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Lebenslust Gottingen

Das Magazin für Göttingen und Südniedersachsen Ausgabe 7, März bis Mai 2015

Das Magazin für Göttingen und Südniedersachsen
Ausgabe 7, März bis Mai 2015

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14 LEBEN IN DER REGION lebenslust:gö<br />

Wiener Philharmoniker. Die Shanghaier sind<br />

verwöhnt, da muss man im Vergleich bestehen.<br />

Die Orchestermusiker waren aber auch<br />

unglaublich offen für alle neuen Eindrücke.<br />

Die Organisation hat wunderbar geklappt,<br />

die Konzerte waren fantastisch. Das Publikum<br />

war von Anfang an enthusiastisch, und<br />

auch in Shanghai waren sie begeistert. Das<br />

Orchester hat so erlebt, dass wir sehr gut<br />

aufgestellt sind. Mit diesem gewachsenen<br />

Selbstvertrauen ist das Bewusstsein für die<br />

Qualität noch enorm gestärkt worden. Auch<br />

vom Menschlichen her hat es einen sehr positiven<br />

Effekt erzeugt. Das Orchester reist<br />

zwar häufig zusammen, aber von den<br />

Erfahrungen intensiven Zusammenseins<br />

über einen Zeitraum von zwölf Tagen<br />

profitieren alle.<br />

■ Können Sie den Opern- und Konzertbetrieb<br />

in China beschreiben?<br />

Es gibt in China ganz strikte Regeln, die man<br />

absolut beachten muss. Der Umgang miteinander<br />

ist für uns nicht immer durchschaubar,<br />

auch sprachlicher Hürden wegen.<br />

Wir wurden aber immer ausserordentlich<br />

zuvorkommend behandelt.<br />

Wir haben in drei fantastischen Konzertsälen<br />

gespielt, in Dalian, Wuhan und Shanghai.<br />

Dalian hat einen architektonisch<br />

hochinteressanten Saal, knapp drei<br />

Jahre alt. Der Saal in Wuhan ist schön zum<br />

Anschauen, schön zum Spielen: kurzum inspirierend.<br />

Der Saal in Shanghai nimmt akustisch<br />

nichts weg, aber gibt auch nichts<br />

dazu: Da muss man alles geben.<br />

Die Chinesen haben unglaubliche Fortschritte<br />

gemacht, was die Qualität der Orchester<br />

anbelangt. Die Ausbildung der<br />

Musiker ist sehr streng und beginnt<br />

sehr früh. Weil die Ausbildung gefördert<br />

wird, kommen chinesische Studenten nach<br />

Deutschland und lernen, was deutsche Musiktradition<br />

bedeutet. Sie sind sehr lernbegierig<br />

und offen. Es wäre gut, dass wir China<br />

mit derselben Offenheit begegnen und uns<br />

auch mit ihrer Kultur auseinandersetzen.<br />

■ Es gibt viele große Orchester in Asien.<br />

Gibt es Unterschiede im Repertoire zwischen<br />

westlicher und asiatischer Musik?<br />

Orchestermusik ist traditionsgemäß eine<br />

westliche Musik. Es gibt chinesische Komponisten,<br />

die auch traditionelle chinesische<br />

Instrumente ins Orchester bringen. Es ist für<br />

mich von großem Interesse, welche Entwicklung<br />

in China stattfindet und was momentan<br />

geschrieben wird von jungen<br />

Komponisten. Die Zukunft der Klassik mit<br />

China ist sehr spannend!<br />

■ Gibt es einen „europäischen“ und einen<br />

„asiatischen“ Klang?<br />

Früher haben die Wiener Philharmoniker<br />

anders geklungen als die Berliner oder ein<br />

englisches Orchester. Man hat mit der<br />

Klangfunktion auch gewisse nationale Eigenheiten<br />

gepflegt. Mittlerweile ist die Orchesterwelt<br />

so international geworden, dass<br />

es diese Unterschiede nicht mehr gibt. Unterschiede<br />

werden in der Stilistik herausgearbeitet:<br />

Ein Haydn klingt anders als Brahms<br />

oder Debussy. Debussy darf nicht nach<br />

Schwarzwald klingen.<br />

■ Was war Ihr schönstes Erlebnis<br />

auf der Tournee?<br />

Ich glaube, er war der Moment beim Abflug<br />

aus Shanghai, als ich die leuchtenden<br />

Augen der Musiker gesehen habe. Die Begeisterung<br />

über diese Tournee bei allen, das<br />

war eigentlich das schönste.<br />

■ Sie unterstützen als Schirmherr das Projekt<br />

„Jedem Kind seine persönliche Note“.<br />

Was wollen Sie erreichen?<br />

Bei der Fusion der Musikschulen der Landkreise<br />

entstand dieses Programm: Jedes<br />

Kind, unabhängig von Herkunft und finanziellen<br />

Möglichkeiten, soll einen Einstieg<br />

bekommen in das Instrumentalspiel. Es<br />

lernt zunächst einmal ein Instrument kennen.<br />

Sehr häufig kommen Kinder sonst gar<br />

nicht zu diesem ersten Schritt. Dabei hat die<br />

Beschäftigung mit Musik im Kindesalter positive<br />

Folgen, die weit über die Musik hinaus<br />

reichen. Die kognitiven Fähigkeiten und<br />

die Vernetzung des Gehirns werden verbessert.<br />

Eine Fortsetzung davon ist die Sozialkompetenz,<br />

die entsteht, wenn man zusammen<br />

Musik macht, und das gemeinsame<br />

Erleben im Konzertsaal. Man hört aufeinander,<br />

das ist etwas, was Musik bewirken kann.<br />

Dieser erste Schritt ist so wichtig, das unterstütze<br />

ich sehr stark! Landrat Bernhard Reuter,<br />

selbst intensiv beschäftigt als Cellist, hat<br />

eine tolle Idee für die Musikförderung gefunden.<br />

■ Bei welcher Musik – beziehungsweise wie –<br />

entspannen Sie nach Konzerten?<br />

Ich brauche gar keine Entspannung. Ich<br />

höre immer Musik. Ich bin von Musik umgeben.<br />

Nach einem Konzert bin ich allerdings<br />

häufig kaputt! Der körperliche Einsatz ist<br />

das eine, die geistige Konzentration aber<br />

das meist anstrengendere. Neujahrskonzerte<br />

mit viel Johann Strauss zehren zum<br />

Beispiel unheimlich an der Substanz. Es<br />

muss im Konzert so leicht rüberkommen<br />

und trotzdem muss man da wahnsinnig<br />

aufpassen. Aber es ist auch eine beglükkende<br />

Erschöpfung. Danach entspanne ich<br />

gern bei einem Glas Rotwein. Für guten Bordeaux<br />

habe ich eine Schwäche.<br />

■ Wo gehen Sie mit Ihrer Frau gern essen?<br />

Foto: Swen Pförtner<br />

Wir gehen sehr gerne in ein vietnamesisches<br />

Restaurant, welches auch Sushi oder<br />

Suppen anbietet. Manchmal essen wir aber<br />

auch ein Schnitzel oder einen Burger. Wenn<br />

ein Döner gut gemacht ist, genießen wir<br />

ihn. Das gerne Essen verbindet uns. ■

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