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Cruiser April 2015 Die grosse Umfrage

Cruiser, das grösste Gay Magazin in der Schweiz mit der umfassenden Umfrage: so denken Teenager wirklich über Schwule

Cruiser, das grösste Gay Magazin in der Schweiz mit der umfassenden Umfrage: so denken Teenager wirklich über Schwule

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cruiser<br />

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<strong>April</strong> <strong>2015</strong><br />

So denken<br />

Teenager wirklich<br />

über Schwule<br />

Exklusiv: <strong>Die</strong> <strong>grosse</strong><br />

<strong>Cruiser</strong>-<strong>Umfrage</strong><br />

Pink Apple<br />

<strong>Die</strong> Highlights<br />

des Filmfestivals<br />

Heiratsstrafe<br />

Worum es bei der<br />

CVP-Initiative geht<br />

Zeus<br />

Wie gay war der<br />

Göttervater wirklich?


Inhalt<br />

Editorial<br />

<strong>April</strong> <strong>2015</strong><br />

04 Thema | So denken Teenager über Schwule<br />

Exklusiv: <strong>Die</strong> <strong>grosse</strong> <strong>Cruiser</strong>-<strong>Umfrage</strong><br />

Liebe Leser<br />

Hört man im Tram oder im Bus Jugendlichen zu, stellt man fest, dass<br />

diese teilweise in einer Art Geheimsprache kommunizieren. Der Jugendslang<br />

kann faszinierend sein, aber auch verstörend. In jedem zweiten Satz<br />

fallen irgendwie die Wörter «Alter», «Man(n)» und «schwul». Würden diese<br />

Begriffe in der Kombination «schwuler alter Mann» gebraucht, wäre die<br />

Jugendsprache ja noch verständlich. Aber nein: Jeder Begriff wird scheinbar<br />

wahllos irgendwo für irgendwas im Satz eingebaut. Das hat unsere<br />

Redaktion schliesslich auf die Idee gebracht nachzufragen, was Teenager<br />

von Homosexualität grundsätzlich halten. <strong>Cruiser</strong> hat – wohl bisher einzigartig<br />

in der Schweiz – aus diesem Grund eine <strong>grosse</strong> <strong>Umfrage</strong> gestartet.<br />

Passend ist diese <strong>Umfrage</strong> auch im Kontext zur alljährlichen «Pride»- und<br />

«Europride»-Diskussion. Im Falle unserer <strong>Umfrage</strong> wird nämlich klar, dass<br />

die Jugendlichen finden, Homosexualität sei noch nicht überall akzeptiert.<br />

Ob und inwiefern Veranstaltungen wie eine «Pride» Sinn machen<br />

oder eher kontraproduktiv sind, konnten wir mit unserer <strong>Umfrage</strong> nicht<br />

herausfinden.<br />

Neu haben wir im <strong>Cruiser</strong> eine Serie für alle geschichtlich Interessierten<br />

gestartet: «Homosexualität in Geschichte und Literatur» bringt spannende<br />

Aspekte und neue Blickwinkel, die manchmal durchaus auch fantasievoll<br />

sein können. Und: Wir zeigen in unserer Fotostory, warum Printmagazine<br />

unabdingbar sind. Viel Spass mit dem neuen <strong>Cruiser</strong>!<br />

Herzlich, Haymo Empl<br />

Chefredaktor<br />

09 Klatschspalte | Promis<br />

10 Serie | Homosexualität in Geschichte<br />

und Literatur Zeus und Ganymed<br />

14 Serie | Mannsbild – Berufsbild<br />

Der Maschinenbauer<br />

18 Kolumne | Pia Spatz<br />

19 Ratgeber Aids-Hilfe | Dr. Gay<br />

20 Kolumne | Michi Rüegg<br />

21 Kommentar | Adoption<br />

22 News | National<br />

24 News | International<br />

26 Szene | Tipps<br />

28 Kultur | Schweiz<br />

FOTO UMSCHLAG: FOTOLIA-FOCUSPOCUS<br />

<strong>Cruiser</strong> print<br />

Impressum<br />

Herausgeber & Verleger: Haymo Empl, empl.media<br />

Infos an die Redaktion: redaktion@cruisermagazin.ch<br />

Chefredaktor Haymo Empl<br />

stv. Chefredaktor Daniel Diriwächter<br />

Art Director Astrid Affolter, Access – bridge to work, Bereich Grafik<br />

Redaktion Print Martin Ender, Andreas Faessler, Alain Sorel, Thomas Borgmann,<br />

Marianne Weissberg, Kafi Freitag, Michi Rüegg, Pia Spatz,<br />

Vinicio Albani, Moel Maphy<br />

Layout<br />

Access – bridge to work, Bereich Grafik<br />

Lektorat Ursula Thüler<br />

Anzeigen Said Saidi, Telefon 043 300 68 28, anzeigen@cruisermagazin.ch<br />

Auflage 12 000 Exemplare, 10 Ausgaben jährlich<br />

Redaktion und Verlagsadresse:<br />

empl.media, Haymo Empl, Welchogasse 6, Postfach 5539, 8050 Zürich<br />

Telefon 043 300 68 28, Telefax 043 300 68 21, info@cruisermagazin.ch<br />

<strong>Cruiser</strong> online<br />

Herausgeber & Verleger: Haymo Empl, empl.media<br />

Infos an die Online-Redaktion: online@cruisermagazin.ch<br />

Chefredaktor Online: Daniel Diriwächter<br />

30 Serie | Persönlichkeiten<br />

Jason Donovan<br />

32 Fotostory | <strong>Cruiser</strong> creativ<br />

8 Dinge, die nur Print kann<br />

34 Kolumne | Kafi Freitag<br />

Kafi und ihr Held des Alltags<br />

36 Kolumne | Weissbergs warme Weissheiten<br />

Wo versteckt sich die Glamour-Karriere?<br />

38 Interview | Christoph Braun<br />

<strong>Die</strong> Ausnahme unter den Konzertpianisten<br />

40 Special | «Pink Apple»-Filmfestival<br />

<strong>Die</strong> Schwerpunkte<br />

42 Reportage | Heiratsstrafe<br />

Heiraten «lohnt» sich nicht<br />

46 Unterhaltung | Kreuzworträtsel<br />

<strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong> 3


Thema | <strong>Die</strong> <strong>grosse</strong> <strong>Cruiser</strong>-<strong>Umfrage</strong><br />

So denken<br />

Teenager über<br />

Schwule & Lesben<br />

Text: Haymo Empl<br />

Wie denken Teenager wirklich über Homosexualität? <strong>Cruiser</strong> hat exklusiv<br />

eine <strong>Umfrage</strong> zum Thema «Diskriminierung – so denken Jugendliche<br />

wirklich darüber» durchgeführt. Das Ergebnis überrascht.<br />

FOTOS: ACCESS – BRIDGE TO WORK<br />

4 <strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong>


«Wenn mein Kind schwul wäre,<br />

wäre das nicht schlimm.»<br />

«Ich finde, Homosexuelle sind<br />

bereits gleichgestellt.»<br />

«Schwule interessieren mich<br />

eigentlich nicht.»<br />

In Pausengesprächen fällt oft der Ausdruck<br />

«Das isch so schwul, Mann».<br />

Teenager haben diese Phrase in ihrem<br />

Standardvokabular. Unklar für Aussenstehende<br />

ist, wie und vor allem wann<br />

das Wort «schwul» in der jeweiligen<br />

Peer-Group eingesetzt wird. Und noch<br />

«<strong>Die</strong> Jugendlichen haben<br />

sich – wie bereits an dere<br />

Generationen zuvor –<br />

ihre eigene Sprache zusammengebastelt.»<br />

unklarer ist, wie positiv oder negativ<br />

der Begriff gewichtet wird. «Na, alles<br />

stabil?», fragt der Jugendliche von heute<br />

aber auch, wenn er sich nach dem<br />

Befinden erkundigt. Und: «fresh» ist das<br />

neue «cool». <strong>Die</strong> Jungen sprechen von<br />

«Smartphone-Säuseln», von «entsnowden»<br />

und vom «Likejunkey». Das ist oft<br />

alles ziemlich unverständlich, darum<br />

gibt beispielsweise Langenscheidt ein<br />

entsprechendes Wörterbuch mit fast<br />

600 Slang-Ausdrücken von Jugendlichen<br />

aus Deutschland, Österreich und<br />

der Schweiz heraus. Auch wenn sich die<br />

Bedeutung oftmals nur erahnen lässt:<br />

<strong>Die</strong> Dialoge der heutigen Jugendlichen<br />

sind originell und definitiv nicht verarmt,<br />

wie manche Sprachgurus fürchten.<br />

Kurz und prägnant sind Ausdrücke<br />

wie «gömmer Starbucks». Und mit «du<br />

bisch voll s Opfer» ist auch klar, was<br />

gemeint ist. <strong>Die</strong> Jugendlichen haben<br />

sich – wie bereits andere Generationen<br />

zuvor – ihre eigene Sprache zusammengebastelt.<br />

SMS und Co. haben zur Verkürzung<br />

beigetragen, die Globalisierung<br />

steuert Lehnwörter bei. Wie und ob die<br />

Jugendausdrücke diskriminierend sind,<br />

«<strong>Die</strong> meisten der<br />

Jugendlichen zeigen<br />

sich erstaunlich tolerant<br />

und es wird klar, dass<br />

sich die Teenager doch<br />

über einiges Gedanken<br />

machen.»<br />

darüber machen sich die Jugendlichen<br />

wenig Gedanken. Schliesslich hat man<br />

als Teenager andere Prioritäten, die für<br />

Erwachsene oft genauso unverständlich<br />

sind wie die Sprache. In unserer<br />

<strong>Cruiser</strong>-<strong>Umfrage</strong> ist einiges ans Licht gekommen<br />

– und es war weniger schlimm<br />

als befürchtet. <strong>Die</strong> meisten der Jugendlichen<br />

zeigen sich erstaunlich tolerant<br />

und es wird klar, dass sich die Teenager<br />

doch über einiges Gedanken machen.<br />

Mehr, als die (gespielte?) Gleichgültigkeit<br />

vermuten lässt. Es scheint ganz<br />

so, als ob die heutigen Teenager sehr<br />

wohl zwischen blöden Sprüchen und<br />

blankem Hass unterscheiden können.<br />

Allerdings muss in unserer <strong>Umfrage</strong><br />

berücksichtig werden, dass die teilnehmenden<br />

Jugendlichen durchwegs<br />

in städtischem Umfeld leben oder zumindest<br />

in der Agglomeration der Stadt<br />

Zürich. In anderen Kantonen käme<br />

viel leicht eine andere Wahrheit beziehungs<br />

weise Realität zu Tage.<br />

Erstaunlich ist auch, dass die von<br />

uns befragten Jugendlichen fast ausnahmslos<br />

in ihrem Umfeld eine homosexuelle<br />

Person kennen. Wie dieser<br />

Bezug aussieht, haben wir nicht erfragt,<br />

denn uns war wichtig, dass wir die<br />

Resultate in Zahlen messbar machen<br />

können.<br />

<strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong> 5


Thema | <strong>Die</strong> <strong>grosse</strong> <strong>Cruiser</strong>-<strong>Umfrage</strong><br />

«Ich kenne eigentlich niemanden,<br />

der schwul ist.»<br />

«Ich habe keine Ahnung, warum man<br />

schwul oder lesbisch ist.»<br />

«Homosexualität gehört verboten.»<br />

Schwule und Lesben<br />

sind abstossend.<br />

Ich stimme ganz zu. (11 %)<br />

Ich stimme zu. (6 %)<br />

Neutral / Keine Meinung (20 %)<br />

Ich stimme nicht zu. (11 %)<br />

Wenn mein eigenes Kind<br />

schwul oder lesbisch wäre,<br />

dann wäre das<br />

schlimm. (16%)<br />

Würde ich nicht akzeptieren. (4%)<br />

in Ordnung. (80%)<br />

Ich stimme überhaupt<br />

nicht zu. (52 %)<br />

Wie viele Lesben / Schwule<br />

kennst du in deinem Umfeld?<br />

Niemanden (15%)<br />

1 Person (15%)<br />

2 Personen (52%)<br />

4-6 Personen (10%)<br />

Schwul oder lesbisch ist man, weil<br />

Keine Ahnung (21 %)<br />

man den falschen Umgang hatte. (12 %)<br />

es einfach so ist. (53 %)<br />

es eine Laune der Natur ist. (16 %)<br />

Mehr als 6 Personen (8%)<br />

Homosexuelle sollten gleich<br />

behandelt werden wie alle<br />

anderen auch.<br />

Ich stimme ganz zu. (58%)<br />

Ich stimme zu. (11 %)<br />

Neutral / Keine Meinung (15%)<br />

Ich stimme nicht zu. (5%)<br />

Ich stimme überhaupt<br />

nicht zu. (11 %)<br />

Homosexuelle sind bei<br />

uns bereits gleichgestellt.<br />

Ich stimme ganz zu. (16%)<br />

Ich stimme zu. (32%)<br />

Neutral / Keine Meinung (20%)<br />

Ich stimme nicht zu. (21%)<br />

Ich stimme überhaupt nicht zu. (11%)<br />

FOTOS: ACCESS – BRIDGE TO WORK<br />

6 <strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong>


So wurde gefragt:<br />

«Homosexuelle sollten gleich behandelt<br />

werden wie alle anderen auch.»<br />

Homosexualität gehört verboten.<br />

Ich stimme ganz zu. (11%)<br />

Neutral / Keine Meinung (19%)<br />

Ich stimme nicht zu. (5%)<br />

«Ich hätte Mühe, wenn mein Kind<br />

schwul wäre.»<br />

Ich stimme überhaupt nicht zu. (65%)<br />

In manchen Ländern steht Homosexualität unter<br />

Todesstrafe. Ich finde das<br />

in Ordnung. (5%)<br />

<strong>Die</strong> Teilnehmenden waren alle zwischen<br />

16 und 19 Jahre alt, es wurde ano -<br />

nym über ein (smartphonetaugliches!)<br />

Onlineformular gefragt. Weder die<br />

IP-Nummer noch sonstige Daten wurden<br />

von <strong>Cruiser</strong> gespeichert oder übermittelt.<br />

<strong>Die</strong> Formulare wurden von den<br />

Teilnehmern einzeln und an verschiedenen<br />

Tagen ausgefüllt, die Teilnahme<br />

war fakultativ und erfolgte im Lehr betrieb,<br />

in der Berufsschule oder zu Hause.<br />

<strong>Cruiser</strong> hat Wert darauf gelegt, dass<br />

die Teilnehmer nicht aus einem akademischen<br />

Haushalt stammen und keinen<br />

Gymnasialabschluss haben. <strong>Die</strong> Teilnehmer<br />

haben in 32 % einen Migrationshintergrund<br />

(mindestens ein Eltern teil<br />

ist nicht in der Schweiz geboren).<br />

Von 100 zufällig ausgesuchten Personen<br />

(u. a. in sogenannten «Motivationssemestern»<br />

und «Zwischen jahren» sowie<br />

in Vorkursen für eine Berufslehre)<br />

haben 80 Jugendliche teilgenommen.<br />

Das Verhältnis Männer / Frauen ist nicht<br />

bekannt, wird aber Schätzungen zufolge<br />

in etwa ausge glichen sein.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Umfrage</strong> ist nun auch auf unserer<br />

Webseite online: www.cruisermagazin.ch.<br />

Selbstverständlich werden dort<br />

die Resultate nicht mehr gezählt.<br />

<strong>Die</strong> werden schon ihre Gründe haben. (5%)<br />

nicht in Ordnung. (90%)<br />

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<strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong> 7


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Klatschspalte | Promis<br />

Manege frei ...<br />

Text: Daniel Diriwächter<br />

«Ich hatte zwei Möglichkeiten: Ich konnte<br />

ent weder erwürgt werden oder fallen – also<br />

entschied ich mich zu fallen.»<br />

{ }<br />

Madonna über ihren Sturz bei den «Brit Awards»<br />

FOTOS: ZVG UNIVERSAL (1), ZVG LEONARD (1), ZVG (1)<br />

Sänger Leonard überzeugte in der<br />

SRF-Arena.<br />

Leonard<br />

Zugegeben, Leonard (50) ist ein fantastischer<br />

Schlagersänger, aber nicht wirklich<br />

die erste Wahl, wenn es darum<br />

geht, die Gay-Szene zu repräsentieren.<br />

Das sahen die Verantwortlichen der<br />

SRF-Arena anders und luden Leonard<br />

zum Thema «Ehe für alle» ein, während<br />

Vertreter von LOS und «Pink Cross» aussen<br />

vor bleiben mussten. Das gab zu reden<br />

und Moderator Jonas Projer ergänzte<br />

via Twitter: «Wenn es eine Sendung<br />

zu ‹Pink Cross› wäre, wäre ‹Pink Cross›<br />

dabei». Leonard gab im Nachhinein zu,<br />

dass er unsicher war, ob er teilnehmen<br />

solle, aber offenbar wurde er von der<br />

SRF bekniet, den Ring zu steigen. Dort<br />

standen noch Verena Herzog (SVP),<br />

Giuseppe Gracia (Bistum Chur), beide<br />

erklärte Gegner der «Ehe für alle», und<br />

auf der anderen Seite Jacqueline Fehr<br />

(SP), zusammen mit Leonard. Doch der<br />

Schlagersänger überraschte und war<br />

gleichermassen präsent wie wortgewandt.<br />

Schlagfertig räumte Leonard mit<br />

Irrungen und Wirrungen auf. Ausserdem<br />

stellte er klar, dass eine «Ehe für alle»<br />

die Fortpflanzung, welche so wichtig für<br />

die Gegner ist, niemals aufhalten würde.<br />

Das Fazit von Leonard zur Sendung fällt<br />

versöhnlich aus: «Während der Sendung<br />

haben wir heftig diskutiert und gestritten,<br />

aber hinterher sassen wir alle friedlich<br />

und ohne jegliche Berührungsängste<br />

bei einem Bierchen zusammen und<br />

fanden uns sogar richtig sympathisch<br />

und nett.»<br />

Daniel Küblböck<br />

Er fegt wieder über die Mattscheibe:<br />

Daniel Küblböck, bekannt durch die<br />

erste Staffel von «DSDS», einer Zeit, als<br />

noch Fünftplatzierte mit einem Plattenvertrag<br />

die Show verliessen. Heute präsentiert<br />

er sich als gereifte Hupfdohle<br />

in der RTL-Show «Let’s Dance» und beinahe<br />

nichts erinnert an die quietschende<br />

Drama-Queen von einst. Daniel<br />

Küblböck bewies ferner Köpfchen, als<br />

er die Tantiemen der Gesangskarriere<br />

in Solarenergie investierte. Glaubt<br />

man deutschen Medien, ist der Sänger<br />

heute Millionär. Auch musikalisch ging<br />

er neue Wege, zwischenzeitlich zog es<br />

ihn ins Jazz-Genre oder sogar an eine<br />

Vorentscheidung zum Eurovision Song<br />

Contest. Mit «Save my Heart» hat Daniel<br />

Küblböck nun eine neue Single am<br />

Start. Im dazugehörigen Video schlüpft<br />

er in diverse Rollen, egal ob Mann oder<br />

Frau, und trällert sich durch die Szenerie.<br />

Privat soll es übrigens auch gut laufen<br />

– Daniel Küblböck hat einen festen<br />

Partner und lebt auf Mallorca.<br />

Diamá<br />

Claudia D’Addio erreichte vor zehn Jahren<br />

erste Aufmerksamkeit, als sie relativ erfolgreich<br />

die damalige «MusicStar»-Staffel<br />

dominierte. Und sie schaffte es dank<br />

der Grand-Prix-Koryphäe Ralph Siegel<br />

bis zum Eurovision Song Contest. Seither<br />

wurde es nie ganz still um die Künstlerin<br />

– der <strong>grosse</strong> Hit blieb allerdings aus.<br />

Mittlerweile nennt sich Claudia nur noch<br />

Diamá und fand besonders in der hiesigen<br />

Gay-Szene Unterschlupf. «Ich fühl<br />

mich da einfach am wohlsten und kann<br />

mich selbst sein», so Diamá gegenüber<br />

dem <strong>Cruiser</strong>. Mitte März veröffentlichte<br />

die Sängerin mit italienischen Wurzeln<br />

ihr erstes Album «We’re not done» – die<br />

Plattentaufe fand im Zürcher Club «Les<br />

Garçons» statt. Mit ihren neuen Songs<br />

will sie ihre Weiblichkeit zelebrieren und<br />

zeitlose Musik schaffen. «Ich folge keinem<br />

Trend», meint Diamá selbstbewusst.<br />

Geprägt durch die Show «MusicStar»,<br />

bei der es laut ihren Worten Situationen<br />

gab, die sie leer schlucken liessen, will<br />

sie heute als Künstlerin wahrgenommen<br />

werden – egal, ob ihr Debütalbum kommerziell<br />

erfolgreich wird.<br />

Diamá liebt schwule Männer.<br />

<strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong> 9


Serie | Homosexualität in Geschichte<br />

und Literatur<br />

Ein Hirtenjunge lernt<br />

fliegen<br />

Text: Alain Sorel<br />

Eines Tages startete Zeus, der oberste der griechischen Götter, die «Operation<br />

Ganymed». Er brauchte in der Liebe etwas Neues. So holte er, gut<br />

getarnt, einen jungen Hirten von der Erde zu sich auf den Olymp. Dort<br />

besetzte er einen Schlüsselposten mit seinem hübschen Günstling, der<br />

ihm fortan zu <strong>Die</strong>nsten war – und die Eifersucht seiner Gattin weckte.<br />

Es war einmal, vor langer, langer<br />

Zeit, im antiken Griechenland. Zeus,<br />

der Chef der Götter, hatte Augen mit<br />

einem Auflösungsvermögen, die heute<br />

jedem Satelliten der amerikanischen<br />

Weltraumbehörde Nasa ebenbürtig wären.<br />

Von seinem Regierungssitz hoch in<br />

den Wolken, dem Berg Olymp, sah er<br />

bis in die hintersten Winkel der Welt<br />

der Menschen. Nichts blieb ihm verborgen,<br />

was sich unter freiem Himmel tat,<br />

was sich in der Stadt und auf dem Land<br />

abspielte. Niemand entging ihm.<br />

Das ist ziemlich wörtlich zu verstehen.<br />

Zeus griff immer wieder in die Belange<br />

der Menschen ein: Mit dem Blitz,<br />

einem seiner Wahrzeichen, bestrafte er<br />

Frevler und Übeltäter, aber er war auch<br />

Meister darin, sich ihnen blitzartig anzunähern<br />

– auf eine sanfte Tour.<br />

Für Täuschungen gut<br />

Er hatte einen ausgeprägten Blick für<br />

die Schönheit von Sterblichen – und<br />

war Liebesspielen mit ihnen nicht abgeneigt.<br />

Sie lenkten ihn ab von der<br />

Schiedsrichterrolle, die er immer wieder<br />

unter seinesgleichen, den Göttern und<br />

Göttinnen, wahrzunehmen hatte. Eine<br />

Aufgabe, die oftmals schwieriger war,<br />

als einen Sack voll Flöhe zu hüten.<br />

Zeus war ein Meister der Tarnung.<br />

<strong>Die</strong> verwendete er häufig, um zum Ziel<br />

zu kommen. Er stieg hinab zur Erde und<br />

verführte Frauen als Goldregen, als Stier<br />

oder als Schwan. Aber einmal, ja einmal,<br />

als er wieder Lust auf ein Abenteuer<br />

verspürte – ein Abenteuer mit etwas<br />

Würze sollte es dieses Mal schon sein –,<br />

sah er ihn: einen 20-jährigen Burschen,<br />

der auf einer Weide die Schafe hütete.<br />

Da war es um Zeus geschehen; es war<br />

ein Moment, in dem er sich wieder einmal<br />

Rechenschaft gab, dass ihm, dem<br />

Gott, nichts Menschliches fremd war,<br />

auch nicht die Liebe zum eigenen Geschlecht<br />

zum Beispiel.<br />

«Zeus hatte einen<br />

ausgeprägten Blick<br />

für die Schönheit<br />

von Sterblichen.»<br />

Kräftige Statur<br />

Man darf sich das so vorstellen, dass<br />

Zeus den Jüngling eine Zeitlang beobachtete,<br />

bevor er sich zu einer Direktbegegnung<br />

auf seine Art entschloss. So<br />

sah er tief in den Niederungen einen<br />

schönen jungen Mann, in völliger Entspannung<br />

ausgestreckt auf dem Gras<br />

liegend, den Blick leicht verträumt gen<br />

Himmel gerichtet. Ein Hirte von kräftiger<br />

muskulöser Statur – ein Vorteil im<br />

Gelände, in dem er zum Rechten zu sehen<br />

hatte. Denn je nachdem brauchte es<br />

Ausdauer und einen langen Atem, um<br />

etwa ein verirrtes Schaf aufzuspüren<br />

und zur Herde zurückzuführen oder um<br />

sich wilder Tiere und wilder Räuber zu<br />

erwehren.<br />

Ganymed hiess der Bursche, und er<br />

war nicht nur Schafhirte, sondern auch<br />

Prinz. Solche Kombinationen muten<br />

vielleicht seltsam an, waren aber in den<br />

Mythen durchaus möglich. Ganymed<br />

stammte der Sage nach aus dem trojanischen<br />

Königshaus. Immer wieder dieses<br />

Troja, bekannt in erster Linie durch<br />

einen zehn Jahre dauernden Krieg, den<br />

es mit den Griechen führte. Und weswegen?<br />

Wegen einer Frau.<br />

Sturzflug des Adlers<br />

Zeus besah sich also den Ganymed<br />

und wusste: «Den will ich haben.» Es<br />

ist offen, ob Ganymed den Luftzug des<br />

Adlers spürte, der da jäh zu ihm herunterstürzte,<br />

und die Bewegung seiner<br />

Schwingen hörte, oder ob der Schäfer<br />

gerade ein Schläfer war. Auf jeden Fall<br />

fühlte er sich unvermittelt umkrallt<br />

und hochgehoben. Naturgemäss musste<br />

es in der etwas halsbrecherischen Position<br />

der beiden Lebewesen zu einem<br />

engen Körperkontakt gekommen sein.<br />

Schliesslich war die Beute ja nicht eine<br />

leichtgewichtige Maus, sondern ein<br />

ausgewachsenes Mannsbild, wenn auch<br />

alles andere als übergewichtig.<br />

Wer hätte für diese allein schon luftfahrtechnisch<br />

bedingte enge Tuchfühlung<br />

kein Verständnis? Zugegeben, das<br />

Bild stimmt nicht ganz. Von Tuch kann<br />

eigentlich keine Rede sein. Der Adler,<br />

der natürlich – man hat es längst erraten<br />

– Zeus höchstpersönlich war, hatte<br />

ein Gefieder und Ganymed war nackt,<br />

wenn man der bildenden Kunst Glau­<br />

FOTO: FOTOLIA CARA-FOTO<br />

10 <strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong>


Göttervater Zeus: Hatte er ein Auge auf den Jüngling Ganymed geworfen?<br />

ben schenken will. Aber: Es gab todsicher<br />

keine Pflicht für die Schafhüter der<br />

antiken Welt, ihre Aufsichtspflicht über<br />

die Tiere ohne Klamotten zu erfüllen.<br />

«Dem Gott war<br />

nichts Menschliches<br />

fremd, auch nicht<br />

die Liebe zum eigenen<br />

Geschlecht.»<br />

Hitzegefühle<br />

Könnte es sein, dass dem Ganymed<br />

ganz einfach ein bisschen heiss gewesen<br />

war und er deshalb seine wetterfeste<br />

Kleidung abgelegt hatte, in der<br />

Annahme, er sei unbeobachtet? Animierte<br />

diese Situation Zeus zum Zupacken?<br />

Naheliegender ist, dass sich die<br />

Malerei eine aerodynamische Ursache<br />

zunutze machte, um die Eindringlichkeit<br />

der Szene vorzuführen. Auf vielen<br />

Darstellungen ist das Tuch zwar noch<br />

vorhanden, verflüchtigt sich aber zusehends.<br />

Dem jungen Mann fallen seine<br />

Hüllen durch den ganz offensichtlich<br />

rasanten Auftrieb ab. Es sieht fast so<br />

aus, als habe jener, der mit ihm emporschoss,<br />

nicht warten können auf ein<br />

erstes Schäferstündchen.<br />

Wie auch immer: Für den Blitzeschleuderer<br />

und Donnergroller stand<br />

schnell fest: «Mit dir will ich mehr als<br />

ein Stündchen, Schäfer.» Er schwang<br />

sich mit seiner süssen Last auf den<br />

Olymp und beschied dort dem Erdling:<br />

«Da bleibst du jetzt. Bei mir.»<br />

Ihn kümmerte nicht, ob sein irdischer<br />

Liebling bereits eine Liebschaft<br />

hatte. Ob er seinen Eltern und Geschwistern<br />

verbunden war und nun,<br />

ohne überhaupt gefragt worden zu sein,<br />

sich mit der Aussicht vertraut machen<br />

musste, für alle Ewigkeit von der Familie<br />

getrennt zu sein. Gut vorstellbar,<br />

dass Ganymed auch ganz einfach einmal<br />

von Tag zu Tag hatte leben wollen,<br />

ohne sich um das Morgen zu sorgen –<br />

ein Recht von Zwanzigjährigen.<br />

«Zeus besah sich<br />

also den Ganymed<br />

und wusste: Den<br />

will ich haben.»<br />

Zeus jedoch sprach ein Machtwort. Zeus<br />

schaffte vollendete Tatsachen. Götter<br />

machten das. Göttinnen auch. Besonders,<br />

wenn ihr Triebleben, dem sie merkwürdigerweise<br />

ebenso ausgeliefert waren<br />

wie die Menschen, durcheinander<br />

war. Eos, die Göttin der Morgenröte,<br />

deren Ressort darin bestand, den Aufgang<br />

der Sonne anzukündigen, war eine<br />

Meisterin von Liebesentführungen. Sie<br />

sah natürlich von ihrem Wagen aus, mit<br />

dem sie am Himmel ihre Bahn zog,<br />

zuhauf junge Männer auf der Erde.<br />

<strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong> 11


Serie | Homosexualität in Geschichte<br />

und Literatur<br />

Bei Tithonos lief ihr die Sache aus<br />

dem Ruder: Sie holte ihn, ebenfalls ungefragt,<br />

zu sich und erreichte für ihn<br />

Unsterblichkeit. Aber dass sie gleichzeitig<br />

auch um die ewige Jugend für ihn<br />

hätte bitten sollen, vergass sie – und<br />

so geschah, wovor wir alle so entsetzlich<br />

Angst haben und immer wieder<br />

auf ein Wundermittel hoffen: Tithonos<br />

wurde älter und älter, schrumpfte<br />

und schrumpfte, bis er nur noch eine<br />

zirpende Grille war. Begreiflich, dass<br />

unter diesen Umständen an Sex nicht<br />

mehr zu denken war. Unsterblich wie er<br />

war, durchlebte er die Hölle im Himmel.<br />

Kabinettsumbildung<br />

Zeus wäre das nie passiert. Ganymed<br />

hatte in dieser Beziehung verdammt<br />

viel Glück. Und dann machte der oberste<br />

aller Göttinnen und Götter Nägel mit<br />

«Mit dir will ich mehr<br />

als ein Stündchen,<br />

Schäfer.»<br />

Köpfen und vergoldete dem jungen<br />

Mann zumindest den Käfig. Zeus benützte<br />

den Neuzugang auf dem Olymp<br />

für eine kleine Kabinettsumbildung, die<br />

seiner Ansicht nach ohnehin längst fällig<br />

gewesen war. Er entliess Hebe, die<br />

eigene Tochter, aus ihrer Schlüsselstellung<br />

als Mundschenkin der Unsterblichen,<br />

beförderte sie weg auf den Posten<br />

der Göttin der Jugend und ernannte<br />

Ganymed zu ihrem Nachfolger. So hatte<br />

er ihn permanent um sich. Immerhin:<br />

Er schuf nicht einen Posten für seinen<br />

Günstling, sondern setzte einen Günstling<br />

in ein schon bestehendes Amt ein,<br />

was ökonomisch sparsamer ist und<br />

auch im Management des 21. Jahrhunderts<br />

noch vorkommen soll.<br />

Zeus’ Gattin Hera, die Mutter von<br />

Hebe, war damit ganz und gar nicht einverstanden.<br />

<strong>Die</strong> unermüdliche Sprungkraft<br />

ihres Gatten war Sprengkraft für<br />

Direkt am See beim Zürcher Bürkliplatz:<br />

Der nackte Hirtenjunge Ganymed mit<br />

dem Adler, der ihn als Zeus im Olymp<br />

verführen wird.<br />

ihre Ehe und hatte schon unzählige<br />

Male ihre Eifersucht auflodern lassen.<br />

Ob Hebes Nachfolger als Mundschenk,<br />

als Verantwortlicher für die<br />

göttliche Nahrung, für Nektar und Ambrosia,<br />

ausgelastet war? Oh, das wollte<br />

Zeus gar nicht. Ganymed sollte nicht<br />

Stress haben, jedenfalls nicht Stress<br />

durch Arbeit. Ob Zeus schon bei Tisch<br />

dachte: «Oh Mundschenk, deinen Mund<br />

schenk meinen Lippen …»?<br />

Der Gespiele eines bärtigen älteren<br />

Mannes zu sein, war jetzt Ganymeds<br />

Zukunft. Er kehrte nie zur Erde zurück.<br />

Zeus verewigte ihn – als Sternbild<br />

Wassermann ist er am Himmel auch in<br />

der Gegenwart sichtbar, sinnigerweise<br />

mit dem Sternbild Aquila an seiner<br />

Seite: Aquila, dem Adler. Dem Wassermann<br />

ist wie den Sternzeichen Zwillinge<br />

und Waage die Luft zugeordnet – und<br />

«luftig» wurde Ganymed ja durch Zeus<br />

in der Verkörperung des Adlers.<br />

«Oh Mundschenk,<br />

deinen Mund schenk<br />

meinen Lippen …»<br />

Einziger Mann<br />

Aber es gibt noch andere Himmelskörper,<br />

die an diesen Sagenstoff gemahnen.<br />

Sie finden sich in unserem<br />

Sonnensystem: der Planet Jupiter, das<br />

römische Pendant von Zeus, und seine<br />

vier <strong>grosse</strong>n Monde. Io heisst der<br />

eine, benannt nach einer Geliebten des<br />

Zeus, Europa der zweite, benannt nach<br />

einer Geliebten des Zeus, Kallisto, der<br />

äus serste der vier, benannt nach einer<br />

Geliebten des Zeus, und: Ganymed, mit<br />

einem Durchmesser von etwas über<br />

5200 Kilometern der grösste Mond<br />

überhaupt im Sonnensystem, benannt<br />

nach – einem Geliebten des Zeus. Zeus,<br />

immer wieder Zeus.<br />

Er stand auf Ganymed, den ewig<br />

Jungen mit der straffen, glatten Haut,<br />

aber ein Raumfahrer des Planeten Erde<br />

wird kaum je auf Ganymed stehen,<br />

dem Jupitermond. Aber jener Ganymed<br />

ist mit seinen Verkraterungen,<br />

seinen Vertiefungen und Erhebungen,<br />

seinen Spalten und Falten, seinen Verwerfungen<br />

und Narben ein Symbol für<br />

den menschlichen Körper, auf dem das<br />

Leben seine Spuren eingräbt und einbrennt<br />

und der mit seiner Endlichkeit<br />

zurecht kommen muss.<br />

<strong>Cruiser</strong>-Serie: Homosexualität<br />

in Geschichte<br />

und Literatur<br />

Mehr oder weniger versteckt findet sich<br />

das Thema der Männerliebe in der Weltge<br />

schichte, in antiken Sagen und traditionellen<br />

Märchen – in der Literatur<br />

ganz allgemein immer wieder. Der<br />

<strong>Cruiser</strong>-Journalist Alain Sorel greift<br />

einzelne Beispiele heraus und stellt diese<br />

in zeitgenössische Zusammenhänge.<br />

Historisch korrekt, aber aus eindeutiger<br />

Perspektive …<br />

Den Auftakt bildet die griechische Sage<br />

um den nackten Hirtenjüngling Ganymed,<br />

auf den Zeus als oberster Chef<br />

der Götter mehr als ein Auge geworfen<br />

hat – und dem die Stadt Zürich 1952<br />

an prominenter Lage auf der Bürkliterrasse<br />

1952 eine Statue gewidmet hat.<br />

FOTO: FOTOLIA-THOMAS ANDRI<br />

12 <strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong>


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Serie | Mannsbild – Berufsbild<br />

Unschwule Berufe:<br />

Der Maschinenbauer<br />

Text: Thomas Borgmann<br />

In technischen Unternehmen haben meist Männer das Sagen. Schwule<br />

haben da manchmal keinen leichten Stand. <strong>Die</strong>se Erfahrung hat<br />

auch Frank gemacht. Verstecken will sich der Maschinenbauingenieur<br />

trotzdem nicht.<br />

Nicht nur in seiner Berufswahl widerspricht<br />

Frank dem landläufigen Klischee,<br />

das manche Non-Homos noch<br />

«<strong>Die</strong> Homoquote in<br />

meinem beruflichen<br />

Umfeld ist erschreckend<br />

gering.»<br />

Mann, Macho, Muskelpaket:<br />

Wie viel Männlichkeit braucht<br />

ein Mann?<br />

immer von Schwulen pflegen. Auch<br />

Outfit und Auftreten des 53jährigen<br />

Maschinenbauingenieurs sind zu unschrill<br />

und parodieresistent, um sich in<br />

Filmen wie «Traumschiff Surprise» oder<br />

in einem Ralf-König-Comic wiederzufinden.<br />

Ganz normal und unspektakulär<br />

eben, und so sieht Frank sich und<br />

seine Berufswahl auch. Dabei ist ihm<br />

durchaus bewusst, dass er als Maschinenbauingenieur<br />

in der schwulen Welt<br />

einen Exotenstatus hat. Nicht nur die<br />

Homoquote in seinem beruflichen Umfeld<br />

ist erschreckend gering – nur von<br />

einem schwulen Kollegen aus dem Einkauf<br />

weiss er –, selbst Frauen gehören<br />

in seiner Abteilung zu einer Minderheit.<br />

Und auch während seines Studiums traf<br />

er bestenfalls auf zwei Kommilitonen,<br />

die wie er auf Männer stehen.<br />

Auch wenn sich Frank beruflich also<br />

am «anderen Ufer» mit heterosexueller<br />

Dominanz bewegt, hat er keine Probleme<br />

mit Kollegen und Vorgesetzten in<br />

seinem Job. Gleich im Bewerbungsgespräch<br />

hat er bei der Frage nach seinem<br />

Familienstand an seiner sexuellen<br />

Orientierung keinen Zweifel gelassen.<br />

«Wenn das Probleme gemacht hätte,<br />

hätte ich die Stelle nicht angetreten»,<br />

betont er. «Kein Job in der Welt ist es<br />

wert, dass man sich verleugnet oder<br />

versteckt». Was nicht heisst, dass er seine<br />

Sexualität zum Dauerthema macht.<br />

Nur will er eben bei Kantinen- und<br />

Pausengesprächen über Freizeit und<br />

Ferien keine Pseudopartnerin erfinden<br />

FOTOS: FRANK PAPE


Frauen sind in Franks Umfeld<br />

eine Minderheit.<br />

oder um den heissen Brei herumreden.<br />

<strong>Die</strong>se Selbstverständlichkeit, mit der er<br />

als schwuler Mann im Job auftritt, ist<br />

auch ein Grund dafür, warum ihn hier<br />

jeder akzeptiert. Mehr Konfliktstoff unter<br />

Kollegen provozierte er da schon mit<br />

der Durchsetzung eines Rauchverbots<br />

am Arbeitsplatz – zu Zeiten, als noch<br />

nicht das Gesetz die Sache regelte.<br />

Rechtswidriger Rauswurf<br />

Das allerdings war nicht immer so. Als<br />

Frank vor elf Jahren zur Jubiläumsfeier<br />

seines damaligen Arbeitgebers seinen<br />

Partner mitbrachte, lag kurz danach die<br />

Kündigung auf seinem Tisch. «Natürlich<br />

war Homosexualität nicht der offizielle<br />

Grund für die Entlassung. Doch<br />

eine Kollegin aus der Personalabteilung<br />

bestätigte später, was ich ohnehin vermutete.»<br />

Der Partner mit gleichem Geschlecht<br />

war für die Geschäftsleitung<br />

nicht akzeptabel. Dagegen hätte er klagen<br />

können. Aber in so einem Unternehmen<br />

wollte er ohnehin nicht länger<br />

bleiben.<br />

«Als Frank vor elf Jahren<br />

zur Jubiläumsfeier<br />

seines damaligen Arbeitgebers<br />

seinen Partner<br />

mitbrachte, lag kurz danach<br />

die Kündigung auf<br />

seinem Tisch.»<br />

Frank beschäftigt sich auch<br />

in seiner Freizeit mit Technik.<br />

Das aber blieb eine einmalige Erfahrung.<br />

Sein jetziger Arbeitgeber, ein<br />

Hersteller für Industrielaser, ist aus einem<br />

universitären Forschungsprojekt<br />

entstanden und pflegt mit einem hohen<br />

Migrantenanteil und eher lässigem Umgang<br />

einen toleranteren Stil. Als Konstrukteur<br />

berechnet und entwirft Frank<br />

am Computer die Geräte, die später in<br />

<strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong> 15


Serie | Mannsbild – Berufsbild<br />

Technik und Forschung zum Einsatz<br />

kommen. Eigentlich kommt das seinem<br />

Traumjob vom Konstrukteur schon<br />

«Kein Job in der Welt<br />

ist es wert, dass man<br />

sich verleugnet oder<br />

versteckt.»<br />

ziemlich nahe, wenngleich sein Talent<br />

als Bastler und Tüftler in der Routine etwas<br />

untergeht. Zum Ausgleich schraubt<br />

er in seiner Freizeit an Autos und Motorrädern.<br />

Seine Lust auf Technik zeigte<br />

sich schon in frühen Jahren. Wenn die<br />

anderen Kinder auf dem Karussell ihre<br />

Runden drehten, legte er sich lieber darunter.<br />

Er wollte einfach begreifen, wie<br />

das funktioniert.<br />

Ist Frank also der eindeutige Beleg<br />

dafür, dass Schwule und Technik sehr<br />

wohl kompatibel sind? «Auf jeden Fall<br />

geht das zusammen», so Frank, allerdings<br />

ist auch seine Erfahrung, dass<br />

diese Kombination eher selten ist.<br />

«Viele Schwule haben tatsächlich kein<br />

besonders ausgeprägtes technisches<br />

Gefühl und sind schlechte Autofahrer,<br />

weil sie die technischen Abläufe nicht<br />

erfassen», so sein Eindruck. Sein damaliger<br />

Partner habe ihn manchmal selbst<br />

beim Tanken zu Hilfe gerufen, sagt er<br />

lachend. Auch wenn er mit schwulen<br />

Freunden auf dem Motorrad seine Runden<br />

dreht, geht es vielen wohl mehr um<br />

die Atmosphäre als um die Freude am<br />

Fahren. Und wenn unterwegs einer dabei<br />

auf der Strecke bleibt, ist klar, wer<br />

die Maschine wieder startklar kriegen<br />

muss. Da zeigt sich dann schnell, dass<br />

nicht hinter jedem schwulen Bikerprofil<br />

auch ein guter Schrauber steckt.<br />

Du hast einen Beruf, der nicht dem gängigen<br />

Klischee entspricht? Wir berichten<br />

gerne darüber! Melde dich direkt bei<br />

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Im <strong>April</strong> heisst es: einen Monat lang<br />

kein Risiko eingehen. Und im Mai zum<br />

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Warum? Um die Anzahl der<br />

Neuinfektionen zu senken und so den<br />

Sex sicherer für alle zu machen.<br />

Risikocheck und Infos unter<br />

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Kolumne | Pia Spatz<br />

So sieht Pia<br />

die Welt<br />

Text: Pia Spatz<br />

Pia hat sich wieder gut in der Schweiz eingelebt<br />

und überlegt sich bereits, wie sie in Schönheit<br />

sterben könnte, ohne ihren Astralkörper dabei<br />

zu vernachlässigen.<br />

Ihr Lieben, seit geraumer Zeit weile<br />

ich wieder in helvetischen Gefilden und<br />

muss sagen, dass es mich reizt, wieder<br />

ausser Landes zu gehen – weil das Zurückkommen<br />

so schön ist! Bei quasi jeder<br />

Bar, Disco oder Sauna legt man mir<br />

den roten Teppich aus, was doch zusammengefasst<br />

eine beachtliche Strecke ergibt<br />

– auf High Heels erst recht. Sicher<br />

warten oft einige hinter der Absperrung<br />

darauf, dass sich mein wunderschönes<br />

Armani-Cape mit meinem Deuxpièces<br />

verfängt und ich rücklings auf den<br />

Allerwertesten falle (einer guten Freundin<br />

übrigens passierte das neulich), aber<br />

zur Hölle mit den Hatern. Nichts kann<br />

mich aufhalten, ich lebe für die Liebe<br />

und werde in Schönheit sterben – um<br />

ganz sicher zu gehen, nehme ich am<br />

nächsten «Checkpoint im Gespräch» teil,<br />

da wird nämlich über Schönheits-OPs<br />

gesprochen. Wie weit kann ich gehen?<br />

Ist Botox nur die Einstiegsdroge? Was<br />

passierte mit dem Gesicht von René<br />

Zellweger?<br />

Ansonsten gibt’s ja noch edles Geschmeide,<br />

um sich optisch aufzuwerten.<br />

Im Namen der «Break The Chains»-Kampagne<br />

habe ich mich sozusagen zur<br />

Schmuckbotschafterin ernannt. Ich verteile<br />

jetzt nebst Informationen, Charme,<br />

Küsschen und Sugus auch Gummibändlis,<br />

zwei verschiedene Farben, denn<br />

wenn ich etwas in den Staaten gelernt<br />

habe, ist es, dass die (schwule) Welt<br />

zweigeteilt ist – Top und Bottom bzw.<br />

aktiv und passiv. Blümchen-Sexler bilden<br />

dabei die Ausnahme, welche die Regel<br />

bestimmt. Da die Sache mit dem farbigen<br />

Fetzen in der hinteren Hosentasche<br />

heutzutage modisch ein absolutes No-<br />

Go ist und nicht entfernt ein Klum-Foto<br />

geben würde, sind nun eben die Gummibändli<br />

gefragt. Ich teile damit meine<br />

Schäfchen ganz von mir aus und ohne<br />

zu fragen ein, ob ich sie mir bei der<br />

Missio narsstellung lieber gen Himmel<br />

schauend oder eben umgekehrt vorstelle.<br />

Ein bisschen Spass erlaube ich mir ja,<br />

wenn ich so für die gute Sache durch die<br />

Nacht stolpere. Im Grunde wisst ihr<br />

doch, worum es geht: Im <strong>April</strong> kein Risiko<br />

eingehen, und im Mai gehen wir<br />

dann alle zusammen zum Test, aber ich<br />

erinnere euch gerne wieder …<br />

Am Ende dreht sich sowieso alles um<br />

Sex – bekanntlich auch beim Sport. Ich<br />

persönlich spiele ja Minigolf, um meinen<br />

Astralkörper wieder ins Gleichgewicht<br />

zu bringen. Immerhin habe ich<br />

selbst ein ganzes eigenes Minigolfterrain<br />

und ich betreibe Minigolf, wie<br />

übrigens das Laufen, auf hohen Hacken.<br />

Übrigens beim Sport hat Homophobie<br />

nun wirklich nichts mehr zu suchen. Da<br />

hilft mir und anderen wichtigen Vertretern<br />

des Sports das neue Merkblatt,<br />

das «Pink Cross» zusammen mit «Swiss<br />

Olympics» ausgearbeitet hat: Rote Karte<br />

gegen Homophobie im Sport. Könnt ihr<br />

übrigens auf der Website www.pinkcross.ch<br />

runterladen. Ah, ihr seid nicht<br />

so sportlich wie ich? <strong>Die</strong> Ratschläge<br />

nützen auch dann, wenn man(n) beim<br />

Proseccotrinken blöd angemacht wird.<br />

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FOTO: FOTOLIA-WERNERIMAGES


Ratgeber Aids-Hilfe | Dr. Gay<br />

Dr. Gay<br />

HIV-Ansteckungsgefahr<br />

auch,<br />

wenn beide Partner<br />

gesund sind?<br />

Lieber Dr. Gay<br />

Wie ist das, wenn man ungeschützten<br />

Sex hat und es beim Analverkehr<br />

zu Kontakt mit Sperma kommt? Ist das<br />

gefährlich, wenn beide Partner gesund<br />

sind? Was ist mit Sperma im Mund? Und<br />

wie sieht es beim Rimming aus? Kann ich<br />

mir da irgendwelche Krankheiten holen?<br />

Danke schon mal für deine Antwort.<br />

Andreas, 40<br />

Hallo Andreas<br />

Das Virus weitergeben kann nur, wer<br />

es auch in sich trägt. Wenn ihr beide<br />

sicher HIV-negativ seid, besteht kein<br />

Risiko. Ist der HIV-Status allerdings<br />

unbekannt, oder einer von euch ist<br />

HIV-positiv und nicht unter wirksamer<br />

antiretroviraler Therapie (ART), ist<br />

ungeschützter Analverkehr mit Sperma<br />

im Darm ein <strong>grosse</strong>s HIV-Risiko.<br />

Auch Sperma im Mund kann ein Risiko<br />

sein, gerade bei Frischinfizierten<br />

in der Primoinfektionsphase. Wenn du<br />

den Serostatus deines Partners nicht<br />

kennst, halte dich am besten an die Safer-Sex-Regeln:<br />

Geschlechtsverkehr nur<br />

mit Kondom, kein Sperma in den Mund.<br />

Solltest du unsicher sein, mache den Risikocheck<br />

auf www.breakthechains.ch.<br />

Lecken am After, das sogenannte Rimming,<br />

ist bezüglich HIV ungefährlich.<br />

Man kann sich dabei aber mit anderen<br />

sexuell übertragbaren Krankheiten (STI)<br />

anstecken. Hier ist es gut, wenn du auf<br />

deinen Körper achtest, und im Falle<br />

von Ausfluss, Juckreiz oder Brennen<br />

sofort zum Arzt gehst. <strong>Die</strong> meisten STI<br />

sind gut behandelbar, wenn sie frühzeitig<br />

erkannt werden. Zudem ist eine<br />

Impfung gegen Hepatitis A und B sehr<br />

empfehlenswert. Weitere Informationen<br />

über STI findest du auf www.drgay.ch.<br />

Alles Gute, Dr. Gay<br />

Wie weiss ich,<br />

ob er auch in mich<br />

verliebt ist?<br />

Lieber Dr. Gay<br />

Ich habe jemanden kennengelernt, den<br />

ich bereits vier Mal getroffen habe. Beim<br />

letzten Mal hat er mir gesagt, er sei sich<br />

nicht sicher, ob für ihn nur Freundschaft<br />

oder mehr in Frage kommt. Ich habe<br />

dann meinen ganzen Mut zusammen genommen<br />

und ihn beim Abschied einfach<br />

geküsst. Jetzt weiss ich nicht, wie ich<br />

weiter reagieren soll, denn er schreibt<br />

mir nie von sich aus. Er sagte aber, dass<br />

er es toll findet mit mir. Soll ich ihm<br />

schreiben oder wirkt das zu aufdringlich?<br />

Wie soll ich vorgehen?<br />

Patrick, 19<br />

Hallo Patrick<br />

Mit der Liebe ist das so eine Sache. Es<br />

gibt leider kein Patentrezept. Am besten<br />

ist es, wenn du ihm zu verstehen<br />

gibst, was du von ihm erwartest. Zum<br />

Beispiel, indem du ihm sagst, dass du<br />

dir eine Beziehung mit ihm vorstellen<br />

kannst. Nur so kannst du erfahren, woran<br />

du bist. Erwarte aber nicht zu viel.<br />

Versuche, möglichst neutral an die Sache<br />

heranzugehen. Seine Bemerkung,<br />

dass er sich unsicher ist, ob nur eine<br />

Freundschaft oder eben doch mehr<br />

möglich ist, und die Tatsache, dass er<br />

sich nie meldet, kann vieles bedeuten.<br />

Vielleicht hat er kein Interesse, vielleicht<br />

ist er aber auch nur schüchtern.<br />

Darum wäre es gut, Nägel mit Köpfen<br />

zu machen. Gerade weil du ihn sehr<br />

magst, scheint es mir wichtig, dass du<br />

Klarheit schaffst.<br />

Alles Gute, Dr. Gay<br />

Eine <strong>Die</strong>nstleistung der Aids-Hilfe Schweiz<br />

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Kolumne | Michi Rüegg<br />

<strong>Die</strong> alte und die<br />

neue Weiblichkeit<br />

Text: Michi Rüegg<br />

In der Schweizer Werbung wird unterschieden<br />

zwischen der Ära vor Melanie<br />

Winiger und derjenigen mit Melanie<br />

Winiger. Im Moment begegnet uns Ex-<br />

Frau-Stress in jedem Werbeblock. Bei<br />

Swisscom findet sie, sie sei nicht normal,<br />

und wir sehen uns genötigt, ihr<br />

beizupflichten. Bei irgendeinem Anbieter<br />

von Nahrungsergänzungspulver<br />

versichert uns Melanie Winiger, sie fände<br />

das gut. Ich erinnere mich, wie sie<br />

einst Aushängeschild der italienischen<br />

Fummelkette «Oviesse» war. <strong>Die</strong> Marke<br />

ging hierzulande innert Kürze mit wehenden<br />

Fahnen unter, jetzt sieht man<br />

an den einstigen Oviesse-Standorten<br />

C&A-Läden. Und für den WC-Hersteller<br />

«Ich habe mir damals umgehend<br />

Melanie Winiger im<br />

Frauenknast vorgestellt und<br />

erschrak, wie gut sie dort<br />

hineinpassen würde.»<br />

«Geberit» schwärmte Melanie Winiger<br />

von den Dusch-WCs, deren sanfter<br />

Wasserstrahl ihre Rosette reinigt.<br />

Ich bin Melanie Winiger einmal<br />

persönlich begegnet, und sie war sehr<br />

nett. Ich habe nichts gegen Melanie<br />

Winiger als Mensch. Aber ich kann die<br />

Figur Melanie Winiger nicht ausstehen.<br />

Entsprechend gross war meine Freude,<br />

als sie nach der Stinkefinger-Attacke<br />

auf die Stadtpolizei Ärger bekam. Ich<br />

habe mir damals umgehend Melanie<br />

Winiger im Frauenknast vorgestellt und<br />

erschrak, wie gut sie dort hineinpassen<br />

würde. In «Orange Is The New Black»<br />

auf Netflix, der derzeit aktuellsten<br />

Frauenknast serie, kommen Melanie­<br />

Winiger-ähnliche Charaktere vor.<br />

Einer der Gründe, weshalb ich<br />

Melanie Winiger nicht mag, ist der, dass<br />

sie nicht wirklich eine Frau ist. Sie ist<br />

ein Mann in einem <strong>grosse</strong>n, schlanken<br />

Frauenkörper. Ihre raue Stimme, die nur<br />

noch von ihrer Art übertroffen wird,<br />

hat so gar nichts Weibliches an sich.<br />

Nun könnte man meinen, ich müsste<br />

sie gerade deshalb toll finden. Doch das<br />

Gegenteil ist der Fall. Heterosexuelle<br />

Frauen behalten nur dann einen letzten<br />

Rest Attraktivität für mich, wenn sie<br />

eine üppige Weiblichkeit ausstrahlen.<br />

Üppig im charakterlichen Sinne, nicht<br />

zwingend im körperlichen. Wenn ich<br />

Melanie Winiger zuhöre, flashen Bilder<br />

von damals auf. Von sportlichen, beliebten<br />

Mitschülern, die mir die Pubertät<br />

zur Hölle werden liessen. «Bullies»<br />

heissen die auf Englisch. – Irgendwie<br />

ist Melanie Winiger seelenverwandt mit<br />

dem kollektiven Rüpel-Teenager.<br />

Interessanterweise fand ich Frauen<br />

immer nur spannend, wenn sie relativ<br />

kurz vor der Menopause standen. <strong>Die</strong><br />

reife, gut erhaltene und gepflegte Frau<br />

wäre die einzige, mit der ich tatsächlich<br />

unter gewissen Einflüssen die Männerwelt<br />

zu betrügen imstande wäre. Ob<br />

hier ödipale Momente eine Rolle spielen,<br />

will ich nicht kommentieren. Ich<br />

mag meine Mutter, wollte aber nie wieder<br />

dorthin zurück, wo ich mich neun<br />

Monate gelangweilt habe. So viel steht<br />

fest.<br />

Mein zweiter Mann war von älteren<br />

Damen dermassen angetan, dass er sich<br />

schwor, selber eine zu werden. Im Alter<br />

wollte er sich einer Geschlechtsumwandlung<br />

unterziehen. Er begründete<br />

diese Absicht damit, dass es viel lustiger<br />

sei, eine alte Dame zu sein als ein<br />

alter Mann. Tatsächlich wirken alte<br />

Männer grau und langweilig – alte Damen<br />

jedoch wie ein frisch bepflanztes<br />

Blumenbeet. Als alte Dame kann man<br />

Nilkreuzfahrten machen, stundenlang<br />

bei Patisserie im Salon de Thé plaudern<br />

und sich aufwendige Frisuren machen<br />

lassen. Man darf laut und lustig sein.<br />

Wenn man als alter Mann laut und lustig<br />

ist, gilt man als geistig verwirrt. Alte<br />

Männer erinnern mich immer irgendwie<br />

an das München der 30er-Jahre. Alte<br />

Frauen hingegen an den Geruch hochwertiger<br />

englischer Handseifen.<br />

Ich bin geneigt, dem Vorbild meines<br />

zweiten Mannes zu folgen und während<br />

meines Lebensabends die Damentoilette<br />

aufzusuchen. Als ersten Schritt<br />

habe ich mein Facebook-Geschlecht<br />

aufgeweicht. Allerdings geht das nur,<br />

wenn man die Sprache auf US-Englisch<br />

ändert. Wer UK-Englisch liest<br />

und schreibt, muss zwingend Mann<br />

«Tatsächlich wirken<br />

alte Männer grau und langweilig<br />

– alte Damen jedoch<br />

wie ein frisch bepflanztes<br />

Blumenbeet.»<br />

oder Frau sein. Doch selbst nach der<br />

Sprach umwandlung blieben mir die<br />

von Facebook angekündigten 58–71<br />

verschiedenen Gender­ Optionen verborgen.<br />

Anstatt aus einer Liste auszuwählen,<br />

soll man sich selber definieren.<br />

Ich habe nun «male-like» reingeschrieben.<br />

Das scheint mir einerseits meinen<br />

derzeitigen Zustand angemessen zu beschreiben,<br />

lässt aber andererseits Raum<br />

für künftige Entwicklungen.<br />

Vielleicht wird Facebook eines Tages<br />

auch hierzulande Dutzende verschiedener<br />

Geschlechter akzeptieren. Eines davon<br />

könnte «Melanie Winiger» heissen.<br />

Man wüsste, was gemeint wäre.<br />

<br />

20 <strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong>


Kommentar | Adoption<br />

Kommentar: Es geht um<br />

die Adoption<br />

Text: Dani Diriwächter<br />

«Meine Damen und Herren, es geht um<br />

die Liebe», so alt Bundesrätin Ruth<br />

Metzler vor zehn Jahren anlässlich<br />

einer Medienorientierung zum Partnerschaftsgesetz<br />

für gleichgeschlechtliche<br />

Paare. Dass die Gesellschaft die Liebe<br />

und sich selbst gerne in Klassen<br />

einstuft, war schon damals bittere<br />

Realität, doch Lesben, Schwule und<br />

Bisexuelle wollten einen Fortschritt –<br />

und bekamen ihn. 58 Prozent der Wähler<br />

stimmten für die «Ehe light». Gott<br />

weiss, wir haben danach versucht, die<br />

«Verpartnerung» so zu gestalten wie<br />

eine Hochzeit, um am Ende die Gewissheit<br />

zu haben, dass etwas fehlt; dass<br />

die Homo-Ehe eben keine echte Ehe ist.<br />

Deswegen entflammt heute die gleiche<br />

Diskussion wie damals.<br />

<strong>Die</strong> Grünliberale Fraktion reichte die<br />

parlamentarische Initiative «Ehe für<br />

alle» ein – sie ist auf gutem Kurs. <strong>Die</strong><br />

Rechtskommission des Nationalrats hat<br />

sie gutgeheissen. Seither machen die<br />

Gegner, oftmals alte Bekannte, wieder<br />

mobil. In all den Diskussionen, die in<br />

diversen Medien stattfanden und -finden,<br />

blitzte eine etwas «unbequeme<br />

Wahrheit» für die Gegner und vielleicht<br />

auch für die Befürworter auf. Denn<br />

nicht die Ehe lässt die Gemüter erhitzen.<br />

Des Pudels Kern ist ein anderer.<br />

Denn, meine Damen und Herren, es<br />

geht um die Adoption. Das letzte Recht,<br />

dass sich die LGBT-Community erkämpfen<br />

will, die letzte Bastion, welche<br />

die Gegner bis aufs Blut verteidigen.<br />

<strong>Die</strong> Initiative «Ehe für alle» würde auch<br />

die Adoption ermöglichen, ohne Wenn<br />

und Aber. Seltsam die Argumente der<br />

Gegner, etwa, dass ein Kind den Vater<br />

und die Mutter braucht. Sind denn<br />

Kinder ohne Vater und / oder Mutter<br />

nichts wert? Oder, dass die Kinder in<br />

der Schule gehänselt würden. Wir wissen:<br />

In der Schule kann jeder gehänselt<br />

werden, der aus dem Rahmen fällt, da<br />

braucht es keine homosexuellen Eltern.<br />

Oder die ganz abstruse Vorstellung,<br />

dass Schwule und Lesben die Kinder<br />

homosexuell machen würden. Hinter<br />

den Argumenten steckt viel Angst.<br />

Ausserdem wird der Eindruck erweckt,<br />

dass eine Adoption eine einfache Angelegenheit<br />

sei, was nicht der Fall ist.<br />

Selbst in der Community ist die Adoption<br />

nicht unumstritten, doch es geht<br />

darum, dass alle Menschen die gleichen<br />

Rechte haben dürfen. <strong>Die</strong>ser Idee darf<br />

man sich doch hingeben, nicht?<br />

Schliesslich geht es am Ende doch um<br />

die Liebe.<br />

Dani Diriwächter<br />

Stv. Chefredaktor<br />

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News | National<br />

Nationale News<br />

Text: Daniel Diriwächter<br />

«Homosexuelle sind in der Schweiz bereits sehr gut<br />

akzeptiert. Auch ich habe übrigens nichts gegen euch.»<br />

{ }<br />

SVP-Nationalrätin Verena Herzog im Interview mit «20Minuten»<br />

Bern<br />

Nationalrat<br />

will Homosexuelle<br />

schützen<br />

Das Anti-Diskriminierungsgesetz<br />

soll rechtlich verankert<br />

werden.<br />

44 Staaten in Europa haben bereits<br />

ein Anti-Diskriminierungsgesetz für<br />

LGBT – nicht so die Schweiz. Weswegen<br />

Na tionalrat Reynard Mathias die<br />

parlamentarische Initiative «Kampf gegen<br />

die Diskriminierung aufgrund der<br />

sexuellen Orientierung» einreichte. Mit<br />

103 zu 73 Stimmen bei 9 Enthaltungen<br />

hat der Nationalrat im März der parlamentarischen<br />

Initiative zugestimmt.<br />

Gleichzeitig hat der Nationalrat auch<br />

die Standes initiative des Kantons Genf<br />

mit 102 zu 81 bei 2 Enthaltungen angenommen.<br />

Beide Geschäfte fordern, die<br />

bestehenden Absätze im Artikel 261 bis<br />

des Schweizerischen Strafgesetzbuches<br />

nebst der Rasse, Ethnie, Religion neu<br />

auch mit der sexuellen Orientierung zu<br />

ergänzen. Nun ist der Ständerat gefordert,<br />

dessen Rechtskommission sprach<br />

sich allerdings dagegen aus.<br />

<strong>Die</strong> sexuelle Orientierung hindert niemanden<br />

an seiner sportlichen Leistungsfähigkeit<br />

– die Homophobie aber schon.<br />

<strong>Die</strong> nationale Schwulenorganisation<br />

«Pink Cross» verfasste aus diesem Grund<br />

zusammen mit Swiss Olympic ein Merkblatt,<br />

das für mehr Toleranz im Sport<br />

sorgen soll. Darin werden Coaches und<br />

Leitende über die indirekte sowie die<br />

direkte Homophobie informiert. Unter<br />

indirekter Homophobie versteht man<br />

mündliche und schriftliche Beleidigungen,<br />

die sich generell gegen Homosexuelle<br />

oder Anderssexuelle richten.<br />

Unter der direkten Homophobie hingegen<br />

werden physische, psychische, verbale<br />

und schriftliche Aggressionen und<br />

Gewalt verstanden, die sich direkt an<br />

eine homosexuelle Person richten.<br />

National<br />

Schweiz nur auf<br />

Platz 18<br />

Der Spartacus International Gay<br />

Guide hat seinen aktualisierten<br />

Gay Travel Index für <strong>2015</strong> veröffentlicht.<br />

Emirate, Somalia und Russland Schlusslichter<br />

des Gay Travel Index <strong>2015</strong>. Auch<br />

die Spitzenpositionen des Index bleiben<br />

unverändert: So liegt Schweden auf<br />

Platz 1, zusammen mit Großbritannien,<br />

gefolgt von Belgien, den Niederlanden<br />

und Frankreich, die sich Platz 2 teilen.<br />

<strong>Die</strong> Schweiz liegt nach den Angaben des<br />

Gay Travel Index nur auf Platz 18 von<br />

insgesamt 194 Ländern. Sie teilt sich<br />

diese Position mit Brasilien, Guadelupe<br />

und Martinique.<br />

Den vollständigen Gay Travel Index findest<br />

du unter www.cruisermagazin.ch<br />

Genf<br />

«Der Kreis» ist bester<br />

Schweizer Film<br />

Der Film über Röbi Rapp und<br />

Ernst Ostertag wurde mit vier<br />

Trophäen bedacht. Auch<br />

«Electroboy» gewann in zwei<br />

Kategorien.<br />

Rote Karte gegen<br />

Homophobie im<br />

Sport<br />

«Pink Cross» hat zusammen mit<br />

Swiss Olympic ein Merkblatt für<br />

Coaches und Leitende erstellt.<br />

Der deutsche Reiseführer informiert<br />

bereits seit vielen Jahren über die<br />

rechtliche Situation von Schwulen und<br />

Lesben in diversen Ländern. <strong>Die</strong> Redaktion<br />

steht dabei in regelmässigem<br />

Kontakt zum Auswärtigen Amt, zu den<br />

ausländischen Botschaften in Deutschland<br />

sowie zu LGBT-Aktivisten aus aller<br />

Welt. Wie auch im Jahr zuvor sind u. a.<br />

der Iran, die Vereinigten Arabischen<br />

Sven Schelker ist «Bester Schauspieler»<br />

für den Film «Der Kreis».<br />

FOTOS: PD<br />

22 <strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong>


Zürich<br />

Gleichstellung ohne<br />

Grenzen<br />

Das Motto der diesjährigen<br />

Zürcher «Pride» ist bekannt.<br />

Regisseur Stefan Haupt nimmt den Quartz für den besten Spielfilm entgegen.<br />

«Jetzt erst recht!» lautete das Motto der<br />

«Pride» 2014. Mit diesem Motto wies die<br />

«Zurich Pride» darauf hin, dass in Sachen<br />

Gleichstellung zwar einiges erreicht<br />

wurde, aber noch viel zu tun sei. In diesem<br />

Jahr soll der Faden mit dem neuen<br />

Motto «Gleichstellung ohne Grenzen»<br />

weitergesponnen werden. <strong>Die</strong> «Pride»-<br />

Organisatoren betonen, dass noch immer<br />

ein Kulturkampf tobe und dass Sondergesetze<br />

nicht für eine totale Gleichstellung<br />

ausreichen. Auch wurde durch den<br />

preisgekrönten und weltweit gefeierten<br />

Film «Der Kreis» die Entwicklung Zürichs<br />

einem weltweiten Publikum bekannt –<br />

dieser Schwung soll genutzt werden, um<br />

zu zeigen, dass eine Entwicklung möglich<br />

ist. <strong>Die</strong> «Pride»-Woche findet vom<br />

14. bis 21. Juni statt.<br />

In Genf wurden im März zum achtzehnten<br />

Mal die Schweizer Filmpreise vergeben.<br />

Zwei Filme über Homosexuelle<br />

waren die <strong>grosse</strong>n Abräumer: «Der Kreis»<br />

wurde in vier Kategorien ausgezeichnet<br />

– Stefan Haupt nahm in der Kategorie<br />

«Bester Spielfilm» und zusammen mit<br />

Christian Felix, Ivan Madeo und Urs Frey<br />

in der Kategorie «Bestes Drehbuch» eine<br />

Quartz-Trophäe entgegen. Weitere Trophäen<br />

gab es für Sven Schelker als «Bester<br />

Darsteller» und für Peter Jecklin als<br />

«Beste Darstellung in einer Nebenrolle».<br />

Als «Bester Dokumentarfilm» wurde<br />

«Electroboy» von Marcel Gisler ausgezeichnet.<br />

Der Film über Florian Burkhardt<br />

heimste weiter einen Preis für die beste<br />

Montage ein – Thomas Bachmann darf<br />

den «Quartz» sein eigen nennen.<br />

Der Schweizer Filmpreis wird vom Bundesamt<br />

für Kultur BAK mit den Partnern<br />

SRG SSR und der Association «Quartz»<br />

Genève Zürich realisiert und in Zusammenarbeit<br />

mit Swiss Films, der Schweizer<br />

Filmakademie und den Solothurner<br />

Film tagen organisiert.<br />

National<br />

Ehe für alle<br />

<strong>Die</strong> Rechtskommission des<br />

Nationalrats hat sich für die<br />

Initiative ausgesprochen.<br />

Homosexuelle Paare sollen in der Schweiz<br />

heiraten dürfen: <strong>Die</strong> parlamentarische<br />

Initiative der Grünliberalen Fraktion mit<br />

dem Titel «Ehe für alle» wurde von der<br />

Rechtskommission des Nationalrats gutgeheissen.<br />

Der Entscheid war allerdings<br />

knapp – mit 12 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung<br />

wurde der Vorstoss angenommen.<br />

Mit der Initiative der Grünliberalen Fraktion<br />

wird aber nicht beabsichtigt, den<br />

Kirchen und anderen Religions gemeinschaften<br />

vorzuschreiben, wer bei ihnen<br />

vor den Altar treten darf. Sie bestimmen<br />

dies weiterhin selber. Stimmt nun auch<br />

die Kommission des Ständerates zu, kann<br />

die Nationalratskommission einen Erlassentwurf<br />

ausarbeiten. Da es sich um eine<br />

Verfassungsänderung handelt, hätte das<br />

Volk das letzte Wort. Siehe dazu auch<br />

unseren Kommentar auf Seite 21.<br />

Wahlbarometer der<br />

HAZ<br />

<strong>Die</strong> Homosexuellen Arbeitsgruppen<br />

Zürich befragte auch in<br />

diesem Jahr die zukünftigen<br />

Volksvertreter zu LGBT-Themen.<br />

Auf der Seite www.regenbogenpolitik.ch<br />

erhalten sämtlichen Kandidierenden für<br />

nationale, kantonale und kommunale<br />

Zürcher Wahlen die Möglichkeit, sich zu<br />

aktuellen politischen LGBT-Themen zu<br />

äussern. Für das Frühjahr <strong>2015</strong> wurden<br />

alle Bewerber um einen Sitz im Zürcher<br />

Kantons- bzw. Regierungsrat eingeladen,<br />

sich und Ihre politischen Überzeugungen<br />

den Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans -<br />

menschen und Queers persönlich vorzustellen<br />

und ihre Haltung ausführlich zu<br />

kommentieren. <strong>Die</strong> Zürcher Wähler können<br />

sich ab sofort über die Einstellung<br />

der zukünftigen Volksvertreter informieren.<br />

<strong>Die</strong> Wahlen finden am 12. <strong>April</strong><br />

statt.<br />

<br />

www.regenbogenpolitik.ch<br />

<strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong> 23


News | International<br />

Internationale News<br />

Text: Daniel Diriwächter<br />

«<strong>Die</strong> Gay-Szene ist sehr visualisiert und sexualisiert,<br />

auch Altersdiskriminierung kommt häufig vor:<br />

Wenn Schwule älter sind, werden sie bereits durch<br />

die Art, wie sich die Szene gibt, regelrecht zum<br />

Verschwinden aufgefordert.»<br />

{ }<br />

Sänger Jimmy Somerville (54) im Interview mit Queer.de<br />

Russland<br />

Ikea stoppt<br />

Werbung<br />

Wegen des russischen Homosexuellen-Gesetzes<br />

lässt der<br />

Möbelkonzern eine neue Online-<br />

Broschüre verschwinden.<br />

Ikea, sonst geradezu vorbildlich in<br />

schwullesbischer Werbung, übt sich in<br />

Russland der neuen Rechtslage wegen in<br />

der Selbstzensur. Wie der schwedische<br />

Konzern mitteilte, habe man entschieden<br />

das Journal «Ikea Family Live» nicht<br />

weiter zu veröffentlichen. Als Grund<br />

wird das russische Homosexuellen-<br />

Gesetz genannt, das jede Art von<br />

Homo-Propaganda verbietet. Nach den<br />

Angaben von Ikea zeigte das Journal<br />

aber verschiedene Aspekte des Lebens<br />

zu Hause, unabhängig von Alter, Geschlecht<br />

und sexueller Orientierung.<br />

<strong>Die</strong>s könnte als Werbung für «nichttraditionelle<br />

sexuelle Beziehungen» verstanden<br />

werden.<br />

Italien<br />

Dolce & Gabbana<br />

brüskieren LGBT-<br />

Community<br />

Das schwule Designerpaar hält<br />

nichts von Regenbogenfamilien.<br />

Sie sind Mode-Ikonen, jahrelange Geschäftspartner<br />

und waren sogar einst<br />

ein schwules Paar: Domenico Dolce and<br />

Stefano Gabbana. Derzeit erregt das<br />

Designerpaar weltweit die Gemüter der<br />

LGBT-Community. In einem Interview<br />

mit dem italienischen «Panorama»-Magazin<br />

gaben beide zu Protokoll, dass nur<br />

die traditionelle Familie die einzig wahre<br />

ist. «Das Leben hat seinen natürlich<br />

Verlauf, da gibt es Dinge, die man nicht<br />

ändern sollte», so Domenico Dolce and<br />

Stefano Gabbana. Man halte nichts von<br />

von einer «gemieteten Gebärmutter».<br />

<strong>Die</strong> Fortpflanzung solle weiter ein «Akt<br />

der Liebe» bleiben. LGBT-Organisationen<br />

und prominente Homosexuelle wie<br />

Perez Hilton oder Elton John fühlen sich<br />

brüskiert und sprechen von einer Attacke<br />

gegen Regenbogenfamilien.<br />

Lettland<br />

«EuroPride» in Riga<br />

im Kreuzfeuer<br />

Im stark homophoben Land<br />

versuchen Homo-Gegner die<br />

Parade zu blockieren – «Pink<br />

Cross» verspricht Hilfe.<br />

Im Sommer findet die «EuroPride» in der<br />

lettischen Hauptstadt Riga statt. Das<br />

Gesuch für die Parade wurde im Februar<br />

von MOZAIKA, der lettischen LGBT-<br />

Organisation und Organisatorin vom<br />

Anlass, eingereicht. Doch die Homo-<br />

Gegner versuchen nun mit einer Gesetzes -<br />

lücke den Event zu blockieren. «Pink<br />

Cross» als offizieller Botschafter der «EuroPride»<br />

in der Schweiz und die lettischen<br />

Organisatoren rufen zum Handeln auf.<br />

Mittels einer Medienmitteilung wurde<br />

darauf hingewiesen, dass die Stadtverwaltung<br />

von Riga zwei weitere Gesuche<br />

erhalten habe – exakt für den gleichen<br />

Zeitraum, in dem Umzug stattfinden<br />

soll. Ein Gesuch ist für die Bewilligung<br />

eines Festes, mit dem «die Werte der<br />

Familie» zelebriert werden sollen. Das<br />

andere betrifft einen Anlass, der auf<br />

diverse Laster wie «Rauchen, sexuelle<br />

Abweichungen oder andere Perversionen»<br />

hinweisen will. Für beide Gesuche<br />

zeichnet die homophobe Verbindung<br />

«Antiglobālisti» verantwortlich. Da deren<br />

Veranstaltungen früher am Tag starten,<br />

hat das zur Folge, dass beide den Vorteil<br />

erhalten, an populären Plätzen und<br />

Routen anwesend zu sein. <strong>Die</strong> Stadt Riga<br />

gelangte an das lettische Justizministerium<br />

mit der Anfrage, wie die Stadt in<br />

diesem Fall vorgehen soll. Fortsetzung<br />

folgt.<br />

Deutschland<br />

Rapper legt Homophobie<br />

bloss<br />

Bass Sultan Hengzt provozierte<br />

absichtlich einen schwulenfeindlichen<br />

Shitstorm.<br />

FOTO: ZVG CHATEAU DU POP / K-TEL, BASS SULTAN HENGZT – HOMEWORK EP ARTWORK COVER, ZVG US STATE DEPARTMENT<br />

24 <strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong>


Dass die Rapszene nicht gerade ein Hort<br />

des Friedens ist, weiss man seit geraumer<br />

Zeit. Dessen bewusst ist sich auch der<br />

Rapper Bass Sultan Hengzt. Der Berliner<br />

entschloss sich, auf diesen Missstand<br />

aufmerksam zu machen und postete auf<br />

Twitter das vermeintliche Cover seines<br />

nächsten Albums, das zwei sich küssende<br />

Männer zeigt. Eine gezielte Provokation,<br />

die den Nerv traf. Menschenverachtende<br />

Reaktionen waren die Folge. <strong>Die</strong> deutsche<br />

Webseite www.rap.de, die sich gegen<br />

Schwulenfeindlichkeit und Rassismus<br />

ausspricht, berichtete, dass die Fan-<br />

Reaktionen «insgesamt einen durchaus<br />

erschreckenden Blick in den Abgrund der<br />

deutschen Rapwelt bieten». Bass Sultan<br />

Hengzt nimmt in Kauf, dass er nun Fans<br />

und Käufer seiner Musik verlieren wird.<br />

Zu den Kommentaren liess er nur verlauten:<br />

«Läuft ja richtig mit Homophobie».<br />

USA<br />

Sondergesandter<br />

für Gay-Rechte<br />

<strong>Die</strong> USA ernennen ersten<br />

Sonder gesandten für die Rechte<br />

von Homosexuellen.<br />

Beispiel aus der Online-Biographie von Erwin In het Panhuis.<br />

Ein weiterer Durchbruch für die<br />

LGBT-Gemeinschaft im Land der unbegrenzten<br />

Möglichkeiten: US-Aussenminister<br />

John Kerry erkärte, dass die<br />

Vereinigten Staaten ab sofort einen<br />

Sondergesandten für die Rechte von<br />

Homosexuellen einsetzen werden. Der<br />

Auserwählte ist der Diplomat Randy<br />

Berry, der derzeit noch als Generalkonsul<br />

in Amsterdam arbeitet. Berry will<br />

sich für eine Welt ohne Gewalt und<br />

Diskriminierung der LGBT-Gemeinschaft<br />

einsetzen und die US-Strategie dazu bekannt<br />

machen und koordinieren.<br />

Deutschland<br />

HIV-PrEP<br />

reduziert Risiko<br />

Eine Studie kann belegen, dass<br />

das HIV-Medikament Truvada<br />

vor einer Infektion schützt.<br />

Wie die Deutsche Aids-Hilfe berichtete,<br />

hat eine britische Studie der Organisation<br />

PROUD mit 545 schwulen Männern<br />

mit erhöhtem HIV-Risiko gezeigt, dass<br />

die Einnahme des HIV-Medikaments<br />

Truvada vor einer HIV-Infektion schützt.<br />

<strong>Die</strong> Forscher hatten die Teilnehmer in<br />

zwei Gruppen aufgeteilt. Ein Teil der<br />

Männer bekam sofort Truvada zur täglichen<br />

Einnahme angeboten, der andere<br />

Teil sollte ein Jahr warten. Im Oktober<br />

2014 zeichnete sich jedoch bereits die<br />

hohe Schutzwirkung des Medikaments<br />

ab, sodass auch die zweite Gruppe die<br />

HIV-Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP)<br />

angeboten wurde. Bei der ersten Gruppe<br />

wurden wurden drei HIV-Infektionen, bei<br />

der zweiten wurden 19 HIV-Infektionen<br />

festgestellt. <strong>Die</strong> Forscher errechneten<br />

aus den Resultaten eine Schutzwirkung<br />

von 86 Prozent.<br />

Deutschland<br />

Bibliographie zur<br />

Homosexualität<br />

4200 historische Berichte über<br />

Lesben und Schwule sind in<br />

einem kostenlosen Web-Archiv<br />

zusammengeführt.<br />

Der Kölner Historiker und Diplom-Bibliothekar<br />

Erwin In het Panhuis hat im<br />

März eine <strong>grosse</strong> Online-Bibliographie<br />

veröffentlicht. Alte und somit urheberrechtsfreie<br />

Bücher, Bilder und Magazine<br />

wurden digitalisiert und sind nun für<br />

alle an einem Ort zugänglich und verlinkt.<br />

<strong>Die</strong> entsprechenden Dokumente<br />

sind als Scans des jeweiligen Originals<br />

kostenlos abrufbar.<br />

www.erwin-in-het-panhuis.de.<br />

<strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong> 25


Agenda | Szene-Tipps<br />

Szene-Tipps<br />

Zürich<br />

«Pink Cloud»<br />

«Kuoni wird homosexuell», titelte der<br />

Blick 2009. Und schrieb von rosa Wölkchen,<br />

die am Weltenbummler-Himmel<br />

aufziehen. Sechs Jahre später mussten<br />

die rosa Wölkchen im Blick dann dunklen<br />

Platz machen: «Reisekonzern Kuoni<br />

verkauft seine Reisebüros und damit<br />

auch ein Stück seiner Seele», titelte das<br />

Boulevardblatt. <strong>Die</strong> Verunsicherung der<br />

Kuoni-Angestellten war gross, diejenige<br />

der Reisenden ebenfalls und die LGTB<br />

Community war konsterniert: Schliesslich<br />

gehört «Pink Cloud» (mit oder ohne<br />

rosa Wolken) zum Kuoni-Konzern und<br />

wenn dieser verkauft, dann ist bald auch<br />

Schluss mit den Reisen für Schwule &<br />

Lesben. Ist dem so? «Alles Quatsch»,<br />

sagt Ray Fuhrer dem <strong>Cruiser</strong>. «Kuoni<br />

wird es als Marke weiterhin geben und<br />

‹Pink Cloud› ebenso.» Kuoni sei lediglich<br />

auf der Suche nach einem neuen Eigentümer<br />

und hätte absolut nicht vor, den<br />

Laden dicht zu machen.<br />

Das wäre auch schade, denn schliesslich<br />

ist «Pink Cloud» so etwas wie Rays<br />

Lebenswerk. Was als kleines Reisebüro<br />

für eine sehr überschaubare Zielgruppe<br />

vor über 15 Jahren in Adliswil begann,<br />

ist mittlerweile ein bestens etabliertes<br />

Reiseunternehmen mit Sitz an der<br />

Zürcher Bahnhofstrasse. «Ich hatte immer<br />

die Vision, dass ‹Pink Cloud› weiter<br />

wachsen würde und das ist mir damals<br />

mit dem Wechsel zu Kuoni auch gelungen»,<br />

sagt Ray. Und fügt an: «Einfach<br />

war die Reisebranche nie, und statisch<br />

schon gar nicht – vielleicht tun sich ja<br />

mit einem Eigentümerwechsel wieder<br />

neue Chancen auf». Einfach hatte es Ray<br />

nie mit seiner Idee, oft hagelte es auch<br />

aus den eigenen Reihen Kritik: Dann,<br />

wenn jeweils Reisen in Länder angeboten<br />

werden, in denen Homosexualität<br />

geahndet wird. «Und genau hier liegt<br />

unsere Stärke, denn ich bin selbst in<br />

jedem dieser Länder gewesen und weiss<br />

entsprechend zu beraten. Und gerade<br />

in solchen Ländern geht die Meinung<br />

des Staates und diejenige der Bevölkerung<br />

oft diametral auseinander». Zudem<br />

müsste man – wenn man schon boykottieren<br />

will – auch konsequent sein, etwa<br />

indem man auf entsprechende Konsumgüter<br />

aus diesen Ländern verzichte.<br />

«Das wäre dann konsequenterweise<br />

beispielsweise Erdöl …». Natürlich freut<br />

es Ray, wenn entsprechende Gesetze gelockert<br />

werden. Beispielsweise in Indien:<br />

«Bis 2009 war Homosexualität in Indien<br />

illegal. Vor wenigen Jahren ist dann<br />

erstmals ein Lesbenmagazin erschienen.<br />

Wir von ‹Pink Cloud› haben uns daraufhin<br />

nach der genauen Rechtslage<br />

erkundigt und schliesslich konnten wir<br />

mit gutem Gewissen ein entsprechendes<br />

Reiseprogramm zusammenstellen». Apropos<br />

zusammenstellen: Wer lieber auf<br />

eigene Faust buchen möchte, kann das<br />

ebenfalls bei «Pink Cloud» machen (auch<br />

online). Und natürlich bietet es sich an,<br />

dieses Jahr im Rahmen der «Euro Pride»<br />

die Stadt Riga zu erkunden. Wir haben<br />

dieser <strong>Cruiser</strong>-Ausgabe entsprechende<br />

Gutscheine beigelegt, gültig für sämtliche<br />

Reisen und Arrangements bei «Pink<br />

Cloud».<br />

Zürich, 4. <strong>April</strong><br />

«Inside» for Gays<br />

and Friends<br />

«Inside» nennt sich eine<br />

neue Party im Stairs Club<br />

in Zürich-Altstetten.<br />

<strong>Die</strong> Organisatoren von «Inside» möchten<br />

ein Statement gegen den unsäglichen<br />

Trend setzen, dass es in Zürich<br />

immer weniger Spiel- und Feierstätten<br />

für Schwule gibt. <strong>Die</strong> neue Party setzt<br />

auf Kontinuität und Langlebigkeit. <strong>Die</strong><br />

erste «Inside» soll der Auftakt zu einer<br />

ganzen Reihe von Partys sein. Mit John<br />

Dixon aus Paris, den m&d babes, Bobby<br />

Bella und Vasco spielen am ersten Event<br />

gleich vier Plattenprofis, die wissen, wie<br />

man eine Nacht zu einer schweisstreibenden<br />

Angelegenheit macht. Apropos:<br />

Wer sich aufgrund der Hitze im Club seines<br />

Oberteils entledigen möchte, der soll<br />

dies gerne tun. Ebenfalls wird eine Cruising-Area<br />

zu Verfügung gestellt. «Inside»<br />

wird präsentiert vom Stairs-Mit inhaber<br />

Johann Sollberger, der sich seine Sporen<br />

an der Bar des legendären Labyrinth<br />

Clubs abverdient hat und später erfolgreich<br />

als Veranstalter im Nachfolgeclub<br />

Lotus tätig war.<br />

Samstag, 4. <strong>April</strong>, ab 22 Uhr<br />

Stairs Club, Zürich<br />

Wängi, 4. <strong>April</strong><br />

Osterschmaus<br />

<strong>2015</strong> – Bella Italia<br />

Im <strong>April</strong> bietet die HOT sowie<br />

deren Partnervereine WILSCH<br />

und QUEERDOM einen Osterschmaus<br />

an.<br />

Am Ostersamstag öffnen sich die Türen<br />

des Vereinslokals der Homosexuellen<br />

Organisation Thurgau (HOT) für einen<br />

Osterschmaus, der die Besucher ins kulinarische<br />

Reich Italiens bringt. Am Herd<br />

stehen Thomas und Elias und garantieren<br />

einen genussreichen Abend. Auf<br />

der Karte steht etwa ein italienischer<br />

Fleischvogel oder eine Südtiroler Knödelart.<br />

Vereinsmitglieder bezahlen 25 Franken,<br />

alle anderen 30 Franken.<br />

Mit oder ohne rosa Wolke: Ray, der<br />

Reiseberater für die LGBT-Community<br />

<strong>Die</strong>sem <strong>Cruiser</strong> ist ein Gutschein von «Pink<br />

Cloud» beigelegt. <strong>Die</strong>ser ist gültig für alle<br />

Reisebuchungen.<br />

Samstag, 4. <strong>April</strong>, 19.30 Uhr<br />

Vereinslokal HOT, 9545 Wängi<br />

www.hot-tg.ch<br />

FOTOS: PD<br />

26 <strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong>


Szene | Tipps<br />

Zürich, 5. <strong>April</strong><br />

11 Jahre<br />

«Boyahkasha»<br />

Das bekannte Zürcher Partylabel<br />

feiert am Ostersonntag<br />

seinen 11. Geburtstag im ganz<br />

<strong>grosse</strong>n Stil.<br />

Das wird der Knaller am Ostersonntag –<br />

schon alleine der Live Act! «Boyahkasha»<br />

konnte die «Eurovision Song Contest»-<br />

Gewinnerin Loreen aus Schweden verpflichten.<br />

Ihr Lied «Euphoria» hat schon<br />

jetzt Kultstatus.<br />

Ostersonntag, ab 22.00 Uhr<br />

Plaza, Badenerstrasse 109, 8004 Zürich<br />

Tickets unter www.boyahkasha.ch<br />

Ein Ostergeschenk von den<br />

«Boyahkasha»-Jungs: Loreen im Plaza<br />

Zürich<br />

Basel, 11. <strong>April</strong><br />

queerPlanet Special<br />

Edition<br />

In Basel tritt die englische<br />

Sängerin Kelli-Leigh an einer<br />

Gay-Party auf.<br />

<strong>Die</strong> Sängerin Kelli-Leigh wird vielleicht<br />

vielen noch nicht bekannt sein, ihre<br />

Songs allerdings schon: <strong>Die</strong> Single «I got<br />

u» von Duke Dumont kann mehr als 100<br />

Millionen Zugriffe auf Youtube vorweisen.<br />

Ebenfalls wurde der Song dieses<br />

Jahr für einen Grammy und für einen<br />

«Brit Award» nominiert. In Basel stellt<br />

Kelli-Leigh im Rahmen der Party-Reihe<br />

«queerPlanet» auch ihr neues Stück<br />

vor: «Find a Way». Man darf also ein<br />

Showcase der Superlative erwarten. <strong>Die</strong><br />

DJs Olivier (F) und Taylor Cruz werden<br />

dazu die besten House, Progressive, Tribal<br />

& Electro Beats beitragen.<br />

Samstag, 11. <strong>April</strong><br />

SUD, Burgweg 7, Basel<br />

www.queerplanet.ch<br />

Schwubs - die schwulen Berner Sänger<br />

Bern, 18. <strong>April</strong><br />

Begegnung<br />

schwuler Männer<br />

unterwegs<br />

Der Verein BSM organisiert in<br />

diesem Jahr zwei Events. Der<br />

erste findet im <strong>April</strong> in Bern<br />

statt.<br />

Seit 1993 organisieren schwule und<br />

bisexuelle Männer einmal im Jahr eine<br />

Tagung, an der seither ausschliesslich<br />

Männer teilnehmen. Seit dem Sommer<br />

2001 trägt der Verein BSM die organisatorische<br />

und finanzielle Verantwortung<br />

der Tagungen. In diesem Jahr werden<br />

gleich zwei Events organisiert. <strong>Die</strong> erste<br />

Veranstaltung findet am 18. <strong>April</strong> in der<br />

Villa Stucki statt. Besonders das Thema<br />

«Schwule Väter» ist dabei gefragt. <strong>Die</strong><br />

Teilnehmer können aus insgesamt sieben<br />

spannenden Aktivitäten auswählen. Darunter<br />

verschiedene Workshops, Diskussionsrunden<br />

und ein Spaziergang durch<br />

die Berner Altstadt.<br />

Samstag, 18. <strong>April</strong><br />

Villa Stucki, Bern<br />

www.bsm-info.ch<br />

Zürich, 18. / 19. <strong>April</strong><br />

«Men Bodywork»<br />

in Zürich<br />

In Zürich tut sich einiges für<br />

Männer, die gerne Körperarbeit<br />

praktizieren.<br />

Der Zürcher Julian ist ein 38-jähriger Bodyworker,<br />

der neue, zeitgemässe Work-<br />

shop-Konzepte für Männer entwickelte.<br />

Da der Begriff seiner Meinung nach<br />

in die Jahre gekommen ist, versucht er<br />

mit neuen, moderneren Begriffen auch<br />

jüngere Männer für seine Workshops zu<br />

begeistern. In diesem Jahr finden unter<br />

Julians Leitung erstmals zwei «Men<br />

Body work Weekends» statt. Kernstück<br />

ist das Erlernen einer erotischen Männermassage.<br />

Daneben laden verschiedene<br />

Übungen und Meditationen dazu ein,<br />

sich selbst und die anderen Teilnehmer<br />

ein Stück weit besser kennenzulernen<br />

und Potenziale für ein erfülltes (Sex-)<br />

Leben zu entdecken.<br />

18. / 19. <strong>April</strong> und 10. / 11. Oktober<br />

Zürich-Altstetten<br />

www.menbodywork.ch<br />

Bern, 15. bis 18. <strong>April</strong><br />

Schwubs<br />

Das neue Programm der<br />

schwulen Berner Sänger nennt<br />

sich «Go West»<br />

Dank der unermüdlichen Arbeit von<br />

Fräulein Zack (Linda Trachsel) und ihrer<br />

Hartnäckigkeit haben es die Schwulen<br />

Berner Sänger (Schwubs) geschafft,<br />

ihren Traum zu verwirklichen und ihr<br />

Programm «Varieté» bis nach New York<br />

zu bringen. Doch die Off-Off-Broadway-Bühnen<br />

waren nur der erste Schritt<br />

im Land der unbegrenzten Möglichkeiten<br />

– nun geht es nach San Francisco.<br />

<strong>Die</strong> Sänger laden deshalb ihr geneigtes<br />

Publikum zu einer musikalischen Reise<br />

ein.<br />

15. / 16. / 17. / 18. <strong>April</strong><br />

Schlachthaus-Theater, Bern<br />

www.schwubs.ch<br />

<strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong> 27


Kultur | Schweiz<br />

<strong>Die</strong> Kultur-Tipps<br />

im <strong>April</strong><br />

Kultur<br />

Ticket<br />

Text: Daniel Diriwächter<br />

Wie verliebt man sich in weltbekannte Dichter? Kann ein Spiegel sehen?<br />

Wie läuft man den Jakobsweg? Was kommt nach dem Ende oder wo trifft<br />

man den Widersacher von James Bond? Im <strong>April</strong> werden die Fragen beantwortet.<br />

Lia Pale –<br />

My Poet’s Love<br />

Lia Pale: Verliebt in Heinrich Heine<br />

und Rainer Maria Rilke<br />

Nach Lia Pales ebenso viel diskutiertem<br />

wie gelobtem Erstling «Gone to Far»<br />

stellte sich die Frage, wie die Reise weitergeht.<br />

Das Debüt vertonte Schuberts<br />

«Winterreise» auf leichte und betörende<br />

Weise. Nun trifft die Österreicherin<br />

auf zwei junge Männer, die sich mit<br />

fortlaufender Dauer der beginnenden<br />

Beziehung zu gewieften Dichtern entwickeln<br />

werden. Sich in beide gleichzeitig<br />

verliebend, erlebt Pale alle Höhen<br />

und Tiefen einer Serenade zu dritt. Erschwerend<br />

dazu kommt, dass die zwei<br />

Herren unter ihren richtigen Namen<br />

Heinrich Heine und Rainer Maria Rilke<br />

berühmte Dichter werden sollten. Je<br />

sieben Texte – sieben aus Rilkes Gesamtwerk,<br />

sieben aus Heines «Buch<br />

der Lieder» – von Mathias Rüegg vertont,<br />

stehen zwei Vertonungen von Lia<br />

Pale–Texten gegenüber, in denen sie<br />

sich erstmals über ihre Beziehung zu<br />

den zwei Dichtergrössen äussert. Begleitet<br />

wird die Sängerin wiederum vom<br />

bewährten Gespann, den zwei Exmusikern<br />

des Vienna Art Orchestras, Ingrid<br />

Oberkanins und Hans Strasser. Live wird<br />

das Trio vom Shootingstar der europäischen<br />

Trompetenszene, dem 24-jährigen<br />

Mario Rom, ergänzt.<br />

Universal Music, Austria<br />

Erscheint am 17. <strong>April</strong><br />

Schneeweiss –<br />

ein Stück Schneewittchen<br />

Das Junge Schauspielhaus bringt im <strong>April</strong><br />

eine Neuinterpretation des Märchens<br />

«Schneewittchen» der Brüder Grimm<br />

in den Schiffbau. Unter der Regie von<br />

Antonio Viganò erscheint es in neuer<br />

Gestalt: In der Nacht, wenn die Königin<br />

schläft, führt der Spiegel ein Eigenleben,<br />

er sehnt sich nach Schneeweiss,<br />

die er aber nur besuchen kann, wenn es<br />

dunkel ist. Bis es die Königin merkt und<br />

zu verhindern versucht. <strong>Die</strong> Geschichte<br />

über Neid und Missgunst in Sachen<br />

Schönheit, über die Sehnsucht nach dem<br />

anderen wird aus verschiedenen Perspektiven<br />

erzählt – nicht nur mit Worten,<br />

sondern mit Musik, Geräuschen und vor<br />

allem mit Bewegung. Es spielen Rosario<br />

Bona und Sarah Magdalena Huisman,<br />

Regie führt Antonio Viganò.<br />

Schauspielhaus Zürich, Schiffbau/Box<br />

Premiere: 10. <strong>April</strong> <strong>2015</strong><br />

Camino de Santiago<br />

Hape Kerkeling machte ihn berühmt –<br />

den Camino de Santiago. Seither tummeln<br />

sich tausende Menschen auf<br />

dem Jakobsweg nach Spanien. Auch<br />

die Schweizer Filmemacher Jonas Frei,<br />

Manuel Schweizer, Ivan Hernandez und<br />

Alain Sahindas begaben sich auf die<br />

Spuren des Komikers und drehten gleich<br />

noch einen Film. Beim wohl beliebtesten<br />

Pilgerweg der Welt ist der Weg das<br />

Ziel. Aber auch das Abenteuer, die spirituelle<br />

Erfahrung oder gar die Erlösung.<br />

Auf menschlicher Ebene führt die Pilgerreise<br />

viele Menschen zusammen. Der<br />

Dokumentarfilm «Camino de Santiago»<br />

zeigt, wie zwischen atemberaubenden<br />

Landschaften, kulinarischen Erlebnissen<br />

und viel Musik die Welten aufeinander<br />

prallen und sich dabei neue Freundschaften<br />

anbahnen.<br />

MovieBizFilms<br />

Ab 26. März im Kino<br />

Zu Ende<br />

denken<br />

Zum Filmstart von<br />

«Zu Ende leben» am<br />

16. <strong>April</strong> wird das<br />

Buch «Zu Ende denken»<br />

neu aufgelegt. Worum<br />

geht es? Als die Filmemacherin<br />

mit dem frühen Tod ihres<br />

Vaters konfrontiert wurde, war für<br />

sie klar, dass sie sich mit dem Thema<br />

Sterben auseinandersetzen wollte. Mit<br />

ihrer Freundin, der Journalistin Elena<br />

28 <strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong>


Ibello, begannen beide, sich mit dem<br />

Unausweichlichen zu befassen. Daraus<br />

entstand zum einen die Idee, einen<br />

Dokumentarfilm zu realisieren, und<br />

zum anderen der Wunsch, ein Buch<br />

zu veröffentlichen – mit Texten von<br />

bekannten und unbekannten Menschen.<br />

<strong>Die</strong> Resonanz der angefragten<br />

Persönlichkeiten war erfolgreich.<br />

In der neuen Version sind auch Pedro<br />

Lenz, Franz Hohler oder Kurt Aeschbacher<br />

mit ihren Gedanken vertreten.<br />

Rebecca Panian / Elena Ibello,<br />

Zu Ende denken, Wörterseh Verlag<br />

Im Handel erhältlich<br />

Darling der Musikszene: Der Brite Sam Smith<br />

FOTOS: JULIA SPICKER (1), RE-PANIAN-FOTO-GIANNI PISANO (1), CHRISTOF MATTES (1), ZVG (1)<br />

Ist das Ende vielleicht nur der Anfang?<br />

<strong>Die</strong> Autorin Rebecca Panian.<br />

Brandauer liest<br />

Bonhoeffer<br />

Seine Liebe zu besonderen Charakteren<br />

ist unverkennbar: Mit der Oscarprämierten<br />

Verfilmung des Romans<br />

«Mephisto» von Klaus Mann feierte<br />

Klaus Maria Brandauer seinen internationalen<br />

Durchbruch. Hollywood-Produktionen<br />

wie «Jenseits von Afrika» und sein<br />

Mitwirken als Bösewicht im James-<br />

Bond-Film «Sag niemals nie» verschafften<br />

ihm zusätzliche Bekanntheit. Bis<br />

heute hat Brandauer mehr amerikanische<br />

Kritikerpreise erhalten als jeder andere<br />

deutschsprachige Filmschauspieler<br />

zuvor. Zum 70. Todestag des Theologen<br />

<strong>Die</strong>trich Bonhoeffer präsentiert das<br />

Zürcher Kammerorchester im Schauspielhaus<br />

Zürich eine konzertante Lesung mit<br />

dem berühmten Schauspieler und dem<br />

Starviolinisten Daniel Hope. <strong>Die</strong> Briefe<br />

Bonhoeffers, die dieser während der<br />

Haft in den Jahren vor seiner Hinrichtung<br />

durch die Nationalsozialisten verfasst<br />

hat, zeugen von Weisheit und Zuversicht.<br />

Freitag, 24. <strong>April</strong>, 18.30 Uhr und 21.00 Uhr<br />

Schauspielhaus Zürich, Pfauenbühne<br />

Sam Smith<br />

Moon & Stars <strong>2015</strong>: Bereits zum zwölften<br />

Mal wird die einmalige Kulisse der<br />

Piazza Grande in Locarno zur Bühne für<br />

bekannte Interpreten der internationalen<br />

Popszene. Während zehn Abenden<br />

lässt sich dort der Musik frönen. In diesem<br />

Sommer eröffnet der schwule Sänger<br />

Sam Smith das Festival am 8. Juli.<br />

Sam Smith gewann jüngst vier «Grammy<br />

Awards» sowie zwei «Brit Awards». Weitere<br />

Stars sind Roxette, Stress, Santana<br />

oder Gianna Nannini.<br />

8. bis 18. Juli<br />

Moon & Stars <strong>2015</strong>, Locarno<br />

www.ticketcorner.ch<br />

Der ehemalige<br />

Gegner von 007:<br />

Klaus Maria<br />

Brandauer<br />

<strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong> 29


Serie | Persönlichkeiten<br />

Was macht eigentlich …<br />

Jason Donovan<br />

Text: Haymo Empl<br />

In unserer Serie stellen wir Ikonen und Persönlichkeiten aus vergangenen<br />

Dekaden vor, berichten über gefallene Helden und hoffnungsvolle<br />

Skandalsternchen, aber auch über mutige Vorkämpfer. 80er Jahre Popstar<br />

Jason Donovan ist irgendwie nichts davon.<br />

Im Jahre 1986: Scott und Charlene treffen<br />

sich zum ersten Mal und verlieben<br />

sich nach einigen, aber nicht zu vielen<br />

Umwegen, Wirrungen, Intrigen und<br />

Schwierigkeiten ineinander. Schwierig<br />

war die junge Liebe auch, weil die<br />

Familie von Scott seit Jahren mit der<br />

Familie von Charlene zerstritten war.<br />

Relativ zügig wurde schliesslich geheiratet,<br />

nämlich 1987. Zügig für Menschenjahre,<br />

endlos in Serienepisoden.<br />

Denn Scott und Charlene waren Jason<br />

«Was würden nur all die<br />

Teenager, Hausfrauen<br />

und Grossmütter denken,<br />

wenn der Jason<br />

schwul wär!»<br />

reich (und ist es bis heute), Jason Donovan<br />

zog ein Jahr später nach, wurde<br />

ebenfalls international erfolgreich (und<br />

ist es heute nicht mehr).<br />

Zwei Serienstars – ein Welthit<br />

1988 war die Zeit des Produzententeam<br />

«Stock Aitken Waterman». <strong>Die</strong> drei Briten<br />

schafften es mit eingängigen Melodien<br />

und den fast immer gleichen Beats,<br />

so ziemlich jeden in die Hitparade zu<br />

hieven. Jason (und zu jener Zeit auch<br />

Kylie) waren nur zwei von unzähligen<br />

Acts die von «Stock Aitken Waterman»<br />

produziert wurden.<br />

1989 hatte die Hitfabrik 23 Hits für<br />

unterschiedliche Interpreten komponiert<br />

– nur zwei davon haben es nicht<br />

in die Top 10 der Hitparaden geschafft.<br />

Jasons Gesangskarriere kam aber erst<br />

so richtig in Schwung, als «Stock Aitken<br />

Waterman» beschlossen, die beiden<br />

Charaktere aus der Soap auch im realen<br />

Leben gemeinsam singen zu lassen. <strong>Die</strong><br />

Single «Especially For You» von Kylie<br />

und Jason landete in Australien direkt<br />

auf Nummer 1 der Hitparade, wenig<br />

später folgte dann der globale Siegeszug<br />

mit der Ballade und ebnete Jason<br />

Donovan den Weg zu seiner eigenen<br />

Karriere. 1989 war auch er mit diversen<br />

Liedern in allen Hitaparaden der Welt<br />

vertreten. Sein Debütalbum «Ten Good<br />

Reasons» (sinnigerweise mit 10 Liedern<br />

auf der Platte) wurde Nummer 1, ganze<br />

fünf Singles wurden aus dem Werk<br />

ausgekoppelt. Jason Donovan war nicht<br />

zu stoppen und bei weitem der erfolgreichste<br />

Sänger in Europa und Australien.<br />

Alles paletti also. Wäre da nicht<br />

immer wieder unschön und gemeinerweise<br />

über seine angebliche Homosexu­<br />

Jason und Kylie: Mit «Especially For<br />

You» landeten die beiden einen Welthit.<br />

Donovan und Kylie Minogue, und die<br />

Intrigen spielten sich in den australischen<br />

Global-Television-Studios in<br />

einer von Melbournes Vorstädten ab.<br />

1985 ging die Soap «Neighbours» im<br />

australischen Fernsehen an den Start,<br />

jeden Abend wurde eine 22-minütige<br />

Episode gezeigt – die Zuschauerzahlen<br />

waren schlecht und die Serie stand kurz<br />

vor dem Aus.<br />

Bis eben Jason Donovan und Kylie<br />

Minouge ins Scheinwerferlicht traten.<br />

<strong>Die</strong> beiden Charaktere vermochten zu<br />

begeistern und die Schauspieler bezauberten<br />

auch in ihrem privaten Leben<br />

mit Charme, gutem Aussehen, einigermassen<br />

Talent … aber eben: Vor allem<br />

sahen sie gut aus. Kylie Minogue startete<br />

bereits ein Jahr später als Sängerin<br />

durch und wurde international erfolgalität<br />

gemunkelt worden. Dabei gaben<br />

sich Jason und Entourage solche Mühe:<br />

Hetero in «Neighbours», ein superkitschiges<br />

Video mit Kylie und viele tolle<br />

Frauen in den anderen Musikclips.<br />

<strong>Die</strong> Angst von Jason: Was würden<br />

nur all die Teenager, Hausfrauen und<br />

Grossmütter denken, wenn der Jason<br />

schwul wär! Daher hat Jason dann in<br />

den frühen 90ern (seine Karriere begann<br />

zu stocken, die Gerüchte wurden lauter)<br />

munter rigoros jeden verklagt, der<br />

solche Gerüchte verbreitete. Nachdem<br />

seine Hits keine mehr waren, versuchte<br />

sich Donovan – erfolgreich! – als Musicaldarsteller.<br />

Er spielte die Hauptrolle in<br />

FOTOS: PD<br />

30 <strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong>


«Joseph and the Amazing Technicolor<br />

Dreamcoat» und war 1991 zum letzten<br />

Mal in der Hitparade. Was ihn aber nicht<br />

davon abhielt, 1993 die Zeitschrift «The<br />

Face» zu verklagen, denn die hatte böserweise<br />

erneut behauptet, er sei schwul.<br />

(Wir halten hier auch fest, dass wir das<br />

überhaupt-gar-nicht-und-niemals behaupten<br />

…) Danach kam nichts mehr<br />

vom Jason. Ausser dann und wann mal<br />

eine Meldung im Fachblatt für Prominente,<br />

der britischen «Sun», weil der Jason<br />

Drogenprobleme hatte und ziemlich<br />

oft besoffen gesichtet wurde.<br />

«Was würden nur all die<br />

Teenager, Hausfrauen<br />

und Grossmütter<br />

denken, wenn der Jason<br />

schwul wär!»<br />

Ah: Und zwischen einer weiteren<br />

Klage und einer Flasche Schnaps hat er<br />

noch seine beste Freundin geheiratet.<br />

Warum, wusste auch die «Sun» nicht so<br />

recht.<br />

Jason Donovan mit neuem Haar, sichtlich ambitioniert.<br />

Alkohol und Trash-Realityshow<br />

Viele Schnapsflaschen später, im Jahre<br />

2006, Vorhang – beziehungsweise<br />

Palmenwedel – auf: Jason Donovan ist<br />

Kandidat in der britischen Version von<br />

«Ich bin ein Star, holt mich hier raus».<br />

<strong>Die</strong> tragische Endstation eines jeden<br />

Promis. Wer in der «Jungle Show» auftritt,<br />

der hat meistens verloren. Jason<br />

kämpfte sich in der Realityshow wacker<br />

durch Ekelessen und Gruselprüfungen<br />

und wurde am Schluss Dritter.<br />

(Gewonnen hatte übrigens ein gewisser<br />

Matt Wallis, den nun wirklich ausserhalb<br />

Grossbritanniens niemand kennt.)<br />

Immerhin: Durch die «Jungle Show»<br />

Jason als Kandidat in der britischen Ausgabe von «Ich bin ein Star, holt mich hier<br />

raus»<br />

kam Jason wieder zu einigen Auftritten,<br />

vor allem in den Comebackshows<br />

der 80er-Jahre. <strong>Die</strong> «Sun» vermeldete<br />

zwischendurch, der Jason hätte eine<br />

Haartransplation gemacht (mit der<br />

Gage von der «Ich bin ein Star …»-<br />

Show?) und genau wie bei RTL ist die<br />

Zweitverwertung der Realityshow-Teilnehmer<br />

dann auch das Format «Let’s<br />

Dance». Auch dort belegte er den<br />

3. Platz. Letztes Jahr durfte er immerhin<br />

als Gast zusammen mit Kylie in einer<br />

Weihnachtsshow «Especially For You»<br />

singen. Und er sah dabei wesentlich<br />

gesünder aus als auch schon (bemerkte<br />

nicht nur die «Sun» …). Praktischerweise<br />

feiert die Serie «Neighbours» dieses<br />

Jahr das <strong>grosse</strong> 30-Jahre-Jubiläum.<br />

Jason wird die Gelegenheit bestimmt<br />

nutzen, um in irgendwelchen «Come<br />

Together»- und diversen Reunion-<br />

Shows aufzutreten. Bei «Neigbhours»<br />

derweil: Noch immer straucheln verschiedene<br />

Charaktere, es wird weiter<br />

munter intrigiert. Und wer in der Soap<br />

fällt, steht früher oder später wieder<br />

auf und macht weiter. Eigentlich genau<br />

so, wie Jason es im wahren Leben auch<br />

versucht.<br />

<strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong> 31


Fotostory | <strong>Cruiser</strong> creativ<br />

Was man mit dem <strong>Cruiser</strong><br />

sonst noch so machen kann<br />

Text: Haymo Empl<br />

Es mag sein, dass ein Printmagazin steinzeitlich ist. Wer den <strong>Cruiser</strong> nicht<br />

auf Papier lesen will, sondern auf www.cruisermagazin.ch, ist mit der<br />

Printausgabe trotzdem gut bedient. Voilà – 8 Dinge, die nur Print kann:<br />

Das <strong>Cruiser</strong>-Magazin mit dem tollen<br />

Papier eignet sich I-D-E-A-L für die<br />

Kunst des Scherenschnittes. Ein Hobby,<br />

welches in der Gay-Szene bisher sträflich<br />

vernachlässigt wurde. (oben)<br />

Es gibt diverse APPS für Einkaufslisten.<br />

Aber nichts eignet sich für eine<br />

Poschti liste so gut wie eine alte <strong>Cruiser</strong>-<br />

Aus gabe. Und je nach Platzierung der<br />

eigenen Poschtiliste im Heft hat man das<br />

Weight-Watchers-Diätprogramm quasi<br />

grad noch gratis mit dazu. (links aussen)<br />

Schon wieder verlassen worden? Oder<br />

gar betrogen? <strong>Die</strong> Coverbilder vom<br />

<strong>Cruiser</strong> eignen sich in der Regel für<br />

Frust-Dartspiele aller Art. (links)<br />

FOTOS: ANDI EMPL<br />

32 <strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong>


Mann fragt sich manchmal vielleicht,<br />

wie man mit einem völlig andren Gesicht<br />

aussehen würde. <strong>Die</strong> <strong>Cruiser</strong>­<br />

Coverbilder eignen sich hervorragend<br />

zu diesbezüglichen Forschungs- und<br />

Studienzwecken.<br />

Nichts eignet sich besser als der <strong>Cruiser</strong><br />

für selbst ge bastelte Erpresser ­ oder<br />

Drohbriefe. Und mit der <strong>Cruiser</strong>-Typographie<br />

werden diese sogar garantiert<br />

hübsch und stilvoll.<br />

Hier noch mit anderer Kopfbedeckung.<br />

Wichtig: Für wirklich diskrete Spionageaktionen<br />

bitte vorher das entsprechende<br />

<strong>Cruiser</strong>-Cover mit Bedacht<br />

auswählen. <strong>Die</strong> aktuelle Ausgabe beispielsweise<br />

eignet sich eher weniger (es<br />

sei denn, man wendet den Wendecover-Trick<br />

an und nimmt die Rückseite<br />

der aktuellen Ausgabe).<br />

Apropos betrogen worden sein: Gewissheit<br />

schafft nur die gute, altmodische<br />

Spionageaktion. Mit dem selbst gebastelten<br />

Hut und dem total unauffälligen<br />

<strong>Cruiser</strong> in der Hand kann man sich suhu-hu-per<br />

tarnen.<br />

Der Kracher schlechthin: Mit dem<br />

<strong>Cruiser</strong> lassen sich langweilige Festivitäten<br />

problemlos aufpimpen. Man<br />

bastelt für sich und die anderen Gäste<br />

lustige Partyhüte.<br />

Der Sommer ist quasi schon da. Das<br />

<strong>Cruiser</strong>-Papier ist sehr saugfähig und<br />

eignet sich daher bestens zur Vorbeugung<br />

von Stinksneakers – man munkelt<br />

es wird der Sommertrend schlechthin!<br />

<strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong> 33


Kolumne | Kafi Freitag<br />

Mein Mann des<br />

Monats, mein Held<br />

des Alltags<br />

Text: Kafi Freitag<br />

In meinem Alltag begegne ich vielen wichtigen und schönen Männern.<br />

Manche sind sogar wichtig UND schön. Du bist beides nicht. Und dennoch<br />

mein Mann des Monats. Weil Du mein Leben schöner machst. Und Dir<br />

darüber wahrscheinlich noch nicht mal bewusst bist.<br />

Lieber Stefan<br />

Meine Huldigung des Monats betrifft<br />

Dich. Du heisst in Tat und Wahrheit<br />

nicht Stefan, aber das spielt keine Rolle.<br />

Ich weiss, wer Du bist. Und jeder,<br />

der Dir nach dem Lesen dieser Kolumne<br />

begegnet, weiss es auch. Du bist eine<br />

Ausnahmeerscheinung. Aber das ist Dir<br />

vermutlich nicht bewusst. Nein, das ist<br />

es Dir sogar mit Sicherheit nicht. Denn<br />

das würde man merken. Du bist unprätentiös<br />

und unbedacht so, wie Du nun<br />

mal bist. Nämlich ein Glücksfall und ein<br />

Ausbund an Freundlichkeit und Gutmütigkeit.<br />

<strong>Die</strong> menschgewordene Demokratisierung.<br />

Vor Dir sind alle gleich.<br />

Wenn ich bei Dir an der Kasse stehe,<br />

dann bin ich nicht mehr und nicht weniger<br />

wert als die Nutte vor mir und der<br />

Alki hinter mir. Du kennst meinen Namen,<br />

so wie Du den der anderen kennst.<br />

Und Du kennst sie praktisch alle. Dir<br />

begegnen tagtäglich Hunderte von Gesichtern,<br />

aber wenn Du eins mehrfach<br />

gesehen hast und den Namen von der<br />

Supercard ablesen konntest, dann ist<br />

man fortan Dein Kunde, den Du mit Namen<br />

begrüsst. Das allein ist schon ein<br />

sehr bemerkenswertes Phänomen. Aber<br />

das allein macht Dich nicht aus. Es ist<br />

Deine Art, immer gleich zu sein. Mit<br />

Dir und anderen. Deinem Gesicht liest<br />

man nicht ab, ob Deine Schicht gerade<br />

begonnen hat oder demnächst zu<br />

Ende geht. Deinem Gesicht liest man<br />

nicht ab, ob Du demnächst in die Ferien<br />

fährst, oder ob Dein Ferientagekontingent<br />

bereits aufgebraucht ist. Du bist<br />

immer da und Du bist immer der Gleiche.<br />

«Wenn ich bei Dir an<br />

der Kasse stehe, dann<br />

bin ich nicht mehr und<br />

nicht weniger wert als<br />

die Nutte vor mir und<br />

der Alki hinter mir.»<br />

Dein Umfeld verändert sich immer<br />

mal wieder. Früher war Deine Filiale<br />

hässlich und ungepflegt. Heute ist sie<br />

gepflegt, aber unpraktisch. Wo Du früher<br />

einen anständigen Arbeitsplatz mit<br />

Stuhl und ein richtiges Kassenlaufband<br />

hattest, musst Du jetzt eingeengt stehen<br />

und die Waren über eine kastrierte Form<br />

von Theke schleusen. Alles ist heller und<br />

offener, und Dein Team ist nun grösser.<br />

<strong>Die</strong> Nutten sind die gleichen und die<br />

Alkis auch. Manchmal steht auch ein<br />

Banker in der Schlange, auch für ihn<br />

ist die Verkaufsstelle heute eine Option.<br />

Was Du über diese Entwicklung denkst,<br />

weiss ich nicht. Natürlich habe ich Dich<br />

Kafi Freitag<br />

(39) ist Kolumnistin und beantwortet<br />

auf www.fragfraufreitag.ch<br />

sämtliche Fragen des Alltags. Hauptberuflich<br />

führt sie eine eigene Praxis<br />

für prozessorientiertes Coaching<br />

(www.freitagcoaching.ch). Sie lebt<br />

mit Mann und Kind in Zürich.<br />

FOTO: KAFI FREITAG<br />

34 <strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong>


«Wären die Menschen<br />

ein bisschen mehr wie<br />

Du, die Welt wäre ein<br />

bessere.»<br />

Wo nur steckt Stefan, Kafis Mann des Monats?<br />

Liev Schreiber (47)<br />

spielt Ray Donovan und<br />

verdreht so ziemlich<br />

allen den Kopf.<br />

auch schon gefragt, wie das Arbeiten<br />

an diesen schrecklichen Kassen jetzt ist.<br />

Aber Du hast weder geschimpft noch<br />

gelobt. Es ist eine Tatsache und Du zerbrichst<br />

Dir Deinen Kopf nicht darüber,<br />

weil Du weisst, dass es nichts ändern<br />

würde. Du nimmst es gelassen und bist<br />

freundlich wie eh und je.<br />

Du bist der Grund, warum ich dort<br />

einkaufe. Mich können nicht die neuen<br />

Gestelle und das erweiterte Sortiment<br />

für sich gewinnen. Du allein kannst das.<br />

Wegen Dir habe ich auch schon früher<br />

dort gepostet, zu einer Zeit, als das<br />

unverpackte Gemüse noch ein Grund<br />

war, sich dem eingeschweißten Fleisch<br />

zuzuwenden. Zu einer Zeit, als der<br />

ganze Laden noch eine Schmuddligkeit<br />

ausstrahlte, die man mit einem<br />

Lebensmitteldetaillisten nicht zutrauen<br />

würde. Heute ist alles ein wenig glänzender<br />

und aufgeräumter, aber wirklich<br />

besser ist es nicht. <strong>Die</strong> Einkaufskörbe<br />

stehen vor Dreck und bei der Gemüsewaage<br />

habe ich jeweils Angst, dass die<br />

Ware auf ewig kleben bleibt.<br />

Alles um Dich herum wurde einem<br />

Facelift unterzogen, nur Du bist noch<br />

der Alte. Du bist der sichere Wert dieser<br />

Filiale. Ich habe es vor Jahren schon<br />

dem Loosli geschrieben und ich stehe<br />

auch heute noch zu meinem Wort. Deine<br />

Anwesenheit bringt diesen Laden<br />

zum Strahlen. Deine Herzlichkeit allen<br />

Kunden gegenüber, unbeeindruckt davon,<br />

welchen Status sie ausstrahlen.<br />

Wäre ich der Chef dieses Detailriesen,<br />

ich würde Dich zum Mitarbeiter des<br />

Jahres erküren und alles daran setzen,<br />

dass es Dir bei mir im Hause gut geht.<br />

Ich würde Dir die besten Arbeitsbedingungen<br />

schaffen, die nur möglich sind,<br />

und ich würde Dir zuliebe wieder eine<br />

richtige Kasse einbauen lassen.<br />

Wären die Menschen ein bisschen<br />

mehr wie Du, die Welt wäre ein bessere.<br />

So ist es immerhin mein täglicher Einkauf.<br />

Wer Dich nicht erkennt, könnte<br />

Dich als unscheinbar bezeichnen. Doch<br />

wer Dich wirklich sieht weiss, dass er<br />

eine Perle vor sich hat.<br />

Der Umbau einer Geschäftsstelle<br />

kostet zig Millionen. Dein Lohn ist<br />

ein Witz im Vergleich. Trotzdem bist<br />

Du es, welcher der Filiale ein Gesicht<br />

verleiht und mich dazu bewegt, an Deiner<br />

Kasse zu stehen und nicht bei der<br />

viel komfortableren Konkurrenz. Es ist<br />

Dein Gesicht und das soll es auch bleiben.<br />

Weil ich genau weiss, dass es Dir<br />

unangenehm wäre, wenn Du von diesem<br />

Porträt wüsstest. Nicht weil es in<br />

einem Schwulenmagazin abgedruckt<br />

wird, sondern viel mehr, weil es Dich<br />

ins Zentrum stellt.<br />

Darum bitte ich Sie, meine lieben<br />

Leser (und Leserinnen), zur absoluten<br />

Verschwiegenheit. Wenn Sie eines Tages<br />

«Stefan» vor sich haben, dann b ehalten<br />

Sie meine Worte für sich. Schenken Sie<br />

ihm stattdessen Ihr wärmstes Lächeln<br />

und nehmen Sie sich die Zeit, seinen<br />

richtigen Namen vom Schild abzulesen.<br />

Danke!<br />

Deine Kafi<br />

<strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong> 35


Kolumne | Weissbergs warme Weissheiten<br />

Hilfe, wo vesteckt sich die<br />

Glamour-Karriere?<br />

Text: Marianne Weissberg<br />

Glauben Sie auch daran, dass in Ihnen ein Genie versteckt ist?<br />

Kolumnistin Marianne Weissberg weiss, dass man bloss fleissig TV-Serien<br />

gucken muss, und schon entdeckt man die Ideal-Berufung!<br />

Lassen Sie sich etwa coachen, damit<br />

die Karriere richtig läuft? Denken Sie<br />

oft: Da muss doch ein Talent in mir<br />

schlummern, das mich zu dem macht,<br />

der/die ich eigentlich wäre: berühmt,<br />

begabt, reich, schlank, schön! Sehen<br />

Sie mich an, ich strecke den Finger auf<br />

«Ich habe dieses, mein<br />

Leben, weil ich es<br />

verdient habe, weil ich,<br />

ähem, faul bin.»<br />

und schluchze: JA, da muss doch was<br />

in mir sein, das ich noch nicht erlickt<br />

habe! Blöderweise bin ich extrem vollreif,<br />

und diese geheime Karriere liegt<br />

quasi schon hinter mir. Als ich das neulich<br />

merkte, erschrak ich tödlich. Ein<br />

Wissenschaftler, den Namen habe ich<br />

vergessen (Alzheimer ist bald, huch,<br />

eine Karriereoption), erklärte, dass wir<br />

modernen Menschen hirnen würden,<br />

was wir EIGENTLICH wären, wenn wir<br />

uns bloss mehr Mühe geben würden. So<br />

würden wir wie verrückt an uns herumbasteln,<br />

statt klein beizugeben. Denn<br />

das popelige Leben, das wir führen, sei<br />

das LEBEN. Meins, Ihres. Das andere<br />

wird es nie geben. Man kann es getrost<br />

in die Abteilung Science Fiction abstellen.<br />

Mitsamt Fick-tion, was andere<br />

auch nicht öfters machen als Sie und<br />

ich. Also selten.<br />

Lange überlegte auch ich, welche<br />

Karriere mir prinzipiell zustünde. Ich<br />

meine, ich bin doch talentiert, nett,<br />

habe noch all meine Zähne. Also wieso,<br />

verdammt noch mal, lebe ich bloss dieses<br />

munzige Leben? Wo sind Glamour,<br />

der Oscar, der Literatur-Nobelpreis, wo<br />

der Jaguar – oh, ich könnte noch stundenlang<br />

aufzählen … Dann merkte ich:<br />

Ich muss jetzt ehrlich sein. Auch zu Ihnen.<br />

Ich habe dieses, mein Leben, weil<br />

ich es verdient habe, weil ich, ähem,<br />

faul bin. Sie sollten mal mein Sofa sehen,<br />

das ist soo gemütlich, wer würde<br />

da bei Verstand je aufstehen und wie<br />

ein Schaf in ein Büro rennen? Wo es<br />

all das nicht hat, was ich liebe: frische<br />

Blumen, einen gefüllten Kühlschrank,<br />

meine Kleider, meine Haushündin, meinen<br />

lieben Fernseher.<br />

Genau, Fernseher! Der ist schuld.<br />

Ich bin ja der Meinung, dass wir das<br />

werden, was wir am liebsten in Serien<br />

gucken. Beweis: Habe ich je Spitalserien<br />

geguckt? Wääk, drum wurde ich<br />

nicht Chirurgin. Finde ich die CSI-Blutspur-Serien<br />

spannend? Grusel. Also<br />

konnte ich die Kommissarin-Laufbahn<br />

kippen. Anwaltsserien? Toll! Allerdings<br />

haben mein Bruder und mein Sohn mir<br />

die Karriere-Idee geklaut, die sind jetzt<br />

Topanwälte, ich halt nicht. Wobei, ich<br />

habe ADHS, ich könnte gar kein logisches<br />

Plädoyer halten. Koch-Serien?<br />

Yes, da war und bin ich Fan. Ich<br />

wollte sogar Köchin werden, aber das<br />

war meinen Eltern zu unfein. Oh, da<br />

fällt mir ein, ich habe ja schon zwei<br />

Kochbücher geschrieben. Immerhin.<br />

Wenn ichs mir nun so überlege: Meine<br />

Lieblingsserien sind jene über eine gebeutelte<br />

Sex-Kolumnistin (Sex and the<br />

Weissbergs aktuelles Rolemodel: <strong>Die</strong> im<br />

Bademantel auf dem Sofa fernsehende<br />

Miranda (re) in der BBC-Serie «Miranda»<br />

von / mit Miranda Hart. Fotografiert von<br />

Frau Weissbergs Sofa aus.<br />

City) und jene über eine fette, zickige<br />

Ladeninhaberin (Miranda). Ersteres bin<br />

ich, Letzteres will ich werden. Dazu<br />

jene neue Serie über die bienenfleissige<br />

Scheffin eines charmanten Literaturlabels,<br />

die in kürzester Zeit zehn Bestseller<br />

hinlegt und daneben Zeit hat für ein<br />

köstliches Liebesleben. Natürlich wäre<br />

ICH das in meinem anderen Superleben.<br />

<strong>Die</strong>se Serie müsste ich leider noch extra<br />

schreiben. Oj, wie anstrengend! Mir<br />

wird schlecht. Bitte entschuldigen Sie<br />

mich – ich muss sofort aufs bequeme<br />

Sofa!<br />

Marianne Weissberg<br />

ist Historikerin, Autorin & Inhaberin<br />

des Literaturlabels Edition<br />

VOLLREIF (www.vollreif.ch).<br />

Ihre Werke u. a. «Das letzte Zipfelchen<br />

der Macht» oder die Kolumnenkollektion<br />

«Tränen ins Tiramisu»<br />

sind längst Kult.<br />

FOTO: MARIANNE WEISSBERG<br />

36 <strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong>


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Interview | Christoph Braun<br />

«Beim Improvisieren<br />

habe ich die vollkommene<br />

Freiheit»<br />

Text: Andreas Faessler<br />

Christoph Braun ist so etwas wie die Ausnahme<br />

unter den Konzertpianisten. Sein Spiel entsteht<br />

ad hoc – zumindest fast.<br />

Ob mit Orchesterbegleitung oder Solo­<br />

Rezital – ein Konzertpianist hat bei<br />

sei nen Auftritten so gut wie nie Noten<br />

vor sich. Mozart, Chopin, Rachmaninov<br />

oder was immer er auch interpretiert,<br />

das Stück wird in- und auswendig beherrscht.<br />

Das ermöglicht dem Pianisten,<br />

sich voll und ganz auf die Interpretation<br />

des Stücks zu konzentrieren. Auch<br />

wenn Christoph Braun am Flügel sitzt<br />

«Das Klavierspiel<br />

nach Noten fällt mir<br />

schwer.»<br />

und konzertiert, ist der Notenhalter<br />

leer. Doch auswendig spielt er nicht.<br />

Muss er auch nicht, denn was ihn vom<br />

Gros der anderen Konzertpianisten unterscheidet:<br />

Brauns Musik entsteht ad<br />

hoc – wenigstens so gut wie. Der Zürcher<br />

spielt an seinen Konzerten nämlich<br />

ausschliesslich Improvisationen.<br />

Somit verfügt er über ein Talent, das<br />

vergleichsweise selten ist. Zumindest<br />

ist es bei wenigen Pianisten derart ausgeprägt,<br />

dass sie damit souverän vor einem<br />

Publikum auftreten und sogar wie<br />

er Tonträger einspielen – bereits deren<br />

drei hat er herausgebracht. «Das Klavierspiel<br />

nach Noten fällt mir schwer»,<br />

bringt es Christoph Braun auf den<br />

Punkt. «Beim Improvisieren habe ich<br />

die vollkommene Freiheit. Es erlaubt<br />

mir, genauso zu spielen, wie mir in dem<br />

Moment uns Herz ist. Ich kann mich<br />

durch die immer aus dem Augenblick<br />

entstehende Musik ausdrücken.»<br />

Berufspianist zu werden war nicht<br />

sein Ziel<br />

Studiert hat der Zürcher jedoch nie, das<br />

Konservatorium kam für ihn nicht in<br />

Frage, auch wenn Improvisation mittlerweile<br />

ein offizielles Studienfach ist. «Ich<br />

wollte bei meiner Musikwahl am Klavier<br />

einfach frei sein», begründet der Pianist<br />

seine Entscheidung. Es sei auch nie sein<br />

Ziel gewesen, Berufspianist zu werden.<br />

So hat Christoph Braun, der heute<br />

mit seinem Lebenspartner in Kilchberg<br />

wohnt, damals eine Ausbildung zum<br />

Musikalienhändler abgeschlossen. Und<br />

in dieser Branche ist er auch geblieben:<br />

Seit drei Jahren arbeitet Christoph<br />

Braun bei der Suisa, der Schweizerischen<br />

Verwertungsgenossen schaft für<br />

Urheber- und Nutzungsrechte. Dort ist<br />

er zuständig für die Schweizer Radiosender,<br />

die klassische Musik spielen.<br />

Eine wenig populäre Kunst<br />

Sein Klavierspiel hat Christoph Braun,<br />

der Weltstars wie Martha Argerich oder<br />

Evgeny Kissin bewundert, mit Privatunterricht<br />

weiterentwickelt. Und im<br />

Alter von 18 Jahren hat er sein erstes<br />

Konzert gegeben. «Da habe ich meine<br />

Freude entdeckt, vor Publikum zu spielen»,<br />

erinnert er sich. <strong>Die</strong> Anerkennung<br />

der Zuschauer hat ihn immer aufs Neue<br />

motiviert voranzukommen. Früher hat<br />

Christoph Braun sehr oft nach Noten<br />

gespielt, auch vor Publikum. Seit zehn<br />

Jahren aber tritt er ausschliesslich mit<br />

seinen Improvisationen auf. Neben<br />

kleineren Hauskonzerten im privaten<br />

Rahmen hat er im Durchschnitt einmal<br />

jährlich einen <strong>grosse</strong>n Auftritt.<br />

«Als improvisierender Pianist ist es<br />

allerdings nicht einfach, an Aufträge<br />

zu kommen», räumt Christoph Braun<br />

ein. Warum? «<strong>Die</strong> Kunst des Improvisierens<br />

ist schlicht weg zu wenig populär»,<br />

meint er. «<strong>Die</strong> Leute scheinen<br />

Vorurteile gegenüber dieser Aufführungspraktik<br />

zu haben. Wahrscheinlich<br />

befürchten sie, es würde sie etwas<br />

Skurriles, Experi mentelles oder einfach<br />

etwas Unbekanntes erwarten.» Aber damit<br />

lägen die Leute in der Tat falsch:<br />

Christoph Braun hat sein improvisiertes<br />

Klavierspiel nämlich der Tonalität<br />

verschrieben. Verwegene Auswüchse<br />

wie scheppernde Dissonanzen oder bizarre<br />

Klanggebilde, wie man sie heutzutage<br />

aus der atonalen Zwölfton- und<br />

Experimentalmusik kennt, sucht man<br />

bei Braun vergebens. Seine Musik ist<br />

durchwegs harmonisch, und es zeigt<br />

sich darin sein starker Hang zur Romantik<br />

des 19. und frühen 20. Jahrhunderts.<br />

«<strong>Die</strong> Tonalität bildet für mich wie<br />

FOTO: DANIEL BAUMANN<br />

38 <strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong>


Christoph Braun hat bereits im Alter<br />

von 18 Jahren sein ersten Konzert<br />

gegeben.<br />

Christoph Braun hat bereits im Alter von 18 Jahren sein erstes Konzert gegeben.<br />

«Es darf nicht<br />

willkürlich klingen.»<br />

ein Gerüst, an dem ich mich orientieren<br />

kann», sagt Braun. Dabei spielt er mit<br />

dynamischen Elementen wie Kontrast,<br />

Fülle oder Fluss und achtet stets auf<br />

ein Gleichgewicht zwischen Spannung<br />

und Entspannung. Christoph Brauns<br />

Stil ist von mehreren Komponisten der<br />

Romantik und auch der Moderne beeinflusst.<br />

Sei es Igor Strawinsky, Béla<br />

Bartók, Alexander Skrjabin, Franz Liszt,<br />

Sergej Rachmaninow, Modest Mussorgski,<br />

Sergej Prokofiew oder seit neuerem<br />

auch Ralph Vaughan Williams – deren<br />

Einfluss ist oft spürbar in Brauns Improvisationen,<br />

die im übrigen «vorbereitet»<br />

sind, wie er es nennt. Entstehen<br />

sie also doch nicht ad hoc? «Doch»,<br />

sagt er. «Bevor ich beginne, lege ich<br />

mir jedoch gedanklich eine Art Vorgabe<br />

zurecht in Form von festgelegten<br />

Akkorden und Harmonien. Sie sind wie<br />

eine Gedankenstütze für die jeweilige<br />

Improvisation, die sich aber – basierend<br />

darauf – spontan entwickelt.» <strong>Die</strong>ses<br />

Gerüst gibt Christoph Braun seinen<br />

Stücken, damit stets eine erkennbare<br />

«Architektur» vorhanden bleibt. «Es darf<br />

nicht willkürlich klingen.» Um sich und<br />

seinem Spiel selber noch mehr Raum zu<br />

geben, versieht er seine Stücke nie mit<br />

allzu konkreten Titeln. Vielmehr sind es<br />

eher stimmungsbezogene Bezeichnungen,<br />

welche den Charakter grosszügig<br />

umschreiben. «In Gedanken» etwa lautet<br />

so eine Überschrift oder «Wunschtraum».<br />

<strong>Die</strong> Freude an der Sache<br />

Bei seinen Improvisationen legt Braun<br />

erstaunliche technische Fertigkeiten<br />

zutage, die sich in einem so sauberen<br />

Spiel niederschlagen, als hätte er für<br />

jedes Stück doch Noten einstudiert –<br />

könnte man denken, wüsste mans nicht<br />

besser. So virtuos und turbulent wie<br />

eingängig und gefühlvoll zaubert der<br />

Zürcher harmonische Klangbilder aller<br />

Couleurs. Romantisch eben. Und so ist<br />

er auch im Privatleben, wie er sagt. «Ich<br />

bin auch selbst als Mensch ein Romantiker,<br />

mag es eher häuslich, unternehme<br />

gerne Reisen mit meinem Freund.»<br />

Beste Voraussetzungen für ihn, seine<br />

Fertigkeiten weiter zu entwickeln.<br />

«Mein Hauptanspruch an mich selbst<br />

ist, den Ausdruck beim Spiel noch zu<br />

verstärken und mich natürlich auch<br />

technisch zu verbessern.» Dass er mit<br />

seinen Improvisationen dereinst seinen<br />

Lebensunterhalt bestreiten kann, ist<br />

nicht sein Ziel. «Für mich ist die Freude<br />

an der Sache die Hauptmotivation.»<br />

Zweimal hat Christoph Braun bisher die<br />

Gelegenheit erhalten, mit seinem Klavierspiel<br />

Filme zu vertonen. Es handelte<br />

sich jeweils um eine Abschlussarbeit<br />

der Filmschule Zürich. «Das war eine<br />

grossartige Erfahrung. Das möchte ich<br />

gerne wieder tun», sagt Christoph Braun<br />

mit spürbarem Tatendrang. Eng mit solchen<br />

Vertonungen im Zusammenhang<br />

steht auch das Thema seines nächsten<br />

Konzerts unter der Überschrift «Internal<br />

Images». Musik, die Bilder hervorruft,<br />

erläutert Christoph Braun. Und das ist<br />

seine Mission, wenn er wieder vor einem<br />

gespannten Publikum improvisiert<br />

am Sonntag, 19. <strong>April</strong>, im Kulturhaus<br />

Helferei hinter dem Grossmünster in<br />

Zürich.<br />

Christoph Braun hören<br />

Christoph Brauns Tonträger sind auf<br />

seiner Webseite www.christophbraun.ch<br />

sowie bei iTunes und im Fachhandel<br />

erhältlich. Nächstes Konzert am<br />

19. <strong>April</strong> um 17.00 Uhr in der Helferei<br />

beim Grossmünster, Zürich.<br />

<strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong> 39


Special | «Pink Apple»-Filmfestival<br />

«Studio 54» –<br />

unbeschnitten<br />

Text: Michi Rüegg<br />

Nach mehr als 15 Jahren schafft es der Film «Studio 54» aus dem Closet<br />

heraus: Das «Pink Apple»-Filmfestival vom 29. <strong>April</strong> bis 10. Mai zeigt<br />

den neuen Director’s Cut des amerikanischen Streifens. So schwul, wie er<br />

eigentlich hätte sein sollen.<br />

1998 flackerte er über die Leinwände<br />

dieser Welt: der Film über den legendären<br />

New Yorker Club «Studio 54», damals<br />

in den Siebzigern. Doch was das<br />

Publikum zu sehen bekam, war nicht<br />

der Streifen, den Drehbuchautor und<br />

Regisseur Mark Christopher im Kopf<br />

hatte. Es sei eigentlich ein dunkler Film<br />

«<strong>Die</strong> Hälfte der<br />

Zuschauer rümpfte ob<br />

so viel sexueller Extravaganz<br />

die Nase.»<br />

gewesen, einer für ein urbanes, avantgardistisches<br />

Publikum, sagt Christopher<br />

heute. Doch die Produzenten des<br />

Filmstudios «Miramax» setzten das<br />

Werk einem Testpublikum in ländlichen<br />

Einkaufszentren vor. <strong>Die</strong> Hälfte der Zuschauer<br />

rümpfte ob so viel sexueller<br />

Extravaganz die Nase. Vor allem die<br />

Gay-Elemente vermochten die latent<br />

homophoben Testwatcher nicht so richtig<br />

zu begeistern.<br />

Also zogen die Produzenten die<br />

Notbremse. Zu vielversprechend war<br />

der Cast – mit Selma Hayek und Mike<br />

Myers in Hauptrollen –, als dass sie den<br />

Film am Mainstream vorbei in die Kinos<br />

bringen wollten. Sie setzten Regisseur<br />

Christopher einen Haufen Szenen vor,<br />

die er neu zu drehen hatte. Der Rohschnitt<br />

des Films wurde umgekrempelt<br />

und durch neue Handlung ergänzt. Aus<br />

der bisexuellen Hauptfigur Shane, einem<br />

Jersey-Boy, der in der <strong>grosse</strong>n<br />

Stadt in die höchste Liga des Nachtlebens<br />

emporsteigt, wurde ein strammer<br />

Hetero. Und aus einer kleinen weiblichen<br />

Nebenrolle machten die Miramax-<br />

Leute in der Mainstreamfassung Shanes<br />

Angebetete.<br />

Zehn Jahre nachdem der Film erschienen<br />

war, 2008, schnitt Mark<br />

Christopher den Film zu seinem Director’s<br />

Cut um. Er eliminierte 25 Minuten<br />

Material, das nach dem offiziellen<br />

Dreh ende beigemischt wurde.<br />

Und fügte 36 Minuten ein, die damals<br />

den Zuschauern nicht zugemutet<br />

wurden. Ganz so leicht wie es sich liest,<br />

gestaltete sich die Prozedur allerdings<br />

nicht: <strong>Die</strong> Archive von «Miramax» waren<br />

erst bei den Weinstein-Brüdern,<br />

gingen dann zu Disney und später zurück<br />

zur umfirmierten Miramax. Zudem<br />

war das Material auf zwei Länder<br />

verteilt, denn nur einige Szenen waren<br />

in New York gedreht worden, der<br />

Rest entstand in Kanada. <strong>Die</strong> neuen<br />

Leute bei Miramax mit der Idee eines<br />

«Nicht selten wurden<br />

allzu homosexuell<br />

anmutende Geschichten<br />

am Schnittpult<br />

neu tralisiert.»<br />

neuen, originalen «Studio 54», fanden<br />

letztlich kistenweise VHS-Kassetten,<br />

mithilfe derer Christopher schliesslich<br />

seinen Director’s Cut fertigstellen konnte<br />

– auf den Kisten war vermerkt «to be<br />

destroyed» – sie sollten eigentlich vernichtet<br />

worden sein.<br />

Es ist ein Fall von vielen, die<br />

Holly woods Selbstzensur demonstrieren<br />

– nicht selten wurden allzu homosexuell<br />

anmutende Geschichten am<br />

Schnittpult neutralisiert. Doch diese<br />

Geschichte hat ein Happy End: <strong>Die</strong> neue<br />

Fassung aus der Hand ihres Autors und<br />

Regisseurs wurde 2008 insgeheim am<br />

schwullesbischen Filmfestival von Los<br />

Angeles – «Outfest» – gezeigt. Das Publikum<br />

war von der neuen Fassung begeistert.<br />

An der diesjährigen Berlinale<br />

wurde «Studio 54» erstmals einem breiten<br />

Publikum gezeigt. Und anlässlich<br />

des diesjährigen «Pink Apple»-Filmfestivals<br />

in Zürich und Frauenfeld wird<br />

der unbeschnittene Film nun erstmals<br />

in der Schweiz gezeigt.<br />

FOTO: ZVG<br />

40 <strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong>


18. Pink Apple –<br />

die Schwerpunkte<br />

Volljährig: Es ist soweit, das grösste<br />

schwullesbische Filmfestival der<br />

Schweiz feiert seinen 18. Geburtstag.<br />

Als erwachsenes Festival darf «Pink<br />

Apple» natürlich auch Filme zeigen, die<br />

unter der Gürtellinie etwas mehr Härte<br />

zeigen. Der portugiesische Künstler Antonio<br />

Da Silva wird darum unter anderem<br />

ein paar seiner Werke präsentieren,<br />

denen man getrost eine gewisse Pornografie<br />

zugestehen kann.<br />

Kuba: Einen weiteren Schwerpunkt<br />

bildet das Thema «Homosexualität in<br />

Kuba». Auf der kommunistischen Karibikinsel<br />

ist seit 2008 ein Gesetzesvorschlag<br />

im Parlament hängig, der homosexuelle<br />

Partnerschaften anerkennen<br />

will. Bis dato gelangte er allerdings<br />

nicht zur Abstimmung. Interessanterweise<br />

lieferte gerade Kuba einen der<br />

interessantesten Gay-Filme der Neunzigerjahre:<br />

«Fresa y chocolate», ein<br />

Werk des heimischen Regisseurs Tomás<br />

Gutiérrez Alea. Der Film wurde vom<br />

kubanischen Filminstitut mitproduziert<br />

und im In- und Ausland gefeiert. Zwanzig<br />

Jahre später liegt ein neuer Beitrag<br />

aus Kuba auf dem Tisch: «Vestido de<br />

novia» von Marilyn Solaya, ein Film<br />

über eine Transgenderfrau im Jahr 1994.<br />

«Pink Apple» wirft einen Blick zurück.<br />

Lionel Baier: Vor 15 Jahren dokumentierte<br />

der Walliser Filmemacher<br />

Lionel Baier die Vorbereitungen für die<br />

«Gay Pride» in Sion. <strong>Die</strong>ses Jahr findet<br />

die Demonstration erneut im Hauptort<br />

des Alpenkantons statt. Aus Lionel<br />

Baier ist mittlerweile ein Shootingstar<br />

der Schweizer Filmszene geworden.<br />

70 Jahre Kriegsende: In den Konzentrationslagern<br />

des 3. Reiches fanden<br />

nicht nur Millionen Juden den Tod,<br />

auch Schwule, Lesben und Angehörige<br />

anderer Minderheiten wurden systematisch<br />

vernichtet. «Pink Apple» gedenkt<br />

des Endes des Zweiten Weltkriegs mit<br />

einer Filmauswahl, die den Blick auf<br />

Zürich in den Kriegsjahren wirft und<br />

befasst sich mit Oskar Wälterlin, dem<br />

damaligen (schwulen) Direktor des<br />

Schauspielhauses.<br />

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<strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong> 41


Reportage | Heiratsstrafe<br />

Heiraten «lohnt» sich<br />

nicht<br />

Text: Martin Ender<br />

Wer nicht unnötig Steuern zahlen will, tut gut daran, weder zu heiraten<br />

noch die Partnerschaft eintragen zu lassen. Noch immer gibt es die<br />

«Heiratsstrafe». <strong>Die</strong>se Steuerbenachteiligung soll nun endlich abgeschafft<br />

werden. <strong>Die</strong> Familienpartei CVP kämpft gegen diese Ungerechtigkeit –<br />

und hat dabei in ein Wespennest gestochen.<br />

Eigentlich sollte mit der Initiative bloss<br />

eine steuerliche Ungerechtigkeit bereinigt<br />

werden, die zwischen Verheirateten<br />

und Konkubinatspaaren unbestritten<br />

besteht. Doch mit dem Ansinnen<br />

«Seit über dreissig<br />

Jahren tut sich der Staat<br />

schwer beim Thema<br />

‹Heiratsstrafe›.»<br />

einer Festschreibung der Ehe als Lebensgemeinschaft<br />

von Mann und Frau<br />

in der Verfassung hat die CVP in ein<br />

Wespennest gestochen. Schwule und<br />

Lesben und deren Organisationen kritisierten<br />

als Erste eine Textpassage, die<br />

in der Initiative «Für Ehe und Familie –<br />

gegen die Heiratsstrafe» der CVP stand.<br />

Denn damit würde eine Weiterentwicklung<br />

der eingetragenen Partnerschaft in<br />

Richtung Gleichstellung mit der Ehe für<br />

alle Zeiten verunmöglicht. Aus einem<br />

scheinbar rein fiskalischen Problem ist<br />

inzwischen eine breite gesellschaftspolitische<br />

Diskussion entstanden – CVP<br />

sei Dank.<br />

Seit über dreissig Jahren tut sich der<br />

Staat schwer beim Thema «Heiratsstrafe».<br />

Aus dem Jahre 1984 liegt ein wegweisendes<br />

Urteil des Bundesgerichts<br />

vor, wonach der Steuergesetzgeber bei<br />

der progressiven Besteuerung Ehepaare<br />

im Verhältnis zu Alleinstehenden<br />

angemessen entlasten muss. Eine Präzisierung<br />

im Jahr 1994 ergab, dass ab<br />

zehn Prozent Differenz von einer Diskriminierung<br />

ausgegangen werden<br />

kann. Viele Kantone haben seitdem ihre<br />

42 <strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong><br />

Warum müssen verheiratete Paare eigentlich mehr Steuern bezahlen?<br />

Steuergesetzgebungen entsprechend<br />

angepasst, während auf eidgenössischer<br />

Ebene die Benachteiligung von<br />

Ehepaaren – und inzwischen auch von<br />

eingetragenen Partnerschaften – weiter<br />

besteht.<br />

<strong>Die</strong> CVP-Initiative<br />

Zur jüngsten Chronolgie: Im Oktober<br />

2011 stand fest, dass die CVP eine Initiative<br />

gegen die Heiratsstrafe lancieren<br />

würde. Markus Hungerbühler – Vizepräsident<br />

CVP Kanton Zürich, Präsident<br />

CVP Stadt Zürich, Vize-Fraktionspräsident<br />

und Gemeinderat der Stadt<br />

Zürich – sprach damals mit dem <strong>Cruiser</strong>.<br />

Der «in eingetragener Partnerschaft»<br />

Lebende rief zur Unterschriftensammlung<br />

auf und begründete dies mit den<br />

Worten: «Ich zahle mit meinem Partner<br />

zusammen bei den Steuern den höheren<br />

Ehepaar-Tarif. Ich sehe nicht ein, warum<br />

wir mehr Steuern zahlen sollen (...) Da<br />

gibt es einen Handlungsbedarf.» Er gestand<br />

aber auch ein, dass der Text «<strong>Die</strong><br />

Ehe ist die auf Dauer angelegte und gesetzlich<br />

geregelte Lebensgemeinschaft<br />

von Mann und Frau», der in die Bundesverfassung<br />

aufgenommen werden sollte,<br />

unglücklich sei. Er habe denn auch intern<br />

darauf hingewiesen.<br />

Am 5. November 2012 reichte die<br />

CVP mit 120 161 gültigen Unterschriften<br />

ihre Initiative «für Ehe und Familie<br />

- gegen die Heiratsstrafe» ein. <strong>Die</strong><br />

Familienpartei hielt weiterhin am traditionellen<br />

Familienbegriff fest. Von<br />

der Initiative profitieren sollten alle<br />

verheirateten Paare. <strong>Die</strong>jenigen, welche<br />

das traditionelle Einverdiener-Fami­<br />

FOTO: SHUTTERSTOCK-ARROWSTUDIO


lienmodell leben, Doppelverdienerpaare,<br />

Paare, bei denen ein Partner einer<br />

Teilzeitarbeit nachgeht und vor allem<br />

auch Rentnerpaare. Da «in eingetragener<br />

Partnerschaft» Lebende steuerlich<br />

den Verheirateten gleichgestellt sind,<br />

würden ja auch sie automatisch in den<br />

Vorteil einer Steuerentlastung kommen.<br />

Entwurf des Bundesrates<br />

Inzwischen nahm auch der Bundesrat<br />

wieder einen Anlauf und arbeitet einen<br />

Vorschlag aus. Trotz Steuerausfällen in<br />

Milliardenhöhe wollte man endlich die<br />

letzte Ungleichbehandlung von Eheund<br />

Konkubinatspaaren bei den Steuern<br />

beheben. Doch das Projekt ist auf<br />

wenig Anklang gestossen, um nicht zu<br />

sagen, es wurde in der Vernehmlassung<br />

zerrissen. So ist auch der spätere Vorwurf<br />

von Evelyn Widmer-Schlumpf an<br />

den Ständerat zu verstehen: «Warum<br />

sagen Sie nicht, was Sie wollen? Warum<br />

wollen Sie noch einmal während<br />

Jahren darüber diskutieren, was Sie<br />

wollen? Wir diskutieren ja schon seit<br />

Jahren.» Der Bundesrat war leicht verärgert<br />

und beschloss im Herbst 2013,<br />

die CVP-Initiative mit gleichem Ziel zu<br />

unterstützen. Er verabschiedete die Botschaft<br />

zur Initiative und leitete sie an<br />

das Parlament weiter – samt der fragwürdigen<br />

Familien-Definition. Heisse<br />

Debatten in den beiden Räten waren<br />

damit vorprogrammiert.<br />

Heftige Diskussionen in den Räten<br />

Dezember 2014: Der Nationalrat befasste<br />

sich mit der Initiative. Hans-Peter<br />

Portmann (FDP, ZH) setzte ein klares<br />

Zeichen in seiner Argumentation vor<br />

den Räten: «Man kann diese Volksinitiative<br />

drehen und wenden, wie man<br />

will: Es ist keine steuerpolitische Frage,<br />

es ist keine finanzpolitische Frage – es<br />

ist eine gesellschaftskulturelle Frage».<br />

Er stellte auch die rhetorische Frage, ob<br />

dem Staat die Institution einer gewählten<br />

Lebensform, sprich Lebensgemeinschaft,<br />

an sich von Nutzen sei, oder<br />

eben nicht vielmehr die Tatsache, dass<br />

sich zwei Menschen in einer Kleinst­<br />

«Es ist keine steuerpolitische<br />

Frage, und<br />

keine finanzpolitische<br />

Frage – es ist eine<br />

gesellschaftskulturelle<br />

Frage.»<br />

gemeinschaft verpflichten, füreinander<br />

zu sorgen und damit auch dem Staat<br />

Aufgaben und Verantwortung abnehmen<br />

und ihn entlasten. <strong>Die</strong> Gesellschaft<br />

sieht heute anders aus als noch vor ein,<br />

zwei Generationen. <strong>Die</strong> Statistikzahlen<br />

von 2013 zeigen, dass in allen Schweizer<br />

Privathaushalten 57 Prozent der erwachsenen<br />

Personen nicht in einer Ehe<br />

leben. 35 Prozent der Haushalte sind<br />

Einzelhaushalte. 28 Prozent sind kinderlose<br />

Paarhaushalte und 10 Prozent<br />

sind Mehrpersonenhaushalte. <strong>Die</strong> traditionellen<br />

Familienhaushalte machen<br />

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Reportage | Heiratsstrafe<br />

gerade einmal 27 Prozent der Haushalte<br />

aus. <strong>Die</strong> Wirtschaftskommission des<br />

Nationalrats (WAK) hat dem Volksbegehren<br />

einen direkten Gegenvorschlag<br />

gegenübergestellt, der ohne die umstrittene<br />

Ehe-Definition auskommt.<br />

«<strong>Die</strong> traditionellen<br />

Familienhaushalte<br />

machen gerade einmal<br />

27 Prozent der Haushalte<br />

aus.»<br />

Schliesslich beschloss der Nationalrat,<br />

die Initiative, falls sie nicht zurückgezogen<br />

wird, zusammen mit dem Gegenvorschlag<br />

Volk und Ständen zur Abstimmung<br />

zu unterbreiten. Gleichzeitig<br />

wurde auch eine Fristverlängerung bis<br />

2016 eingeräumt.<br />

Wir brauchen neue Familienmodelle<br />

In der Kleinen Kammer wurde die<br />

Vorlage anfangs März ebenfalls intensiv<br />

debattiert. Für Kritik sorgte vor allem<br />

die konservative Definition der Ehe.<br />

Der Ständerat sagte deshalb nein zur<br />

Initiative und nein zum CVP-Gegenvorschlag.<br />

Ein Aufatmen ging durch die<br />

Community. Doch die Bombe platze unerwartet<br />

in der Schlussabstimmung vom<br />

18. März: Nein auch zum direkten Gegenvorschlag.<br />

Damit ist die Festschreibung<br />

des CVP-Ehebegriffs in der Verfassung<br />

wieder im Rennen! <strong>Die</strong> Initiative<br />

wird wohl so vors Volk kommen, auch<br />

wenn die Vorlage in der Sommersession<br />

nochmals in den Nationalrat zurückgeht.<br />

Wegen der neuen Ausgangslage<br />

müssen die Räte noch einmal über ihre<br />

Abstimmungsempfehlung entscheiden.<br />

Der finanzielle Aspekt<br />

Wer ist eigentlich wirklich betroffen<br />

von der Heiratsstrafe? In der Regel sind<br />

es vor allem die höheren Einkommen.<br />

Doch drei Beispiele, in denen das gemeinsame<br />

Einkommen angenommene<br />

100 000 Franken beträgt, zeigen, dass<br />

die Sache so einfach nicht ist. Verdient<br />

der eine Partner 75 000 Franken und<br />

der andere 25 000 Franken, so fährt<br />

dieses Paar bei der Individualbesteuerung<br />

aufgrund der Progression per<br />

saldo schlechter als ein Paar mit Einkommen<br />

von je 50 000 Franken, und<br />

Ein-Verdiener-Paare mit einem Einkommen<br />

von 100 000 Franken fahren<br />

noch schlechter – obwohl die Haushalte<br />

in allen drei Fällen wirtschaftlich<br />

gleich dastehen. Gemäss dem<br />

Bundesrat sind noch rund 80 000 Ehepaare<br />

gegenüber Konkubinatspaaren<br />

schlechter gestellt. Mit andern Worten:<br />

<strong>Die</strong> Heiratsstrafe existiert zwar, aber in<br />

geringerem Ausmass, als die öffentliche<br />

und jahrelange Diskussion<br />

vermuten lässt. Was hat<br />

nun die ganze Diskussion<br />

gebracht? Eine Volksabstimmung,<br />

die nicht nur<br />

fiskalische Ungerechtigkeiten<br />

aus dem Weg räumen,<br />

sondern vor allem<br />

den Weg ebnen kann für<br />

einen weiter gefassten Familienbegriff.<br />

Selbst die<br />

CVP hat verlauten lassen,<br />

dass sie der steuerlichen<br />

Sache zuliebe auf den<br />

engen Familienbegriff in<br />

der Verfassung verzichten<br />

will. Weitergehende und<br />

ernst zu nehmende Ideen<br />

dazu liegen schon auf dem<br />

Tisch.<br />

«Von der Heirats strafe<br />

sind in der Regel vor<br />

allem die höheren<br />

Einkommen betroffen.»<br />

Neue Familienmodelle<br />

Rund um den Zürcher FDP-Nationalrat<br />

Hans-Peter Portmann hat sich eine<br />

überparteiliche Gruppe mit 13 Parlamentariern<br />

aus allen Parteien gebildet,<br />

die sich in der Interessengemeinschaft<br />

«Gesellschafts-Liberale ParlamentarierInnen»<br />

zusammengefunden haben.<br />

<strong>Die</strong>se hat sich zum Ziel gesetzt, «ohne<br />

Scheuklappen» einen Dialog über gesellschaftspolitische<br />

Reformen zu führen.<br />

Man sieht dabei drei Lebensformen,<br />

die dem gesetzlichen Schutz unterstellt<br />

sein sollten. Erstens, die traditionelle<br />

Ehe zwischen Mann und Frau, wie sie<br />

heute besteht. Zweitens, die eingetragene<br />

Partnerschaft; sie soll offen sein<br />

für hetero- wie auch für homosexuelle<br />

Paare. Drittens, die «erweiterte Lebensgemeinschaft»<br />

für Formen wie die<br />

Patchwork-Familie, Geschwister, die<br />

ihr Leben gemeinsam verbringen, oder<br />

Hausgemeinschaften mit Kindern von<br />

verschiedenen Eltern.<br />

«<strong>Die</strong> eingetragene<br />

Partnerschaft soll offen<br />

sein für hetero- wie<br />

auch für homosexuelle<br />

Paare.»<br />

Ausserdem haben die Grünliberalen<br />

einen Fraktionsvorstoss für eine «Ehe<br />

für alle» gemacht. Mit 12 zu 9 Stimmen,<br />

bei einer Enthaltung, leistete die<br />

Kommission der Initiative «Ehe für alle»<br />

Folge. <strong>Die</strong> Initiative fordert, dass alle<br />

rechtlich geregelten Lebensgemeinschaften<br />

für alle Paare geöffnet werden,<br />

ungeachtet ihres Geschlechts oder ihrer<br />

sexuellen Orientierung. Auch gleichgeschlechtliche<br />

Paare sollen also heiraten<br />

können, und heterosexuelle Paare<br />

sollen eine eingetragene Partnerschaft<br />

eingehen können. Stimmt die Kommission<br />

des Ständerates ebenfalls zu,<br />

kann die Nationalratskommission einen<br />

Erlass-Entwurf ausarbeiten, über den<br />

dann das Parlament befinden würde.<br />

Weil es um eine Verfassungsänderung<br />

geht, hätte das Volk das letzte Wort.<br />

<strong>Die</strong>s zum Schluss: Ehe und die eingetragene<br />

Partnerschaft lohnen sich<br />

durchaus. Wer in Franken denkt, denke<br />

an den Wegfall der Erbschaftsteuer.<br />

Aber natürlich stehen da noch andere<br />

Werte ganz oben, wie zum Beispiel die<br />

partnerschaftliche Zusammengehörigkeit.<br />

FOTO: FOTOLIA-ARTIKULARIS<br />

44 <strong>Cruiser</strong> <strong>April</strong> | <strong>2015</strong>


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