18.04.2015 Aufrufe

Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Titelthema<br />

lichen <strong>und</strong> kommerziellen Eckpunkte der Finanzierungstransaktion<br />

verständigen. Typische Inhalte eines Term Sheets sind beispielsweise<br />

die Konditionen des Kredits (Kreditvolumen, Laufzeit, Zinsen, Tilgungsprofil,<br />

etc.) oder eine etwaige Syndizierung des Kredits, d.h.<br />

die mögliche spätere Übertragung eines Teils des Kredits an weitere<br />

Banken oder Investoren. Sinn <strong>und</strong> Zweck einer solchen Syndizierung<br />

ist die Verteilung des mit dem Kredit verb<strong>und</strong>enen Einzelrisikos auf<br />

mehrere Darlehensgeber. Neben diesen sogenannten echten Konsortialkrediten<br />

gibt es noch sogenannte unechte oder dezentralisierte<br />

Konsortialkredite, in der Praxis Club Deals genannt, deren Bedeutung<br />

nicht zuletzt bedingt durch die Finanzmarktkrise in den vergangenen<br />

Jahren erheblich angestiegen ist. Anders als bei einem echten<br />

Konsortialkreditvertrag wird bei einem Club Deal der vollständige<br />

Kreditbetrag von Anfang auf die teilnehmenden Banken verteilt.<br />

II. Darlehensnehmer<br />

Bei internationalen Projektfinanzierungen werden als Darlehensnehmer<br />

in der Regel sogenannte Zweckgesellschaften („Single Purpose<br />

Company“– SPC) eingeschaltet, die häufig Eigentümer der finanzierten<br />

Gegenstände oder Gr<strong>und</strong>stücke sind, auf denen die finanzierte<br />

Anlage errichtet werden soll. Durch die Verwendung einer SPC<br />

<strong>und</strong> der damit einhergehenden gesellschaftsrechtlichen Isolierung<br />

des Projekts wird schließlich - sofern im Einzelfall nicht seitens der<br />

Projektinitiatoren (Sponsoren) Garantien gegeben oder mit diesen<br />

Nachschussverpflichtungen vereinbart sind - die für Projektfinanzierungen<br />

typische limited recourse Strukur bewirkt, d.h. der Rückgriff<br />

der das Projekt finanzierenden Banken ist auf die von den Sponsoren<br />

bezüglich des SPC erbrachten Eigenkapitaleinlage beschränkt <strong>und</strong><br />

kann nicht auf das sonstige Vermögen der Sponsoren erfolgen.<br />

III. Mehrstufige Finanzierungen<br />

<strong>Die</strong> Finanzierung von Großprojekten wie beispielsweise Windparks<br />

ist aufgr<strong>und</strong> der regelmäßig sehr hohen Investitionsvolumina häufig<br />

nicht mehr alleine durch Eigenkapital <strong>und</strong> vorrangiges Fremdkapital<br />

(sogenannte Senior Loans) zu bewerkstelligen. Es wird daher auf<br />

mehrstufige Finanzierungsstrukturen zurückgegriffen, bei denen<br />

nachrangige Darlehensgeber (Junior Lenders) mit ihren Rückzahlungsansprüchen<br />

<strong>und</strong> Sicherheiten hinter den erstrangigen Banken<br />

(Senior Lenders) zurücktreten <strong>und</strong> sich das damit verb<strong>und</strong>ene Risiko<br />

regelmäßig mit einem erhöhten Zinssatz vergüten lassen. Zusätzlich<br />

wird vielfach auf ergänzende Formen der Finanzierung zurückgegriffen,<br />

wie beispielsweise Mezzanine-Darlehen oder Bonds. Mezzanine-Kapital<br />

stellt eine Mischform aus Eigen- <strong>und</strong> Fremdkapital<br />

dar, das sowohl eigenkapitalnah (beispielsweise in Form einer stillen<br />

Beteiligung mit Gewinn- <strong>und</strong> Verlustbeteiligung, sogenanntes Equity<br />

Mezzanine) oder auch fremdkapitalnah ausgestaltet werden kann<br />

(sogenanntes Debt Mezzanine). Mezzanine Kredite sind, wie die bereits<br />

oben erwähnten Junior Loans, gegenüber Senior Loans nachrangig.<br />

Ein weiteres Charakteristikum von Mezzanine-Kapital ist, dass<br />

es in der Krise vorrangig vor dem Eigenkapital zurückgezahlt werden<br />

muss.<br />

Um die Rechte der Senior-, Mezzanine- <strong>und</strong> Junior-Kreditgeber untereinander<br />

aber auch im Verhältnis zu den Kreditnehmern <strong>und</strong> ihre<br />

Gesellschaften zu koordinieren, wird eine Interkreditorenvereinbarung<br />

(„Intercreditor Agreement“, ICA) abgeschlossen. Das ICA regelt das Verhältnis<br />

aller Darlehensgeber <strong>und</strong> Darlehensnehmer <strong>und</strong> trifft im Wesentlichen<br />

Regelungen über die Rangfolge der Gläubigerbefriedigung<br />

im Falle der Verwertung der für die Darlehen bestellten Sicherheiten.<br />

IV. Darlehensdokumentation<br />

Dokumentationen von internationalen Projektfinanzierungen werden<br />

beinahe ausschließlich in englischer Sprache erstellt. <strong>Die</strong> erforderlichen<br />

Verträge wurden lange Zeit <strong>und</strong> werden auch heute noch<br />

häufig auf Gr<strong>und</strong>lage englischen oder US-amerikanischen Rechts<br />

(insbesondere nach dem Recht des B<strong>und</strong>esstaats New York) erstellt.<br />

Nachdem die Loan Market Association (LMA) mit Sitz in London<br />

bereits vor einiger Zeit auch ein Vertragsmuster für einen Kreditvertrag<br />

nach deutschen Recht entworfen <strong>und</strong> zur Verfügung gestellt<br />

hat, wird in internationalen Projektfinanzierungen nach <strong>und</strong> nach<br />

auch die Wahl deutschen Rechts akzeptiert. Der Einfluss des angloamerikanischen<br />

Rechts, insbesondere die ausführliche Regelung der<br />

relevanten Sachverhalte, ist allerdings auch bei dem deutschrechtlichen<br />

Vertragsmuster der LMA deutlich spürbar: Nach englischem<br />

Recht können Regelungslücken im Vertrag nicht ohne weiteres im<br />

Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden <strong>und</strong><br />

es kommt auf den von den Parteien mit einer Klausel verfolgten<br />

Zweck an, wenn sich insoweit keine Andeutung im Vertrag findet.<br />

<strong>Die</strong> ausführliche Regelung der Sachverhalte mag die Kreditverträge<br />

zwar mitunter sehr umfangreich werden lassen, sie hat andererseits<br />

aber den Vorteil, dass die Regelungen des Kreditvertrages auch für<br />

ausländische Beteiligte aus sich heraus ohne Kenntnis der deutschen<br />

Gesetze verständlich sind.<br />

V. Kreditsicherheiten<br />

Der oder die Kreditgeber sind naturgemäß an einer umfänglichen<br />

Besicherung der ausgereichten Kredite interessiert. Bei Konsortialkrediten<br />

werden die für die Besicherung des Kredits vom Darlehensnehmer<br />

<strong>und</strong> gegebenenfalls von Drittsicherheitengebern gestellten<br />

Sicherheiten häufig durch einen Sicherheitentreuhänder (Security<br />

Agent) treuhänderisch für die Konsortialbanken verwaltet. <strong>Die</strong> entsprechenden<br />

Regelungen dieser - rechtlich als entgeltliche Geschäftsbesorgung<br />

zu verstehende - Verwaltung werden, wenn sie nicht Teil<br />

des Kreditvertrages sind, Teil des Intercreditor Agreements sein.<br />

Als Weichenstellung für die Sicherheitenstruktur stellt sich bei internationalen<br />

Projektfinanzierungen zunächst die Frage, nach welcher<br />

Rechtsordnung sich die Bestellung eines Sicherungsrechtes an dem<br />

jeweiligen Vermögenswert richtet. Ferner ist nach der Art des in<br />

Betracht kommenden Sicherungsguts zu differenzieren: Immobilien,<br />

bewegliche Sachen sowie Forderungen <strong>und</strong> Rechte. Aus Sicht des<br />

deutschen internationalen Privatrechts richtet sich die Begründung<br />

<strong>und</strong> Übertragung dinglicher Rechte, vor allem bei Kreditsicherheiten<br />

an beweglichen <strong>und</strong> unbeweglichen Sachen, gr<strong>und</strong>sätzlich nach dem<br />

Belegenheitsort der jeweiligen Sache (lex rae sitae).<br />

Bei der Errichtung von zum Beispiel Windparks wird eine Vielzahl<br />

von Komponenten regelmäßig mit unterschiedlichsten Beförderungsmitteln<br />

aus verschiedenen Ländern an den Projektstandort<br />

gebracht. Aus Sicht der kreditgebenden Bank stellt sich die Frage,<br />

wie sie trotz dieser Mobilität dingliche Sicherungsrechte an den einzelnen<br />

Komponenten erlangen kann. Bei in Deutschland lagernden<br />

Windkraftturbinen könnte der Bank ein Sicherungsrecht im Wege<br />

einer Sicherungsübereignung eingeräumt werden. Fraglich <strong>und</strong> zusammen<br />

mit ausländischen Anwälten zu prüfen wäre aber, was mit<br />

dem deutschen Sicherungsrecht der Bank passiert, wenn die Turbinen<br />

auf einem Binnenschiff von Süddeutschland auf der Donau<br />

über Österreich nach Ungarn zum dortigen Projektstandort gebracht<br />

würden. Wäre das Sicherungsrecht beispielsweise in Österreich noch<br />

für den Sicherungsnehmer vollstreckbar? Und was passiert, wenn<br />

12<br />

<strong>Iurratio</strong><br />

Ausgabe 1 / 2013

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!