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Cruiser im Mai 2015

Die Mai Ausgabe mit grossem ESC Special. In der Printversion zusätzlich mit Tipp-Wende-Poster

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cruiser<br />

CHF 7.50 € 7.50<br />

<strong>Mai</strong> <strong>2015</strong><br />

Juhuu!<br />

Endlich wieder<br />

Gay-Olympics<br />

Alles über<br />

den Eurovision<br />

Song Contest<br />

Exklusiv:<br />

Grosses<br />

Tipp-Poster<br />

Götterwelt<br />

War Zeus wirklich schuld<br />

an Hyakinthos Tod?<br />

Nullnumer<br />

Was macht eigentlich<br />

Sängerin Gunvor?<br />

Ost Side Story<br />

Das neue Musical <strong>im</strong><br />

«Hechtplatz».<br />

© European Broadcasting Union 2004-<strong>2015</strong>. All rights reserved.


Inhalt<br />

Editorial<br />

<strong>Mai</strong> <strong>2015</strong><br />

04 Thema | ESC<br />

Brücken, Balladen und ein Bart<br />

Foto Umschlag: Shutterstock-stepstock<br />

Liebe Leser<br />

Es ist wieder soweit! Die Gay-Olympics aka «Eurovision Song Contest»<br />

gehen in die nächste Runde. Ein Teil der <strong>Cruiser</strong>-Redaktion wartet seit<br />

Monaten (eigentlich seit dem letztjährigen Sieg von Concita Wurst) auf<br />

das Gesangsspektakel und dem damit verbunden Outfitdebakel. <strong>Cruiser</strong><br />

zelebriert den Song Contest ausgiebig in dieser Nummer; wir haben<br />

keine Mühen und Kosten gescheut und daher ein exklusives Tipp-<br />

Poster beigelegt. Ein wirklich ausgeklügeltes und intensiv getestetes<br />

System garantiert Spass für die ganze Community. Auf der Rückseite<br />

des Posters stellen wir zudem die Teilnehmer aus gut 40 Ländern mit<br />

Bild vor. Selbstverständlich begleiten wir den Event auch online unter<br />

www.cruisermagazin.ch<br />

Kürzlich sass die <strong>Cruiser</strong>-Chefredaktion <strong>im</strong> Theater und musste eine<br />

grottenschlechte Aufführung in der Box des Schauspielhauses Zürich<br />

erdulden. Dani guckte einigermassen interessiert 120 Minuten lang auf<br />

die Bühne, derweil ich die Scheinwerfer zählte und danach Danis graue<br />

Haare auf der rechten Seite (es waren nur ungefähr vier, die andere<br />

Seite konnte ich schlecht zählen, denn das wäre mit einem störenden<br />

Sitzwechsel verbunden gewesen). Nach dieser fürchterlichen Darbietung<br />

kam uns die Idee, unsere Kulturseiten etwas auszubauen, damit<br />

wir unsere Leser besser vor derartigen Pannen schützen können. Neu<br />

haben wir in unseren Kulturseiten absolute Gehe<strong>im</strong>tipps – von der<br />

<strong>Cruiser</strong>-Redaktion getestet und für gut befunden.<br />

Viel Spass mit dem neuen <strong>Cruiser</strong>!<br />

<strong>Cruiser</strong> print<br />

Herzlich, Haymo Empl<br />

Chefredaktor<br />

Impressum<br />

Herausgeber & Verleger: Haymo Empl, empl.media<br />

Infos an die Redaktion: redaktion@cruisermagazin.ch<br />

Chefredaktor Haymo Empl<br />

stv. Chefredaktor Daniel Diriwächter<br />

Art Director Astrid Affolter, Access – bridge to work, Bereich Grafik<br />

Redaktion Print Martin Ender, Andreas Faessler, René Gerber, Alain Sorel,<br />

Thomas Borgmann, Marianne Weissberg, Kafi Freitag, Michi Rüegg,<br />

Pia Spatz, Vinicio Albani, Moel Maphy, Agron Idrizi<br />

Layout<br />

Access – bridge to work, Bereich Grafik<br />

Lektorat Ursula Thüler<br />

Anzeigen Said Ramini, Telefon 043 300 68 28, anzeigen@cruisermagazin.ch<br />

Auflage 12 000 Exemplare, 10 Ausgaben jährlich<br />

Redaktion und Verlagsadresse:<br />

empl.media, Haymo Empl, Welchogasse 6, Postfach 5539, 8050 Zürich<br />

Telefon 043 300 68 28, Telefax 043 300 68 21, info@cruisermagazin.ch<br />

<strong>Cruiser</strong> online<br />

Herausgeber & Verleger: Haymo Empl, empl.media<br />

Infos an die Online-Redaktion: online@cruisermagazin.ch<br />

Chefredaktor Online: Daniel Diriwächter<br />

08 Special | Die Schweiz und der ESC<br />

Bilanz der Schweizer Teilnahme am ESC<br />

11 Tipp | Fit in den Frühling<br />

12 Serie | Homosexualität in Geschichte<br />

und Literatur Apoll und Hyakinthos<br />

15 Fotostory | Was hältst du vom ESC?<br />

16 Reportage | Robidog-Sünder<br />

Eine Typologie<br />

17 Nachgefragt | Peter Thommen<br />

18 Kolumne | Pia Spatz<br />

19 Ratgeber Aids-Hilfe | Dr. Gay<br />

20 News | National<br />

22 News | International<br />

24 Serie | Persönlichkeiten<br />

Gunvor<br />

26 Kultur | Schweiz<br />

27 Theaterkritik | Ost Side Story<br />

29 Kolumne | Kafi Freitag<br />

Kafi und ihr Held des Alltags<br />

32 Rückblick | «Break The Chains» <strong>2015</strong><br />

34 Serie | Mannsbild – Berufsbild<br />

Der Diakon<br />

36 Interview | Megy B.<br />

«Ich bin ein schöner Schwindel»<br />

38 Kolumne | Weissbergs warme Weissheiten<br />

Meine pink Wolke der Glückseligkeit<br />

39 Unterhaltung | Kreuzworträtsel<br />

<strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong> 3


Thema | ESC<br />

Brücken, Balladen<br />

und ein Bart<br />

Text: René Gerber<br />

Weihnachten fällt für ESC-Fans diesmal auf den 23. <strong>Mai</strong>. Mit Süssigkeiten<br />

und hübsch verpackten Enttäuschungen. Ein traditionelles Familientreffen<br />

mit alten Bekannten und gewohnten Melodien. Skandale bleiben bei<br />

der 60. paneuropäischen Jubiläumskreuzfahrt durch seichte musikalische<br />

Gewässer weitgehend auf der Strecke.<br />

lung vor rund 30 Jahren <strong>im</strong>mens. 1996<br />

vertrat die Australierin Gina G. Grossbritannien<br />

und kurbelte den Hype<br />

weiter an. Vor zwei Jahren in Malmö<br />

eine Videobotschaft aus Sydney, 2014<br />

ein australischer Pausenact, die offizielle<br />

Kandidatur ist bestens auf-<br />

sen: Auch in Neuseeland, Mexiko oder<br />

Südafrika besteht durchaus Interesse.<br />

Ein Blick in die Geschichtsbücher<br />

zeigt, dass einschneidende und umstrittene<br />

Änderungen für Europas<br />

grösste TV-Show (150 Millionen Zu -<br />

schauer) nichts Neues sind. Die poli -<br />

tisch bedingte Osterweiterung seit<br />

1994, Abschaffung des Live-Orchesters<br />

und Einführung des Televotings,<br />

die «Free Language Rule» ab 1999 oder<br />

die Aufteilung in zwei Semifinale ab<br />

2008: Was früher «Grand Prix Eurovision<br />

de la Chanson» hiess, dann<br />

«Eurovision Song Contest» und heute<br />

twittertauglich «ESC», hat sich in 60<br />

Jahren <strong>im</strong>mer wieder verändert und<br />

dadurch nichts an Faszination eingebüsst.<br />

Neuer Teilnehmer, alte Rezepte<br />

Manche Regeln halten sich allerdings<br />

hartnäckig: Weiterhin sind weder<br />

Tiere noch unter 16-Jährige erlaubt,<br />

max<strong>im</strong>al sechs Personen auf der Bühne,<br />

keine politischen Botschaften.<br />

Australien revolutioniert den Wettstreit<br />

also nicht mit Kängurus und<br />

Schicken die Australier Kylie Minogue<br />

an den Contest?<br />

Kinderchor, sondern fällt mit dem<br />

smarten Sonnyboy Guy Sebastian und<br />

einer stromlinienförmigen Uptempo-<br />

Ballade <strong>im</strong> Teilnehmerfeld kaum auf.<br />

Höchstens die Verwechslungsgefahr<br />

zwischen Austria und Australia dürfte<br />

während der Punktevergabe für etwas<br />

Verwirrung sorgen. So chaotisch wie<br />

1963 wirds aber hoffentlich nicht, damals<br />

verstand der BBC-Moderator den<br />

norwegischen Juror partout nicht,<br />

nachträglich wurden Punkte statt der<br />

Schweiz dem Nachbarn Dänemark<br />

gutgeschrieben. 2012 nutzte Anke<br />

Engelke das Verkünden der Resultate<br />

als Plattform für ein ebenso charmantes<br />

wie best<strong>im</strong>mtes Demokratie-<br />

Plädoyer. Die aufgebrezelten «Douze<br />

Points»-Verteilenden vor nationalen<br />

«Höchstens die<br />

Verwechslungsgefahr<br />

zwischen Austria und<br />

Australia dürfte während<br />

der Punktevergabe<br />

für etwas Verwirrung<br />

sorgen.»<br />

Denkmälern haben längst Kult-Status<br />

und werden auch in Wien für manchen<br />

mehr oder weniger gewollten Lacher<br />

sorgen. Doch bevor es wieder heisst «It<br />

was a wonderful Show tonight» zurück<br />

zu den aktuellen Kanditaten.<br />

Unvergesslich: Die strahlende Siegerin Concitta Wurst am ESC 2014<br />

«Rise Like A Phoenix» – eine ergreifende<br />

Botschaft für Europa, das Highlight<br />

an jedem CSD zwischen Manchester<br />

und Madrid, ein Song, von<br />

dem keiner genug kriegen konnte.<br />

Über Conchitas Triumph war noch<br />

kaum Bart gewachsen, als bereits die<br />

Suche nach ihrem Nachfolger begann.<br />

Während Königin Wurst weiterhin auf<br />

ein Album warten liess, werkelten potenzielle<br />

Thronfolger bereits fleissig<br />

an ihren Beiträgen. Für die ESC-Fangemeinde<br />

begann mit den Vorausscheidungen<br />

die Adventszeit, <strong>im</strong>mer wieder<br />

öffnete sich ein Türchen mit einer<br />

Überraschung.<br />

Die grösste kam mit der einmaligen<br />

Teilnahme zum 60. Jubiläum aus<br />

Australien. Down Under ist die ESC-<br />

Begeisterung seit der ersten Ausstrah-<br />

«Die grösste Überraschung<br />

kam mit der<br />

einmaligen Teilnahme<br />

Australiens zum<br />

60. Jubiläum.»<br />

gegleist ... Nur <strong>im</strong> unwahrscheinlichen<br />

Fall eines Aussie-Siegs wird auch 2016<br />

wieder ein Song ins Rennen geschickt,<br />

der Wettbewerb müsste dann allerdings<br />

in einer europäischen Stadt ausgetragen<br />

werden. Neben erstauntem<br />

Lob und hohen Erwartungen (Savage<br />

Garden? Sia?? Kylie???) wurden auch<br />

einige kritische St<strong>im</strong>men zur musikalischen<br />

Erweiterung Europas auf den<br />

fünften Kontinent laut. Doch gemäss<br />

Reglement muss ein Teilnehmerstaat<br />

lediglich Mitglied der European Broadcast<br />

Union sein, ansonsten wären auch<br />

der dre<strong>im</strong>alige Sieger Israel, Aserbaidschan<br />

oder Marokko (1980 einmal<br />

dabei) aussen vor geblieben. EBU-<br />

Präsident Jan Ola Sand bezeichnete<br />

Australiens Teilnahme als «sehr gewagten<br />

und sehr bewegenden Schritt».<br />

Dass weitere Schritte in eine ähnliche<br />

Richtung folgen, ist nicht ausgeschlos-<br />

European Broadcasting Union 2004-<strong>2015</strong>. All rights reserved.<br />

Fotos: Credits Thomas Hanses EBU, EBU ©<br />

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4 <strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong> <strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong> 5


Thema | ESC<br />

Thema | ESC<br />

Neben Australiens Guy wird das<br />

eine oder andere Sahneschnittchen<br />

aufgetischt, leider meist arg fantasielos.<br />

Italiens «Il Volo» präsentieren eine<br />

bittersüsse Delikatesse mit internationalem<br />

Schmelz, das Trio war <strong>im</strong>merhin<br />

schon mit Barbra Streisand auf<br />

Tour. Frankreich dreht das Rad zurück<br />

und versucht für einmal gar nicht erst,<br />

es neu zu erfinden, setzt nach einigen<br />

gestrauchelten Hyper-Hipsters wieder<br />

«Lordes Bruder lamentiert<br />

in Belgien und trifft<br />

dabei auch noch Lady<br />

Gaga auf einen Sirup.»<br />

auf traditionelles Chanson, Schlachtfeldhymne<br />

statt Dancefloor-Heuler.<br />

Selbst Russland gibt sich nach angekündigtem<br />

Boykott versöhnlich,<br />

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besingt mit gefälligem Pop made in<br />

Sweden fast schon heuchlerisch die<br />

Vielfalt der St<strong>im</strong>men und den fried lichen<br />

gemeinsamen Traum. Zwischenfazit:<br />

nett produzierte Déjà-vus in<br />

Serie.<br />

Solide Brücken, übergrosse<br />

Fussstapfen<br />

Über weite Strecken scheint der diesjährige<br />

ESC ein unspektakulär glattrasiertes<br />

Familienfest aktueller Chartstürmer<br />

zu werden. Lordes Bruder<br />

lamentiert in Belgien und trifft dabei<br />

auch noch Lady Gaga auf einen Sirup,<br />

David Guettas Göttibub aus Texas<br />

houst jetzt in Schweden und Nelly<br />

Furtados Cousine hüpft durch<br />

Alba nien, während die Mumfords in<br />

Litauen einen verlorenen Sohn und Sia<br />

auf Malta eine Seelenverwandte gefunden<br />

haben. Dazwischen ein Meer<br />

aus dramatischen Cinemascope-Balladen<br />

und schwülstigen Duetten, darauf<br />

ein paar schmissige Sommerhit- Surfer.<br />

Auch dieses Jahr wird der ESC wieder<br />

Millionen von Gays in den Bann ziehen.<br />

ICH,<br />

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European Broadcasting Union 2004-<strong>2015</strong>. All rights reserved.<br />

Fotos: Fotolia-Innovated Captures, pd ©<br />

Rasch ein Tränchen verdrückt für den<br />

bombastischen griechischen Liebeskummer<br />

oder Ungarns zartes Anti-<br />

Kriegs-Plädoyer, und schon bringen<br />

Dänemark und Holland mit ihren<br />

sonnigen Feelgood-Refrains die gute<br />

Laune zurück. Ein einsamer Wolf aus<br />

Aserbaidschan kann nicht schlafen,<br />

ein zypriotischer Pfadfinder zupft am<br />

Lagerfeuer für die Geliebte. Doch die<br />

Emotionen bleiben Schablonen, die<br />

Ideen Imitate.<br />

«Building Bridges», das diesjährige<br />

Motto, haben sich einige zu sehr zu<br />

Herzen genommen. Die musikalischen<br />

Gewässer unter all diesen durchdacht<br />

konstruierten Brücken sind gar seicht<br />

und sanft. Wo sind die Überflieger<br />

und Untiefen, die Paradiesvögel und<br />

die hässlichen Entlein? Als traute sich<br />

keiner, in die übergrossen Wurst-Fussstapfen<br />

zu treten. Island, Irland oder<br />

Polen? Austauschbar wie nie zuvor.<br />

Immerhin bleibt Montenegro dem<br />

Erfolgsrezept folkloristischer Schmachtfetzen<br />

treu, Georgien dem wohl aussichtslosen<br />

Konzept zwischen Kunstanspruch<br />

und Ohrensausen und San<br />

Marino dem Untergangskommando<br />

unter Kapitän Ralph Siegel. Diplomatisch<br />

eingemittet in innovativer<br />

Songstruktur und raschem Vergessen<br />

strandet der helvetische Beitrag von<br />

Mélanie René wohl <strong>im</strong> Mittelfeld. Mit<br />

der schweizerisch-norwegischen Doppelbürgerin<br />

Debrah Scarlett haben wir<br />

ABBA – unvergessliche Sieger für Schweden 1974<br />

allerdings ein zweites hoffnungsvolles<br />

Ass an Deck. Eine Sirene, neben der<br />

etwa Deutschlands zweite Wahl nach<br />

dem Eklat in der Vorausscheidung,<br />

Ann-Sophie – eine laue Selah Sue- Kopie<br />

– , oder Grossbritanniens abgestandener<br />

Electroswing ziemlich altbacken<br />

aussehen.<br />

Bunte Erinnerungen, blasse<br />

Favoriten<br />

Favoriten sind kaum auszumachen <strong>im</strong><br />

diesjährigen Goldfischbecken, auch<br />

der allseits hoch gehandelte Schwede<br />

tritt bisher eher als Hochleistungsschw<strong>im</strong>mer<br />

denn als Sympathieträger<br />

in Erscheinung. Doch da gibt es noch<br />

ein paar Inseln, die es genauer zu erforschen<br />

gilt. Israels Nadav Gudj etwa,<br />

der mit «Golden Boy» zum ersten Mal<br />

einen englischen Text gekonnt mit<br />

orientalischen Rhythmen zu einem<br />

auffälligen Ohrwurm verstrickt. Oder<br />

Estland und Slowenien, die leichtfüssigen<br />

und überaus charttauglichen<br />

Vintage-Pop auf Lager haben. Nicht zu<br />

vergessen Finnland, dessen Punkrocker<br />

mit Down-Syndrom ziemlich<br />

schroff ins Seichte ragen.<br />

Die Live-Performance wird entscheiden,<br />

wer am 23. <strong>Mai</strong> Herzen erobert<br />

und über die Siegerbrücke in der<br />

Wiener Stadthalle schreitet. Zum 60.<br />

Jubiläum darf man natürlich auch<br />

etwas nostalgisch werden und auf<br />

einige legendäre ESC-Momente zurück -<br />

«Wo sind die Überflieger<br />

und Untiefen, die<br />

Paradiesvögel und die<br />

hässlichen Entlein?<br />

Als traute sich keiner,<br />

in die übergrossen<br />

Wurst-Fussstapfen zu<br />

treten.»<br />

blicken. Auf 1956 etwa, als uns die<br />

unverwüstliche Lys Assia in Lugano<br />

mit «Refrain» zum allerersten Sieg<br />

trällerte. Im Folgejahr machte der<br />

Däne Gustav seiner Duettpartnerin<br />

einen Heiratsantrag und küsste sie<br />

während elf Sekunden, weil ein Assistent<br />

das Zeichen zum Abbruch vergass.<br />

1968 kaufte sich Spanien angeblich<br />

den Sieg, um den Tourismus<br />

anzukurbeln, 1969 gab es nach Punktegleichstand<br />

ganze vier Sieger. 1974<br />

läutete ABBAs Waterloo eine neue Ära<br />

ein und in Portugal löste die Radio-<br />

Ausstrahlung des Eurovisions-Liedes<br />

eine Revolution aus. Céline Dions<br />

Sieg 1988, Gunvors skandalträchtige<br />

Null-Punkte-Nummer zehn Jahre später<br />

in Birmingham, wo die transsexuelle<br />

Dana International den Pokal<br />

abräumte … Unvergessliche Momente,<br />

unsägliche Skandale. Doch dann kam<br />

Frau Wurst und stellte alles Bisherige<br />

in den Schatten.<br />

<strong>2015</strong> nun steht uns wohl eine ganz<br />

klassische Eurovisions-Feier bevor, die<br />

in Erinnerung gehen könnte als der<br />

Abend, an dem die weiterhin überragende<br />

und jetzt schon legendäre<br />

Königin Conchita eine unvergessliche<br />

Party schmiss, auf der irgendein Prinz<br />

einen Blumentopf gewonnen hat und<br />

auf der wir allen Unkenrufen <strong>im</strong> Vorfeld<br />

zum Trotz so viel Spass hatten wie<br />

noch nie. Also dann wie jedes Jahr am<br />

ESC, dem «Happiest Weekend of the<br />

Year», wie er in Australien auch genannt<br />

wird!<br />

<strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong> 7


Special | Die Schweiz und der ESC<br />

Die Schweizer Bilanz<br />

be<strong>im</strong> ESC<br />

Text: Thomas Borgmann<br />

In den letzten zwei Jahrzehnten war die Schweiz nicht gerade Spitzen ­<br />

reiter be<strong>im</strong> Eurovision Song Contest. Die Gesamtwertung in der Grand­<br />

Prix-Geschichte fällt für das Land jedoch ganz positiv aus. 24 der bislang<br />

55 Beiträge landeten in der vorderen Tabellenhälfte. Damit gehört<br />

die Schweiz zu den erfolgreicheren Teilnehmern be<strong>im</strong> Wettbewerb.<br />

Vier Teilnahmen in vier Sprachen.<br />

Peter, Sue & Marc vertraten die Schweiz<br />

am häufigsten be<strong>im</strong> Grand Prix.<br />

Mit zwei Siegen, je drei zweiten und<br />

dritten, fünf vierten und zwei fünften<br />

Plätzen rangiert die Schweiz in der Erfolgsstatistik<br />

des Grand Prix d'Eurovision<br />

auf Platz 12. Keine schlechte<br />

Bilanz bei einer Rangliste von 51 Ländern,<br />

die sich in der sechzigjährigen<br />

Geschichte dem Wettbewerb gestellt<br />

haben. Dieses respektable Ergebnis ist<br />

natürlich auch der langjährigen Teilnahme<br />

des Landes zu verdanken. Von<br />

den insgesamt 60 Austragungen – der<br />

diesjährige Wettbewerb eingeschlossen<br />

– war die Schweiz 56 Mal dabei<br />

und findet sich damit auf Rang 5 in<br />

der Teilnahmestatistik wieder. Unfreiwillig<br />

aussetzen mussten die Schweizer<br />

in den Jahren 1995, 1999, 2001<br />

8 <strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong><br />

und 2003 aufgrund schlechter Vorjahresplatzierungen.<br />

Durch die neue Teilnahme<br />

zahlreicher Länder aus Osteuropa<br />

in den 1990er Jahren mussten die<br />

Länder mit den erfolglosesten Beiträgen<br />

<strong>im</strong> Folgejahr pausieren, damit die<br />

Show nicht den zeitlichen Rahmen<br />

von drei Stunden sprengte.<br />

Seit 2004 wird in einem Halbfinale<br />

entschieden, welche Länder am Finale<br />

teilnehmen. Nur die fünf finanzstärksten<br />

Länder der EBU – Frankreich,<br />

Italien, Spanien, Grossbritannien<br />

und Deutschland – sowie der Sieger<br />

des Vorjahres sind automatisch für das<br />

Finale gesetzt. In den Jahren 2004 und<br />

2007–2010 kam die Schweiz auch mit<br />

so populären Interpreten wie DJ Bobo<br />

über dieses Halbfinale nicht hinaus.<br />

Erst 2011 gelang Anna Rossinelli wieder<br />

der Einzug ins Finale, wo sie dann<br />

aber den letzten Platz belegte. Auch<br />

2012 und 2013 blieben die Schweizer<br />

Beiträge in der Vorrunde hängen, bis<br />

<strong>im</strong> letzten Jahr der Tessiner Sebalter<br />

mit «Hunter of the Stars» die Schweiz<br />

mit dem 13. Platz erstmals seit 2006<br />

wieder in die Top-Twenty brachte. Die<br />

letzte Top-Ten-Nominierung liegt genau<br />

zehn Jahre zurück. 2005 erreichte<br />

die estnische Girlband Vanilla Ninja<br />

für die Schweiz den achten Platz.<br />

Sechsmal bildete die Schweiz das<br />

Schlusslicht bei den Punkten auf der<br />

Wertungstafel und liegt damit <strong>im</strong> internationalen<br />

Vergleich der Letztplatzierten<br />

auf Platz 7. Mit jeweils 0 Punkten<br />

schnitten die Beiträge von 1964<br />

(Anita Traversi: «I miei pensieri»), 1967<br />

(Géraldine: «Quel coeur vas-tu briser?»)<br />

und 1998 (Gunvor: «Lass ihn»)<br />

<strong>im</strong> Finale ab. Ohne einen einzigen<br />

Punkt verabschiedete sich Piero<br />

Esteriore mit seinem Song «Celebrate»<br />

2004 schon in der Vorrunde aus dem<br />

Wettbewerb. Und auch Michael von der<br />

Heide konnte 2010 mit seinem Lied «Il<br />

pleut de l'or» nur zwei Punkte für sich<br />

verbuchen und landete damit ebenfalls<br />

dem letzten Platz <strong>im</strong> Halbfinale.<br />

Sprachvielfalt als grosses Plus<br />

In anderen Kategorien kann die<br />

Schweiz in der Eurovisionsstatistik<br />

allerdings gleich mehrfach punkten.<br />

Der erste Grand Prix fand am 24. <strong>Mai</strong><br />

1956 in Lugano statt. Mit dem Lied<br />

Damals noch kein Weltstar: Mit einem<br />

Punkt Vorsprung vor Grossbritannien<br />

gewann die Kanadierin Céline Dion<br />

1988 mit «Ne partez pas sans moi» den<br />

Grand Prix für die Schweiz.<br />

European Broadcasting Union 2004-<strong>2015</strong>. All rights reserved.<br />

Fotos: pd ©<br />

«Refrain» sorgte Lys Assia dafür, dass<br />

die Siegertrophäe gleich <strong>im</strong> Land verbleiben<br />

konnte. Aufgrund der Mehrsprachigkeit<br />

ist kein anderes Land in<br />

so vielen Sprachen aufgetreten wie die<br />

Schweiz. 24 Beiträge wurden auf<br />

Kein Goldregen für Michael von der<br />

Heide. Mit nur zwei Punkten landete<br />

sein «Il pleut de l’or» bereits in der<br />

Vorrunde auf dem letzten Platz.<br />

Französisch gesungen, 12 auf Deutsch,<br />

elf auf Englisch, 9 auf Italienisch und<br />

einer auf Rätoromanisch. Vor allem in<br />

den sechziger und siebziger Jahren,<br />

als noch in der Landessprache gesungen<br />

werden musste, erwies sich Französisch<br />

durchaus als Vorteil. Viele der<br />

teilnehmenden westeuropäischen Länder,<br />

zu denen damals auch Monaco<br />

und Luxemburg gehörten, waren<br />

frankophon, und Französisch war als<br />

Sprache des Chansons ohnehin international<br />

beliebt.<br />

Mit insgesamt sechs Beiträgen ist<br />

der Liedermacher, Sänger und Komponist<br />

Peter Reber der Interpret, der am<br />

häufigsten für die Schweiz am Song<br />

Contest teilgenommen hat. Vier Mal<br />

war er Teil der Formation Peter, Sue &<br />

Marc. 1980 schrieb er gemeinsam mit<br />

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Veronique Müller den Titel «Cinéma»<br />

von Paola und landete damit auf Platz<br />

vier. Platz vier errang er auch 1976 mit<br />

«Djambo, Djambo», und er schloss seine<br />

ESC-Karriere bis auf Weiteres 1981<br />

mit «Io senza te» ebenfalls mit dem<br />

vierten Platz ab. Nur mit dem von ihm<br />

geschriebenen Beitrag «Swiss Lady»<br />

der Pepe Lienhard Band landete er<br />

1977 nicht auf dem vierten, sondern<br />

nur auf dem sechsten Platz. Dafür<br />

wurde dieser Titel der kommerziell erfolgreichste<br />

Eurovisions-Beitrag der<br />

Schweiz. Peter, Sue und Marc sind übrigens<br />

nicht die einzigen Interpreten,<br />

die viermal für die Schweiz gesungen<br />

haben. Auch Lys Assia trat viermal an,<br />

davon allerdings 1956 mit zwei Beiträgen.<br />

Das Trio um Peter Reber kann<br />

als einziges für sich verbuchen, insgesamt<br />

in vier verschiedenen Sprachen<br />

be<strong>im</strong> ESC gesungen zu haben. 1971 taten<br />

sie das auf Französisch («Les illusions<br />

de nos vingt ans»), 1976 auf Englisch<br />

(«Djambo, Djambo»), 1979 auf<br />

Deutsch («Trödler & Co») und 1981 auf<br />

«Aufgrund der Mehrsprachigkeit<br />

ist kein<br />

anderes Land in so<br />

vielen Sprachen aufgetreten<br />

wie die Schweiz.»<br />

Italienisch («Io senza te»). Darüber hinaus<br />

nahmen sie 1973, 1974 und 1975<br />

an der Schweizer und 1978 auch an<br />

der deutschen Vorentscheidung teil.<br />

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Norwegen in der Schlussrunde seine<br />

korrigierten Wertungen übermittelten,<br />

lag Esther Ofar<strong>im</strong> 1963 mit «T’en vas<br />

pas» an der Spitze.<br />

Neben Lys Assia konnte bislang nur<br />

Céline Dion 1988 einen Sieg für die<br />

Schweiz erringen. Lange Zeit herrschte<br />

Unsicherheit, ob 1963 nicht Esther<br />

Ofar<strong>im</strong> mit dem Schweizer Beitrag<br />

«T'en vas pas» die eigentliche Gewinnerin<br />

gewesen sei. Norwegen sollte am<br />

Ende der Sendung seine Wertung erneut<br />

durchgeben und vergab plötzlich<br />

vier Punkte für Dänemark statt der zuvor<br />

erteilten zwei und nur noch einen<br />

für die Schweiz entgegen der zunächst<br />

vergebenen drei Punkte. Diese geänderte<br />

Wertung liess schliesslich Dänemark<br />

statt die Schweiz gewinnen, und<br />

es wurde gemunkelt, dass die Skandinavier<br />

sich untereinander die Punkte<br />

zuschieben. Erst Ende der 1990er Jahre<br />

konnte geklärt werden, dass die<br />

zweite norwegische Wertung die korrekte<br />

war und Dänemark den Song<br />

Contest 1963 zu Recht gewonnen hatte.<br />

Der dritte Sieg für Helvetia ist also<br />

noch zu holen.<br />

.CH<br />

• Versand aus der Schweiz<br />

<strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong> 9<br />

• Versandkostenfrei ab 100 CHF


Tipp | Fit in den Frühling<br />

Abo<br />

Powerplate – wird man so<br />

schnell schön?<br />

Text: Moel Maphy<br />

Sie verstellen bereits jetzt alle Studios: grosse<br />

Maschinen, die auf Knopfdruck mit wenig<br />

Aufwand die Idealfigur versprechen.<br />

fahr gross, dass man sich verkrampft.<br />

Das kann zu Schwindel, Übelkeit und<br />

Sehstörungen führen», sagt Dieter<br />

Bachmann, Inhaber des Zürcher Fitnesscenters<br />

«Westside». Auch <strong>im</strong> «Westside»<br />

stehen brandneue Powerplates –<br />

und die Fitnessverrückten lieben die<br />

Maschinen.<br />

Lass ihn zu dir kommen!<br />

Und zwar regelmässig in deinen Briefkasten.<br />

Abonniere jetzt den <strong>Cruiser</strong> – 10 Ausgaben pro Jahr für nur<br />

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Du erhältst den <strong>Cruiser</strong> in neutralem Umschlag per Post direkt<br />

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Ort<br />

FotoS: Fotolia-Aarrttuurr<br />

Sofort schön schlank: Powerplate ist der neue Fitnesstrend.<br />

Fitnessqueen Daniela Baumann hat<br />

auf TeleZüri <strong>im</strong> Januar kräftig die<br />

Werbetrommel für ihr neues Fitnesscenter<br />

«Loft 1» rühren dürfen. Weniger<br />

gerührt, dafür geschüttelt wird man<br />

auf einem der Geräte, die sie anbietet,<br />

der Powerplate. Es handelt sich um<br />

eine Metallplatte, die in alle drei D<strong>im</strong>ensionen<br />

vibriert. Der Trainierende<br />

stellt sich auf die Platte, n<strong>im</strong>mt eine<br />

Position ein und lässt die Vibrationen<br />

auf die Muskulatur wirken. Ein Ganzkörpertraining<br />

kann so innerhalb<br />

von nur gerade 15 Minuten absolviert<br />

werden. Und natürlich (das empfehlen<br />

Experten <strong>im</strong>mer!) tut man das am<br />

besten unter professioneller Anleitung.<br />

Denn ganz unproblematisch ist<br />

die Wundermaschine nicht. «Wendet<br />

man das Gerät falsch an, ist die Ge-<br />

Madonna und Kylie<br />

lassen vibrieren<br />

Aber nicht nur die Zürcher Body-Tuner<br />

stellen sich drauf: Bachmann<br />

weiss, dass diverse Spitzensportler<br />

das Gerät <strong>im</strong> Training einsetzen.<br />

Auch Promis wie Madonna, Kylie<br />

Minogue oder Fast-Promis wie Ex-<br />

Mister-Schweiz Sven Mellig sind begeisterte<br />

Anhänger der Vibrationsplatte<br />

- beruhigend. Ebenfalls ein Fan<br />

der Maschine ist die Büroangestellte<br />

Nadja Kawohl (25). «Die Übungen sind<br />

anstrengend, aber nicht ermüdend.<br />

Ich entwickelte schnell eine Trainingsroutine<br />

und stellte fest, dass mir<br />

die Übungen von Mal zu Mal leichter<br />

fielen.»<br />

Die Vibrationsmethode, wie sie bei<br />

der Powerplate angewandt wird, wurde<br />

von einem Sportarzt entwickelt. Sie<br />

diente russischen Kosmonauten zur<br />

Bekämpfung von Muskel- und Knochenschwund.<br />

Testperson Nadja Kawohl:<br />

«Mal abgesehen vom Muskelkater,<br />

den ich nach den ersten Einheiten<br />

hatte, verspüre ich mit dem Training<br />

ein völlig neues Körpergefühl. Aufrechter.<br />

Kraftvoller. Beweglicher.»<br />

Klingt gut, doch Wunder sind auch<br />

vom grossen Muskelvibrato nicht zu<br />

erwarten. Dieter Bachmann hat festgestellt,<br />

dass die neue Trainingsmethode<br />

bei Frauen effizienter ist: «Das liegt<br />

wohl an der Fettverteilung des weiblichen<br />

Körpers.» Und selbstverständlich<br />

muss trotz Training mit Powerplate<br />

auch auf gesunde Ernährung geachtet<br />

werden. «So genial die Maschine ist –<br />

von nichts kommt nichts.» Ausserdem<br />

brauchts ein dickes Portemonnaie:<br />

Eine Trainingseinheit à 15 Minuten<br />

kostet um die 40 Franken.<br />

<strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong> 11


Serie | Homosexualität in Geschichte<br />

und Literatur<br />

Tödliches Geschoss<br />

ins Gesicht des Geliebten<br />

Text: Alain Sorel<br />

Um seinem Geliebten nahe sein zu können, stieg Apoll, einer der höchsten<br />

griechischen Götter, von seinem Sitz herab zu Hyakinthos, dem schönen<br />

Königssohn, und vergnügte sich mit dem Sterblichen be<strong>im</strong> Diskuswerfen.<br />

Mit fürchterlichen Folgen. Der Gott machte sich wegen fahrlässiger Tötung<br />

schwere Vorwürfe und verewigte den Burschen in einer Blume. Doch war<br />

wirklich er allein schuld am fatalen Wurf? Eine Spurensuche.<br />

Irgendwann einmal fiel den Göttinnen<br />

und Göttern auf, dass ihr schöner<br />

Kollege Apoll in den Ratsversammlungen<br />

der Überirdischen nicht bei der<br />

Sache war, ja, dass er die Zusammenkünfte<br />

häufig sogar schwänzte. Jedenfalls<br />

weiss dies der römische Dichter<br />

Ovid (43 v. Chr. bis 17 n. Chr.) in seinen<br />

«Metamorphosen» zu berichten, die<br />

rund 250 Verwandlungen in der Entwicklung<br />

der Welt aus der Sicht der<br />

griechischen und der römischen Mythologie<br />

beschreiben.<br />

Apoll glänzte<br />

also auf dem<br />

Olymp, dem<br />

Sitz der griechischen<br />

Götter, durch<br />

Abwesenheit.<br />

Eine etwas paradoxe<br />

Formulierung<br />

in seinem Fall,<br />

sollte er doch glänzen durch Anwesenheit.<br />

Ihm oblag nämlich auch der<br />

Lauf der Sonne, er war der Sonnengott<br />

und trug den Beinamen Phoibos, was<br />

so viel heisst wie «hell, leuchtend».<br />

Immerhin versank die Erde nicht in<br />

ununterbrochene Nacht und Dunkelheit,<br />

was bei der Verfassung, in der<br />

sich Apoll befand, alles andere als<br />

selbstverständlich war.<br />

Pfeile aus dem Köcher des<br />

Liebesgottes<br />

Apolls Zustand war die reinste Ironie<br />

des Schicksals. Er, auch Gott des Bogenschiessens,<br />

der gerne mit dem<br />

Bogen unterwegs war und Übeltäter<br />

mit einem gezielten Schuss in die<br />

Unterwelt, den Hades, beförderte, war<br />

selber von einem Pfeil getroffen worden.<br />

Mitten ins Herz. Es spielte keine<br />

Rolle, dass Apoll als Gott gar nicht getötet<br />

werden konnte. Pfeile dieser Art<br />

fügten auch Erdenbewohnern keinen<br />

physischen Schaden zu. Nach der Sage<br />

waren sie golden, stammten aus<br />

dem Köcher des Liebesgottes<br />

Hyakinthos: Von Apoll geliebt und<br />

irrtümlich umgebracht?<br />

Eros und weckten gegenseitig Begierde<br />

und Leidenschaft, einen Glückstaumel<br />

der Gefühle. Manchmal schickte<br />

Eros freilich einen in Blei getauchten<br />

Pfeil: Das hiess Zurückweisung, Ablehnung<br />

eines Liebenden oder Abwendung<br />

von ihm – mit Hass <strong>im</strong> Gefolge,<br />

der, je nachdem, bei Menschen auch<br />

mit dem Tod enden konnte. In der<br />

bildenden Kunst wird Eros bzw. sein<br />

römisches Pendant Amor gerne<br />

als geflügelter Knabe dargestellt,<br />

als charmante, schelmische Unschuld<br />

in Person, und es scheint,<br />

als wirke er auch <strong>im</strong> 21. Jahrhundert<br />

auf dieser Welt fort.<br />

Dem Ruf, auch Beschützer der<br />

gleichgeschlechtlichen Liebe zu<br />

sein, machte er alle Ehre, als er es<br />

zwischen Apoll und dem Königssohn<br />

Hyakinthos nach allen Regeln der<br />

Kunst knistern liess. Hyakinthos war<br />

von edler Abkunft. Die antiken<br />

Quellen waren sich häufig nicht<br />

einig, wer die Eltern eines Heranwachsenden<br />

waren, aber<br />

in einer gängigen Version<br />

gilt Hyakinthos als Sohn<br />

des Königs Amyklas<br />

von Sparta und der<br />

Diomede. Dann hätte<br />

er eine spartanische<br />

Erziehung genossen,<br />

eine harte, karge,<br />

strenge, auf körperliche<br />

Ertüchtigung bedachte.<br />

Mit viel Drill für<br />

Knaben.<br />

Foto: Fotolia-Antonio Gravante, Fotolia-ricardo ferrando<br />

Apoll, Gott des Bogenschiessens, vergnügte sich gerne mit hübschen Jünglingen.<br />

«Erglänzte» Männerkörper<br />

Eine Sportart hatte es dem Prinzen besonders<br />

angetan, bei der er auch gerne<br />

etwas durch die Luft sausen liess: eine<br />

«Da legen sie die Kleider<br />

ab, erglänzen vom<br />

Saft des fetten Öls und<br />

beginnen den Wettkampf<br />

mit dem breiten<br />

Diskus.»<br />

Scheibe. Er war ein hervorragender<br />

Diskuswerfer, <strong>im</strong> Gegensatz zu den<br />

meisten anderen Menschen, die höchstens<br />

einmal eine Diskushernie kriegen.<br />

Hyakinthos war jung, gesund,<br />

strotzend vor Kraft. Wenn er zur<br />

Scheibe griff, geriet der muskulöse<br />

Körper mit den starken Armen in<br />

schwungvolle Bewegung. Es war diese<br />

elegante Geschmeidigkeit, welche die<br />

Aufmerksamkeit Apolls erregte – und<br />

garantiert nicht nur die Aufmerksamkeit.<br />

Apoll sah ihn vom Sonnenwagen<br />

aus – uns reicht ein Fussballspiel am<br />

Fernsehen, um die Fantasie in Gang zu<br />

setzen …<br />

Diskussionslos war der Diskus für<br />

den liebestollen Apoll der Anlass, die<br />

Regierungsgeschäfte zu vernachlässigen<br />

und <strong>im</strong>mer und <strong>im</strong>mer wieder<br />

Sparta aufzusuchen, um seinem Liebling<br />

nahe zu sein. Ovids Sprache ist<br />

eindeutig: «Da legen sie die Kleider ab,<br />

erglänzen vom Saft des fetten Öls und<br />

beginnen den Wettkampf mit dem<br />

breiten Diskus.» Welch ein Bild!<br />

Apoll leistet Erste Hilfe<br />

Ganz klar, dass Apoll dem Hyakinthos<br />

<strong>im</strong>ponieren wollte. Er beförderte die<br />

Scheibe «hoch in die Lüfte und zerstreute<br />

mit Wucht die <strong>im</strong> Wege stehenden<br />

Wolken; erst nach langer Zeit fiel<br />

die Last auf den festen Erdboden zurück<br />

und bewies, wie sich Kraft mit<br />

Geschicklichkeit paarte» (Ovid).<br />

Ein toller Flug, doch – da passiert<br />

es. Das Unglück, das dieser Beziehung<br />

keine Zukunft schenkt. Aus irgendeinem<br />

Grund schnellt Apolls Geschoss<br />

be<strong>im</strong> Aufprall dem herbeieilenden<br />

Hyakinthos mitten ins Gesicht – mit<br />

so hoher Geschwindigkeit, dass die<br />

freigesetzte Energie für den jungen<br />

Spartaner tödlich ist. Der total bestürzte<br />

Apoll leistet Erste Hilfe. Er<br />

wärmt Hyakinthos, säubert die Wunde,<br />

legt Heilkräuter auf, die er als Gott<br />

sogleich zur Verfügung hat, aber er<br />

12 <strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong> <strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong> 13


Serie | Homosexualität in Geschichte<br />

und Literatur<br />

Fotostory | Was hältst du vom ESC?<br />

kann die fliehende Seele nicht aufhalten.<br />

Gegen das Schicksal sind sogar<br />

Götter machtlos, es ist eine Instanz<br />

über ihnen. Immer wieder verlieren<br />

die Olympischen ihre Lieblinge, Apoll<br />

ist nicht der einzige. Und obwohl auch<br />

Schutzherr des berühmten Orakels von<br />

Delphi, ist ihm das Verhängnis nicht<br />

geweissagt worden.<br />

«Wenn ich dich nicht<br />

bekomme, soll dich<br />

ein anderer auch nicht<br />

kriegen.»<br />

Rivale mit <strong>im</strong> Spiel?<br />

Der Gott klagte und sah sich als Urheber<br />

der tödlichen Verletzung seines<br />

Geliebten. Doch war dem wirklich so?<br />

Die Indizien weisen nämlich auf einen<br />

gehe<strong>im</strong>nisvollen Dritten hin, der da<br />

mit <strong>im</strong> Spiel war. Apoll war nicht der<br />

einzige, den die Schönheit von Hyakinthos<br />

in den Bann gezogen hatte. Er<br />

hatte einen Rivalen, den der spartanische<br />

Königssohn offenbar hatte abblitzen<br />

lassen oder von dem er sich abgewandt<br />

hatte. Die Rede ist von Zephyros,<br />

einem anderen Gott. Dessen Hauptaufgabe<br />

war das Blasen. Mit geblähten<br />

Wangen mischte er die Meteorologie<br />

auf, er war der Gott des Westwindes,<br />

aber in der Hierarchie der Götter lag<br />

Apoll weit über ihm, war prominenter.<br />

Zephyros hatte Grund zur Eifersucht.<br />

In dosierter Form würzt ja Eifersucht<br />

die Liebe, sie ist aber auch ein<br />

starkes Tatmotiv, funktionierend nach<br />

dem Prinzip: «Wenn ich dich nicht bekomme,<br />

soll dich ein anderer auch<br />

nicht kriegen.» Wenn das die Schlussfolgerung<br />

von Zephyros war, wenn er<br />

wie ein Erdenbewohner blind, rasend<br />

vor Eifersucht war, so brauchte er als<br />

Herr der Winde nur ein Lüftchen, nur<br />

einen Hauch, um, wie der griechische<br />

Satiriker Lukian erzählt, den Diskus in<br />

seinem Flug abzulenken und gegen<br />

Hyakinthos zu richten. Eine Tat aus<br />

dem Hinterhalt. Gemäss Lukian verfolgte<br />

der wutschnaubende Apoll seinen<br />

Widersacher – eine aussichtslose<br />

Sache.<br />

Blume aus Blut als Mahnmal<br />

Apoll kehrt zurück und kniet an der<br />

Seite von Hyakinthos nieder, scheu<br />

berührt er ihn. Und jetzt zeigt er seine<br />

weitreichenden Befugnisse als Gott.<br />

Aus dem Blut, das zu Boden tropft, erschafft<br />

er zum ewigen Gedenken an<br />

den Geliebten eine Blume. Der Bezug<br />

zur Hyazinthe liegt nahe, doch bringt<br />

die moderne Biologie sie eher mit der<br />

Schwertlilie oder dem Rittersporn in<br />

Verbindung. Ovid selbst schreibt: «Sie<br />

n<strong>im</strong>mt die Gestalt an, die Lilien eigen<br />

ist; nur ist sie purpurfarben, jene aber<br />

silberweiss.» Und er zitiert Apoll, auch<br />

Gott der Dichtkunst, des Gesangs und<br />

der Musik, der noch einmal zum toten<br />

Freund spricht: «Von dir wird die Lyra,<br />

wenn meine Hand sie schlägt, von dir<br />

werden meine Lieder künden, auf dir,<br />

der neuen Blume, werden meine Seufzer<br />

geschrieben stehen.» Die Blütenblätter<br />

formen die Inschrift «AIAI». Sie<br />

gelten als Klagelaute, die an Apolls<br />

unendliche Trauer mahnen.<br />

<strong>Cruiser</strong>-Serie: Homosexualität<br />

in Geschichte<br />

und Literatur<br />

Mehr oder weniger versteckt findet<br />

sich das Thema Männerliebe in der<br />

Weltgeschichte, in antiken Sagen und<br />

traditionellen Märchen – in der Literatur<br />

ganz allgemein – <strong>im</strong>mer wieder.<br />

<strong>Cruiser</strong> greift einzelne Beispiele heraus,<br />

würzt sie mit etwas Fantasie, stellt sie<br />

in zeitgenössische Zusammenhänge und<br />

wünscht bei der Lektüre viel Spass –<br />

und hie und da auch neue oder zumindest<br />

aufgefrischte Erkenntnisse. Die<br />

zweite Folge befasst sich mit dem<br />

durchtrainierten Königssohn Hyakinthos,<br />

der eines Tages mit einem Gott<br />

Sport treibt.<br />

So denken wir<br />

über den ESC<br />

Text: Haymo Empl, Agron Idrizi<br />

CASPAR<br />

Nun … mich interessiert der ESC nicht<br />

so sehr. Aber mit Freunden in einer<br />

geselligen Runde … warum nicht?<br />

<strong>Cruiser</strong> hat nachgefragt<br />

und wollte<br />

wissen, wie man den<br />

ESC so findet.<br />

AMANDIO<br />

Super Show. Ich liebe das Gesangsspektakel<br />

und freue mich, dass<br />

Australien dabei ist. Ich lebe in<br />

London und die Engländer zelebrieren<br />

den Event so wirklich.<br />

ANZEIGE<br />

CLAUDIA<br />

Ehrlich gesagt konnte ich die<br />

Faszi nation für den ESC nie richtig<br />

verstehen. Aber ich hoffe,<br />

die Schweiz kommt weiter.<br />

Fotos: Agron idrizi<br />

DUSAN<br />

Ich bin glühender Fan des ESC und<br />

fahre nach Wien. Seit Jahren verfolge<br />

ich den Contest.<br />

DENIS<br />

Der ESC interessiert mich nicht,<br />

das sind eher zweitklassige<br />

Musiker.<br />

14 <strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong><br />

<strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong> 15


Reportage | Typologie der Robidog-Sünder<br />

Nachgefragt | Peter Thommen<br />

Typologie der<br />

Robidog-Sünder<br />

«Ich war eine Art Google<br />

zu meiner Zeit»<br />

Text: Haymo Empl<br />

Jetzt ist endlich Frühling und daher fallen die Hundehäufchen wieder mehr<br />

auf (<strong>im</strong> Winter wurden diese elegant mit Schnee zugedeckt). Gerade<br />

Gays lieben ja Hunde und Hündchen. Und sind Meister <strong>im</strong> «Haufen-nicht­<br />

Aufklauben». Wir entlarven die Sünder.<br />

Text: Daniel Diriwächter<br />

Peter Thommen, sein «Senf» und besonders seine Buchhandlung<br />

«Arcados» prägten das schwule Leben in Basel in einer Zeit, als Homosexualität<br />

noch ein erklärtes Tabu der Gesellschaft war. Nun wurde<br />

seine Berufung zum Hobby.<br />

«Robidog» ist die praktische Erfindung<br />

eines Schweizers. In den grünen<br />

Behältern lassen sich Hundehaufen in<br />

Säckchen bequem und einigermassen<br />

hygienisch entsorgen. WENN denn die<br />

Haufen auch aufgeklaubt werden. Flaniert<br />

man durch die Metropolen, kann<br />

das zu einem wahren Hindernisparcours<br />

werden. Es gilt, schnell und dennoch<br />

mit Contenance den Hundehaufen<br />

auszuweichen. Wer klaubt denn<br />

eigentlich des Hündchens Hinterlassenschaft<br />

nicht auf? Nach intensiven<br />

Studien lassen sich unserer Meinung<br />

nach vier Typen von Hundehaufennicht-Aufklaubern<br />

ausmachen.<br />

TYP 1 gilt diesbezüglich als wenig inspiriert.<br />

Dieser Typus Gay kleidet sich<br />

unauffällig, sein Hund wirkt eher gewöhnlich.<br />

Macht Hundchen das Häufchen,<br />

studiert der Besitzer just in diesem<br />

Moment ein <strong>im</strong>aginäres SMS oder<br />

beschäftigt sich mit der Fauna und<br />

Flora der näheren Umgebung. Häufig<br />

wird – mangels Fauna und Flora, beispielsweise<br />

in Zürich – auch der alte<br />

und leicht durchschaubare Trick des<br />

Fingernagelhäutchenzurückschiebens<br />

angewendet. Der Haufen bleibt liegen.<br />

TYP 2 unterscheidet sich unwesentlich<br />

von Typ 1. Er kleidet sich einen<br />

Hauch urbaner und hat sich diesen<br />

coolen Hundehalter-Schlendergang antrainiert.<br />

Bei den Gay-Trullas (d.h. der<br />

etwas flamboyanteren Version des<br />

Typs 2) ist diese Art Mann einfach zu<br />

erkennen, da die Robidog-Tüten elegant<br />

um die Leine geknotet sind und<br />

sich dieser Typ in vielen Fällen ein<br />

klein wenig von der Masse (pr<strong>im</strong>är<br />

von Typ 1) abheben möchte – beispielsweise<br />

mittels eines raffinierten<br />

Accessoires wie einem Ohrring (rechts<br />

getragen) oder Pumps <strong>im</strong> selben Pink<br />

wie die Stadt-Zürich-Robidog-Tüte.<br />

(Ausserhalb der Stadt Zürich werden<br />

die Pumps durch eine Halskette, meist<br />

in schlichtem Silber, ersetzt.)<br />

«Flaniert man durch die<br />

Metropolen, kann das zu<br />

einem wahren Hindernisparcours<br />

werden –<br />

es gilt, schnell und dennoch<br />

mit Contenance<br />

den Hundehaufen auszuweichen.»<br />

TYP 3 kann sehr unangenehm sein.<br />

Dann nämlich, wenn Hundchen mit -<br />

ten auf dem Fussgängerstreifen am<br />

Central – also wirklich mitten in der<br />

Stadt Zürich – sein Häufchen macht.<br />

Es passiert dann Folgendes: Der Verkehr<br />

bricht kurzzeitig zusammen, weil<br />

eine aufgebrachte ältere Dame Typ 3<br />

darauf aufmerksam, dass der Hund<br />

grad ordentlich gekackt hat und man<br />

die Hinterlassenschaft doch bitte aufklauben<br />

möchte. Typus 3 macht das<br />

aber nicht, weil er sich diskr<strong>im</strong>iniert<br />

fühlt. Schon seit 1982. Es wird diskutiert,<br />

politisiert und andere tapfere<br />

Bürger schalten sich ein. Es kommt zu<br />

besagtem Verkehrschaos.<br />

TYP 4 hat einen Chihuahua. Dieser<br />

Typus denkt, er hätte einen Hund (der<br />

Hund denkt auch, er sein einer).<br />

Chihuahuas machen in Katzenkistchen<br />

und gehen nur ungern raus – genau<br />

wie ihre Halter. Wenn man mal<br />

raus muss, dann wird der Hund in eine<br />

Louis-Vuitton-Tasche gepackt und<br />

Hünd chen weiss, dass man in diese<br />

Tasche nicht reinmacht. Gerne tragen<br />

Hund und Typ 4 die gleichen Halskettchen.<br />

Ansonsten sind Hund und Halter<br />

aber eher harmlos (und wären gerne<br />

mit Paris Hilton befreundet). Tragisch<br />

wirds dann erst, wenn der Inhalt<br />

des Katzenkistchens <strong>im</strong> Klo entsorgt<br />

wird. Das Katzenkisten-Granulat hat<br />

nämlich in vielen Fällen die Eigenschaft,<br />

sofort und dauerhaft sämtliche<br />

Abflussrohre zu verstopfen.<br />

Foto: Fotolia-oneinchpunch, Fotolia-GiZGRAPHICS<br />

Foto: Daniel Diriwächter<br />

Betritt man die Buchhandlung<br />

«Arcados» an der malerischen Rheingasse<br />

in Basel, dann weht noch ein<br />

Hauch Nostalgie durch den Raum.<br />

Zwar reihen sich auf den Regalen nicht<br />

mehr unzählige Bücher aneinander,<br />

doch unweigerlich erinnert man sich<br />

an früher, als solche Geschäfte noch<br />

Dreh- und Angelpunkte waren. Wie<br />

einst die hippen Plattenläden, in denen<br />

sich Musikliebhaber zum Fachs<strong>im</strong>peln<br />

trafen, war auch «Arcados» mehr als<br />

«nur» eine Buchhandlung.<br />

Peter Thommen, der seinen Buchladen<br />

1977 gründete, blickt mit etwas<br />

Wehmut zurück, ohne dabei verbittert<br />

zu sein. Der Mitbegründer der Homosexuellen<br />

Arbeitsgruppen (Habs) gründete<br />

«Arcados» damals nicht mit der<br />

Absicht, den schwulen Markt zu<br />

bedienen. Als studierter Sozialarbeiter<br />

wollte er entsprechende Literatur an<br />

den Mann bringen. Die Kundschaft<br />

verlangte jedoch eine andere Lektüre.<br />

So fand er eine Marktlücke.<br />

Ein unbequemer Freund für Basel<br />

«Schwule Buchläden entstanden in den<br />

70er-Jahren aus der Notwendigkeit<br />

heraus, die wichtigsten Infor ma tionen<br />

anzubieten, um mit homosexueller<br />

Liebe selbstverantwortlich umgehen<br />

zu können», so Peter Thommen. Also<br />

wurde «Arcados» zur Basler Informationsdrehschreibe.<br />

Ein Ort, an dem<br />

schwule Männer auch sich selber sein<br />

konnten. So erklärt sich auch der Name<br />

Arcados, der sich an das türkische<br />

Wort «Arkadosch» anlehnt: Freund.<br />

Sein Sort<strong>im</strong>ent betreffend war der<br />

Buchhändler nie z<strong>im</strong>perlich, die Auswahl<br />

bei «Arcados» reichte von Pornos<br />

bis zu hoher Literatur. Peter Thommen<br />

wusste, was sich verkaufte – und fand<br />

es. «Ich war eine Art Google zu meiner<br />

Zeit», meint er heute. Lesezirkel oder<br />

auch Autorenlesungen festigten Peter<br />

Thommens Ruf – er wurde sogar als<br />

«Schwulen-Papst» bezeichnet.<br />

Peter Thommen scheute sich als solcher<br />

nicht, die Dinge be<strong>im</strong> Namen zu<br />

nennen. Da er früh auch als Verleger<br />

tätig war, publizierte er <strong>im</strong> Alleingang<br />

den einstigen «Arcados Anzeiger» und<br />

später ein Wochenblatt mit dem Titel<br />

«Thommens Senf» – unbequeme Worte<br />

innerhalb der eigenen Szene, das war<br />

neu und «mischte die eigenen Reihen<br />

auf». So kritisierte er wiederholt, dass<br />

Schwule und Lesben nicht dem Rollenbild<br />

von Heterosexuellen nacheifern<br />

sollen.<br />

Eine Lebensaufgabe<br />

Dieser «Senf» war scharf, schaffte aber<br />

eine Institution, die aus Basel kaum<br />

wegzudenken war. Wäre da nicht das<br />

Internet gewesen, das seinen Siegeszug<br />

in den 90ern gnadenlos fortsetzte.<br />

Online-Händler wurden schneller,<br />

günstiger, dafür unpersönlicher. Viele<br />

Buchhandlungen gingen in den jüngsten<br />

Jahren ein. Doch Peter Thommen<br />

blieb standhaft.<br />

Er selbst gibt zu, dass die Notwendigkeit<br />

von «Arcados» oder die öko nomische<br />

Grundlage schon seit der<br />

Jahrhundertwende nicht mehr gilt.<br />

Vergangenen Januar dann Peter<br />

Thommens Ankündigung, er würde<br />

«Arcados» nun definitiv als Hobby<br />

betreiben. Ein Hobby, das auch eine<br />

Lebensaufgabe ist.<br />

Die Buchhandlung bliebt weiterhin<br />

geöffnet, wenn auch nicht mehr regelmässig.<br />

Noch <strong>im</strong>mer wird Peter<br />

Thommen ein offenes Ohr für die<br />

Basler haben. Zudem verfügt er <strong>im</strong><br />

Keller über ein riesiges Antiquariat –<br />

<strong>im</strong>mer wieder wird er etwa von Schulen<br />

Gelebte Geschichte: Peter Thommen<br />

inmitten seiner über die Jahre gesammelten<br />

Homosexuellen-Literatur.<br />

oder Institutionen um Hintergrundinformationen<br />

zum Schwulenleben in<br />

der Schweiz gebeten.<br />

Und sein «Senf» erscheint weiterhin:<br />

Mit dem «Schwulen Gassenblatt»<br />

oder «Swissgay.info» tut Peter Thommen<br />

weiterhin seine Meinung in Basel<br />

kund, oder auch <strong>im</strong> Internet – in gewohnter<br />

Manier. Beispielsweise hat er<br />

die Diskussion zum Verbot der Pro s-<br />

titution <strong>im</strong> Visier. Ein Unding, wie er<br />

findet, zumal nur Männer bestraft<br />

würden. «Homo sexuellen-Prostitution<br />

wird dabei völlig vergessen.»<br />

Es wird an der Rheingasse also noch<br />

lange nicht still – und Peter Thommen<br />

sieht auch eine positive Veränderung<br />

<strong>im</strong> Verhalten der Menschen. «Mit Apps<br />

wie ‹Grindr› gehen die Schwulen nun<br />

wieder raus, sie müssen nicht mehr zuhause<br />

am Bildschirm ein Date suchen»,<br />

meint er lächelnd. Eine Chance, die<br />

neue Anonymität des Internets wieder<br />

zu verdängen – und vielleicht mal<br />

wie der ein gutes Buch zu lesen!<br />

16 <strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong><br />

<strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong> 17


Kolumne | Pia Spatz<br />

Ratgeber Aids-Hilfe | Dr. Gay<br />

Der Versuchung<br />

so nah<br />

Text: Pia Spatz<br />

Pia spürt den Frühling und suhlt sich geradezu <strong>im</strong> Wonnemonat <strong>Mai</strong>,<br />

trotzdem hat sie auch ernste Botschaften und hört auf innere und äussere<br />

St<strong>im</strong>men.<br />

Ihr Lieben, ist es nicht herrlich? Der<br />

<strong>Mai</strong> öffnet einmal mehr seine Tore,<br />

oder wie ich auch zu sagen pflege:<br />

Die fünfte Jahreszeit hat begonnen.<br />

Eine Zeit, in der ich meine Garderobe<br />

wechs le und meine sexy Klamotten<br />

wieder Gassi führe – zur Freude meiner<br />

zahlreichen Fans. Wir schreiten<br />

wieder hinaus oder kriechen unter<br />

Steinen und Nestchen hervor. Wir präsentieren<br />

uns, als wäre da gar kein<br />

Winter gewesen. Nun, Ostern hat zwar<br />

einige Fettpölsterchen hinterlassen,<br />

aber ich lasse mich davon nicht beirren<br />

und beschwö re Liebe, Lust und<br />

Zärtlichkeit (und Stretchhosen). Vieles<br />

gibt es <strong>im</strong> Wonnemonat <strong>Mai</strong> zu erleben,<br />

beispielsweise den «Eurovision<br />

Song Contest», das vermeintliche Fest<br />

der Schwulen (was feiern die Lesben?).<br />

Aber, so versichere ich euch, dort geht<br />

es um den Gesang, weshalb ihr mich<br />

dort nie antreten seht (ein Glück für<br />

zarte Ohren). – Oder der «Warme <strong>Mai</strong>»,<br />

Kultur für unsereins. Nicht zu vergessen<br />

findet in Zürich auch das «Pink<br />

Apple»-Festival statt. Wie einst Schneeflittchen<br />

oder Eva beisse ich in einen,<br />

wohlgemerkt, süssen Apfel und lasse<br />

mich in der hintersten Reihe des Lichtspielhauses<br />

verführen.<br />

Da bin ich be<strong>im</strong> Stichwort – die Verführung,<br />

diese fiese Schlange. Ihr Lieben,<br />

wie ihr sicher auch wisst, beginnt<br />

<strong>im</strong> <strong>Mai</strong> die letzte und wichtigste Phase<br />

der Kampagne «Break The Chains»,<br />

deren Botschafterin ich auch bin. Der<br />

nächste Schritt in dieser Kampagne,<br />

HIV zu stoppen, steht an: der HIV-Test.<br />

Das Warten auf das Testresultat ist ein<br />

ziemlicher Dämpfer auf die Frühlingsgefühle,<br />

das schläckt keine Geiss weg,<br />

aber die «Checkpoint»-Jungs und ich<br />

halten dir gerne das Händchen – <strong>im</strong><br />

übertragenen Sinne dann.<br />

Von der Versuchung zur Verführung:<br />

Der Teufel Alkohol ist nämlich<br />

Thema des «Checkpoint <strong>im</strong> Gespräch»<br />

am 21. <strong>Mai</strong>. «Eis hämmer <strong>im</strong>mer no<br />

gno», höre ich euch sagen und sehe uns<br />

zusammen draussen sitzen und den<br />

süssen, rosa Drink <strong>im</strong> Weinglas schlürfen.<br />

«Eis» ist vielleicht zuviel und<br />

«hundert länged denn doch ned» ... Solange<br />

es uns gut tut, ist ja alles gut,<br />

aber wenn das Glas mir sagt, was ich<br />

tun soll, dann hört der Spass auf. Und<br />

schlussendlich gehts doch darum, dass<br />

wir uns gut fühlen <strong>im</strong> Leben. Nun<br />

wünsche ich euch einen wunderbar beschwingten<br />

<strong>Mai</strong> – wir sehen uns<br />

draussen!<br />

Dr. Gay<br />

Hilfe, ich bin verliebt!<br />

Lieber Dr. Gay<br />

Ich habe letzte Woche einen Mann kennengelernt,<br />

der mich total umgehauen<br />

hat, und habe mich Hals über Kopf in<br />

ihn verliebt! Leider weiss ich nicht, ob<br />

er die gleichen Gefühle für mich hegt.<br />

Am liebsten würde ich es ihm direkt sagen,<br />

aber ich habe Angst, ihn dadurch<br />

zu verlieren. Vielleicht ist es noch zu<br />

früh, um ihm meine Liebe zu gestehen?<br />

Hast du mir einen Rat?<br />

Paul, 18<br />

Hallo Paul<br />

Liebe kann schön sein und Schmetterlinge<br />

<strong>im</strong> Bauch ebenso. Es ist aber<br />

wichtig, dass du nicht mit der Tür ins<br />

Haus fällst und deinen Schwarm womöglich<br />

überforderst oder gar abschreckst.<br />

Versuche, es möglichst ruhig<br />

und gelassen anzugehen. Lerne den<br />

Mann erst mal etwas kennen und ver-<br />

bringe Zeit mit ihm. Zeige ihm, dass er<br />

dir nicht gleichgültig ist, indem du mit<br />

ihm sprichst und dich generell für ihn<br />

interessierst, oder indem du lächelst<br />

und ihm vielleicht etwas länger als<br />

üblich in die Augen schaust. Lasse deinen<br />

Charme spielen. Mit der Zeit wirst<br />

du erkennen, ob er ebenfalls Interesse<br />

hat und kannst entsprechend reagieren.<br />

Eine Beziehung muss sich je nach<br />

Situation und Person entwickeln, es<br />

gibt leider keine klare Anleitung, wie<br />

man das macht. Je nach Mensch und<br />

Charakter zeigt jeder auf andere Weise,<br />

wie er sich für eine Person interessiert.<br />

Was auch passiert: Geniesse das<br />

Gefühl der Liebe. Ich wünsche dir viel<br />

Erfolg!<br />

Alles Gute, Dr. Gay<br />

Ich hatte den<br />

totalen Filmriss!<br />

Lieber Dr. Gay<br />

Vor kurzem habe ich mich von meinem<br />

Freund getrennt. Um die Trennung zu<br />

verarbeiten, bin ich gestern Abend ausgegangen<br />

und landete am Ende des<br />

Abends an einer Sexparty, wo offenbar<br />

Drogen konsumiert wurden. Ich hatte<br />

bis dahin nie Drogen probiert und muss<br />

leider sagen, dass ich nicht mehr weiss,<br />

was genau geschehen ist. Nun mache<br />

ich mir Sorgen, ob ich ohne es zu wissen,<br />

ungeschützten Sex hatte und mich vielleicht<br />

mit HIV angesteckt habe. Denkst<br />

du das sei möglich?<br />

Guido, 32<br />

Hallo Guido<br />

Natürlich kann ich nicht beurteilen,<br />

ob es an der Sexparty tatsächlich zu<br />

ungeschütztem Sex gekommen ist. Fest<br />

steht, dass Drogen die Hemmschwelle<br />

heruntersetzen und auch Blackouts<br />

vorkommen können. Bei intravenösem<br />

und nasalem Konsum besteht zudem<br />

die Gefahr einer Hepatitis-C-Übertragung.<br />

Wenn du das Gefühl hast, an<br />

der Party ungeschützten Analverkehr<br />

gehabt zu haben, solltest du schnell<br />

handeln, denn das wäre ein mögliches<br />

HIV-Risiko. Innerhalb von 48 Stunden<br />

nach einer Risikosituation kann dir<br />

eine sogenannte PEP (Postexpositions-<br />

Prophylaxe) verschrieben werden. PEP<br />

ist eine vorbeugende, medikamentöse<br />

Behandlung mit antiretroviralen Medikamenten,<br />

die das Risiko einer allfälligen<br />

Infektion mit HIV senkt. Der<br />

Erfolg ist umso besser, je schneller<br />

nach einer Risikosituation mit der Behandlung<br />

begonnen wird. Am besten<br />

wendest du dich sofort an eine PEP-<br />

Notfallstelle in deiner Nähe. Eine empfehlenswerte<br />

Adresse ist das schwule<br />

Gesundheitszentrum «Checkpoint». Auf<br />

www.drgay.ch findest du diese und<br />

weitere Adressen. Wichtig ist jetzt,<br />

keine Zeit zu verlieren.<br />

Alles Gute, Dr. Gay<br />

Eine Dienstleistung der Aids-Hilfe Schweiz<br />

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News | National<br />

News | National<br />

Nationale News<br />

Text: Daniel Diriwächter<br />

«Ich habe nichts gegen Lesben.<br />

Aber ich möchte keine Gay Pride in Sion.»<br />

{ }<br />

Bischof Jean-Mary Lovey<br />

Sion und Zürich vertreten sein. Die BDP<br />

vertritt in ihren politischen Positionen<br />

weiter die Haltung, dass der Gesetzgeber<br />

nicht einzelne Familienmodelle,<br />

Lebensformen oder auch sexuelle Orientierungen<br />

bevorzugen oder benach -<br />

tei ligen soll. Vielmehr sei die Gesetzgebung<br />

dahingehend anzupassen, dass<br />

dem gesellschaftlichen Wandel Rechnung<br />

getragen wird.<br />

ist nicht von Gott gewollt.» Dies war<br />

nicht der erste Zwischenfall – ein anderer<br />

schwuler Student berichtet weiter,<br />

dass hinter seinem Rücken über ihn<br />

gelästert wurde. Seinen Worten nach<br />

sollen viele der Kommilitonen verschiedenen<br />

Freikirchen angehören. Rektor<br />

Sebastian Wörwag zeigte sich gegenüber<br />

der Presse als «sehr beunruhigt».<br />

Jegliche diskr<strong>im</strong>inierende Haltung widerspreche<br />

dem Kodex der Hochschule.<br />

Auf www.du-bist-du.ch können nun<br />

auch lesbische Mädchen Hilfe suchen.<br />

National<br />

«Du-bist-Du»<br />

expandiert<br />

Die Web-Plattform öffnet sich<br />

für lesbische Mädchen sowie<br />

Trans-Teenager und n<strong>im</strong>mt<br />

Liechtenstein ins Visier.<br />

www.du-bist-du.ch hat sich als eine<br />

Platt form von und für schwule sowie<br />

bisexuelle Jungs etabliert. Die Berater,<br />

alle zwischen 19 und 26, haben viel<br />

po si tives Echo erhalten, sodass <strong>im</strong> <strong>Mai</strong><br />

in Zukunft nun auch Mädchen und<br />

Trans- Teenager dort Hilfe suchen können.<br />

Dieses umfassende Angebot soll<br />

neu auch <strong>im</strong> «Ländle» offiziell zur Verfügung<br />

stehen: Das Fürstentum Liechtenstein<br />

wird in den Radius der Anlaufstelle<br />

genommen.<br />

Bern<br />

BDP gründet Gleichstellungsgruppe<br />

Die Bürgerlich-Demokratische<br />

Partei der Schweiz fordert gleiche<br />

Rechte und Pflichten für<br />

alle juristischen Lebensformen.<br />

Bereits seit März ist innerhalb der BDP<br />

eine Gleichstellungsgruppe aktiv, die<br />

sich dem gesellschaftlichen Wandel<br />

stellen will. Die Arbeitsgruppe wird sich<br />

aktiv für Gleichstellungsthemen einsetzen<br />

sowie bei den beiden Prides in<br />

St. Gallen<br />

Mobbing gegen<br />

schwule Studenten<br />

Freikirchler sollen homosexuelle<br />

Mitstudierende an der Fachhochschule<br />

St. Gallen mobben.<br />

Wie das Portal «Saiten.ch» berich tete,<br />

kommt es an der Fachhochschule St.<br />

Gallen (FSH) <strong>im</strong>mer wieder zu homophoben<br />

Äusserungen von strenggläubigen<br />

Freikirchlern – ausgerechnet <strong>im</strong><br />

Stu dienfach «Soziale Arbeit». Be<strong>im</strong><br />

jüngsten Zwischenfall soll ein Studierender<br />

den Unterricht mit den Worten<br />

«Homosexualität ist krank» gestört haben.<br />

Von seiner Haltung liess er sich<br />

nicht abbringen, denn: «Homosexualität<br />

An der Fachhochschule St. Gallen (FSH) werden Schwule Studenten gemobbt.<br />

Fotos: fotolia<br />

Bern<br />

Neues Buch<br />

verzaubert<br />

Autorin Corinne Rufli gewährt<br />

mit ihrem Buch «Seit dieser<br />

Nacht war ich wie verzaubert»<br />

Einblicke in das Leben von<br />

frauen liebenden Frauen über<br />

siebzig.<br />

Renate (84) nennt sich Lesbe, ist aber<br />

mit einem Mann verheiratet. Berti (78)<br />

liebt Elisabeth (77) seit über vierzig<br />

Jahren, ist vierfache Grossmutter und<br />

geschieden. Margrit (81) führte in den<br />

1960er-Jahren Tanzabende für Frauen<br />

durch. Liva (82) betete nach ihrem ersten<br />

Mal mit einer Frau das Vaterunser.<br />

Ältere Frauen, die Frauen lieben, sind in<br />

unserer Gesellschaft bis heute nicht<br />

sichtbar. Erstmals blicken in diesem<br />

Band elf Frauen über siebzig auf ihr Leben<br />

zurück. Sie erzählen, wie sie ihre<br />

Beziehungen in der bürgerlichen Enge<br />

der 1940er- bis 1960er-Jahre gestalteten,<br />

wie sie einen Mann heirateten oder<br />

sich in eine Frau verliebten, wie sie von<br />

der Frauenbewegung angezogen oder<br />

abgestossen waren, und wie sie heute<br />

leben.<br />

Lesung: Mittwoch, 13. <strong>Mai</strong>, 19.30 Uhr<br />

Buchhandlung Weyermann,<br />

Herrengasse 30, Bern.<br />

Alkohol ist die Volksdroge Nr. 1 und Thema bei «Checkpoint <strong>im</strong> Gespräch» <strong>im</strong> <strong>Mai</strong>.<br />

Zürich<br />

Volksdroge Nr. 1<br />

Der Teufel Alkohol ist Thema<br />

bei «Checkpoint <strong>im</strong> Gespräch»<br />

am 21. <strong>Mai</strong>.<br />

Ganz unter dem Motto «Eis hämmer <strong>im</strong>mer<br />

no gno!» fassen die Experten vom<br />

Checkpoint Zürich ein heisses Eisen an:<br />

den Alkohol. Es ist nicht zu verleugnen,<br />

dass die Volksdroge Nr. 1 auch in der<br />

Gay-Szene den ersten Rang einn<strong>im</strong>mt.<br />

Deswegen gilt es wichtige Fragen zu beantworten:<br />

Wann wird der Alkoholkonsum<br />

zum Problem? Sind schwule Männer<br />

vielleicht besonders gefährdet? Und<br />

welche Auswirkungen hat übermässiger<br />

Alkoholkonsum auf eine HIV-Infektion<br />

oder die HIV-Therapie? Welche Wege<br />

führen aus der Spirale hinaus? Dr. med.<br />

Tibor Rasovszky, Chefarzt der Psychiatrie<br />

bei «Arud» Zürich (Zentrum für<br />

Suchtmedizin Zürich) und Spezialist<br />

in Sachen Alkoholismus, erklärt und<br />

diskutiert Ursachen, Zusammenhänge<br />

und Möglichkeiten zur Abstinenz oder<br />

einem kontrollierten Konsumverhalten.<br />

Der «Checkpoint <strong>im</strong> Gespräch» findet<br />

am Donnerstag, 21. <strong>Mai</strong>, <strong>im</strong> Restaurant<br />

Bubbles in Zürich statt.<br />

www.mycheckpoint.ch<br />

Sion<br />

Heiliger Beistand<br />

<strong>im</strong> Wallis<br />

Bischof Jean-Marie Lovey unterstützt<br />

junge homosexuelle Katholiken<br />

– trotzdem ist er gegen<br />

die Gay-Pride in Sion.<br />

Jean-Marie Lovey (65), katholischer<br />

Bischof <strong>im</strong> Wallis, machte <strong>im</strong> April<br />

Schlagzeilen, weil er sich für die homosexuelle<br />

Jugend in Sion einsetzt. Der<br />

Geistliche unterstützt die Selbsthilfegruppe<br />

der 20-jährigen Clémentine<br />

Dubuis, welche sich um junge schwule<br />

und lesbische Katholiken kümmert.<br />

Dubuis unterhielt sich offenbar länger<br />

mit Jean-Marie Lovey. Sie habe ihn als<br />

sehr offen erlebt, wie sie gegenüber<br />

dem «Tages-Anzeiger» sagte. Weiter<br />

habe er ihr versichert, dass ihre sexuelle<br />

Orientierung kein Hindernis für den<br />

Glauben sei. Aber: Jean-Marie Lovey<br />

hält nichts von der Gay-Pride am<br />

13. Juni, wie er gegenüber Radio Rhône<br />

FM verkündete. Der karnevaleske Charakter<br />

verspotte das Leiden der Homosexuellen,<br />

so der Bischof.<br />

20 <strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong><br />

<strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong> 21


News | International<br />

Internationale News<br />

Text: Daniel Diriwächter<br />

«Vielleicht, weil homosexuelle Menschen einfach<br />

aussehen wie … Menschen.»<br />

{ }<br />

Autorin J.K. Rowling auf die Frage, wieso man die Homosexualität<br />

von Albus Dumbledore optisch nicht erkennt.<br />

Vatikan<br />

Papst lehnt schwulen<br />

Botschafter ab<br />

Der Franzose Laurent Stefanini<br />

wird definitiv nicht Botschafter<br />

<strong>im</strong> Vatikan.<br />

Als bekannt wurde, dass Frankreichs<br />

Präsident François Hollande den homosexuellen<br />

Laurent Stefanini als Botschafter<br />

zum Vatikan entsenden möchte,<br />

war die Empörung gross. Nun hat<br />

Papst Franziskus die Bewerbung des<br />

Diplomaten abgelehnt. Frankreich muss<br />

einen neuen Kandidaten stellen, der<br />

besser zum Vatikan passt – bereits sind<br />

drei neue Namen <strong>im</strong> Gespräch. Laurent<br />

Stefanini war abgesehen von seiner<br />

Homosexualität ein opt<strong>im</strong>aler Kandidat.<br />

Er gilt als praktizierender Katholik sowie<br />

als Experte in Religionsfragen, wie<br />

«Queer.de» berichtete. Zudem habe er<br />

bereits zwischen 2001 und 2005 in der<br />

französischen Botschaft des Kirchenstaates<br />

gearbeitet.<br />

Kasachstan<br />

Diskr<strong>im</strong>inierendes<br />

Gesetz in der Pipeline<br />

Das «Propagieren von nicht traditionellen<br />

sexuellen Orientierungen»<br />

könnte bald unter Strafe<br />

stehen.<br />

Bereits <strong>im</strong> Februar verabschiedete das<br />

Parlament in Kasachstan ein Gesetzespaket,<br />

das unter anderem das «Propagieren<br />

von nicht traditionellen sexuellen<br />

Orientierungen» unter Strafe stellt.<br />

Es liegt nun dem Präsidenten zur Unterschrift<br />

vor und könnte jederzeit in Kraft<br />

treten. Der genaue Gesetzestext ist<br />

nicht öffentlich zugänglich. Ein Antrag<br />

auf Einsicht in den Text, den Amnesty<br />

International bei den Behörden gestellt<br />

hat, blieb erfolglos. In den Lokalmedien<br />

werden jedoch Parlamentsabgeordnete<br />

zitiert, wie sie sich zu den neuen<br />

Best<strong>im</strong>mungen äussern, die eindeutig<br />

diskr<strong>im</strong>inierend sind. Amnesty International<br />

lanciert nun eine Unterschriftenaktion.<br />

USA<br />

Hillary Clinton wirbt<br />

mit schwulem Paar<br />

Die Demokratin will Präsidentin<br />

werden und gilt auch als grosse<br />

Hoffnung der US Gay-Community.<br />

Mitte April stieg Hillary Rodham Clinton<br />

offiziell in den Wahlkampf um das amerikanische<br />

Präsidentschaftsamt. Die Ex-<br />

Senatorin und Aussenministerin gilt<br />

bislang als aussichtsreichste Kandidatin<br />

der Demokraten, die auch bei amerikanischen<br />

Schwulen und Lesben hoch <strong>im</strong><br />

Kurs steht. Als Startschuss zur Kampagne<br />

in eigener Sache diente Clinton ein<br />

140-Sekunden-Werbevideo, das umgehend<br />

weltweit Beachtung in den sozialen<br />

Hillary Rodham Clinton ist Anwärterin<br />

auf das amerikanische Präsidentschaftsamt.<br />

Medien fand. Darin ist auch ein schwules<br />

Paar zu sehen, das unaufgeregt über sein<br />

Leben erzählt.<br />

USA<br />

Tochter von Angelina<br />

Jolie möchte lieber<br />

ein Junge sein<br />

Lange wurde darüber gemunkelt,<br />

jetzt ist es offiziell. Shiloh<br />

Jolie-Pitt: Tochter von Angelina<br />

Jolie und Brad Pitt hat (wohl<br />

ihre erste) Identitätskrise.<br />

Sie trägt lieber Anzug statt Kleidchen,<br />

Badehose statt Bikini und ihre kurzen<br />

Haare versteckt sie gerne mal unter einer<br />

Mütze: Shiloh hat so gar keine Lust,<br />

die Prinzessin <strong>im</strong> Hause Jolie-Pitt zu<br />

spielen. Doch nur bei Jungsklamotten<br />

soll es nicht bleiben: Auch ihren Namen<br />

möchte die Achtjährige ablegen. «Wir<br />

müssen sie John nennen. Sonst reagiert<br />

sie nicht», verriet Papa Pitt laut «Bild.de»<br />

in einem Interview. Dass Shiloh lieber<br />

Foto: ZVG United States, Jesco Denzel, ZVG<br />

ein Junge wäre und sich auch gerne so<br />

verhält, daraus hat der Brangelina-Clan<br />

nie ein Gehe<strong>im</strong>nis gemacht. Erst kürzlich<br />

erschien sie mit Papa Pitt und ihren<br />

Brüdern Pax Thien und Maddox betont<br />

maskulin auf dem roten Teppich der<br />

«Unbroken»-Premiere in Los Angeles.<br />

Ob es sich bei Shiloh nur um eine Phase<br />

handelt, wird die Zeit zeigen. So oder<br />

so: Die Achtjährige weiss, dass ihre Familie<br />

<strong>im</strong>mer hinter ihr steht – und nur<br />

darauf kommt es letztlich an.<br />

Deutschland<br />

25 Jahre Lesbenund<br />

Schwulenverband<br />

Bundespräsident Joach<strong>im</strong> Gauck<br />

würdigte die Arbeit des Verbands.<br />

Zum Geburtstag des Lesben und Schwulenverbandes<br />

in Deutschland (LSDV),<br />

der kurz vor der Wiedervereinigung gegründet<br />

wurde, gab es lobende Worte des<br />

Bundespräsidenten Joach<strong>im</strong> Gauck. Er<br />

erwähnte, dass sich seit 1990 vieles verbessert<br />

habe, so wurde etwa der Paragraf<br />

175 abgeschafft und die Homo-Ehe<br />

ermöglicht. Aber noch sei keine Zeit zum<br />

Ausruhen: «Diese Entwicklung war kein<br />

Selbstläufer. Sie wurde von Menschen<br />

Der deutsche Bundespräsident<br />

Joach<strong>im</strong> Gauck würdigt das Engagement<br />

des LSDV.<br />

Die eingetragene Partnerschaft ist bald auch in Chile möglich.<br />

getragen, die gerade in der Vergangenheit<br />

viel riskierten – ihren familiären<br />

Rückhalt, ihren Arbeitsplatz, ihre bürgerliche<br />

Existenz. Diesen mutigen Frauen<br />

und Männern ist es zu verdanken,<br />

dass der kulturelle Wandel überhaupt in<br />

Bewegung kam, dass Tabus gebrochen<br />

und politische Forderungen erhoben<br />

wurden.» Mit seinen Worten will Gauck<br />

den Verband in seinem Engagement bestärken.<br />

Chile<br />

«Eingetragene<br />

Partnerschaft» wird<br />

eingeführt<br />

In Chile hat die Präsidentin ein<br />

neues Gesetz unterzeichnet.<br />

In einem halben Jahr tritt <strong>im</strong> eher konservativen<br />

Chile eine Art «Eingetragene<br />

Partnerschaft» für Schwule und Lesben<br />

in Kraft. Die Präsidentin des Landes,<br />

Michelle Bachelet, Mitglied der Sozialistischen<br />

Partei, gibt damit nicht nur<br />

Homosexuellen die Möglichkeit, ihre<br />

Beziehung abzusichern – auch unverheiratete<br />

heterosexuelle Paare können<br />

von dem neuen Gesetz profitieren. Eine<br />

komplette Eheöffnung liegt aber noch<br />

in weiter Ferne.<br />

Syrien<br />

IS-Terror gegenüber<br />

schwulen Männern<br />

Medienberichten zufolge wurde<br />

wieder ein schwuler Mann gesteinigt.<br />

Im April berichteten englische Zeitungen<br />

über die Steinigung eines angeblich<br />

schwulen Mannes durch die Terrorgruppe<br />

«Islamischer Staat». Der Vorfall soll<br />

sich in der syrischen Stadt Holms ereignet<br />

haben. Bilder zeigen das Opfer mit<br />

gefesselten Händen am Rücken, dahinter<br />

eine Gruppe von Männern, die mit<br />

Steinen werfen. Der IS drohte ebenfalls<br />

damit, den Terror gegenüber Homosexuel<br />

len auch in Europa zu etablieren.<br />

Malta<br />

Freie Geschlechtswahl<br />

erlaubt<br />

Auf Malta billigte das Parlament<br />

ein Gesetz, das die freie<br />

Geschlechtsidentität vorsieht.<br />

Dieses Gesetz ist einzigartig: In Malta<br />

kann der Eintrag zum Geschlecht in den<br />

offiziellen Papieren ab sofort selbst<br />

best<strong>im</strong>mt werden. Dies ist ein riesiger<br />

Erfolg für die Transmenschen auf Malta.<br />

Weder medizinische oder psychiatrische<br />

Untersuchungen sind nötig, ganz zu<br />

schweigen von einem operativen oder<br />

hormonellen Eingriff. Eine notariell beglaubigte<br />

Erklärung reicht aus, um das<br />

Geschlecht aus der Geburtsurkunde zu<br />

ändern. Zudem können Eltern darauf<br />

verzichten, ihrem Kind ein Geschlecht<br />

zuzuweisen, bevor es 14 Jahre alt ist.<br />

<br />

22 <strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong> <strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong> 23


Serie | Persönlichkeiten<br />

Publireportage<br />

Was macht eigentlich …<br />

Text: Haymo Empl<br />

Gunvor<br />

In unserer Serie stellen wir Ikonen und Persönlichkeiten aus vergangenen<br />

Dekaden vor, berichten über gefallene Helden und hoffnungsvolle<br />

Skandalsternchen aber auch über mutige Vorkämpfer. Gunvor Guggisberg<br />

ist irgendwie alles, weil <strong>im</strong>mer unterschätzt. Eine Hommage an die ESC-<br />

Null-Punkte-Nummer von 1998 mit Charme und Talent.<br />

Open Languages –<br />

so lernst du Sprachen<br />

online!<br />

Die Welt wurde dank dem Internet zum Dorf – die vielen Sprachen sind<br />

glücklicherweise geblieben. Sie öffnen Tür und Tor zu diversen Kulturen.<br />

Nur kostet das Erlernen einer Sprache Zeit. Die Firma «Open Languages»<br />

setzt genau dort an und bietet Online Lernkurse – bequem und zeitsparend.<br />

Blieb Gunvor nur noch der Hund, der<br />

als Einziger zu ihr hielt?<br />

Ja, man hat sich daran gewöhnt,<br />

dass der Eurovision Song Contest<br />

seinen Siegern nicht mehr die Weltkarrieren<br />

garantiert, die Abba, Udo<br />

Jürgens oder France Gall oder Frau<br />

Dion einst einschlugen. Doch wenigstens<br />

<strong>im</strong> eigenen Land, wenigstens für<br />

eine gewisse Zeit, sind sie doch irgendwie<br />

die Grössten. Nur Gunvor nicht.<br />

Sie ist 1998 für die Schweiz angetreten<br />

und wurde völlig fertig gemacht. Zu<br />

unrecht, denn Gunvor Guggisberg<br />

Auch nach dem ESC Debakel versuchte Gunvor, sich als Sängerin zu etablieren.<br />

mögen wir eigentlich. Der Tagi hat<br />

einst geschrieben: «Die verlorene Ehre<br />

der Gunvor Guggisberg». Dabei hat<br />

Gunvor wirklich gute Lieder gemacht.<br />

Der Tagi hat auch geschrieben «Gunvor<br />

ist der Tiefpunkt einer klassischen<br />

Boulevardexistenz». Das st<strong>im</strong>mt nicht.<br />

Gunvor kann singen und heisst übrigens<br />

neuerdings Gunvor Meyer.<br />

«Switzerland: Zero Points» – eine<br />

unverdiente Niederlage<br />

Fotos: pd<br />

Foto: Fotolia-goodluz<br />

Die Schulbank drücken ist dank virtuellem<br />

Klassenz<strong>im</strong>mer bequemer geworden.<br />

Die Freude an einer fremden Sprache<br />

und die Motivation, sie zu erlernen,<br />

hat verschiedene Gründe. In einer<br />

schnelllebigen Welt wie heute ist es oft<br />

gar nicht so einfach, die Schulbank zu<br />

drücken – vieles muss dabei geregelt<br />

werden. Und oft gerät das noble Vorhaben<br />

zur blossen Idee, die wir vor uns<br />

herschieben. Das muss nicht sein, eine<br />

Fremdsprache lässt sich heute auch<br />

online erlernen – ohne Einbusse der<br />

Qualität.<br />

Die Firma «Open Languages», gegründet<br />

vor zwei Jahren vom Amerikaner<br />

Daniel Jones, n<strong>im</strong>mt sich dieser<br />

Situation an. Mit der neuen Webplattform<br />

n<strong>im</strong>mt der Lernende spielend an<br />

einem virtuellen Klassenz<strong>im</strong>mer teil –<br />

inklusive Mitschülern, Lehrerin oder<br />

Lehrer. Alles was dafür benötigt wird,<br />

ist eine funktionierende Internetverbindung.<br />

Mit einer Gratis-Probelektion<br />

beginnen<br />

Und so einfach funktioniert es:<br />

«Open Languages» bietet derzeit acht<br />

Sprachen an (Deutsch, Chinesisch,<br />

Englisch, Französisch, Italienisch,<br />

Por tugiesisch, Spanisch und Schwedisch).<br />

Jede Lektion wird von einer<br />

muttersprachlichen Lehrkraft gestaltet.<br />

Um das entsprechende Level in<br />

seiner bevorzugten Sprache herauszufinden,<br />

lohnt es sich, eine kostenlose<br />

Probelektion zu buchen, die auch als<br />

Einstufungstest gilt. Nach einer einfachen<br />

Anmeldung bekommt man die<br />

geeigneten Kurse zugeteilt.<br />

Eine Probelektion dauert so lange<br />

wie eine übliche Schulstunde: 45 Minuten.<br />

Alle diese Stunden funktionieren<br />

mit «Skype» oder einem virtuellen<br />

Klassenraum, der eigens für «Open<br />

Languages» entwickelt wurde. Von<br />

«Eine Fremdsprache<br />

lässt sich heute auch<br />

online erlernen – ohne<br />

Einbusse der Qualität.»<br />

Vorteil ist dabei ein Headset sowie<br />

eine Webcam. Sind nach der Probelektion<br />

die Details geklärt, erfolgt eine<br />

Registrierung und die Angebote von<br />

«Open Languages» öffnen sich dem Benutzer.<br />

Diese haben es in sich: Da wären<br />

zum Beispiel die Live-Klassen mit bis<br />

zu fünf Schülern. Die Planung bleibt<br />

dabei flexibel – verschiedene Termine<br />

stehen zur Auswahl. Oder man entscheidet<br />

sich für den Einzelunter richt<br />

– auch das ist möglich. Neben einem<br />

Lehrplan, der auf herkömmliche Sprachlevels<br />

baut und entsprechendes Lehrund<br />

Lernmaterial bietet, kann <strong>im</strong><br />

1:1-Unterricht der Stoff nach eigenen<br />

Bedürfnissen gestaltet werden. Darüber<br />

hinaus werden branchenspezifische<br />

Sprachkurse angeboten.<br />

Übung macht den Meister<br />

Die Lektionen, die mit einem Zertifikat<br />

von «Open Languages» abschliessen,<br />

sind auch in finanzieller Hinsicht<br />

interessant. Neben der kosten losen<br />

Probelektion besteht die Möglichkeit,<br />

einzelne Schulstunden mittels Kreditkarte<br />

zu kaufen – so kosten etwa fünf<br />

Lektionen <strong>im</strong> Einzelunterricht rund<br />

143 Franken – je mehr Lektionen man<br />

bucht, umso höher fällt der derzeitige<br />

Rabatt von bis zu 20 Prozent aus.<br />

Eines darf hingegen nicht vergessen<br />

werden: Eine Sprache zu lernen bedeutet<br />

Hingabe und Arbeit, denn nur<br />

Übung macht den Meister. Besonders<br />

ambitionierte Lernende haben aber die<br />

zusätzliche Möglichkeit, eine eigene<br />

Lerngruppe auf der Webseite von<br />

«Open Languages» zu gründen – bei<br />

fünf Teilnehmern wird ein Rabatt von<br />

75 Prozent angeboten.<br />

Die Online-Sprachschule erfüllt mit<br />

ihrem Angebot ohne Frage ein steigendes<br />

Bedürfnis unserer modernen<br />

Zeit. Mit «Open Languages» ist es<br />

möglich, überall zu lernen, sei es <strong>im</strong><br />

Café oder bequem auf dem Sofa. Und<br />

es wäre doch toll, Familie und Freunde<br />

mit einer neu gelernten Fremdsprache<br />

zu überraschen, nicht?<br />

Open Languages GmbH, Zürich<br />

Anmeldung, Informationen und Tarife unter<br />

www.german.openlanguages.com<br />

24 <strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong> <strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong> 25


Kultur | Schweiz<br />

Die Kultur-Tipps<br />

<strong>im</strong> <strong>Mai</strong><br />

Text: Daniel Diriwächter<br />

Viele Perlen gibt es in diesem Monat zu entdecken – die Schönheit des<br />

Balletts beispielsweise, aber auch den «Warmen <strong>Mai</strong>» – Kultur speziell für<br />

die Community. Kein Wunder, spricht man vom Wonnemonat <strong>Mai</strong>.<br />

Ballettabend <strong>im</strong><br />

Opernhaus Zürich<br />

Szene aus «New Creations» <strong>im</strong><br />

Opernhaus Zürich<br />

Ab dem 9. <strong>Mai</strong> sind die Choreografien<br />

von George Balanchine, Jiří Kylián und<br />

Hans van Manen erneut auf der Bühne<br />

des Opernhauses Zürich erleben. Der<br />

Ballettabend vereint drei Meisterchoreografien<br />

des Balletts <strong>im</strong> 20. Jahrhundert.<br />

Die Ballettaufführungen von<br />

George Balanchine, dem Gründer des<br />

New-York-City-Balletts und Grossmeister<br />

der Neoklassik, haben eine lange Zürcher<br />

Aufführungstradition. Ein Schlüssel<br />

werk sind «The Four Temperaments»,<br />

die 1946 zur Musik von Paul Hindemith<br />

entstanden und die zukünftige stilistische<br />

Entwicklung des Choreografen andeuteten.<br />

Danach präsentiert Hans van<br />

Manens seine «Frank Bridge Variations»<br />

– Van Manen kleidet Benjamin Brittens<br />

suitenartiges Varia tionenwerk in eine<br />

Choreografie von höchster Eleganz,<br />

kristalliner Klarheit und Formenstrenge.<br />

Paare erahnen und finden sich, fordern<br />

sich dabei auf zum erotischen Duell<br />

und zur zärtlichen Verbindung. Den Abschluss<br />

bildet «Frauensache» von Jiří<br />

Kyliáns. Das Stück gehört zu den sogenannten<br />

«Schwarz-Weiss-Balletten»<br />

des tschechischen Choreografen. Acht<br />

Tänzer innen formieren sich zu einer unbeschwerten<br />

Hommage an den weiblichen<br />

Tanz.<br />

Opernhaus Zürich<br />

Ab 9. <strong>Mai</strong><br />

www.opernhaus.ch<br />

Warmer <strong>Mai</strong> <strong>2015</strong><br />

Kulturliebende Schwule und Lesben<br />

haben vor 15 Jahren festgestellt, dass<br />

homosexuelle Themen in Zürichs Kulturszene<br />

eher spärlich vertreten waren.<br />

Also wurde der «Warme <strong>Mai</strong>» ins Leben<br />

gerufen. Heute ist schwullesbische Kultur<br />

glücklicherweise präsenter als damals.<br />

Samuel C. Zinsli, Mitglied des<br />

OK, ist aber der Meinung, dass es den<br />

Kultur<br />

Ticket<br />

«Warmen <strong>Mai</strong>» weiterhin braucht. «Das<br />

Publikum ist noch <strong>im</strong>mer da: Lesben,<br />

Schwule, Trans-, Bi- und Intermenschen,<br />

die kulturell interessiert sind, egal ob<br />

täglich oder ein, zwei Mal <strong>im</strong> Jahr – und<br />

alle andern, die unsere Anlässe ansprechen<br />

und neugierig machen.» Das bunte<br />

Programm bietet für jeden kulturellen<br />

Geschmack spannende Produktionen.<br />

Egal ob Komödie, Musical, Drama, Liederabend<br />

oder Lesung – alles ist dabei.<br />

Natürlich wird auch die Schirmherrin<br />

des «Warmen <strong>Mai</strong>», Kamilla von Arx,<br />

wieder mit von der Partie sein. Im Keller<br />

62 prä sentiert die, nach eigenen Angaben<br />

«gestrandete deutsche Schrift stellerin»,<br />

am 26. <strong>Mai</strong> einen «queeren Literaturclub».<br />

Ein weiterer Höhepunkt ist<br />

Fotos: Judith Schlosser (1), ZVG (2)<br />

«Ich, Mutter und ...» – ein nicht unheiteres<br />

Beziehungsdrama in drei Akten<br />

von Michi Rüegg, ebenfalls <strong>im</strong> Keller 62<br />

(20. bis 23. <strong>Mai</strong>).<br />

Alle Daten unter www.warmermai.ch<br />

World Press Foto in<br />

Zürich<br />

Bereits zum achten Mal holt die Schweizer<br />

Bildagentur Keystone die «World<br />

Press Photo»-Ausstellung aus Amsterdam<br />

nach Zürich. Ab dem 7. <strong>Mai</strong> sind<br />

die preisgekrönten Fotografien <strong>im</strong> Folium<br />

Sihlcity zu sehen. Darunter natürlich<br />

auch das Siegerfoto des dänischen<br />

Fotografen Mads Nissen. Sein Bild zeigt<br />

Jon und Alex, ein homosexuelles Paar<br />

während eines int<strong>im</strong>en Moments in<br />

Sankt Petersburg, Russland.<br />

7. – 31. <strong>Mai</strong> <strong>2015</strong><br />

Sihlcity, Zürich<br />

James Purdy (1914-2009) gilt seit<br />

seinen Romanen Malcolm (1959) und<br />

Der Neffe (1961) als einer der wichtigsten<br />

Hälfte des 20. Jahrhunderts. Bedeutende<br />

Autoren wie Edward Albee und Gore<br />

Vidal, Thornton Wilder und Tenne see<br />

Wi liam schätzten und bewunderten ihn;<br />

Kurzgeschichten, Gedichte und Theater-<br />

amerikanischen Schriftste ler der zweiten<br />

»James Purdy ist der große Außenseiter der<br />

amerikanischen Literatur.«<br />

the new york t<strong>im</strong>es<br />

Chicago, Ende der 30er-Jahre: In der Wohnung des gescheiterten<br />

Dichters Eustace Chisholm treffen Außenseiter und Exzentriker<br />

Die Preisgabe<br />

seine kontrovers diskutierten Romane,<br />

stücke wurden in mehr als 30 Sprachen<br />

übersetzt.<br />

Purdy starb als vielfach ausgezeichneter<br />

Autor und erhielt unter anderem den<br />

Bi l Whitehead Award für sein Lebenswerk<br />

und den Preis der American Academy<br />

of Arts and Le ters.<br />

aufeinander. Der verschlossene Bergarbeiter und der engelsgleiche<br />

Jüngling, die nymphomane Malerin und der lebenshungrige<br />

Mi lionär – sie a le suchen in der Ruinenlandschaft der Welt wirtschaftskrise<br />

verzweifelt nach der erfü lten, der erlösenden Liebe.<br />

»James Purdys Roman ist so gut, da s <strong>im</strong> Vergleich dazu beinahe<br />

ein wenig posierend oder unaufrichtig oder selbstverliebt wirkt …<br />

Romane … Ich liebe dieses Buch.«<br />

jonathan franzen,<br />

jeder andere, den man gleich <strong>im</strong> Anschlu s daran liest, zumindest<br />

Im Amerika der Nachkriegszeit gibt es nur sehr wenige be sere<br />

Bestsellerautor von Die Ko rekturen und Freiheit<br />

Die deutsche Ausgabe von James Purdys<br />

«Die Preisgabe» (<strong>im</strong> englischen Original<br />

«Eustace Chisholm and the Works») war<br />

lange vergriffen, nun erscheint der Roman<br />

erneut: Mit der neuen Ausgabe<br />

wird Purdy, «der große Aussenseiter der<br />

amerikanischen Literatur» (New York<br />

T<strong>im</strong>es), wieder einem breiteren Publikum<br />

zugänglich gemacht. Als «Die Preisgabe»<br />

1967 erstmals erschien, sorgte<br />

das Buch für einen Skandal <strong>im</strong> New Yorker<br />

Literaturbetrieb. Inzwischen zählt<br />

der Roman zu den modernen Klassikern<br />

der amerikanischen Literatur und schildert<br />

die Geschichte einer Gruppe von<br />

Exzentrikern um den gescheiterten<br />

Dichter Eustace Chisholm <strong>im</strong> Chicago<br />

der 1930er-Jahre, zur Zeit der Weltwirtschaftskrise.<br />

Die deutsche Neuauflage<br />

schliesst mit dem Essay «Liebesbriefe»<br />

von Jonathan Franzen ab.<br />

Die Preisgabe<br />

Bruno Gmünder Verlag<br />

Im Handel erhältlich<br />

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Roman<br />

purdy<br />

Mit einem Essay von Jonathan Franzen<br />

James Purdys Kultroman erzählt die<br />

Geschicht einer Gruppe von Exzentrikern<br />

und Außenseitern um den gescheiterten<br />

Dichter Eustace Chisholm. So unterschiedlich<br />

sie sind – sie a le suchen <strong>im</strong><br />

Chicago der 1930er-Jahre, zur Zeit<br />

der Weltwirtschaftskrise, verzweifelt<br />

nach Liebe. Im Mi telpunkt stehen der<br />

engelsgleiche Amos Ratcliffe und der verschlo<br />

sene Grubenarbeiter Daniel Haws.<br />

Daniel ist Schlafwandler und ahnt nichts<br />

von seinen verborgenen Sehnsüchten.<br />

Dennoch verliebt sich Amos in ihn. Was<br />

aber soll er mit einem Mann anfangen, der<br />

am Tag danach nicht mehr weiß, was er<br />

die Nacht zuvor getan hat? Während Amos<br />

schließlich seinen Körper verkauft, wird<br />

Daniel klar, dass er sich tatsächlich verliebt<br />

hat – zum ersten Mal in seinem Leben.<br />

Doch anstatt sich Amos zu offenbaren,<br />

flüchtet er in den Militärdienst und gerät<br />

so in die Gewalt eines Offiziers, der davon<br />

bese sen ist, Daniel zu unterwerfen.<br />

Als Die Preisgabe 1967 erstmals erschien,<br />

sorgte das Buch für einen Skandal <strong>im</strong> –<br />

so Purdy – »zu Tode gelangweilten, trägen<br />

Inzwischen zählt der Roman zu den<br />

modernen Kla sikern der amerikanischen<br />

Literatur.<br />

und verlogenen Literaturbetrieb New Yorks«.<br />

Ost Side Story<br />

Text: Martin Ender<br />

Im <strong>Mai</strong> und Juni geht das neue Musical «Ost Side<br />

Story» <strong>im</strong> Theater am Hechtplatz über die Bühne.<br />

Die Macher nennen das Stück <strong>im</strong> Untertitel «Die<br />

grösste Liebesgeschichte seit Kliby & Caroline».<br />

Man ahnt bereits den Spagat zwischen todernstem<br />

Liebesdrama und schalkhaftem Klamauk.<br />

Angelehnt ist die Geschichte, wie<br />

der Titel vermuten lässt, an die «West<br />

Side Story» – die übrigens in der Urfassung<br />

den Namen «East Side Story»<br />

trug. Die «West Side Story» wird auch<br />

die Mutter des Musicals genannt, da<br />

erstmals Tanz, Gesang und Schauspiel<br />

einzigartig und auf hohem Niveau<br />

miteinander verschmolzen wurden.<br />

Die Idee für das Musical «West Side<br />

Story» entstand 1949. Der Choreograf<br />

und Produzent Jerome Robbins schlug<br />

dem zu dieser Zeit bereits recht bekannten<br />

Komponisten Leonard Bernstein<br />

in New York vor, eine moderne<br />

Version von Romeo und Julia auf die<br />

Bühne zu bringen. Als Bernstein <strong>im</strong><br />

Juni 1955 den Text aufnahm, wählte<br />

er als Thematik des Musicals die Rassenkonflikte<br />

zwischen Puerto Ricanern<br />

und Amerikanern, da ihm die erste<br />

Idee, jüdisch-christliche Probleme zu<br />

behandeln, zu altmodisch erschien. Im<br />

August 1957 startete das Stück in<br />

Washington. Bei den Zuschauern wurde<br />

die «West Side Story» sehr gut aufgenommen<br />

und entwickelte sich zu<br />

einem grossen Erfolg. 1960 wurde sie<br />

<strong>im</strong> Winter-Garden-Theater wieder aufgenommen,<br />

<strong>im</strong> Jahr darauf verfilmt.<br />

Die erste deutschsprachige Aufführung<br />

fand 1968 an der Volksoper in<br />

Wien statt. Die Verfilmung des Musicals<br />

wurde schliesslich mit zehn<br />

Oscars ausgezeichnet.<br />

Bereits die «West Side Story» verband<br />

komische und dramatische Szenen<br />

einer grossen Liebesgeschichte.<br />

Knapp 60 Jahre nach der Uraufführung<br />

wird die Geschichte nun wieder<br />

aufgegriffen und auf Schweizer Verhältnisse<br />

adaptiert <strong>im</strong> Musical Ost Side<br />

Story, das demnächst mit dem zeitlosen<br />

Thema Intoleranz <strong>im</strong> Theater am<br />

Hechtplatz aufgeführt wird.<br />

Theaterkritik | Ost Side Story<br />

Das Theater am Hechtplatz macht<br />

<strong>im</strong>mer wieder positive Schlagzeilen.<br />

Ausverkaufte Vorstellungen und eine<br />

Wiederaufnahme bescherte dem Haus<br />

beispielsweise «Spamelot». Im Gegensatz<br />

zu diesem «eingekauften» Stück<br />

kommt nun eine Eigenproduktion auf<br />

die Bühne. Durch und durch ein<br />

Schweizer Musical! – Ganz auch in der<br />

Tradition des Hauses. Man erinnere<br />

sich an die schweizerdeutschen Musical<br />

«Bibi Balù» (1964) und «Golden<br />

Girl» (1967). Beides sogenannte Gaunerkomödien<br />

von Hans Gmür und Karl<br />

Suter mit Musik von Hans Möckel. Die<br />

Bühnengrössen von damals waren unter<br />

anderem Ruedi Walter, Margrit<br />

Rainer, Ines Torelli, Jörg Schneider,<br />

Edi Huber und Paul Bühlmann. Die<br />

«Bibi Balù»-Vorstellungen waren über<br />

300 Mal ausverkauft.<br />

Inzwischen zeichnet längst eine<br />

neue Generation verantwortlich für<br />

das Hechtplatz-Theater. Und auf der<br />

Bühne agieren junge Gesangs- und<br />

Tanzkünstler. Ost «Side Story» ist eine<br />

Produktion von «Shake Company» und<br />

«Just4Fun Entertainment» in Zusammenarbeit<br />

mit dem Theater am Hechtplatz.<br />

Zur Handlung des neuen Musicals:<br />

Zwei verfeindete Gangs stehen sich<br />

gegenüber. Zürcher und St. Galler<br />

Fussballfans duellieren sich mit knallharten<br />

Bandagen. Es ist ein typisches<br />

Wochenende in Zürich. Die Pendlerinnen<br />

und Pendler verlassen die Stadt<br />

und die Agglomeration fällt in die<br />

kleine Grossstadt ein. Der St. Galler<br />

Tomy ist vor einem Jahr nach Zürich<br />

«ausgewandert». Er will sich in der<br />

grossen Stadt etablieren und n<strong>im</strong>mt<br />

dafür Enge, Argwohn und Anfeindungen<br />

wegen seines unbeliebten Dialekts<br />

in Kauf. Seine Freunde Willy und Sän-<br />

26 <strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong> <strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong> 27


Kultur | Schweiz<br />

Kolumne | Kafi Freitag<br />

dy, die anlässlich der «Street Parade»<br />

aus der Ostschweiz angereist sind,<br />

schaffen es nicht, den abtrünnigen<br />

Freund wieder auf den richtigen Weg<br />

nach St. Gallen zurückzubringen. Als<br />

sich Tomy an einem Fussballspiel des<br />

FCZ gegen den FC St. Gallen auf dem<br />

Letzigrund in die Zürcherin Märy verliebt,<br />

wird seine Situation noch komplizierter.<br />

Märys Bruder Ritschi arbeitet<br />

als Türsteher <strong>im</strong> «Kaufleuten», dealt<br />

mit einer Partydroge aus Tigerhoden.<br />

Zusammen mit Noldi, einem Wurstbrater<br />

von der Langstrasse, will er die<br />

Liebe zwischen Tomy und Märy verhindern.<br />

Es kommt wie es kommen<br />

muss. Es gibt Streit, die Situation zwischen<br />

den St. Gallern und Zürchern<br />

eskaliert bis hin zu den gezielten<br />

Schüssen auf Noldi ...<br />

Idee, Buch und Dialoge stammen<br />

von Dominik Flaschka, der auch Regie<br />

führt. Roman Riklin schrieb ebenfalls<br />

am Buch und ist verantwortlich für<br />

die Musik und die Songtexte. Es sind<br />

24 eigenständige Lieder mit viel<br />

Pop-Appeal entstanden, die dann und<br />

wann auch mal augenzwinkernd das<br />

Genre «Musical» persiflieren.<br />

<strong>Cruiser</strong> ist hingegangen und hat<br />

Probenluft geschnuppert, um herauszufinden,<br />

wie das durchaus ernste<br />

Thema auf der Bühne abgehandelt<br />

wird. Noch waren die Proben nicht soweit<br />

fortgeschritten, dass durchgespielt<br />

wurde. Dennoch liessen die einzelnen<br />

<strong>im</strong>mer wieder wiederholten<br />

Szenen und die Anweisungen des Regisseurs<br />

erahnen, dass hier ein äusserst<br />

unterhaltsames, witziges und<br />

freches Musical entsteht. Und erwähnt<br />

sei in diesem Zusammenhang, dass die<br />

beiden Macher bereits bewiesen haben,<br />

wie frisch und anders ein Musical<br />

daherkommen kann. Dominik Flaschka<br />

und Roman Riklin sind die Väter des<br />

erfolgreichsten Schweizer Musicals<br />

«Ewigi Liebi» (2007 – 2012, 650 000<br />

ZuschauerInnen). Zusammen bringen<br />

sie <strong>im</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2015</strong> ihren neusten Streich<br />

auf die Bühne: Die «Ost Side Story».<br />

Ost Side Story<br />

Theater am Hechtplatz<br />

8001 Zürich<br />

9. <strong>Mai</strong> – 20. Juni <strong>2015</strong><br />

Kafis Jahr bringt ihr<br />

vier Männer. Mindestens.<br />

Text: Kafi Freitag<br />

Wenn es um Männer geht, sollte man es nicht zu eng sehen, sondern<br />

sie einfach nehmen, wie sie gerade kommen. Kafi tut das und widmet<br />

ihre Liebeserklärung einem jährlichen wiederkehrenden Casanova,<br />

dem Frühling.<br />

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Lieber Herr Lenz<br />

Von den vier Männern in meinem Jahr<br />

bist Du mir der liebste. Weil Du am<br />

besten riechst und mich befreist. Du<br />

bist der, der mich nach dunklen, kalten<br />

Tagen nach draussen lockt und<br />

«Deinetwegen<br />

zupfe ich sogar meine<br />

2,5 Haare auf den Zehen<br />

und verstecke diese<br />

nicht mehr hinter<br />

dicken Strümpfen.»<br />

mich dazu bringt, bei wenig milden 12<br />

Grad mit Minirock auf die Strasse zu<br />

gehen. Deinetwegen zupfe ich sogar<br />

meine 2,5 Haare auf den Zehen und<br />

verstecke diese – schneeflockenweiss<br />

zwar – nicht mehr hinter dicken<br />

Strümpfen. Du weckst meinen Lebensmut,<br />

meine Wildheit und Sehnsucht<br />

und machst die Welt zu einem besseren<br />

Ort. Kaum bist Du da, werden selbst<br />

die grantigsten Menschen irgendwie<br />

erträglich und es wird grundlos gelächelt,<br />

gezwinkert, gelebt.<br />

Du bist der kleine Bruder des ambitionierten<br />

Sommers, der öfter verspricht,<br />

als er hält. Du hingegen lässt<br />

Dich nicht auf die Äste raus, Du lässt<br />

diese spriessen und mich alljährlich<br />

schnupfend und triefend bei meinem<br />

Hausarzt sitzen in unbändiger Erwartung<br />

einer Kortisonspritze. Aber das<br />

nehme ich Dir nicht krumm. Jede Medaille<br />

hat ihre Rückseite und Deine ist<br />

behandelbar, da kenne ich andere!<br />

Kaum bist Du da, werden die Gedanken<br />

frei. Die Kleider kürzer, das Balzverhalten<br />

verwegener. Du erweckst<br />

Leben, wo monatelang zuvor Eiszeit<br />

geherrscht hat und bringst Blut in<br />

Wallung, wo vorher Blutleere herrschte.<br />

Du machst mich froh. Jeden Zent<strong>im</strong>eter<br />

Haut möchte ich Dir entgegenstrecken,<br />

Dir mein Herz entgegenrecken.<br />

Du entfachst in mir Dankbarkeit, wie<br />

es der Sommer niemals vermag. Du<br />

bist verheissungsvoll und satt. Prall<br />

gefüllt mit Leben n<strong>im</strong>mt man Dich,<br />

wie Du gerade bist, ganz ohne die hohe<br />

Erwartungshaltung der späteren Zeit.<br />

Du verfügst über die raffiniertesten<br />

Verführungskünste und ich gebe mich<br />

Dir gerne hin. Im Wissen darum, dass<br />

Du nur von kurzer Dauer bei mir weilst<br />

und dann auch schon wieder weiterziehst,<br />

um einem anderen Platz zu machen:<br />

dem launischen Sommer.<br />

In Liebe, Deine Kafi<br />

Sollte der Frühling nicht auch Männer<br />

«oben ohne» machen?<br />

Kafi Freitag<br />

(39) ist Kolumnistin und beantwortet<br />

auf www.fragfraufreitag.ch<br />

sämtliche Fragen des Alltags. Hauptberuflich<br />

führt sie eine eigene Praxis<br />

für prozessorientiertes Coaching<br />

(www.freitagcoaching.ch). Sie lebt<br />

mit Mann und Kind in Zürich.<br />

<strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong> 29


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Rückblick | «Break The Chains» <strong>2015</strong><br />

Warum du vom HIV-Test<br />

nur profitieren kannst<br />

Text: Dr. Gay<br />

Nach einem Monat Safer Sex geht die Kampagne «Break The Chains» in die<br />

entscheidende Phase. Ein HIV-Test steht an – für viele ein unbezwingbarer<br />

Berg. Das muss nicht sein – wir sagen warum.<br />

«Break The Chains» – die Ketten<br />

sprengen, so das Motto der Kampagne,<br />

die versucht, der HIV-Pr<strong>im</strong>oinfektion<br />

Einhalt zu gebieten. Eine kurze Repe<br />

tition: In den ersten vier Wochen<br />

nach einer HIV-Infektion ist man<br />

höchst ansteckend, weil sich<br />

noch keine Antikörper entwickeln<br />

konn ten und die Anzahl der<br />

Viren <strong>im</strong> Körper sehr hoch ist.<br />

Daher ist ungeschützter Sex in<br />

dieser Zeit ein bis zu 100 Mal<br />

grösseres Risiko.<br />

Hast du dich also <strong>im</strong> April konsequent<br />

an die Safer Sex-Regeln<br />

gehalten, kannst du dich <strong>im</strong> Rahmen<br />

der Kampagne <strong>im</strong> <strong>Mai</strong> für<br />

nur zehn Franken auf HIV testen<br />

lassen. Sollte dir trotzdem ein<br />

«Ausrutscher» passiert sein, so ist<br />

auch dann ein HIV-Test sinnvoll<br />

– jeder kann mitmachen und sich<br />

testen lassen.<br />

Die Angst vor dem HIV-Test<br />

Oft ist es weniger der finanzielle<br />

Aspekt eines HIV-Tests als die Panik<br />

vor einem positiven Resultat.<br />

Die Schreckensbilder von früher<br />

und die Angst vor Krankheiten<br />

können lähmen. Viele Männer<br />

haben zudem einmal oder sogar<br />

mehrere Male auf den Gummi<br />

verzichtet, und wollen es nicht<br />

zugeben. Doch darüber wird selten gesprochen.<br />

Ein HIV-Test ist sinnvoll, weil das<br />

Wissen über den eigenen Serostatus<br />

schlussendlich deiner Gesundheit zugute<br />

kommt. Egal ob positiv oder negativ,<br />

wenn du es weisst, kannst du<br />

dich entsprechend verhalten und die<br />

32 <strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong><br />

richtigen Entscheidungen treffen. Im<br />

Rahmen der «Break The Chains»-Kampagne<br />

werden HIV-Tests <strong>im</strong> Monat <strong>Mai</strong><br />

bei verschiedenen Teststellen für nur<br />

10 Franken angeboten.<br />

Alle Teststellen findest du unter<br />

www.breakthechains.ch. Nach einem<br />

kleinen Pieks in den Finger dauert es<br />

etwa 20 Minuten, bis du das Resultat<br />

erhältst. Darüber hinaus kriegst du<br />

eine persönliche Beratung, wirst professionell<br />

betreut und kannst alle deine<br />

Fragen stellen.<br />

Ein positives Resultat?<br />

Ein positives Testergebnis ist oftmals<br />

ein Schock. Bei einem reaktiven Testresultat<br />

wird aber <strong>im</strong>mer ein zweiter<br />

Test als Bestätigung durchgeführt.<br />

Erst nach diesem zweiten Test gilt<br />

ein positives Resultat als sicher.<br />

Das weitere Vorgehen wirst du<br />

dann mit dem Arzt besprechen.<br />

Zum Beispiel ist der Beginn der<br />

antiretroviralen Therapie eine<br />

wichtige Entscheidung, die du vor<br />

allem aufgrund deiner Werte zusammen<br />

mit dem Arzt triffst.<br />

Eine erfolgreiche HIV-Therapie<br />

senkt die Virenlast unter die<br />

Nachweisgrenze, was neben der<br />

Entlastung des Immun systems<br />

den Vorteil hat, dass du nicht<br />

mehr ansteckend bist. HIV-positive<br />

Menschen unter wirksamer<br />

antiretroviraler Therapie haben<br />

heute die gleiche Lebenserwartung<br />

wie HIV-negative Menschen.<br />

Hierfür ist es wie bereits erwähnt<br />

wichtig, den richtigen Zeitpunkt<br />

für den Beginn der Therapie zu<br />

wählen. Und dieser kann nur best<strong>im</strong>mt<br />

werden, wenn man über<br />

seinen Sero status Bescheid weiss.<br />

Ein HIV-Test steht auch für<br />

Lebensqualität, so oder so. Wir<br />

sprengen die Ketten, egal ob positiv<br />

oder negativ.<br />

Alle Teststellen unter www.breakthechains.ch<br />

Foto: Fotolia<br />

JETZT ALLE<br />

gemeinsam mit den Sexpartnern<br />

ZUM HIV-TEST!<br />

IM MAI FÜR NUR 10.–<br />

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WIR STOPPEN HIV IN 30 TAGEN<br />

Alle Informationen und Teststellen unter<br />

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Serie | Mannsbild – Berufsbild<br />

Unschwule Berufe:<br />

Der Seelsorger<br />

Text: Andreas Faessler<br />

Werner B. ist katholischer Seelsorger aus Leidenschaft und religiöser<br />

Überzeugung, er liebt seinen Beruf von Herzen. Sein Wirkungsgebiet ist<br />

jedoch erzkatholisch-konservativ, deshalb muss er seine Homosexualität<br />

gehe<strong>im</strong> halten. Wie geht er mit der Situation um?<br />

Schwuler katholischer Seelsorger:<br />

Sein wahres Gesicht darf er nicht zeigen.<br />

Man grüsst ihn freundlich, wenn er<br />

durch die Strassen geht, man nickt,<br />

winkt ihm zu. Der 40-jährige Diakon<br />

Werner B. wird in der erzkatholisch<br />

geprägten Stadt als tüchtiger Seelsorger<br />

geschätzt, der sich aufopfernd um<br />

die Anliegen der Menschen kümmert.<br />

Er wirkt sympathisch, weltoffen, zeigt<br />

viel Humor und Interesse sowie Einfühlsamkeit<br />

für allerlei Anliegen der<br />

Menschen. Eines aber weiss niemand<br />

über ihn: Der Geistliche ist homosexuell.<br />

Er ist ungeoutet, erst recht, da<br />

sein Wirkungsgebiet hauptsächlich in<br />

kleinen, besonders konservativen katholischen<br />

Schwarzwälder Landgemeinden<br />

ausserhalb der Stadt liegt.<br />

Seine homosexuelle Neigung war<br />

schon <strong>im</strong>mer da, sagt Werner B. «Aber<br />

so richtig wahrgenommen und es mir<br />

auch eingestanden habe ich es erst <strong>im</strong><br />

vergangenen Jahr nach einer besonderen<br />

Begegnung.» Über die Hintergründe<br />

dieser Begegnung gibt er sich<br />

jedoch verschwiegen. «Ich wollte von<br />

da an zu mir selber stehen», so B. «Es<br />

kann keiner was für seine von Gott gegebene<br />

Person. Und darunter fällt<br />

eben auch die sexuelle Orientierung»,<br />

ist er überzeugt.<br />

Menschen mit Vorurteilen<br />

Der Diakon hat sich dafür entschieden,<br />

seine Sexualität zu leben – wohlbemerkt<br />

mit der nötigen Diskretion. Er<br />

hat auch nicht <strong>im</strong> Sinn, sich in absehbarer<br />

Zukunft zu outen, schon gar<br />

nicht innerhalb der Kirche und ebensowenig<br />

in der Bevölkerung.<br />

Seine Argumentation: «In dieser<br />

erzkatholischen Gegend sind die Leute<br />

mehrheitlich sehr konservativ eingestellt.<br />

Viele von ihnen hätten wohl ein<br />

Problem damit, wenn sie wüssten,<br />

dass der für sie zuständige Seelsorger<br />

auf Männer steht. Sie sind da vorurteilsbehaftet».<br />

Das weiss Werner B. aus<br />

der Erfahrung, die er <strong>im</strong> Rahmen seiner<br />

Tätigkeit mit Menschen gemacht<br />

hat. Und das kritisiert er scharf: «Solche<br />

Vorurteile kommen einem Fingerzeig<br />

auf andere Menschen gleich. Und<br />

wer mit dem Finger auf andere zeigt,<br />

handelt wie jene Pharisäer, welche<br />

die Ehebrecherin steinigen wollten.»<br />

Werner B. wünscht sich, dass die Menschen<br />

diese Steine niederlegen und<br />

stattdessen Brücken bauen.<br />

Auch Homosexualität ist<br />

Gottes Werk<br />

Werner B. betont dabei aber, dass es<br />

für ihn bisher keine Belastung darstelle,<br />

seine Sexualität verstecken zu<br />

müssen. «Für mich zählt in erster Linie,<br />

dass ich mit mir selber <strong>im</strong> Reinen bin.<br />

Denn wie sagt Jesus? Liebe deinen<br />

Nächsten wie dich selbst. Und das geht<br />

nur, wenn man sich so akzeptiert, wie<br />

man ist.»<br />

Für den 40-Jährigen ist klar: Die<br />

Sexualität ist Teil der Schöpfung. Das<br />

gelte für die Homosexualiät genauso<br />

wie für die Heterosexualität. Von dieser<br />

Überzeugung bringen ihn auch die<br />

wenigen Bibelstellen nicht ab, die<br />

Homosexualität zur Sünde machen<br />

wollen. «Als aufgeschlossener und vernünftig<br />

denkender Mensch sollte man<br />

«Als aufgeschlossener<br />

und vernünftig denkender<br />

Mensch sollte man<br />

endlich begreifen, dass<br />

die Sexualität etwas<br />

Natürliches ist, egal ob<br />

hetero oder homo.»<br />

endlich begreifen, dass die Sexua lität<br />

etwas Natürliches ist, egal ob hetero<br />

oder homo», betont Werner B. «Und alles<br />

Natürliche ist vom Herrgott gewollt.»<br />

Und deshalb sieht er sich auch nicht in<br />

Sünde, wenn er seinen Trieben nachgibt.<br />

«Sünde besteht einzig in der bewussten<br />

Abwendung von Gott», führt<br />

er hierzu aus.<br />

Die «Firmenregeln»<br />

Dass die römisch-katholische Kirche<br />

sich mit Sexualität – erst recht wenns<br />

Fotos: Fotolia - gregorydean, Fotolia - ra2 studio<br />

um ihre Würdenträger geht – allgemein<br />

sehr schwertut, ist ja bestens<br />

bekannt. Und geht es um die gleichgeschlechtliche<br />

Liebe, dann findet die<br />

Kirche besonders klare Worte: Homosexualität<br />

ist unmoralisch, schwer<br />

sünd haft und ein «Verstoss gegen<br />

Gottes Gesetze». Somit die zentrale<br />

Frage: Wie kann Werner B. seine sexuelle<br />

Orientierung mit den Regeln seiner<br />

Arbeitgeberin, der Kirche, vereinbaren?<br />

Ohne zu zögern sagt er, dass<br />

seine Neigung und sein Amt aus seiner<br />

Sicht in keinerlei Widerspruch stünden.<br />

«Es st<strong>im</strong>mt, dass meine Arbeitgeberin<br />

als Institution <strong>im</strong> Grunde gegen<br />

mich ist. Aber es ist sie selbst,<br />

die diese Regeln gemacht hat. Und<br />

mit denen ist meine Veranlagung tatsächlich<br />

nicht vereinbar», führt der<br />

40-Jährige aus. «Die Philosophie des<br />

‹Ideenstifters› der Kirche hingegen,<br />

unseres Herrn Jesus Christus, kennt<br />

weder Vorurteile noch Unterdrückung!<br />

Somit kann ich meine Veranlagung<br />

mit dem eigentlichen, wahren Credo<br />

der Kirche absolut vereinbaren.» Werner<br />

B. vergleicht seine Ausführungen<br />

mit einem Unternehmen, dessen Geschäftsleitung<br />

Vorschriften festsetzt,<br />

die nicht <strong>im</strong> Sinne des Firmengründers<br />

sind. Deshalb wünscht sich der Diakon<br />

von seiner Arbeitgeberin, dass sie sich<br />

auf ihre eigentliche Aufgabe zurückbesinnt:<br />

für den Menschen da zu sein,<br />

ohne Vorbehalte, ohne Vorurteile aber<br />

mit höchster Wertschätzung.<br />

«Unser Papst könnte<br />

eine Änderung einläuten<br />

– wenn die<br />

Menschen bereit sind,<br />

auf ihn zu hören.»<br />

«Für mich zählt in erster Linie, dass ich mit mir selber <strong>im</strong> Reinen bin.»<br />

Ja zum Ehe-Zölibat<br />

Eine Distanzierung von der Kirche<br />

kommt für Werner B. nicht in Frage.<br />

«Ich liebe meinen Beruf», sagt er. «Mit<br />

meiner Weihe zum Diakon ist in mir<br />

etwas Grossartiges geschehen. Es war<br />

eine ungeheure Stärkung, die bis heute<br />

anhält.» Ein Diakon hat die Möglichkeit,<br />

selber zu entscheiden, ob er zölibatär<br />

leben will oder nicht. Der 40-<br />

Jährige hat sich für das Zölibat entschieden,<br />

und zwar «<strong>im</strong> Sinne der Ehelosigkeit»,<br />

präzisiert er. Er schliesst<br />

aber nicht aus, eines Tages seine grosse<br />

Liebe zu treffen. «Dann würde ich einen<br />

Weg suchen, das mit meinem Amt<br />

zu vereinbaren.» Dieses nämlich übt<br />

Werner B. mit grösster Freude und<br />

Hingabe aus. Als Seelsorger könne er<br />

vor allem jungen Menschen helfen, die<br />

sein «Schicksal» teilen, wie er sagt.<br />

Vor seinem Amt als Diakon war Werner<br />

B. mehrere Jahre als pädagogischer<br />

Mitarbeiter in einem Jugendhe<strong>im</strong><br />

tätig. Mehrere homosexuelle<br />

Jugendliche haben mit ihm <strong>im</strong> Vertrauen<br />

über ihre Veranlagung gesprochen.<br />

Bei vielen von ihnen taten sich<br />

die Eltern schwer mit der Neigung ihres<br />

Kindes. «Ich mache diesen Jugendlichen<br />

Mut, zu sich und zu ihrer Sexualität<br />

zu stehen. Sie sollen wissen,<br />

dass mit ihnen alles in Ordnung ist.»<br />

Hoffnung in Franziskus I.<br />

Grosse Hoffnung setzt Werner B. auf<br />

Papst Franziskus. Obschon der Heilige<br />

Vater <strong>im</strong>mer wieder kontroverse, respektive<br />

undeutliche und auch widersprüchliche<br />

Aussagen macht bezüglich<br />

Familie, Ehe und Sexualität,<br />

erkennt Werner B. dennoch einen<br />

deutlichen Impuls aus Rom. Allem voran<br />

in Franziskus’ verheissungsvoller<br />

Stellungnahme: «Wenn jemand homosexuell<br />

ist und Gott sucht – wer bin<br />

ich, um über ihn zu richten?» Diese<br />

Botschaft sei ein grosser Schritt in die<br />

richtige Richtung, glaubt der Diakon.<br />

«Die Geistlichen dieser Welt müssen<br />

das aufgreifen», findet er. «Unser Papst<br />

könnte eine Änderung einläuten –<br />

wenn die Menschen bereit sind, auf<br />

ihn zu hören. Mit seiner Aussage<br />

spricht er mir aus dem Herzen. Ich will<br />

dazu beitragen, seine Impulse umzusetzen»,<br />

sagt Werner B. und sieht sich<br />

in seiner Mission gestärkt, weil unter<br />

anderen auch der einflussreiche Kirchenfürst<br />

Kardinal Reinhard Marx<br />

erst vor kurzem die Stossrichtung des<br />

Papstes übernommen hat.<br />

Trotz dieser Zeichen aber ist sich<br />

der Diakon sicher: «Es liegt noch ein<br />

langer Weg vor uns, bis die Kirche so<br />

weit ist.»<br />

*Name von der Redaktion geändert<br />

Du hast einen Beruf, der nicht dem<br />

gängigen Klischee entspricht? Wir berichten<br />

gerne darüber! Melde dich direkt unter<br />

redaktion@cruisermagazin.ch<br />

34 <strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong> <strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong> 35


Interview | Megy B.<br />

«Ich bin ein schöner<br />

Schwindel»<br />

Text: Daniel Diriwächter<br />

Auf ganz spezielle Art präsentiert sich Megy B. das erste Mal in Zürich<br />

mit einem zauberhaften Cocktail voller Überraschungen. Hinter dem<br />

Fummel verbirgt sich der Magier Marc Rudolf. Wir haben mit ihm über<br />

Mascara und Magie gesprochen.<br />

artigen Einsatz aller engagierten Menschen<br />

– auch weltweit ausreichend<br />

finanzielle Mittel zur Verfügung stehen.<br />

Und es ist sehr schön, wenn ich<br />

mit meiner Kunst dabei helfen kann.<br />

Sie selbst reden von der «Schönheit des<br />

Schwindels» – welchem schönen Schwindel<br />

können Sie nicht widerstehen?<br />

Mir jeden Morgen zu sagen: «Megylein,<br />

heute wird der schönste Tag deines<br />

Lebens – warum auch nicht, du bist<br />

doch erst 29 (lacht)!»<br />

Samstag, 23. <strong>Mai</strong> <strong>2015</strong>, 20:00 Uhr,<br />

<strong>im</strong> Bernhard Theater Zürich<br />

www.bernhard-theater.ch<br />

<strong>Cruiser</strong>: Frau Megy B. oder Herr Rudolf,<br />

was bevorzugen Sie?<br />

Megy B / Marc Rudolf: Beides ist in<br />

Ord nung. Als Schauspieler präsentiere<br />

ich dem Publikum eine Rolle, die der<br />

Megy B. – am Tag als Mann und abends<br />

auf der Bühne als Frau. Würde ich auf<br />

strikte Namenstrennung wert legen,<br />

kämen alle durcheinander, deshalb bin<br />

ich da flexibel.<br />

Auf Megy B. bezogen sind Sie in der<br />

Schweiz nicht so bekannt. Wie würden<br />

Sie Megy B. dem Schweizer Publikum<br />

vorstellen?<br />

Die Kunst der Travestie ist eine der<br />

ältesten Bühnentraditionen überhaupt.<br />

Das Gehe<strong>im</strong>nis von Megy B. ist die<br />

Illusion, der wir uns hingeben können,<br />

etwas Schönes zu bestaunen, dabei zu<br />

lachen und zu weinen. Vielleicht sogar<br />

sich in Megy B. zu verlieben, bis sich<br />

der Zauber auflöst – wie eine Sternschnuppe,<br />

alles eben nur ein schöner<br />

«Ich bin sehr viel in<br />

Las Vegas und versuche<br />

<strong>im</strong>mer etwas mit nach<br />

Europa rüberzubringen.»<br />

Schwindel. Und ich freue mich auf<br />

mein erstes grosses Gastspiel in der<br />

Schweiz. Im vergangenen Jahr durfte<br />

ich bereits bei einer Gala in Miller's<br />

Studio auftreten. Als das Angebot vom<br />

Bernhard-Theater kam, war ich ganz<br />

aus dem Häuschen.<br />

Das neue Programm «A Kind of Illusion»<br />

verspricht Liebe, Lust und Laster, wahrhaft<br />

ein Cocktail – wie kreieren Sie eine<br />

solche Show?<br />

Ich liebe Theater und schaue mir alles<br />

an, was das Entertainment zu bieten<br />

hat. Ich bin sehr viel in Las Vegas und<br />

versuche <strong>im</strong>mer etwas mit nach Europa<br />

rüberzubringen. Wenn ich sehe, wie<br />

das Publikum sich von den Emotionen<br />

der Künstler in eine andere Welt entführen<br />

lässt, beflügelt das meine Fantasie.<br />

Schlummerte die Kunstfigur schon <strong>im</strong> -<br />

mer in Ihnen?<br />

Den Wunsch auf die Bühne zu gehen,<br />

hatte ich schon <strong>im</strong>mer, mir war nur<br />

nicht klar, welche Art der Unterhaltung<br />

ich machen wollte. Also habe ich<br />

vieles ausprobiert und mich nach meiner<br />

Ausbildung in der Zauberschule<br />

<strong>im</strong> «Bel Etage Theater» in München beworben.<br />

Der Direktor meinte, dass er<br />

für Magier keine Verwendung hätte,<br />

aber sie bräuchten dringend einen<br />

Künstler für die neue Travestie-Show,<br />

und so stand die Tür zum Show business<br />

plötzlich offen. Also sagte ich mir:<br />

Fummel an und Mascara ins Gesicht –<br />

und schon war Megy B. geboren.<br />

Also eine Symbiose aus Magie und Mascara?<br />

Durch die Zauberschule bekam ich die<br />

Möglichkeit, mich erstmals einem Publikum<br />

zu präsentieren. Später habe<br />

ich mich mehr auf die Schauspielerei<br />

konzentriert. Ich machte einen Abschluss<br />

als Schauspieler an der Internationalen<br />

Schule für Schauspiel. Als<br />

ich die Rolle von Megy B. entwarf,<br />

wollte ich mich nicht verzetteln und<br />

beschloss, einen glitzernden Liederabend<br />

mit magischen Momenten zu<br />

gestalten. Ich musste mich von anderen<br />

Travestieprogrammen unterscheiden.<br />

«Durch meinen Beruf<br />

habe ich die Möglichkeit,<br />

viele Menschen zu<br />

erreichen und sie auf<br />

soziale Probleme aufmerksam<br />

zu machen.»<br />

Sie setzen sich auch für wohltätige<br />

Zwecke ein. Gehört dies zum Beruf, oder<br />

welche Motivation steckt dahinter?<br />

Das liegt an meinen Eltern, sie haben<br />

<strong>im</strong>mer grossen Wert auf Hilfsbereitschaft<br />

gelegt. Meine Mama stammt<br />

aus Slowenien und da habe ich schon<br />

als Kind miterlebt, wie meine Eltern<br />

viele Projekte in diesem Land unterstützten.<br />

Und jetzt habe ich durch<br />

meinen Beruf die Möglichkeit, viele<br />

Menschen zu erreichen und sie auf soziale<br />

Probleme aufmerksam zu machen.<br />

Gerade bei den Projekten um<br />

den CSD in Koblenz, Köln oder in Berlin<br />

und gerade auch bei meiner Arbeit<br />

für die Menschen mit HIV und Aids;<br />

denn sie brauchen weiterhin unsere<br />

Unterstützung. Für die Umsetzung dieser<br />

Arbeit müssen – neben dem gross-<br />

Foto: ZVG<br />

Der schöne Schwindel mit einem Hauch von Magie: Megy B.<br />

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für Gesundheitsberufe<br />

A Kind of Illusion<br />

Megy B. – ihr Name steht in Deutschland<br />

schon lange für glamouröses<br />

Entertainment sowie für Humor, Gesang<br />

und perfekte Illusion. Die musikalische<br />

Leitung be<strong>im</strong> neuen Programm liegt bei<br />

Jürgen Beyer, der auf der Bühne am<br />

Flügel zu erleben ist. Hinter der Kunstfigur<br />

Megy B. verbirgt sich der Entertainer<br />

Marc Rudolf, der mit seinem Programm<br />

neue Akzente setzen will.<br />

Alle Vermittlungsdienste<br />

kostenlos – staatlich und<br />

kantonal anerkannt<br />

Wir suchen laufend Fachleute aus dem Gesundheitsbereich, Pflegefachfrau/-Mann HF, DNII, DNI<br />

Physiotherapeuten, Ergotherapeuten sowie Ärzte und medizinische Fachangestellte – kostenlose<br />

und unverbindliche Beratung! Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme unter 076 393 48 48.<br />

36 <strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong>


Kolumne | Weissbergs warme Weissheiten<br />

Unterhaltung | Kreuzworträtsel<br />

Wow, meine pinke Wolke<br />

der Glückseligkeit!<br />

Text: Marianne Weissberg<br />

Wie viel schöner wäre die Welt, wenn man sich gegenseitig die Wahrheit<br />

sagen würde. Kolumnistin Marianne Weissberg fängt hier umgehend an<br />

mit ihrer Weltverbesserung. Unter anderem an Tschortsch Kluni!<br />

Das grosse <strong>Cruiser</strong>-Rätsel<br />

Voilà: Das wohl erste und einzige schwule Kreuzworträtsel ever.<br />

Trage das gesuchte Lösungswort in die entsprechenden Felder ein und<br />

gewinne tolle Preise. Wir verlosen 30 <strong>Cruiser</strong>-Jahres abos <strong>im</strong> Wert<br />

von je CHF 75.– und Moustache-Saunaein tritte <strong>im</strong> Wert von CHF 250.–<br />

13<br />

Kennen Sie diesen Moment der<br />

Vollkommenheit? Den erlebte ich vorhin,<br />

als ich vor diesem Baum stand,<br />

der so überschäumend rosa in den<br />

knütschblauen H<strong>im</strong>mel ragte, dass ich<br />

wie vom Schlag getroffen stehenblieb,<br />

um in dieser pinken Wolke der Glückseligkeit<br />

zu versinken. Davor war mein<br />

Tag zum Kotzen gewesen: Nastuch in<br />

der Jeans vergessen, sodass sich eine<br />

weisse Fötzelwolke in der Waschmaschine<br />

ausbreitete. Doch dann, als ich<br />

mit dem stinkigen Biochübeli zum<br />

Recyceln eilte, stand vor mir dieser<br />

sonst so unscheinbare Baum, der mir<br />

sagte: WOW, Frau Weissberg, halte<br />

inne und siehe, es gibt Perfektion auf<br />

dieser Welt, ich bin es, dein Baum der<br />

Vollkommenheit! Danke Baum, hauchte<br />

ich. Weil ich an dir überhaupt nichts<br />

verbessern muss. Allenthalben muss<br />

ich das nämlich. Und würde man auf<br />

mich hören, hätte man ein viel schöneres<br />

Leben.<br />

Beispiel Tschortsch Kluni. Ich finde,<br />

so schluddrig geschrieben, passt das<br />

zu ihm. Ich bin wohl die einzige Frau,<br />

die ihn a) schlecht alternd und b)<br />

einen schlechten Schauspieler findet.<br />

Wie viel schöner wäre er und sein<br />

Leben, wenn er endlich offen das leben<br />

könnte, was ihn wirklich auszeichnen<br />

würde: Sein Schwulsein! Dann hätte<br />

er nicht dieses Alibi-Frölein Mudsch-<br />

heddin heiraten müssen, die spargeldürr<br />

ist, so dass er neben ihr furchtbar<br />

schwammig beige aussieht. Wetten,<br />

dass er <strong>im</strong> Bett nicht kann, also mit<br />

einer Frau. Aber als bester schwuler<br />

Freund einer Frau wäre George Clooney<br />

absolut charming. DAS WEISS ICH! Er<br />

würde in dieser echten Sehnsuchts-<br />

Rolle aufblühen und vollkommen sein.<br />

Jede Mamma schwuler Söhne würde<br />

ihn sofort als Schwiegersohn herzen.<br />

Komm an meinen Busen, Georgie, und<br />

mach mir das Weisse-Blusen-Kompl<strong>im</strong>ent!,<br />

würde sie juchzen. Was das ist?<br />

Sowas kann nur ein bester schwuler<br />

Freund, einer Frau dieses Gefühl geben,<br />

dass sie sogar in Schlichtheit<br />

vollkommen ist. WARUM sagt ihm<br />

niemand, dass sein Weg, geliebt zu<br />

werden nicht über eine magersüchtige<br />

Muschi führt?!<br />

«Aber als bester schwuler<br />

Freund einer Frau<br />

wäre George Clooney<br />

absolut charming.<br />

DAS WEISS ICH!»<br />

Wie viel besser wäre die Welt, wenn<br />

man sich also gegenseitig gnädig verbessern<br />

würde. Beispiel: Gestern<br />

tramp te mir eine lila Leberwurst entgegen.<br />

Ja, Sie lesen richtig: Ein Meitli,<br />

das Leggings trug, die ihre Säulen-Beine<br />

wie sch<strong>im</strong>mernde Würste<br />

prangen liessen. Sie, haben Sie sich<br />

heute Morgen mal <strong>im</strong> Spiegel angeschaut?,<br />

platzte ich heraus. Ja, ich<br />

habe jetzt ein schlechtes Gewissen,<br />

aber wie soll die Kleine ein bisschen<br />

Schönheit erlangen, wenn ihr niemand<br />

Ratschläge dafür gibt? Oder die dicke<br />

Pinker geht’s n<strong>im</strong>mer! Frau Weissbergs<br />

schwuler Baum der Glückseligkeit.<br />

Nachbarin mit dem dicken Kind. Jetzt<br />

stopfen Sie das Balg doch nicht so<br />

voll!, würde ich gerne rufen. Denn so<br />

ein Kind soll es doch schöner haben <strong>im</strong><br />

Leben als Sie.<br />

Ich meine nicht, dass man geschleckt<br />

perfekt sein sollte. Aber es<br />

gibt halt Details, die man ohne gros sen<br />

Aufwand korrigieren könnte: George<br />

kriegt einen Mann, die Leberwurst<br />

einen netten Jupe, das Knödel-Baby<br />

kein Junkfood, und ich? Ich gehe<br />

nochmals Baum-Watchen und freue<br />

mich, dass dieses Wunder mir zu<br />

meiner kleinen Weltverbesserungs-<br />

Kolumne verholfen hat!<br />

P.S. Danach gehe ich mit dieser<br />

Ausgabe zur Post und sende sie George,<br />

sonst kommt der womöglich nie<br />

drauf …<br />

Marianne Weissberg<br />

ist Historikerin, Autorin & Inhaberin<br />

des Literaturlabels Edition<br />

VOLLREIF (www.vollreif.ch).<br />

Ihre Werke u. a. «Das letzte Zipfelchen<br />

der Macht» oder die Kolumnenkollektion<br />

«Tränen ins Tiramisu»<br />

sind längst Kult.<br />

Foto: Marianne Weissberg<br />

1. Trägt Bart<br />

2. Hat für Israel gesungen<br />

3. Null-Punkte-Nummer<br />

am ESC<br />

4. Ein A von ABBA<br />

5. Eingekauft von SRF<br />

und sehr erfolgreich<br />

6. Glühender ESC-Fan<br />

7. Gay-Olympics<br />

5<br />

8. Hat NULL Ahnung<br />

was ESC ist<br />

9. Exteilnehmer am<br />

ESC für die Schweiz<br />

10. Hat nie am ESC teilgenommen,<br />

ist dennoch unverwüstlich<br />

11. Erste Gewinnerin am ESC<br />

12. DJ Bobo<br />

13. Gastkontinent am diesjährigen ESC<br />

14. Teilnehmerland am ESC, das definitiv<br />

nicht zu Europa gehört<br />

15. Teilnehmerland am ESC, das nur<br />

mit viel gutem Willen zu Europa gehört<br />

16. Traumatisches Erlebnis für alle ESC-Fans<br />

17. Durfte be<strong>im</strong> ESC nur 1980 mitmachen.<br />

Gehört auch nicht zu Europa.<br />

12<br />

Die Lösung kannst du online auf<br />

www.cruisermagazin.ch eintragen.<br />

11<br />

1 2 3 4 5 6<br />

6<br />

4<br />

14<br />

7 17 8<br />

Das gesuchte Lösungswort der letzten<br />

Ausgabe: «stolz stark schwul».<br />

Die detaillierte Auflösung findest du<br />

online unter www.cruisermagazin.ch<br />

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<strong>Cruiser</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2015</strong> 39


Foto: Fotolia-Piotr Marcinski-Internet<br />

www.cruisermagazin.ch<br />

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