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tour‘s Naturtourismus<br />
Spagat der Augen – Wenn die Masse der Brassen<br />
der Seltenheit der Großtrappe Konkurrenz macht<br />
Besuch im Naturpark Westhavelland<br />
▲ Nur der frühe Vogel fängt den Fisch, vor sieben Uhr geht es auf den Hohennauener See.<br />
Ich blickte hoch: Ob sie da wohl fliegt?<br />
Und als dort was flog, war’s eine Ente.<br />
Minuten später segelte im grau-roten<br />
Morgenhimmel ein Storch, schön anzusehen,<br />
edel, doch zu dem, was ich mir<br />
wünschte, war’s auch nur zweite Wahl.<br />
„Die Großtrappe sichten Sie weiter südöstlich,<br />
im Havelländischen Luch“, sagte<br />
Wolfgang Schröder, der Fischer, auf<br />
dessen Boot „BELINDA“ ich am 20. Juli<br />
morgens um sieben auf den Hohennauener<br />
See das Gleichgewicht zu halten<br />
versuchte. Wenn der Fischer nicht so<br />
schelmisch gegrinst hätte, als wollte er<br />
sagen: „Die Trappe tut’s nicht für jeden!“<br />
schon als Kind Fischer werden, als Fünfjähriger.<br />
Ich habe viel geangelt, alles,<br />
was man hier in der Gegend so findet,<br />
auch Zander, Hechte und Forellen. Mein<br />
Vater hat ja auch diesen Beruf ausgeübt,<br />
ich bin Fischer in der vierten Generation<br />
oben auf dem Hof in Strodehne zwischen<br />
Havelberg und Rathenow. Mit sechzehn<br />
habe ich meine Lehre begonnen, zwei<br />
Jahre hat’s gedauert, dann war ich Binnenfischer<br />
der DDR.“<br />
Er sprang auf das andere Boot, es<br />
waren vier insgesamt, dazu fünf Helfer,<br />
die ihre jeweilige Aufgabe offenbar<br />
kannten, denn der Meister hatte kaum<br />
zu dirigieren: Eins der Boote fuhr davon<br />
– mit einer Hälfte des grünen Schleppnetzes,<br />
das nach und nach ins Wasser<br />
geworfen wurde – während ein anderes<br />
Boot mit der zweiten Netzhälfte in der<br />
entgegengesetzten Richtung im Nebel<br />
verschwand. Ich blickte zum Ufer, sah<br />
von Krähen bewohnte Kopfweiden und<br />
vor dem saftiggrünen Schilfgras nichts<br />
als Teppiche blühender Seerosen.<br />
Der Fischer kam zurück, zupfte an der<br />
Gummihose, in der er fast bis zu den<br />
Achseln steckte, und sagte: „‘88 fing ich<br />
an, für die Genossenschaft zu arbeiten,<br />
am Gülper See draußen, und ‘90 habe<br />
ich mich mit meinem Vater selbständig<br />
gemacht.“ Der Meister hob den Kopf,<br />
rümpfte die Nase, als konnte er den Fisch<br />
im Wasser – die Brasse, die Makrele, die<br />
Plötze – riechen, den Bestand unterm<br />
Kiel abschätzen. Hätte er mir mit seiner<br />
erfahrungsschwangeren Stimme gesagt:<br />
Da unten schlängeln hundertvierzehn<br />
Aale – ich hätte es ihm geglaubt.<br />
Ich betrachtete die glitzernden Lücken<br />
zwischen den Seerosen, wo sich der<br />
Morgenhimmel wie blaue Blätter spiegelte,<br />
entdeckte einen Riesenbarsch, der<br />
sich im Nu in einen Ast verwandelte, hörte<br />
Auf dem Weg hierher hatte ich mir eingebildet,<br />
eine entdeckt zu haben, auf der<br />
B5 zwischen Ribbeck und Selbelang auf<br />
der linken Seite über den Bäumen der<br />
Ribbecker Heide, etwas Braungeschecktes-Schwarz-Weiß-Großes<br />
flog da, und<br />
seitdem schaute ich alle paar Minuten<br />
nach oben, ob ich das seltene Tier nicht<br />
vielleicht doch vor die Kamera bekommen<br />
könnte. „Also“, sagte der Fischer, und<br />
ich senkte meinen Blick wieder, denn ich<br />
hatte ihm eine Frage gestellt. „Ich wollte<br />
► Beim kreisförmigen Einziehen des 450<br />
Meter langen und 16 Meter hohen Netzes<br />
kennt jeder im Team seine Aufgabe. Meister<br />
Wolfgang Schröder (l.) muss kaum dirigieren.<br />
10 02-2011