotokolle<br />
naturw. Experimente<br />
Lesetagebuch<br />
Heft für Knobelaufgaben,<br />
Sachaufgaben,<br />
Geometrie u. a.<br />
Klassenhefte<br />
Wochenheft<br />
Lerntagebuch<br />
Portfolio<br />
für das Sammeln von Wörtern, für rechtschriftliche Übungen mit<br />
der Wörterkartei oder für Fehlerwörter<br />
Sammelheft für Ergebnisse des Fachunterrichtes, chronologisch<br />
geführt, mit Vorgabe oder freie Dokumentation<br />
Sammelheft für Ergebnisse zu einem Unterrichtsthema, enthält<br />
eigene Texte, eigene Zeichnungen, eingeklebte Bilder oder Strukturen,<br />
teilweise strukturelle Vorgaben<br />
Dokumentation der Ergebnisse der Freiarbeit zu individuellen, selbstgewählten<br />
Themen ohne strukturelle Vorgaben<br />
für Forscherfragen, Lösungswege, Beschreibungen von Methoden,<br />
Beobachtungen und Erklärungsversuche, Literatur und Hilfsquellen,<br />
auch im Unterricht gemeinsam dokumentierte Forscherprozesse<br />
für Forscherfragen, die durch Versuche beantwortet werden;<br />
strukturelle Vorgaben, z. B.: Forscherfrage: Ich brauche: Ich versuche:<br />
Ich beobachte: Ich erkläre:<br />
für die Dokumentation von Gelesenem. Gelesene Bücher werden<br />
verzeichnet, dazu wird gemalt, Sätze oder Passagen abgeschrieben,<br />
der Inhalt zusammengefasst, beschrieben, bewertet.<br />
Ein Lesetagebuch kann den Leselernprozess über einen langen Zeitraum<br />
dokumentieren<br />
für die Dokumentation des Mathematiklernens in den jeweiligen<br />
Bereichen<br />
für die Dokumention gemeinsamer Erlebnisse, Klassenfeste,<br />
Schul- oder Klassenprojekte, Klassenfahrten.<br />
Einzelne Schüler oder Kleingruppen gestalten Seiten oder Teile<br />
für die Dokumentation individueller Erlebnisse in einem überschaubaren<br />
Zeitraum (z. B. eine Woche). Die Arbeit am Wochenheft kann<br />
regelmäßig in einer bestimmten Stunde erfolgen<br />
für die Dokumentation und Formulierung von individuellen Lernfortschritten,<br />
von Erkenntnissen, von zukünftigen Lernabsichten und<br />
Vorlieben; Erkennen von Fähigkeiten; selbstkritische Rückbesinnung<br />
wie Lerntagebuch, eher mit dem Schwerpunkt Dokumentation und<br />
Präsentation<br />
Deutsch, ab Kl. 1<br />
Alle Fächer, ab Kl 1<br />
Religion/Sachunterricht/<br />
Deutsch ab Klasse 1<br />
Alle Fächer, ab Kl. 1<br />
Sachunterricht,<br />
auch andere Fächer, ab Kl. 1<br />
Sachunterricht, ab Kl. 2<br />
Deutsch, ab Kl. 1<br />
Mathematik, ab Kl. 1<br />
fächerübergreifend<br />
fächerübergreifend<br />
fächerübergreifend<br />
fächerübergreifend<br />
Anmerkungen zu den Beispielen:<br />
Dies ist eine Beispielsammlung. Die Qualität<br />
der Schreibkultur einer Schule ist nicht<br />
durch die Zahl der Hefte definiert, die die<br />
Schüler bearbeiten.<br />
Der Begriff »Heft« wird hier im weiteren<br />
Sinne verwendet für zusammengehörige/<br />
-geheftete Papiere unterschiedlicher<br />
Formate und Lineaturen.<br />
Je nach Klassensituation können Kinder mit<br />
der Verwaltung einer gewissen Zahl von<br />
Heften überfordert sein. Hier kann eine<br />
Verwaltung im Klassenraum helfen. Auch<br />
werden manche Hefte selten, regelmäßig<br />
oder nur in bestimmten Zeiten benutzt.<br />
Hier kann logistische Unterstützung durch<br />
die Lehrkraft und Verbleib der Hefte im<br />
Klassenraum erforderlich und sinnvoll sein.<br />
Die Verwendung von verschiedenfarbigen<br />
Umschlägen und von Aufklebern, die den<br />
Namen des Heftes und des Schülers enthalten,<br />
dient der Orientierung.<br />
Für manche Hefte kann es Sinn machen,<br />
dass das neue Heft mit dem vorderen<br />
Einband an den hinteren Einband des vollen<br />
Heftes geklebt oder geheftet wird. So entstehen<br />
umfassende Dokumentationen.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />
21
Praxis: Schreiben mit Schwung<br />
Lothar Bode<br />
Rektor der Gemeinschaftsgrundschule<br />
Alpen-Veen, NRW<br />
Kontakt: ggsveen@web.de<br />
den Rückmeldungen müssen Kinder<br />
ihr Schreibprodukt manchmal überarbeiten.<br />
Manche Kinder möchten mehr<br />
und ausführlicher schreiben oder haben<br />
weiterführende Ideen, ihnen fallen weitere<br />
Lösungswege oder neue Aufgaben<br />
und Fragen ein.<br />
Bei der Unterrichtsplanung ist dies zu<br />
berücksichtigen.<br />
Häufig nehmen Lehrkräfte Kindern<br />
Schreibarbeit ab und fertigen Arbeitsblätter<br />
an, um Zeit zu sparen. Das kann<br />
sinnvoll sein. Wenn Kinder in der ihnen<br />
zur Verfügung stehenden Lernzeit<br />
überwiegend Papiere, deren Struktur<br />
und Inhalt sich Erwachsene ausgedacht<br />
haben, bearbeiten, beschriften oder vervollständigen,<br />
lernen sie dadurch möglicherweise<br />
auch etwas. Vom Selbstgeschriebenen<br />
wird der Lerner meiner<br />
Ansicht nach mehr Nutzen haben und<br />
dadurch sicher eher zum kompetenten<br />
Schreiber werden können. Lerntheoretiker<br />
und Hirnbiologen liefern hierfür<br />
stichhaltige Begründungen.<br />
Die Lehrkraft sollte sich zu jedem<br />
Arbeitsblatt auch die Frage ernsthaft<br />
beantworten: Was geschieht mit dem<br />
Arbeitsblatt nach Gebrauch? Ist und<br />
bleibt es für den Lerner wertvoll oder<br />
sinnvoll? Wie kann das unverzichtbare<br />
Arbeitsblatt sinnvoll in das Dokumentationskonzept<br />
integriert werden?<br />
Schülerinnen und Schüler brauchen<br />
Rückmeldung über ihren Schreibprozess,<br />
ihr Schreibprodukt, ihren Text<br />
und ihre Schrift. Ohne Rückmeldung<br />
gelingt selten der Lernprozess, erzielt<br />
der Schreiber kein optimales Schreibprodukt,<br />
bleiben Texte und Schrift häufig<br />
ohne Entwicklung.<br />
Sicherlich kann eine Lehrkraft auch<br />
Rückmeldung geben zu einer Arbeit<br />
auf einem einzelnen Blatt. Mehr Sinn<br />
macht es, Arbeiten in einem größeren<br />
Zusammenhang zu sichten, zu würdigen,<br />
zur Kenntnis zu nehmen. Der<br />
größere Zusammenhang ähnlicher Arbeiten,<br />
mehrerer Gedanken zu einem<br />
Thema, einer Aufgabensammlung vermittelt<br />
einen größeren Überblick über<br />
die Leistungen, die Denkfähigkeit und<br />
die Lernentwicklung der Schülerinnen<br />
und Schüler über einen längeren Zeitraum.<br />
Daraus folgt: Den Schülerinnen<br />
und Schülern Rückmeldung zu geben,<br />
ist auf der Basis von Heften sinnvoller<br />
als auf der Basis einzelner Blätter.<br />
Schrift, Handschrift, ordentliches<br />
und strukturiertes Schreiben wird beim<br />
Benutzen von Heften zu einem wichtigen<br />
Thema. Wenn Schülerinnen und<br />
Schüler gute Aufgaben bekommen, haben<br />
sie oft zu entscheiden, wie sie ihre<br />
Texte strukturieren, ob sie Unterstreichungen,<br />
Hervorhebungen, Tabellen,<br />
Zeichnungen usw. benutzen. Hierzu<br />
brauchen sie zunächst Hilfen und Anleitung.<br />
Die Lehrkraft stellt Anforderungen<br />
an Inhalt und Struktur der Arbeiten,<br />
hier brauchen Kinder ebenfalls<br />
Zeit zum Üben und Rückmeldung.<br />
Schrift kann sich beim Kind zur<br />
persönlichen Handschrift entwickeln,<br />
wenn Kinder viel Zeit zum Schreiben<br />
haben und viel schreiben. Auch dieser<br />
Entwicklungsprozess der Kinder erfordert<br />
Rückmeldung und Begleitung<br />
durch die Lehrkraft.<br />
Fazit<br />
Grundschulkinder sollen Schreibkompetenzen<br />
erwerben. Dabei ist es nicht<br />
beliebig, wie, worauf und wohin Kinder<br />
schreiben. Art und Weise und der Ort<br />
der Dokumentation der Schreibprodukte<br />
und die Schrift sind wichtig wie<br />
Gehalt und Inhalt. Erfolgreiche Unterrichtsplanung<br />
sollte dies berücksichtigen.<br />
Für die Schreibkultur einer Schule ist<br />
es bedeutsam, welche Hefte benutzt und<br />
wie sie geführt werden und wie Schüler<br />
schreiben sollen. Im Sinne des Auftrags,<br />
Grundschulkindern zu helfen, Schreibkompetenzen<br />
zu erwerben, ist der Dialog<br />
zum Thema für das Kollegium jeder<br />
Schule wichtig.<br />
Vorteile einer Schreibkultur<br />
in Heftform<br />
●● Die Schreibprodukte der Lerner haben<br />
einen Ort und sind damit für Lehrkraft<br />
und Schüler geordnet und übersichtlich.<br />
●● Kinder erzeugen ein vorzeigbares<br />
Produkt.<br />
●● Bei entsprechender Wertschätzung<br />
durch die Lehrkraft wird das Heft auch<br />
vom Lerner wertgeschätzt und damit<br />
wertvoll.<br />
●● Kinder dokumentieren ihren Lernprozess<br />
oft ausführlich durch Texte und<br />
Bilder und vermitteln so dem Betrachter<br />
den Grad ihres Verstehens.<br />
●● Kinder dokumentieren ihre offenen<br />
Fragen und ihren Lernbedarf auch<br />
durch Fehler.<br />
●● Kinder dokumentieren den Stand<br />
ihrer Schreibkompetenz kontinuierlich<br />
und übersichtlich.<br />
●● Ein ansprechend beschriebenes und<br />
gestaltetes Heft vermittelt den Kindern<br />
eine Könnenserfahrung.<br />
●● Ein Heft mit Dokumenten zu einem<br />
Thema kann für die Kinder eine Grundlage<br />
für die Kommunikation mit anderen<br />
über dieses Thema sein.<br />
●● Ein Heft bietet der Lehrkraft eine<br />
umfassende Basis für Rückmeldungen<br />
an den Schüler.<br />
●● Der Lerner kann seine Schrift sinnvoll<br />
weiter entwickeln, entsprechende<br />
Rückmeldungen der Lehrkraft begünstigen<br />
dies.<br />
●● Für den Lerner wird lesbare und klare<br />
Schrift und Schreiben alltäglich, unverzichtbar<br />
und erstrebenswert.<br />
●● Die Lehrkraft formuliert für die<br />
Schrift und das Schreiben in bestimmte<br />
Hefte fachliche und individuelle Anforderungen.<br />
●● Durch eine begründete und durchdachte<br />
Schreibkultur an einer Schule<br />
erwerben die Lerner vielfältige Schreibund<br />
Methodenkompetenz.<br />
Anmerkung<br />
Die abgebildeten Heftseiten stammen aus<br />
Heften von Schülern der Gemeinschaftsgrundschule<br />
Veen, Alpen und der Wilhelm-<br />
Koppers-<strong>Grundschule</strong>, Alpen-Menzelen.<br />
Literatur<br />
Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister<br />
der Länder in der Bundes republik<br />
Deutschland (2005): Bildungs standards im<br />
Fach Deutsch für den Primarbereich (Jahrgangsstufe<br />
4) – Beschluss der Kultusministerkonferenz<br />
vom 15. 10. 2004. München.<br />
22 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010
Dokumentation<br />
Erika Brinkmann<br />
Lehr-/Bildungs- und Rahmenpläne in den Bundesländern:<br />
Was bedeuten sie für die Einführung der Grundschrift?<br />
Die Vereinbarungen der Kultusministerkonferenz, die für alle Bundesländer<br />
die Basis für die Erstellung der neuen Richtlinien für den Unterricht waren,<br />
sind – bezogen auf die Handschrift der Kinder – kurz: Die Schülerinnen und<br />
Schüler verfügen über verschiedene Möglichkeiten der ästhetischen Darstellung<br />
entsprechend dem Schreibanlass und arbeiten mit unterschiedlichen Medien. Sie<br />
schreiben eine lesbare und flüssige Handschrift.<br />
In diesen beiden Sätzen stecken die<br />
wesentlichen Anforderungen an<br />
den Unterricht in Hinblick auf die<br />
Handschrift der Kinder, die für das<br />
Projekt Grundschrift des Grundschulverbandes<br />
in gleicher Weise gelten:<br />
●● Das Ziel wird geklärt: Die Handschrift<br />
soll formklar sein, damit sie lesbar<br />
ist. Darüber hinaus soll die Handschrift<br />
flüssig sein, damit sie auch<br />
einigermaßen rasch geschrieben werden<br />
kann. Davon, dass die Buchstaben<br />
miteinander verbunden sein müssten,<br />
steht nichts in diesen Vorgaben.<br />
●● Es wird zudem darauf hingewiesen,<br />
dass die ästhetische Darstellung etwas<br />
mit dem Schreibanlass zu tun hat und<br />
die Kinder lernen sollen, die verschiedenen<br />
Möglichkeiten kompetent zu<br />
nutzen. Ausschlaggebend ist dabei die<br />
Funktion der Schrift: Beim Schreiben<br />
von Notizen ist z. B. anderes wichtig als<br />
bei der sorgfältigen Gestaltung des<br />
Lieblingsgedichtes. Im ersten Fall geht<br />
es um Schnelligkeit – die gute Lesbarkeit<br />
tritt in den Hintergrund – und im<br />
zweiten Fall geht es um das Gestalten<br />
eines Gesamtwerkes mit Schrift, bei<br />
dem der Zeitfaktor eine untergeordnete<br />
Rolle spielt, die Formklarheit und die<br />
ästhetische Darstellung aber wesentlich<br />
sind.<br />
●● Und – last but not least – es soll nicht<br />
nur mit der Hand geschrieben werden,<br />
auch andere Medien wie Stempel, Druckerei,<br />
Schreibmaschine und Computer<br />
sollen zum Schreiben und zur Textgestaltung<br />
genutzt werden.<br />
Es wird durch diese Vorgaben also<br />
geklärt, was die Kinder lernen sollen.<br />
Der Weg zu diesem Ziel bleibt offen.<br />
Die Ausgangsschrift:<br />
Hilfe oder Umweg?<br />
Für die einzelnen Bundesländer finden<br />
sich in den verschiedenen Bildungs-,<br />
Lehr- und Rahmenplänen in der Regel<br />
Ergänzungen zu den Vorgaben der<br />
KMK, die sich mit dem Wie beschäftigen:<br />
Auf welchem Weg soll eine lesbare<br />
und flüssige Handschrift erworben werden?<br />
Fast immer wird dafür als Zwischenschritt<br />
das Erlernen einer der drei möglichen<br />
Ausgangsschriften verbindlich<br />
vorgeschrieben. Das ist erstaunlich,<br />
denn es gibt keine einzige Untersuchung,<br />
die belegt, dass dies ein besonders<br />
sinnvoller Weg sei. Erklärbar ist<br />
diese Vorgabe aus dem historischen<br />
Verlauf des Schreibunterrichts: Jahrhundertelang<br />
wurden den Schülerinnen<br />
und Schülern verbundene Schriften vermittelt,<br />
die als Normschrift<br />
galten. Jede<br />
Buchstabenform sollte<br />
möglichst genau der<br />
Vorlage entsprechen,<br />
eine persönliche Ausgestaltung<br />
der Schrift<br />
war nicht vorgesehen.<br />
Noch viele unserer<br />
(Ur-)Großeltern<br />
haben so mit spitzer<br />
Stahlfeder die deutsche<br />
Kurrentschrift<br />
Erika Brinkmann<br />
Professorin für deutsche Sprache,<br />
Literatur und ihre Didaktik an der Pädagogischen<br />
Hochschule in Schwäbisch<br />
Gmünd. Schwerpunkte: Schriftspracherwerb,<br />
Förderung von Kindern mit<br />
Lernschwierigkeiten, Rechtschreiben<br />
lernen, Offene Unterrichtsformen,<br />
Medien im Deutschunterricht.<br />
erlernt. Eine gute Zensur für die Schrift<br />
gab es dann, wenn sie der Norm weitgehend<br />
entsprach. Die später eingeführten<br />
Ausgangsschriften haben ein<br />
anderes Ziel. Sie sollen die Basis bilden,<br />
von der aus die Kinder ihre persönliche<br />
Handschrift entwickeln. Seitdem sich<br />
jedoch die Erkenntnis durchgesetzt hat,<br />
dass die Druckschrift die besser geeignete<br />
Schrift für das Lesen und für das<br />
Schrei ben im Anfangsunterricht ist,<br />
wird in allen Bundesländern grundsätzlich<br />
das Schreiben mit der Druckschrift<br />
begonnen (nur in Rheinland-Pfalz wird<br />
dies im Rahmenplan nicht ausdrücklich<br />
erwähnt). Die eigentliche Ausgangsschrift<br />
ist in der Bundesrepublik also<br />
die Druckschrift. Die verbundenen<br />
Ausgangsschriften wie die Lateinische<br />
Ausgangsschrift, die Vereinfachte Ausgangsschrift<br />
oder die Schulausgangsschrift<br />
sind ein zusätzlicher Zwischenschritt<br />
für die Kinder, bevor sie ihre<br />
persönliche Handschrift entwickeln<br />
dürfen. Ob dies tatsächlich eine Hilfe<br />
oder doch eher ein Umweg ist, ist in der<br />
Fachwelt umstritten. Tatsache ist aber,<br />
dass alle vorgegebenen verbundenen<br />
Schriften vielen Kindern beim Lernen<br />
Probleme bereiten, und dass von vielen<br />
Aspekten der verbundenen Schriften<br />
in den ausgeschriebenen Erwachsenenschriften<br />
kaum etwas übrig bleibt.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />
23
Dokumentation<br />
Und: Die Klagen der Kollegen und<br />
Kolleginnen in den weiterführenden<br />
Schulen bezüglich der Kinderschriften<br />
sind laut. Das ist prinzipiell nichts Neues,<br />
diese Klagen gibt es schon, seitdem<br />
Kinder schreiben lernen. Heutzutage<br />
ist sicherlich vielfach ein Grund dafür<br />
das Missverständnis, die Kinder müssten<br />
die Ausgangsschrift, die sie in der<br />
<strong>Grundschule</strong> gelernt haben, als Normschrift<br />
genau so weiter schreiben. Zum<br />
Teil sind die Klagen aber auch berechtigt,<br />
da nach dem Erwerb der verbundenen<br />
Ausgangsschrift dem Schreiben<br />
der Kinder nicht mehr die notwendige<br />
Aufmerksamkeit geschenkt wird und<br />
es an Hilfen fehlt, die Kinder bei der<br />
Entwicklung ihrer persönlichen Handschrift<br />
zu unterstützen, damit diese lesbar<br />
und flüssig wird.<br />
Mit der Grundschrift will der Grundschulverband<br />
den Kindern den Umweg<br />
über eine vorgegebene verbundene<br />
Schrift ersparen und die Aufmerksamkeit<br />
der Lehrer/innen und Kinder von<br />
Anfang an darauf lenken, gemeinsam<br />
aus der Druckschrift individuelle Handschriften<br />
zu entwickeln. Wie die gesetzlichen<br />
Vorgaben dazu in den einzelnen<br />
Bundesländern aussehen und welche<br />
Möglichkeiten es für die Grundschrift<br />
dort gibt, soll im Folgenden dargestellt<br />
werden.<br />
Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen,<br />
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen<br />
In diesen Bundesländern gibt es keine<br />
Vorgaben in den Rahmenplänen bzw.<br />
im Lehrplan dafür, mit welcher verbundenen<br />
Schrift die Kinder zu ihrer persönlichen<br />
Handschrift finden sollen. Im<br />
gemeinsamen Rahmenplan für Berlin,<br />
Brandenburg, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern<br />
findet man folgende<br />
Hinweise zur Schrift:<br />
Druckschrift und Schreibschrift werden<br />
nacheinander eingeführt. Als Erstschrift<br />
ist eine unverbundene, serifenlose<br />
Druckschrift zu verwenden. Diese unterstützt<br />
das optische Durchgliedern der<br />
Wörter. Beim Schreiben der Druckschrift<br />
lernen die Schülerinnen und Schüler<br />
sinnvolle Bewegungs- und Schreibabläufe.<br />
Die Lehrerinnen und Lehrer achten<br />
auf eine entspannte Körper- und<br />
Stifthaltung. Die Feinmotorik wird auch<br />
durch andere Tätigkeiten wie Schneiden,<br />
Falten, Basteln entwickelt. Die Schreibschrift<br />
wird erst eingeführt, wenn die<br />
Schülerinnen und Schüler die meisten<br />
Buchstaben kennen, die Druckschrift<br />
sicher lesen können und ihre feinmotorischen<br />
Fertigkeiten entsprechend weit<br />
entwickelt sind. Bei der Auswahl der verbundenen<br />
Schrift ist darauf zu achten,<br />
dass diese formklar, leicht zu lernen und<br />
gut zu lesen ist. Schülerinnen und Schüler<br />
mit großen feinmotorischen Schwierigkeiten<br />
können weiterhin Druckschrift<br />
verwenden (Rahmenlehrplan <strong>Grundschule</strong><br />
Deutsch, 2004, S. 23 f.).<br />
Die Grundschrift entspricht den Anforderungen<br />
an die Druckschrift hier<br />
in jeder Hinsicht. Schwierig ist die<br />
Formulierung »Bei der Auswahl der<br />
verbundenen Schrift …«, denn es wird<br />
keine vorgegebene Schrift »ausgewählt«,<br />
wenn man die Grundschrift konsequent<br />
weiterentwickelt und durch Schreiben<br />
mit Schwung den Kindern hilft, zu einer<br />
persönlichen Handschrift zu gelangen.<br />
Die Kriterien sind allerdings wieder<br />
deckungsgleich mit den Vorgaben: Es<br />
»… ist darauf zu achten, dass diese formklar,<br />
leicht zu lernen und gut zu lesen<br />
ist.« Vom Grundgedanken her sollte die<br />
Einführung der Grundschrift in diesen<br />
Bundesländern also ohne Probleme<br />
möglich sein.<br />
Im Rahmenplan aus Hessen<br />
ist dies zur Handschrift zu<br />
finden: Der Übergang zur verbundenen<br />
Schreib schrift muss<br />
nicht forciert werden. Durch Schreibdrucken<br />
wird die Entwicklung zur verbundenen<br />
Handschrift nicht beeinträchtigt.<br />
Erfahrungsgemäß wollen alle Kinder die<br />
Schreibschrift lernen, sobald die ersten<br />
damit beginnen. Der Zeitpunkt sollte<br />
aber der Entscheidung jedes Kindes überlassen<br />
bleiben und eine (selbstkritische)<br />
Rückkehr zum Schreibdrucken offen gehalten<br />
werden. – Vergleichbares gilt für<br />
das Scheiben mit Füller.<br />
Die Vereinfachte Ausgangsschrift ist<br />
in ihrer Zweigliedrigkeit strukturell den<br />
Formen der Druckschrift ähnlich und<br />
bietet daher die günstigsten Voraussetzungen<br />
für die kontinuierliche Entwicklung<br />
einer persönlichen Handschrift. Als<br />
Orientierungshilfe auf dem Weg zur individuellen<br />
Handschrift ist ihr Vorrang<br />
einzuräumen.<br />
Im »schönen Schreiben« und in der<br />
Schriftgestaltung kommt auch die ästhetische<br />
Dimension der Schrift zum Tragen.<br />
Kinder verzieren von sich aus oft mit<br />
großer Hingabe ihre eigenen Werke und<br />
Briefe, erfinden kunstvolle Schriftformen<br />
oder suchen sich attraktive Lettern aus<br />
Zeitschriften z. B. für Buchstabenplakate<br />
heraus. Bei manchen Kindern wird erst<br />
dadurch die Lust am Schreiben geweckt.<br />
(...) Neben dem Handschreiben sollten<br />
auch technische Werkzeuge zum Einsatz<br />
kommen wie Druckerei, Schreibmaschinen<br />
und der Computer als Schreibwerkzeug<br />
(Rahmenplan <strong>Grundschule</strong> 1995,<br />
S. 93 f.).<br />
Im hessischen Rahmenplan steht die<br />
individuelle Entwicklung der Kinder an<br />
erster Stelle und es geht in den Vorgaben<br />
vor allem um mögliche Orientierungshilfen<br />
auf dem Weg zur individuellen<br />
Handschrift, die allerdings eine »verbundene<br />
Schreibschrift« sein soll. Hier<br />
ist zu diskutieren, was die Verbundenheit<br />
ausmacht: Die Bewegung der Hand<br />
oder die Spur auf dem Papier? In den<br />
Handschriften von Erwachsenen finden<br />
wir in der Regel auf dem Papier zwei bis<br />
drei verbundene Buchstaben und dann<br />
kleine Leerstellen, bevor die in der Luft<br />
weiterhin verbundene Bewegung wieder<br />
auf dem Papier sichtbar wird (vgl.<br />
Mahrhofer-Bernt in <strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>,<br />
Heft 110, S. 27). Zwingt man die<br />
Spur auf das Papier, führt dies zu Verkrampfungen<br />
der Hand, Erhöhung des<br />
Schreibdrucks und Verlangsamung der<br />
Bewegung. Diese Befunde sprechen<br />
dafür, den Begriff »verbunden« auf die<br />
Bewegung zu beziehen und nicht auf<br />
deren sichtbare Spur.<br />
Ähnlich wie in Hessen soll<br />
auch den Kindern in Schleswig-Holstein<br />
ein individueller<br />
Übergang zur Schreibschrift<br />
ermöglicht werden, die eine<br />
verbundene sein soll (Argumentation<br />
s. o.). Vorrang wird ebenfalls der Vereinfachten<br />
Ausgangsschrift eingeräumt,<br />
24 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010
Dokumentation<br />
allerdings findet sich kein Hinweis darauf,<br />
dass grundsätzlich eine Ausgangsschrift<br />
verwendet werden muss.<br />
Geschriebenes begegnet den Kindern<br />
durchweg in Druckschrift (Großantiqua<br />
und Gemischtantiqua). Wie das Lesen<br />
beginnt deshalb auch das Schreiben<br />
mit der Druckschrift. Zunächst können<br />
Großantiqua und Gemischtantiqua<br />
nebeneinander verwendet werden, bis<br />
sich die Gemischtantiqua als »normale«<br />
Druckschrift durchsetzt. Später wird zusätzlich<br />
zur Gemischtantiqua eine verbundene<br />
Schreibschrift eingeführt. Als<br />
verbundene Schrift hat die Vereinfachte<br />
Ausgangsschrift (VA) Vorrang. Im »schönen«<br />
Schreiben und in der Schriftgestaltung<br />
kommt auch die ästhetische Seite<br />
der Schrift zum Ausdruck. Dazu können<br />
das Erfinden kunstvoller Schriftformen<br />
und das Verzieren der eigenen Werke<br />
gehören. Bei manchen Kindern wird erst<br />
dadurch die Lust am Schreiben geweckt.<br />
Über den Zeitpunkt für den Übergang<br />
zur verbundenen Schrift sollte das<br />
Kind mitentscheiden können (Lehrplan<br />
<strong>Grundschule</strong>, S. 59).<br />
Vergleichbares gilt für die<br />
Kompetenz erwartungen im<br />
Lehrplan von Nordrhein-<br />
Westfalen. Auch hier muss<br />
man klären, was der Begriff »verbundene<br />
Schrift« bedeutet:<br />
»Im Schriftspracherwerb unterstützen<br />
sich Lesen und Schreiben gegenseitig.<br />
Ausgangsschrift für das Lesen und<br />
Schrei ben ist die Druckschrift.<br />
Im Zuge der Verflüssigung des Schreibverlaufs<br />
und der individuellen Ausprägung<br />
der Schrift entwickeln Schülerinnen<br />
und Schüler aus der Druckschrift eine<br />
gut lesbare verbundene Handschrift.<br />
In allen Phasen der Grundschulzeit<br />
sind Schreibaufgaben von Bedeutung,<br />
in denen formklares und gestaltendes<br />
Schrei ben wichtig wird.<br />
Schülerinnen und Schüler lernen das<br />
Schreiben und Rechtschreiben in einem<br />
aktiven, durch Beispiel, Reflexion und<br />
Anleitung unterstützten Prozess<br />
Kompetenzerwartung am Ende der<br />
Klasse 4:<br />
Die Schülerinnen und Schüler schreiben<br />
flüssig in einer gut lesbaren verbundenen<br />
Handschrift.«<br />
Im Rahmenplan für die<br />
<strong>Grundschule</strong> in Rheinland-<br />
Pfalz finden sich an zwei<br />
Stellen Aussagen zur Handschrift:<br />
Sie [die Kinder, EB] haben eine<br />
les bare, persönliche Handschrift entwickelt<br />
und haben grundlegende orthografische<br />
Regeln, Lösungshilfen und Rechtschreibstrategien<br />
kennengelernt und<br />
erprobt und somit zunehmend bewusst<br />
ihre Schreibleistungen im Hinblick auf<br />
die richtige Schreibweise zu reflektieren<br />
(Leistungsprofil am Ende der Grundschulzeit,<br />
S. 10).<br />
»Über Schreibfertigkeiten verfügen«:<br />
Eine gut lesbare Handschrift flüssig<br />
schrei ben; Texte zweckmäßig und übersichtlich<br />
gestalten, den PC zum Schreiben<br />
und für Textgestaltung verwenden<br />
(Orientierungsrahmen, S. 26).<br />
Es gibt in Rheinland-Pfalz im Rahmenplan<br />
der <strong>Grundschule</strong> keine Vorgaben<br />
dafür, wie die Kinder zu ihrer persönlichen<br />
Handschrift gelangen sollen – der<br />
Weg ist freigegeben.<br />
Ebenso im Land Thüringen:<br />
Der Schüler eignet sich in<br />
einem Schreiblehrgang die<br />
Druckschrift an.<br />
Als zu erreichende Sachkompetenz<br />
wird für die Schuleingangsphase angeführt:<br />
Der Schüler kann<br />
–– flüssig, formklar und leserlich in<br />
Druckschrift schreiben<br />
–– Wörter, Sätze und Texte schreiben<br />
–– Wörter und Texte mit Schrift kreativ<br />
gestalten<br />
Für Klasse 4 wurden folgende Sachkompetenzen<br />
formuliert:<br />
Der Schüler kann<br />
–– mit einer gut lesbaren individuellen<br />
Handschrift schreiben<br />
–– formklar<br />
–– flüssig<br />
–– in einem angemessenen Schreibtempo.<br />
–– Texte übersichtlich gestalten<br />
(Lehrplan für die <strong>Grundschule</strong> Deutsch,<br />
2010, S. 14)<br />
Im Kerncurriculum für Niedersachsen<br />
sieht es ähnlich<br />
aus. Im zweiten Schuljahrgang<br />
findet sich bei den erwarteten<br />
Kompetenzen:<br />
Die Schülerinnen und Schüler<br />
–– schreiben in einer formklaren, gut<br />
lesbaren Schrift<br />
–– gestalten Texte zweckmäßig und<br />
übersichtlich<br />
Bei den Kenntnissen und Fertigkeiten<br />
heißt es dann allerdings:<br />
–– Druckschrift als Ausgangsschrift<br />
schrei ben und eine verbundene<br />
Schrift kennen<br />
Im vierten Schuljahrgang liest man bei<br />
den erwarteten Kompetenzen:<br />
Die Schülerinnen und Schüler<br />
–– schreiben flüssig eine gut lesbare<br />
Handschrift<br />
–– gestalten Texte zweckmäßig und<br />
übersichtlich und achten auf einen<br />
Ordnungsrahmen in der Heft- und<br />
Mappenführung<br />
und bei den Kenntnissen und Fertigkeiten:<br />
–– unterschiedliche Schrifttypen unterscheiden<br />
–– in einer zunehmend automatisierten<br />
und individualisierten Handschrift<br />
schreiben<br />
–– unterschiedliche Textgestaltungs-<br />
möglichkeiten mit unterschiedlichen<br />
Medien anwenden und die Entscheidungen<br />
begründen<br />
erarbeitete Ordnungsstrukturen<br />
––<br />
sach- und fachangemessen anwenden<br />
Hier ist die Frage, was die »Kenntnis«<br />
einer verbundenen Schrift bedeutet:<br />
Im Zusammenhang mit der Grundschrift<br />
und dem Schreiben mit Schwung<br />
sind viele Gelegenheiten geplant, in denen<br />
die Kinder sich mit verschiedenen<br />
Schriften beschäftigen, diese erproben<br />
und sich dabei kreativ und kritisch auch<br />
mit ihrer eigenen Handschrift auseinandersetzen.<br />
Dabei lernen sie auch verbundene<br />
Schriften kennen.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />
25
Dokumentation<br />
Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt<br />
In diesen Ländern sind Ausgangsschriften<br />
als Zwischenschritt nach dem<br />
Schrei ben mit der Druckschrift vorgegeben.<br />
Der Bildungsplan in Baden-<br />
Württemberg macht das<br />
Lernen einer verbundenen<br />
Schrift (entweder LA oder<br />
VA, je nach Konferenzbeschluss) nach<br />
der Druckschrift als Ausgangsschrift<br />
verbindlich:<br />
Ausgangsschrift für das Lesen und<br />
Schreiben ist die Druckschrift. Ausgehend<br />
von der Druckschrift erlernen die<br />
Kinder eine verbundene Schrift. Sie entwickeln<br />
im Laufe der Grundschulzeit<br />
ihre persönliche Handschrift und achten<br />
auf eine angemessene Handhaltung<br />
beim Schreiben. Die Gesamtlehrerkonferenz<br />
entscheidet, ob die Lateinische Ausgangsschrift<br />
oder die Vereinfachte Ausgangsschrift<br />
zugrunde gelegt wird. Für<br />
das einzelne Kind darf die Ausgangsschrift<br />
während der Grundschulzeit<br />
nicht gewechselt werden. Kinder, deren<br />
Händigkeit noch nicht klar zu erkennen<br />
ist und linkshändige Kinder erhalten angemessene<br />
Unterstützung. Für Kinder<br />
mit besonderem Förderbedarf können<br />
individuelle Lösungen entwickelt werden,<br />
gegebenenfalls dürfen sie auch weiter<br />
Druckschrift schreiben (Bildungsplan<br />
2004, S. 45).<br />
Das Ziel ist klar formuliert: Die Kinder<br />
»entwickeln im Laufe der Grundschulzeit<br />
ihre persönliche Handschrift«.<br />
Auf dem Weg zu dieser persönlichen<br />
Handschrift soll eine Ausgangsschrift<br />
»zugrunde gelegt« werden. Diese Formulierung<br />
eröffnet Interpretationsspielräume,<br />
da nicht ganz klar wird,<br />
ob sich die Forderung, dass die Kinder<br />
(»[a]usgehend von der Druckschrift«)<br />
»eine verbundene Schrift« lernen sollen,<br />
auf die persönliche Handschrift<br />
oder auf die Ausgangsschrift bezieht.<br />
Auf keinen Fall kann gemeint sein,<br />
dass die Kinder dogmatisch eine dieser<br />
Schriften als Normvorgabe nachvollziehen<br />
müssen. Mindestanforderung<br />
scheint mir zu sein, dass sich das jeweilige<br />
Kollegium auf eine der beiden<br />
Ausgangsschriften einigt und die Kinder<br />
zumindest in den Phasen, in denen<br />
sie kreativ mit Schrift experimentieren,<br />
verschiedene Schriften erproben und<br />
kritisch mit den Schreibergebnissen<br />
umgehen, sich auch verbindlich mit<br />
der ausgewählten Ausgangsschrift auseinandersetzen<br />
und diese mit Hilfe von<br />
Vorlagen schreiben. So können spezifische<br />
Verbindungen, die den einzelnen<br />
Kindern besonders gut von der Hand<br />
gehen und sich von ihnen flüssig schreiben<br />
lassen, für die Entwicklung der<br />
persönlichen Handschriften genutzt<br />
werden.<br />
In Bayern sehen die Vorgaben<br />
etwas anders aus: Hier soll<br />
die persönliche Handschrift<br />
ausdrücklich aus der Vereinfachten<br />
Ausgangsschrift nach dem Beginn<br />
mit der Druckschrift entwickelt<br />
werden:<br />
Die Schrift entwickeln: Lesbarkeit,<br />
Geläufigkeit und Ästhetik sind die Kriterien,<br />
nach denen die Schüler ihre<br />
persönliche Handschrift aus der Ausgangsschrift<br />
entwickeln sollen. In allen<br />
Fachbereichen achten sie auf eine<br />
klare und übersichtliche Gestaltung<br />
ihrer schriftlichen Arbeiten. Neben verschiedenen<br />
Schreibwerkzeugen sollen<br />
die Schüler auch andere gestalterische<br />
Möglichkeiten wie Druckerei, Schreibmaschine<br />
oder Computer nutzen lernen.<br />
Kinder mit Schwierigkeiten beim Schreiben<br />
benötigen spezifische Beratung und<br />
fachliche Hilfe, besonders Kinder, deren<br />
Händigkeit noch nicht klar zu erkennen<br />
ist. Als verbundene Schrift ist die Ausgangsschrift<br />
verbindlich (Lehrplan für<br />
die bayrische <strong>Grundschule</strong> 2000, S. 27).<br />
Auch hier gelten die gleichen Anmerkungen<br />
zum Umgang mit einer<br />
Ausgangsschrift wie für Baden-Württemberg:<br />
Die Vereinfachte Ausgangsschrift<br />
ist keine Normschrift. Sie soll<br />
den Kindern helfen, eine persönliche<br />
Handschrift zu entwickeln. Deshalb<br />
sollten die Lehrer/innen von Anfang an<br />
den Kindern, die mit einzelnen Buchstabenformen<br />
(z. B. dem Köpfchen-e)<br />
Probleme haben, einfachere Alternativen<br />
aufzeigen (wie z. B. eine schlichte<br />
Schlaufe für das e).<br />
Ausgehend von einer serifenlosen<br />
und formklaren<br />
Druckschrift sollen auch in<br />
Hamburg die Kinder eine<br />
vorgebene Ausgangsschrift lernen:<br />
Alle Schülerinnen und Schüler, die ab<br />
August 2004 eingeschult werden, erlernen<br />
im Anschluss an die »Druckschrift«<br />
verbindlich die Schulausgangsschrift als<br />
verbundene Ausgangsschrift. Voraussetzung<br />
für das Erlernen der Schulausgangsschrift<br />
ist, dass die Feinmotorik des<br />
Kindes entsprechend entwickelt (worden)<br />
ist. Spätestens bis zum Ende der Klasse 2<br />
ist die Vermittlung der verbundenen<br />
Schrift abgeschlossen. Kinder mit anhaltenden<br />
Schwierigkeiten können immer<br />
die unverbundene Schrift benutzen<br />
(Rahmenplan Deutsch für die <strong>Grundschule</strong>,<br />
S. 13).<br />
In den Kompetenzen und Inhalten<br />
des Kernlehrplanes für<br />
das Saarland heißt es:<br />
Grundlage für das Lesen<br />
und Schreiben ist die Druckschrift.<br />
26 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010
Dokumentation<br />
Flüssigkeit für jede Handschrift bei entsprechender<br />
unterrichtlicher Unterstützung<br />
eher erreicht wird, ist groß.<br />
In enger Verbindung mit dem Sprechen<br />
erwerben die Schülerinnen und<br />
Schüler die notwendigen Kompetenzen<br />
im Umgang mit Buchstaben, Wörtern,<br />
Sätzen und Texten, um an einer elementaren<br />
Lese- und Schriftkultur teilzuhaben.<br />
Bis zum Ende des 2. Schuljahrganges<br />
erlernen sie dafür die Druckschrift<br />
und die Schulausgangsschrift als verbundene<br />
Schrift (Fachlehrplan <strong>Grundschule</strong><br />
Deutsch, 2007, S. 5).<br />
Zu den verfügbaren Schreibfertigkeiten<br />
der Kinder steht im Kernlehrplan:<br />
In gut lesbarer Schrift schreiben:<br />
–– normgerechte Darstellung der<br />
einzelnen Buchstaben in Druckschrift<br />
und in der verbundenen Schrift:<br />
Schulausgangsschrift (Deutsch 1/2 )<br />
–– mit flüssiger, gut lesbarer Schrift<br />
schrei ben (Deutsch 3/4 )<br />
(Kernlehrplan Deutsch <strong>Grundschule</strong>,<br />
2009, S. 6, 12, 26, 40)<br />
Hier scheint ein Missverständnis vorzuliegen:<br />
Beim Lernen einer Ausgangsschrift<br />
ist niemals der Anspruch an das<br />
normgerechte Schreiben der einzelnen<br />
Buchstaben zu stellen. Eine Ausgangsschrift<br />
ist immer nur als Orientierungshilfe<br />
zu verstehen, die es den Kindern<br />
erleichtern soll, zu einer formklaren<br />
und flüssigen persönlichen Handschrift<br />
zu gelangen, was ja auch als Ziel für die<br />
Klasse 3 und 4 angegeben wird.<br />
Im Lehrplan von Sachsen<br />
wird die Schulausgangsschrift<br />
ebenfalls verbindlich vorgeschrieben<br />
und es fehlt auch<br />
hier ein expliziter Hinweis auf das Ziel,<br />
aus dieser Ausgangsschrift individuelle<br />
Handschriften zu entwickeln.<br />
Um den Schritt zur Schreibschrift zu<br />
erleichtern, sollten die Kinder bereits die<br />
Druckbuchstaben so schreiben lernen,<br />
dass die Buchstaben der Schreibschrift<br />
nach Möglichkeit daraus abgeleitet werden<br />
können. Dieser Prozess bedarf der<br />
Anleitung jedes Kindes, seinem individuellen<br />
Entwicklungsstand entsprechend,<br />
jedoch keines Schreiblehrganges für alle<br />
Kinder. Dabei sollte auch beachtet werden,<br />
dass Kinder unterschiedlich schnell<br />
Wege zur Schrift finden und Kinder mit<br />
Linkshändigkeit spezifischer Hilfestellung<br />
bedürfen (Lehrplan <strong>Grundschule</strong><br />
Deutsch, 2004/2009, S. 3).<br />
Ziele in der Klassenstufe 1/2: Die<br />
Schüler erwerben in enger Verbindung<br />
von Lesen und Schreiben die Grundlagen<br />
für das Verstehen und Verwenden<br />
der Schriftsprache. Sie lernen Schrift als<br />
Kommunikationsmittel kennen und verwenden<br />
Druckschrift als Erstschrift. In<br />
Auseinandersetzung mit Geschriebenem<br />
gewinnen sie Einsichten in die Struktur<br />
der Sprache und erweitern ihren Wortschatz.<br />
Die Schüler eignen sich in einem<br />
sachsystematischen Lehrgang die Schulausgangsschrift<br />
an und schreiben gut<br />
lesbar. Dabei achten sie auf eine zweckentsprechende<br />
Gestaltung des Geschriebenen<br />
(Lehrplan <strong>Grundschule</strong> Deutsch,<br />
2004/2009, S. 6).<br />
Auch im Fachlehrplan<br />
<strong>Grundschule</strong> für Sachsen-<br />
Anhalt gibt es keinen Hinweis<br />
auf die zu entwickelnde<br />
persönliche Handschrift der Kinder.<br />
Wie sich aus den ausgeschriebenen Erwachsenenhandschriften<br />
ablesen lässt,<br />
ist dies aber ein Prozess, der offenbar<br />
immer stattfindet – unabhängig von<br />
der Ausgangsschrift, mit der das Schreiben<br />
gelernt wurde, und auch unabhängig<br />
davon, ob eine solche Entwicklung<br />
im Unterricht unterstützt wurde oder<br />
nicht. Die Wahrscheinlichkeit jedoch,<br />
dass das Ziel der Formklarheit und<br />
Fazit<br />
Das von der Kultusministerkonferenz<br />
verabschiedete Ziel für den Schreibunterricht<br />
in der <strong>Grundschule</strong>, eine lesbare<br />
und flüssige Handschrift bei den<br />
Kindern zu entwickeln, wird in fast<br />
allen Bundesländern aufgegriffen. In<br />
dreizehn Bundesländern wird als Ziel<br />
ausdrücklich die individuelle, persönliche<br />
Handschrift aufgeführt. Dies entspricht<br />
dem Ziel, das sich der Grundschulverband<br />
mit der Neuentwicklung<br />
der Grundschrift und ihrer bewussten<br />
Weiterentwicklung durch das Schreiben<br />
mit Schwung gesetzt hat. In allen Bildungs-,<br />
Lehr- und Rahmenplänen spürt<br />
man das Bemühen, die Entwicklungsdifferenzen<br />
und die Unterschiede im<br />
Können der Kinder aufzugreifen und<br />
ihnen die Chance zu geben, sich bestmöglich<br />
zu entwickeln. Bisher war dies<br />
beim Schreibenlernen der Weg über die<br />
Druckschrift und einen anschließenden<br />
Lehrgang zu einer sorgfältig ausgewählten<br />
Ausgangsschrift. Inzwischen<br />
gibt es aber neue Erkenntnisse aus der<br />
Schreibforschung, die den Grundschulverband<br />
bewogen haben, andere Wege<br />
zu beschreiten.<br />
Viele Bundesländer bieten mit ihren<br />
Vorgaben bereits die Möglichkeit,<br />
die Grundschrift in den <strong>Grundschule</strong>n<br />
schon jetzt zu nutzen. Wir sind sicher,<br />
dass die Grundschulreferentinnen und<br />
-referenten der anderen Bundesländer<br />
uns auch unterstützen werden (die<br />
ersten Gesprächstermine sind bereits<br />
vereinbart) und den Lehrerinnen und<br />
Lehrern zumindest in einem Erprobungsstatus<br />
den Einsatz der Grundschrift<br />
zu ermöglichen und dadurch<br />
dazu beizutragen, die Handschrift der<br />
Kinder optimal zu fördern.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />
27
<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />
Sachsen<br />
Ansprechpartnerin: Sibylle Jaszovics, Südwestring 11, 04668 Parthenstein<br />
jas.sib@t-online.de<br />
Strengere Übergangsregelung<br />
Um eine Bildungsempfehlung<br />
für das Gymnasium zu<br />
bekommen, brauchen<br />
Sachsens Viertklässler ab<br />
sofort einen Notendurchschnitt<br />
von 2,0. Dieser<br />
errechnet sich aus den Noten<br />
der Fächer Deutsch, Mathematik<br />
und Sachunterricht.<br />
Mit 2,5 kann man sich einer<br />
Eignungsprüfung (Dauer 60’)<br />
unterziehen, die Aufgaben<br />
der genannten Fächer<br />
enthält. Bestanden ist die<br />
Prüfung mit einem Ergebnis<br />
von mindestens 2,0.<br />
Bei guten Leistungen ist auch<br />
ein Wechsel von der Mittelschule<br />
an ein Gymnasium<br />
möglich. Dieser Wechsel<br />
kann nach Klasse 5, 6 oder<br />
10 erfolgen.<br />
Die veränderte Bildungsempfehlung<br />
in der 4. Klasse ist ein<br />
erster Schritt auf dem Weg<br />
der Mittelschule zur Oberschule.<br />
Die Mittelschule als<br />
Kernstück des sächsischen<br />
Schulsystems soll zur Oberschule<br />
weiterentwickelt<br />
werden. An weiteren Maßnahmen<br />
wird derzeit gearbeitet.<br />
So sollen in der<br />
künftigen Oberschule<br />
Leistungsgruppen angeboten<br />
werden. Besonders<br />
wichtig ist auch das Angebot<br />
einer zweiten Fremdsprache<br />
für alle Schüler der 6. Klassen.<br />
Ein weiterer Baustein im<br />
Zuge der Entwicklung zur<br />
Oberschule ist eine zweite<br />
Bildungsempfehlung in der<br />
6. Klasse. Ab dem Schuljahr<br />
2011/12 wird diese jeweils im<br />
zweiten Schulhalbjahr erteilt.<br />
Sie enthält unter anderem<br />
die Entscheidung der<br />
Klassenkonferenz mit der<br />
Empfehlung für den Realoder<br />
Hauptschulbildungsgang<br />
oder das Gymnasium.<br />
Besondere Berücksichtigung<br />
finden die Fächer Deutsch,<br />
Mathematik und Englisch.<br />
Erreicht werden muss ein<br />
Durchschnitt von 2,0.<br />
Bereits ab Klasse 3 ist der<br />
Leistungsdruck auf die<br />
Schüler enorm. Schon jetzt<br />
werden Grundschullehrer<br />
von Eltern, die unter allen<br />
Umständen eine Empfehlung<br />
für das Gymnasium wollen,<br />
unter Druck gesetzt. Es bleibt<br />
abzuwarten, ob dieser durch<br />
die zweite Bildungsempfehlung<br />
in Klasse 6 entschärft<br />
wird.<br />
Für die Landesgruppe:<br />
Sibylle Jaszovics<br />
29. Januar 2011<br />
10 bis 13 Uhr in der<br />
Löwenzahn-GS Großpösna<br />
Zu einer Gesprächsrunde<br />
sind alle eingeladen, die an<br />
einer Wiederbelebung der<br />
Landesgruppenarbeit in<br />
Sachsen interessiert sind.<br />
Mitglieder erhalten eine<br />
schriftliche Einladung.<br />
(Kontakt unter jas.sib@<br />
t-online.de möglich)<br />
Berlin<br />
Kontakt: Inge Hirschmann, Babelsberger Straße 45, 10715 Berlin<br />
www.gsv-berlin.de<br />
Schon auf dem Weg zur<br />
inklusiven Schule?<br />
In Berlin war es bislang für<br />
behinderte Kinder leichter<br />
als in vielen anderen Bundesländern,<br />
einen Schulplatz in<br />
einer Regelschule zu finden,<br />
zumindest wenn das Kind in<br />
einem der ehemaligen<br />
Westbezirke der Stadt<br />
wohnte. Eine Integrationsquote<br />
von etwa 40 % aller<br />
Kinder mit ausgewiesenem<br />
besonderem Förderbedarf<br />
ist ein durchaus nennenswerter<br />
Erfolg, aber auch kein<br />
Grund sich auszuruhen. Auch<br />
in Berlin muss in den Schulen<br />
und in der Schulverwaltung<br />
neu gedacht werden. Nicht<br />
mehr nur ein einzelnes zu<br />
integrierendes Kind steht im<br />
Fokus, sondern jede einzelne<br />
Schule und deren Leistungsfähigkeit.<br />
Wir alle sind<br />
gespannt auf den bislang<br />
noch nicht veröffentlichten<br />
Aktions- und Maßnahmenplan<br />
unserer Senatsverwaltung<br />
zur Umsetzung der<br />
UN-Konvention über die<br />
Rechte von Menschen mit<br />
Behinderungen.<br />
Betrachtet man nur allein die<br />
Personalzuweisung in diesem<br />
Schuljahr, hat man so seine<br />
Zweifel an der Leistungsfähigkeit<br />
der Berliner Schule.<br />
Die angeblich punktgenaue<br />
Ausstattung mit 100 %<br />
Lehrer/innen in Berlin trifft<br />
leider nicht auch punktgenau<br />
auf jede einzelne Schule zu.<br />
Das Misstrauen gegenüber<br />
der Verwaltung ist groß. Man<br />
munkelt, dass man es bei der<br />
Erfassung des den Schulen<br />
zur Verfügung stehenden<br />
Personals nicht immer genau<br />
genug nimmt. Wurde die<br />
Anzahl der nachweislich auf<br />
lange Sicht fehlenden<br />
Lehrkräfte tatsächlich<br />
sorgfältig erfasst, weiß die<br />
Senatsverwaltung, wie viele<br />
Lehrer/innen für Verwaltungs<br />
aufgaben, für Projekte<br />
und für die Umsetzung der<br />
nicht immer ganz sorgfältig<br />
ausfinanzierten Reformmaßnahmen<br />
für die Senatsverwaltung<br />
selbst eingesetzt<br />
werden? Keiner scheint zu<br />
erfassen, wie viele befristet<br />
eingestellte Vertretungskräfte<br />
ohne abgeschlossene<br />
Lehrerbildung bereits in den<br />
ersten Schulwochen die<br />
Lücken in den Stundenplänen<br />
füllen mussten.<br />
So werden Schulen mehr<br />
verwaltet als gestaltet!<br />
Außer der verlässlichen und<br />
rechtzeitigen Ausstattung<br />
mit qualifizierten Lehrern<br />
und Lehrerinnen benötigen<br />
die Schulen aber auch<br />
verlässliche sozialpädagogische<br />
Unterstützung. Für die<br />
sozialen Brennpunkte – und<br />
Berlin hat eine wachsende<br />
Anzahl von Schulen mit<br />
benachteiligten und armen<br />
Kindern – fordern wir als GSV<br />
den Aufbau von Schulstationen<br />
mit gut ausgebildeten<br />
Sozialpädagog/innen. Geistig<br />
und schwer mehrfach<br />
behinderte Kinder, aber auch<br />
Kinder mit gravierenden<br />
Fehlentwicklungen im<br />
emotional-sozialen Bereich<br />
bedürfen einer schulbegleitenden<br />
Assistenz, die<br />
weit über die Qualifizierung<br />
von den in Berlin üblichen<br />
Schulhelfer/innen hinausgeht.<br />
Berlin kennt das System<br />
der gut qualifizierten Pädagogischen<br />
Unterrichtshilfen,<br />
setzt diese aber inzwischen<br />
nur noch an den Förderzentren<br />
ein. Dies ist eine nicht<br />
nachvollziehbare Ungleichbehandlung<br />
der <strong>Grundschule</strong><br />
auf dem Weg zur inklusiven<br />
Schule.<br />
28 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010
<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />
Brandenburg<br />
Vorsitzende: Denise Sommer, Weinbergweg 21, 15834 Rangsdorf<br />
www.gsv-brandenburg.de<br />
Große Resonanz<br />
auf Fachtagung<br />
»Den Übergang gemeinsam<br />
meistern«<br />
Am 15. 09. 2010 fand an der<br />
»<strong>Grundschule</strong> am See« in<br />
Senftenberg unsere zweite<br />
Fachtagung zur Zusammenarbeit<br />
von Kindertageseinrichtung<br />
und <strong>Grundschule</strong><br />
statt. Das große Interesse an<br />
der Tagung im November<br />
2009 in der » Waldhofschule<br />
– eine Schule für alle« in<br />
Templin hat uns dazu<br />
bewogen, dieses Thema auch<br />
noch einmal im Süden des<br />
Landes Brandenburg anzubieten.<br />
73 Kolleginnen aus<br />
Kitas und <strong>Grundschule</strong>n nicht<br />
nur des südlichen Brandenburgs<br />
nahmen daran teil.<br />
Das Motto der gastgebenden<br />
<strong>Grundschule</strong> »Große Kunst<br />
für kleine Leute« wurde beim<br />
ersten Schritt ins Schulhaus<br />
sichtbar. In beeindruckender<br />
Weise zeigt die Gestaltung<br />
der Flure, Räume und Fenster<br />
die Freude und das Können<br />
der Schüler und den Ideenreichtum<br />
der Lehrerinnen.<br />
Die ganze Schule ist quasi<br />
Kunstausstellung und<br />
würdigt so in beispielhafter<br />
Weise Schülerleistungen. Bei<br />
der Vorstellung ihrer Schule<br />
sprach die Schulleiterin, Frau<br />
Rose, auch über den zweiten<br />
Schwerpunkt im Schulprogramm,<br />
die Leseförderung,<br />
und gab den Anwesenden<br />
wertvolle Impulse dazu.<br />
Schüler der Schule sorgten<br />
fleißig und fröhlich für das<br />
leibliche Wohl der Tagungsteilnehmer.<br />
Auch dafür<br />
ausdrücklichen Dank!<br />
Als Hauptreferentin trat Frau<br />
Dr. Frauke Hildebrandt,<br />
Universität Potsdam, auf. Sie<br />
gehört wie die ebenfalls<br />
teilnehmende Frau Susanne<br />
Scheib zur Arbeitsstelle<br />
Gorbiks-Transfer am Landesinstitut<br />
für Schule und<br />
Medien Berlin-Brandenburg.<br />
Die Arbeitsstelle wurde<br />
eingerichtet, um den Transfer<br />
aus den Ergebnissen des<br />
Projektes Transkigs zu<br />
sichern. In diesem Projekt<br />
wurde u. a. der »Gemeinsame<br />
Orientierungsrahmen für die<br />
Bildung in Kindertagesbetreuung<br />
und <strong>Grundschule</strong>«<br />
(Gorbiks) erarbeitet. Der<br />
Orientierungsrahmen in<br />
seiner überarbeiteten<br />
Fassung liegt seit dem<br />
Frühjahr allen Schulen im<br />
Land Brandenburg vor und<br />
bietet eine Fülle von Praxisanregungen<br />
neben den theoretischen<br />
Grundlagen. Der<br />
dem Orientierungsrahmen<br />
beiliegende und während<br />
der Fachtagung gezeigte<br />
Film »Eine neue Lernkultur in<br />
KiTa und <strong>Grundschule</strong>« unterstrich<br />
in anschaulicher Weise<br />
das Gesagte und zeigte neue<br />
pädagogische Ansätze am<br />
Beispiel der KiTa »Rappelkiste«<br />
in Wünsdorf und der<br />
<strong>Grundschule</strong> Brück.<br />
Wie Kooperation konkret<br />
aussehen kann, stellte ein<br />
Tandem aus Großräschen vor.<br />
Frau Krüger von der<br />
GutsMuths-<strong>Grundschule</strong> und<br />
Frau Burghardt von der KiTa<br />
Spatzennest kooperieren seit<br />
2005. Im vergangenen Jahr<br />
nutzten sie die Tandem-<br />
Fortbildung der Gorbiks-<br />
Arbeitsstelle, welche in<br />
diesem Zusammenhang<br />
noch einmal ausdrücklich<br />
empfohlen wurde. Beide<br />
Frauen zündeten ein wahres<br />
Feuerwerk der Ideen. »Wann<br />
macht ihr das alles?«, war in<br />
den Augen einiger Teilnehmerinnen<br />
zu lesen. Sicherlich<br />
sind die Bedingungen für ein<br />
solches Arbeiten nicht<br />
überall ideal. Welche Bedeutung<br />
misst die Schulleitung<br />
dem bei? Gibt es Abminderungsstunden<br />
für diesen<br />
wichtigen Arbeitsbereich?<br />
Wie sieht es aus mit der<br />
eigenen Professionalität?<br />
Frau Krüger und Frau Burghardt<br />
machten deutlich, dass<br />
auch ihre Zusammenarbeit<br />
nicht von heute auf morgen<br />
so gut funktioniert hat,<br />
sondern gewachsen ist.<br />
Anfangen, auch kleine<br />
Schritte bedeuten Bewegung!<br />
Eine gelungene Veranstaltung,<br />
fanden nicht nur die<br />
Organisatorinnen des<br />
Landesgruppenvorstandes,<br />
sondern auch fast alle<br />
Teilnehmer.<br />
Für die Landesgruppe:<br />
Sabine Wendt<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Anschrift: Werner Lang, Am Wingertsberg 8, 67756 Hinzweiler<br />
www.wl-lang.de<br />
Grundschultag 2010<br />
Auf großes Interesse stieß der<br />
am 5. Oktober 2010 an der<br />
Universität Trier veranstaltete<br />
Grundschultag der Landesgruppe<br />
Rheinland-Pfalz.<br />
Die Veranstaltung stand<br />
unter dem Motto »Mathematisch-naturwissenschaftliches<br />
Lernen in der <strong>Grundschule</strong>.<br />
<strong>Grundschule</strong> auf dem Weg zur<br />
neuen Lernkultur«.<br />
Nach der Eröffnung und sich<br />
anschließenden Erläuterungen<br />
zum SINUS-Projekt in<br />
<strong>Grundschule</strong>n durch den<br />
Landesvorsitzenden Werner<br />
Lang folgte ein Vortrag von<br />
Prof. Dr. Renate Rasch über<br />
»Zahlen und Operationen aus<br />
dem Blickwinkel der Lernenden«.<br />
Derartig eingestimmt<br />
verteilten sich die rund<br />
400 TeilnehmerInnen auf<br />
21 Work shops, um sich dort<br />
in vielfältiger Weise mit<br />
ausgewählten Aspekten<br />
mathematisch-naturwissenschaftlicher<br />
Bildung auseinanderzusetzen.<br />
Gespräch in Mainz<br />
Mitte November fährt eine<br />
Abordnung der rheinlandpfälzischen<br />
Landesgruppe<br />
nach Mainz, um mit dem<br />
Arbeitskreis Bildung und<br />
Jugend der SPD-Landtagsfraktion<br />
über Fragen der Grundschulpolitik<br />
zu diskutieren.<br />
Ausblick 2011<br />
Da nach wie vor an vielen<br />
<strong>Grundschule</strong>n zentrale<br />
Aspekte der Grundschulordnung<br />
unterschiedlich<br />
ausgelegt werden, plant die<br />
Landesgruppe im kommenden<br />
Jahr eine praxisbezogene<br />
Veranstaltungsreihe.<br />
Im Mittelpunkt sollen die<br />
Diagnose, die Erhebung, die<br />
Dokumentation und die<br />
Bewertung von Leistungen –<br />
kurz: die pädagogische<br />
Leistungskultur – stehen. Im<br />
Vorfeld ist als Vorbereitung<br />
auf die Fortbildungsreihe ein<br />
Gespräch mit VertreterInnen<br />
des Ministeriums und des<br />
Pädagogischen Landesinstituts<br />
Rheinland-Pfalz geplant.<br />
Für die Landesgruppe:<br />
Konstanze Klein<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />
29
<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
Vorsitzende: Gisela Cappel, Habichtstr. 1d, 58285 Gevelsberg<br />
www.grundschulverband-nrw.de<br />
Kooperation der Landesgruppe<br />
mit weiteren<br />
Fortbildungspartnern<br />
Die Landesgruppe setzt ihre<br />
bewährte Kooperation mit<br />
Partnern aus dem Fortbildungsbereich<br />
fort:<br />
Am 4. 12. findet in Zusammenarbeit<br />
mit dem Franz-<br />
Hitze-Haus in Münster eine<br />
Wiederholung der Tagung<br />
zum Thema »Lernspuren von<br />
Kindern entdecken« statt.<br />
Aufgrund des hohen Interesses<br />
an der Tagung mussten<br />
leider beim ersten Mal einige<br />
Absagen erteilt werden –<br />
jetzt gibt es wieder Gelegenheit,<br />
gemeinsam mit anderen<br />
daran zu arbeiten, wie man<br />
im Rahmen der individuellen<br />
Förderung die Lernergebnisse<br />
von Kindern dokumentieren<br />
und mit ihnen über ihr<br />
Lernen, ihre Ziele, ihre Wege<br />
usw. sprechen kann.<br />
In Zusammenarbeit mit der<br />
GEE (Gemeinschaft Evangelischer<br />
Erzieher) finden im Jahr<br />
2011 vier jeweils zweitägige<br />
Fortbildungen für Schulleitungen<br />
statt. Die Referenten<br />
Kirsten Mattern und Thomas<br />
Rimmasch haben bereits<br />
mehrfach Tagungen für den<br />
GSV moderiert und stießen<br />
dabei auf großes Interesse<br />
und hohe Zufriedenheit bei<br />
den Schulleitungen.<br />
Neue Landesregierung –<br />
Veränderungen für die<br />
<strong>Grundschule</strong>?<br />
Die rot-grüne Minderheitsregierung<br />
in NRW plant mit<br />
einem ›schulrechtlichem<br />
Sofortprogramm‹ Veränderungen<br />
in einigen für die<br />
<strong>Grundschule</strong> zentralen<br />
Feldern. Diese betreffen u. a.<br />
die Abschaffung der Kopfnoten,<br />
die Aufhebung der<br />
Fröhlich und entspannt diskutieren Kolleginnen praktische<br />
Beispiele. Hier: Einfache Ordner, in denen Kinder ihre Lernspuren<br />
sammeln ohne großen Aufwand, aber mit nachhaltigem Erfolg.<br />
bindenden Empfehlung für<br />
den Übergang von der<br />
<strong>Grundschule</strong> zur Sekundarstufe<br />
und die Wiedereinführung<br />
der Wohnortbezirke.<br />
Der GSV begrüßt diese<br />
angestrebten Veränderungen,<br />
da sie in Übereinstimmung<br />
mit wichtigen Verbandspositionen<br />
stehen und<br />
hofft auf eine konstruktive<br />
Zusammenarbeit!<br />
Alle Informationen zur<br />
Arbeit der Landesgruppe<br />
auch unter:<br />
www.grundschulverbandnrw.de<br />
Für die Landesgruppe:<br />
Beate Schweitzer und<br />
Baldur Bertling<br />
Schleswig-Holstein<br />
Vorsitzende: Dr. Beate Blaseio, Universität Flensburg, Auf dem Campus 1, 24943 Flensburg<br />
www.grundschulverband-sh.de<br />
Nicht ärgern –<br />
nur wundern!<br />
Klugheit hat in Schleswig-<br />
Holstein eine Farbe, nämlich<br />
schwarzgelb. Gerne erinnern<br />
wir uns an die kleine, sympathisch<br />
schwarz-gelb gestreifte<br />
Tigerente aus den Kinderbüchern<br />
von Janosch.<br />
Bedauerlicherweise haben<br />
unser Bildungsminister Herr<br />
Dr. Klug und die Tigerente so<br />
gar keine Gemeinsamkeiten.<br />
Die Veränderungen des<br />
Schulgesetzes stiften nach<br />
wie vor Unfrieden in der<br />
Bildungslandschaft unseres<br />
vor kurzem noch so fortschrittlichen<br />
und reformfreudigen<br />
Bundeslandes.<br />
Die Ausgestaltung der<br />
Flexiblen Eingangsphase<br />
durch jahrgangsübergreifende<br />
Lernformen gerät zur<br />
Beliebigkeit. Wirksame<br />
Unterstützungen, z. B. durch<br />
erhöhte Stellenzuweisungen<br />
an Schulen, die sich auf den<br />
Weg der Umsetzung lernfortschrittlicher<br />
Unterrichtsformen<br />
gemacht haben, sind<br />
politisch ungewollt.<br />
Inklusion bleibt ein schulinternes<br />
Vorhaben, die Politik<br />
hält sich heraus.<br />
Die <strong>aktuell</strong>e Geringschätzung<br />
der Schulform <strong>Grundschule</strong><br />
wurde erschreckend deutlich,<br />
als man den Motivationsbrief<br />
aus dem Ministerium zum<br />
Schuljahresanfang las. Nicht<br />
allein die Tatsache war<br />
erschütternd, dass sich die<br />
hauptsächliche Zuwendung<br />
unseres Ministers an die Lehrkräfte<br />
des Sekundarbereichs<br />
richtete. Es gab zudem<br />
erstaunliche Entlastungsangebote.<br />
Jemand Kluges, der<br />
das Erstellen von individuellen<br />
Lernplänen als »pädagogischen<br />
Ballast« bezeichnet<br />
und sie zur Erleichterung der<br />
Lehrkräfte als entbehrlich<br />
sieht, verkennt die Wirksamkeit<br />
dieses Instruments für<br />
die lernberatende Arbeit<br />
unter Einbeziehung von<br />
Kindern und Eltern. Da wollte<br />
jemand Kluges den Lehrkräften<br />
so richtig viel Schweres<br />
von den Schultern nehmen<br />
– und hat sich als unklug und<br />
ahnungslos geoutet. Die<br />
vermutlich verhaltene<br />
Dankbarkeit sollten dann<br />
aber doch bitte alle Lehrkräfte<br />
bei der Reduzierung<br />
von Leistungsnachweisen /<br />
Klassenarbeiten empfinden.<br />
Wir dürfen nun weniger auf<br />
Fehlersuche gehen und<br />
korrigieren.<br />
Anstelle von VERA und den<br />
vorher beschriebenen<br />
Pseudoarbeitserleichterungen<br />
wünschen wir uns<br />
bildungspolitische Unterstützung<br />
bei der inhaltlichen<br />
Verbesserung für die Schaffung<br />
einer zeitgemäßen<br />
Lern- und Leistungskultur.<br />
Die Ausgaben für ein Grundschulkind<br />
betrugen in<br />
Schleswig-Holstein 2007 nur<br />
4500 Euro, da wird bei den<br />
massiven Sparmaßnahmen<br />
zukünftig nicht ein Euro mehr<br />
zu erwarten sein, und wir<br />
bleiben Drittletzter im<br />
Vergleich der Bundesländer.<br />
Aber vielleicht wechselt die<br />
Klugheit bald Farbe und<br />
Gestalt. Die jetzige Legislaturperiode<br />
dauert nur noch<br />
maximal bis 2012. Da ist der<br />
Ärger über die Schadensanrichtung<br />
dieser Regierung<br />
wenigstens zeitlich begrenzt.<br />
Für die Landesgruppe:<br />
Sabine Jesumann,<br />
Andrea Keyser<br />
30 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010
<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />
Hamburg<br />
Vorsitzende: Susanne Peters, Güntherstraße 10, 22087 Hamburg<br />
susanne.peters@gsvhh.de, www.gsvhh.de<br />
Hamburger <strong>Grundschule</strong>n<br />
werden zu Schulen<br />
zweiter Klasse<br />
Bis zum Volksentscheid am<br />
18. 7. 2010 hatten noch alle<br />
Hamburger <strong>Grundschule</strong>n<br />
von besseren Zeiten geträumt:<br />
Individualisiertes<br />
gemeinsames Lernen bis<br />
Klasse 6, Ziffernzensuren bis<br />
Klasse 5, große Primarschulen<br />
mit den entsprechenden<br />
Ressourcen, die auch Schulentwicklung<br />
ermöglichen. Bis<br />
Anfang September hofften<br />
die Hamburger <strong>Grundschule</strong>n,<br />
dass nach dem Ausgang<br />
des Volks entscheids zumindest<br />
die inhaltlichen Elemente<br />
der Schulreform Bestand<br />
haben würden.<br />
Nun, mit der Verabschiedung<br />
eines Schulgesetzänderungsgesetzes,<br />
zeigen die Politiker<br />
aller Fraktionen (CDU, Grüne,<br />
SPD und Die Linke) ihr wahres<br />
Gesicht: Einig sind sie sich<br />
darin, dass es schon im<br />
4. Schuljahr Ziffernzensuren<br />
geben soll, die Schulleitungen<br />
an <strong>Grundschule</strong>n<br />
schlechter bezahlt werden als<br />
an den übrigen Schulformen<br />
und die Bildung großer<br />
<strong>Grundschule</strong>n systematisch<br />
erschwert wird.<br />
Die Landesgruppe Hamburg<br />
hat sich mit anderen Verbänden<br />
gemeinsam gegen die<br />
Behandlung von <strong>Grundschule</strong>n<br />
als Schulen zweiter<br />
Klasse gewehrt – vergebens.<br />
<strong>Grundschule</strong>n sind für<br />
Bildungspolitiker nun kein<br />
Thema mehr, da der nächste<br />
Wahlkampf naht und die<br />
Bildungspolitiker sich lieber<br />
auf andere Themen konzentrieren.<br />
Für die Landesgruppe:<br />
Susanne Peters<br />
Unser Ehren mitglied<br />
Dr. Hermann Schwarz<br />
feiert am 19. Novem ber 2010<br />
seinen 90. Geburtstag.<br />
Der Bundesvorstand des<br />
Grundschulverbandes und<br />
besonders die Hamburger<br />
Landesgruppe gratulieren<br />
ihm herzlich.<br />
Dr. Hermann Schwarz zum 90. Geburtstag<br />
Nach seiner Pensionierung<br />
als Grundsatzreferent der<br />
Hamburger Schulbehörde für<br />
Vorschulische Erziehung und<br />
<strong>Grundschule</strong> engagierte sich<br />
Dr. Hermann Schwarz aktiv<br />
im Vorstand und als Fachreferent<br />
des Grundschulverbands.<br />
Mit seinen Veröffentlichungen<br />
machte er<br />
Lehrerinnen und Lehrern<br />
immer wieder Mut, sich für<br />
eine bessere <strong>Grundschule</strong><br />
einzusetzen. Ganz praxisnah<br />
zeigte er Elemente der<br />
Umsetzung auf: die kindgerechte<br />
Gestaltung der<br />
Klassenräume, die Rhythmisierung<br />
des Schultags,<br />
Wochenplan- und Freiarbeit<br />
mit einer integrierten<br />
Förderung, ein regelmäßiger<br />
Klassenrat.<br />
All diese Themen sind<br />
nach wie vor <strong>aktuell</strong> und<br />
Dr. Hermann Schwarz wird<br />
nicht müde, sich für seine<br />
Vision von guter Schule stark<br />
zu machen. So beobachtet er<br />
vor allem die Hamburger<br />
Schulpolitik und mischt sich<br />
ein: er unterstützt die Aktiven<br />
im Grundschulverband mit<br />
ermutigenden Briefen und<br />
Kommentaren. Er schreibt<br />
offene Briefe und Stellungnahmen<br />
an Politiker und<br />
Verbände. Immer dann, wenn<br />
politische Entscheidungen<br />
anstehen, setzt er sich für<br />
eine kindgerechte Schule ein:<br />
für eine inklusive Schule ohne<br />
Aussonderung, für eine Schule<br />
ohne Zensuren, für eine<br />
Aufwertung der pädagogischen<br />
Berufe im Elementarund<br />
Primarbereich durch<br />
bessere Arbeitsbedingungen<br />
und eine entsprechende<br />
Bezahlung, für eine Stärkung<br />
der Rechte von Eltern und<br />
Kindern.<br />
Wir wünschen Dr. Hermann<br />
Schwarz noch viele Lebensjahre,<br />
in denen er die Arbeit<br />
des Grundschulverbands als<br />
Unterstützer, kritischer Freund<br />
und Impulsgeber begleitet.<br />
Für den Bundesvorstand:<br />
Susanne Peters<br />
Bayern<br />
Vorsitzende: Dr. Gudrun Schönknecht, Pfirsichweg 37b, 86169 Augsburg<br />
gudrun.schoenknecht@grundschulverband-bayern.de, www.grundschulverband-bayern.de<br />
Schulversuch »Flexible<br />
<strong>Grundschule</strong>« startet<br />
Die Stiftung Bildungspakt<br />
Bayern initiiert in Kooperation<br />
mit dem bayerischen<br />
Kultusministerium das<br />
Projekt »Flexible <strong>Grundschule</strong>«.<br />
Das Projekt hat einschließlich<br />
des vorbereitenden Schuljahres<br />
2009/2010 eine<br />
Laufzeit von vier Jahren<br />
und endet im Schuljahr<br />
2012/2013. Am Schulversuch<br />
nehmen 20 <strong>Grundschule</strong>n<br />
teil, die Hälfte mit Erfahrung<br />
im Unterrichten von<br />
jahrgangs gemischten<br />
Klassen, die andere Hälfte<br />
startet damit.<br />
Die ersten beiden Jahrgangsstufen<br />
werden in einer<br />
Flexiblen Eingangsstufe<br />
organisiert, in der die<br />
Heterogenität einer Jahrgangsmischung<br />
positiv<br />
genutzt wird. Diese können<br />
die Schüler entsprechend<br />
ihrer Begabung, ihrer<br />
Entwicklung und ihrer<br />
Vorbildung in einem individuellen<br />
Tempo zwischen<br />
einem und drei Jahren<br />
durchlaufen.<br />
Die unterschiedliche Verweildauer<br />
in der Eingangsstufe<br />
hat dabei keine Auswirkungen<br />
auf die Schulpflicht.<br />
Am Ende der Eingangsstufe<br />
sollen alle Kinder flüssig lesen<br />
und schreiben können, die<br />
Grundrechenarten im<br />
Zahlenraum bis 100 beherrschen<br />
und über ein positives<br />
Selbstkonzept verfügen,<br />
bevor sie in die dritte<br />
Jahrgangsstufe wechseln.<br />
Es wäre erfreulich, wenn die<br />
Vorteile einer Jahrgangsmischung<br />
nicht nur wenigen<br />
Schülern in einem Schulversuch<br />
vorbehalten bleiben<br />
würden, sondern möglichst<br />
rasch mit entsprechenden<br />
Rahmenbedingungen in der<br />
Fläche umgesetzt werden<br />
könnten. Positive Erfahrungen<br />
dazu gibt es in vielen<br />
Bundesländern.<br />
Weitere Informationen zum<br />
Schulversuch findet man<br />
unter www.<br />
www.bildungs<br />
pakt-bayern.de/projekte/<br />
flexible-grundschule/<br />
Für die Landesgruppe:<br />
Gabriele Klenk, Petra Hiebl<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010<br />
31
<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />
Saarland<br />
Vorsitzende: Lilo Groll, Holbeinstr. 11, 66128 Saarbrücken<br />
lagroll@t-online.de<br />
Fremdsprachenlernen –<br />
auf dem Weg zu einem<br />
Gesamtsprachenkonzept<br />
Sprache schafft Verständigung<br />
und kulturelle Zugehörigkeit.<br />
Sie verbindet Menschen<br />
und eröffnet ihnen<br />
vielfältige Chancen in Schule<br />
und Beruf. Die Europäische<br />
Union fordert daher zu Recht,<br />
dass jede/jeder in Europa<br />
neben seiner Muttersprache<br />
zwei weitere EU-Sprachen<br />
lernen soll.<br />
Für das Saarland spielt die<br />
Sprache des Nachbarn<br />
angesichts der geografischen<br />
Nähe zu Frankreich eine<br />
besondere Rolle und wird<br />
bereits in das Bildungsangebot<br />
einer Vielzahl von<br />
Kindergärten selbstverständlich<br />
aufgenommen. Auch an<br />
saarländischen <strong>Grundschule</strong>n<br />
wird in den Klassenstufen 3<br />
und 4 flächendeckend<br />
Französisch gelernt, an vielen<br />
Schulen bereits in den<br />
Klassenstufen 1 und 2 in<br />
Fortführung zum Fremdsprachenlernen<br />
im Kindergarten.<br />
An weiterführenden Schulen<br />
kann Französisch fortgesetzt<br />
werden, und weitere Sprachen<br />
kommen hinzu.<br />
Denkbar gute Voraussetzungen<br />
auf dem Weg zur<br />
Mehr sprachigkeit. Allerdings<br />
ist Sprachenlernen auf Kontinuität<br />
angewiesen. Dies setzt<br />
voraus, dass die einzelnen<br />
Bildungsbereiche miteinander<br />
verknüpft werden und<br />
die Sprachlernangebote<br />
aufeinander aufbauen.<br />
Dies ist aus Sicht der Landesgruppe<br />
leider noch nicht in<br />
ausreichendem Maße<br />
realisiert: Kaum ein Lehrer an<br />
den <strong>Grundschule</strong>n weiß, was<br />
und wie die Kinder im Kindergarten<br />
Französischkenntnisse<br />
erworben haben; nur wenige<br />
Lehrkräfte an weiterführenden<br />
Schulen wissen, welche<br />
Kompetenzen in der <strong>Grundschule</strong><br />
erworben wurden.<br />
Die jeweils in der vorausgehenden<br />
Bildungseinrichtung<br />
erworbenen Kenntnisse und<br />
Fähigkeiten der Schülerinnen<br />
und Schüler finden damit<br />
kaum Berücksichtigung,<br />
was die Arbeit weitgehend<br />
wertlos macht und nicht<br />
selten zu Motivationsverlusten<br />
bei den Schülern führt.<br />
Die Landesgruppe begrüßt<br />
daher die Aussage der neuen<br />
Landesregierung im Koalitionsvertrag,<br />
wonach ein<br />
Fremdsprachenkonzept<br />
erarbeitet werden soll,<br />
welches neben Aussagen zu<br />
Niveau und Didaktik des<br />
Fremdsprachenunterrichts<br />
auch Empfehlungen zum<br />
frühen Spracherwerb bis<br />
einschließlich Klasse 6 in<br />
allen Schulformen enthalten<br />
soll. Denn nur, wenn das<br />
(fremd-)sprachliche Lernen<br />
vom Kindergarten bis zur<br />
Sekun darstufe 1 miteinander<br />
ver knüpft wird, ist die<br />
An schluss fähigkeit und damit<br />
die Effektivität sprachlichen<br />
Lernens gewährleistet.<br />
Fünftes Grundschuljahr<br />
vom Tisch<br />
Nachdem sich die SPD-<br />
Opposition, deren Stimmen<br />
für eine Verfassungsänderung<br />
vonnöten gewesen<br />
wäre, eindeutig gegen ein<br />
5. Grundschuljahr ausgesprochen<br />
hatte, zog der Bildungsminister<br />
Klaus Kessler<br />
(Bündnis 90 / Die Grünen)<br />
seinen Entwurf zur »Neugestaltung<br />
der <strong>Grundschule</strong> –<br />
Einführung 5. Grundschuljahr«<br />
zurück. Auch von<br />
Mitgliedern der Koalitionsparteien<br />
CDU und FDP kam<br />
viel Kritik. Nur an 42 % der<br />
<strong>Grundschule</strong>n wäre eine<br />
Ansiedlung eines 5. Schuljahres<br />
möglich. Mehr als die<br />
Hälfte der Grundschüler<br />
müsste nach dem 4. Schuljahr<br />
und ein großer Teil der<br />
Schülerschaft ein zweites Mal<br />
nach dem 5. Schuljahr einen<br />
Schulortwechsel hinnehmen,<br />
sollten sie nicht die weiterführende<br />
Schule wählen, an<br />
der sie aus Platzgründen<br />
nach dem 4. Schuljahr<br />
untergebracht werden.<br />
Lehrkräfte mit einer Lehrbefähigung<br />
für das Gymnasium<br />
sollten im 4. Schuljahr<br />
eingesetzt werden, obwohl<br />
sie für die Primarstufe keine<br />
Ausbildung haben. Die<br />
Vertreter des Gymnasiums<br />
sprachen zudem von einer<br />
Verkürzung der Gymnasialzeit<br />
auf G7.<br />
Das Argument einer späteren<br />
Schullaufbahnempfehlung<br />
spielt im Saarland keine Rolle<br />
mehr, da die Eltern frei über<br />
die Schulwahl entscheiden<br />
können. Das Saarland hätte<br />
zudem mit fünf Grundschuljahren<br />
in Deutschland eine<br />
Sonderstellung inne, die<br />
viele Bürger als Hemmnis<br />
bewer teten. In der Diskussion<br />
befindet sich außerdem<br />
das Eck punktepapier zur<br />
Gemeinschaftsschule. Im<br />
Saarland bedeutet diese<br />
neue Schulform eine noch<br />
stärkere Annäherung der<br />
Erweiterten Realschulen und<br />
der Gesamtschulen neben<br />
dem Gymnasium im Sinne<br />
eines Zwei-Säulen-Systems.<br />
Sachsen-Anhalt<br />
Kontakt: Petra Uhlig, Richard-Wagner-Str. 29, 06114 Halle<br />
petra.katrin.uhlig@googlemail.com<br />
Der neue Leistungsbewertungserlass<br />
vom<br />
4. Juni 2010<br />
Zum Ende des Schuljahres<br />
2009/2010 wurde in Sachsen-<br />
Anhalt der lang erwartete<br />
überarbeitete Leistungsbewertungserlass<br />
veröffentlicht.<br />
Der Grundschulverband<br />
begrüßt grundsätzlich jede<br />
Maßnahme, die eine sinnvolle<br />
Umsetzung der Schuleingangsphase<br />
an den <strong>Grundschule</strong>n<br />
in Sachsen-Anhalt<br />
unterstützt. So unterstreichen<br />
wir den einleitenden<br />
Absatz zu grundsätzlichen<br />
Bestimmungen der Leistungsbewertung<br />
in der<br />
<strong>Grundschule</strong>:<br />
»Jede Schülerin und jeder<br />
Schüler hat das Recht auf Anerkennung<br />
ihres oder seines<br />
individuellen Lernstandes und<br />
Lernfortschrittes. Daher muss<br />
die Leistungsbewertung nicht<br />
nur ergebnisorientiert, sondern<br />
auch schülerbezogen und<br />
lernprozess-orientiert erfolgen<br />
und Leistungsentwicklung<br />
fördern. Sie muss Schülerinnen,<br />
Schüler und deren Erziehungsberechtigte<br />
über den erreichten<br />
Stand hinsichtlich aller im<br />
Lehrplan ausgewiesenen Ziele<br />
und Kompetenzen informieren<br />
und dabei der Spezifik der<br />
<strong>Grundschule</strong> Rechnung<br />
tragen.«<br />
Allerdings konkretisiert der<br />
Erlass nicht, was genau die<br />
»Spezifik der <strong>Grundschule</strong>«<br />
ausmacht und auch nicht,<br />
wie mithilfe einer Notenskala<br />
von 1 bis 6 eine lernprozessorientierte,<br />
schülerbezogene,<br />
die Leistungsentwicklung<br />
fördernde Bewertung<br />
erfolgen kann. Hier wurden<br />
die Chancen einer nachhaltigen<br />
Unterstützung der<br />
Schuleingangsphase nicht<br />
ausgeschöpft. Eine moderne<br />
Schule macht Kinder zu<br />
kompetenten, leistungsstarken<br />
und motivierten Lernern.<br />
32 GS <strong>aktuell</strong> <strong>112</strong> • November 2010
<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />
Thüringen<br />
Steffi Jünemann, Hauptstraße 7, 99734 Nordhausen<br />
SJuenemannStS@web.de<br />
Gute Aufgaben für Kinder<br />
Was sind gute Aufgaben für<br />
Kinder? Diese Frage nimmt<br />
auch im Freistaat Thüringen<br />
einen immer größer<br />
werdenden Stellenwert bei<br />
der Betrachtung schulischer<br />
Lernprozesse ein.<br />
Aufgaben besitzen einen<br />
zentralen Platz im Lernprozess.<br />
Sie sind ein Schlüssel zur<br />
Entwicklung von Kompetenzen.<br />
Sie müssen sehr sorgfältig<br />
und bewusst konzipiert<br />
bzw. ausgewählt werden. Die<br />
Aufgabenqualität steht im<br />
Fokus von Wissenschaft und<br />
Ausbildung und soll gerade<br />
in der Praxis ihren Niederschlag<br />
finden.<br />
Was gilt es zu beachten?<br />
Forschungsergebnisse<br />
weisen immanent darauf hin,<br />
welch hohen Einfluss die Motivation<br />
auf den Lern prozess<br />
hat. Deshalb gilt: Gute<br />
Aufgaben sind für Schüler<br />
bedeutungsvolle Aufgaben.<br />
Eine solche Aufgabe birgt die<br />
Motivation, sie zu lösen, in<br />
sich selbst.<br />
Neben der Mitteilung, warum<br />
sich (Grund-)Schüler mit<br />
einem bestimmten Lerninhalt<br />
auseinandersetzen<br />
werden, brauchen Schüler<br />
auch Raum zum Entwickeln,<br />
zum eigenen Ausprobieren,<br />
zum Lösen dieser neuen Aufgaben.<br />
Erste Schritte dahin<br />
werden gegangen.<br />
Ein weiterer Faktor, der Schüler<br />
dazu anregt, Aufgaben<br />
bereitwillig zu bearbeiten, ist<br />
die Aussicht auf Erfolg. Das<br />
Lösen der Auf gabe, das Sich-<br />
Anstrengen muss der Mühe<br />
wert sein. Das bedeutet, dass<br />
Aufgaben anschlussfähig an<br />
die jeweiligen Fähigkeiten<br />
und Erfahrungen des einzelnen<br />
Schülers sein müssen.<br />
Für die Lehrer besteht die<br />
Schwierigkeit darin, in ihrem<br />
Unterricht, unabhängig von<br />
der gewählten Unterrichtsform,<br />
Aufgaben im Sinne von<br />
individualisiertem Lernen<br />
einzusetzen. Offene Aufgaben,<br />
die differenziertes<br />
Lernen zulassen, sind ein Weg,<br />
der auch in Thüringen immer<br />
häufiger beschritten wird.<br />
Ein Umdenken hat begonnen,<br />
ein Sich-Einlassen auf<br />
den Gedanken, dass Heterogenität<br />
an sich natürlich<br />
ist und sich in der Schule<br />
deshalb fortsetzt. Dieses<br />
Neudenken gilt es in Bezug<br />
auf eine gewünschte Aufgabenkultur<br />
weiter zu fördern<br />
und zu fordern.<br />
Die Aufgabe nicht nur<br />
zielgerichtet zu Übungsund<br />
Leistungs zwecken zu<br />
benutzen, sondern sie ganz<br />
bewusst zum Etwas-neu-<br />
Lernen einzusetzen, ist die<br />
Herausforderung für die<br />
Lehrer der Zukunft.<br />
Dennoch sei angemerkt: Alle<br />
didaktischen Funktionen<br />
von Aufgaben haben ihre<br />
Berechtigung. Entscheidend<br />
für ihren Einsatz muss eine<br />
sinnvolle Einbettung in den<br />
Unterricht, eine Auswahl<br />
nach ihrem Zweck sein.<br />
Aufgaben zum Üben und<br />
Festigen haben ihre Bedeutung<br />
beim Aufbau von<br />
Routinen, die frei machen für<br />
die Möglichkeiten der Bearbeitung<br />
anspruchsvollerer,<br />
komplexer Aufgaben. Solche<br />
Aufgaben können die zum<br />
Etwas-neu-Lernen sein. Sie<br />
fördern in besonderem Maße<br />
die Entwicklung von Kompetenzen,<br />
wenn sie verknüpfendes<br />
Lernen ermöglichen. Die<br />
Themensetzungen müssen<br />
so sein, dass die Schüler sie<br />
selbstständig bearbeiten<br />
können. Dies erfordert eine<br />
bestimmte Aufgabenstruktur.<br />
Die Schüler erfahren zunächst<br />
die Problemstellung.<br />
Günstigenfalls erzeugt die<br />
Problemstellung das Bedeutungsvollwerden<br />
für die<br />
Schüler, weckt Neugierde<br />
und Interesse. Die Schüler finden<br />
Anknüpfungspunkte an<br />
ihr Vorwissen und ihre Erfahrungen.<br />
Beides wird aktiviert<br />
und gesammelt. Sie prüfen<br />
für sich, welche Schritte unternommen<br />
werden können,<br />
um die Aufgabe zu lösen. Der<br />
Lehrer begleitet den Prozess<br />
und hilft, sinnvolle Methoden,<br />
Strate gien auszuwählen,<br />
Erfahrungen zu reflektieren,<br />
Eng stellen und Klippen zu<br />
überwinden. Seine Rolle ist<br />
hier die eines Beraters und<br />
Begleiters. Das bedeutet<br />
durchaus auch, an Engstellen<br />
konkrete Hilfe durch Informationen<br />
und Erklärungen<br />
zu geben. Aber anders als<br />
sonst, sind hier diese Erklärungen<br />
von den Schülern<br />
absolut erwünscht. In diesem<br />
Erarbeitungsprozess wird<br />
eine Folge von Aufträgen<br />
bearbeitet und im Austausch<br />
miteinander neu Gelerntes<br />
in Bezug zum Vorwissen<br />
gesetzt. Im Anschluss kann<br />
mit Aufgaben zum Üben und<br />
Festigen Sicherheit mit dem<br />
Gelernten erlangt werden.<br />
Eine solche Vorgehensweise<br />
fördert die Selbstständigkeit<br />
und Eigenverantwortung<br />
der Schüler und beeinflusst<br />
nachhaltig die Entwicklung<br />
der Sach-, Methoden-, Sozialund<br />
Selbstkompetenz.<br />
Ich höre schon: Das können<br />
Grundschüler nicht.<br />
Und ich frage zurück:<br />
Ist das so? Haben Sie es<br />
schon ausprobiert?<br />
Für die Landesgruppe:<br />
Liane Hohnstein<br />
Sie nimmt die Leistungen der<br />
Kinder wahr – insbesondere<br />
die Leistungen, die hinter<br />
der Oberfläche von Klassenarbeiten<br />
und Tests stehen. Es<br />
geht u. a. um die Übernahme<br />
von Verantwortung für das<br />
eigene Lernen und die Entwicklung<br />
einer Fehlerkultur,<br />
die Fehler als Ausgangspunkt<br />
für die individuelle Entwicklung<br />
annimmt. Folgende<br />
Neuerungen lassen sich aber<br />
positiv herausstellen:<br />
●●<br />
Klassenarbeiten werden<br />
in den Fächern Deutsch, Mathematik<br />
und Sachunterricht<br />
erst ab dem 3. Schuljahrgang<br />
geschrieben. Somit entfällt in<br />
der Schuleingangsphase ein<br />
wenig Leistungsdruck, und<br />
Kapazität für vernetztes, individuelles<br />
Lernen wird frei.<br />
●●<br />
Die Benotung kann auf Beschluss<br />
der Gesamtkonferenz<br />
bis zum letzten Schulhalbjahr<br />
vor dem Wechsel der Schüler<br />
in den dritten Schuljahrgang<br />
ausgesetzt werden.<br />
Negativ fällt vor allen Dingen<br />
ins Auge, dass die Schulen,<br />
die möglichst spät mit der<br />
Zensierung von Schülerleistungen<br />
beginnen möchten,<br />
nach wie vor unter Rechtfertigungsdruck<br />
stehen.<br />
Pädagogisch sinnvoll und als<br />
Signal wünschenswert wäre<br />
genau der umgekehrte Weg<br />
gewesen: die Rechtfertigung<br />
der frühen Zensierung als<br />
Ausnahmeentscheidung. So<br />
erscheint der neue Leistungsbewertungserlass,<br />
mit<br />
Blick auf das zu erreichende<br />
Ziel: eine individualisierende<br />
und lernprozess-orientierte<br />
Schuleingangsphase, als zu<br />
halbherziger Versuch, dem<br />
das Potential zur nachhaltigen<br />
Änderung der Unterrichtskultur<br />
fehlt.<br />
Für die Landesgruppe:<br />
R. Thielbeer
<strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong><br />
Grundschulverband e. V.<br />
Niddastraße 52 · 60329 Frankfurt / Main<br />
Tel. 069 776006 · Fax 069 7074780<br />
info@grundschulverband.de<br />
www.grundschulverband.de<br />
Postvertriebsstück · Entgelt bezahlt DP AG<br />
D 9607 F · ISSN 1860-8604<br />
Versandadresse<br />
1. / 2. April 2011 | Grundschrift –<br />
damit Kinder besser schreiben lernen<br />
Arbeitstagung des Grundschulverbandes<br />
Die Grundschrift ist eine mit der Hand geschriebene Schrift.<br />
Mit ihr teilt das schreibende Kind etwas mit. Die Grundschrift-<br />
Buchstaben sind an den Formen der schulüblichen Druckschrift<br />
orientiert. Sie werden aber von Anfang an in flüssiger<br />
Bewegung geschrieben. Nach dem Erwerb der Buchstaben<br />
probieren die Kinder Verbindungen von Buchstaben aus.<br />
Mit der Grundschrift beginnt das Kind, seine individuelle<br />
Handschrift zu entwickeln.<br />
Thematik<br />
der Tagung<br />
Zeit<br />
Referentinnen<br />
und Referenten<br />
Ort<br />
Zielgruppe<br />
Im Plenum und in Arbeitsgruppen werden<br />
Erfahrungen aus der Erprobungsphase der<br />
Grundschrift vorgestellt und diskutiert.<br />
Themen sind u. a.:<br />
– Die Grundschrift – Konzept und<br />
Begründung<br />
– Die Materialien zur Grundschrift –<br />
Ergebnisse und Erfahrungen<br />
– Schreiben lernen mit der Grundschrift<br />
– »Schrift und Schreiben« als ständige<br />
Arbeitsspur im Grundschulunterricht<br />
– Werkstattmaterialien zum Thema<br />
»Schrift und Schreiben«.<br />
Freitag, 1. April 2011, 15 bis 19 Uhr<br />
Samstag, 2. April 2011, 9 bis 13 Uhr<br />
Dr. Horst Bartnitzky,<br />
Prof. Dr. Erika Brinkmann,<br />
Ulrich Hecker,<br />
Dr. Christina Mahrhofer-Bernt,<br />
N.N.<br />
Hotel Loccumer Hof,<br />
www.loccumerhof.de<br />
Kurt-Schumacher-Str. 14/16,<br />
30159 Hannover<br />
Multiplikatoren/innen<br />
aus Schule und Studienseminaren<br />
Tagungs beitrag<br />
Anmeldung<br />
160 Euro für Mitglieder des<br />
Grundschulverbandes<br />
210 Euro für Nichtmitglieder<br />
Im Tagungsbeitrag enthalten sind:<br />
Übernachtung im Einzelzimmer,<br />
Verpflegung während der Tagung,<br />
Tagungsmaterialien.<br />
Die Kosten der Anreise sind von den<br />
Teilnehmer/innen selbst zu tragen.<br />
– per Post: Grundschulverband,<br />
Niddastr. 52, 60329 Frankfurt,<br />
– per Mail: info@grundschulverband.de<br />
– oder über die Homepage:<br />
www.grundschulverband.de<br />
Die Teilnehmerzahl ist auf 50 Personen<br />
begrenzt.<br />
Verbindlich ist die Teilnahme erst nach<br />
Zahlungseingang des Tagungsbeitrages<br />
bis 30. Dezember 2010.<br />
Stornogebühren nach dem<br />
15. Februar 2011: 100 Euro<br />
Bankverbindung:<br />
Postbank Frankfurt, BLZ 500 100 60<br />
Konto Nr. 19 56 71 605<br />
Bitte bei der Anmeldung angeben:<br />
Vollständige Anschrift mit Mailadresse;<br />
Mitglied ja – nein;<br />
Anreise mit Auto oder Zug;<br />
derzeitige Funktion im Schulbereich;<br />
Praktische Erfahrungen mit der Grundschrift<br />
ja – nein