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Klinische Anwendung von Neuroleptika

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<strong>Klinische</strong> <strong>Anwendung</strong> <strong>von</strong><br />

<strong>Neuroleptika</strong>


Schizophrenie - Allgemeines<br />

• Definition:<br />

Psychische Störung mit<br />

gestörtem Denken, Fühlen,<br />

Wahrnehmen und Interagieren<br />

mit der Umwelt (Filterstörung)<br />

• Häufigkeit: ca. 1%<br />

• Manifestation:<br />

15.- 35.LJ 10% Suizid<br />

(Lebenszeit um 15 Jahre red.)<br />

• Ätiologie: genetische<br />

Komponente, organische<br />

Ursachen (Tumoren)<br />

• Paranoid-halluzinatorische<br />

Schizophrenie<br />

• Hebephrene Schizophrenie<br />

• Katatone Schizophrenie<br />

• Schizophrenie Simplex<br />

• Undifferenzierte<br />

Schizophrenie<br />

• Schizophrenes Residuum<br />

• Postschizophrene<br />

Depression


Heilung (20%)<br />

ca. 5 Jahre<br />

• Negativsymptomatik entwickelt sich langsam und stetig<br />

• Auftreten der Positivsymptome führt zur Diagnose


Schizophrenie – Symptome<br />

Plussymptome<br />

Minussymptome


Schizophrenie – Pathophysiologie<br />

Mesokortikale<br />

Bahn<br />

Hypoaktivität:<br />

Negativsymptome<br />

Nigrostriatales<br />

System (EPMS)<br />

Tuberoinfundibuläres System<br />

(DA hemmt Prolaktinfreisetzung)<br />

Mesolimbische Bahn<br />

Hyperaktivität:<br />

Positivsymptome<br />

Dopamin-Hypothese: Dopamin-Überschuß im mesolimbischen System,<br />

dagegen Mangel im mesokortikalen System angenommen


<strong>Neuroleptika</strong> – Pharmakodynamik<br />

• alle <strong>Neuroleptika</strong> stellen D 2 -Rezeptorantagonisten<br />

dar antipsychotische<br />

Wirkung<br />

• zudem Antagonisierung zahlreicher<br />

anderer Rezeptoren (5-HT, M, H 1 , α 1 )<br />

• Dämpfung <strong>von</strong> Erregungszuständen<br />

(sedierend in Akutphasen)<br />

• Dissoziation <strong>von</strong> Erkrankung <br />

Krankheitseinsicht (chronisch)<br />

• Rezidivprophylaktischer Effekt !


Rückgang der Zwangsmaßnahmen und Fixierungen<br />

während der Einführung der Antipsychotika<br />

25<br />

Zwangsmaßnahmen<br />

(durchschnittliche tägliche Anzahl<br />

pro 1000 stationäre Patienten)<br />

50<br />

Verordnung<br />

Antipsychotika<br />

(in 1000 Patienten)<br />

20<br />

40<br />

15<br />

30<br />

10<br />

20<br />

5<br />

10<br />

1955 1956 1957 1958 1959 1960<br />

Brill und Patton, 1968


Meilensteine in der Entwicklung der<br />

Antipsychotika<br />

1950 1960 1970 1980 1990 2000 2004<br />

Promethazin<br />

Chlorpromazin<br />

Haloperidol<br />

Fluphenazin<br />

Thioridazin<br />

Benzamide<br />

Thioxanthene<br />

Clozapin Zotepin Risperidon<br />

Amisulprid<br />

Olanzapin<br />

Quetiapin<br />

Ziprasidon<br />

Aripiprazol


Effekte der D 2 -Rezeptorblockade<br />

Therapeutischer Effekt<br />

☺ Besserung der<br />

Positivsymptomatik<br />

(mesolimbisches<br />

System)<br />

auch: antiemetisch<br />

Unerwünschter Effekt<br />

EPMS (Nigrostriatum):<br />

- Frühdyskinesie<br />

- Parkinsonismus<br />

- Akathisie<br />

- Spätdyskinesien<br />

Hyperprolaktinämie<br />

(Tubero-infundibuläres S.)<br />

Unterkühlung (Hypothalamus)


Effekte der 5-HT5<br />

2A -Rezeptorblockade<br />

HT 2A<br />

Therapeutischer Effekt<br />

☺ Besserung der<br />

Negativsymptomatik<br />

Dopaminfreisetzung<br />

☺ Besserung der<br />

Kognition?<br />

Unerwünschter Effekt<br />

Hypotension<br />

Gewichtszunahme<br />

(Appetit )<br />

Depressionen


Effekte der α 1 -Rezeptorblockade<br />

Therapeutischer Effekt<br />

Unerwünschter Effekt<br />

Schwindel<br />

☺ ???<br />

Reflextachykardie<br />

Orthostase


Effekte der M 1 -Rezeptorblockade<br />

Therapeutischer Effekt<br />

☺ Milderung <strong>von</strong><br />

EPMS<br />

Unerwünschter Effekt<br />

Akkommodationsstörung<br />

Mundtrockenheit<br />

Obstipation<br />

Harnverhalt<br />

Sinustachykardie


Effekte der H 1 -Rezeptorblockade<br />

Therapeutischer Effekt<br />

Unerwünschter Effekt<br />

☺ Sedierung<br />

auch: antiallergisch<br />

Sedierung<br />

Schläfrigkeit<br />

Gewichtszunahme


Indikationen <strong>von</strong> <strong>Neuroleptika</strong><br />

Psychiatrische Indikationen:<br />

<br />

<br />

<br />

Schizophrene und manische Psychosen<br />

Behandlung <strong>von</strong> Angst- und Spannungszuständen<br />

Psychomotorische Erregung<br />

Nicht psychiatrische Indikationen:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Behandlung <strong>von</strong> Übelkeit und Erbrechen (z.B. Meclozin,<br />

Sulpirid, Perphenazin)<br />

Chronische Schmerzen (z.B. Haldol ® , Vorteil: antiemetisch)<br />

Narkoseprämedikation, Neuroleptanalgesie (z.B. Benperidol)<br />

Schlafmittel, „Tranquilizer“-Ersatz (nur schwache NL wie<br />

Melperon oder Promethazin)


Typische <strong>Neuroleptika</strong><br />

Phenothiazine<br />

Butyrophenone<br />

Thioxanthene<br />

Diphenylbutylpiperidine<br />

Promazin<br />

(Protactyl ® )<br />

Perazin<br />

(Taxilan ® )<br />

Perphenazin<br />

(Decentan ® )<br />

Haloperidol<br />

(Haldol ® )<br />

Melperon<br />

(Eunerpan ® )<br />

Benperidol<br />

(Glianimon ® )<br />

Chlorprothixen<br />

(Truxal ® )<br />

Flupentixol<br />

(Fluxanol ® )<br />

Zuclopenthixol<br />

(Ciatyl-Z ® )<br />

Fluspirilen<br />

(Imap ® )<br />

Pimozid<br />

(Orap ® )<br />

• Typische <strong>Neuroleptika</strong> wirken oft „nur“ effektiv auf<br />

Positivsymptome ein stark antipsychotisch<br />

• Neuroleptische und sedierende Wirkung verhalten<br />

sich invers zueinander


• schwach potente < 1<br />

Perazin<br />

Promazin<br />

Sulpirid<br />

Thioridazin<br />

Chlorprothixen<br />

Angstzustände<br />

Levomepromazin<br />

• mittelstark potente 1 – 5<br />

Chlorpromazin 1<br />

Triflupromazin Hebephrenie<br />

• stark potente 10 – 20<br />

Perphenazin<br />

Trifluperazin<br />

• sehr stark potente<br />

Reserpin<br />

Akute Psychosen<br />

> 20<br />

Haloperidol 50<br />

Trifluphenazin ~ 100<br />

Benperidol ~ 200<br />

Wirkungsangabe in Chlorpromazin-Äquivalenten<br />

NL-Potenz,<br />

EPMS<br />

Sedierung<br />

und veg. NW


25 Jahre, weiblich<br />

Anamnese:<br />

Fallbeispiel 1<br />

• Studentin, gibt während eines Seminars völlig sinnlose Kommentare<br />

<strong>von</strong> sich, zitiert ohne Zusammenhang aus der Tageszeitung und fällt<br />

Kommilitonen kreischend ins Wort<br />

• vom Seminarleiter in die neurologisch-psychiatrische Klinik vermittelt<br />

Befund:<br />

• Guter AZ und EZ, stark erregt und unruhig<br />

• weitere klinische und neurologische Untersuchung o.B.<br />

• Labor: unauffällig; EEG: unauffällig<br />

• Psychiatrisches Konsilium: akute Psychose<br />

• Therapieempfehlung: Haloperidol<br />

Verlauf:<br />

• zunächst beruhigt sich die Patientin<br />

• am nächsten Tag beginnt sie mit den Zähnen zu knirschen, sie<br />

grimassiert und spricht unartikuliert<br />

• sie streckt die Zunge heraus, beißt sich auf Zunge und Wange


25 Jahre, weiblich<br />

Diagnose:<br />

Frühdyskinesie (akute Dyskinesie)<br />

• ca. 5-15 % der Fälle (hochpotente NL)<br />

• wenige Std., 1-5 Tage nach Beginn der Therapie<br />

• betrifft v.a. junge Patienten<br />

• Charakteristika:<br />

Muskelspasmen <strong>von</strong> Auge, Gesicht, Zunge, Hals,<br />

Extremitäten, Rücken<br />

z.B. Fechterstellung, Torticollis spasticus (Schiefhals),<br />

Opisthotonus (Kopfüberstreckung)<br />

Sprech- und Schluckstörung, Trismus<br />

(Kaumuskelkrampf)<br />

Therapie: Biperiden i.v. (Akineton ® )


40 Jahre, männlich<br />

Anamnese:<br />

Fallbeispiel 2<br />

• Der Leiter eines mittelständischen Unternehmens gerät in einen<br />

angetriebenen, unruhigen Zustand, den er schon vor Jahren erlebt hat<br />

(damals reale Gefahr der Überschuldung).<br />

• Jetzt gab es keinen äußeren Anlass für den bestehenden Zustand. Der<br />

Patient begann zu trinken, fiel im Heimatort zunehmend mit Größenideen<br />

auf, wollte reformieren und hielt sich für übermenschlich kräftig und zu<br />

Höherem berufen.<br />

• Eine <strong>Neuroleptika</strong>-Medikation brachte rasche Besserung (Haloperidol,<br />

Thioridazin). Allerdings war der Patient bei der ambulanten Kontrolle nicht<br />

in der Lage, still zu sitzen. Er musste ständig auf und ab gehen und<br />

konnte im Sitzen die Knie nicht stillhalten (Problem 1).<br />

• Des Weiteren war ihm das Schreiben unmöglich, die Konzentrationsfähigkeit<br />

war stark eingeschränkt und eine Steifheit beim gehen war<br />

erkennbar (Problem 2).


Diagnose:<br />

Akathisie<br />

• ca. 20 % der Fälle<br />

• 5 - 70 Tage nach Beginn der Therapie (Wochen-<br />

Monate)<br />

• Charakteristika:<br />

Therapie:<br />

quälende motorische Unruhe, Bewegungsdrang in<br />

den Beinen, Unfähigkeit, still zu sitzen<br />

Dosisreduktion, AM-Wechsel, Propranolol,<br />

Anticholinergika (Biperiden), Benzodiazepine<br />

Cave:<br />

Problem 1<br />

abklären, ob psychotische Erscheinung<br />

(agitierte Psychose)


Diagnose:<br />

• ca. 20 % der Fälle<br />

Parkinson-Syndrom<br />

• 5 - 70 Tage nach Beginn der Therapie<br />

• Charakteristika:<br />

Frühsymptome:<br />

Unruhe im Zungenbereich<br />

(Vibrieren, Zuckungen)<br />

Handschrift wird kleiner, enger<br />

Akinese, Rigor, Tremor, Gangstörungen<br />

Therapie:<br />

Problem 2<br />

Antiparkinsonmittel (Biperiden, Trihexyphenidyl)


Atypische <strong>Neuroleptika</strong><br />

• Gute antipsychotische Wirkung und bessere<br />

Erfassung der Minussymptome Einfluss auf andere<br />

Rezeptoren<br />

• Weniger extrapyramidal-motorische-NW<br />

• Einsetzbar bei Therapieresistenzen<br />

• Nachteil: andere Therapie-limitierende<br />

Nebenwirkungen !<br />

• Keine chemisch oder pharmakologisch einheitliche<br />

Gruppe<br />

• Beispiele: Clozapin, Olanzapin, Quetiapin, Sulpirid,<br />

Amisulprid, Risperidon, Ziprasidon, Aripiprazol


Dosis-Wirkungsbeziehung für antipsychotische und<br />

motorische Effekte <strong>von</strong> klassischen (A) und<br />

atyptischen <strong>Neuroleptika</strong> (B)<br />

A<br />

B


Warum atypische Wirkung ?<br />

D 2 -Plus-Hypothesen: D 2 + M, D 2 + D 1/4 , D 2 + (


Trotz nachgewiesener<br />

Kardiotoxizität ist Sertindol seit<br />

Juni 2006 wieder verkehrsfähig!


Clozapin<br />

Olanzapin<br />

mittelpotent<br />

hochpotent<br />

Quetiapin<br />

mittelpotent<br />

D 1 D 2 D 4 H 1 5-HT M 1 α 1<br />

D 1 D 2 H 1 5-HT M 1 α 1 D 2 H 1 5-HT α 1<br />

Amisulprid<br />

schwach<br />

potent<br />

Risperidon<br />

hochpotent<br />

hochpotent<br />

Ziprasidon<br />

D 2 D 3<br />

D 2 H 1 5-HT α 1<br />

D 2 H 1 5-HT α 1


Clozapin (Leponex ® )<br />

D 4 > D 2 Antagonismus<br />

5-HT 2A -Antagonist<br />

M-Antagonist<br />

α 1 -Antagonist<br />

H 1 -Antagonist<br />

Potentes Reserve-Neuroleptikum (wenig EPM NW)<br />

Biotransformation über CYP1A2, CYP3A4<br />

Agranulozytose Blutbildkontrollen<br />

Neuentwicklungen: Olanzapin und Quetiapin


45 Jahre, weiblich<br />

Fallbeispiel 3<br />

Anamnese:<br />

• ist seit Jahren in Behandlung wegen Unruhe-, Angstzuständen und<br />

akustischen Halluzinationen<br />

• hat über viele Jahre Leponex® (Clozapin) bekommen, es gut<br />

vertragen und keine EPMS erfahren<br />

• aufgrund ´bestehender Gelenkschmerzen verordnet ihr Hausarzt<br />

Berlosin® (Metamizol) 2xtgl. 500 mg<br />

• mit schwerem Krankheitsgefühl (Schüttelfrost, Fieber und<br />

Schleimhautirritationen im Mund) ruft sie am nächsten Abend den<br />

ärztlichen Notdienst<br />

• Was könnte die Ursache dieser Reaktion sein?


Diagnose:<br />

Agranulozytose<br />

• ca. 1 % der Fälle (Clozapin)<br />

• akut-chronisch nach Therapiebeginn auftretend<br />

• betroffen v.a. ältere Patienten mit Co-Medikationen<br />

Symptome:<br />

Therapie:<br />

Fieber, Schüttelfrost, Haut- und<br />

Schleimhautnekrosen (Mund-,<br />

Rachenraum, Genitalbereich),<br />

Granulozyten < 2000/µl, Sepsis<br />

absetzen der Therapie, Spontanremission<br />

innerhalb <strong>von</strong> Tagen


Risperidon (Risperdal ® )<br />

5-HT 2 -Antagonist<br />

D 2 -Antagonist<br />

schwacher α 1 -und<br />

H 1 -Antagonist<br />

Plus- und Minussymptome werden beeinflusst; besser<br />

wirksam als Haloperidol; selten EPM-NW (in hohen<br />

Dosen); Sedierung<br />

Biotransformation über CYP2D6


Olanzapin (Zyprexa ® )<br />

Antagonist <strong>von</strong><br />

D 1 , D 2 , H 1 , 5-<br />

HT 2A , M- und α 1 -<br />

Rezeptoren<br />

Eines der meistverordneten <strong>Neuroleptika</strong>; NW: starke<br />

Gewichtszunahme (bis 30 kg), EPMS, Sedierung<br />

selten: Rhabdomyolyse u. Agranulozytose;<br />

Metabolismus: CYP1A2


Quetapin (Seroquel ® )<br />

Antagonist <strong>von</strong><br />

D 2 , H 1 , 5-HT 2A ,<br />

α 1 -Rezeptoren <br />

nicht <strong>von</strong> M-Rez.<br />

Strukturanalogon <strong>von</strong> Clozapin und Olanzapin; kaum<br />

EPMS; zu Therapiebeginn sedierend; NW: Sedierung,<br />

Schwindel, Orthostase, Gewichtszunahme, selten:<br />

Leukopenien (Agranulozytose); Metabolismus: CYP3A4


Ziprasidon (Zeldox ® )<br />

Moderater Antagonist<br />

vom D 2 - und starker 5-<br />

HT 2A -Rezeptor-Blocker,<br />

schwache veg. (α 1 ) und<br />

sedierende (H 1 )Effekte<br />

Häufigste NW: Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerz,<br />

Gewichtszunahme und EPM-NW; Metabolismus über<br />

CYP3A4; selten QT-Intervall-Verlängerung<br />

Kontraindiziert bei Herzrhythmusstörungen und akutem Myokardinfakt


28 Jahre, männlich<br />

Anamnese:<br />

• massiver Mischkonsum unterschiedlichster Rauschdrogen und chronischer<br />

Schlafmangel führten zum Auftreten <strong>von</strong> akustischen Halluzinationen<br />

• Patient sucht nach unbefriedigender Vorbehandlung freiwillig den Arzt auf<br />

Medikationshistorie:<br />

Fallbeispiel 4<br />

1. Therapiebeginn mit Risperidon und Doxepin Halluzinationen<br />

verschwinden, jedoch treten quälende Mundtrockenheit, gestörte<br />

Lesefähigkeit und innere Unruhe (kribbeln in Armen und Beinen) auf<br />

2. Umstellung auf Olanzapin gute antipsychotische Wirkung, jedoch<br />

deutliche Gewichtszunahme (> 10 kg); Mundtrockenheit bessert<br />

sich; Obstipation tritt auf<br />

3. Umstellung auf Ziprasidon lässt Störwirkungen verschwinden aber<br />

nachlassender antipsychotischer Effekt („andere reden komisch über<br />

mich“, Stimmen kehren zum Teil zurück)<br />

4. Letztlich erbringt die Behandlung mit Quetiapin (hohe Dosis) die<br />

gewünschte Wirkung, bei tolerabler Nebenwirkungsproblematik


Amisulprid (Solian ® )<br />

Blockiert D 2/3 -Rezeptoren<br />

Kein 5-HT 2 -, α 1 -, M-,<br />

H 1 -Antagonist<br />

Plus- und Minussymptome beeinflusst, selektive Anreicherung im<br />

mesolimbischen und tubero-infundibulären System<br />

NW: Erregung, Unruhe, Prolaktinanstieg, EPMS;<br />

Keine Biotransformation renale Elimination


Aripiprazol (Abilify ® )<br />

Partieller Agonist an 5-<br />

HT 1A und D 2 -Rezeptor<br />

und Antagonist am 5-<br />

HT 2A Überaktivität<br />

und Mangel verhindert<br />

Häufigste NW: Kopfschmerz, Übelkeit, Müdigkeit,<br />

Akathisie, Tremor; kaum Gewichtszunahme und EPM-NW;<br />

Metabolismus über CYP3A4 und 2D6 (t 1/2 = 75h)


Agonist<br />

(Dopamin)<br />

Aktivierung: 100 %<br />

Antagonist<br />

(Haloperidol)<br />

Aktivierung: 0 %<br />

Partieller Agonist<br />

(Aripiprazol)<br />

Aktivierung: 30 %<br />

• Dopamin-Überschuss im mesolimbischem System Antagonist<br />

• Dopamin-Mangel im mesokortikalem System Agonist


36 Jahre, männlich<br />

Anamnese:<br />

• Akute Psychose (Halluzinationen, Unruhe, Erregung, Depression)<br />

• AM-Kombination: Haloperidol, Lithium, Quetiapin<br />

• Labor: CK-Erhöhung (> 1500 U/l)<br />

• massiver Temperaturanstieg (> 40 °C), schweres Krankheitsgefühl sowie<br />

starke Muskelschmerzen und Muskelverhärtung<br />

Verlauf:<br />

• Absetzen der Medikation und intensivmedizinische Betreuung <br />

Normalisierung der Körpertemperatur<br />

• Weiterbehandlung mit Benzodiazepinen<br />

• Muskelschwäche bestand noch über Wochen an, Fortbewegung z.T. nur mit<br />

Gehhilfen möglich<br />

Was könnte die Ursache dieser Reaktion sein?<br />

Fallbeispiel 5


36 Jahre, männlich<br />

Fallbeispiel 5<br />

Diagnose: Malignes neuroleptisches Syndrom<br />

• Häufigkeit: 0,05 – 0,5% (1-2 Wochen)<br />

• Mortalität: ~ 20%<br />

• Kann unter allen <strong>Neuroleptika</strong> auftreten (hochpotente NL, hohe Dosis)<br />

Symptome:<br />

• Fieber, CK-Erhöhung, Leukozytose<br />

• Rigor, Muskelschmerzen<br />

• Bewusstseinstrübung, Tachykardie, Tachypnoe<br />

Therapie:<br />

• Absetzen der Medikation, Kühlung, Gabe <strong>von</strong> Muskelrelaxantien (Dantrolen)<br />

und Dopaminantagonisten (Bromocriptin)


Depot-<strong>Neuroleptika</strong><br />

Freiname<br />

Präparat<br />

Gabe<br />

Intervall<br />

EPM<br />

Veg. /<br />

sed.<br />

Flupentixoldecanoat<br />

Fluxanol®<br />

i.m.<br />

Alle 2-4 Wochen<br />

+++<br />

+<br />

Fluphenazindecanoat<br />

Dapotum®<br />

i.m.<br />

Alle 2-4 Wochen<br />

+++<br />

+<br />

Fluspirilen<br />

Imap®<br />

i.m.<br />

Wöchentlich<br />

+++<br />

+<br />

Haloperidoldecanoat<br />

Haldol® Decanoat<br />

i.m.<br />

Alle 3 Wochen<br />

+++<br />

+<br />

Perphenazinenantat<br />

Decentan® Depot<br />

i.m.<br />

Alle 2 (-4)<br />

Wochen<br />

++<br />

+<br />

Risperidon<br />

Risperdal Consta®<br />

i.m.<br />

Alle 3 Wochen<br />

++<br />

+<br />

• Vorteil: <strong>Anwendung</strong> bei schlechter Compliance, konstante AS-Spiegel<br />

• Nachteil: fehlende Steuerbarkeit Gefahr langer NW-Phasen


Atypika und Schlaganfall-Risiko<br />

Ärzte Zeitung, 01.03.2005<br />

Entwarnung für atypische <strong>Neuroleptika</strong><br />

Schlaganfall-Risiko Ärzte Zeitung, 10.02.2005 bei modernen <strong>Neuroleptika</strong> im Vergleich zu<br />

älteren Bei aggressiven nicht erhöht Demenz-Kranken / Studie mit Demenz-Patienten<br />

sind oft <strong>Neuroleptika</strong> hilfreich<br />

TORONTO (mal). Die Therapie <strong>von</strong> Demenz-Kranken mit atypischen<br />

<strong>Neuroleptika</strong> FRANKFURT ist -/ entgegen MAIN (djb). bestehender Jede Demenz-Therapie Hinweise - wohl muß mit keinem<br />

höheren multimodalen Apoplexie-Risiko Konzept folgen. assoziiert Das als hat die jetzt Therapie erneut Professor mit älteren Ingo<br />

<strong>Neuroleptika</strong>. Füsgen <strong>von</strong> Das den hat Geriatrischen jetzt die retrospektive Kliniken Wuppertal Analyse betont. der Daten Außer <strong>von</strong> einer fast<br />

33Basistherapie 000 Patienten mit ergeben. einem Antidementivum gegen die kognitiven<br />

Störungen müßten Demenz-Patienten auch eine konsequente<br />

Behandlung bei Verhaltensstörungen erhalten.<br />

Risiko um den Faktor 1,5-2 erhöht


82 Jahre, weiblich<br />

Fallbeispiel 6<br />

Anamnese:<br />

• demente Bewohnerin eines Altenheims<br />

• seit längerer Zeit durch Angstzustände aufgefallen, wodurch auch die<br />

Grundpflege deutlich erschwert wird<br />

• kommt nicht zur Ruhe, läuft unruhig umher und hat das Heim bereits<br />

mehrmals desorientiert verlassen<br />

• Eine Herzarrhythmie wird mit Amiodaron (Cordarex ® ) behandelt<br />

• Welche Medikation wäre sinnvoll?<br />

• Wägen Sie klassische gegen atypische <strong>Neuroleptika</strong> ab!<br />

• Wie bewerten Sie den Einsatz <strong>von</strong> klassischen Tranquilizern?


82 Jahre, weiblich<br />

Therapieoptionen:<br />

Fallbeispiel 6<br />

• Atypische <strong>Neuroleptika</strong> erscheinen nach der aktuellen Datenlage als<br />

relative Kontraindikation bei dieser Patientin mit Altersdemenz <br />

zerebrovaskuläres Risiko deutlich erhöht!<br />

• Zudem wäre die Therapie mit Atypika nur eingeschränkt möglich, da<br />

einige Vertreter zu einer QT-Verlängerung führen können bestehende<br />

Arrhythmie und QT-verlängerndes Amiodaron würden sich potenzieren.<br />

• Schwache, sedierende <strong>Neuroleptika</strong> des klassischen Typs wie Promazin<br />

(Protactyl ® ) erscheinen als sinnvoller, da hier zudem das Risiko für<br />

extrapyramidal-motorische NW gering ist.<br />

• In der Dauertherapie sind Benzodiazepine kritisch zu bewerrten, da sie<br />

zur Abhängigkeit führen können und durch ihre Muskelrelaxation für<br />

Stürze verantwortlich sind.


Therapeutische <strong>Anwendung</strong><br />

Initial möglichst Monotherapie<br />

Behandlungsrationale: Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie


Behandlungsleitlinie<br />

Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie u. Psychotherapie, November 2005<br />

frühestmögliche Gabe <strong>von</strong> <strong>Neuroleptika</strong> (möglichst geringe Dosis<br />

wählen)<br />

individuelle Substanzauswahl (NW, Co-Medikation, Anamnese)<br />

Therapiebeginn möglichst mit Atypika (wenig EPMS Cave: spez. NW)<br />

wenn Typikum, dann Haloperidol, Flupentixol, Fluphenazin oder Perazin<br />

Cave: Spätdyskinesien<br />

Monotherapie ist zu bevorzugen (300-1000 Chlorpromazin-Äquivalente)<br />

Beurteilung der Wirkung nach 2-4 Wochen erst dann AM-Wechsel<br />

wenn primär Negativsymptome und kognitive Störungen, dann Atypikum<br />

Akutbehandlung: 6-12 Wochen (Erstmanifestration: mind. 12 Monate,<br />

chronische Therapie: 2-5 Jahre, ggf. lebenslang (möglichst Atypikum)


CATIE-Studie: Neubewertung <strong>von</strong> Atypika?


CATIE-Studie: Neubewertung <strong>von</strong> Atypika?<br />

Ablauf:<br />

• 4 atypische <strong>Neuroleptika</strong> (Olanzapin, Risperidon, Quetiapin und<br />

Ziprasidon) mit Perphenazin an 1432 Patienten über 18 Monate in<br />

einer Doppelblindstudie verglichen (finanziert aus öffentl. Geldern)<br />

• Primärer Endpunkt: Zeit bis zum Absetzen der Medikation<br />

Ergebnisse:<br />

• Abbruchrate: Olanzapin 64%, Risperidon 74%, Perphenazin 75%,<br />

Ziprasidon 79% und Quetiapin 82%<br />

• Olanzapin wird sign. länger als andere <strong>Neuroleptika</strong> eingenommen<br />

und führt auch Bewertungsskalen (PANSS, CGI) vor Perphenazin an.<br />

• Keine Unterschiede bezüglich des Absetzens aufgrund <strong>von</strong> NW<br />

(numerisch für Olanzapin am höchsten diabetogen, 4,3 kg ↑).<br />

• Kein Unterschied im Bezug auf EPM-NW.<br />

• Kein Unterschiede im Bezug auf Prolaktinspiegel und QT-Zeit.


Kritikpunkt vieler Studien: • Studien fast ausschließlich vom Hersteller<br />

(90% dieser Studien zeigen Überlegenheit)<br />

• Dosis des Typikums zu hoch<br />

• zumeist Testung gegen Haloperidol<br />

• Bewertung der Wirkung durch Scores


Pharmaökonomie<br />

In den USA Marktanteil der atypische <strong>Neuroleptika</strong> etwa 80%<br />

In Deutschland im niedergelassenen Bereich ca. 30%<br />

atypische <strong>Neuroleptika</strong> gesamt aber 50% (AMVOR, 2005)


Kinetische WW mit <strong>Neuroleptika</strong><br />

Nahezu alle <strong>Neuroleptika</strong> werden intensiv durch CYP450-<br />

Enzyme metabolisiert (Ausnahmen: Amisulprid, Sulpirid) <br />

großes Potential für Interaktionen<br />

CYP3A4: Clozapin, Aripiprazol, Ziprasidon<br />

Induktion: Rifampicin, Johanniskraut, Dexa., Carbamazepin<br />

Inhibition: Makrolid-AB, Azole, HIV-PI, Ciclosporin, Säfte<br />

CYP2D6: Risperidon, Aripiprazol cave: Polymorphismen<br />

Induktion: Phenytoin; Inhibition: SSRI (Fluoxetin)<br />

CYP1A2: Clozapin, Olanzapin, Quetiapin<br />

Induktion: Rauchen; Inhibition: Gyrasehemmer (z.B.<br />

Ciprofloxacin) SSRI (z.B. Paroxetin), Coffein, Theophyllin


Dynamische WW mit <strong>Neuroleptika</strong><br />

Arzneistoff<br />

Alkohol<br />

Opiate, Barbiturate,<br />

Benzodiazepine<br />

Bromocriptin, Pergolid,<br />

Levodopa, Apomorphin<br />

Metoclopramid<br />

Anticholinergika<br />

Antihypertensiva<br />

Antiepileptika<br />

Piperazin-Antihelmetika,<br />

Xanthine<br />

Interaktion<br />

Sedierung ↑,Krampfschwelle ↓<br />

Sedierung ↑<br />

Abschwächung der Wirkung<br />

Verstärkung der Wirkung (NW)<br />

Verstärkung der antichol. Wirkung<br />

Verstärkung der RR-Senkung<br />

Abschwächung der Wirkung<br />

Senkung der Krampfschwelle

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