Download-PDF (8,1 MB, in German) - Werner Otto
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<strong>Werner</strong> <strong>Otto</strong> liebte<br />
den Hof se<strong>in</strong>es<br />
Onkels Arnold Mühl-<br />
bach – hier e<strong>in</strong> Blick<br />
<strong>in</strong> den Kuhstall.<br />
14<br />
Der Jahrhundert-Mann<br />
K<strong>in</strong>dheit und Jugend<br />
hatte sehr liebe Eltern und hätte mir ke<strong>in</strong>e besseren wünschen können“,<br />
er<strong>in</strong>nert er sich als alter Mann. In e<strong>in</strong>er Zeit, <strong>in</strong> der viele K<strong>in</strong>der mit unerbittlicher<br />
Strenge groß wurden, war das sicherlich ke<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit.<br />
In der Kreisstadt Prenzlau bewohnt die Familie e<strong>in</strong> großes Haus <strong>in</strong> zentraler<br />
Lage, die Wohnräume liegen über dem Lebensmittelladen. Auf dem<br />
Hof gibt es mehrere Speicher, <strong>in</strong> denen die Waren lagern – verschiedene<br />
Getreidesorten, „Kolonialwaren“, Mehl, Kartoff eln. Wilhelm <strong>Otto</strong> beliefert<br />
Kunden im weiten Umkreis, drei Pferdefuhrwerke stehen zur Verfügung.<br />
Es geht der Familie gut. Off enbar machen sich kaufmännische und<br />
künstlerische E<strong>in</strong>fl üsse früh bemerkbar, prägen den Jungen aber unterschiedlich<br />
stark. <strong>Werner</strong> <strong>Otto</strong> erweist sich beizeiten als fantasievoll und<br />
naturverbunden, zugleich aber auch als ungewöhnlich diszipl<strong>in</strong>iert – Eigenschaften,<br />
die er se<strong>in</strong> Leben lang nicht ablegen wird. Die Menschen<br />
dieser Gegend galten und gelten auch heute noch als nüchtern, widerstandsfähig<br />
und uneitel, Th eodor Fontane schrieb von e<strong>in</strong>em bodenständigen,<br />
konservativen und zurückhaltenden Menschenschlag. Ihre preußische<br />
Korrektheit, so heißt es über die Märker, gehe e<strong>in</strong>her mit e<strong>in</strong>er<br />
basisdemokratischen Lebense<strong>in</strong>stellung, h<strong>in</strong>zu geselle sich noch e<strong>in</strong> wenig<br />
nordländische Sturheit. „Die Merkmale der Mark habe ich ver<strong>in</strong>nerlicht“,<br />
hat <strong>Werner</strong> <strong>Otto</strong> Jahrzehnte später im Rückblick auf se<strong>in</strong> langes Leben<br />
erkannt. <strong>Werner</strong> <strong>Otto</strong>s Taufkirche <strong>in</strong> Seelow, damals e<strong>in</strong> behütetes Kle<strong>in</strong>od<br />
<strong>in</strong> der weitläufi gen Landschaft, sollte später zu e<strong>in</strong>em traurigen Symbol<br />
für den Untergang dieser Welt, aber vor allem für den mörderischen<br />
Endkampf um Berl<strong>in</strong> <strong>in</strong> den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges, werden.<br />
Auf fasz<strong>in</strong>ierende Weise ist sie aber auch e<strong>in</strong> Symbol für die vielen<br />
Aufs und Abs im Leben des <strong>Werner</strong> <strong>Otto</strong> geworden. Viele Jahrzehnte<br />
nach dem Verlust der Heimat wird er „se<strong>in</strong>er“ Kirche e<strong>in</strong>en besonderen<br />
Dienst erweisen. Doch davon später.<br />
<strong>Werner</strong> <strong>Otto</strong> wächst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em liebevollen, im besten S<strong>in</strong>ne kle<strong>in</strong>bürgerlichen<br />
Milieu auf. Es gibt e<strong>in</strong>en großen Garten mit Obstbäumen, ganz <strong>in</strong><br />
der Nähe dehnen sich die fast unendlichen Weiten der Mark aus. Die<br />
Sommerferien verbr<strong>in</strong>gt die Familie an der Ostsee, und die K<strong>in</strong>der lieben<br />
das Strandleben zu e<strong>in</strong>er Zeit, als es nur wenig Tourismus gibt. Erich<br />
Kästner schrieb später über se<strong>in</strong>e erste Ostseereise, die er im Jahr 1914