BOGART 23 (BeOurGuestARTist)
Das Gießener Mitmachmagazin für Creative - Aktuelles und Zeitloses aus Kunst, Kultur und Comic
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Geniestreich:<br />
Kunstikone Lüpertz<br />
jazzt das Liebigcenter<br />
TTT mit Free Jazz "at its best"! V.l.n.r.: Ryan Carniaux, Gerd Dudek, Samuel Dühsler, Frank Wollny, Markus Lüpertz<br />
BEHIND THE SCENE: Das Projekt, die Protagonisten und die Privatinitiatoren<br />
Fotos: Reinhard Müller-Rode<br />
Ja mein Bruder<br />
ist ein Maler,<br />
ich bin nur ein<br />
Musikant." – Was<br />
Troubadour Udo<br />
Jürgens in dieser<br />
Liedzeile noch<br />
selbstbescheiden<br />
gegenüberstellte,<br />
Frank Wollny, Gundolf Roy<br />
vereint exakt das<br />
ambivalente Wesen und Wirken der TTT-"Lautmaler".<br />
Das eine zu tun, ohne das andere zu lassen, war das Resümee<br />
von Frank Wollny (*1948 in Blankenburg) am<br />
Ende seiner zehnjährigen Rockmusikerkarriere (zuletzt<br />
bis 1982 bei "Ute Freudenberg und Elefant Weimar"),<br />
als er sich verstärkt der bildenden Kunst zu wenden<br />
wollte. Erste Station war NY, ehe er 1984 in London<br />
die Bekanntschaft von Joseph Beuys machte. Von A. R.<br />
Penck (*1939 in Dresden), dem Urmeister der Strichmännchen<br />
nachhaltig inspiriert, und vom Wechselspiel<br />
der Begriffe Musik, Malerei und Skulptur beseelt, gründete<br />
Wollny mit ihm das TripleTripTouch–Projekt<br />
(TTT) als "verbale Abstraktion einer improvisierten<br />
Musik, deren Struktur durch konzentriertes Entstehenlassen<br />
grooviger Rhythmik und frei improvisierter Melodieführung<br />
eines oder mehrerer solistischer Instrumente<br />
geprägt ist" (wollny-artconcepte.de).<br />
Das seit 1983 stets weiter gepfl egte Projekt in wechselnden<br />
Besetzungen aus weltbekannten Maler- und Jazz-<br />
Persönlichkeiten wie Louis T. Moholo, Billy Bang, Manfred<br />
Schoof, u.a. – auch Udo Lindenberg "drummte"<br />
einmalig mit – vertraten in Gießen die oben benannte<br />
Formation mit dem in den neunziger Jahre für "Schlagzeuger"<br />
A.R. Penck den Part des bildenden Künstlers<br />
einnehmenden Markus Lüpertz, der nun für eine<br />
tiefere harmonische Dimension des Bandklangs sorgte.<br />
Wie das T als abstrakt-zeichenhafte Deutung von<br />
„Horizontal“ und „Vertikal“ in der Malerei interpretiert<br />
werden kann, so wird in der improvisierten TTT-Musik<br />
Rhythmik und Solo konzipiert – quer zueinander stehend.<br />
„Durch diese bewusste Funktionstrennung versuchen<br />
wir,“ so Wollny,<br />
„das musikalische Ego der<br />
beteiligten Musiker oder<br />
Künstler herauszuhalten.“<br />
– Konzertmitschnitte auf<br />
Vinyl-LP mit Cover-Illustrationen<br />
von Penck (kl. Bild,<br />
1998; Live in Weimar) und<br />
Lüpertz sind gelegentlich<br />
im "Netz" zu ersteigern...<br />
Organisatorisch und dekorativ<br />
in Szene gesetzt werden<br />
diese "Kunst on Tour"<br />
vom 59jährigen Zülpicher<br />
Galeristen Gundolf<br />
Roy, der darüberhinaus<br />
mit vielen renommierten<br />
zeitgenössischen Künstlern über seine Grafi kwerkstatt<br />
fachlich-freundschaftlichen Kontakt pfl egt (u.a. pfl egte<br />
er IMMENDORFFS Werksverzeichnis ein). Diese nutzen<br />
gern seine perfektioniertes Knowhow traditioneller<br />
Drucktechniken wie Radierung, Lithographie und Siebdruck<br />
(bis 200/300 cm). So produziert er auch die limitierten<br />
Konzertplakate (s.a. Seite 2), die mit der individuellen<br />
Grußbotschaft des Bildautors versehen, nun<br />
auch Gießens Liebigcenter "als Weltkulturerbe" unvergessen<br />
dokumentieren. Die hohe Professionalät seiner<br />
Druckkunst eignete sich Roy während des Mathematik-<br />
und Elektronikstudiums an: "Siebdrucke brauchte<br />
ich damals besonders für Gitarrenverstärker", die er<br />
zusäzlich noch "nebenbei" für Bon Jovi, die Scorpions,<br />
Europe, u.a. baute, später dann setzte er die fotomechanische<br />
Schablonentechnik auch für "seine" Künstler<br />
ein. "Musiker und Maler haben im Prinzip die gleichen<br />
Probleme. Mit den ihnen eigenen Mitteln möchten sie<br />
gezielt Dinge beschreiben" (Siehe auch: galerieroy.de).<br />
Auslöser dieses exclusiven klangfarblichen Zusammentreffens<br />
war die ähnlich gelagerte "Umtriebigkeit" des<br />
Local-Rockhero Frank Maessig (Bild links, mit Ehefrau<br />
Eva Lüneburg) der neben seinen inzwischen 1600<br />
Gigs in 35 Jahren mit der Coverband "The Oldies"<br />
nicht nur die Kunstliteratur verschlang, sondern auch<br />
als Sammler selbst gezielt "auf dem Markt" unterwegs<br />
ist und mit seinem Œuvre im öffentlichen Raum auftritt<br />
(s.S. 16). Über dieses Szenario stieß M. für seine seriellen<br />
Editionen auf Gundolf Roy, dessen Lüpertz'sches<br />
Ausstellungs-Konzept er den bekannterweise kunstaffi<br />
nen Facharztpraxen im Liebigcenter vorstellte.<br />
"Das können wir eigentlich auch bei uns machen",<br />
war zunächst spaßig angesagt, wurde dann aber zum<br />
Wohlgefallen der 200 geladenen Gäste und Beteiligten<br />
engagiert realisiert.<br />
(rmr)<br />
6 Bogart<br />
Das Mitmachmagazin