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SO geht Glück

Jes. Das katholische Magazin

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Jes . Das katholische Magazin Ausgabe 03/2015 Juni<br />

suchen. fragen. finden.<br />

<strong>SO</strong> <strong>geht</strong><br />

<strong>Glück</strong><br />

Wie unser Leben<br />

gelingen kann<br />

lebensfrage<br />

Wahre Freundschaft<br />

rauszeit<br />

Perfekte Idylle


Editorial . Inhalt<br />

Bücher & Broschüren per Online-Druck –<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

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20 Millionen Bundesbürger spielen Woche für<br />

Woche Lotto. Sie sind auf der Suche nach ihrem<br />

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für Bücher und Broschuren<br />

✓ Schnelle und einfache Abwicklung<br />

✓ Ihnen steht eine Vielzahl an Zusatzund<br />

Serviceleistungen zur Auswahl<br />

<strong>Glück</strong>. Dabei macht Geld selten glücklich und oft<br />

steht es dem <strong>Glück</strong> sogar im Wege.<br />

Doch was ist <strong>Glück</strong> überhaupt? Und kann man ihm<br />

jenseits von Lottoannahmestellen auf die Sprünge<br />

helfen? Damit beschäftigt sich unser Titelthema.<br />

Unter anderem stellen wir einen Menschen vor, der<br />

von sich sagt, schon mehrfach großes <strong>Glück</strong> gehabt<br />

18<br />

zu haben. Ein Hirnforscher klärt darüber auf, wie<br />

Die Buchfabrik1838 ist durch eigene Verlagserfahrung<br />

seit dem Jahr 1838 ein verlässlicher Partner.<br />

Überzeugen Sie sich noch heute von unserem Angebot:<br />

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<strong>Glück</strong>sgefühle entstehen und Papst Franziskus gibt<br />

Tipps für ein glückliches Leben. Alles ab Seite 8.<br />

Zum <strong>Glück</strong>lichsein tragen menschliche Beziehungen<br />

bei. Dazu passt unsere Lebensfrage, die sich dies-<br />

22<br />

29<br />

Rhön Park-Hotel in Hausen-Roth<br />

Wandern Sie auf den Spuren des heiligen Franziskus durch die<br />

Rhön! Hier führt der Franziskusweg direkt am Hotel vorbei und Sie<br />

können den Premium-Wanderweg „Hochrhöner“ pilgernd erleben.<br />

Ihr Rhön Park-Hotel<br />

Inmitten sanfter Hügellandschaften, umgeben von intakter Natur,<br />

Ruhe und Weite liegt das Rhön Park-Hotel. Sie übernachten in den<br />

komfortablen und großzügigen Appartements (Studio) und ge nießen<br />

die gesunde Rhöner Küche mit ihren regionalen Produkten. Zur Regeneration<br />

steht der gesamten Familie der große In- und Outdoor-<br />

Schwimmbereich mit angeschlossener Wellness-Oase zur Verfügung.<br />

Die Kinder werden täglich betreut und haben freien Eintritt in<br />

das 1.200 m² große Indoor-Spielparadies.<br />

Das Haus ist auch ein beliebter Gastgeber für christl. Familienfreizeiten,<br />

Chor-Ausflügler und christl. Tagungen für bis zu 250 Teilnehmer!<br />

Beispiel Studio<br />

Familienspaß in der Rhön<br />

BIS ZU 3 KINDER<br />

BIS 12 JAHRE FREI<br />

Jeden Mittwoch:<br />

Führung Franziskusweg mit Pater Rainer vom Kloster Kreuzberg<br />

(ohne Gebühr).<br />

5-tägige Reise<br />

ab € 199.- p. P.<br />

Inkl. Halbpension<br />

3 Nächte zahlen –<br />

4 Nächte reisen in Saison A<br />

Ferientermine buchbar<br />

Preise & Termine 2015 in €/p. P. im App.<br />

Anreise: täglich 3 4 7<br />

Anreisezeiträume Nächte Nächte Nächte<br />

A 03.11. – 19.12.15 199.- 199.- 339.-<br />

B<br />

05.06. – 18.07.15,<br />

07.09. – 01.10.15<br />

229.- 279.- 399.-<br />

C<br />

19.07. – 06.09.15,<br />

02.10. – 02.11.15<br />

249.- 299.- 409.-<br />

D 22.12. – 26.12.15 299.- 359.- 609.-<br />

Buchungscode: D97B01A<br />

Hinweis: 12.07 – 31.08. nur für 7 Nächte buchbar. Wunschleistungen<br />

p. P./Nacht: Zuschlag 2-Raum-Appartement mit 1-2 Kindern:<br />

€ 10.-. 2-Raum-Appartement mit 3 Kindern zuschlagfrei! Zusatzkosten<br />

pro Tag (zahlbar vor Ort): Garage ca. € 3.50/Tag, Babysitter<br />

(auf Anfrage): ca. € 8.-/Stunde, Haustiere erlaubt (ohne Futter,<br />

Voranmeldung erforderlich): ca. € 12.-/Tag. Kinderermäßigung:<br />

Bei Unterbringung im Appartement mit 2 Vollzahlern erhalten<br />

1-3 Kinder bis 12 Jahre 100 % und von 13-15 Jahre 50 % Ermäßigung.<br />

Änderungen vorbehalten, es gelten unsere AGBs und die Reisebestätigung, die Sie nach Buchung erhalten. Daraufhin wird eine Anzahlung von 20 % (min. € 25.-) auf den Reisepreis fällig. Restzahlung 30 Tage vor Reiseantritt, anschließend<br />

erhalten Sie Ihre Reiseunterlagen. Reiseveranstalter Mediplus Reisen, eine Marke der Mediplus GRUPPE GmbH, Herbert-Rabius-Straße 26, 53225 Bonn. Die gestrichenen Preise entsprechen den regulären Preisen der Einzelleistungen.<br />

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0228 – 688 33 500<br />

Ortstarif | Servicetzeiten täglich von 8.00 – 22.00 Uhr<br />

Kennziffer 20/414<br />

Inklusivleistungen pro Person<br />

• Übernachtungen im 1-Raum-Appartement (Studio)<br />

• Tägl. reichhaltiges Frühstücksbuffet<br />

• Tägl. kalt-warmes Buffet am Abend<br />

• Tägl. Softdrinks für Kinder zum Abendessen<br />

• Tägl. Eintritt in das Kinder-Indoor-Spielparadies<br />

• Tägl. Eintritt in das Erlebnisbad Rother Lagune<br />

• 1x Eintritt in die Sauna-Erlebniswelt<br />

• Teilnahme am Animationsprogramm ab 12 Jahren<br />

• Junior Club von 7 – 11 J. mit Animationsprogramm<br />

• Kinderbetreuung (tägl. 9 – 14 Uhr, für Kinder bis 7 J.)<br />

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www.mediplusreisen.de<br />

oder in Ihrem Reisebüro<br />

fOTO titel: photocase.com: marqs<br />

mal mit dem Thema Freundschaft beschäftigt. Ein<br />

uraltes Thema übrigens, das auch schon in der Bibel<br />

eine Rolle spielt. Mehr darüber ab Seite 20.<br />

Dass menschliches Miteinander wichtig ist, weiß<br />

auch Claus Hipp. Der Babykost-Hersteller hat fünf<br />

Kinder und zwölf Enkel und beantwortet in dieser<br />

Ausgabe die Jes-Gretchenfrage (Seite 25).<br />

Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen<br />

Volker Röpke, Redaktion Jes<br />

Wenn Sie uns schreiben wollen:<br />

Redaktion Jes, Domhof 24, 31134 Hildesheim, redaktion@jes-magazin.de<br />

www.jes-magazin.de<br />

08<br />

13<br />

14<br />

06<br />

18<br />

20<br />

22<br />

24<br />

26<br />

29<br />

30<br />

Titelthema<br />

Was uns glücklich macht<br />

10 Tipps vom Papst<br />

Dopamin und Opiate<br />

Gute Nachrichten<br />

Rock den Dom mit Jupiter Jones<br />

Seele & Leib<br />

Buntes Treiben zu Fronleichnam<br />

Lebensfrage<br />

Freundschaft – Klasse statt Masse<br />

Rauszeit<br />

Kunst am Teufelsmoor<br />

Ehrensache<br />

Hilfe im Antragsdschungel<br />

Katholisch kompakt<br />

Was ist das Paradies?<br />

Kolumne<br />

Brodowy über <strong>Glück</strong><br />

Termine<br />

Internationale Jugendbegegnung<br />

Jes 03 . 2015<br />

3


fOTO: Fotolia.com: edler von rabenstein<br />

Lila-Launefeld<br />

Ein leichter Wind weht den aromatischen Duft von Lavendel herüber. Hier<br />

und jetzt. Greifbares <strong>Glück</strong>. Ob an diesem mediterranen Sehnsuchtsort oder<br />

irgendwo auf der Welt – das Paradies ist immer dort, wo wir den Augenblick<br />

genießen können. Wer seine Augen und alle anderen Sinne auf diese Weise<br />

trinken lässt, legt auch gleichzeitig einen farbenfrohen Erinnerungsvorrat<br />

für später an: Vielleicht wird er eines Tages im Alltagsgrau gebraucht.<br />

fOTO: xxxxxxxx<br />

4<br />

Jes 03 . 2015 Jes 03 .. 2015<br />

5


Gute Nachrichten<br />

1.470<br />

Kilometer beträgt die Strecke des ökumenischen<br />

Pilgerwegs für Klimagerechtigkeit. Sie<br />

führt von Flensburg zur UN-Klimakonferenz<br />

nach Paris. Die Pilger machen sich<br />

am 13. September unter dem Motto „Geht<br />

doch!“ auf den Weg, um in 12 Wochen-<br />

Etappen an ihr Ziel zu gelangen. Auch<br />

Sternwanderungen, die auf den Pilgerweg<br />

zulaufen, sind geplant. Der Pilgerweg<br />

möchte spirituelle Besinnung mit politischem<br />

Engagement verbinden und darauf<br />

aufmerksam machen, wo intensive Bemühungen<br />

zum Klimaschutz nötig sind.<br />

Infos unter www.klimapilgern.de<br />

Reliki macht Spaß<br />

Gute Seiten im Netz gibt es viele. Bei Kinderseiten<br />

wird es schon enger. Sollen dann noch Informationen<br />

über Beten und Bibel erklärt werden, wird es schnell<br />

zappenduster. Eine absolute Ausnahme ist da Reliki.<br />

de. Auf der Webseite des Bistums Osnabrück für ganz<br />

Deutschland wird Wissenswertes über Taufe, Schöpfungsgeschichte<br />

und Schutzengel, ja sogar ernste<br />

Themen wie Tod und Beerdigung, ohne jeden Zeigefinger,<br />

dafür jedoch gekonnt multimedial vermittelt.<br />

Und weil Religion und Kirche auf Reliki so viel Spaß<br />

machen, wurden dort zuletzt auch etliche Erwachsene<br />

gesichtet, die sich durch die vielen Fragespiele, bunten<br />

Puzzles und lustigen Memorys geklickt haben.<br />

www.reliki.de<br />

Rock den Dom<br />

Jugendfestival mit<br />

Jupiter Jones<br />

Besser können Sommerferien gar nicht starten: Vom 24. bis<br />

26. Juli verwandelt das Jugendfestival „Rock den Dom“ die ehrwürdige<br />

Bischofsstadt zur Partymeile für alle Jugendlichen ab<br />

14 Jahren. An diesem ersten Ferienwochenende locken unter<br />

anderem Poetry Slam, Tanz- und Musikworkshops, Kunst und<br />

Kultur. Außerdem gibt’s Livemusik der Band „Ich Kann Fliegen“<br />

und von TV-Allrounder und Sänger Julian Sengelmann.<br />

Höhepunkt im Dom ist der Jugendgottesdienst mit Bischof<br />

Norbert Trelle und die „Nacht der Lichter“. Am Samstag wird’s<br />

dann extra-rockig: Beim Open-Air-Konzert auf dem Domhof<br />

treten „Jupiter Jones“ auf, die mit ihrem Song „Still“ wochenlang<br />

die deutschen Charts bevölkerten.<br />

Tickets für das komplette Festivalwochenende kosten 20 Euro. Wer<br />

nur zum Jupiter Jones Konzert am Samstag kommen möchte, zahlt<br />

10 Euro Eintritt, zzgl. VVK. Infos und Tickets: www.rock-den-dom.de<br />

Angelina Jolie beim Papst<br />

Angelina Jolie (39), Regisseurin<br />

und Schauspielerin, freute sich<br />

über ihren Besuch bei Papst<br />

Franziskus. Dabei präsentierte sie<br />

ihm das Drama „Unbroken“, das<br />

vom Lauftalent und Kriegsveteran<br />

Louis Zamperini handelt. „Es<br />

ist eine große Ehre ‚Unbroken‘<br />

im Vatikan zeigen zu dürfen<br />

und zeugt von großem Respekt<br />

für Louis’ Leben und Wirken als<br />

Mann des Glaubens.“ Papst Franziskus<br />

bedankte sich dafür bei<br />

ihr mit einem Rosenkranz.<br />

FOTO: sven sindt; panorama entertainment<br />

FOTOS: picture alliance; KNA-Bild; KiZ/edmund deppe<br />

» Der Glaube hält mich am Boden.«<br />

Rihanna (26), Sängerin und Grammy-Gewinnerin<br />

aus Barbados, schöpft aus dem christlichen<br />

Glauben Kraft und Zuversicht: Weil er sie auf dem<br />

Boden hält, kann sie mit den Gefahren des Ruhms<br />

gut umgehen. Angst vor dem Unbekannten ist<br />

Rihanna jedoch nicht fremd. Sie kennt aber ein<br />

Gegenmittel: Wenn man Gott die komplette<br />

Kontrolle übergibt, sei es einfacher, furchtlos zu<br />

sein, sagte die Sängerin gegenüber dem Magazin<br />

„Harper’s Bazaar“.<br />

» Ich bete jeden Tag.«<br />

José Mourinho (52), portugiesischer Trainer des<br />

FC Chelsea und selbst ehemaliger Fußballspieler,<br />

ist nach eigenen Worten sehr gläubig und betet<br />

täglich. „Ich bete für meine Familie. Für meine<br />

Kinder, für meine Frau, für meine Eltern, für <strong>Glück</strong><br />

und ein gutes Familienleben,“ Eines aber tue er<br />

nie: „Ich bete nie über Fussball zu ihm. Nie!“<br />

Wenn er im Ausland sei, gehe er nicht jede Woche<br />

in den Gottesdienst. „Ich gehe dann, wenn ich das<br />

Bedürfnis dazu habe. Doch wenn ich in Portugal<br />

bin, gehe ich immer,“ sagte der Fußball-Experte<br />

im britischen „Telegraph“.<br />

» Ich bin manchmal besorgt,<br />

wenn ich Äußerungen von Christen<br />

höre, die weniger als liebevoll sind ...«<br />

Barack Obama (53), US-Präsident, hat das Verhalten<br />

mancher Vertreter der christlichen Rechten in<br />

seinem Land kritisiert, das aus seiner Sicht wenig<br />

christlich sei. Papst Franziskus lobte er: Dessen<br />

Beispiel „ermutigt, den Frieden zu suchen, den<br />

Menschen an den Rändern zu dienen und gute<br />

Statthalter von Gottes Schöpfung zu sein.“<br />

»Den Garten des Paradieses betritt man nicht mit den<br />

Füßen, sondern mit dem Herzen.« Bernhard von Clairvaux<br />

Gott am Flughafen<br />

Ab in den Urlaub – da packen viele Reisende<br />

am Flughafen Hannover gerne den<br />

Segen der ökumenischen Flughafenseelsorge<br />

mit ins Handgepäck. Ein sechsköpfiges<br />

Seelsorge-Team ist darum mit mobilen<br />

Ständen und mehrsprachigen Segensheftchen<br />

in den Terminals unterwegs. Und<br />

zwischen Terminal A und B steht Besuchern<br />

24 Stunden am Tag eine Kapelle offen fürs<br />

Innehalten und Runterkommen. Eine Oase<br />

der Stille zwischen Duty-Free und Kofferschleppen,<br />

schreiben viele ins Gästebuch.<br />

Aber Flughafenseelsorge heißt auch: Im<br />

Notfall bereitstehen, Todesnachrichten<br />

überbringen, Angehörige betreuen und vor<br />

den Medien schützen.<br />

Zehn Jahre alt wird die Flughafenseelsorge<br />

am Flughafen Hannover dieses Jahr – und<br />

sucht junge, offene Ehrenamtliche für eine<br />

Verjüngungskur.<br />

Kontakt: Pastor Ulrich Krämer, Telefon 0511 1241621<br />

oder ulrich.kraemer@evlka.de<br />

6 Jes 03 . 2015 Jes 03 . 2015 7


Titelthema<br />

welch ein <strong>Glück</strong>!?<br />

Geld macht nicht glücklich – das ist nicht nur ein billiger Trost<br />

der Besitzlosen, sondern eine wissenschaftlich festgestellte<br />

Tatsache. Doch was macht glücklich? Und kann man überhaupt<br />

etwas für sein <strong>Glück</strong> tun? Eine <strong>Glück</strong>sbetrachtung.<br />

Das Königreich Bhutan liegt zwischen China und Indien<br />

und hat rund eine Million Einwohner. Es ist ein armes<br />

Land, aber ein glückliches. Das „Bruttoinlandsglück“<br />

wird regelmäßig statistisch gemessen, und ein „Minister<br />

für <strong>Glück</strong>“ kümmert sich um das Wohlergehen der Bewohner.<br />

In der amerikanischen Verfassung ist das „Streben nach<br />

<strong>Glück</strong>“ als ein unveräußerliches Recht eines jeden Bürgers verankert.<br />

Auch einige südamerikanische Länder haben <strong>Glück</strong> als<br />

Staatsziel formuliert.<br />

<strong>Glück</strong>lich sein wollen wir alle, doch <strong>Glück</strong> ist ein flüchtiges<br />

Gut – mit und ohne staatliche Unterstützung. Und vor allem<br />

lässt sich <strong>Glück</strong> nicht zwingen. „Wer unbedingt glücklich sein<br />

will, wird es definitiv nicht werden“, sagt Professor Dr. Jürgen<br />

Manemann, Direktor des katholischen Forschungsinstituts<br />

für Philosophie Hannover. Dennoch kann man etwas für sein<br />

<strong>Glück</strong> tun. Zum Beispiel, eine gelassene Offenheit und Neugierde<br />

entwickeln. Und in Kontakt mit anderen Menschen<br />

treten. „Tragfähige Beziehungen sind ein Garant für <strong>Glück</strong>serfahrungen.<br />

Auch die Liebe zur Natur und eine relativ gute Gesundheit<br />

helfen dabei, <strong>Glück</strong> zu erleben“, sagt Manemann.<br />

Ungleiche <strong>Glück</strong>sverteilung<br />

Drei <strong>Glück</strong>sarten<br />

Was ist <strong>Glück</strong>? Der Lottogewinn, die gut überstandene<br />

Operation, das Staunen beim Anblick eines Dreitausenders?<br />

<strong>Glück</strong>serfahrungen gibt es viele. Die Wissenschaft<br />

unterscheidet drei Arten.<br />

Augenblicksglück<br />

Ich fühle mich überwältigt, wenn ich in den Sternenhimmel<br />

blicke, es durchströmt mich, wenn ich meinem<br />

Hund durchs Fell streichele, ich werde ganz leicht, wenn<br />

ich in einer Bergwand hänge und unter mir auf das Tal<br />

blicke – es sind tiefe <strong>Glück</strong>smomente, die oft nur von<br />

ganz kurzer Dauer sind, aber die sich einprägen und uns<br />

lange begleiten. Dieses <strong>Glück</strong> erreicht uns zufällig, es<br />

lässt sich nicht „herstellen“ und ist kostenlos. Mancher<br />

macht in diesen Momenten regelrecht transzendente<br />

Erfahrungen. Diese Erlebnisse lassen sich nur begrenzt<br />

weitergeben, beim Erzählen darüber stoßen wir schnell<br />

an die Grenzen.<br />

fOTO: Fotolia.com: altanaka<br />

Geld hingegen macht nicht glücklich: Wie Forscher herausgefunden<br />

haben, steigt das <strong>Glück</strong>sempfinden ab einem Jahreseinkommen<br />

von rund 100.000 Euro nicht mehr. Im Gegenteil:<br />

Die Sorge um den Vermögenserhalt frisst einen Teil der<br />

<strong>Glück</strong>sgefühle wieder auf. Allerdings: Ganz ohne Geld <strong>geht</strong> es<br />

auch nicht. Der Mensch braucht finanzielle und gesellschaftliche<br />

Voraussetzungen, um ein gutes, gelingendes Leben führen<br />

zu können. Und zwar so viel, dass er über seine Grundbedürfnisse<br />

hinaus Möglichkeiten zu einer sinnvollen Lebensgestaltung<br />

hat. Dass ein vernünftiges Auskommen und eine gute Infrastruktur<br />

durchaus bedeutsam sind, zeigt ein Blick auf den<br />

<strong>Glück</strong>satlas, eine von der Deutschen Post in Auftrag gegebene<br />

Studie über <strong>Glück</strong> und Zufriedenheit in Europa. Während die<br />

Dänen auf einer Skala von 0 bis 10 einen Zufriedenheits-Wert<br />

von 8,8 erreichen, liegen die Bulgaren nur bei 3,7. Deutschland<br />

bewegt sich mit 7,2 Punkten im oberen Mittelfeld. Auch innerhalb<br />

der Bundesrepublik ist das <strong>Glück</strong>sempfinden unterschiedlich<br />

verteilt. Die Nordlichter fühlen sich zufriedener als<br />

die Ostdeutschen. Das korrespondiert mit den Einkommensund<br />

Sozialverhältnissen.<br />

Wie die Macher einer anderen Studie herausgefunden<br />

haben wollen, ist – statistisch betrachtet – der glücklichste<br />

Mensch eine gesunde, berufstätige, verheiratete Frau, die in<br />

einer großen Wohnung in Hamburg lebt. Die Frau ist zudem<br />

katholisch. Das führt uns zum Thema Religion. „Ein produktiver<br />

<strong>Glück</strong>sfaktor“, wie Professor Manemann weiß. „Religion<br />

gibt uns die Zuversicht, dass etwas sinnvoll sein kann, selbst<br />

wenn es nicht erfolgreich ist“, sagt er. Religiöse Menschen ha-<br />

<strong>Glück</strong> der Fülle<br />

Das <strong>Glück</strong> der Fülle ist die umfassendste <strong>Glück</strong>sart. Es<br />

<strong>geht</strong> dabei um das gelingende Leben. Welche Ziele habe<br />

ich? Welche Person möchte ich sein? Das <strong>Glück</strong> der Fülle<br />

beinhaltet positive wie negative Erfahrungen. Jedes Leben<br />

wird von guten und schlechten Dingen geprägt. Die<br />

große Frage: Fügt sich trotz mancher Brüche am Ende<br />

alles zu einem guten Ganzen zusammen? War nicht alles<br />

schlecht? Kann ich eine ausgeglichene Bilanz ziehen? Am<br />

<strong>Glück</strong> der Fülle kann jeder arbeiten, in dem er sich immer<br />

wieder neu ausrichtet. Eine Garantie für das <strong>Glück</strong><br />

der Fülle gibt es aber nicht.<br />

Wohlfühlglück<br />

<strong>Glück</strong>smomente lassen sich herstellen: ein heißer Espresso,<br />

ein Wellness-Wochenende im Luxushotel, ein spannendes<br />

Buch, eine Auszeit in der Hängematte, der Kauf<br />

einer neuen Hose. Wir können etwas dafür tun, zumindest<br />

ein wenig glücklicher zu sein, und eine ganze Industrie<br />

bietet ihre Dienste dafür an. Aber Achtung: Das Wohlfühlglück<br />

funktioniert nur bei mäßigem Gebrauch. Schnell<br />

wird aus dem Wohlfühlen Gewohnheit oder gar Sucht. Und<br />

mit der Häufigkeit der selbstgemachten <strong>Glück</strong>smomente<br />

nimmt der Grad der Zufriedenheit ab. Ist der erste Besuch<br />

im Spaßbad noch ein ganz besonderes Erlebnis, lässt uns<br />

der zwanzigste Aufenthalt beinahe kalt.<br />

8 Jes 03 . 2015<br />

Jes 03 . 2015 9


Titelthema<br />

ben die Hoffnung, dass es Alternativen zum Status quo gibt.<br />

Es sind vor allem auch die Begleiterscheinungen der Religion,<br />

die für ein <strong>Glück</strong>lichsein wichtig sind: in einer Gemeinschaft<br />

eingebettet sein, Beziehungen pflegen, feiern, miteinander<br />

singen. Alles wichtige <strong>Glück</strong>sfaktoren. Und das lässt sich messen:<br />

Christen sind statistisch betrachtet zufriedener als Atheisten,<br />

und Katholiken noch ein wenig mehr als Protestanten.<br />

Anleitungen für ein gelingendes Leben<br />

»Viele Menschen versäumen das<br />

kleine <strong>Glück</strong>, während sie auf das<br />

große vergebens warten.« Pearl S. Buck<br />

Man darf aber Religion nicht einfach mit <strong>Glück</strong> gleichsetzen.<br />

Das zeigt ein Blick in das Neue Testament. Dort kommt das<br />

Wort nicht ein einziges Mal vor. Doch auch wenn <strong>Glück</strong> nicht<br />

ausdrücklich in den Geschichten zu finden ist, so liefert die<br />

Bibel dennoch Anleitungen für ein glückliches Leben. Es entspannt<br />

sich dort zwischen guten und schlechten Erfahrungen.<br />

Regeln für ein glückliches Leben im Sinne eines gelingenden<br />

Lebens finden sich zum Beispiel in der Bergpredigt. Da ruft<br />

Jesus zu Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Friedfertigkeit<br />

auf und hält zu einem moralischen Handeln an. „Wir wissen,<br />

wenn wir uns moralisch verhalten, löst das ein gutes Gefühl<br />

aus“, erläutert Manemann. Selbstlosigkeit als <strong>Glück</strong>sbringer<br />

Nicht nur durch „gutes Handeln“ lassen sich <strong>Glück</strong>sgefühle<br />

wecken, sondern auch dadurch, dass wir uns Wohlfühloasen<br />

schaffen. Das Wohlfühlglück kann der Cappuccino oder<br />

das Glas Wein auslösen, das Sonnenbad oder der Jogginglauf.<br />

Doch das Herbeiführen von <strong>Glück</strong>smomenten kann auch danebengehen.<br />

Wer sich im Fernsehen das Traumschiff oder Rosamunde<br />

Pilcher anguckt, ist vielleicht für eineinhalb oder<br />

zwei Stunden vermeintlich glücklich. Wenn er anschließend<br />

das Gesehene mit seinem eigenen Leben vergleicht, <strong>geht</strong> es<br />

ihm aber unter Umständen noch elender als zuvor. Manemann:<br />

„Ich gönne jedem seine Auszeit und eine kurze Flucht<br />

in eine andere Welt. Aber diese Vorspiegelung von <strong>Glück</strong> macht<br />

unglücklich“. Unglücklich wird auch, wer – angeblich – wunschlos<br />

glücklich ist. <strong>Glück</strong> hat auch mit der Erfüllung von Wünschen<br />

zu tun. Aber wenn wir keine Wünsche mehr haben, keine<br />

Ziele, keine Sehnsucht mehr, dann kann sich auch nichts mehr<br />

erfüllen. Und <strong>Glück</strong> weicht bestenfalls einer Sattheit. „Wir werden<br />

immer zufriedener, aber keineswegs glücklicher. In den<br />

Studien zum <strong>Glück</strong> wird <strong>Glück</strong> mit Zufriedenheit gleichgesetzt,<br />

die kann man ja auch messen. Aber <strong>Glück</strong> ist nicht nur mehr,<br />

sondern immer auch etwas anderes als Zufriedenheit. Im Augenblicksglück<br />

blitzt davon etwas auf“, so Manemann. Unter<br />

den Umständen zufriedener Sattheit wird es schwierig, auch<br />

nur das <strong>Glück</strong> des Augenblicks zu erleben: den Schmetterling<br />

auf der Hand, das Lachen des Kindes, den Sonnenuntergang.<br />

Manemann: „Große <strong>Glück</strong>serfahrungen haben oft mit ganz<br />

kleinen Dingen zu tun, die uns häufig umsonst gegeben sind“.<br />

Mehr zum Thema gibt es unter<br />

www.jes-magazin.de<br />

J matthias bode<br />

Gehe ruhig und gelassen durch Lärm und Hast und sei des Friedens<br />

eingedenk, den die Stille bergen kann. Vertrage dich mit allen<br />

Menschen, möglichst ohne dich ihnen auszuliefern. Äußere deine<br />

Wahrheit ruhig und klar und höre anderen zu, auch den Geistlosen<br />

und Unwissenden, denn auch sie haben ihre Geschichte. Meide laute<br />

und aggressive Menschen. Für den Geist sind sie eine Qual. In deinen<br />

geschäftlichen Angelegenheiten lasse Vorsicht walten, denn die Welt<br />

ist voller Betrug. Doch soll das dich nicht blind machen für vorhandene<br />

Rechtschaffenheit. Viele Menschen bemühen sich, hohen Idealen<br />

zu folgen und überall ist das Leben voller Heldenmut. Sei du selbst. Vor<br />

allem heuchle nicht Zuneigung und sei, was die Liebe anbelangt, nicht<br />

zynisch. Denn trotz aller Dürre und Enttäuschung ist sie doch ewig wie<br />

das Gras. Nimm freundlich und gelassen den Ratschluss der Jahre an<br />

und gib mit Würde die Dinge der Jugend auf. Stärke die Kraft des Geistes,<br />

damit er dich bei unvorhergesehenem Unglück schütze, aber quäle dich<br />

nicht mit Gedanken. Viele Ängste kommen aus Ermüdung und Einsamkeit.<br />

Neben einem gesunden Maß an Selbstdisziplin sei gut zu dir. Du<br />

bist nicht weniger ein Kind des Universums, als es die Bäume und die<br />

Sterne sind. Du hast ein Recht, hier zu sein. Und, ob dir dies klar ist oder<br />

nicht: Kein Zweifel besteht, dass das Universum sich so entfaltet, wie es<br />

sich entfalten soll. Darum lebe in Frieden mit Gott, wie auch immer du<br />

ihn verstehst. Was auch immer dein Sehnen ist: Halte in der lärmenden<br />

Wirrnis des Lebens mit deiner Seele Frieden. Trotz aller Falschheit, trotz<br />

aller Mühen und all der zerbrochenen Träume ist es eine schöne Welt.<br />

Sei vorsichtig und strebe danach, glücklich zu sein.<br />

Desiderata, Aus der alten St.-Pauls-Kirche, Baltimore 1692 (gekürzt)<br />

10 Jes 03 . 2015<br />

Jes 03 . 2015<br />

11


Titelthema<br />

Mitbringsel aus dem Paradies<br />

<strong>Glück</strong>sbringer: Tradition und Aberglaube<br />

Vierblättriges Kleeblatt<br />

Evas Andenken aus dem Paradies soll ein<br />

vierblättriges Kleeblatt gewesen sein.<br />

Daher der Aberglaube, dass jeder glückliche<br />

Finder dieser Rarität ein Stück vom<br />

Paradies in seinen Händen hält.<br />

<strong>Glück</strong>sschwein<br />

Schornsteinfeger<br />

So <strong>geht</strong> <strong>Glück</strong><br />

10 Tipps von Papst Franziskus<br />

Was braucht der Mensch für ein glückliches Leben? Diese<br />

Frage stellte das argentinische Magazin Viva Papst Franziskus.<br />

Jes dokumentiert seine Antworten leicht gekürzt.<br />

Was im Königreich Bhutan<br />

Realität ist, existiert hierzulande<br />

als Kunstprojekt: das<br />

„Ministerium für <strong>Glück</strong> und<br />

Wohlbefinden“. 2012 entwickelten<br />

Studenten der Hochschule<br />

Mannheim die Idee, ein solches<br />

Ministerium ins Leben zu rufen,<br />

bis heute betreibt Gina Schöler<br />

die Kampagne weiter. Die Kommunikationsdesignerin<br />

nennt<br />

sich selbst „<strong>Glück</strong>sministerin“<br />

und ist europaweit unterwegs,<br />

um mit Menschen gemeinsam<br />

das <strong>Glück</strong> zu erarbeiten und<br />

greifbar zu machen. „Welche<br />

Werte zählen wirklich, wie wollen<br />

wir leben und was müssen<br />

wir dafür ändern?“, fragt sie.<br />

In Form von Vorträgen, Workshops<br />

oder interaktiven Aktionen<br />

zeigt sie auf, wie viel Spaß<br />

es machen kann, sich um das<br />

gute Leben zu kümmern – eine<br />

Idee, die auf ein großes Echo<br />

stößt. Unter anderem konnte<br />

Schöler ihre Ideen schon Bundestagsmitgliedern<br />

vorstellen<br />

und auf Kongressen und Messen<br />

sprechen.<br />

www.ministeriumfuerglueck.de<br />

„Schwein gehabt“ hieß es im Mittelalter<br />

für den Ritter, der ein Turnier verlor –<br />

denn als Trostpreis gab’s ein Schwein.<br />

Ferkel gelten bis heute als <strong>Glück</strong>sbringer,<br />

weil sie als Allesfresser nicht wählerisch<br />

sind, ihre Genügsamkeit sie aber dennoch<br />

fett und wertvoll werden lässt.<br />

Marienkäfer<br />

Der Name „Marienkäfer“ leitet sich von der<br />

Gottesmutter Maria ab. Möglicherweise<br />

wegen seiner oftmals sieben schwarzen<br />

Punkte auf den roten Flügeln, die mit den<br />

sieben Schmerzen der Jungfrau Maria in<br />

Verbindung gebracht wurden. Im Volksglauben<br />

sandte Maria diese Käfer, um<br />

Schädlinge zu vertilgen und die Ernten zu<br />

retten. Der Schaden abwendende Marienkäfer<br />

wurde zum <strong>Glück</strong>sbringer. Ältere<br />

Sagen sahen im Marienkäfer den Beschützer<br />

vor Hexen und Unheil.<br />

Der Schornsteinfeger hat es weit<br />

gebracht: Zunächst wegen des<br />

rußgeschwärzten Gesichts auf einer<br />

Stufe mit dem Teufel stehend,<br />

überwog irgendwann sein Nutzen.<br />

Ein sauberer Kamin verringerte die<br />

Brandgefahr. Dadurch war indirekt<br />

der Besitz geschützt. Dies trug zum<br />

<strong>Glück</strong> der Hausbewohner bei.<br />

Scherben<br />

Beim Polterabend oder bei Schiffstaufen<br />

gilt: „Scherben bringen<br />

<strong>Glück</strong>.“ Mit dem Lärm sollen böse<br />

Geister vertrieben werden, um eine<br />

glückliche Zukunft ansteuern zu<br />

können. Der Brauch, Porzellan oder<br />

Ähnliches zu zerschlagen, <strong>geht</strong> vermutlich<br />

auf alte Opferrituale zurück,<br />

bei denen am Ende Opferschalen<br />

zerschlagen wurden.<br />

fOTOs: gina schoeler; Fotolia.com: gertudda<br />

fOTO: reuters/giampero Sposito<br />

1.<br />

2.<br />

3.<br />

4.<br />

5.<br />

Leben und leben lassen. Wer sein Leben<br />

selbst in die Hand nimmt, sich weiterentwickelt<br />

und anderen dies auch zugesteht, befindet sich<br />

auf dem Weg zu Frieden und <strong>Glück</strong>.<br />

Seien Sie großzügig. Sich selbst und gleichzeitig<br />

allen Mitmenschen offen und wohlwollend<br />

begegnen – das bewahrt vor zu viel eigener Nabelschau<br />

und Egozentrik.<br />

Gewinnen Sie Gelassenheit. Besser als gemächlich<br />

fließendes Wasser in einen See münden,<br />

anstatt ein steinbeladener reißender Strom zu<br />

sein: Erst Ruhe und Demut sorgen für die nötige<br />

Gelassenheit im Leben.<br />

Gestalten Sie Ihre Freizeit. Nutzen Sie Feierabend,<br />

Wochenenden und Urlaube für ein echtes<br />

Miteinander: Gespräche, Spiele, gemeinsames Naturerleben,<br />

Kunst und Kultur – anstatt Fernseher,<br />

Computer oder Handy die Regie zu überlassen.<br />

Arbeiten Sie am Sonntag nicht. Nach Möglichkeit<br />

gehört dieser Tag der Familie.<br />

6.<br />

7.<br />

8.<br />

9.<br />

10.<br />

Unterstützen Sie die Jugend. Sorgen Sie<br />

dafür, dass sie würdige Berufe findet. Würde ist<br />

dir gegeben, wenn du Essen selbst nach Hause<br />

bringen kannst, von deiner eigenen Arbeit.<br />

Schützen Sie die Natur. Der Respekt vor unserer<br />

Umwelt ist vielfach verloren gegangen.<br />

Denken Sie positiv. Über andere schlecht zu<br />

reden zeugt von geringem Selbstwertgefühl: Ich<br />

fühle mich so klein, dass ich andere kleinhalten<br />

muss, anstatt mich selbst aufzuraffen.<br />

Respektieren Sie andere Religionen. Die<br />

Kirche wächst, indem sie attraktiv ist, nicht bekehrend,<br />

Das Schlimmste ist eine religiöse Bekehrung,<br />

die meint: Ich rede mit dir, nur um dich<br />

zu überreden.<br />

Bleiben Sie friedlich. Wir leben in einer Zeit<br />

vieler Kriege. Daher muss der Ruf nach Frieden<br />

lauter geschrien werden. Friede ist niemals ruhig.<br />

Der Frieden ergreift immer die Initiative und ist<br />

dynamisch.<br />

12 Jes 03 . 2015<br />

Jes 03 . 2015<br />

13


Titelthema<br />

glücksboten<br />

Die Frage nach dem <strong>Glück</strong> treibt auch die moderne Hirnforschung<br />

um. Was passiert unter der Schädeldecke, wenn wir glauben,<br />

glücklich zu sein? Der Göttinger Neurobiologe Gerald Hüther<br />

verweist auf die unterschiedlichen Dimensionen von <strong>Glück</strong>.<br />

Herr Professor Hüther, Sie sind dem <strong>Glück</strong> seit vielen Jahren<br />

auf der Spur. Lässt sich <strong>Glück</strong> überhaupt messen?<br />

Die Neurobiologen suchen nach sogenannten <strong>Glück</strong>sbotenstoffen,<br />

nach Dopamin und endogenen Opiaten, die in dem<br />

Moment, den wir für <strong>Glück</strong> halten, im Hirn eines Menschen<br />

vermehrt freigesetzt werden. Messbar ist dann eine Aktivierung<br />

des sogenannten Belohnungszentrums. Auf den Monitoren<br />

lässt sich erkennen, welche Bereiche im Hirn dann<br />

genau aktiv werden. Doch man macht es sich als Neurobiologe<br />

zu einfach, wenn man meint, man könnte allein anhand<br />

von Botenstoffen oder Aktivierungsprozessen, die im Gehirn<br />

mit diesem Zustand einhergehen, den wir <strong>Glück</strong> nennen, das<br />

<strong>Glück</strong> tatsächlich messen. Dabei ist oft noch viel mehr los im<br />

Hirn. Wer sich mit dem kleinen Geflacker im Belohnungszentrum<br />

nicht zufrieden geben will, wird feststellen, dass bei<br />

einem tieferen <strong>Glück</strong> auch andere Bereiche im Hirn und oft<br />

sogar über längere Zeit aktiviert werden, Areale, die bei kurzzeitiger<br />

<strong>Glück</strong>sbefriedigung entweder gar nicht betroffen<br />

sind oder schnell wieder erlöschen.<br />

Manchmal macht uns doch auch Schokolade glücklich, ein Paar<br />

neue Schuhe, ein größeres Auto oder auch ein Lottogewinn?<br />

Ja, es gibt tatsächlich tausend verschiedene Dinge, von denen<br />

die Menschen glauben, dass sie glücklich machen. Das kann<br />

das Paar Schuhe sein, die Briefmarkensammlung, der Sieg<br />

des Lieblingsvereins, die Joggingrunde durch den Wald oder<br />

auch die Tafel Schokolade. Wir müssten uns also erst einmal<br />

darüber verständigen, was wir unter <strong>Glück</strong> verstehen, bevor<br />

wir im Hirn danach suchen, was dort alles passiert.<br />

»<strong>Glück</strong>lich ist nicht, wer anderen<br />

so vorkommt, sondern wer sich<br />

selbst dafür hält.« Seneca<br />

kommt. Szenenwechsel: Ein anderes kleines Kind steht zum<br />

ersten Mal allein auf zwei Beinen, dafür hat es lange geübt.<br />

Das <strong>Glück</strong>sgefühl durchströmt den ganzen Körper, das Kind<br />

strahlt die Mutter an. Dieser <strong>Glück</strong>szustand ist weitaus komplexer.<br />

Das ist das Entscheidende: Dem Jungen mit dem<br />

Überraschungsei bleibt nur das schnelle <strong>Glück</strong>, eine Art Triumphgefühl.<br />

Ähnlich wie bei einem Lottogewinn oder beim<br />

Kauf eines neuen Autos. Das heißt, langfristig und nachhaltig<br />

wäre <strong>Glück</strong> ein Zustand, der dazu führt, dass ich mich<br />

selbst weiterentwickele, Stichwort: Selbsterkenntnis, dass<br />

es mir gelingt, in der Gemeinschaft mit anderen das <strong>Glück</strong><br />

zu finden, Stichwort: Nächstenliebe, und wenn ich es erreiche,<br />

mich in dieser Welt gehalten und im Einklang zu fühlen,<br />

Stichwort: Spiritualität.<br />

J karin Dzionara<br />

fOTO: gettyimages<br />

fOTO: Frnaziska Hüther<br />

Was genau ließe sich denn als <strong>Glück</strong> bezeichnen?<br />

Ein wichtiger Begriff in der Hirnforschung ist Kohärenz, das<br />

ist ein Zustand, in dem alles zusammenpasst und den auch<br />

das Gehirn anstrebt. Ein Idealzustand ohne jede Störung,<br />

den man im Leben eigentlich nie erreicht – das wäre <strong>Glück</strong>.<br />

Doch so lange wir lebendig sind, kommt es immer wieder zu<br />

Störungen. Schon wenn ich morgens die Augen aufmache,<br />

gelangen Signale ins Gehirn, die diese sogenannte Kohärenz<br />

stören. Jede Störung, jedes Problem veranlasst uns also, die<br />

Situation wieder auszugleichen. Gelingt uns das annähernd,<br />

wird im Hirn das Belohnungssystem aktiviert und wir fühlen<br />

uns gut. Im Laufe unseres Lebens entwickeln wir immer<br />

bessere Strategien, um genau das zu erreichen. Im Grunde<br />

ist das oft aber nur eine schnelle Befriedigung, ein billiger<br />

Ersatz. Wir gönnen uns etwas – und werden so zu Opfern unserer<br />

eigenen <strong>Glück</strong>sstrategien.<br />

Und was könnte uns wirklich glücklich machen?<br />

Ich versuche, das an einem sehr einfachen Beispiel deutlich<br />

zu machen. Ein kleiner Junge kommt mit seiner Mutter an<br />

der Supermarktkasse vorbei, sieht dort ein Überraschungsei<br />

und brüllt so lange, bis er die Süßigkeit schließlich be-<br />

Professor Dr. Gerald Hüther ist Neurobiologe am Zentrum<br />

für psychosoziale Medizin an der Psychiatrischen Klinik<br />

an der Universität Göttingen. Der prominente <strong>Glück</strong>sforscher<br />

und Autor zahlreicher wissenschaftlicher und<br />

populärwissenschaftlicher Publikationen plädiert für<br />

ein Umdenken in der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts.<br />

Jüngst ist sein neues Buch erschienen: „Etwas mehr<br />

Hirn, bitte. Eine Einladung zur Wiederentdeckung der<br />

Freude am eigenen Denken und der Lust am gemeinsamen<br />

Gestalten.“, Vandenhoeck & Ruprecht, 19,99 Euro.<br />

14 Jes 03 . 2015<br />

Jes 03 . 2015<br />

15


Pilgerreise<br />

Titelthema<br />

<strong>Glück</strong> ist kein Zufall<br />

Mehr als einmal hat der Braunschweiger Detlef Schötz <strong>Glück</strong><br />

gehabt – <strong>Glück</strong> im Unglück. Seitdem weiß er: Vieles ist im<br />

Leben gar nicht so wichtig.<br />

Detlef Schötz weiß, wie sich <strong>Glück</strong> anfühlt. Er war 18, als<br />

er sich mit einem Fiat 124 in einer S-Kurve mehrmals<br />

überschlug und das Auto schließlich auf dem Dach<br />

liegen blieb. Am Steuer des Wagens saß ein Freund, der ihn<br />

kurz zuvor an einer Bushaltestelle aufgesammelt hatte. Detlef<br />

Schötz erlebte das, was viele Menschen in Todesangst<br />

durchmachen: Ein Film seines bisherigen Lebens lief an ihm<br />

vorüber. Doch er musste nicht sterben. Es dauerte einige Minuten,<br />

bis er seinen Schock überwunden hatte. Dann kletterte<br />

er durch die zersplitterte Frontscheibe des Kleinwagens<br />

ins Freie. Die einzige Verletzung, die er davontrug, war eine<br />

Wunde am linken Handrücken – vermutlich hatte er sich an<br />

den Glassplittern geschnitten.<br />

Kopfüber auf eine Betonplatte<br />

Es war nicht das einzige Mal, dass Detlef Schötz <strong>Glück</strong> hatte.<br />

Schon als Baby überstand er einen Sturz aus dem Arm der<br />

Mutter mitten in gesplittertes Glas einer Milchflasche. Eine<br />

Narbe an der Stirn zeugt noch davon. 2009 stürzte er mit<br />

dem Kopf voraus vom Garagenboden auf eine Betonplatte.<br />

Auch dieser Unfall endete glimpflich. Er zog sich nur eine<br />

weitere Schnittwunde zwischen den Augenbrauen zu. Er hätte<br />

sich auch leicht das Genick brechen können.<br />

Für Detlef Schötz ist sein <strong>Glück</strong> mehr als Zufall. „Es geschieht<br />

nichts umsonst. Die Biografie eines Menschen hat<br />

einen Sinn“, sagt er. „Ich bin dankbar, dass ich immer wieder<br />

eine neue Chance bekommen habe. Ich habe ein tiefes Vertrauen<br />

zu Gott entwickelt“, erzählt er. Schötz ist seit seinem<br />

Dreimal <strong>Glück</strong> im<br />

Unglück: Detlef Schötz<br />

ist dankbar, dass er<br />

immer wieder eine<br />

Chance bekommen hat.<br />

Autounfall gelassener geworden: „Man merkt, dass vieles im<br />

Leben gar nicht so wichtig ist“. Und er hat ein besonderes Verhältnis<br />

zu Engeln entwickelt. „Als wir uns mit dem Auto überschlagen<br />

haben, habe ich meinen Schutzengel am Waldrand<br />

gesehen“, sagt Schötz. Er weiß, dass sich das für manchen, der<br />

das hört oder liest, etwas eigenartig anhören mag. Aber das<br />

kümmert ihn nicht.<br />

Schötz, Vater von drei Kindern, arbeitet heute als hauptberuflicher<br />

Diakon in St. Aegidien in Braunschweig. Er verteilt<br />

Lebensmittel an Bedürftige, kümmert sich um eine Kleiderkammer,<br />

lädt Obdachlose zum Frühstück ein. Die Menschen,<br />

mit denen er zu tun hat, sind häufig drogensüchtig, alkoholkrank,<br />

sozial schwach. „Es gibt für jeden eine Hoffnung,<br />

ein Licht. Wir Menschen werden Gott nicht los“, sagt er. Eine<br />

Erfahrung, die er selbst gemacht hat. Und er ist überzeugt:<br />

„Wirkliches <strong>Glück</strong> erfahren wir nur im Unglück.“<br />

J matthias bode<br />

fOTO: fotolia.com: friedberg; matthias Bode<br />

HeimSuchungen<br />

Die Menschen hungern, leben in Angst, verlieren<br />

ihre Heimat. Persönlich und berührend schildern<br />

zehn Männer und Frauen, wie sie Flucht und<br />

Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg erlebt<br />

und im Bistum Hildesheim eine neue Heimat<br />

gefunden haben.<br />

Ein Zeitzeugen-Projekt im Rahmen des<br />

Jubiläums 1200 Jahre Bistum Hildesheim.<br />

Bestellung<br />

Bernward Medien GmbH, Medienservice<br />

Domhof 24, 31134 Hildesheim<br />

Telefon 05121 307-800<br />

medienservice@bistum-hildesheim.de<br />

oder unter www.domshop-hildesheim.de<br />

Gefördert von der Klosterkammer Hannover und dem<br />

Verein für Geschichte und Kunst im Bistum Hildesheim<br />

www.bistumsjubilaeum-hildesheim.de<br />

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Die KirchenZeitung mit 50 % Rabatt<br />

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Jung. Katholisch. Und immer ganz nah dran.<br />

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KirchenZeitung<br />

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03 . 2015<br />

Hildesheim<br />

17<br />

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Seele & Leib<br />

Aus dem Kloster<br />

und der Rauke kurz vor dem Servieren<br />

zum Risotto geben. Nochmals<br />

abschmecken, in Schälchen geben und<br />

nach Wunsch mit Kapuzinerkresseblüten<br />

dekorieren. Wer es opulenter<br />

mag, kann den Risotto mit Parmesan<br />

und Pinienkernen servieren.<br />

Sommerduft im Säckchen<br />

Im Klostergarten der Abtei Fulda blüht<br />

in diesen Tagen der Lavendel. In kleinen<br />

handgenähten, bunten Säckchen abgepackt<br />

verschicken die Benediktinerinnen<br />

den Blütenduft über ihren Online-Shop in<br />

die ganze Republik. 3,80 Euro pro Stück<br />

www.abtei-fulda.de/shop<br />

Rezept und Bild entnommen aus „Wildkräuter“<br />

von Ralf Hiener und Olaf Schnelle,<br />

ISBN: 978-3-7750-0540-1, © Hädecke Verlag<br />

Pure Kraft<br />

Buntes Treiben<br />

In manchen Gegenden gehören Blumenteppiche<br />

an Fronleichnam zum festen<br />

Brauchtum. Aus den Blüten lässt sich auch<br />

ein farbenfrohes Festtagsmenü zaubern.<br />

Die Fronleichnamsfeier, an der Katholiken 60 Tage nach<br />

dem Ostersonntag die leibliche Gegenwart Jesu Christi<br />

im Brot des Abendmahls feiern, ist auch ein Fest für die<br />

Augen. Dies gilt hierzulande sowohl für den Norden, wo Katholiken<br />

mit Fahnen durch die Straßen hin zu geschmückten<br />

Kirchen prozessieren, als auch für den Südwesten der Republik,<br />

wo es wie in Mühlenbach in vielen Gemeinden Brauch ist,<br />

Blüten auf den Wiesen zu pflücken und zu Blumenteppichen<br />

zu verarbeiten. Eine hohe Symbolkraft haben sie ohnehin.<br />

Bereits seit der Antike sind die bunten, zarten Blüten ein<br />

Sinnbild von Schönheit und Leben, aber auch von Vergänglichkeit.<br />

Und weil sich aus ihnen Früchte entwickeln, stehen<br />

sie häufig auch für Hoffnung.<br />

In unserer Ernährung haben Blüten lange Zeit eine eher<br />

untergeordnete Rolle gespielt. Das hat sich in den vergangenen<br />

Jahren geändert. Immer mehr Köche greifen auf die<br />

bunten Pflanzenteile zurück – zum einen als Tellerdekoration,<br />

zum anderen aber auch als Zutat in Sommersalaten, Suppen<br />

oder Desserts. Als besonderer Hingucker machen sich<br />

beispielsweise Veilchen, Gänseblümchen oder Lavendel in<br />

Eiswürfeln für sommerliche Erfrischungsgetränke. Und wer<br />

Kapuzinerkresse mit Butter und etwas Salz vermengt, bekommt<br />

eine fruchtig, scharfe Zugabe zum Grillfleisch. Dabei<br />

haben viele Blüten nicht nur ein interessantes Aroma, sondern<br />

oftmals auch eine heilende Wirkung.<br />

Blüten auf den Teller<br />

Der Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt. Dabei ist es erstaunlich,<br />

wie viele Blüten tatsächlich essbar sind. Neben<br />

Löwenzahn, Gänseblümchen oder Schafgarbe können etwa<br />

auch Begonien, Dahlien oder Chrysanthemen auf den Teller.<br />

Wer sich nicht sicher ist, findet auf Ratgeberseiten im Internet<br />

wie zum Beispiel www.bio-gaertner.de oder in Büchern<br />

Antworten. Schließlich gibt es auch einige giftige Blüten, die<br />

keineswegs gegessen werden sollten – Pfingstrosen zum Beispiel,<br />

Fingerhut oder Engelstrompeten.<br />

Blüten sind sehr empfindlich. Deshalb sollten sie frisch gepflückt<br />

verarbeitet werden – idealerweise sammelt man sie<br />

vormittags im eigenen Garten ein, wenn die Knospen gerade<br />

aufgehen. Dann kann man sich auch sicher sein, dass die<br />

Pflanzen mit keinen Giftstoffen in Berührung gekommen sind.<br />

Auch Wiesen, die nicht direkt an größeren Straßen liegen, eignen<br />

sich zum Sammeln. Dem farbenfrohen Blütenmenü steht<br />

dann nichts mehr im Wege – zum Fronleichnamsfest jedenfalls<br />

passt es besonders gut.<br />

J Stephan Fuhrer<br />

FOTO: Fotolia.coM: bygimmy<br />

FOTOs: Anne Freidanck „Wildkräuter“, Hädecke Verlag; Fotolia.com: tr3gi, Buriy<br />

blumiges reisgericht<br />

Risotto mit Gurke,<br />

Kapern und<br />

Kapuzinerkresse<br />

Für 4 Personen<br />

350 g Risottoreis (Vialone oder Arborio)<br />

1 fein gewürfelte Zwiebel<br />

4 EL Olivenöl, etwas Butter<br />

200 ml trockener Weißwein<br />

1600 ml heiße, kräftige Gemüsebrühe<br />

1 Salatgurke<br />

2 enthäutete und entkernte Tomaten<br />

60 g Kapern (Nonpareilles)<br />

evtl. eine Hand voll Rauke<br />

30 g Kapuzinerkresseblätter<br />

einige Kapuzinerkresseblüten<br />

100 ml geschlagene Sahne (Rahm)<br />

Salz, weißer Pfeffer aus der Mühle,<br />

Muskatnuss<br />

So wird’s gemacht:<br />

Zwiebelwürfel in Olivenöl und Butter<br />

glasig schwitzen, ungewaschenen<br />

Risottoreis zugeben und ebenfalls<br />

kurz anschwitzen. Salzen, mit Weißwein<br />

ablöschen und diesen vollständig<br />

einkochen lassen. Die Brühe in kleinen<br />

Mengen zum Risotto geben. Im Topf<br />

sollte es immer leicht köcheln, die<br />

Kochdauer beträgt etwa 20 Minuten.<br />

Die Gurke schälen, entkernen und in<br />

Würfel bzw. in Scheiben schneiden. Die<br />

Tomaten ebenfalls fein würfeln. Kurz<br />

bevor der Risotto gar ist, Gurke und<br />

Tomaten zugeben und kurz mitkochen.<br />

Die Kapuzinerkresseblätter in sehr feine<br />

Streifen schneiden, gemeinsam mit<br />

der geschlagenen Sahne, den Kapern<br />

Aloe, Zedernholz, Myrrhe, Rose von<br />

Jericho – die Hinweise auf Heilpflanzen<br />

sind in der Bibel zahlreich<br />

vertreten. Um an die Wirkstoffe zu<br />

kommen, wurden ätherische<br />

Öle gewonnen und anschließend<br />

beispielsweise zu Salben weiterverarbeitet.<br />

Das historische Wissen hat<br />

sich in der Naturmedizin bis heute<br />

gehalten. Noch immer setzen wir<br />

gerade bei kleineren Wehwehchen<br />

auf die Wirkung dieser hochkonzentrierten<br />

Essenzen: Eukalyptus zur<br />

Schleimlösung, Fenchel-Kümmel-<br />

Anis gegen Blähungen oder Kamille<br />

gegen Entzündungen. Einige Duftstoffe<br />

finden sich zudem in Parfüm,<br />

Badezusätzen oder Massageölen<br />

wieder. Eine wichtige Rolle spielen<br />

die ätherischen Öle auch bei der<br />

Aromatherapie, bei der Therapeuten<br />

Empfindungsstörungen behandeln.<br />

Gewonnen werden die Öle ähnlich<br />

wie beim Schnapsbrennen durch<br />

Destillation. Dabei wird den zerkleinerten<br />

Pflanzen in einem Brennkessel<br />

Wasserdampf zugeführt. Der<br />

Dampf treibt die Öle aus der Pflanze.<br />

Anschließend werden Wasser und Öl<br />

voneinander getrennt. Zurück bleibt<br />

die pure Heilkraft der Natur.<br />

J Stephan Fuhrer<br />

Aus dem Netz<br />

Zu gut für die Tonne<br />

Zum Wegwerfen zu schade – aber was<br />

soll man bloß mit den ganzen Resten im<br />

Kühlschrank anfangen? Die Internetseite<br />

www.zugutfuerdietonne.de des Bundesministeriums<br />

für Ernährung und Landwirtschaft<br />

weiß Rat – und hat jede Menge<br />

hervorragende Rezeptideen. Die Inhalte<br />

gibt es auch als kostenlose App, erhältlich<br />

in den App-Stores von Google und Apple.<br />

Aus dem Kalender<br />

Lecker Pfannkuchen!<br />

Traditionell am letzten Sonntag im Juli<br />

wird in Geeste das Buchweizenblütenfest<br />

im Emsland-Moormuseum gefeiert.<br />

Bekannt ist die Feier, die in diesem Jahr<br />

am 26. Juli von 10 bis 18 Uhr stattfinden<br />

wird, für ihre hervorragenden Buchweizenpfannkuchen.<br />

18 Jes 03 . 2015<br />

Jes 03 03 . . 2015<br />

19 19


Lebensfrage<br />

klasSe statt masse<br />

Mit den besten Freunden durch dick und dünn: Freundschaften<br />

werden viel beschworen, weil sie unser Leben bereichern.<br />

Selbst dann, wenn der Alltag manchmal holprig ist.<br />

»Facebook hilft, mit Leuten in<br />

Kontakt zu bleiben, die wir auch im<br />

echten Leben kennen. Mehr nicht.<br />

Wer glaubt, dass jeder Facebook-<br />

Kontakt ein Freund ist, der weiß<br />

nicht was Freundschaft bedeutet.«<br />

Marc Zuckerberg<br />

rühmtheit erlangte. Weniger bekannt ist jedoch, dass der<br />

leidgeprüfte Mann durch Feuer und Sturm um Besitz und<br />

Kinder gebracht wurde, Diebe ihm seine Kälber nahmen<br />

und er selbst an einem Hautausschlag erkrankte. Geblieben<br />

sind ihm jedoch drei Freunde: Elifas, Bildad und Zofar. Sie<br />

eilen sofort zu Hiob, setzen sich zu ihm in den Staub und<br />

halten sein Schweigen aus. Mehr noch: Sie wollen ihm nah<br />

sein und ihre Verbundenheit ausdrücken. Daher schweigen<br />

auch sie. Mit ihm. Sieben Tage und Nächte lang. Als Hiob<br />

endlich wieder spricht, hören sie zu und geben dadurch seiner<br />

Trauer Raum. Gleichzeitig sind sie kritische Gesprächspartner,<br />

die ihm nicht nach dem Mund reden. Freunde im<br />

besten Sinne also. Dass die Diskussion dieser vier Freunde<br />

dann leider doch noch eskaliert, steht dabei auf einem anderen<br />

Blatt: nachzulesen im Alten Testament der Bibel im<br />

Buch Hiob (oder Ijob). Damals wie heute „menschelt“ es<br />

eben selbst unter Freunden gewaltig, wenn Wortgefechte<br />

aus dem Ruder laufen, weil jeder dem anderen beweisen<br />

will, wie richtig man selbst liegt – und wie falsch der andere.<br />

Freundschaft belebt<br />

„Was sagt ihr, dass ich sei?“<br />

Wie die Welt Jesus Christus sieht<br />

18. Juli 2015 (16.30 Uhr) bis 19. Juli 2015 (15.30 Uhr)<br />

„Für wen haltet ihr mich?“, fragt Jesus von Nazaret seine Jüngerinnen<br />

und Jünger und stellt die Theologie vor eine große Herausforderung.<br />

Keine christliche Gemeinschaft kann sich der Frage<br />

entziehen: Wer ist eigentlich dieser Jesus Christus? Das Seminar<br />

<strong>geht</strong> der Frage nach, wie die Antwortversuche an verschiedenen<br />

Orten und Zeiten unterschiedlich ausfallen. Es werden<br />

lateinamerikanische, afrikanische, asia tische und westliche Entwürfe<br />

verglichen und diskutiert.<br />

Referent: Prof. Dr. Dr. Thomas Fornet-Ponse, Jerusalem<br />

Seminarleitung: Dr. Gregor<br />

Scherzinger, St. Jakobushaus<br />

Kosten: 59,– Euro p.P./DZ;<br />

73,– Euro p.P./EZ;<br />

35,– Euro p.P./DZ für Schüler/<br />

innen u. Studierende<br />

Reußstraße 4 | 38640 Goslar<br />

Tel. 0 53 21 34 26-0<br />

Fax 0 53 21 34 26-26<br />

info@jakobushaus.de<br />

www.jakobushaus.de<br />

Wie tragfähig Freundschaften sind, weiß jeder, der<br />

schon einmal umgezogen ist: Im Idealfall ist die<br />

Bude voll mit Helfern, und alle packen mit an. Doch<br />

tatsächlich findet sich am Umzugsmorgen nur ein Bruchteil<br />

der Freunde zum Kistenschleppen ein. Es sind die treuen<br />

Seelen, auf die man sich verlassen kann – andere verschlafen<br />

oder haben plötzlich „Rücken“. Wenn Not am Mann ist, sind<br />

echte Kumpel gegenüber ambivalenten Teilzeitfreunden rar<br />

gesät. Und die 287 Facebook-Freunde helfen auch nicht weiter.<br />

Enttäuschungen jener Art sind ärgerlich, sollten den eigenen<br />

Freundschafts-Blick aber nicht trüben: Mitfeiern können<br />

»Der beste Weg, einen Freund zu haben,<br />

ist der, selbst einer zu sein.«<br />

Ralph Waldo Emmerson<br />

eben immer viele; da sein, wenn es darauf ankommt, nur<br />

wenige. In Sachen echter Freundschaft zählt vor allem Klasse<br />

statt Masse. Es <strong>geht</strong> nicht darum, viele Freunde zu haben,<br />

sondern gute. „Ein Freund ist jemand, der deinen kaputten<br />

Zaun übersieht und stattdessen die Blumen in deinem Garten<br />

bewundert“ heißt es in einem englischen Sprichwort.<br />

Dies kann nur ein Mensch leisten, der es trotz seines Wissens<br />

um unsere Schattenseite gut mit uns meint. Und mal<br />

ehrlich: Möchten wir wirklich, dass die Gruppe der Partyund<br />

Teilzeitfreunde über unsere dunklen Ecken so genau<br />

Bescheid weiß?<br />

Freunde fangen „Hiobsbotschaften“ auf<br />

Wer gibt, der bekommt. Wer sich gegenüber Freunden öffnet,<br />

für den springt immer auch etwas heraus: Trost, Mitgefühl<br />

oder Anerkennung. Gelegentlich kann und muss ein freundschaftlicher<br />

Gedankenaustausch auch kontrovers enden. Ein<br />

gewisser Hiob hat genau das erlebt. Bis heute ist er in aller<br />

Munde, weil er durch die „Hiobsbotschaften“ traurige Be-<br />

FOTO: Fotolia.com: sondern<br />

Auch, wenn es gelegentlich anstrengend wird: Freundschaft<br />

belebt auf vielerlei Art und Weise – sogar wissenschaftlich<br />

bestätigt. Einer kanadischen Studie mit rund 25.000 Teilnehmern<br />

zufolge fühlen sich Personen mit Freunden weniger<br />

gestresst und gesünder als Menschen ohne engere<br />

Bezugspersonen. Wer sich regelmäßig mit anderen trifft<br />

und sich dabei aufgehoben und geborgen fühlt, hält sein<br />

Wohlbefinden und Selbstbewusstsein sogar dauerhaft auf<br />

einem höheren Niveau als die zurückgezogener lebende<br />

Vergleichsgruppe. Dabei zählt vor allem der persönliche<br />

Dialog: Telefon- oder Chatkontakte erzielen weitaus geringere<br />

Effekte, fand eine deutsch-niederländische Studie<br />

unter Studenten heraus. In Sachen Freundschaft schlägt<br />

„real“ also „virtuell“ auf ganzer Linie: Wer seine heimische<br />

Komfortzone vor dem Fernseh- oder Computerbildschirm<br />

verlässt, wird mehrfach belohnt – mit guten Gesprächen,<br />

besserer Gesundheit und einem engeren Draht zu Freunden,<br />

der manchmal sogar den Gang zum Therapeuten ersetzen<br />

kann.<br />

J alexandra kaufhold-winkler<br />

Lourdes<br />

Südfrankreich<br />

Informationen und Anmeldung<br />

Telefon 05121 307-810<br />

christiane.wirries@bernward-medien.de<br />

17. bis 21.<br />

September<br />

2015<br />

Wallfahrt des Bistums Hildesheim<br />

auch für kranke und pflegebedürftige Pilger<br />

Flugreise ab Hannover<br />

Reisekosten incl. Flug: 849,- Euro<br />

20 Jes 03 . 2015 Jes 03 . 2015 21


Rauszeit<br />

perfekte idylle<br />

Otto Modersohn, Heuernte im Moor, 1910.<br />

Einzigartig: das Teufelsmoor.<br />

Paula Modersohn-Becker, Selbstbildnis um 1905.<br />

Gartenträume und Visionen. Die Museen<br />

im Künstlerdorf Worpswede zeigen die berühmten<br />

Meisterwerke aus der Gründerzeit<br />

um 1900. In Sonderausstellungen werden<br />

auch zeitgenössische Arbeiten präsentiert.<br />

Eine perfekte Idylle im Grünen. Rosenbüsche säumen<br />

die elegant geschwungene Freitreppe. Im Garten plaudern<br />

die Gäste, eine Gesellschaft aus Künstlern und Literaten,<br />

andere musizieren. Eine Dame in grünem Kleid, mit<br />

Blüten zart übersät, und kostbarem Spitzenkragen blickt gedankenverloren<br />

in die Ferne. Es ist Martha Vogeler, Ehefrau<br />

und Muse des Jugendstilkünstlers Heinrich Vogeler. Sein berühmtes<br />

großformatiges Gemälde „Sommerabend“ von 1905<br />

gehört zu den zentralen Werken in der „Großen Kunstschau“<br />

im Künstlerdorf Worpswede am Rand des Teufelsmoors, wenige<br />

Kilometer nordöstlich von Bremen gelegen.<br />

Um 1900 war Worpswede die Wahlheimat bekannter<br />

Künstler wie Fritz Mackensen, Otto Modersohn, Fritz Overbeck,<br />

Heinrich Vogeler oder Paula Modersohn-Becker. Neben<br />

Clara Westhoff, der späteren Frau des Dichters und Gelegenheitsworpsweders<br />

Rainer Maria Rilke, oder Ottilie Reylaender<br />

gehörte sie zu den ersten „Malweibern“, die sich in der Kunstszene<br />

behaupten mussten, bevor den Frauen der Zugang zu<br />

staatlichen Kunstakademien gewährt wurde. Die begabte<br />

Paula Becker, die in Worpswede den Malerkollegen Otto Modersohn<br />

kennenlernte, seine Frau wurde und in Worpswede<br />

begraben liegt, gilt heute als eine der Wegbereiterinnen der<br />

Moderne. Sie lebte zeitweise in Paris, kehrte aber immer<br />

wieder zur großen Künstlerfamilie nach Worpswede zurück<br />

und verstarb jung, im Alter von 31 Jahren. Kunstpilger kennen<br />

ihr Grab hinter der Zionskirche, das der Bildhauer und<br />

Architekt Bernhard Hoetger, ebenfalls ein bekannter Vertreter<br />

der Worpsweder Künstlerkolonie, gestaltet hat. Wer durch<br />

das kleine Künstlerdorf mit seinen vielen Galerien und Cafés<br />

flaniert, stößt auf zahlreiche Werke Hoetgers, das Kaffee<br />

Worpswede, die benachbarte Große Kunstschau und Skulpturen<br />

wie „Die Wut“ oder der „Bonze des Humors“. Kunst und<br />

Leben, so die Vision, sollten zu einer Einheit werden. Dieser<br />

Traum ist bekanntlich gescheitert. Die Gründe waren vielfältig.<br />

Dass sich das Leben nicht in ein Idealbild mit Paradiesgarten<br />

zwingen ließ, ahnte Vogeler bereits, als er sein in Schön-<br />

Heinrich Vogeler, Sommerabend, 1902–05.<br />

Fotos: picture alliance/akg-images; Worpsweder Museumsverbund<br />

Fotos: Fotolia.com: kathriba; picture alliance/akg-images; Andreas Wilhelm, Rüdiger Lubricht/Worpsweder Museumsverbund<br />

heit erstarrtes Bild vollendete. Heute ist sein weiß getünchtes<br />

„Märchenschloss“, der Barkenhoff, ein Museum. Dokumentiert<br />

werden Leben und Werk des unermüdlichen Träumers,<br />

der seinen erlesen Musenort, einst das Herz der Künstlerkolonie,<br />

mit selbst entworfenen Jugendstil-Möbeln ausstattete.<br />

Nach den schockierenden Erlebnissen des Ersten Weltkriegs<br />

wendete sich Vogeler dem Sozialismus zu und folgte wenig<br />

später seiner neuen Partnerin in die damalige Sowjetunion.<br />

Seine Frau Martha, die sich von Vogeler getrennt hatte, bezog<br />

das Haus im Schluh, heute ebenfalls ein Museum. Ende Juni<br />

wird dort eine neue Dauerausstellung eröffnet.<br />

Doch das Künstlerdorf ist nicht nur Erinnerungsort. Hier<br />

leben rund 140 Künstler und Kunsthandwerker, die regelmäßig<br />

ihre Arbeiten präsentieren. „Worpswede muss lebendig<br />

bleiben“, betont Susanna Böhme-Netzel, die in dritter Generation<br />

die Galerie Netzel, heute die Worpsweder Kunsthalle,<br />

leitet. Vor fünf Jahren haben sich hier vier Museen zu einem<br />

Verbund zusammengeschlossen. Gemeinsam zeigen sie regelmäßige<br />

aufeinander abgestimmte Sonderausstellungen<br />

mit zeitgenössischer Kunst, aber auch mit den Klassikern der<br />

Moderne. Unter dem Motto „Kunstwege – Lebenszeichen“<br />

stehen in diesem Sommer ab 28. Juni drei Künstlerinnen im<br />

Mittelpunkt, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts mutig eigene<br />

Wege gingen: Käthe Kollwitz, Jeanne Mammen und Ottilie<br />

Reylaender. Als Weggefährtin von Paula Modersohn-Becker<br />

steht auch Ottilie Reylaender für den Aufbruch der Frauen.<br />

Ihr Gemälde „Die Geschwister“ zählt mit zu den „Best of“ der<br />

„Alten Worpsweder“.<br />

J karin dzionara<br />

Worpswede – die Museen<br />

Große Kunstschau Worpswede:<br />

Blick in die von Bernhard Hoetger<br />

gestaltete Rotunde von 1927.<br />

Der Barkenhoff: heute ein Museum<br />

(links).<br />

Für die Große Kunstschau, den Barkenhoff, die<br />

Worpsweder Kunsthalle und das Haus im Schluh<br />

gibt es ein Kombi-Ticket für 15 Euro, es ist ein Jahr<br />

lang gültig und übertragbar. Kinder und Jugendliche<br />

bis 18 Jahren haben freien Eintritt. Öffnungszeiten:<br />

täglich von 10 bis 18 Uhr. www.worpswede-museen.<br />

de. Der Katalog zur Sommerausstellung „Kunstwege-<br />

Lebenszeichen“ über „Ottilie Reylaender. 1882–1965.<br />

Unterwegs“, hat 98 Seiten und kostet 12,50 Euro.<br />

22 Jes 03 . 2015<br />

Jes 03 . 2015<br />

23


Ehrensache<br />

Gretchenfrage<br />

Hilfe im Antragsdschungel<br />

Einmal in der Woche hilft die soziale Sprechstunde der Herz-Jesu-Gemeinde<br />

Tostedt Ratsuchenden beim Ausfüllen diverser Formulare. Seit zehn Jahren<br />

gibt es diese unbürokratische Anlaufstelle.<br />

Renten- und Hartz-IV-Anträge, Wohngeld- oder Schwerbehindertensachen<br />

– was den meisten allein beim Hören<br />

den Schweiß auf die Stirn treibt, ist für das Team<br />

der Sozialen Sprechstunde der Herz-Jesu-Gemeinde in Tostedt<br />

Routine. Jeden Donnerstag helfen fünf Ehrenämtler<br />

anderen dabei, die Papierflut von Anträgen zu sichten, auszufüllen<br />

und abzuschicken. Mehrere Ratsuchende kommen<br />

jede Woche, berichtet Anja Kämpker, die die Soziale Sprechstunde<br />

mit aufgebaut hat. Im Mai feierte die Sprechstunde<br />

ihren zehnten Geburtstag. Ins Leben gerufen hatten die Aktiven<br />

sie vor dem Hintergrund der damals erlassenen Hartz-<br />

IV-Gesetze. „Wir wollten eine Anlaufstelle schaffen und Hilfe<br />

anbieten“, erinnert sich die Lehrerin. „Die Hartz-IV-Anträge<br />

sind teilweise so kompliziert, da braucht man fast ein Studium<br />

zum Ausfüllen“, sagt Hans Sendes und lacht. Der Betriebswirt<br />

ist seit seinem Renteneintritt vor vier Jahren<br />

dabei. Mit Anträgen kennt er sich aus – 35 Jahre hat er im<br />

Leistungssport gearbeitet. Förderanträge gehörten da zum<br />

Alltag. Heute freut er sich, wenn er mit seinem Wissen anderen<br />

helfen kann.<br />

50 Prozent Migranten<br />

Gut 50 Prozent der Ratsuchenden haben Migrationshintergrund,<br />

andere haben eine geringe Bildung oder sind aus<br />

anderen Gründen überfordert. „Es gibt Menschen, die trauen<br />

sich einfach an die Behördensachen nicht ran“, sagt Anja<br />

Kämpker. Kommen Menschen in die Sprechstunde, die in<br />

einer finanziellen Notlage sind, können die Berater auch mit<br />

25-Euro-Gutscheinen eines örtlichen Einkaufsmarktes weiterhelfen<br />

– finanziert durch die Ortscaritas.<br />

Ein Netzwerk hilft<br />

In manchen Angelegenheiten kommen die Berater jedoch<br />

nicht weiter. Im Zweifelsfall vermitteln sie die Ratsuchenden<br />

an andere Stellen weiter, wie zum Beispiel die Schuldnerberatung,<br />

oder verweisen in Asylsachen an einen Anwalt. Und<br />

wenn die Berater selbst einmal Fachfragen haben, greifen sie<br />

dank eines gewachsenen Netzwerkes auf Ansprechpartner<br />

bei Jobagentur oder Caritas zurück. „Das meiste ist jedoch<br />

machbar und ohne spezielles Fachwissen zu lösen“, sagt Anja<br />

Kämpker. Nur einen langen Atem brauchen die Ehrenämtler<br />

manchmal. Denn so mancher Fall ist knifflig. Wie der einer<br />

älteren Russin, bei der es um die Rente ging. Das Problem:<br />

Viele Papiere fehlten, mussten aus Russland beschafft werden.<br />

Genau das Richtige für Ernst Firsching. Der Rentner war<br />

selbst lange Versicherungsältester, kennt sich mit Rentensachen<br />

gut aus. „Da kann ich meinen eigenen Horizont erweitern“,<br />

sagt er. Der Lohn für die Mühen: die Zufriedenheit<br />

und das Dankeschön der Ratsuchenden. „Das gibt einem sehr<br />

viel zurück“, sagt Anja Kämpker. Für sie und ihre Mitstreiter<br />

ist die soziale Sprechstunde ein Dienst am Nächsten, wie sie<br />

sagt. „Es <strong>geht</strong> uns auch darum deutlich zu machen, was Teil<br />

des christlichen Auftrags ist.“<br />

J martina albert<br />

„Man kann anständig bleiben“<br />

Prof. Dr. Claus Hipp, mehrfach ausgezeichneter Unternehmer und geschäftsführender<br />

Gesellschafter des Nahrungsmittel- und Babykostherstellers Hipp<br />

über Geld, <strong>Glück</strong> und Glauben.<br />

Vier-Augen-Prinzip:<br />

Anja Kämpker und Hans<br />

Sendes im Beratungseinsatz.<br />

FOTO: martina albert<br />

FOTO: hipp<br />

Was bewegt Sie?<br />

Es bewegt mich, wenn ich andere<br />

Menschen in Not sehe und nicht helfen<br />

kann. Nahe <strong>geht</strong> mir jede Art von<br />

Unrecht. Denn ich nehme gerne Partei<br />

für den Schwächeren. Spitzengehälter<br />

halte ich für übertrieben; man kann<br />

auch normal leben und anständig bleiben.<br />

Ich schätze Maßhaltung und Verzicht.<br />

Mein Namenspatron, der heilige<br />

Nikolaus von Flüe, war ebenfalls Bauer<br />

und verbrachte sein Leben als Asket.<br />

Ein solcher Lebensstil imponiert mir. Es<br />

<strong>geht</strong> im Leben nicht nur darum, möglichst<br />

schnell viel Geld zu verdienen.<br />

Was macht Sie glücklich?<br />

Es macht mich glücklich, wenn ich<br />

meine Familie glücklich sehe: Ich habe<br />

fünf Kinder und zwölf Enkel – da <strong>geht</strong><br />

es immer auch um Verantwortung,<br />

Wertschätzung und Interesse. Genauso<br />

wie bei meinen 2000 Mitarbeitern.<br />

In manchen Dingen ist mir der heilige<br />

Augustinus ein guter Ratgeber: Er hat<br />

mich gelehrt, dass Gerechtigkeit und<br />

Barmherzigkeit auch ihren Platz im<br />

Leben haben (müssen); ebenso wie<br />

ethisches Handeln und das Schwimmen<br />

gegen den Strom. Sicher bin ich mir,<br />

dass Vertrauen wächst, je mehr wir es<br />

verschenken.<br />

Wie halten Sie’s mit der Religion?<br />

Aus meinem Glauben mache ich keinen<br />

Hehl: Die Religion ist mir im Leben eine<br />

wichtige Stütze, die mir Orientierung<br />

und Halt gibt; ich habe die Erfahrung<br />

gemacht, dass das die einzige Einstellung<br />

ist, die auf Dauer wirklich trägt. In<br />

einer kleinen Wallfahrtskirche bin ich<br />

Mesner und in München Dom-Ministrant.<br />

Als praktizierender Christ ist mir<br />

auch die Schöpfung nicht gleichgültig –<br />

es ist mir wichtig, das zu erhalten, was<br />

Gott uns zur Verfügung gestellt hat.<br />

Wenn ich aus meinem Gewissen heraus<br />

eine Entscheidung fälle, fühle ich mich<br />

stark. Auch, weil ich regelmäßig bete.<br />

J ulrike schwerdtfeger<br />

24 Jes 03 . 2015<br />

Jes 03 . 2015<br />

25


Katholisch kompakt<br />

Paradiesische Zustände<br />

Wer bei Google „Paradies“ eingibt, bekommt fast 20 Millionen Einträge genannt –<br />

darunter unzählige Hotels, die sich mit diesem Wort schmücken und uns das<br />

Paradies verheißen. Doch was hat es damit aus biblischer Sicht eigentlich auf sich?<br />

FOTO: photocase.com: kallejipp<br />

fOTO: Fotolia.com: isaincu<br />

Im „Kinder-Paradies“ von IKEA können<br />

Eltern ihre Kleinen abgeben, um<br />

ungestört einzukaufen. Sobald ich in<br />

diesem Möbelhaus die Lautsprecherdurchsage:<br />

„Der kleine Jakob möchte<br />

aus dem Kinder-Paradies abgeholt<br />

werden,“ höre, bin ich immer wieder<br />

erstaunt: Sehr paradiesisch scheint es<br />

in diesem Spielraum dann doch nicht<br />

zu sein, wenn so manches Kind schnell<br />

daraus wieder die Flucht ergreift.<br />

Unter „Paradies“ verstehen wir einen<br />

idealen Ort, einen Ort voller <strong>Glück</strong>.<br />

Der Ursprung dieser Vorstellung reicht<br />

bis in die Antike zurück. Das Wort<br />

selbst kommt aus dem Persischen und<br />

meinte die „königlichen Gärten“. In<br />

vielen orientalischen Religionen finden<br />

wir Erzählungen über das Paradies als<br />

einen Ort höchster Seligkeit.<br />

Die Bibel nimmt im Alten Testament<br />

dieses Bild auf und lässt Adam und Eva<br />

in einem fruchtbaren Garten in Eden<br />

leben. Die Beziehung zwischen den<br />

Menschen und Gott ist in diesem Paradies<br />

noch ungebrochen. Doch durch den<br />

Sündenfall verlieren die Menschen dieses<br />

Paradies. Diese Urgeschichten der<br />

Bibel wollen nicht historische Berichte<br />

überliefern, sondern sie möchten uns<br />

vielmehr etwas über uns und unseren<br />

derzeitigen menschlichen Zustand<br />

bildreich erzählen. Das Paradies zeigt,<br />

wie es ohne das von uns Menschen<br />

verursachte Böse sein könnte. Der<br />

Mensch lebt hier auf Erden nicht im<br />

Paradies. Ideologien versprechen zwar<br />

oft das „Paradies auf Erden“ schaffen<br />

zu wollen – doch jedes Mal, wenn wir<br />

Menschen hier das Paradies errichten,<br />

kommt dabei meist die Hölle heraus.<br />

Da ist das Bild vom Menschen in der<br />

Bibel realistischer: Wir leben „Jenseits<br />

von Eden“ (vgl. Gen 4,16). Hier, in diesem<br />

Leben, werden wir bei allem Bemühen,<br />

die Vollkommenheit nicht erreichen. Das<br />

Paradies ist verloren.<br />

In der Heiligen Schrift und besonders in<br />

der christlichen Tradition werden dann<br />

die Vorstellungen vom Paradies auch auf<br />

den „Himmel“, also auf das kommende<br />

Leben bei Gott übertragen. So kann<br />

Jesus am Kreuz zu dem Mitgekreuzigten<br />

sagen: „Amen, ich sage dir: Heute noch<br />

wirst du mit mir im Paradies sein“ (Lk<br />

23,43). Hier verspricht Jesus ein glückvolles<br />

Leben bei Gott nach dem Tod. Die<br />

Vorstellungen von diesem jenseitigen<br />

Paradies werden in der bildenden Kunst<br />

auf vielen Gemälden dargestellt: Neben<br />

dem Paradies-Garten finden wir musizierende<br />

und tanzende Menschen im<br />

Paradies. Auch das „Himmlische Jerusalem“,<br />

die ideale Stadt – also kein Garten!<br />

– wird als Bild verwendet. Jesus spricht<br />

vom „himmlischen Hochzeitsmahl“. Dies<br />

alles sind Bilder und Bilder sind offener<br />

als realistische Beschreibungen. Sie<br />

möchten uns eine Vorstellung davon<br />

geben, was Gott uns über dieses Leben<br />

hinaus versprochen hat. Wir sind zwar<br />

„Jenseits von Eden“, doch haben wir das<br />

Paradies (noch) vor uns.<br />

Noch eine Anmerkung, angesichts der<br />

Diskussion um das Kirchenasyl: Der<br />

Vorraum („Narthex“) in mittelalterlichen<br />

Kathedralen wurde als Paradies<br />

bezeichnet. Er galt auch als Ort für<br />

Asylsuchende. Wenn wir Verfolgten<br />

Asyl gewähren, dann wird etwas vom<br />

Paradies hier auf Erden schon erlebbar.<br />

J Wolfgang Stickler<br />

Ein Video zum Thema gibt es unter<br />

www.jes-magazin.de<br />

Der Dominikanerpater Wolfgang<br />

Stickler, Jahrgang 1949, hat Theologie,<br />

Philosophie und Pastoralpsychologie<br />

studiert. Darüber hinaus<br />

verfügt er über eine psychotherapeutische<br />

Ausbildung. Er war Krankenhaus-Seelsorger,<br />

Studentenpfarrer<br />

und arbeitete in der Leitung des<br />

Dominikaner-Ordens in Deutschland<br />

mit. Heute ist er in der katholischen<br />

Ehe-, Familien- und Lebensberatung<br />

in Braunschweig tätig.<br />

26 Jes 03 . 2015<br />

Jes 03 . 2015<br />

27


Gesehen, gelesen, gehört<br />

Kolumne<br />

Literatur<br />

Film<br />

Musik<br />

Kulturtipp<br />

Musiktheater im Garten<br />

Kunstfestspiele Herrenhausen<br />

Brodowy<br />

fühlt der Zeit<br />

den Puls<br />

Die <strong>Glück</strong>sformel<br />

Stefan Klein<br />

<strong>Glück</strong>sgefühle für die Handtasche:<br />

Im praktischen Mini-Format bietet<br />

der Sachbuch-Bestseller von Stefan<br />

Klein gebündelte <strong>Glück</strong>botschaften.<br />

Dabei sind die Erkenntnisse aus der<br />

Wissenschaft erfreulich gut lesbar<br />

und somit für fast jeden Lektüre-<br />

Ort geeignet. Wer wissen will, „wie<br />

die guten Gefühle entstehen“, so<br />

der gleichnamige Untertitel, kann<br />

daher schnell in einzelne Kapitel –<br />

beispielsweise über das Gehirn, das<br />

Lächeln oder die Liebe – eintauchen<br />

und tristem Alltagsgrau die nötige<br />

Farbe geben. Wer jedoch einen<br />

Zehn-Punkte-Plan nach der Devise:<br />

„Tun Sie dies, unterlassen Sie jenes<br />

und Sie sind glücklich!“ erwartet, der<br />

wird enttäuscht. Dafür erhält der<br />

Leser etwas sehr viel Wertvolleres<br />

an die Hand: Werkzeuge zur besseren<br />

Selbst(er)kenntnis, mit denen<br />

Gefühlsfallen in Zukunft vermieden<br />

werden können. Nicht zuletzt verspricht<br />

der Autor: „Wenn Sie dieses<br />

Buch gelesen haben, wird es in Ihrem<br />

Kopf anders aussehen als vorher.“<br />

Fischer TaschenBibliothek 2014, 12,00 €<br />

HeimSuchungen<br />

Zeitzeugen erzählen<br />

Ohne sie würde es das Bistum<br />

Hildesheim in der heutigen Form<br />

nicht geben: Als nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg etwa 500.000 katholische<br />

Flüchtlinge aus den Ostgebieten<br />

kamen, stießen sie zu den damals<br />

rund 200.000 Katholiken innerhalb<br />

der Bistumsgrenzen. Das Zusammenwachsen<br />

der unterschiedlichen<br />

Traditionen und Kulturen – unter<br />

nicht immer einfachen Bedingungen<br />

– hat dem Bistum ein neues Gesicht<br />

gegeben. Im Rahmen des Bistumsjubiläums<br />

ist unter dem Titel „Heim-<br />

Suchungen“ eine sehenswerte DVD<br />

über die Schicksale der Vertriebenen<br />

entstanden, die durch den Verlust<br />

der Heimat, die Schrecken der Flucht<br />

und die oft schwierige Ankunft in<br />

der Fremde mehrfach heimgesucht<br />

wurden. In kurzen, durchgängig in<br />

schwarz-weiß gehaltenen Filmen<br />

schildern zehn Zeitzeugen ihre Erlebnisse:<br />

So verkaufte eine Mutter den<br />

Wintermantel der Tochter für ein paar<br />

Kartoffeln, weil sie glaubte, dass sie<br />

alle den nächsten Winter nicht mehr<br />

erleben würden. „Kirche war Heimat“,<br />

berichtet ein Geistlicher, und sie bot<br />

Anknüpfungspunkte an das Vertraute<br />

– selbst, wenn das eigentliche Zuhause<br />

verloren war. Auch der ehemalige<br />

Vorstandsvorsitzende der Volkswagen<br />

AG, Carl Hahn, kommt als Arbeitgeber<br />

vieler Flüchtlinge zu Wort.<br />

Bistum Hildesheim 2015, 9,80 €<br />

Chasing Yesterday<br />

Noel Gallagher<br />

Die ersten Töne der aktuellen CD von<br />

Noel Gallagher wecken sofort Erinnerungen<br />

an „Wonderwall“ – den Oasis-<br />

Hit aus den 90ern schlechthin. Doch<br />

das ist lange her. Nun hat der eine<br />

der beiden legendären, leider auch<br />

legendär zerstrittenen Gallagher-<br />

Brüder sein zweites Soloalbum veröffentlicht,<br />

und das Wort „Britpop“<br />

darf hiermit nun endgültig entstaubt<br />

werden: traditionell unverkennbar<br />

gitarrenlastig, und rockig, klingt das<br />

Album dennoch irgendwie anders.<br />

Entstaubter eben. Dies mag an einer<br />

Experimentierfreude liegen, die den<br />

47-jährigen Musiker sogar in jazzige<br />

Bereiche führte, die er selbst früher<br />

nie für möglich gehalten hätte. Alles<br />

in allem besticht „Chasing Yesterday“<br />

durch viel Rhythmus, diverse<br />

Gitarrensounds, Keyboards, Glocken,<br />

Streicher und eben auch – Saxofone.<br />

Ein schönes, empfehlenswertes<br />

Album für alle, die bereits Oasis<br />

mochten. Für alle anderen besteht<br />

aber auch kein Grund zur Sorge: Die<br />

ersten Töne, die an “Wonderwall“<br />

erinnern, sind schnell verklungen.<br />

Sour Mash/Indigo 2015, 16,99 €<br />

FOTO: kunstfestspiele herrenhausen; Toofan Hashemi<br />

Der Garten als Ort der <strong>Glück</strong>seligkeit,<br />

eine grüne Oase für kühne Gedankenexperimente<br />

und Visionen. Legendär sind<br />

die Gartenspaziergänge in Herrenhausen,<br />

der Sommerresidenz der Welfen. In der<br />

barocken Gartenanlage entwickelte der<br />

Universalgelehrte Gottfried Wilhelm<br />

Leibniz um 1700 im Dialog mit Kurfürstin<br />

Sophie wegweisende Ideen für einen<br />

Zusammenklang von Theologie, Wissenschaft<br />

und Kunst. Der Christ und geniale<br />

Frühaufklärer glaubte fest an „die beste<br />

aller möglichen Welten“. An das historische<br />

Erbe knüpfen die „Kunstfestspiele Herrenhausen“<br />

mit experimentellen Kunstformen<br />

an. Unter dem Motto „Gegen den Strich“<br />

sind bis 14. Juni in Hannovers Orangerie<br />

und im Galeriegebäude 22 Produktionen<br />

und drei Installationen zu sehen. Mit<br />

seinem Lichtkunstwerk „Lyrical Lights“<br />

skizziert der österreichische Künstler Rens<br />

Veltman im Foyer der Orangerie Figuren<br />

aus Lichtpunkten, sie flanieren durch<br />

den Raum und philosophieren über Sein<br />

und Zeit, Erinnerung und Vergänglichkeit.<br />

Der Klangkunstmarathon „Salto<br />

Vocale“ am 5. Juni dauert von 17 Uhr bis<br />

Mitternacht. In der Galerie führen der<br />

Countertenor Terry Wey und der Bassist<br />

Ulfried Staber mit nur zwei Stimmen eine<br />

vierzigstimmige Motette aus der Renaissance<br />

auf, in der benachbarten Orangerie<br />

treten um 19 Uhr weitere „Extremvokalisten“<br />

auf.<br />

Karten unter 01806 570070<br />

www.kunstfestspiele.de<br />

Von <strong>Glück</strong>sschmieden<br />

und Lottogewinnern<br />

Der Schmied gehört zu den aussterbenden Berufen. Logischerweise<br />

gibt es heute mehr Autowerkstätten als Hufschmiede, denn die<br />

wenigsten von uns sind im Alltag hoch zu Ross unterwegs. Dabei<br />

heißt es sprichwörtlich, dass das <strong>Glück</strong> dieser Erde auf dem Rücken<br />

der Pferde läge. Trotzdem strebt der moderne Mensch nach mehr als<br />

einem PS. Ein anderes Sprichwort lautet, jeder sei seines eigenen <strong>Glück</strong>es<br />

Schmied. Da sich nach verschiedensten Erhebungen mehr als 3/4<br />

der Deutschen als glücklich oder sehr glücklich bezeichnen, scheint das<br />

Feuer des Schmiedes in uns noch nicht erloschen. Die „gludernde Lot“,<br />

wie es Edmund Stoiber mal versprecherisch ausdrückte, für den übrigens<br />

ein Transrapid in München zwischen Flughafen und Hauptbahnhof<br />

das pure <strong>Glück</strong> gewesen wäre, weil ähhh, ähhh, aber das führt jetzt<br />

zu weit. Vor Kurzem stand in der Zeitung, dass ein britisches Ehepaar<br />

zum zweiten Mal einen Millionengewinn im Lotto eingesackt hat. Ein<br />

statistisch nahezu unmögliches <strong>Glück</strong>. Wenn man mathematischen Berechnungen<br />

Glauben schenken darf, liegt es bei eins zu 283 Milliarden.<br />

283 Milliarden! Unser Bundeshaushalt für 2015 hat übrigens Ausgaben<br />

in Höhe von 299 Milliarden und wenn der Finanzminister weiter <strong>Glück</strong><br />

hat, steht davor eine schwarze Null. Woran wiederum minimal die deutschen<br />

Lottospieler beteiligt sind, die, wenn sie glücklos bleiben, zumindest<br />

ordentlich in den Haushalt einzahlen. Im Übrigen ist längst nicht<br />

jeder Lottogewinner mit seinen Millionen glücklich geworden und nicht<br />

nur deswegen, weil er gelesen hat, es sei vier- bis sechsmal wahrscheinlicher<br />

vom Blitz erschlagen zu werden, als sechs Richtige mit Superzahl<br />

zu haben. Logischerweise fängt da der Lottomillionär an zu grübeln, ob<br />

er bei Gewitter überhaupt aus dem Haus gehen sollte. Das mit der Blitzwahrscheinlichkeit<br />

ist übrigens ein Ammenmärchen. Wobei manch ein<br />

Lottogewinner aufgrund eines sehr schnellen Autos vielleicht vier- bis<br />

sechsmal häufiger geblitzt wird als der normale Autofahrer. Was bleibt?<br />

Die Wahrheit des Sprichwortes „Geld allein macht nicht glücklich!“ Wer<br />

ist also glücklich? Vielleicht der Lottogewinner, der im Herbst mit dem<br />

Papst eine Herrenboutique in Wuppertal eröffnet? Lassen Sie es mich<br />

mit Francis Bacon sagen, von dem der Ausspruch stammt: „Nicht die<br />

<strong>Glück</strong>lichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind!“<br />

Matthias Brodowy ist selbsternannter Vertreter für gehobenen Blödsinn. 2013<br />

wurde er mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet. www.brodowy.de<br />

28 Jes 03 . 2015<br />

Jes 03 . 2015<br />

29


Termine<br />

Kirschtorte in Hannover<br />

Am 4. Juli<br />

Internationale Jugendbegegnung<br />

in der Südheide<br />

Anmeldung bis 1. Juli<br />

Europa hautnah erleben: Vom 22. bis 31. August kommen<br />

in der Jugendherberge Müden/Örtze junge Leute im Alter<br />

zwischen 16 und 25 Jahren aus Deutschland und diversen<br />

osteuropäischen Ländern zusammen, um zehn Tage lang<br />

miteinander in die Kulturen einzutauchen. Ob typisch deutsches<br />

Frühstück, ukrainische Tänze, ungarische Lieder, gemeinsame<br />

Projektarbeit zum Thema „Flüchtlinge“ oder eine<br />

Nachtwache in Bergen-Belsen zum Abschluss des Treffens<br />

– immer steht das Miteinander im Vordergrund.<br />

Teilnahmebeitrag: 120 Euro. Anmeldungen bis 1. Juli<br />

im Fachbereich Jugendpastoral unter 05121 307390.<br />

Infos: www.jugend-bistum-hildesheim.de/iym<br />

Das Leben<br />

Das Leben ist Schönheit – bewundere sie.<br />

Das Leben ist Seligkeit – genieße sie.<br />

Das Leben ist ein Traum – mach daraus Wirklichkeit.<br />

Das Leben ist Pflicht – erfülle sie.<br />

Das Leben ist ein Spiel – spiele es.<br />

Das Leben ist kostbar – geh sorgfältig damit um.<br />

Das Leben ist Reichtum – bewahre ihn.<br />

Das Leben ist Liebe – erfreue dich an ihr.<br />

Das Leben ist ein Rätsel – durchdringe es.<br />

Das Leben ist ein Versprechen – erfülle es.<br />

Das Leben ist Traurigkeit – überwinde sie.<br />

Das Leben ist eine Hymne – singe sie.<br />

Das Leben ist eine Herausforderung – stelle dich ihr.<br />

Das Leben ist ein Kampf – akzeptiere ihn.<br />

Das Leben ist eine Tragödie – ringe mit ihr.<br />

Das Leben ist ein Abenteuer – wage es.<br />

Das Tüpfelchen auf dem i, das Salz in der Suppe oder eben<br />

die Kirsche auf der Torte: Die katholische Kirche Hannovers<br />

hat viel zu bieten. Im Rahmen des Bistumsjubiläums stellen<br />

sich diverse Kirchorte der Stadt vor. Neben Informationen,<br />

Musik, Bratwurst, Spiel und Spaß bieten sie alle gemeinsam<br />

eines an: Kirschtorte. Wer auf den Geschmack kommen will:<br />

Groß und Klein sind herzlich zum Mitfeiern vor dem ka:punkt<br />

eingeladen. Ort: Grupenstraße 8, Hannover von 11 bis 18 Uhr.<br />

Das Leben ist <strong>Glück</strong> – verdiene es.<br />

Sie sind kein Mitglied der katholischen Kirche im<br />

Bistum Hildesheim, möchten Jes aber trotzdem<br />

bekommen? Für nur 3,50 Euro pro Ausgabe senden<br />

wir Ihnen Jes alle zwei Monate zu.<br />

Was Paare über<br />

Treue denken<br />

GRETCHENFRAGE<br />

Woran Martin Kind glaubt<br />

suchen. fragen. finden.<br />

FÜR IMMER DU?<br />

Jes . Das katholische Magazin Ausgabe 03/2014 Oktober<br />

RAUSZEIT<br />

In die Steinzeit<br />

Mehr Information zum Abo:<br />

www.jes-magazin.de<br />

Impressum<br />

Jes . Das katholische Magazin www.jes-magazin.de<br />

Herausgeber Hauptabteilung für Kommunikation und<br />

Öffentlichkeitsarbeit des Bistums Hildesheim<br />

Verlag Bernward Mediengesellschaft mbH, Domhof 24,<br />

31134 Hildesheim, Geschäftsführer Thomas Hagenhoff<br />

Verantwortlich für den Inhalt Matthias Bode<br />

Redaktion Volker Röpke (Leitung)<br />

E-Mail an die Redaktion redaktion@jes-magazin.de<br />

Ständige Mitarbeit Alexandra Kaufhold-Winkler (Koordination und<br />

Leseranfragen), Karin Dzionara, Stephan Fuhrer, Pater Wolfgang Stickler,<br />

Propst Reinhard Heine (Theologische Beratung)<br />

Autoren dieser Ausgabe Andreas Kaiser, Martina Albert, Ulrike Schwerdtfeger<br />

Gestaltung Bettina Höhne<br />

Anzeigen Mirco Weiss (verantwortlich), anzeigen@jes-magazin.de<br />

Anschrift aller Verantwortlichen Domhof 24, 31134 Hildesheim<br />

Druckauflage 390.000 Exemplare<br />

Druck Westermann Druck GmbH, 38104 Braunschweig<br />

Bezugspreis 3,50 Euro pro Ausgabe; für Katholiken im<br />

Bistum Hildesheim kostenlos<br />

Adressänderungen Telefon 05121 307-892, info@jes-magazin.de<br />

Mit freundlicher Unterstützung von<br />

Jes wird umweltfreundlich auf<br />

FSC®-zertifiziertem Papier gedruckt.<br />

FOTOs: fotolia.com: jfspic; Hans Höing<br />

FOTO: fotolia.com:rh2010<br />

Das Leben ist das Leben – verteidige es.<br />

Mutter Teresa<br />

30 Jes 03 . 2015

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