Hans Schwippert 1899-1973
ISBN 978-3-86859-054-8
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Inhalt<br />
Umschlag:<br />
Plenarsaal im Bonner Bundeshaus, um 1953, Fotografie: <strong>Hans</strong><br />
Schafgans,© Schafgans Archiv, Bonn<br />
Lambert T. Koch, Rektor der Bergischen Universität Wuppertal<br />
Anthony Cragg, Rektor der Kunstakademie Düsseldorf<br />
Dieter Koppe, Vorsitzender des Deutschen Werkbunds<br />
Rückseite:<br />
Bildmontage mit einer Fotografie von Brigitte Uhrmeister,<br />
<strong>Hans</strong> <strong>Schwippert</strong> im Arbeitszimmer seines Privathauses in<br />
Düsseldorf, 1950er Jahre, DKA NL <strong>Schwippert</strong><br />
32<br />
34<br />
GruSSwortE<br />
Gerda Breuer<br />
VORWORT – DANK<br />
S. 2–3: Bonn, 2.1.1951, Außenaufnahme, Fotografie: Georg Munker,<br />
Bundesbildstelle Berlin<br />
S. 4–5: Darmstädter Gespräche. 5. August 1952, Fotografie: pbs-Foto,<br />
Darmstadt, DKA NL <strong>Schwippert</strong><br />
S. 8: Tapete „Akustik“: <strong>Hans</strong> <strong>Schwippert</strong>, 1949/1950, Rasch-Archiv,<br />
Bramsche<br />
S. 9: Detailaufnahme des Punkthochhauses: <strong>Hans</strong> <strong>Schwippert</strong> im<br />
Berliner <strong>Hans</strong>aviertel, 1957, Fotografie: Doreen Marke, Berlin<br />
S. 10–11 Detailaufnahmen aus der ehemaligen pädagogischen Hochschule,<br />
Neuss, Fotografie: Christof Becker<br />
S. 12: Haus der Wissenschaft, Düsseldorf. Blick von außen in ein<br />
Seiten-Foyer, DKA NL <strong>Schwippert</strong><br />
S. 13: Haus der Wissenschaft, Düsseldorf. Blick in das<br />
Garderoben-Foyer, DKA NL <strong>Schwippert</strong><br />
S. 14–15: Messingbänder und Zierschrauben am Mobiliar des Bundeshauses,<br />
Fotografie: Christof Becker, Haus der Geschichte, Bonn<br />
S. 16–17: Triennale 1954, in der Mitte <strong>Hans</strong> <strong>Schwippert</strong> neben Mia<br />
Seeger, DKA NL <strong>Schwippert</strong><br />
S. 18–19: Ludwig Erhard, Walter Gropius und <strong>Hans</strong> <strong>Schwippert</strong> (v.l.n.r.)<br />
am 4.10.1967, Werkbundarchiv – Museum der Dinge, Berlin<br />
S. 20–21: <strong>Schwippert</strong> mit Studenten der Kunstakademie Düsseldorf,<br />
Hauptstaatsarchiv Düsseldorf<br />
S. 22–23: Privathaus <strong>Schwippert</strong>, Düsseldorf, Blick in Innenhof und<br />
Wohnzimmer, DKA NL <strong>Schwippert</strong><br />
S. 24–25: Haupteingang der Mensa der Technischen Hochschule Aachen,<br />
1958. <strong>Hans</strong> <strong>Schwippert</strong> mit Olaf Erik Runge, Fotografie: Ann<br />
Bredol-Lepper, Aachen, DKA NL <strong>Schwippert</strong><br />
36<br />
42<br />
56<br />
68<br />
76<br />
88<br />
106<br />
120<br />
132<br />
144<br />
Gerda Breuer<br />
EINLEITUNG<br />
Adam C. Oellers<br />
DER „GESELLE DES WELTBAUMEISTERS“<br />
HANS SCHWIPPERT UND SEINE TÄTIGKEIT IN AACHEN<br />
Adam C. Oellers<br />
Im Spannungsfeld zwischen Bauhaus-Einflüssen und Traditionsbindung.<br />
<strong>Schwippert</strong>s Eigenheimbauten der 1930er Jahre<br />
Leif Hallerbach<br />
DIE ÄSTHETIK DES EINFACHEN.<br />
HANS SCHWIPPERTS TYPISIERUNGSBEMÜHUNGEN IM HISTORISCHEN KONTEXT<br />
Christopher Oestereich<br />
„Die 1000 Jahre durchstehen“?<br />
<strong>Hans</strong> <strong>Schwippert</strong> im „Dritten Reich“<br />
Gerda Breuer<br />
MODERATION DES WIEDERAUFBAUS.<br />
<strong>Hans</strong> <strong>Schwippert</strong> und der deutsche Werkbund<br />
Gerda Breuer<br />
Architektur der „Stunde Null“.<br />
Das neue ParlamentS GEBÄude der jungen BRD in Bonn<br />
Christopher Oestereich<br />
Zurück in die Zukunft?<br />
<strong>Schwippert</strong> als „geistiger Vater“ der Werkkunstschule<br />
Sandra Wagner-Conzelmann<br />
„Gottes Geschöpf der Sand, Gottes Geschöpf der Kalk! So haben wir die Pflicht, mit Gottes Geschöpfen<br />
gut, schlicht und würdig zu verfahren.“<br />
Die Kirchenbauten von <strong>Hans</strong> <strong>Schwippert</strong><br />
Paul Sigel<br />
Die Rolle <strong>Hans</strong> <strong>Schwippert</strong>s bei der Konzeption der deutschen WeltausstellungsbeitrÄGE<br />
in Brüssel 1958 und Montreal 1967<br />
28 29
KATALOG<br />
bearbeitet von Gerda Breuer (GB), Jennifer von Massow (JvM), Pia Mingels (PM)<br />
296<br />
298<br />
306<br />
318<br />
324<br />
328<br />
334<br />
340<br />
352<br />
366<br />
Entwürfe und Bauten 1952–1958<br />
Georg-Büchner-Schule, DARMSTADT 1951<br />
Wohn-und Atelierhaus SCHWIPPERT, Düsseldorf-Goltzheim 1953/1954<br />
Generalpräsidium des Deutschen Roten Kreuzes, Bonn 1953/1954<br />
Hauptverwaltung der Provinzial-Feuerversicherung, Düsseldorf 1953 – 1955<br />
Technische Hochschule AAchen, Neubau der Mensa, Aachen 1955<br />
Haus Sellner, Darmstadt, rosenhöhe, 1954/1955<br />
Hälsingborg h55, Schweden 1955<br />
Wohnen im Hochhaus „INTERBAU“, <strong>Hans</strong>aviertel, Berlin 1957<br />
Deutscher Pavillon, WELTAUSSTELLUNG, BRÜSSEL 1958<br />
386<br />
Späte Kirchenentwürfe<br />
164<br />
erste Wohnhäuser und Einrichtungen 1927–1933<br />
388<br />
394<br />
404<br />
412<br />
416<br />
Wiederaufbau der Kirche St. Engelbert, Mülheim an der Ruhr 1953/1954<br />
ST. HEDWIGs-KATHEDRALE, BERLIN 1956 – 1963<br />
st. bartholomäus, Köln-Bickendorf 1959/1960<br />
Pfarrkirche HEILIGE FAMILIE, DÜSSELDORF-Stockum 1963<br />
Schulkirche Hl. Franz von Sales, Düsseldorf-Wersten 1967 – 1971<br />
166<br />
170<br />
176<br />
182<br />
188<br />
190<br />
196<br />
Haus und Wohnung DER ELTERN, DUISBURG 1927<br />
ATELIERHAUS FÜr KURT SCHWIPPERT, Kelberg-Hünerbach, Eifel 1930<br />
Haus Feist, Bad Godesberg 1931/1932<br />
EINRICHTUNG FÜR DEN KATHOLISCHEN JUNGMÄNNERverband, 1930 – 1933<br />
ZusammenArbeit mit Rudolf Schwarz<br />
INNENEINRICHTUNG und Pfarrhaus VON ST. FRONLEICHNAM, AACHEN 1928 – 1930<br />
Haus der Jugend und SOZIALE FRAUENSCHULE, AACHEN 1928 und 1931<br />
424<br />
426<br />
436<br />
442<br />
448<br />
456<br />
462<br />
Entwürfe und Bauten 1958–1970<br />
Das Karl-Arnold-Haus/Haus der Wissenschaften, Düsseldorf 1958 – 1960<br />
Haus Henkel, Wohn- und Geschäftshaus, Düsseldorf 1960/1962<br />
Studentenwohnhäuser Technische Hochschule Aachen 1960<br />
Pädagogische Hochschule Rheinland, Neuss 1964/1970<br />
BESTECKE UND METALLGERÄT FÜR POTT, SOLINGEN<br />
Kurzbiografie <strong>Hans</strong> <strong>Schwippert</strong><br />
202<br />
SCHMUCK, Metallarbeiten 1929 – 1940<br />
464<br />
Bibliografie<br />
208<br />
210<br />
218<br />
Möbelentwürfe<br />
„NEUER HAUSRAT“, 1930<br />
MONTESSORI-KINDERMÖBEL, 1928 – 1930<br />
472<br />
476<br />
478<br />
Personenregisiter<br />
Über die Autoren<br />
bildnachweis<br />
222<br />
Arbeiten in der Zeit des nationalsozialismus<br />
224<br />
228<br />
232<br />
240<br />
244<br />
Deutscher St.-Michaels-Altar, Weltausstellung Paris 1937<br />
„NEUER HAUSRAT“, 1938<br />
BEHELFSMÖBEL und BEHELFSHEIME<br />
Deutsche Warenkunde, 1939 – 1942<br />
SPIELZEUG<br />
481<br />
Schriften und Äusserungen 1928 – <strong>1973</strong>. Eine Anthologie<br />
zusammengestellt, eingeleitet und kommentiert von Christopher Oestereich<br />
284<br />
Wiederaufbau Nach 1945<br />
250<br />
284<br />
290<br />
BONNER BUNDESHAUS, 1949<br />
Umbau und erweiterung Bundeskanzleramt Palais Schaumburg, BONN 1950<br />
Kraftwerk Anna, Alsdorf 1950<br />
30 31
Gerda Breuer<br />
Einleitung<br />
Die Nachkriegsmoderne in Architektur und Design einer<br />
genaueren Betrachtung und Neubewertung zu unterziehen,<br />
hat heute in Architekten- und Planer-Kreisen Konjunktur.<br />
Jene Perspektiven, die noch in den 1960er Jahren unter<br />
Alexander Mitscherlichs Generalverdikt der „Unwirtlichkeit<br />
unserer Städte“ 1 gestanden haben und die Anfänge nach<br />
Kriegsende sämtlich den Sünden des „Bauwirtschaftsfunktionalismus“<br />
zuschrieben, sind zurückgetreten hinter einem<br />
offeneren Zugang, der die Erbschaft der Nachkriegsmoderne<br />
als gefährdet ansieht und die Probleme ihres Bauens und<br />
Planens mit mehr Verständnis in den Blick nimmt.<br />
<strong>Hans</strong> <strong>Schwippert</strong> war einer der maßgeblichen Gestalter<br />
dieser Zeit – Gestalter allerdings im umfassenden Sinne: Er<br />
zählte zu den Unterzeichnern des sogenannten „Lützel bacher<br />
Manifestes“ 2 , Architekten und Planern, die sich angesichts<br />
des Trümmerfelds und der nahen Vergangenheit eines Unrechtstaats<br />
ausdrücklich für den Neuanfang und gegen die<br />
Rekonstruktion entschieden – „Das zerstörte Erbe darf nicht<br />
historisch rekonstruiert werden“, hieß es 1947; er sprach<br />
sich im selben Jahr mit den Werkbundmitgliedern auf dem<br />
Werkbundtag in Rheydt dezidiert gegen die Restauration<br />
aus; er übernahm überhaupt von vornherein leitende Positionen<br />
innerhalb des gewaltigen und lange eingespielten<br />
Netzwerks der Reformbewegungen der rheinischen Regionalgruppe<br />
des Werkbunds und dann später des Dachverbands<br />
des Deutschen Werkbunds, dessen Leiter er dreizehn<br />
Jahre lang blieb. 1949 schuf er mit dem Bundestagsgebäude<br />
in Bonn dem demokratischen Geist der jungen BRD einen<br />
Symbolbau, der Transparenz und Bescheidenheit ausstrahlen<br />
sollte und eine deutliche Antithese zur monumentalen<br />
Machtdemonstration nationalsozialistischer Vergangenheit<br />
sein wollte. Er spielte 1956 im schwedischen Hälsingborg<br />
mit Wohnungseinrichtungen und ein Jahr später auf der<br />
„Interbau“-Ausstellung mit einem Hochhaus das „Wohnen<br />
von Morgen“ 3 exemplarisch durch und fügte sich in den<br />
Reigen der internationalen Architekten und Städtebauer<br />
ein; und schließlich gab er auf der Weltaus stellung 1958 in<br />
Brüssel durch die maßgebliche Konzeption des Deutschen<br />
Pavillons der neuen demokratisch-weltoffenen Haltung der<br />
Deutschen eine Stimme. <strong>Schwippert</strong> hat die Chance genutzt,<br />
einer Moderne des Neuanfangs zum Durchbruch zu verhelfen,<br />
das Gespräch über sie zu leiten und mit ihr ein neues<br />
Lebensgefühl zu unterstützen.<br />
Fragt man sich, wie er in diese moderierende Rolle hinein<br />
wuchs – hatte er bis dato lediglich einige Privatbauten realisiert<br />
und war er auch mit bedeutenden Architekten in Berührung<br />
gekommen, aber vor der Machtübernahme durch<br />
die Nationalsozialisten zu jung, um exponiert in Erscheinung<br />
zu treten, und hatte er ebenso wenig während des „Dritten<br />
Reichs“ eine führende Position übernommen – dann dürfte<br />
maßgeblich gewesen sein, dass es seine ethisch- religiösen<br />
Prinzipien waren, die ihn dazu disponierten, den Ton in der<br />
Orientierungssuche nach 1945 anzugeben. Aus einer religiösmoralischen<br />
Verpflichtung heraus fühlte er sich nicht allein<br />
einem tradierten Schönheitskanon verbunden, der die Idee<br />
vom „rechten Maß“ (Dürer) der Dinge zugrunde legte, sondern<br />
mehr noch: Ganz im Sinne des deutschen Idealismus<br />
<strong>Hans</strong> <strong>Schwippert</strong><br />
im Flur seines<br />
Privathauses in<br />
Düsseldorf,<br />
Kontaktabzüge,<br />
1950er Jahre,<br />
Fotografie: anonym,<br />
DKA NL <strong>Schwippert</strong><br />
37
Gerda Breuer<br />
Moderation<br />
des<br />
Wiederaufbaus.<br />
<strong>Schwippert</strong> und<br />
der Deutsche<br />
Werkbund<br />
Fast jede Vita eines modernen Architekten und Designers<br />
in den ersten zwei Dritteln des 20. Jahrhunderts enthält<br />
die Mitgliedschaft im Deutschen Werkbund. Dabei war<br />
es eine Wesenseigenschaft der Vereinigung, dass sie gleichermaßen<br />
aus polyphonen Stimmen und heftig opponierenden<br />
Mitgliederfraktionen bestand, die erkennbar<br />
als normative Instanz fungierte. Sie war eine Art kultureller<br />
Bodensatz – Wilhelm Wagenfeld nannte sie 1947<br />
eine „Geisteshaltung“ 1 –, eine unausgesprochene Vereinbarung,<br />
der sich die Mitglieder umso mehr verbunden<br />
fühlten, als sie verschiedene, auch widersprüchliche Phasen<br />
durchlebten. Der Architekturhistoriker Werner Durth<br />
hat auf diese Kontinuität in den Lebensläufen, insbesondere<br />
der Nachkriegsarchitekten, aufmerksam gemacht und sie als<br />
Generationsmentalität beschrieben: „Fast alle in der Wiederaufbauphase<br />
– und lange danach noch – einflussreichen<br />
Architekten und Planer fühlen sich einer Generation zugehörig,<br />
die, bei aller Unterschiedlichkeit der individuellen<br />
Lebensläufe, in den wichtigen Lebensabschnitten prinzipiell<br />
gleichen Einschnitten, gleichen Gefährdungen und Versuchungen<br />
ausgesetzt war. Dieses Gefühl sichert gemeinsame<br />
Basiserfahrungen und Verständigungsmöglichkeiten noch<br />
vor den professionellen Bindungen und den damit weiter<br />
eingegrenzten Orientierungen und Wissensbeständen.“ 2<br />
War diese Charakterisierung vor allem auf die Erfahrungen<br />
im Nationalsozialismus gemünzt, die als gravierender<br />
Einschnitt nach einer Ausbildungszeit in den für<br />
die Architekturgeschichte so bedeutenden Phase der<br />
1910er und 1920er Jahre empfunden wurde und die sich<br />
nun erneut, unter den Bedingungen der Kapitulation,<br />
der Zerstörung durch den Krieg und des Wiederaufbaus<br />
wandelten, war das Bedürfnis nach einer ungebrochenen<br />
ethischen Gesinnung bei Werkbundmitgliedern besonders<br />
ausgeprägt. 3 Ab dem Zeitpunkt seiner Gründung 1907<br />
waren die programmatischen Ziele des Werkbunds in<br />
einem Statut festgehalten und über die Zeit seines Bestehens<br />
nur geringfügig verändert worden. Weit davon entfernt,<br />
sich als reiner „Dienstleister“ gegenüber einem Auftraggeber<br />
verpflichtet zu fühlen, sahen sich Architekten<br />
und Designer an eine gesellschaftliche Verantwortung gebunden.<br />
Sie reichte vom Streben nach Qualität zugunsten<br />
einer nationalökonomischen Binnen- und Außenwirkung<br />
bis zum Bekenntnis zur Modernität, von der Haltung der<br />
Ehrlichkeit der Gestaltung bis zur wahrhaftigen Beziehung<br />
zwischen Entwerfern, Produzenten und Konsumenten.<br />
Bei vielen wirkte diese Verpflichtung wie ein unsichtbares<br />
Myzel, mit dessen Wurzelästen die Werkbündler in Verbindung<br />
standen. Sie war so zwingend, dass das Übertreten<br />
der Grundsätze als Häresie empfunden wurde. 4<br />
Nach 1945 erlebte dieses werkbundliche Ethos erneut<br />
einen Höhepunkt. Innerhalb kurzer Zeit und an verschiedenen<br />
Orten des zonierten Deutschlands fanden sich unabhängig<br />
voneinander alte Werkbundmitglieder zusammen,<br />
um über neue Ziele und aktive Aufbauarbeit nachzudenken.<br />
Angesichts der Ruinenlandschaft Deutschlands sahen sich<br />
vor allem Architekten und Planer in die Pflicht genommen,<br />
alte Ziele des Werkbunds zu aktualisieren.<br />
Erster Werkbundtag<br />
im nieder rheinischen<br />
Rheydt,<br />
Sommer 1947.<br />
<strong>Schwippert</strong>, 1. Reihe,<br />
Dritter von rechts,<br />
DKA NL <strong>Schwippert</strong><br />
88 89
Gerda Breuer<br />
Architektur der<br />
„Stunde Null“.<br />
Das neue<br />
Parlamentsgebäude<br />
der jungen BRD<br />
in Bonn<br />
„Die Politik ist eine dunkle Sache, schauen wir zu, daß wir<br />
etwas Licht hineinbringen“, 1 mit dieser Bemerkung machte<br />
der Architekt <strong>Hans</strong> <strong>Schwippert</strong> 1949, dem so bedeutungsvollen<br />
Jahr der Konstituierung der BRD, auf die belastete,<br />
zugleich aber auch hoffnungsorientierte Atmosphäre der<br />
unmittelbaren Nachkriegszeit im Westen Deutschlands aufmerksam.<br />
Mit dem Bau des Bonner Bundeshauses im selben<br />
Jahr gelang es ihm dann, ein unmissverständliches Zeichen<br />
für die Idee der parlamentarischen Repräsentanz in einem<br />
neuen Staat zu setzen. Transparent und lichtdurchflutet, in<br />
kreisförmiger Anordnung der Parlamentariersitze, bescheiden<br />
in der Ausstattung sollte der Bundestag mit seinem<br />
Herzstück, dem Plenarsaal, ein entschiedenes Gegenbild<br />
zur pompösen Machtinszenierung des Nationalsozialismus<br />
und seines diktatorischen Unrechtsstaates sein. 2<br />
In rasant schneller Zeit, in der Planen und Bauen zeitweise<br />
parallel verliefen und in der die endgültige Entscheidung<br />
für Bonn oder Frankfurt als Hauptstadt noch nicht<br />
gefällt war, schuf <strong>Schwippert</strong> im zivilisatorischen Vakuum<br />
der unmittelbaren Nachkriegszeit zwischen Kapitulation<br />
und Wiederaufbau mit dem Rückgriff auf ein amerikanisches<br />
Vorbild, die IIT-Campusgebäude des deutschen, in die USA<br />
emigrierten Architekten Ludwig Mies van der Rohe, eine<br />
archi tekturräumliche Inszenierung der „Stunde Null“. 3 Wie<br />
in Chicago allein der Wissenschaft verpflichtet und keinem<br />
repräsentativen Anspruch huldigend, sollte auch der wichtigste<br />
öffentliche Neubau nach 1945 in Deutschland nur<br />
einem „Zweck“ dienen, ein Sinnbild für den „neuen Phänotyp<br />
des demokratischen Staatsbürgers“ 4 sein: „Ich wollte<br />
ein Haus der Offenheit, eine Architektur der Begegnung<br />
und des Gesprächs“, schrieb <strong>Schwippert</strong> im September 1949.<br />
„Nur einige wenige Stimmen meinen, Vertretung des Volkes<br />
verlange mehr Feierlichkeit. Wir werden sie erbauen, wenn<br />
die Politik einmal wieder erhabene Erfolge haben wird!<br />
Einstweilen dünkt mich, und dies ist ja ein einstweiliges<br />
Haus für den Wiederbeginn neuen politischen Lebens in<br />
Deutschland, einstweilen halte ich es für recht, dass dieser<br />
Anfang ein helles Haus habe und ein einfaches, ein Haus<br />
von heute, und dass das zur Welt hin offen ist.“ 5<br />
Bauen inmitten geistiger und seelischer Trümmerfelder<br />
Verglichen mit der pathetischen Aufbruchstimung der expressionistischen<br />
Architektur nach dem Ersten Weltkrieg,<br />
die den ungebrochenen emphatischen Geist der fantasievollen<br />
künstlerischen Eruption der Vorkriegszeit kurzzeitig<br />
aufflammen ließ, nimmt sich die Atmosphäre unter Architekten<br />
und Intellektuellen nach 1945 eher lähmend und<br />
gedrückt aus. Die Erziehung zur Demokratie wurde hier<br />
zunächst vor allem von Dritten angestoßen, von den West-<br />
Allierten und ihren Programmen der Re-Education und<br />
Re-Orientation. Der moralische Rigorismus im amerikanischen<br />
Umerziehungs-Import der nicht unbedingt als<br />
Befreier, sondern auch als Sieger Empfundenen stieß auf<br />
den Unwillen der Betroffenen und stimulierte eigene Entwürfe<br />
der moralischen Vergangenheitsbewältigung und<br />
Gegenwartsinterpretation. Eine selbstbestimmte Antwort<br />
war das vielbeachtete Buch des Philosophen Karl Jaspers<br />
Aus dem Plenarsaal<br />
gegen das Restaurant<br />
gesehen.<br />
Fotografie:<br />
Theo Schafgans,<br />
Bonn, DKA NL<br />
<strong>Schwippert</strong><br />
106 107
Sandra Wagner-Conzelmann<br />
„Gottes Geschöpf<br />
der Sand, Gottes<br />
Geschöpf der Kalk!<br />
So haben wir die<br />
Pflicht, mit Gottes<br />
Geschöpfen gut,<br />
schlicht und würdig<br />
zu verfahren.“<br />
Die Kirchenbauten<br />
von<br />
<strong>Hans</strong> <strong>Schwippert</strong><br />
Das kirchenbauliche Œuvre von <strong>Hans</strong> <strong>Schwippert</strong> ist gemessen<br />
an seinem Gesamtwerk nicht sehr umfangreich, doch<br />
zeugt es von einer intensiven Auseinandersetzung mit den<br />
formalen und liturgischen Reformen seiner Zeit. Bereits in<br />
den 1920er Jahren entwarf <strong>Schwippert</strong> einige Sakralbauten,<br />
welche die Reformbestrebungen in einer neuartigen architektonischen<br />
Form aufgriffen und die Gestaltungsprinzipien<br />
seiner späteren Kirchenneubauten aus den 1950er bis 1970er<br />
Jahren teilweise vorwegnahmen. Bekannt wurde er jedoch<br />
vor allem durch den Wiederaufbau von teilzerstörten Gotteshäusern<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg. Eine dieser Kirchen,<br />
St. Engelbert in Mülheim an der Ruhr, wurde 1955 sogar in<br />
Rom im Lateranpalast in der Ausstellung „Arte Liturgica in<br />
Germania 1945/55“ 1 als vorbildlicher Aufbau gezeigt. Einen<br />
weiteren Höhepunkt von Schwip perts sakraler Bautätigkeit<br />
stellt sicherlich der Umbau der Bischofskirche St. Hedwig in<br />
Berlin dar, die durch ihre gestalterische Klarheit und mutige<br />
Konzeption noch heute beeindruckt.<br />
Auch seine Äußerungen zu sakralen Themen oder Kirchenbauten<br />
nehmen innerhalb seines umfangreichen publizistischen<br />
Œuvres keinen breiten Raum ein. Sie sind hauptsächlich<br />
in Texten aus den frühen 1930er Jahren zu finden, die<br />
er vorwiegend in Organen der katholischen Jugend bewegung<br />
publizierte. In diesen Texten standen meist Fragen der Raumbildung<br />
im Mittelpunkt, dabei vor allem das Formverständnis<br />
des Deutschen Werkbunds widerspiegelnd, dem <strong>Schwippert</strong><br />
als berufenes Mitglied bereits angehörte. In ihnen versuchte<br />
er unter anderem auf die „Erziehung junger Menschen zur<br />
echten Form, zur Freude am wahrhaft Gestalteten, zur Liebe<br />
zum guten Stoffe, auf die Weckung der formbildenden und<br />
formerkennenden Kräfte und auf die Bereitung eines Verstehens<br />
künstlerischer Sprache“ 2 hinzuwirken. Dieses Ziel<br />
prägte auch seinen Zugang zur Frage des „gläubigen Lebens“<br />
in der Gesellschaft. Aus der Erziehung zur Form erwuchsen<br />
für <strong>Schwippert</strong> „von selbst die Forderungen der Würde, der<br />
Schlichtheit, der Gerechtigkeit, all jene echten Kriterien des<br />
Lebens und Gestaltens zugleich. [...] Solche Haltung kann<br />
zum Werkzeug des gläubigen Lebens in der Welt werden, was<br />
sonst nur Gegenstand ästhetischer Betrachtung blieb.“ 3<br />
Würde und Schlichtheit wurden so zu leitenden Prinzipien.<br />
<strong>Schwippert</strong> führte in einem Artikel 1934 aus: „In den<br />
feierlichen Gebeten, die unsere Kirche beten lässt zur Weihe<br />
eines Gotteshauses, heißt es an einer Stelle: ‚Herr segne diese<br />
Geschöpfe Sand und Kalk‘ [...] Gottes Geschöpf der Sand,<br />
Gottes Geschöpf der Kalk! So haben wir die Pflicht, mit<br />
Gottes Geschöpfen gut, schlicht und würdig zu verfahren.“ 4<br />
Gut, schlicht und würdig sind tatsächlich die Adjektive, die<br />
<strong>Schwippert</strong>s Sakralbauten treffend beschreiben. Sie zeugen<br />
von einer einfühlsamen Auseinandersetzung mit den zeitgeschichtlichen,<br />
praktischen und liturgischen Anforderungen<br />
und zugleich von kraftvollem Gestaltungswillen. Besonders<br />
die Aufbauten von teilzerstörten Kirchen nach 1945 zeigen<br />
einen sensiblen Umgang mit der baulichen Restsubstanz<br />
des Vorgängerbaus und zugleich einen neuen Zugang zur<br />
Gestaltung des Raums sowie grundlegende Veränderungen<br />
der Aufstellung der Prinzipalstücke, um den damals aktuellen<br />
liturgischen Anforderungen gerecht zu werden.<br />
Frauenfriedenskirche,<br />
Frankfurt<br />
am Main, Entwurf<br />
für den Wettbewerb<br />
1927, DKA NL<br />
<strong>Schwippert</strong><br />
133
Abb. S. 176:<br />
Südostseite. Das<br />
Grundstück lag<br />
linksrheinisch an<br />
einem Südosthang<br />
über Bad Godesberg,<br />
dem Siebengebirge<br />
gegenüber.<br />
Ansicht Gartenseite,<br />
Blick von Westen,<br />
Rheinisches Bildarchiv,<br />
Kölnisches<br />
Stadtmuseum<br />
Haus Feist in Godesberg.<br />
Der Bauherr: Zu meinem Haus<br />
Dem Architekten wurde aufgetragen, ein Haus zu bauen,<br />
dessen Gestalt in erster Linie durch die Funktionen, denen<br />
es dienen sollte, zweitens durch die Erfordernisse der Hygiene<br />
und drittens durch die Wirtschaftlichkeit im Gebrauch<br />
bestimmt wurde.<br />
Erst wurden die Funktionen analysiert und festgelegt.<br />
Es wurde dafür Sorge getragen, daß für jede Funktion und<br />
für jede Teilfunktion der notwendige Raum nach Form,<br />
Lage und Größe vorgesehen war, daß er auch die nötigen<br />
Gegenstände aufnehmen konnte, daß die zusammengehörigen<br />
Funktionsplätze durch den kürzesten Weg miteinander<br />
verbunden waren und bei der Abwicklung der Funktionen<br />
sich zwei Personen nicht stören. Es wurde erspart: bei der<br />
Morgentoilette bei gleicher Sorgfalt eine Viertelstunde, beim<br />
Tischabräumen und beim Geschirrspülen die halbe Zeit, bei<br />
der Kinderbeaufsichtigung und beim Kochen mindestens<br />
ein Viertel der Zeit. Im Büro wird in sieben Stunden soviel<br />
wie vorher in zehn Stunden bei geringerer Ermüdung<br />
geleistet usw. Die Räume sind hell und luftig, jeder Raum<br />
erhält einmal am Tag Sonne, und da jeder Aufenthaltsraum<br />
Ausgang in den Garten hat, ist jeder Bewohner des Hauses<br />
jährlich mehrere hundert Stunden mehr im Freien als er<br />
es sonst wäre. Durch die Lage des Hauses und die Dreiteilung<br />
in Fremdenteil (Arbeitszimmer, Diele und Gastzimmer),<br />
Wohn- und Schlafteil wird ein Höchstmaß von<br />
Ruhe, besonders da, wo sie am nötigsten ist (Schlafraum<br />
und Arbeitszimmer), erzielt. Das reibungslose Abwickeln<br />
der Funktionen gibt ebenfalls Ruhe. Es wurde mehr Wert<br />
darauf gelegt, die laufenden Unkosten niedrig zu halten als<br />
die Bausumme. [...]<br />
Der Flachbau ersparte das Treppenhaus. Die eingebauten<br />
Schränke gestatteten, die Räume kleiner zu halten, da eine<br />
Reihe von Möbeln unnötig wird. Der Raum 2,20/3,30 m<br />
wurde viermal angewandt. Dieser Raum gibt eine geeignete<br />
Diele, ein Wohn- und Schlafzimmer für einen Erwachsenen<br />
oder ein Schlafzimmer für zwei Erwachsene. Er gibt<br />
ein brauchbares Büro, ein ideales Kinderzimmer, eine sehr<br />
günstige Lösung für Bad und Toilettenraum. Die vier Räume<br />
zusammen ergeben mit ihren 26 qm 2 Wohnfläche einen<br />
Nutzeffekt, der gewöhnlich mit dem Doppelten an Raum<br />
erzielt wird. Die Raumersparnis wurde nicht, wie so oft, auf<br />
Kosten der Bequemlichkeit erzielt. Umgekehrt – mehr Raum<br />
würde dieser Abbruch tun. Der Weg bei der Morgentoilette<br />
beträgt 14–18 Meter, bei größerem Raum würde er länger<br />
und die Funktion unbequemer auszuführen sein.<br />
Die vorteilhaften physiologischen und psychologischen<br />
Wirkungen der straffen Ordnung des Grundrisses und der<br />
fröhlichen Haltung der Räume und des Hauses zahlenmäßig<br />
zu bezeichnen, dürfte kaum möglich sein.<br />
Haus Feist,<br />
Südostseite,<br />
Rheinisches Bildarchiv,<br />
Kölnisches<br />
Stadtmuseum<br />
Ludwig Feist<br />
aus: Die Form. Zeitschrift für gestaltende Arbeit. 7. Jahr,<br />
Heft 8, 1932, S. 255–256<br />
Klebelayout mit<br />
Skizzen und<br />
Fotos von <strong>Hans</strong><br />
<strong>Schwippert</strong> aus<br />
einem Fotoalbum,<br />
DKA NL<br />
<strong>Schwippert</strong><br />
178 179
SCHMUCK,<br />
Metallarbeiten<br />
1929–1940
258 259<br />
Entwurf des<br />
Plenarsaals. Pause<br />
einer Federzeichnung.<br />
Stift in<br />
Grün, Blau, Gelb,<br />
mit orange farbenem<br />
Papier collagiert,<br />
November 1948,<br />
Original: Architekturmuseum<br />
der TU<br />
München, Reproduktion:<br />
DKA NL<br />
<strong>Schwippert</strong>
268 269
Grundriss und<br />
Lageplan:<br />
Neue Mensa. Technische<br />
Hochschule<br />
Aachen 1958, DKA<br />
NL <strong>Schwippert</strong><br />
Technische Hochschule AAchen<br />
Neubau der Mensa,<br />
Aachen 1955<br />
1955 wurde an der Rheinisch-Westfälischen Technischen<br />
Hochschule (RWTH) in Aachen ein neue Mensa nach den<br />
Plänen von Olaf Erik Runge und <strong>Hans</strong> <strong>Schwippert</strong> errichtet.<br />
Das Raumprogramm umfasste die Mensa mit zusätzlichen<br />
Essensausgaben, Verwaltungs- und Konferenzräume,<br />
eine Bibliothek sowie einen zweigeschossigen Klub- und<br />
Theaterraum.<br />
Um die Nähe zur Hochschule zu gewährleisten, nahm<br />
man bei der Wahl des Grundstücks eine städtebaulich unvorteilhafte<br />
Lage einer viel befahrenen Kreuzung in Kauf.<br />
In einer ersten Planungsstufe unter dem Arbeitstitel<br />
„Haus der Studenten“ entwickelten die Architekten ein<br />
kreuzförmiges, viergeschossiges Gebäude. Demnach hätte<br />
sich der Essensbereich im Erdgeschoss auf zwei der vier<br />
Flügel und die Mitte dieses kreuzförmigen Grundrisses<br />
verteilt. Ein dreigeschossiger Klubraum hätte sich über<br />
Teile der darüber liegenden Stockwerke erstreckt, daneben<br />
hätten eine Bibliothek und Konferenzräume liegen sollen.<br />
Für die letztendliche Ausführung ist dieser Entwurf zu einer<br />
quadratischen Form vereinfacht worden. Die Essensausgabe<br />
wurde in die erste Etage verlegt und der Klubraum<br />
auf eine Höhe von zwei Geschossen reduziert.<br />
Die Bauweise als Stahlbetonrasterbau ist an der Fassade<br />
deutlich ablesbar und wird durch die Anordnung der<br />
Fenster, die diesem Raster folgt, betont. Die Fassade lässt<br />
auch Rückschlüsse auf die Nutzung im Gebäudeinneren<br />
zu: Die Lage des zweigeschossigen Klubraums im zweiten<br />
und dritten Obergeschoss ist anhand der großen Fensterflächen<br />
schon von außen zu erkennen. Die vier Stockwerke<br />
lassen sich über deutlich erkennbare Betonlinien der Decken<br />
abzählen.<br />
Im Kellergeschoss befanden sich Umkleide-, Aufenthalts-<br />
und Waschräume für das Personal sowie Lagerräume,<br />
Kühlräume und Räume für die Haustechnik. Ein unterirdischer<br />
Gang verband den Keller mit der Mensaküche, von<br />
der aus die Speisen mit Aufzügen in die entsprechenden<br />
Geschosse verteilt werden.<br />
Das Erdgeschoss wird bestimmt von einer großen Eingangshalle,<br />
entlang derer sich die eher organisatorischen<br />
Einrichtungen des Hochschulalltags befinden, wie die Essensmarkenkasse,<br />
Garderoben, ein Anschlagebrett, Fachschaftsräume,<br />
ein Büro der Krankenversicherung und ein<br />
Ärztezimmer. Hier gibt es auch eine Cafeteria.<br />
Zwei sich gegenüberliegende Treppenhäuser führten in<br />
die oberen Stockwerke. Sie erinnern in ihrem Zuschnitt<br />
und ihrer Bauweise an die Innentreppe der Sozialen Frauenschule,<br />
die <strong>Schwippert</strong> 1929/1930 gemeinsam mit<br />
Rudolf Schwarz in Aachen realisiert hatte.<br />
Die eigentliche Mensa befand sich im ersten Obergeschoss.<br />
Sie war bescheiden und modern eingerichtet: Auf<br />
der Etage standen in lockerer Anordnung Stahlrohrtische<br />
mit Holztischplatten, an denen je drei der sogenannten<br />
„Ameisen“ von Arne Jacobsen standen. Diese dreibeinigen<br />
Stahlrohrstühle hatte der Designer im selben Jahr (1955)<br />
entworfen. Eine Wand aus Strukturglasscheiben betonte<br />
die Offenheit dieser Etage und schaffte einen Sichtbezug<br />
zur Haupttreppe. Die zwei Essensausgaben für warme und<br />
kalte Gerichte lagen in der Mitte des Raums, zwischen ihnen<br />
befand sich ein Abstell- und Arbeitszimmer.<br />
Der Klubraum war der größte Raum des Hauses und<br />
lag in der Mitte des zweiten und dritten Obergeschosses.<br />
Er reichte von der Nord- bis zur Südwand des Hauses. Je<br />
nach Bedarf konnte er als Theater, für Veranstaltungen<br />
oder als zusätzlicher Essraum dienen. Hierfür war er im<br />
zweiten Obergeschoss zusätzlich mit einer Bar verbunden.<br />
Auf der anderen Seite neben diesem Klubraum lag ein<br />
Konferenzzimmer. Der Raum konnte aber auch für festliche<br />
Anlässe vom Rektor der Hochschule genutzt werden.<br />
In den Räumen darüber befanden sich eine Bibliothek, ein<br />
Filmstudio und die Redaktionsräume der Studentenzeitschrift<br />
aachener prisma.<br />
JvM<br />
Abb. S. 334:<br />
Gebäude der Mensa<br />
der Technischen<br />
Hochschule Aachen,<br />
1955, Architekten:<br />
<strong>Hans</strong> <strong>Schwippert</strong><br />
und Erik Runge,<br />
beide Technische<br />
Hochschule Aachen,<br />
Ansicht von Süden:<br />
offenes Erdgeschoss,<br />
Mensabereich im 1.<br />
OG. Auf der zweiten<br />
und dritten<br />
Etage ist der zweigeschossige<br />
Klubund<br />
Theaterraum<br />
an der Fassade zu<br />
erkennen. Fotografie:<br />
Ann Bredol-<br />
Lepper, Aachen,<br />
DKA NL <strong>Schwippert</strong><br />
Treppenhaus. Neue<br />
Mensa, Fotografie:<br />
Ann Bredol Lepper,<br />
Aachen, DKA NL<br />
<strong>Schwippert</strong><br />
Theaterraum, Neue<br />
Mensa, DKA NL<br />
<strong>Schwippert</strong><br />
330 331
Blick auf die Ausstellung<br />
von der<br />
Wasserseite,<br />
Fotografie: Sune<br />
Sundahl, aus: Ausstellungsführer<br />
H55<br />
Links: Lageplan der<br />
H55 Ausstellung,<br />
aus: Ausstellungsführer<br />
H55<br />
Rechts: Luftbild der<br />
Ausstellung auf dem<br />
Pier, Fotografie aus:<br />
Baumeister, H. 11,<br />
November 1955<br />
Die Abteilung „On<br />
Board“ mit Schiffsbrücke<br />
von Süden.<br />
Fotografie: Pal-Nils<br />
Nilsson, aus: Ausstellungsführer<br />
H55<br />
346 347
Abb. S. 356:<br />
Westfassade, zum<br />
Teil mit Fenstern<br />
verschlossene Loggien,<br />
Fotografie:<br />
Doreen Marke,<br />
2006<br />
Alter Sitz der Westberliner<br />
Akademie<br />
der Künste am<br />
<strong>Hans</strong>eatenweg in<br />
Berlin-<strong>Hans</strong>aviertel,<br />
im Hintergrund<br />
das Punkthochhaus<br />
von <strong>Schwippert</strong>,<br />
Fotografie: Rainer<br />
Döhle, Berlin,<br />
Wikipedia<br />
Panorama Punkthochhäuser,<br />
Blick<br />
vom Haus Luciano<br />
Baldessari auf die<br />
Häuser Johannes<br />
Hendrik van den<br />
Broek und Jacob<br />
Berend Bakema<br />
(Niederlande),<br />
Gustav Hassenpflug<br />
(Hamburg),<br />
Raymond Lopez<br />
und Eugène<br />
Beaudouin und<br />
<strong>Hans</strong> <strong>Schwippert</strong>,<br />
Fotografie: Felix<br />
Schulz, März 2007<br />
356 357
Abb. S. 366:<br />
Speiseraum für eine<br />
Wohneinheit mit<br />
Avantgarde-<br />
Möbeln, Stühle<br />
und Tisch: <strong>Hans</strong><br />
<strong>Schwippert</strong>,<br />
Teppich: Margret<br />
Hildebrand, Fotografie:<br />
Foto<br />
Zwiefach,<br />
Kornwestheim,<br />
DKA NL <strong>Schwippert</strong><br />
Außenterrasse auf<br />
der Weltausstellung<br />
Brüssel, Deutscher<br />
Pavillon im<br />
Hintergrund<br />
(Architektur Egon<br />
Eiermann und<br />
SepRuf), Mai<br />
1958, ullstein bild,<br />
Berlin<br />
368 369
Abb. S. 456:<br />
Besteck für die<br />
Firma C. Hugo<br />
Pott, 1970–73,<br />
Werksfotografie:<br />
Pott-Besteck 2730,<br />
DKA NL <strong>Schwippert</strong><br />
Entwurfsskizze:<br />
Besteck 2729<br />
Bestecke und Metallgeräte<br />
für die Firma C. Hugo Pott<br />
Für die nahegelegene Firma C. Hugo Pott in Solingen entwarf<br />
<strong>Schwippert</strong> in späten Jahren zwei Essbestecke. Der<br />
Architekt gliederte sich damit in die Reihe der berühmten<br />
Entwerfer wie Josef Hoffmann, Hermann Gretsch, Wilhelm<br />
Wagenfeld und andere ein, die für die bergischen Produzenten<br />
künstlerische Entwürfe zur Verfügung stellten und<br />
mit zu ihrem internationalen Renommee beitrugen.<br />
Das vierteilige Besteck Modell 2730 mit den paddelförmigen<br />
Griffen war ursprünglich für die Expo 1967 in<br />
Montreal gedacht. 1972 erschien es als „Olympicnic“ auf<br />
der Olympiade in München und wurde vom Olympischen<br />
Komitee offiziell als Souvenir mit dem Zeichen der Olympiade<br />
genehmigt.<br />
Das wesentlich spektakulärere Besteck Nr. 2729 mit<br />
dem stark geschwungenen Messer, der Gabel mit langen<br />
und kurzen Zacken und dem kleinen Kratzlöffelchen<br />
wurde zunächst von <strong>Schwippert</strong> in den Vorentwürfen als<br />
„Pop“ bezeichnet, dann entschied man sich aber für „Junges<br />
Besteck“. Nur aus fünf Teilen bestehend, sollten einzelne<br />
Stücke mehreren Funktionen dienen, etwa Gabel und Löffel<br />
auch als Salatbesteck, der Esslöffel auch als Soßenlöffel.<br />
Die Entwurfszeit ist datiert auf 1970 – 72.<br />
Beide Modelle nahm Carl Pott erst nach dem Tod von<br />
<strong>Schwippert</strong> <strong>1973</strong> in seine Kollektion auf.<br />
Schon ab 1966 war ein multifunktionaler Ascher, Modell<br />
1124, bestehend aus zwei ineinandergreifenden Zylindern, in<br />
Produktion gegangen. Er diente zunächst als Kerzenhalter für<br />
Altarkerzen, unter anderem in der St. Hedwigs-Kathedrale<br />
in Berlin, später dann auch als Aschenbecher. GB<br />
Werbeprospekt für<br />
das Besteck 2729,<br />
© C. Hugo Pott<br />
GmbH, Solingen<br />
Messer aus dem<br />
fünfteiligen Besteck<br />
Nr. 2729, Entwurf<br />
1970–<strong>1973</strong>, Fotografie:<br />
Christof<br />
Becker, Designsammlung<br />
der Berg.<br />
Universität<br />
W uppertal<br />
458 459