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Kölner Kliniken in der NS-Zeit - Arcor.de

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Zu <strong>de</strong>n wissenschaftlichen<br />

Schwerpunkten <strong>de</strong>s 1925 <strong>in</strong> Königsberg<br />

habilitierten Gynäkologen<br />

Naujoks zählten Metho<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Sterilisierung und Indikationen zur<br />

Schwangerschaftsunterbrechung, die<br />

er aus eugenischen Grün<strong>de</strong>n for<strong><strong>de</strong>r</strong>te.<br />

Naujoks blieb bis 1945 <strong>in</strong> Köln, folgte<br />

dann e<strong>in</strong>em Ruf nach Marburg, wo<br />

ihn die Militärregierung entließ. Doch<br />

konnte er se<strong>in</strong>e Karriere bald unbehelligt<br />

fortsetzen. Er erhielt 1947 e<strong>in</strong>en<br />

Lehrstuhl <strong>in</strong> Frankfurt und wur<strong>de</strong><br />

1951 von <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>särztekammer<br />

beauftragt, e<strong>in</strong>en »Leitfa<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Indikation <strong><strong>de</strong>r</strong> Schwangerschaftsunterbrechung«<br />

zu verfassen.<br />

[Abb. aus: Bolte/Wolf o.J.]<br />

schie<strong>de</strong>nsten Vor<strong>de</strong>nkern und Vollstreckern <strong><strong>de</strong>r</strong> Zwangssterilisierung <strong>in</strong> Köln<br />

gehörte <strong><strong>de</strong>r</strong> Direktor <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenkl<strong>in</strong>ik Hans Naujoks, <strong><strong>de</strong>r</strong> als Rassehygieniker<br />

und überzeugter <strong>NS</strong>-Parteigänger <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e prom<strong>in</strong>ente Führungsposition an <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

L<strong>in</strong><strong>de</strong>nburg aufgestiegen war. Er hatte kurz nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Veröffentlichung <strong>de</strong>s<br />

Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses geme<strong>in</strong>sam mit <strong>de</strong>m Urologen<br />

Hans Boem<strong>in</strong>ghaus e<strong>in</strong>en Ratgeber zur Sterilisierung und Kastration herausgegeben<br />

und bei se<strong>in</strong>en Kollegen für e<strong>in</strong> entschie<strong>de</strong>nes Vorgehen geworben:<br />

»Unangebrachte Weichheit ist hier nicht zu verantworten. Wir s<strong>in</strong>d als<br />

Hüter und För<strong><strong>de</strong>r</strong>er <strong><strong>de</strong>r</strong> Volksgesundheit verpflichtet, die Überschwemmung<br />

mit kranken Erbanlagen zu verh<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>n, wenn es im E<strong>in</strong>zelfall auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Patient<strong>in</strong><br />

gegenüber hart ersche<strong>in</strong>t.« 11 Aus verschie<strong>de</strong>nen Städten ist bekannt, dass<br />

die Operationen stark belasten<strong>de</strong> E<strong>in</strong>griffe darstellten, die zu gravieren<strong>de</strong>n<br />

psychischen Folgeproblemen bei <strong>de</strong>n Betroffenen führten. 12 Zur Sterilisierungspraxis<br />

<strong>in</strong> Köln könnte e<strong>in</strong> bislang <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Forschung noch nicht berücksichtigter<br />

Bestand von Patient<strong>in</strong>nenakten <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenkl<strong>in</strong>ik genauere Auskünfte erteilen.<br />

Zwangssterilisationen <strong>in</strong> Köln wur<strong>de</strong>n, an<strong><strong>de</strong>r</strong>s als die späteren Krankenmor<strong>de</strong>,<br />

<strong>in</strong> <strong>Zeit</strong>ungen und Rundfunk öffentlich propagiert und stießen sowohl unter<br />

<strong>de</strong>n Mediz<strong>in</strong>ern als auch <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Bevölkerung auf Zustimmung. Allerd<strong>in</strong>gs lehnte<br />

die katholische Kirche die Beteiligung katholischer Ärzte und Schwestern an<br />

<strong>de</strong>n Operationen ab; an katholischen Häusern wur<strong>de</strong>n sie nicht durchgeführt.<br />

Doch bezog auch die Kirche nicht grundsätzlich Stellung, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n bemühte<br />

sich lediglich darum, ihre Ärzte und Schwestern von <strong><strong>de</strong>r</strong> Durchführung <strong>de</strong>s<br />

Gesetzes zu befreien. Das Generalvikariat Köln unterstrich zwar noch 1936,<br />

dass katholische Or<strong>de</strong>nsschwestern an städtischen Häusern bei <strong>de</strong>n Unfruchtbarmachungen<br />

nicht mitwirken müssten, doch wich die Kirche bis 1940 von<br />

diesem Kurs ab und arrangierte sich angesichts <strong><strong>de</strong>r</strong> drohen<strong>de</strong>n Entlassung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schwestern mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Sterilisierungspraxis. 13 Da das Verhalten <strong><strong>de</strong>r</strong> Amts- und Anstaltsärzte<br />

bis heute nicht systematisch erforscht ist, wissen wir bisher nur von<br />

e<strong>in</strong>em Kölner Arzt, <strong><strong>de</strong>r</strong> die Sterilisierungen nicht mitgetragen hat. Der gläubige<br />

Katholik und Stadtarzt Franz Vonessen lehnte trotz Drängens Coerpers ab,<br />

das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ihm zugeteilten<br />

Die Mehrzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Opfer<br />

wur<strong>de</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Universitätsfrauenkl<strong>in</strong>ik<br />

zwangssterilisiert. [Abb.: Postkarte<br />

Sammlung Eschweiler]<br />

550<br />

NICOLA WENGE

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