Denis Gustavus - Interessengemeinschaft deutschsprachiger ...
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darin waren sich alle einig, ein Gedicht muss<br />
schwingen und fließen, Worte gleich einer<br />
Melodie zum Klingen bringen.<br />
Vier Berliner Autorinnen und Autoren stellten<br />
sich dann, an einem Nachmittag, mit ihren<br />
Texten vor.<br />
Claudia Altmann las Kurzprosa und Lyrik.<br />
Renate Loewenbergs Prosa-Geschichten, die<br />
sich sozialen Alltagsproblemen zuwandten,<br />
bewegten tief, aber ließen auch herzlich und<br />
befreiend alle Gäste zum Lachen bringen.<br />
Fanni Fam beeindruckte durch ihre ehrliche<br />
Reflektion auf ein Stück durchlittenes Leben.<br />
Besonders begeistert aber hat der junge<br />
Dennis <strong>Gustavus</strong>, der es verstand, mit seinen<br />
Episodengeschichten ein Stück DDR-Alltag<br />
auf ganz individuelle Weise wieder lebendig<br />
erden zu lassen.<br />
Die Leiterin des Tagebuch- und Erinnerungsarchives<br />
führte die von weit her angereisten<br />
Gäste durch die Dauerausstellung des Heimatmuseums<br />
Treptow und vermochte so einen<br />
Einblick in Treptower und Berliner Geschichte<br />
zu vermitteln.<br />
Vielleicht wird es wieder ein Pfingsttreffen<br />
im kommenden Jahr geben. Heimatmuseum,<br />
Tagebucharchiv und die Berliner Autorinnen<br />
und Autoren (die nicht der IGdA angehören)<br />
stehen auch dann wieder gerne als Gastgeber<br />
zur Verfügung.<br />
Auch die zu Beginn des Jahres begonnenen<br />
Regionaltreffen der IGdA-Mitglieder werden<br />
ab September 2009 weiterhin angeboten und<br />
hoffentlich von den Teilnehmern genutzt.<br />
Karin Manke<br />
2 Texte zum Workshop von Frau Manke<br />
Am stimmungsvollen Frühjahrstreffen der<br />
IGdA in Berlin – 28. – 31.5. 2009 - führte Karin<br />
Manke mit uns einen sehr anregenden Workshop<br />
durch. Wir hatten die Aufgabe, eine<br />
Jahreszahl zu ziehen und in ca. 30 Minuten<br />
eine Lebenssituation dazu zu erinnern. Hier<br />
zwei Beispieltexte dazu:<br />
IGda<br />
1980<br />
IGDA aktuell, Heft 2/3 (2009) Seite 57<br />
Nach acht Jahren Schweigepause wagte ich<br />
mich wieder daran, das Schreiben von einem<br />
Gedicht auszuprobieren. Die Gedanken<br />
dazu sperrte ich in meinen Kopf. Ich erzählte<br />
niemand etwas davon, lief auf meinen<br />
Schuhsohlen unsicher in den größeren Buchhandlungen<br />
umher, starrte die Seiten sog.<br />
‚moderner Lyrik’ an und wusste, ich würde<br />
dem Trend, abgebrochene Zeilen zu üben,<br />
mich anpassen müssen.<br />
Allzu gut erinnerte ich mich daran, warum<br />
ich vor diesen acht Pausenjahren in eine<br />
schriftstellerische Stille verfiel. Ich hatte eine<br />
umfangreichere Herzensblüte mit abendlicher<br />
Gefühlsseligkeit und überfrachteten<br />
Altreimen an die ’Horen’, eine der wichtigsten<br />
zeitgenössischen Literaturzeitungen geschickt.<br />
Die Antwort der Redaktion hatte meine künftigen<br />
Produktionen einstweilen in ein finsteres<br />
Aus geschoben.<br />
‚Schön, sehr schön’, hatten sie klar geantwortet.<br />
Aber – es wäre ‚vor hundert Jahren so<br />
schön’ gewesen. Nicht heutzutage. Und - sie<br />
hatten Recht.<br />
Zuhause suchte ich mir ein besonderes Papier<br />
aus einer hinteren Schublade heraus<br />
und dachte eine Ansammlung von Grübelminuten<br />
nach, an welchem Objekt ich diese<br />
modisch abgebrochenen Zeilen üben oder<br />
versuchen sollte.<br />
Mein Großvater zog mir durch den Sinn. Er<br />
hatte sich erst vor vier Wochen aus dem Leben<br />
verabschiedet. Ich hatte ihn mehr als geliebt,<br />
bewundert und – ich hatte noch nicht<br />
sehr viel Erfahrung mit dem Tod von Menschen<br />
gehabt.<br />
Ich schrieb und schrieb, es strömte ein sich<br />
von selbst dehnendes Wortmeer aus meiner<br />
Erinnerung - wie er es fertig gebracht hatte,<br />
in dem gesamten 1000-jährigen Reich standzuhalten<br />
und kein Mitglied der NSDAP zu<br />
werden. Dabei war dies für den geschäftsführenden<br />
Direktor einer Kleinfabrik gar<br />
nicht so einfach gewesen.<br />
‚Ich werde es mir überlegen,’ hatte er refrainmäßig<br />
den sich wiederholenden Politanfra-