Wirtschaftsbericht 2012 - Landesregierung Nordrhein-Westfalen
Wirtschaftsbericht 2012 - Landesregierung Nordrhein-Westfalen
Wirtschaftsbericht 2012 - Landesregierung Nordrhein-Westfalen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
33<br />
Sofern<br />
• entscheidende Durchbrüche in der Entwicklung neuer<br />
Speichertechnologien erreicht werden und diese<br />
dann auch in großem Umfang gebaut werden,<br />
• Übertragungs- und Verteilnetze im erforderlichen<br />
Maße ausgebaut werden und<br />
• gegenüber den obigen Voraussetzungen mit eher<br />
nachgeordneter Bedeutung intelligente, auf Angebot<br />
und Nachfrage optimierte Netze vorhanden sein<br />
werden,<br />
sind die Grundvoraussetzungen dafür gegeben, dass der<br />
dauerhafte Back-up-Bedarf für die installierten Kapazitäten<br />
erneuerbarer Energien durch grundlastfähige fossile<br />
Kraftwerke stark reduziert werden kann. Derzeit wird dieser<br />
Back-up-Bedarf wegen der geringen Verfügbarkeiten<br />
vieler erneuerbarer Energietechniken jedoch auf bis zu<br />
80% geschätzt.<br />
Ein Problem beim Ausbau der fossilen Kraftwerkskapazitäten<br />
ist aber die Rentabilität. Damit eine Investition<br />
in neue Anlagen rentabel ist, muss ein entsprechender<br />
Strompreis auf dem Strommarkt erzielbar sein. Der<br />
Strompreis selbst wird jedoch über die so genannte<br />
Merit-Order gebildet.<br />
!<br />
Merit-Order: Die variablen Kosten der Stromerzeugung<br />
bestimmen die Einsatzreihenfolge der Kraftwerke. Beginnend mit den<br />
niedrigsten Grenzkosten werden so lange Kraftwerke mit höheren<br />
Grenzkosten zugeschaltet, bis die Nachfrage gedeckt ist. An der<br />
Strombörse bestimmt das letzte Gebot, das noch einen Zuschlag<br />
erhält, den Strompreis.<br />
Der Preis für Strom wird also durch das jeweils teuerste Kraftwerk<br />
(meistens Öl- oder Gaskraftwerk) bestimmt, das noch benötigt wird,<br />
um die Stromnachfrage zu decken. Hinzu tritt allerdings der Einspeisevorrang<br />
der erneuerbaren Energien, der gegebenenfalls das aktuell<br />
teuerste Kraftwerk verdrängt und somit über den Merit-Order-Effekt<br />
den Börsenpreis senkt. Nur die Testnachfrage (sog. Residuale Last)<br />
wird von den konventionellen Stromerzeugern getragen.<br />
Der Anteil der erneuerbaren Energien soll bis 2020 auf<br />
mindestens 35%, bis 2030 auf mindestens 50% und bis<br />
2040 auf mindestens 65% erhöht werden. Aufgrund<br />
des Einspeisevorrangs wird die Auslastung der konventionellen<br />
Kraftwerksanlagen entsprechend weiter sinken.<br />
Gleichzeitig werden alte Anlagen abgeschaltet werden.<br />
Zudem führt die zunehmende Einspeisung von erneuer-<br />
Messerundgang auf der E-world 2011 in Essen<br />
baren Energien aufgrund des Merit-Order-Effektes zu<br />
tendenziell sinkenden Preisen an der Strombörse European<br />
Energy Exchange (EEX) in Leipzig.<br />
Da sich die Erlöse eines Kraftwerks über die gelieferte<br />
Strommenge generieren, fehlt – wenn die Abnahmemenge<br />
sinkt bzw. absehbar sinkt – die Bereitschaft, in<br />
den Aufbau und das Halten von Reservekapazitäten mit<br />
geringer Auslastung zu investieren. Im Verbund aus stetig<br />
steigendem Anteil der erneuerbaren Energien – mit dem<br />
die Abnahmemenge von konventionell erzeugtem Strom<br />
langfristig sinken wird – und dem im EEG verankerten<br />
Einspeisevorrang für erneuerbare Energien verschärft<br />
sich die Situation.<br />
Es gibt vermehrt Hinweise aus der Energiewirtschaft,<br />
dass Investitionen in konventionelle Kraftwerke daher<br />
zunehmend nicht mehr rentabel sein könnten. Weil diese<br />
wegen gesetzlicher Vorrangeinspeisung der erneuerbaren<br />
Energien immer weniger Volllaststunden im Einsatz<br />
seien, würden sich solche Anlagen nicht mehr amortisieren<br />
können. Die fehlende Investitionsneigung der Energieversorger<br />
in weiterhin benötigte fossile Kraftwerke erhöht<br />
jedoch das Risiko von zukünftigen Versorgungsausfällen.<br />
Soweit die Grenzkosten eines Gas- oder Kohlekraftwerks<br />
(Brennstoff- und CO 2 -Zertifikate-Kosten) nicht erreicht<br />
werden (können), wird in neue Kraftwerke nicht investiert.<br />
Ein Anreizsystem für Investitionen in Kraftwerke<br />
könnte der Umbau des Regelenergiemarktes zu einem<br />
Kapazitätsmarkt sein. Regel- und Kapazitätsmarkt unterscheiden<br />
sich wie folgt:<br />
• Der Regelenergiemarkt reizt den Einsatz vorhandener<br />
Kapazitäten an.