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Das europäisches<br />
Alphabet Kyrilliza<br />
1100 Jahre Abenteuer einer Schrift<br />
Russisch würde man ja gern lernen, wäre da nicht dieses schreckliche<br />
Alphabet, ky rillisch (oder wie es heißt) … Weg mit diesem frequenten<br />
Selbstbetrug! Kyrillisch schreiben zahlreiche Nichtslawen (z. B. rumänische<br />
Moldover) und sechs slawische Völker, darunter unser EU-Partner<br />
Bulgarien, weswegen seit Frühjahr 2013 immer mehr Euro-Scheine mit<br />
drei Schriften kursieren: EURO (Lateinisch), EYPΩ (Grie chisch) und<br />
EBPO (Kyrillisch). Kyrillisch verweist auf den Heiligen Kyrill (um 827–<br />
869), der zusammen mit seinem älteren Bruder Method von Papst Johannes<br />
Paul II. 1980 zum Schutzpatron Europas proklamiert wurde.<br />
Kyrilliza (und ihr Vorläufer Glagoliza) sind reine „Retorten“-Schriften,<br />
mit Anfängen im Geschichtsdunkel, zumal von Kyrill und Method nichts<br />
Schriftliches überliefert ist. Natür lich hat der Heilige Kyrill direkt nichts<br />
mit dem Kyrillischen zu tun, da dieses erst 893 offizielle Schriftnorm wurde.<br />
Details breitet Wolf Oschlies in seinem jüngsten Wie ser-Buch aus – zu<br />
Geschichte und Verbreitung der Kyrilliza bei Slawen und Nicht slawen,<br />
zu Reformen und Verirrungen dieser Schrift, zu ihrer Bedrohung (durch<br />
früh sowjetische Schriftengeg ner), Gefährdung (z. B. durch lateinisch codierte<br />
PC) und Wiederbelebung (durch Tourismus und Buchmessen), zur<br />
Situationskomik ihrer Ver wendung, zu politischen Scherzen wie jüngst<br />
„Putins höfliches Alphabet“ etc.<br />
Von wegen „schweres“ kyrillisches Alphabet! Oschlies sagt (aus jahrzehntelanger<br />
Lehr erfahrung) „Njet“! Sechs oder sieben kyrillische Lettern<br />
(/J/OMATEK) sind wie im Lateinischen, die anderen schön, dekorativ<br />
und kinderleicht zu lernen. Ausprobieren!<br />
ca. 160 Seiten, gebunden, Lesebändchen<br />
EUR 18,80 · ISBN 978-3-99029-164-1<br />
ISBN E-Book 978-3-99047-031-2<br />
„Weil man mit griechischen Lettern nicht slawisch schreiben kann, erbarmte sich Gott<br />
der Slawen und schickte ihnen Kyrill, der 38 Buchstaben für das Slawische ersann“<br />
(Černorizec Hrabar „Über Buchstaben“, um 893; hinter dem Autoren-Pseudonym verbirgt sich<br />
der Heilige Naum von Ohrid, einer der fünf Schüler von Kyrill und Method, später administrative<br />
„rechte Hand“ des Zaren Simeon I. und gemeinsam mit diesem eigentlicher „Erfinder“ der Kyrilliza)<br />
© Archiv Autor<br />
Wolf Oschlies<br />
Prof. Dr. Dr. h. c. Wolf Oschlies, Jahrgang 1941, wuchs in der DDR auf, wo er nach seinen Worten „eine absolute<br />
Seltenheit erlebte“: einen guten Russischunterricht. Nachdem er 1959 „in den Westen abgehauen“ war, studierte<br />
er Slawistik und machte nach Promotion (1966) und Habilitation (1977) drei Berufe daraus: Wissenschaftler in<br />
einem For schungs institut der Bundesregierung, Hochschullehrer an der Justus-Lie big-Univer sität in Gießen und<br />
Publizist in Deutschland und darüber hinaus. Seit 2002 ist er im Ruhestand, bleibt aber fleißiger <strong>Wieser</strong>-Autor<br />
mit einem Buch pro Jahr.<br />
16 | Herbst ’15