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Querspur: Das Zukunftsmagazin des ÖAMTC Ausgabe 02/2012
Querspur: Das Zukunftsmagazin des ÖAMTC
Ausgabe 02/2012
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Foto: cepolina.com<br />
Die Nachfrage nach Autos in den Schwellenländern steigt<br />
rapide (im Bild: der Verkehrsalltag der indischen Millionenstadt<br />
Hyderabad). Die Autohersteller werden deshalb immer mehr<br />
Entwicklungskompetenz dorthin verlagern. In der Folge werden<br />
die Innovationen im Automobilsektor künftig auch in Europa<br />
stark von den Bedürfnissen Asiens und Südamerikas inspiriert<br />
sein. Das Design eines Autos muss eine Lösung für die Platznot<br />
der <strong>neu</strong>en Konsumenten bieten, Kosten und Kraftstoffverbrauch<br />
müssen gesenkt werden.<br />
den technologischen Vorsprung<br />
wahren und weiter <strong>aus</strong>bauen. Marc<br />
Lang, TTTech-Verkaufsleiter, einem<br />
österreichischen Vorreiter bei elektronischen<br />
Kontrollsystemen im Auto:<br />
„Den europäischen und japanischen<br />
Vorsprung holt China frühestens in 15<br />
bis 20 Jahren auf, weil bei uns die Entwicklung<br />
ja auch nicht still steht. Und<br />
so einfach lassen sich komplexe elektronische<br />
Systeme nicht nachbauen.<br />
Unser Wachstum ist jedenfalls enorm,<br />
wir suchen derzeit rund 30 Techniker<br />
und Entwickler.“<br />
Open Innovation wird<br />
das tägliche Brot<br />
der Entwickler<br />
Um die immer höheren Entwicklungskosten<br />
abzufedern, die mit der<br />
steigenden Technologisierung einhergehen,<br />
werden Motoren, Getriebe und<br />
Plattformen künftig in allen Märkten<br />
der Welt genutzt, oft auch von konkurrierenden<br />
Herstellern, die gemeinsam<br />
entwickeln. Das war in früheren<br />
Jahren undenkbar. Zusätzlich werden<br />
Autohersteller den Entwicklungsprozess<br />
öffnen und Input von außen,<br />
zum Beispiel von Konkurrenten, Universitäten<br />
und Autokäufern gezielt<br />
hereinholen, was einem Paradigmenwechsel<br />
gleichkommt: Mittels Open<br />
Innovation kann die Entwicklungszeit<br />
dramatisch verkürzt werden, sie ermöglicht<br />
deutlich mehr Klarsicht über<br />
ein künftiges Produkt, das Risiko von<br />
Fehlentwicklungen sinkt. Und die<br />
Zukunft wird deutlich mehr Innovationen<br />
hervorbringen müssen als die<br />
Gegenwart: CO 2-Problematik und<br />
andere Umweltfragen verlangen<br />
verbrauchsgünstigere Autos, die Technologien<br />
dafür (wie etwa Elektro- oder<br />
Hybrid antrieb, Start/Stopp-Auto matik,<br />
Energierückgewinnung beim Brem sen,<br />
Leichtlauföle und -reifen, bedarfs -<br />
ge steuerte Lichtmaschinen und Ölpumpen)<br />
lassen heute nur wenige<br />
Hersteller in die Serie einfließen,<br />
künftig werden es alle sein. Erste<br />
Ansätze für Open Innovation sind<br />
übrigens bereits heute flügge: VW<br />
sammelt über www.mythinkblue.de<br />
Input zur nachhaltigen Entwicklung<br />
und eröffnet sich damit ein weites<br />
Feld für Ideen. Die kreativsten Ideenspender<br />
gewinnen einen potenten<br />
Konzern zur Umsetzung.<br />
Die Autoindustrie wird mit anderen<br />
Sparten enger zusammenarbeiten,<br />
besonders mit der IT-Branche.<br />
Künftig kann ein<br />
Auto wie ein Smartphone<br />
kommunizieren<br />
Denn was Smartphones heute können,<br />
wird künftig auch vom Auto erwartet –<br />
und noch mehr: Anbindung ans Internet,<br />
Kommunikation der Autos<br />
untereinander im Dienste flüssigeren<br />
Verkehrs (Autos, die im Stau stecken,<br />
warnen zum Beispiel die Nachkommenden),<br />
Fahrassistenzsysteme wie<br />
Müdigkeitswarner oder Spurassistent<br />
bis hin zu allen Vernetzungen, die<br />
selbstfahrende Autos benötigen, die<br />
man per Knopfdruck <strong>aus</strong> der Garage<br />
holt und die einen lesend oder dösend<br />
an den Zielort bringen. Diese sind<br />
bereits heute oder in naher Zukunft<br />
möglich. Das Problem: Auto und IT-<br />
Industrie ticken unterschiedlich. Ein<br />
Auto rollt vier bis acht Jahre lang vom<br />
Band, die Elektronikindustrie wechselt<br />
Produkte in Sechs-Monats-Zyklen.<br />
Das heißt natürlich nicht, dass ein<br />
Auto künftig jedes halbe Jahr <strong>neu</strong><br />
entworfen werden muss, um auf dem<br />
<strong>neu</strong>esten Stand zu sein, sondern dass<br />
die Software aktualisiert wird.<br />
Klar ist: Viele der künftigen Innovationen<br />
kommen nicht von den Autoherstellern,<br />
sondern von Zulieferern.<br />
Ein heutiger Pkw stammt zu rund 50<br />
Prozent vom Autohersteller, ein Elektroauto<br />
nur noch zu 10 Prozent. Der<br />
Rest wird zugeliefert. Mit anderen<br />
Worten: Der Autoindustrie droht das<br />
Kerngeschäft abhanden zu kommen.<br />
Die <strong>neu</strong>en Entwicklungen bergen<br />
aber auch riesige Chancen, nicht nur<br />
Kraftfahrzeuge zu verkaufen, sondern<br />
Mobilität in allen Facetten. Michael<br />
Ebner, BMW: „Wir werden künftig<br />
Mobilität im Paket anbieten, beispielsweise<br />
über Carsharing mit Elektroautos,<br />
die unsere E-Fahrräder im<br />
Kofferraum haben, dazu Telematik-<br />
Dienstleistungen wie Navigation für<br />
alle Verkehrsmittel.“<br />
Nur wenige<br />
Autohersteller<br />
und zulieferer<br />
werden überleben<br />
Dennoch wird die Zahl der Zulieferer<br />
und Autohersteller abnehmen.<br />
Frank Gehr vom Fraunhofer Institut<br />
für Produktionstechnik und Automatisierung<br />
schätzt, dass in wenigen<br />
Jahren die Zahl der großen, unabhängigen<br />
Hersteller je nach Zählweise<br />
von derzeit rund 40 auf die zehn erfolgreichsten<br />
gesunken sein wird.<br />
Nur Morgan wird wohl weiterhin<br />
Roadster mit Eschenholz-Karosserierahmen<br />
fertigen – wie 1909. •<br />
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