SO geht Glück
Jes. Das katholische Magazin
Jes. Das katholische Magazin
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Jes . Das katholische Magazin Ausgabe 03/2015 Juni<br />
suchen. fragen. finden.<br />
<strong>SO</strong> <strong>geht</strong><br />
<strong>Glück</strong><br />
Wie unser Leben<br />
gelingen kann<br />
lebensfrage<br />
Wahre Freundschaft<br />
rauszeit<br />
Perfekte Idylle
Editorial . Inhalt<br />
Bücher & Broschüren per Online-Druck –<br />
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<strong>Glück</strong>. Dabei macht Geld selten glücklich und oft<br />
steht es dem <strong>Glück</strong> sogar im Wege.<br />
Doch was ist <strong>Glück</strong> überhaupt? Und kann man ihm<br />
jenseits von Lottoannahmestellen auf die Sprünge<br />
helfen? Damit beschäftigt sich unser Titelthema.<br />
Unter anderem stellen wir einen Menschen vor, der<br />
von sich sagt, schon mehrfach großes <strong>Glück</strong> gehabt<br />
18<br />
zu haben. Ein Hirnforscher klärt darüber auf, wie<br />
Die Buchfabrik1838 ist durch eigene Verlagserfahrung<br />
seit dem Jahr 1838 ein verlässlicher Partner.<br />
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<strong>Glück</strong>sgefühle entstehen und Papst Franziskus gibt<br />
Tipps für ein glückliches Leben. Alles ab Seite 8.<br />
Zum <strong>Glück</strong>lichsein tragen menschliche Beziehungen<br />
bei. Dazu passt unsere Lebensfrage, die sich dies-<br />
22<br />
29<br />
Rhön Park-Hotel in Hausen-Roth<br />
Wandern Sie auf den Spuren des heiligen Franziskus durch die<br />
Rhön! Hier führt der Franziskusweg direkt am Hotel vorbei und Sie<br />
können den Premium-Wanderweg „Hochrhöner“ pilgernd erleben.<br />
Ihr Rhön Park-Hotel<br />
Inmitten sanfter Hügellandschaften, umgeben von intakter Natur,<br />
Ruhe und Weite liegt das Rhön Park-Hotel. Sie übernachten in den<br />
komfortablen und großzügigen Appartements (Studio) und ge nießen<br />
die gesunde Rhöner Küche mit ihren regionalen Produkten. Zur Regeneration<br />
steht der gesamten Familie der große In- und Outdoor-<br />
Schwimmbereich mit angeschlossener Wellness-Oase zur Verfügung.<br />
Die Kinder werden täglich betreut und haben freien Eintritt in<br />
das 1.200 m² große Indoor-Spielparadies.<br />
Das Haus ist auch ein beliebter Gastgeber für christl. Familienfreizeiten,<br />
Chor-Ausflügler und christl. Tagungen für bis zu 250 Teilnehmer!<br />
Beispiel Studio<br />
Familienspaß in der Rhön<br />
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3 Nächte zahlen –<br />
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Preise & Termine 2015 in €/p. P. im App.<br />
Anreise: täglich 3 4 7<br />
Anreisezeiträume Nächte Nächte Nächte<br />
A 03.11. – 19.12.15 199.- 199.- 339.-<br />
B<br />
05.06. – 18.07.15,<br />
07.09. – 01.10.15<br />
229.- 279.- 399.-<br />
C<br />
19.07. – 06.09.15,<br />
02.10. – 02.11.15<br />
249.- 299.- 409.-<br />
D 22.12. – 26.12.15 299.- 359.- 609.-<br />
Buchungscode: D97B01A<br />
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fOTO titel: photocase.com: marqs<br />
mal mit dem Thema Freundschaft beschäftigt. Ein<br />
uraltes Thema übrigens, das auch schon in der Bibel<br />
eine Rolle spielt. Mehr darüber ab Seite 20.<br />
Dass menschliches Miteinander wichtig ist, weiß<br />
auch Claus Hipp. Der Babykost-Hersteller hat fünf<br />
Kinder und zwölf Enkel und beantwortet in dieser<br />
Ausgabe die Jes-Gretchenfrage (Seite 25).<br />
Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen<br />
Volker Röpke, Redaktion Jes<br />
Wenn Sie uns schreiben wollen:<br />
Redaktion Jes, Domhof 24, 31134 Hildesheim, redaktion@jes-magazin.de<br />
www.jes-magazin.de<br />
08<br />
13<br />
14<br />
06<br />
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22<br />
24<br />
26<br />
29<br />
30<br />
Titelthema<br />
Was uns glücklich macht<br />
10 Tipps vom Papst<br />
Dopamin und Opiate<br />
Gute Nachrichten<br />
Rock den Dom mit Jupiter Jones<br />
Seele & Leib<br />
Buntes Treiben zu Fronleichnam<br />
Lebensfrage<br />
Freundschaft – Klasse statt Masse<br />
Rauszeit<br />
Kunst am Teufelsmoor<br />
Ehrensache<br />
Hilfe im Antragsdschungel<br />
Katholisch kompakt<br />
Was ist das Paradies?<br />
Kolumne<br />
Brodowy über <strong>Glück</strong><br />
Termine<br />
Internationale Jugendbegegnung<br />
Jes 03 . 2015<br />
3
fOTO: Fotolia.com: edler von rabenstein<br />
Lila-Launefeld<br />
Ein leichter Wind weht den aromatischen Duft von Lavendel herüber. Hier<br />
und jetzt. Greifbares <strong>Glück</strong>. Ob an diesem mediterranen Sehnsuchtsort oder<br />
irgendwo auf der Welt – das Paradies ist immer dort, wo wir den Augenblick<br />
genießen können. Wer seine Augen und alle anderen Sinne auf diese Weise<br />
trinken lässt, legt auch gleichzeitig einen farbenfrohen Erinnerungsvorrat<br />
für später an: Vielleicht wird er eines Tages im Alltagsgrau gebraucht.<br />
fOTO: xxxxxxxx<br />
4<br />
Jes 03 . 2015 Jes 03 .. 2015<br />
5
Gute Nachrichten<br />
1.470<br />
Kilometer beträgt die Strecke des ökumenischen<br />
Pilgerwegs für Klimagerechtigkeit. Sie<br />
führt von Flensburg zur UN-Klimakonferenz<br />
nach Paris. Die Pilger machen sich<br />
am 13. September unter dem Motto „Geht<br />
doch!“ auf den Weg, um in 12 Wochen-<br />
Etappen an ihr Ziel zu gelangen. Auch<br />
Sternwanderungen, die auf den Pilgerweg<br />
zulaufen, sind geplant. Der Pilgerweg<br />
möchte spirituelle Besinnung mit politischem<br />
Engagement verbinden und darauf<br />
aufmerksam machen, wo intensive Bemühungen<br />
zum Klimaschutz nötig sind.<br />
Infos unter www.klimapilgern.de<br />
Reliki macht Spaß<br />
Gute Seiten im Netz gibt es viele. Bei Kinderseiten<br />
wird es schon enger. Sollen dann noch Informationen<br />
über Beten und Bibel erklärt werden, wird es schnell<br />
zappenduster. Eine absolute Ausnahme ist da Reliki.<br />
de. Auf der Webseite des Bistums Osnabrück für ganz<br />
Deutschland wird Wissenswertes über Taufe, Schöpfungsgeschichte<br />
und Schutzengel, ja sogar ernste<br />
Themen wie Tod und Beerdigung, ohne jeden Zeigefinger,<br />
dafür jedoch gekonnt multimedial vermittelt.<br />
Und weil Religion und Kirche auf Reliki so viel Spaß<br />
machen, wurden dort zuletzt auch etliche Erwachsene<br />
gesichtet, die sich durch die vielen Fragespiele, bunten<br />
Puzzles und lustigen Memorys geklickt haben.<br />
www.reliki.de<br />
Rock den Dom<br />
Jugendfestival mit<br />
Jupiter Jones<br />
Besser können Sommerferien gar nicht starten: Vom 24. bis<br />
26. Juli verwandelt das Jugendfestival „Rock den Dom“ die ehrwürdige<br />
Bischofsstadt zur Partymeile für alle Jugendlichen ab<br />
14 Jahren. An diesem ersten Ferienwochenende locken unter<br />
anderem Poetry Slam, Tanz- und Musikworkshops, Kunst und<br />
Kultur. Außerdem gibt’s Livemusik der Band „Ich Kann Fliegen“<br />
und von TV-Allrounder und Sänger Julian Sengelmann.<br />
Höhepunkt im Dom ist der Jugendgottesdienst mit Bischof<br />
Norbert Trelle und die „Nacht der Lichter“. Am Samstag wird’s<br />
dann extra-rockig: Beim Open-Air-Konzert auf dem Domhof<br />
treten „Jupiter Jones“ auf, die mit ihrem Song „Still“ wochenlang<br />
die deutschen Charts bevölkerten.<br />
Tickets für das komplette Festivalwochenende kosten 20 Euro. Wer<br />
nur zum Jupiter Jones Konzert am Samstag kommen möchte, zahlt<br />
10 Euro Eintritt, zzgl. VVK. Infos und Tickets: www.rock-den-dom.de<br />
Angelina Jolie beim Papst<br />
Angelina Jolie (39), Regisseurin<br />
und Schauspielerin, freute sich<br />
über ihren Besuch bei Papst<br />
Franziskus. Dabei präsentierte sie<br />
ihm das Drama „Unbroken“, das<br />
vom Lauftalent und Kriegsveteran<br />
Louis Zamperini handelt. „Es<br />
ist eine große Ehre ‚Unbroken‘<br />
im Vatikan zeigen zu dürfen<br />
und zeugt von großem Respekt<br />
für Louis’ Leben und Wirken als<br />
Mann des Glaubens.“ Papst Franziskus<br />
bedankte sich dafür bei<br />
ihr mit einem Rosenkranz.<br />
FOTO: sven sindt; panorama entertainment<br />
FOTOS: picture alliance; KNA-Bild; KiZ/edmund deppe<br />
» Der Glaube hält mich am Boden.«<br />
Rihanna (26), Sängerin und Grammy-Gewinnerin<br />
aus Barbados, schöpft aus dem christlichen<br />
Glauben Kraft und Zuversicht: Weil er sie auf dem<br />
Boden hält, kann sie mit den Gefahren des Ruhms<br />
gut umgehen. Angst vor dem Unbekannten ist<br />
Rihanna jedoch nicht fremd. Sie kennt aber ein<br />
Gegenmittel: Wenn man Gott die komplette<br />
Kontrolle übergibt, sei es einfacher, furchtlos zu<br />
sein, sagte die Sängerin gegenüber dem Magazin<br />
„Harper’s Bazaar“.<br />
» Ich bete jeden Tag.«<br />
José Mourinho (52), portugiesischer Trainer des<br />
FC Chelsea und selbst ehemaliger Fußballspieler,<br />
ist nach eigenen Worten sehr gläubig und betet<br />
täglich. „Ich bete für meine Familie. Für meine<br />
Kinder, für meine Frau, für meine Eltern, für <strong>Glück</strong><br />
und ein gutes Familienleben,“ Eines aber tue er<br />
nie: „Ich bete nie über Fussball zu ihm. Nie!“<br />
Wenn er im Ausland sei, gehe er nicht jede Woche<br />
in den Gottesdienst. „Ich gehe dann, wenn ich das<br />
Bedürfnis dazu habe. Doch wenn ich in Portugal<br />
bin, gehe ich immer,“ sagte der Fußball-Experte<br />
im britischen „Telegraph“.<br />
» Ich bin manchmal besorgt,<br />
wenn ich Äußerungen von Christen<br />
höre, die weniger als liebevoll sind ...«<br />
Barack Obama (53), US-Präsident, hat das Verhalten<br />
mancher Vertreter der christlichen Rechten in<br />
seinem Land kritisiert, das aus seiner Sicht wenig<br />
christlich sei. Papst Franziskus lobte er: Dessen<br />
Beispiel „ermutigt, den Frieden zu suchen, den<br />
Menschen an den Rändern zu dienen und gute<br />
Statthalter von Gottes Schöpfung zu sein.“<br />
»Den Garten des Paradieses betritt man nicht mit den<br />
Füßen, sondern mit dem Herzen.« Bernhard von Clairvaux<br />
Gott am Flughafen<br />
Ab in den Urlaub – da packen viele Reisende<br />
am Flughafen Hannover gerne den<br />
Segen der ökumenischen Flughafenseelsorge<br />
mit ins Handgepäck. Ein sechsköpfiges<br />
Seelsorge-Team ist darum mit mobilen<br />
Ständen und mehrsprachigen Segensheftchen<br />
in den Terminals unterwegs. Und<br />
zwischen Terminal A und B steht Besuchern<br />
24 Stunden am Tag eine Kapelle offen fürs<br />
Innehalten und Runterkommen. Eine Oase<br />
der Stille zwischen Duty-Free und Kofferschleppen,<br />
schreiben viele ins Gästebuch.<br />
Aber Flughafenseelsorge heißt auch: Im<br />
Notfall bereitstehen, Todesnachrichten<br />
überbringen, Angehörige betreuen und vor<br />
den Medien schützen.<br />
Zehn Jahre alt wird die Flughafenseelsorge<br />
am Flughafen Hannover dieses Jahr – und<br />
sucht junge, offene Ehrenamtliche für eine<br />
Verjüngungskur.<br />
Kontakt: Pastor Ulrich Krämer, Telefon 0511 1241621<br />
oder ulrich.kraemer@evlka.de<br />
6 Jes 03 . 2015 Jes 03 . 2015 7
Titelthema<br />
welch ein <strong>Glück</strong>!?<br />
Geld macht nicht glücklich – das ist nicht nur ein billiger Trost<br />
der Besitzlosen, sondern eine wissenschaftlich festgestellte<br />
Tatsache. Doch was macht glücklich? Und kann man überhaupt<br />
etwas für sein <strong>Glück</strong> tun? Eine <strong>Glück</strong>sbetrachtung.<br />
Das Königreich Bhutan liegt zwischen China und Indien<br />
und hat rund eine Million Einwohner. Es ist ein armes<br />
Land, aber ein glückliches. Das „Bruttoinlandsglück“<br />
wird regelmäßig statistisch gemessen, und ein „Minister<br />
für <strong>Glück</strong>“ kümmert sich um das Wohlergehen der Bewohner.<br />
In der amerikanischen Verfassung ist das „Streben nach<br />
<strong>Glück</strong>“ als ein unveräußerliches Recht eines jeden Bürgers verankert.<br />
Auch einige südamerikanische Länder haben <strong>Glück</strong> als<br />
Staatsziel formuliert.<br />
<strong>Glück</strong>lich sein wollen wir alle, doch <strong>Glück</strong> ist ein flüchtiges<br />
Gut – mit und ohne staatliche Unterstützung. Und vor allem<br />
lässt sich <strong>Glück</strong> nicht zwingen. „Wer unbedingt glücklich sein<br />
will, wird es definitiv nicht werden“, sagt Professor Dr. Jürgen<br />
Manemann, Direktor des katholischen Forschungsinstituts<br />
für Philosophie Hannover. Dennoch kann man etwas für sein<br />
<strong>Glück</strong> tun. Zum Beispiel, eine gelassene Offenheit und Neugierde<br />
entwickeln. Und in Kontakt mit anderen Menschen<br />
treten. „Tragfähige Beziehungen sind ein Garant für <strong>Glück</strong>serfahrungen.<br />
Auch die Liebe zur Natur und eine relativ gute Gesundheit<br />
helfen dabei, <strong>Glück</strong> zu erleben“, sagt Manemann.<br />
Ungleiche <strong>Glück</strong>sverteilung<br />
Drei <strong>Glück</strong>sarten<br />
Was ist <strong>Glück</strong>? Der Lottogewinn, die gut überstandene<br />
Operation, das Staunen beim Anblick eines Dreitausenders?<br />
<strong>Glück</strong>serfahrungen gibt es viele. Die Wissenschaft<br />
unterscheidet drei Arten.<br />
Augenblicksglück<br />
Ich fühle mich überwältigt, wenn ich in den Sternenhimmel<br />
blicke, es durchströmt mich, wenn ich meinem<br />
Hund durchs Fell streichele, ich werde ganz leicht, wenn<br />
ich in einer Bergwand hänge und unter mir auf das Tal<br />
blicke – es sind tiefe <strong>Glück</strong>smomente, die oft nur von<br />
ganz kurzer Dauer sind, aber die sich einprägen und uns<br />
lange begleiten. Dieses <strong>Glück</strong> erreicht uns zufällig, es<br />
lässt sich nicht „herstellen“ und ist kostenlos. Mancher<br />
macht in diesen Momenten regelrecht transzendente<br />
Erfahrungen. Diese Erlebnisse lassen sich nur begrenzt<br />
weitergeben, beim Erzählen darüber stoßen wir schnell<br />
an die Grenzen.<br />
fOTO: Fotolia.com: altanaka<br />
Geld hingegen macht nicht glücklich: Wie Forscher herausgefunden<br />
haben, steigt das <strong>Glück</strong>sempfinden ab einem Jahreseinkommen<br />
von rund 100.000 Euro nicht mehr. Im Gegenteil:<br />
Die Sorge um den Vermögenserhalt frisst einen Teil der<br />
<strong>Glück</strong>sgefühle wieder auf. Allerdings: Ganz ohne Geld <strong>geht</strong> es<br />
auch nicht. Der Mensch braucht finanzielle und gesellschaftliche<br />
Voraussetzungen, um ein gutes, gelingendes Leben führen<br />
zu können. Und zwar so viel, dass er über seine Grundbedürfnisse<br />
hinaus Möglichkeiten zu einer sinnvollen Lebensgestaltung<br />
hat. Dass ein vernünftiges Auskommen und eine gute Infrastruktur<br />
durchaus bedeutsam sind, zeigt ein Blick auf den<br />
<strong>Glück</strong>satlas, eine von der Deutschen Post in Auftrag gegebene<br />
Studie über <strong>Glück</strong> und Zufriedenheit in Europa. Während die<br />
Dänen auf einer Skala von 0 bis 10 einen Zufriedenheits-Wert<br />
von 8,8 erreichen, liegen die Bulgaren nur bei 3,7. Deutschland<br />
bewegt sich mit 7,2 Punkten im oberen Mittelfeld. Auch innerhalb<br />
der Bundesrepublik ist das <strong>Glück</strong>sempfinden unterschiedlich<br />
verteilt. Die Nordlichter fühlen sich zufriedener als<br />
die Ostdeutschen. Das korrespondiert mit den Einkommensund<br />
Sozialverhältnissen.<br />
Wie die Macher einer anderen Studie herausgefunden<br />
haben wollen, ist – statistisch betrachtet – der glücklichste<br />
Mensch eine gesunde, berufstätige, verheiratete Frau, die in<br />
einer großen Wohnung in Hamburg lebt. Die Frau ist zudem<br />
katholisch. Das führt uns zum Thema Religion. „Ein produktiver<br />
<strong>Glück</strong>sfaktor“, wie Professor Manemann weiß. „Religion<br />
gibt uns die Zuversicht, dass etwas sinnvoll sein kann, selbst<br />
wenn es nicht erfolgreich ist“, sagt er. Religiöse Menschen ha-<br />
<strong>Glück</strong> der Fülle<br />
Das <strong>Glück</strong> der Fülle ist die umfassendste <strong>Glück</strong>sart. Es<br />
<strong>geht</strong> dabei um das gelingende Leben. Welche Ziele habe<br />
ich? Welche Person möchte ich sein? Das <strong>Glück</strong> der Fülle<br />
beinhaltet positive wie negative Erfahrungen. Jedes Leben<br />
wird von guten und schlechten Dingen geprägt. Die<br />
große Frage: Fügt sich trotz mancher Brüche am Ende<br />
alles zu einem guten Ganzen zusammen? War nicht alles<br />
schlecht? Kann ich eine ausgeglichene Bilanz ziehen? Am<br />
<strong>Glück</strong> der Fülle kann jeder arbeiten, in dem er sich immer<br />
wieder neu ausrichtet. Eine Garantie für das <strong>Glück</strong><br />
der Fülle gibt es aber nicht.<br />
Wohlfühlglück<br />
<strong>Glück</strong>smomente lassen sich herstellen: ein heißer Espresso,<br />
ein Wellness-Wochenende im Luxushotel, ein spannendes<br />
Buch, eine Auszeit in der Hängematte, der Kauf<br />
einer neuen Hose. Wir können etwas dafür tun, zumindest<br />
ein wenig glücklicher zu sein, und eine ganze Industrie<br />
bietet ihre Dienste dafür an. Aber Achtung: Das Wohlfühlglück<br />
funktioniert nur bei mäßigem Gebrauch. Schnell<br />
wird aus dem Wohlfühlen Gewohnheit oder gar Sucht. Und<br />
mit der Häufigkeit der selbstgemachten <strong>Glück</strong>smomente<br />
nimmt der Grad der Zufriedenheit ab. Ist der erste Besuch<br />
im Spaßbad noch ein ganz besonderes Erlebnis, lässt uns<br />
der zwanzigste Aufenthalt beinahe kalt.<br />
8 Jes 03 . 2015<br />
Jes 03 . 2015 9
Titelthema<br />
ben die Hoffnung, dass es Alternativen zum Status quo gibt.<br />
Es sind vor allem auch die Begleiterscheinungen der Religion,<br />
die für ein <strong>Glück</strong>lichsein wichtig sind: in einer Gemeinschaft<br />
eingebettet sein, Beziehungen pflegen, feiern, miteinander<br />
singen. Alles wichtige <strong>Glück</strong>sfaktoren. Und das lässt sich messen:<br />
Christen sind statistisch betrachtet zufriedener als Atheisten,<br />
und Katholiken noch ein wenig mehr als Protestanten.<br />
Anleitungen für ein gelingendes Leben<br />
»Viele Menschen versäumen das<br />
kleine <strong>Glück</strong>, während sie auf das<br />
große vergebens warten.« Pearl S. Buck<br />
Man darf aber Religion nicht einfach mit <strong>Glück</strong> gleichsetzen.<br />
Das zeigt ein Blick in das Neue Testament. Dort kommt das<br />
Wort nicht ein einziges Mal vor. Doch auch wenn <strong>Glück</strong> nicht<br />
ausdrücklich in den Geschichten zu finden ist, so liefert die<br />
Bibel dennoch Anleitungen für ein glückliches Leben. Es entspannt<br />
sich dort zwischen guten und schlechten Erfahrungen.<br />
Regeln für ein glückliches Leben im Sinne eines gelingenden<br />
Lebens finden sich zum Beispiel in der Bergpredigt. Da ruft<br />
Jesus zu Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Friedfertigkeit<br />
auf und hält zu einem moralischen Handeln an. „Wir wissen,<br />
wenn wir uns moralisch verhalten, löst das ein gutes Gefühl<br />
aus“, erläutert Manemann. Selbstlosigkeit als <strong>Glück</strong>sbringer<br />
Nicht nur durch „gutes Handeln“ lassen sich <strong>Glück</strong>sgefühle<br />
wecken, sondern auch dadurch, dass wir uns Wohlfühloasen<br />
schaffen. Das Wohlfühlglück kann der Cappuccino oder<br />
das Glas Wein auslösen, das Sonnenbad oder der Jogginglauf.<br />
Doch das Herbeiführen von <strong>Glück</strong>smomenten kann auch danebengehen.<br />
Wer sich im Fernsehen das Traumschiff oder Rosamunde<br />
Pilcher anguckt, ist vielleicht für eineinhalb oder<br />
zwei Stunden vermeintlich glücklich. Wenn er anschließend<br />
das Gesehene mit seinem eigenen Leben vergleicht, <strong>geht</strong> es<br />
ihm aber unter Umständen noch elender als zuvor. Manemann:<br />
„Ich gönne jedem seine Auszeit und eine kurze Flucht<br />
in eine andere Welt. Aber diese Vorspiegelung von <strong>Glück</strong> macht<br />
unglücklich“. Unglücklich wird auch, wer – angeblich – wunschlos<br />
glücklich ist. <strong>Glück</strong> hat auch mit der Erfüllung von Wünschen<br />
zu tun. Aber wenn wir keine Wünsche mehr haben, keine<br />
Ziele, keine Sehnsucht mehr, dann kann sich auch nichts mehr<br />
erfüllen. Und <strong>Glück</strong> weicht bestenfalls einer Sattheit. „Wir werden<br />
immer zufriedener, aber keineswegs glücklicher. In den<br />
Studien zum <strong>Glück</strong> wird <strong>Glück</strong> mit Zufriedenheit gleichgesetzt,<br />
die kann man ja auch messen. Aber <strong>Glück</strong> ist nicht nur mehr,<br />
sondern immer auch etwas anderes als Zufriedenheit. Im Augenblicksglück<br />
blitzt davon etwas auf“, so Manemann. Unter<br />
den Umständen zufriedener Sattheit wird es schwierig, auch<br />
nur das <strong>Glück</strong> des Augenblicks zu erleben: den Schmetterling<br />
auf der Hand, das Lachen des Kindes, den Sonnenuntergang.<br />
Manemann: „Große <strong>Glück</strong>serfahrungen haben oft mit ganz<br />
kleinen Dingen zu tun, die uns häufig umsonst gegeben sind“.<br />
Mehr zum Thema gibt es unter<br />
www.jes-magazin.de<br />
J matthias bode<br />
Gehe ruhig und gelassen durch Lärm und Hast und sei des Friedens<br />
eingedenk, den die Stille bergen kann. Vertrage dich mit allen<br />
Menschen, möglichst ohne dich ihnen auszuliefern. Äußere deine<br />
Wahrheit ruhig und klar und höre anderen zu, auch den Geistlosen<br />
und Unwissenden, denn auch sie haben ihre Geschichte. Meide laute<br />
und aggressive Menschen. Für den Geist sind sie eine Qual. In deinen<br />
geschäftlichen Angelegenheiten lasse Vorsicht walten, denn die Welt<br />
ist voller Betrug. Doch soll das dich nicht blind machen für vorhandene<br />
Rechtschaffenheit. Viele Menschen bemühen sich, hohen Idealen<br />
zu folgen und überall ist das Leben voller Heldenmut. Sei du selbst. Vor<br />
allem heuchle nicht Zuneigung und sei, was die Liebe anbelangt, nicht<br />
zynisch. Denn trotz aller Dürre und Enttäuschung ist sie doch ewig wie<br />
das Gras. Nimm freundlich und gelassen den Ratschluss der Jahre an<br />
und gib mit Würde die Dinge der Jugend auf. Stärke die Kraft des Geistes,<br />
damit er dich bei unvorhergesehenem Unglück schütze, aber quäle dich<br />
nicht mit Gedanken. Viele Ängste kommen aus Ermüdung und Einsamkeit.<br />
Neben einem gesunden Maß an Selbstdisziplin sei gut zu dir. Du<br />
bist nicht weniger ein Kind des Universums, als es die Bäume und die<br />
Sterne sind. Du hast ein Recht, hier zu sein. Und, ob dir dies klar ist oder<br />
nicht: Kein Zweifel besteht, dass das Universum sich so entfaltet, wie es<br />
sich entfalten soll. Darum lebe in Frieden mit Gott, wie auch immer du<br />
ihn verstehst. Was auch immer dein Sehnen ist: Halte in der lärmenden<br />
Wirrnis des Lebens mit deiner Seele Frieden. Trotz aller Falschheit, trotz<br />
aller Mühen und all der zerbrochenen Träume ist es eine schöne Welt.<br />
Sei vorsichtig und strebe danach, glücklich zu sein.<br />
Desiderata, Aus der alten St.-Pauls-Kirche, Baltimore 1692 (gekürzt)<br />
10 Jes 03 . 2015<br />
Jes 03 . 2015<br />
11
Titelthema<br />
Mitbringsel aus dem Paradies<br />
<strong>Glück</strong>sbringer: Tradition und Aberglaube<br />
Vierblättriges Kleeblatt<br />
Evas Andenken aus dem Paradies soll ein<br />
vierblättriges Kleeblatt gewesen sein.<br />
Daher der Aberglaube, dass jeder glückliche<br />
Finder dieser Rarität ein Stück vom<br />
Paradies in seinen Händen hält.<br />
<strong>Glück</strong>sschwein<br />
Schornsteinfeger<br />
So <strong>geht</strong> <strong>Glück</strong><br />
10 Tipps von Papst Franziskus<br />
Was braucht der Mensch für ein glückliches Leben? Diese<br />
Frage stellte das argentinische Magazin Viva Papst Franziskus.<br />
Jes dokumentiert seine Antworten leicht gekürzt.<br />
Was im Königreich Bhutan<br />
Realität ist, existiert hierzulande<br />
als Kunstprojekt: das<br />
„Ministerium für <strong>Glück</strong> und<br />
Wohlbefinden“. 2012 entwickelten<br />
Studenten der Hochschule<br />
Mannheim die Idee, ein solches<br />
Ministerium ins Leben zu rufen,<br />
bis heute betreibt Gina Schöler<br />
die Kampagne weiter. Die Kommunikationsdesignerin<br />
nennt<br />
sich selbst „<strong>Glück</strong>sministerin“<br />
und ist europaweit unterwegs,<br />
um mit Menschen gemeinsam<br />
das <strong>Glück</strong> zu erarbeiten und<br />
greifbar zu machen. „Welche<br />
Werte zählen wirklich, wie wollen<br />
wir leben und was müssen<br />
wir dafür ändern?“, fragt sie.<br />
In Form von Vorträgen, Workshops<br />
oder interaktiven Aktionen<br />
zeigt sie auf, wie viel Spaß<br />
es machen kann, sich um das<br />
gute Leben zu kümmern – eine<br />
Idee, die auf ein großes Echo<br />
stößt. Unter anderem konnte<br />
Schöler ihre Ideen schon Bundestagsmitgliedern<br />
vorstellen<br />
und auf Kongressen und Messen<br />
sprechen.<br />
www.ministeriumfuerglueck.de<br />
„Schwein gehabt“ hieß es im Mittelalter<br />
für den Ritter, der ein Turnier verlor –<br />
denn als Trostpreis gab’s ein Schwein.<br />
Ferkel gelten bis heute als <strong>Glück</strong>sbringer,<br />
weil sie als Allesfresser nicht wählerisch<br />
sind, ihre Genügsamkeit sie aber dennoch<br />
fett und wertvoll werden lässt.<br />
Marienkäfer<br />
Der Name „Marienkäfer“ leitet sich von der<br />
Gottesmutter Maria ab. Möglicherweise<br />
wegen seiner oftmals sieben schwarzen<br />
Punkte auf den roten Flügeln, die mit den<br />
sieben Schmerzen der Jungfrau Maria in<br />
Verbindung gebracht wurden. Im Volksglauben<br />
sandte Maria diese Käfer, um<br />
Schädlinge zu vertilgen und die Ernten zu<br />
retten. Der Schaden abwendende Marienkäfer<br />
wurde zum <strong>Glück</strong>sbringer. Ältere<br />
Sagen sahen im Marienkäfer den Beschützer<br />
vor Hexen und Unheil.<br />
Der Schornsteinfeger hat es weit<br />
gebracht: Zunächst wegen des<br />
rußgeschwärzten Gesichts auf einer<br />
Stufe mit dem Teufel stehend,<br />
überwog irgendwann sein Nutzen.<br />
Ein sauberer Kamin verringerte die<br />
Brandgefahr. Dadurch war indirekt<br />
der Besitz geschützt. Dies trug zum<br />
<strong>Glück</strong> der Hausbewohner bei.<br />
Scherben<br />
Beim Polterabend oder bei Schiffstaufen<br />
gilt: „Scherben bringen<br />
<strong>Glück</strong>.“ Mit dem Lärm sollen böse<br />
Geister vertrieben werden, um eine<br />
glückliche Zukunft ansteuern zu<br />
können. Der Brauch, Porzellan oder<br />
Ähnliches zu zerschlagen, <strong>geht</strong> vermutlich<br />
auf alte Opferrituale zurück,<br />
bei denen am Ende Opferschalen<br />
zerschlagen wurden.<br />
fOTOs: gina schoeler; Fotolia.com: gertudda<br />
fOTO: reuters/giampero Sposito<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
4.<br />
5.<br />
Leben und leben lassen. Wer sein Leben<br />
selbst in die Hand nimmt, sich weiterentwickelt<br />
und anderen dies auch zugesteht, befindet sich<br />
auf dem Weg zu Frieden und <strong>Glück</strong>.<br />
Seien Sie großzügig. Sich selbst und gleichzeitig<br />
allen Mitmenschen offen und wohlwollend<br />
begegnen – das bewahrt vor zu viel eigener Nabelschau<br />
und Egozentrik.<br />
Gewinnen Sie Gelassenheit. Besser als gemächlich<br />
fließendes Wasser in einen See münden,<br />
anstatt ein steinbeladener reißender Strom zu<br />
sein: Erst Ruhe und Demut sorgen für die nötige<br />
Gelassenheit im Leben.<br />
Gestalten Sie Ihre Freizeit. Nutzen Sie Feierabend,<br />
Wochenenden und Urlaube für ein echtes<br />
Miteinander: Gespräche, Spiele, gemeinsames Naturerleben,<br />
Kunst und Kultur – anstatt Fernseher,<br />
Computer oder Handy die Regie zu überlassen.<br />
Arbeiten Sie am Sonntag nicht. Nach Möglichkeit<br />
gehört dieser Tag der Familie.<br />
6.<br />
7.<br />
8.<br />
9.<br />
10.<br />
Unterstützen Sie die Jugend. Sorgen Sie<br />
dafür, dass sie würdige Berufe findet. Würde ist<br />
dir gegeben, wenn du Essen selbst nach Hause<br />
bringen kannst, von deiner eigenen Arbeit.<br />
Schützen Sie die Natur. Der Respekt vor unserer<br />
Umwelt ist vielfach verloren gegangen.<br />
Denken Sie positiv. Über andere schlecht zu<br />
reden zeugt von geringem Selbstwertgefühl: Ich<br />
fühle mich so klein, dass ich andere kleinhalten<br />
muss, anstatt mich selbst aufzuraffen.<br />
Respektieren Sie andere Religionen. Die<br />
Kirche wächst, indem sie attraktiv ist, nicht bekehrend,<br />
Das Schlimmste ist eine religiöse Bekehrung,<br />
die meint: Ich rede mit dir, nur um dich<br />
zu überreden.<br />
Bleiben Sie friedlich. Wir leben in einer Zeit<br />
vieler Kriege. Daher muss der Ruf nach Frieden<br />
lauter geschrien werden. Friede ist niemals ruhig.<br />
Der Frieden ergreift immer die Initiative und ist<br />
dynamisch.<br />
12 Jes 03 . 2015<br />
Jes 03 . 2015<br />
13
Titelthema<br />
glücksboten<br />
Die Frage nach dem <strong>Glück</strong> treibt auch die moderne Hirnforschung<br />
um. Was passiert unter der Schädeldecke, wenn wir glauben,<br />
glücklich zu sein? Der Göttinger Neurobiologe Gerald Hüther<br />
verweist auf die unterschiedlichen Dimensionen von <strong>Glück</strong>.<br />
Herr Professor Hüther, Sie sind dem <strong>Glück</strong> seit vielen Jahren<br />
auf der Spur. Lässt sich <strong>Glück</strong> überhaupt messen?<br />
Die Neurobiologen suchen nach sogenannten <strong>Glück</strong>sbotenstoffen,<br />
nach Dopamin und endogenen Opiaten, die in dem<br />
Moment, den wir für <strong>Glück</strong> halten, im Hirn eines Menschen<br />
vermehrt freigesetzt werden. Messbar ist dann eine Aktivierung<br />
des sogenannten Belohnungszentrums. Auf den Monitoren<br />
lässt sich erkennen, welche Bereiche im Hirn dann<br />
genau aktiv werden. Doch man macht es sich als Neurobiologe<br />
zu einfach, wenn man meint, man könnte allein anhand<br />
von Botenstoffen oder Aktivierungsprozessen, die im Gehirn<br />
mit diesem Zustand einhergehen, den wir <strong>Glück</strong> nennen, das<br />
<strong>Glück</strong> tatsächlich messen. Dabei ist oft noch viel mehr los im<br />
Hirn. Wer sich mit dem kleinen Geflacker im Belohnungszentrum<br />
nicht zufrieden geben will, wird feststellen, dass bei<br />
einem tieferen <strong>Glück</strong> auch andere Bereiche im Hirn und oft<br />
sogar über längere Zeit aktiviert werden, Areale, die bei kurzzeitiger<br />
<strong>Glück</strong>sbefriedigung entweder gar nicht betroffen<br />
sind oder schnell wieder erlöschen.<br />
Manchmal macht uns doch auch Schokolade glücklich, ein Paar<br />
neue Schuhe, ein größeres Auto oder auch ein Lottogewinn?<br />
Ja, es gibt tatsächlich tausend verschiedene Dinge, von denen<br />
die Menschen glauben, dass sie glücklich machen. Das kann<br />
das Paar Schuhe sein, die Briefmarkensammlung, der Sieg<br />
des Lieblingsvereins, die Joggingrunde durch den Wald oder<br />
auch die Tafel Schokolade. Wir müssten uns also erst einmal<br />
darüber verständigen, was wir unter <strong>Glück</strong> verstehen, bevor<br />
wir im Hirn danach suchen, was dort alles passiert.<br />
»<strong>Glück</strong>lich ist nicht, wer anderen<br />
so vorkommt, sondern wer sich<br />
selbst dafür hält.« Seneca<br />
kommt. Szenenwechsel: Ein anderes kleines Kind steht zum<br />
ersten Mal allein auf zwei Beinen, dafür hat es lange geübt.<br />
Das <strong>Glück</strong>sgefühl durchströmt den ganzen Körper, das Kind<br />
strahlt die Mutter an. Dieser <strong>Glück</strong>szustand ist weitaus komplexer.<br />
Das ist das Entscheidende: Dem Jungen mit dem<br />
Überraschungsei bleibt nur das schnelle <strong>Glück</strong>, eine Art Triumphgefühl.<br />
Ähnlich wie bei einem Lottogewinn oder beim<br />
Kauf eines neuen Autos. Das heißt, langfristig und nachhaltig<br />
wäre <strong>Glück</strong> ein Zustand, der dazu führt, dass ich mich<br />
selbst weiterentwickele, Stichwort: Selbsterkenntnis, dass<br />
es mir gelingt, in der Gemeinschaft mit anderen das <strong>Glück</strong><br />
zu finden, Stichwort: Nächstenliebe, und wenn ich es erreiche,<br />
mich in dieser Welt gehalten und im Einklang zu fühlen,<br />
Stichwort: Spiritualität.<br />
J karin Dzionara<br />
fOTO: gettyimages<br />
fOTO: Frnaziska Hüther<br />
Was genau ließe sich denn als <strong>Glück</strong> bezeichnen?<br />
Ein wichtiger Begriff in der Hirnforschung ist Kohärenz, das<br />
ist ein Zustand, in dem alles zusammenpasst und den auch<br />
das Gehirn anstrebt. Ein Idealzustand ohne jede Störung,<br />
den man im Leben eigentlich nie erreicht – das wäre <strong>Glück</strong>.<br />
Doch so lange wir lebendig sind, kommt es immer wieder zu<br />
Störungen. Schon wenn ich morgens die Augen aufmache,<br />
gelangen Signale ins Gehirn, die diese sogenannte Kohärenz<br />
stören. Jede Störung, jedes Problem veranlasst uns also, die<br />
Situation wieder auszugleichen. Gelingt uns das annähernd,<br />
wird im Hirn das Belohnungssystem aktiviert und wir fühlen<br />
uns gut. Im Laufe unseres Lebens entwickeln wir immer<br />
bessere Strategien, um genau das zu erreichen. Im Grunde<br />
ist das oft aber nur eine schnelle Befriedigung, ein billiger<br />
Ersatz. Wir gönnen uns etwas – und werden so zu Opfern unserer<br />
eigenen <strong>Glück</strong>sstrategien.<br />
Und was könnte uns wirklich glücklich machen?<br />
Ich versuche, das an einem sehr einfachen Beispiel deutlich<br />
zu machen. Ein kleiner Junge kommt mit seiner Mutter an<br />
der Supermarktkasse vorbei, sieht dort ein Überraschungsei<br />
und brüllt so lange, bis er die Süßigkeit schließlich be-<br />
Professor Dr. Gerald Hüther ist Neurobiologe am Zentrum<br />
für psychosoziale Medizin an der Psychiatrischen Klinik<br />
an der Universität Göttingen. Der prominente <strong>Glück</strong>sforscher<br />
und Autor zahlreicher wissenschaftlicher und<br />
populärwissenschaftlicher Publikationen plädiert für<br />
ein Umdenken in der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts.<br />
Jüngst ist sein neues Buch erschienen: „Etwas mehr<br />
Hirn, bitte. Eine Einladung zur Wiederentdeckung der<br />
Freude am eigenen Denken und der Lust am gemeinsamen<br />
Gestalten.“, Vandenhoeck & Ruprecht, 19,99 Euro.<br />
14 Jes 03 . 2015<br />
Jes 03 . 2015<br />
15
Pilgerreise<br />
Titelthema<br />
<strong>Glück</strong> ist kein Zufall<br />
Mehr als einmal hat der Braunschweiger Detlef Schötz <strong>Glück</strong><br />
gehabt – <strong>Glück</strong> im Unglück. Seitdem weiß er: Vieles ist im<br />
Leben gar nicht so wichtig.<br />
Detlef Schötz weiß, wie sich <strong>Glück</strong> anfühlt. Er war 18, als<br />
er sich mit einem Fiat 124 in einer S-Kurve mehrmals<br />
überschlug und das Auto schließlich auf dem Dach<br />
liegen blieb. Am Steuer des Wagens saß ein Freund, der ihn<br />
kurz zuvor an einer Bushaltestelle aufgesammelt hatte. Detlef<br />
Schötz erlebte das, was viele Menschen in Todesangst<br />
durchmachen: Ein Film seines bisherigen Lebens lief an ihm<br />
vorüber. Doch er musste nicht sterben. Es dauerte einige Minuten,<br />
bis er seinen Schock überwunden hatte. Dann kletterte<br />
er durch die zersplitterte Frontscheibe des Kleinwagens<br />
ins Freie. Die einzige Verletzung, die er davontrug, war eine<br />
Wunde am linken Handrücken – vermutlich hatte er sich an<br />
den Glassplittern geschnitten.<br />
Kopfüber auf eine Betonplatte<br />
Es war nicht das einzige Mal, dass Detlef Schötz <strong>Glück</strong> hatte.<br />
Schon als Baby überstand er einen Sturz aus dem Arm der<br />
Mutter mitten in gesplittertes Glas einer Milchflasche. Eine<br />
Narbe an der Stirn zeugt noch davon. 2009 stürzte er mit<br />
dem Kopf voraus vom Garagenboden auf eine Betonplatte.<br />
Auch dieser Unfall endete glimpflich. Er zog sich nur eine<br />
weitere Schnittwunde zwischen den Augenbrauen zu. Er hätte<br />
sich auch leicht das Genick brechen können.<br />
Für Detlef Schötz ist sein <strong>Glück</strong> mehr als Zufall. „Es geschieht<br />
nichts umsonst. Die Biografie eines Menschen hat<br />
einen Sinn“, sagt er. „Ich bin dankbar, dass ich immer wieder<br />
eine neue Chance bekommen habe. Ich habe ein tiefes Vertrauen<br />
zu Gott entwickelt“, erzählt er. Schötz ist seit seinem<br />
Dreimal <strong>Glück</strong> im<br />
Unglück: Detlef Schötz<br />
ist dankbar, dass er<br />
immer wieder eine<br />
Chance bekommen hat.<br />
Autounfall gelassener geworden: „Man merkt, dass vieles im<br />
Leben gar nicht so wichtig ist“. Und er hat ein besonderes Verhältnis<br />
zu Engeln entwickelt. „Als wir uns mit dem Auto überschlagen<br />
haben, habe ich meinen Schutzengel am Waldrand<br />
gesehen“, sagt Schötz. Er weiß, dass sich das für manchen, der<br />
das hört oder liest, etwas eigenartig anhören mag. Aber das<br />
kümmert ihn nicht.<br />
Schötz, Vater von drei Kindern, arbeitet heute als hauptberuflicher<br />
Diakon in St. Aegidien in Braunschweig. Er verteilt<br />
Lebensmittel an Bedürftige, kümmert sich um eine Kleiderkammer,<br />
lädt Obdachlose zum Frühstück ein. Die Menschen,<br />
mit denen er zu tun hat, sind häufig drogensüchtig, alkoholkrank,<br />
sozial schwach. „Es gibt für jeden eine Hoffnung,<br />
ein Licht. Wir Menschen werden Gott nicht los“, sagt er. Eine<br />
Erfahrung, die er selbst gemacht hat. Und er ist überzeugt:<br />
„Wirkliches <strong>Glück</strong> erfahren wir nur im Unglück.“<br />
J matthias bode<br />
fOTO: fotolia.com: friedberg; matthias Bode<br />
HeimSuchungen<br />
Die Menschen hungern, leben in Angst, verlieren<br />
ihre Heimat. Persönlich und berührend schildern<br />
zehn Männer und Frauen, wie sie Flucht und<br />
Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg erlebt<br />
und im Bistum Hildesheim eine neue Heimat<br />
gefunden haben.<br />
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Jubiläums 1200 Jahre Bistum Hildesheim.<br />
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Seele & Leib<br />
Aus dem Kloster<br />
und der Rauke kurz vor dem Servieren<br />
zum Risotto geben. Nochmals<br />
abschmecken, in Schälchen geben und<br />
nach Wunsch mit Kapuzinerkresseblüten<br />
dekorieren. Wer es opulenter<br />
mag, kann den Risotto mit Parmesan<br />
und Pinienkernen servieren.<br />
Sommerduft im Säckchen<br />
Im Klostergarten der Abtei Fulda blüht<br />
in diesen Tagen der Lavendel. In kleinen<br />
handgenähten, bunten Säckchen abgepackt<br />
verschicken die Benediktinerinnen<br />
den Blütenduft über ihren Online-Shop in<br />
die ganze Republik. 3,80 Euro pro Stück<br />
www.abtei-fulda.de/shop<br />
Rezept und Bild entnommen aus „Wildkräuter“<br />
von Ralf Hiener und Olaf Schnelle,<br />
ISBN: 978-3-7750-0540-1, © Hädecke Verlag<br />
Pure Kraft<br />
Buntes Treiben<br />
In manchen Gegenden gehören Blumenteppiche<br />
an Fronleichnam zum festen<br />
Brauchtum. Aus den Blüten lässt sich auch<br />
ein farbenfrohes Festtagsmenü zaubern.<br />
Die Fronleichnamsfeier, an der Katholiken 60 Tage nach<br />
dem Ostersonntag die leibliche Gegenwart Jesu Christi<br />
im Brot des Abendmahls feiern, ist auch ein Fest für die<br />
Augen. Dies gilt hierzulande sowohl für den Norden, wo Katholiken<br />
mit Fahnen durch die Straßen hin zu geschmückten<br />
Kirchen prozessieren, als auch für den Südwesten der Republik,<br />
wo es wie in Mühlenbach in vielen Gemeinden Brauch ist,<br />
Blüten auf den Wiesen zu pflücken und zu Blumenteppichen<br />
zu verarbeiten. Eine hohe Symbolkraft haben sie ohnehin.<br />
Bereits seit der Antike sind die bunten, zarten Blüten ein<br />
Sinnbild von Schönheit und Leben, aber auch von Vergänglichkeit.<br />
Und weil sich aus ihnen Früchte entwickeln, stehen<br />
sie häufig auch für Hoffnung.<br />
In unserer Ernährung haben Blüten lange Zeit eine eher<br />
untergeordnete Rolle gespielt. Das hat sich in den vergangenen<br />
Jahren geändert. Immer mehr Köche greifen auf die<br />
bunten Pflanzenteile zurück – zum einen als Tellerdekoration,<br />
zum anderen aber auch als Zutat in Sommersalaten, Suppen<br />
oder Desserts. Als besonderer Hingucker machen sich<br />
beispielsweise Veilchen, Gänseblümchen oder Lavendel in<br />
Eiswürfeln für sommerliche Erfrischungsgetränke. Und wer<br />
Kapuzinerkresse mit Butter und etwas Salz vermengt, bekommt<br />
eine fruchtig, scharfe Zugabe zum Grillfleisch. Dabei<br />
haben viele Blüten nicht nur ein interessantes Aroma, sondern<br />
oftmals auch eine heilende Wirkung.<br />
Blüten auf den Teller<br />
Der Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt. Dabei ist es erstaunlich,<br />
wie viele Blüten tatsächlich essbar sind. Neben<br />
Löwenzahn, Gänseblümchen oder Schafgarbe können etwa<br />
auch Begonien, Dahlien oder Chrysanthemen auf den Teller.<br />
Wer sich nicht sicher ist, findet auf Ratgeberseiten im Internet<br />
wie zum Beispiel www.bio-gaertner.de oder in Büchern<br />
Antworten. Schließlich gibt es auch einige giftige Blüten, die<br />
keineswegs gegessen werden sollten – Pfingstrosen zum Beispiel,<br />
Fingerhut oder Engelstrompeten.<br />
Blüten sind sehr empfindlich. Deshalb sollten sie frisch gepflückt<br />
verarbeitet werden – idealerweise sammelt man sie<br />
vormittags im eigenen Garten ein, wenn die Knospen gerade<br />
aufgehen. Dann kann man sich auch sicher sein, dass die<br />
Pflanzen mit keinen Giftstoffen in Berührung gekommen sind.<br />
Auch Wiesen, die nicht direkt an größeren Straßen liegen, eignen<br />
sich zum Sammeln. Dem farbenfrohen Blütenmenü steht<br />
dann nichts mehr im Wege – zum Fronleichnamsfest jedenfalls<br />
passt es besonders gut.<br />
J Stephan Fuhrer<br />
FOTO: Fotolia.coM: bygimmy<br />
FOTOs: Anne Freidanck „Wildkräuter“, Hädecke Verlag; Fotolia.com: tr3gi, Buriy<br />
blumiges reisgericht<br />
Risotto mit Gurke,<br />
Kapern und<br />
Kapuzinerkresse<br />
Für 4 Personen<br />
350 g Risottoreis (Vialone oder Arborio)<br />
1 fein gewürfelte Zwiebel<br />
4 EL Olivenöl, etwas Butter<br />
200 ml trockener Weißwein<br />
1600 ml heiße, kräftige Gemüsebrühe<br />
1 Salatgurke<br />
2 enthäutete und entkernte Tomaten<br />
60 g Kapern (Nonpareilles)<br />
evtl. eine Hand voll Rauke<br />
30 g Kapuzinerkresseblätter<br />
einige Kapuzinerkresseblüten<br />
100 ml geschlagene Sahne (Rahm)<br />
Salz, weißer Pfeffer aus der Mühle,<br />
Muskatnuss<br />
So wird’s gemacht:<br />
Zwiebelwürfel in Olivenöl und Butter<br />
glasig schwitzen, ungewaschenen<br />
Risottoreis zugeben und ebenfalls<br />
kurz anschwitzen. Salzen, mit Weißwein<br />
ablöschen und diesen vollständig<br />
einkochen lassen. Die Brühe in kleinen<br />
Mengen zum Risotto geben. Im Topf<br />
sollte es immer leicht köcheln, die<br />
Kochdauer beträgt etwa 20 Minuten.<br />
Die Gurke schälen, entkernen und in<br />
Würfel bzw. in Scheiben schneiden. Die<br />
Tomaten ebenfalls fein würfeln. Kurz<br />
bevor der Risotto gar ist, Gurke und<br />
Tomaten zugeben und kurz mitkochen.<br />
Die Kapuzinerkresseblätter in sehr feine<br />
Streifen schneiden, gemeinsam mit<br />
der geschlagenen Sahne, den Kapern<br />
Aloe, Zedernholz, Myrrhe, Rose von<br />
Jericho – die Hinweise auf Heilpflanzen<br />
sind in der Bibel zahlreich<br />
vertreten. Um an die Wirkstoffe zu<br />
kommen, wurden ätherische<br />
Öle gewonnen und anschließend<br />
beispielsweise zu Salben weiterverarbeitet.<br />
Das historische Wissen hat<br />
sich in der Naturmedizin bis heute<br />
gehalten. Noch immer setzen wir<br />
gerade bei kleineren Wehwehchen<br />
auf die Wirkung dieser hochkonzentrierten<br />
Essenzen: Eukalyptus zur<br />
Schleimlösung, Fenchel-Kümmel-<br />
Anis gegen Blähungen oder Kamille<br />
gegen Entzündungen. Einige Duftstoffe<br />
finden sich zudem in Parfüm,<br />
Badezusätzen oder Massageölen<br />
wieder. Eine wichtige Rolle spielen<br />
die ätherischen Öle auch bei der<br />
Aromatherapie, bei der Therapeuten<br />
Empfindungsstörungen behandeln.<br />
Gewonnen werden die Öle ähnlich<br />
wie beim Schnapsbrennen durch<br />
Destillation. Dabei wird den zerkleinerten<br />
Pflanzen in einem Brennkessel<br />
Wasserdampf zugeführt. Der<br />
Dampf treibt die Öle aus der Pflanze.<br />
Anschließend werden Wasser und Öl<br />
voneinander getrennt. Zurück bleibt<br />
die pure Heilkraft der Natur.<br />
J Stephan Fuhrer<br />
Aus dem Netz<br />
Zu gut für die Tonne<br />
Zum Wegwerfen zu schade – aber was<br />
soll man bloß mit den ganzen Resten im<br />
Kühlschrank anfangen? Die Internetseite<br />
www.zugutfuerdietonne.de des Bundesministeriums<br />
für Ernährung und Landwirtschaft<br />
weiß Rat – und hat jede Menge<br />
hervorragende Rezeptideen. Die Inhalte<br />
gibt es auch als kostenlose App, erhältlich<br />
in den App-Stores von Google und Apple.<br />
Aus dem Kalender<br />
Lecker Pfannkuchen!<br />
Traditionell am letzten Sonntag im Juli<br />
wird in Geeste das Buchweizenblütenfest<br />
im Emsland-Moormuseum gefeiert.<br />
Bekannt ist die Feier, die in diesem Jahr<br />
am 26. Juli von 10 bis 18 Uhr stattfinden<br />
wird, für ihre hervorragenden Buchweizenpfannkuchen.<br />
18 Jes 03 . 2015<br />
Jes 03 03 . . 2015<br />
19 19
Lebensfrage<br />
klasSe statt masse<br />
Mit den besten Freunden durch dick und dünn: Freundschaften<br />
werden viel beschworen, weil sie unser Leben bereichern.<br />
Selbst dann, wenn der Alltag manchmal holprig ist.<br />
»Facebook hilft, mit Leuten in<br />
Kontakt zu bleiben, die wir auch im<br />
echten Leben kennen. Mehr nicht.<br />
Wer glaubt, dass jeder Facebook-<br />
Kontakt ein Freund ist, der weiß<br />
nicht was Freundschaft bedeutet.«<br />
Marc Zuckerberg<br />
rühmtheit erlangte. Weniger bekannt ist jedoch, dass der<br />
leidgeprüfte Mann durch Feuer und Sturm um Besitz und<br />
Kinder gebracht wurde, Diebe ihm seine Kälber nahmen<br />
und er selbst an einem Hautausschlag erkrankte. Geblieben<br />
sind ihm jedoch drei Freunde: Elifas, Bildad und Zofar. Sie<br />
eilen sofort zu Hiob, setzen sich zu ihm in den Staub und<br />
halten sein Schweigen aus. Mehr noch: Sie wollen ihm nah<br />
sein und ihre Verbundenheit ausdrücken. Daher schweigen<br />
auch sie. Mit ihm. Sieben Tage und Nächte lang. Als Hiob<br />
endlich wieder spricht, hören sie zu und geben dadurch seiner<br />
Trauer Raum. Gleichzeitig sind sie kritische Gesprächspartner,<br />
die ihm nicht nach dem Mund reden. Freunde im<br />
besten Sinne also. Dass die Diskussion dieser vier Freunde<br />
dann leider doch noch eskaliert, steht dabei auf einem anderen<br />
Blatt: nachzulesen im Alten Testament der Bibel im<br />
Buch Hiob (oder Ijob). Damals wie heute „menschelt“ es<br />
eben selbst unter Freunden gewaltig, wenn Wortgefechte<br />
aus dem Ruder laufen, weil jeder dem anderen beweisen<br />
will, wie richtig man selbst liegt – und wie falsch der andere.<br />
Freundschaft belebt<br />
„Was sagt ihr, dass ich sei?“<br />
Wie die Welt Jesus Christus sieht<br />
18. Juli 2015 (16.30 Uhr) bis 19. Juli 2015 (15.30 Uhr)<br />
„Für wen haltet ihr mich?“, fragt Jesus von Nazaret seine Jüngerinnen<br />
und Jünger und stellt die Theologie vor eine große Herausforderung.<br />
Keine christliche Gemeinschaft kann sich der Frage<br />
entziehen: Wer ist eigentlich dieser Jesus Christus? Das Seminar<br />
<strong>geht</strong> der Frage nach, wie die Antwortversuche an verschiedenen<br />
Orten und Zeiten unterschiedlich ausfallen. Es werden<br />
lateinamerikanische, afrikanische, asia tische und westliche Entwürfe<br />
verglichen und diskutiert.<br />
Referent: Prof. Dr. Dr. Thomas Fornet-Ponse, Jerusalem<br />
Seminarleitung: Dr. Gregor<br />
Scherzinger, St. Jakobushaus<br />
Kosten: 59,– Euro p.P./DZ;<br />
73,– Euro p.P./EZ;<br />
35,– Euro p.P./DZ für Schüler/<br />
innen u. Studierende<br />
Reußstraße 4 | 38640 Goslar<br />
Tel. 0 53 21 34 26-0<br />
Fax 0 53 21 34 26-26<br />
info@jakobushaus.de<br />
www.jakobushaus.de<br />
Wie tragfähig Freundschaften sind, weiß jeder, der<br />
schon einmal umgezogen ist: Im Idealfall ist die<br />
Bude voll mit Helfern, und alle packen mit an. Doch<br />
tatsächlich findet sich am Umzugsmorgen nur ein Bruchteil<br />
der Freunde zum Kistenschleppen ein. Es sind die treuen<br />
Seelen, auf die man sich verlassen kann – andere verschlafen<br />
oder haben plötzlich „Rücken“. Wenn Not am Mann ist, sind<br />
echte Kumpel gegenüber ambivalenten Teilzeitfreunden rar<br />
gesät. Und die 287 Facebook-Freunde helfen auch nicht weiter.<br />
Enttäuschungen jener Art sind ärgerlich, sollten den eigenen<br />
Freundschafts-Blick aber nicht trüben: Mitfeiern können<br />
»Der beste Weg, einen Freund zu haben,<br />
ist der, selbst einer zu sein.«<br />
Ralph Waldo Emmerson<br />
eben immer viele; da sein, wenn es darauf ankommt, nur<br />
wenige. In Sachen echter Freundschaft zählt vor allem Klasse<br />
statt Masse. Es <strong>geht</strong> nicht darum, viele Freunde zu haben,<br />
sondern gute. „Ein Freund ist jemand, der deinen kaputten<br />
Zaun übersieht und stattdessen die Blumen in deinem Garten<br />
bewundert“ heißt es in einem englischen Sprichwort.<br />
Dies kann nur ein Mensch leisten, der es trotz seines Wissens<br />
um unsere Schattenseite gut mit uns meint. Und mal<br />
ehrlich: Möchten wir wirklich, dass die Gruppe der Partyund<br />
Teilzeitfreunde über unsere dunklen Ecken so genau<br />
Bescheid weiß?<br />
Freunde fangen „Hiobsbotschaften“ auf<br />
Wer gibt, der bekommt. Wer sich gegenüber Freunden öffnet,<br />
für den springt immer auch etwas heraus: Trost, Mitgefühl<br />
oder Anerkennung. Gelegentlich kann und muss ein freundschaftlicher<br />
Gedankenaustausch auch kontrovers enden. Ein<br />
gewisser Hiob hat genau das erlebt. Bis heute ist er in aller<br />
Munde, weil er durch die „Hiobsbotschaften“ traurige Be-<br />
FOTO: Fotolia.com: sondern<br />
Auch, wenn es gelegentlich anstrengend wird: Freundschaft<br />
belebt auf vielerlei Art und Weise – sogar wissenschaftlich<br />
bestätigt. Einer kanadischen Studie mit rund 25.000 Teilnehmern<br />
zufolge fühlen sich Personen mit Freunden weniger<br />
gestresst und gesünder als Menschen ohne engere<br />
Bezugspersonen. Wer sich regelmäßig mit anderen trifft<br />
und sich dabei aufgehoben und geborgen fühlt, hält sein<br />
Wohlbefinden und Selbstbewusstsein sogar dauerhaft auf<br />
einem höheren Niveau als die zurückgezogener lebende<br />
Vergleichsgruppe. Dabei zählt vor allem der persönliche<br />
Dialog: Telefon- oder Chatkontakte erzielen weitaus geringere<br />
Effekte, fand eine deutsch-niederländische Studie<br />
unter Studenten heraus. In Sachen Freundschaft schlägt<br />
„real“ also „virtuell“ auf ganzer Linie: Wer seine heimische<br />
Komfortzone vor dem Fernseh- oder Computerbildschirm<br />
verlässt, wird mehrfach belohnt – mit guten Gesprächen,<br />
besserer Gesundheit und einem engeren Draht zu Freunden,<br />
der manchmal sogar den Gang zum Therapeuten ersetzen<br />
kann.<br />
J alexandra kaufhold-winkler<br />
Lourdes<br />
Südfrankreich<br />
Informationen und Anmeldung<br />
Telefon 05121 307-810<br />
christiane.wirries@bernward-medien.de<br />
17. bis 21.<br />
September<br />
2015<br />
Wallfahrt des Bistums Hildesheim<br />
auch für kranke und pflegebedürftige Pilger<br />
Flugreise ab Hannover<br />
Reisekosten incl. Flug: 849,- Euro<br />
20 Jes 03 . 2015 Jes 03 . 2015 21
Rauszeit<br />
perfekte idylle<br />
Otto Modersohn, Heuernte im Moor, 1910.<br />
Einzigartig: das Teufelsmoor.<br />
Paula Modersohn-Becker, Selbstbildnis um 1905.<br />
Gartenträume und Visionen. Die Museen<br />
im Künstlerdorf Worpswede zeigen die berühmten<br />
Meisterwerke aus der Gründerzeit<br />
um 1900. In Sonderausstellungen werden<br />
auch zeitgenössische Arbeiten präsentiert.<br />
Eine perfekte Idylle im Grünen. Rosenbüsche säumen<br />
die elegant geschwungene Freitreppe. Im Garten plaudern<br />
die Gäste, eine Gesellschaft aus Künstlern und Literaten,<br />
andere musizieren. Eine Dame in grünem Kleid, mit<br />
Blüten zart übersät, und kostbarem Spitzenkragen blickt gedankenverloren<br />
in die Ferne. Es ist Martha Vogeler, Ehefrau<br />
und Muse des Jugendstilkünstlers Heinrich Vogeler. Sein berühmtes<br />
großformatiges Gemälde „Sommerabend“ von 1905<br />
gehört zu den zentralen Werken in der „Großen Kunstschau“<br />
im Künstlerdorf Worpswede am Rand des Teufelsmoors, wenige<br />
Kilometer nordöstlich von Bremen gelegen.<br />
Um 1900 war Worpswede die Wahlheimat bekannter<br />
Künstler wie Fritz Mackensen, Otto Modersohn, Fritz Overbeck,<br />
Heinrich Vogeler oder Paula Modersohn-Becker. Neben<br />
Clara Westhoff, der späteren Frau des Dichters und Gelegenheitsworpsweders<br />
Rainer Maria Rilke, oder Ottilie Reylaender<br />
gehörte sie zu den ersten „Malweibern“, die sich in der Kunstszene<br />
behaupten mussten, bevor den Frauen der Zugang zu<br />
staatlichen Kunstakademien gewährt wurde. Die begabte<br />
Paula Becker, die in Worpswede den Malerkollegen Otto Modersohn<br />
kennenlernte, seine Frau wurde und in Worpswede<br />
begraben liegt, gilt heute als eine der Wegbereiterinnen der<br />
Moderne. Sie lebte zeitweise in Paris, kehrte aber immer<br />
wieder zur großen Künstlerfamilie nach Worpswede zurück<br />
und verstarb jung, im Alter von 31 Jahren. Kunstpilger kennen<br />
ihr Grab hinter der Zionskirche, das der Bildhauer und<br />
Architekt Bernhard Hoetger, ebenfalls ein bekannter Vertreter<br />
der Worpsweder Künstlerkolonie, gestaltet hat. Wer durch<br />
das kleine Künstlerdorf mit seinen vielen Galerien und Cafés<br />
flaniert, stößt auf zahlreiche Werke Hoetgers, das Kaffee<br />
Worpswede, die benachbarte Große Kunstschau und Skulpturen<br />
wie „Die Wut“ oder der „Bonze des Humors“. Kunst und<br />
Leben, so die Vision, sollten zu einer Einheit werden. Dieser<br />
Traum ist bekanntlich gescheitert. Die Gründe waren vielfältig.<br />
Dass sich das Leben nicht in ein Idealbild mit Paradiesgarten<br />
zwingen ließ, ahnte Vogeler bereits, als er sein in Schön-<br />
Heinrich Vogeler, Sommerabend, 1902–05.<br />
Fotos: picture alliance/akg-images; Worpsweder Museumsverbund<br />
Fotos: Fotolia.com: kathriba; picture alliance/akg-images; Andreas Wilhelm, Rüdiger Lubricht/Worpsweder Museumsverbund<br />
heit erstarrtes Bild vollendete. Heute ist sein weiß getünchtes<br />
„Märchenschloss“, der Barkenhoff, ein Museum. Dokumentiert<br />
werden Leben und Werk des unermüdlichen Träumers,<br />
der seinen erlesen Musenort, einst das Herz der Künstlerkolonie,<br />
mit selbst entworfenen Jugendstil-Möbeln ausstattete.<br />
Nach den schockierenden Erlebnissen des Ersten Weltkriegs<br />
wendete sich Vogeler dem Sozialismus zu und folgte wenig<br />
später seiner neuen Partnerin in die damalige Sowjetunion.<br />
Seine Frau Martha, die sich von Vogeler getrennt hatte, bezog<br />
das Haus im Schluh, heute ebenfalls ein Museum. Ende Juni<br />
wird dort eine neue Dauerausstellung eröffnet.<br />
Doch das Künstlerdorf ist nicht nur Erinnerungsort. Hier<br />
leben rund 140 Künstler und Kunsthandwerker, die regelmäßig<br />
ihre Arbeiten präsentieren. „Worpswede muss lebendig<br />
bleiben“, betont Susanna Böhme-Netzel, die in dritter Generation<br />
die Galerie Netzel, heute die Worpsweder Kunsthalle,<br />
leitet. Vor fünf Jahren haben sich hier vier Museen zu einem<br />
Verbund zusammengeschlossen. Gemeinsam zeigen sie regelmäßige<br />
aufeinander abgestimmte Sonderausstellungen<br />
mit zeitgenössischer Kunst, aber auch mit den Klassikern der<br />
Moderne. Unter dem Motto „Kunstwege – Lebenszeichen“<br />
stehen in diesem Sommer ab 28. Juni drei Künstlerinnen im<br />
Mittelpunkt, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts mutig eigene<br />
Wege gingen: Käthe Kollwitz, Jeanne Mammen und Ottilie<br />
Reylaender. Als Weggefährtin von Paula Modersohn-Becker<br />
steht auch Ottilie Reylaender für den Aufbruch der Frauen.<br />
Ihr Gemälde „Die Geschwister“ zählt mit zu den „Best of“ der<br />
„Alten Worpsweder“.<br />
J karin dzionara<br />
Worpswede – die Museen<br />
Große Kunstschau Worpswede:<br />
Blick in die von Bernhard Hoetger<br />
gestaltete Rotunde von 1927.<br />
Der Barkenhoff: heute ein Museum<br />
(links).<br />
Für die Große Kunstschau, den Barkenhoff, die<br />
Worpsweder Kunsthalle und das Haus im Schluh<br />
gibt es ein Kombi-Ticket für 15 Euro, es ist ein Jahr<br />
lang gültig und übertragbar. Kinder und Jugendliche<br />
bis 18 Jahren haben freien Eintritt. Öffnungszeiten:<br />
täglich von 10 bis 18 Uhr. www.worpswede-museen.<br />
de. Der Katalog zur Sommerausstellung „Kunstwege-<br />
Lebenszeichen“ über „Ottilie Reylaender. 1882–1965.<br />
Unterwegs“, hat 98 Seiten und kostet 12,50 Euro.<br />
22 Jes 03 . 2015<br />
Jes 03 . 2015<br />
23
Ehrensache<br />
Gretchenfrage<br />
Hilfe im Antragsdschungel<br />
Einmal in der Woche hilft die soziale Sprechstunde der Herz-Jesu-Gemeinde<br />
Tostedt Ratsuchenden beim Ausfüllen diverser Formulare. Seit zehn Jahren<br />
gibt es diese unbürokratische Anlaufstelle.<br />
Renten- und Hartz-IV-Anträge, Wohngeld- oder Schwerbehindertensachen<br />
– was den meisten allein beim Hören<br />
den Schweiß auf die Stirn treibt, ist für das Team<br />
der Sozialen Sprechstunde der Herz-Jesu-Gemeinde in Tostedt<br />
Routine. Jeden Donnerstag helfen fünf Ehrenämtler<br />
anderen dabei, die Papierflut von Anträgen zu sichten, auszufüllen<br />
und abzuschicken. Mehrere Ratsuchende kommen<br />
jede Woche, berichtet Anja Kämpker, die die Soziale Sprechstunde<br />
mit aufgebaut hat. Im Mai feierte die Sprechstunde<br />
ihren zehnten Geburtstag. Ins Leben gerufen hatten die Aktiven<br />
sie vor dem Hintergrund der damals erlassenen Hartz-<br />
IV-Gesetze. „Wir wollten eine Anlaufstelle schaffen und Hilfe<br />
anbieten“, erinnert sich die Lehrerin. „Die Hartz-IV-Anträge<br />
sind teilweise so kompliziert, da braucht man fast ein Studium<br />
zum Ausfüllen“, sagt Hans Sendes und lacht. Der Betriebswirt<br />
ist seit seinem Renteneintritt vor vier Jahren<br />
dabei. Mit Anträgen kennt er sich aus – 35 Jahre hat er im<br />
Leistungssport gearbeitet. Förderanträge gehörten da zum<br />
Alltag. Heute freut er sich, wenn er mit seinem Wissen anderen<br />
helfen kann.<br />
50 Prozent Migranten<br />
Gut 50 Prozent der Ratsuchenden haben Migrationshintergrund,<br />
andere haben eine geringe Bildung oder sind aus<br />
anderen Gründen überfordert. „Es gibt Menschen, die trauen<br />
sich einfach an die Behördensachen nicht ran“, sagt Anja<br />
Kämpker. Kommen Menschen in die Sprechstunde, die in<br />
einer finanziellen Notlage sind, können die Berater auch mit<br />
25-Euro-Gutscheinen eines örtlichen Einkaufsmarktes weiterhelfen<br />
– finanziert durch die Ortscaritas.<br />
Ein Netzwerk hilft<br />
In manchen Angelegenheiten kommen die Berater jedoch<br />
nicht weiter. Im Zweifelsfall vermitteln sie die Ratsuchenden<br />
an andere Stellen weiter, wie zum Beispiel die Schuldnerberatung,<br />
oder verweisen in Asylsachen an einen Anwalt. Und<br />
wenn die Berater selbst einmal Fachfragen haben, greifen sie<br />
dank eines gewachsenen Netzwerkes auf Ansprechpartner<br />
bei Jobagentur oder Caritas zurück. „Das meiste ist jedoch<br />
machbar und ohne spezielles Fachwissen zu lösen“, sagt Anja<br />
Kämpker. Nur einen langen Atem brauchen die Ehrenämtler<br />
manchmal. Denn so mancher Fall ist knifflig. Wie der einer<br />
älteren Russin, bei der es um die Rente ging. Das Problem:<br />
Viele Papiere fehlten, mussten aus Russland beschafft werden.<br />
Genau das Richtige für Ernst Firsching. Der Rentner war<br />
selbst lange Versicherungsältester, kennt sich mit Rentensachen<br />
gut aus. „Da kann ich meinen eigenen Horizont erweitern“,<br />
sagt er. Der Lohn für die Mühen: die Zufriedenheit<br />
und das Dankeschön der Ratsuchenden. „Das gibt einem sehr<br />
viel zurück“, sagt Anja Kämpker. Für sie und ihre Mitstreiter<br />
ist die soziale Sprechstunde ein Dienst am Nächsten, wie sie<br />
sagt. „Es <strong>geht</strong> uns auch darum deutlich zu machen, was Teil<br />
des christlichen Auftrags ist.“<br />
J martina albert<br />
„Man kann anständig bleiben“<br />
Prof. Dr. Claus Hipp, mehrfach ausgezeichneter Unternehmer und geschäftsführender<br />
Gesellschafter des Nahrungsmittel- und Babykostherstellers Hipp<br />
über Geld, <strong>Glück</strong> und Glauben.<br />
Vier-Augen-Prinzip:<br />
Anja Kämpker und Hans<br />
Sendes im Beratungseinsatz.<br />
FOTO: martina albert<br />
FOTO: hipp<br />
Was bewegt Sie?<br />
Es bewegt mich, wenn ich andere<br />
Menschen in Not sehe und nicht helfen<br />
kann. Nahe <strong>geht</strong> mir jede Art von<br />
Unrecht. Denn ich nehme gerne Partei<br />
für den Schwächeren. Spitzengehälter<br />
halte ich für übertrieben; man kann<br />
auch normal leben und anständig bleiben.<br />
Ich schätze Maßhaltung und Verzicht.<br />
Mein Namenspatron, der heilige<br />
Nikolaus von Flüe, war ebenfalls Bauer<br />
und verbrachte sein Leben als Asket.<br />
Ein solcher Lebensstil imponiert mir. Es<br />
<strong>geht</strong> im Leben nicht nur darum, möglichst<br />
schnell viel Geld zu verdienen.<br />
Was macht Sie glücklich?<br />
Es macht mich glücklich, wenn ich<br />
meine Familie glücklich sehe: Ich habe<br />
fünf Kinder und zwölf Enkel – da <strong>geht</strong><br />
es immer auch um Verantwortung,<br />
Wertschätzung und Interesse. Genauso<br />
wie bei meinen 2000 Mitarbeitern.<br />
In manchen Dingen ist mir der heilige<br />
Augustinus ein guter Ratgeber: Er hat<br />
mich gelehrt, dass Gerechtigkeit und<br />
Barmherzigkeit auch ihren Platz im<br />
Leben haben (müssen); ebenso wie<br />
ethisches Handeln und das Schwimmen<br />
gegen den Strom. Sicher bin ich mir,<br />
dass Vertrauen wächst, je mehr wir es<br />
verschenken.<br />
Wie halten Sie’s mit der Religion?<br />
Aus meinem Glauben mache ich keinen<br />
Hehl: Die Religion ist mir im Leben eine<br />
wichtige Stütze, die mir Orientierung<br />
und Halt gibt; ich habe die Erfahrung<br />
gemacht, dass das die einzige Einstellung<br />
ist, die auf Dauer wirklich trägt. In<br />
einer kleinen Wallfahrtskirche bin ich<br />
Mesner und in München Dom-Ministrant.<br />
Als praktizierender Christ ist mir<br />
auch die Schöpfung nicht gleichgültig –<br />
es ist mir wichtig, das zu erhalten, was<br />
Gott uns zur Verfügung gestellt hat.<br />
Wenn ich aus meinem Gewissen heraus<br />
eine Entscheidung fälle, fühle ich mich<br />
stark. Auch, weil ich regelmäßig bete.<br />
J ulrike schwerdtfeger<br />
24 Jes 03 . 2015<br />
Jes 03 . 2015<br />
25
Katholisch kompakt<br />
Paradiesische Zustände<br />
Wer bei Google „Paradies“ eingibt, bekommt fast 20 Millionen Einträge genannt –<br />
darunter unzählige Hotels, die sich mit diesem Wort schmücken und uns das<br />
Paradies verheißen. Doch was hat es damit aus biblischer Sicht eigentlich auf sich?<br />
FOTO: photocase.com: kallejipp<br />
fOTO: Fotolia.com: isaincu<br />
Im „Kinder-Paradies“ von IKEA können<br />
Eltern ihre Kleinen abgeben, um<br />
ungestört einzukaufen. Sobald ich in<br />
diesem Möbelhaus die Lautsprecherdurchsage:<br />
„Der kleine Jakob möchte<br />
aus dem Kinder-Paradies abgeholt<br />
werden,“ höre, bin ich immer wieder<br />
erstaunt: Sehr paradiesisch scheint es<br />
in diesem Spielraum dann doch nicht<br />
zu sein, wenn so manches Kind schnell<br />
daraus wieder die Flucht ergreift.<br />
Unter „Paradies“ verstehen wir einen<br />
idealen Ort, einen Ort voller <strong>Glück</strong>.<br />
Der Ursprung dieser Vorstellung reicht<br />
bis in die Antike zurück. Das Wort<br />
selbst kommt aus dem Persischen und<br />
meinte die „königlichen Gärten“. In<br />
vielen orientalischen Religionen finden<br />
wir Erzählungen über das Paradies als<br />
einen Ort höchster Seligkeit.<br />
Die Bibel nimmt im Alten Testament<br />
dieses Bild auf und lässt Adam und Eva<br />
in einem fruchtbaren Garten in Eden<br />
leben. Die Beziehung zwischen den<br />
Menschen und Gott ist in diesem Paradies<br />
noch ungebrochen. Doch durch den<br />
Sündenfall verlieren die Menschen dieses<br />
Paradies. Diese Urgeschichten der<br />
Bibel wollen nicht historische Berichte<br />
überliefern, sondern sie möchten uns<br />
vielmehr etwas über uns und unseren<br />
derzeitigen menschlichen Zustand<br />
bildreich erzählen. Das Paradies zeigt,<br />
wie es ohne das von uns Menschen<br />
verursachte Böse sein könnte. Der<br />
Mensch lebt hier auf Erden nicht im<br />
Paradies. Ideologien versprechen zwar<br />
oft das „Paradies auf Erden“ schaffen<br />
zu wollen – doch jedes Mal, wenn wir<br />
Menschen hier das Paradies errichten,<br />
kommt dabei meist die Hölle heraus.<br />
Da ist das Bild vom Menschen in der<br />
Bibel realistischer: Wir leben „Jenseits<br />
von Eden“ (vgl. Gen 4,16). Hier, in diesem<br />
Leben, werden wir bei allem Bemühen,<br />
die Vollkommenheit nicht erreichen. Das<br />
Paradies ist verloren.<br />
In der Heiligen Schrift und besonders in<br />
der christlichen Tradition werden dann<br />
die Vorstellungen vom Paradies auch auf<br />
den „Himmel“, also auf das kommende<br />
Leben bei Gott übertragen. So kann<br />
Jesus am Kreuz zu dem Mitgekreuzigten<br />
sagen: „Amen, ich sage dir: Heute noch<br />
wirst du mit mir im Paradies sein“ (Lk<br />
23,43). Hier verspricht Jesus ein glückvolles<br />
Leben bei Gott nach dem Tod. Die<br />
Vorstellungen von diesem jenseitigen<br />
Paradies werden in der bildenden Kunst<br />
auf vielen Gemälden dargestellt: Neben<br />
dem Paradies-Garten finden wir musizierende<br />
und tanzende Menschen im<br />
Paradies. Auch das „Himmlische Jerusalem“,<br />
die ideale Stadt – also kein Garten!<br />
– wird als Bild verwendet. Jesus spricht<br />
vom „himmlischen Hochzeitsmahl“. Dies<br />
alles sind Bilder und Bilder sind offener<br />
als realistische Beschreibungen. Sie<br />
möchten uns eine Vorstellung davon<br />
geben, was Gott uns über dieses Leben<br />
hinaus versprochen hat. Wir sind zwar<br />
„Jenseits von Eden“, doch haben wir das<br />
Paradies (noch) vor uns.<br />
Noch eine Anmerkung, angesichts der<br />
Diskussion um das Kirchenasyl: Der<br />
Vorraum („Narthex“) in mittelalterlichen<br />
Kathedralen wurde als Paradies<br />
bezeichnet. Er galt auch als Ort für<br />
Asylsuchende. Wenn wir Verfolgten<br />
Asyl gewähren, dann wird etwas vom<br />
Paradies hier auf Erden schon erlebbar.<br />
J Wolfgang Stickler<br />
Ein Video zum Thema gibt es unter<br />
www.jes-magazin.de<br />
Der Dominikanerpater Wolfgang<br />
Stickler, Jahrgang 1949, hat Theologie,<br />
Philosophie und Pastoralpsychologie<br />
studiert. Darüber hinaus<br />
verfügt er über eine psychotherapeutische<br />
Ausbildung. Er war Krankenhaus-Seelsorger,<br />
Studentenpfarrer<br />
und arbeitete in der Leitung des<br />
Dominikaner-Ordens in Deutschland<br />
mit. Heute ist er in der katholischen<br />
Ehe-, Familien- und Lebensberatung<br />
in Braunschweig tätig.<br />
26 Jes 03 . 2015<br />
Jes 03 . 2015<br />
27
Gesehen, gelesen, gehört<br />
Kolumne<br />
Literatur<br />
Film<br />
Musik<br />
Kulturtipp<br />
Musiktheater im Garten<br />
Kunstfestspiele Herrenhausen<br />
Brodowy<br />
fühlt der Zeit<br />
den Puls<br />
Die <strong>Glück</strong>sformel<br />
Stefan Klein<br />
<strong>Glück</strong>sgefühle für die Handtasche:<br />
Im praktischen Mini-Format bietet<br />
der Sachbuch-Bestseller von Stefan<br />
Klein gebündelte <strong>Glück</strong>botschaften.<br />
Dabei sind die Erkenntnisse aus der<br />
Wissenschaft erfreulich gut lesbar<br />
und somit für fast jeden Lektüre-<br />
Ort geeignet. Wer wissen will, „wie<br />
die guten Gefühle entstehen“, so<br />
der gleichnamige Untertitel, kann<br />
daher schnell in einzelne Kapitel –<br />
beispielsweise über das Gehirn, das<br />
Lächeln oder die Liebe – eintauchen<br />
und tristem Alltagsgrau die nötige<br />
Farbe geben. Wer jedoch einen<br />
Zehn-Punkte-Plan nach der Devise:<br />
„Tun Sie dies, unterlassen Sie jenes<br />
und Sie sind glücklich!“ erwartet, der<br />
wird enttäuscht. Dafür erhält der<br />
Leser etwas sehr viel Wertvolleres<br />
an die Hand: Werkzeuge zur besseren<br />
Selbst(er)kenntnis, mit denen<br />
Gefühlsfallen in Zukunft vermieden<br />
werden können. Nicht zuletzt verspricht<br />
der Autor: „Wenn Sie dieses<br />
Buch gelesen haben, wird es in Ihrem<br />
Kopf anders aussehen als vorher.“<br />
Fischer TaschenBibliothek 2014, 12,00 €<br />
HeimSuchungen<br />
Zeitzeugen erzählen<br />
Ohne sie würde es das Bistum<br />
Hildesheim in der heutigen Form<br />
nicht geben: Als nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg etwa 500.000 katholische<br />
Flüchtlinge aus den Ostgebieten<br />
kamen, stießen sie zu den damals<br />
rund 200.000 Katholiken innerhalb<br />
der Bistumsgrenzen. Das Zusammenwachsen<br />
der unterschiedlichen<br />
Traditionen und Kulturen – unter<br />
nicht immer einfachen Bedingungen<br />
– hat dem Bistum ein neues Gesicht<br />
gegeben. Im Rahmen des Bistumsjubiläums<br />
ist unter dem Titel „Heim-<br />
Suchungen“ eine sehenswerte DVD<br />
über die Schicksale der Vertriebenen<br />
entstanden, die durch den Verlust<br />
der Heimat, die Schrecken der Flucht<br />
und die oft schwierige Ankunft in<br />
der Fremde mehrfach heimgesucht<br />
wurden. In kurzen, durchgängig in<br />
schwarz-weiß gehaltenen Filmen<br />
schildern zehn Zeitzeugen ihre Erlebnisse:<br />
So verkaufte eine Mutter den<br />
Wintermantel der Tochter für ein paar<br />
Kartoffeln, weil sie glaubte, dass sie<br />
alle den nächsten Winter nicht mehr<br />
erleben würden. „Kirche war Heimat“,<br />
berichtet ein Geistlicher, und sie bot<br />
Anknüpfungspunkte an das Vertraute<br />
– selbst, wenn das eigentliche Zuhause<br />
verloren war. Auch der ehemalige<br />
Vorstandsvorsitzende der Volkswagen<br />
AG, Carl Hahn, kommt als Arbeitgeber<br />
vieler Flüchtlinge zu Wort.<br />
Bistum Hildesheim 2015, 9,80 €<br />
Chasing Yesterday<br />
Noel Gallagher<br />
Die ersten Töne der aktuellen CD von<br />
Noel Gallagher wecken sofort Erinnerungen<br />
an „Wonderwall“ – den Oasis-<br />
Hit aus den 90ern schlechthin. Doch<br />
das ist lange her. Nun hat der eine<br />
der beiden legendären, leider auch<br />
legendär zerstrittenen Gallagher-<br />
Brüder sein zweites Soloalbum veröffentlicht,<br />
und das Wort „Britpop“<br />
darf hiermit nun endgültig entstaubt<br />
werden: traditionell unverkennbar<br />
gitarrenlastig, und rockig, klingt das<br />
Album dennoch irgendwie anders.<br />
Entstaubter eben. Dies mag an einer<br />
Experimentierfreude liegen, die den<br />
47-jährigen Musiker sogar in jazzige<br />
Bereiche führte, die er selbst früher<br />
nie für möglich gehalten hätte. Alles<br />
in allem besticht „Chasing Yesterday“<br />
durch viel Rhythmus, diverse<br />
Gitarrensounds, Keyboards, Glocken,<br />
Streicher und eben auch – Saxofone.<br />
Ein schönes, empfehlenswertes<br />
Album für alle, die bereits Oasis<br />
mochten. Für alle anderen besteht<br />
aber auch kein Grund zur Sorge: Die<br />
ersten Töne, die an “Wonderwall“<br />
erinnern, sind schnell verklungen.<br />
Sour Mash/Indigo 2015, 16,99 €<br />
FOTO: kunstfestspiele herrenhausen; Toofan Hashemi<br />
Der Garten als Ort der <strong>Glück</strong>seligkeit,<br />
eine grüne Oase für kühne Gedankenexperimente<br />
und Visionen. Legendär sind<br />
die Gartenspaziergänge in Herrenhausen,<br />
der Sommerresidenz der Welfen. In der<br />
barocken Gartenanlage entwickelte der<br />
Universalgelehrte Gottfried Wilhelm<br />
Leibniz um 1700 im Dialog mit Kurfürstin<br />
Sophie wegweisende Ideen für einen<br />
Zusammenklang von Theologie, Wissenschaft<br />
und Kunst. Der Christ und geniale<br />
Frühaufklärer glaubte fest an „die beste<br />
aller möglichen Welten“. An das historische<br />
Erbe knüpfen die „Kunstfestspiele Herrenhausen“<br />
mit experimentellen Kunstformen<br />
an. Unter dem Motto „Gegen den Strich“<br />
sind bis 14. Juni in Hannovers Orangerie<br />
und im Galeriegebäude 22 Produktionen<br />
und drei Installationen zu sehen. Mit<br />
seinem Lichtkunstwerk „Lyrical Lights“<br />
skizziert der österreichische Künstler Rens<br />
Veltman im Foyer der Orangerie Figuren<br />
aus Lichtpunkten, sie flanieren durch<br />
den Raum und philosophieren über Sein<br />
und Zeit, Erinnerung und Vergänglichkeit.<br />
Der Klangkunstmarathon „Salto<br />
Vocale“ am 5. Juni dauert von 17 Uhr bis<br />
Mitternacht. In der Galerie führen der<br />
Countertenor Terry Wey und der Bassist<br />
Ulfried Staber mit nur zwei Stimmen eine<br />
vierzigstimmige Motette aus der Renaissance<br />
auf, in der benachbarten Orangerie<br />
treten um 19 Uhr weitere „Extremvokalisten“<br />
auf.<br />
Karten unter 01806 570070<br />
www.kunstfestspiele.de<br />
Von <strong>Glück</strong>sschmieden<br />
und Lottogewinnern<br />
Der Schmied gehört zu den aussterbenden Berufen. Logischerweise<br />
gibt es heute mehr Autowerkstätten als Hufschmiede, denn die<br />
wenigsten von uns sind im Alltag hoch zu Ross unterwegs. Dabei<br />
heißt es sprichwörtlich, dass das <strong>Glück</strong> dieser Erde auf dem Rücken<br />
der Pferde läge. Trotzdem strebt der moderne Mensch nach mehr als<br />
einem PS. Ein anderes Sprichwort lautet, jeder sei seines eigenen <strong>Glück</strong>es<br />
Schmied. Da sich nach verschiedensten Erhebungen mehr als 3/4<br />
der Deutschen als glücklich oder sehr glücklich bezeichnen, scheint das<br />
Feuer des Schmiedes in uns noch nicht erloschen. Die „gludernde Lot“,<br />
wie es Edmund Stoiber mal versprecherisch ausdrückte, für den übrigens<br />
ein Transrapid in München zwischen Flughafen und Hauptbahnhof<br />
das pure <strong>Glück</strong> gewesen wäre, weil ähhh, ähhh, aber das führt jetzt<br />
zu weit. Vor Kurzem stand in der Zeitung, dass ein britisches Ehepaar<br />
zum zweiten Mal einen Millionengewinn im Lotto eingesackt hat. Ein<br />
statistisch nahezu unmögliches <strong>Glück</strong>. Wenn man mathematischen Berechnungen<br />
Glauben schenken darf, liegt es bei eins zu 283 Milliarden.<br />
283 Milliarden! Unser Bundeshaushalt für 2015 hat übrigens Ausgaben<br />
in Höhe von 299 Milliarden und wenn der Finanzminister weiter <strong>Glück</strong><br />
hat, steht davor eine schwarze Null. Woran wiederum minimal die deutschen<br />
Lottospieler beteiligt sind, die, wenn sie glücklos bleiben, zumindest<br />
ordentlich in den Haushalt einzahlen. Im Übrigen ist längst nicht<br />
jeder Lottogewinner mit seinen Millionen glücklich geworden und nicht<br />
nur deswegen, weil er gelesen hat, es sei vier- bis sechsmal wahrscheinlicher<br />
vom Blitz erschlagen zu werden, als sechs Richtige mit Superzahl<br />
zu haben. Logischerweise fängt da der Lottomillionär an zu grübeln, ob<br />
er bei Gewitter überhaupt aus dem Haus gehen sollte. Das mit der Blitzwahrscheinlichkeit<br />
ist übrigens ein Ammenmärchen. Wobei manch ein<br />
Lottogewinner aufgrund eines sehr schnellen Autos vielleicht vier- bis<br />
sechsmal häufiger geblitzt wird als der normale Autofahrer. Was bleibt?<br />
Die Wahrheit des Sprichwortes „Geld allein macht nicht glücklich!“ Wer<br />
ist also glücklich? Vielleicht der Lottogewinner, der im Herbst mit dem<br />
Papst eine Herrenboutique in Wuppertal eröffnet? Lassen Sie es mich<br />
mit Francis Bacon sagen, von dem der Ausspruch stammt: „Nicht die<br />
<strong>Glück</strong>lichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind!“<br />
Matthias Brodowy ist selbsternannter Vertreter für gehobenen Blödsinn. 2013<br />
wurde er mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet. www.brodowy.de<br />
28 Jes 03 . 2015<br />
Jes 03 . 2015<br />
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Termine<br />
Kirschtorte in Hannover<br />
Am 4. Juli<br />
Internationale Jugendbegegnung<br />
in der Südheide<br />
Anmeldung bis 1. Juli<br />
Europa hautnah erleben: Vom 22. bis 31. August kommen<br />
in der Jugendherberge Müden/Örtze junge Leute im Alter<br />
zwischen 16 und 25 Jahren aus Deutschland und diversen<br />
osteuropäischen Ländern zusammen, um zehn Tage lang<br />
miteinander in die Kulturen einzutauchen. Ob typisch deutsches<br />
Frühstück, ukrainische Tänze, ungarische Lieder, gemeinsame<br />
Projektarbeit zum Thema „Flüchtlinge“ oder eine<br />
Nachtwache in Bergen-Belsen zum Abschluss des Treffens<br />
– immer steht das Miteinander im Vordergrund.<br />
Teilnahmebeitrag: 120 Euro. Anmeldungen bis 1. Juli<br />
im Fachbereich Jugendpastoral unter 05121 307390.<br />
Infos: www.jugend-bistum-hildesheim.de/iym<br />
Das Leben<br />
Das Leben ist Schönheit – bewundere sie.<br />
Das Leben ist Seligkeit – genieße sie.<br />
Das Leben ist ein Traum – mach daraus Wirklichkeit.<br />
Das Leben ist Pflicht – erfülle sie.<br />
Das Leben ist ein Spiel – spiele es.<br />
Das Leben ist kostbar – geh sorgfältig damit um.<br />
Das Leben ist Reichtum – bewahre ihn.<br />
Das Leben ist Liebe – erfreue dich an ihr.<br />
Das Leben ist ein Rätsel – durchdringe es.<br />
Das Leben ist ein Versprechen – erfülle es.<br />
Das Leben ist Traurigkeit – überwinde sie.<br />
Das Leben ist eine Hymne – singe sie.<br />
Das Leben ist eine Herausforderung – stelle dich ihr.<br />
Das Leben ist ein Kampf – akzeptiere ihn.<br />
Das Leben ist eine Tragödie – ringe mit ihr.<br />
Das Leben ist ein Abenteuer – wage es.<br />
Das Tüpfelchen auf dem i, das Salz in der Suppe oder eben<br />
die Kirsche auf der Torte: Die katholische Kirche Hannovers<br />
hat viel zu bieten. Im Rahmen des Bistumsjubiläums stellen<br />
sich diverse Kirchorte der Stadt vor. Neben Informationen,<br />
Musik, Bratwurst, Spiel und Spaß bieten sie alle gemeinsam<br />
eines an: Kirschtorte. Wer auf den Geschmack kommen will:<br />
Groß und Klein sind herzlich zum Mitfeiern vor dem ka:punkt<br />
eingeladen. Ort: Grupenstraße 8, Hannover von 11 bis 18 Uhr.<br />
Das Leben ist <strong>Glück</strong> – verdiene es.<br />
Sie sind kein Mitglied der katholischen Kirche im<br />
Bistum Hildesheim, möchten Jes aber trotzdem<br />
bekommen? Für nur 3,50 Euro pro Ausgabe senden<br />
wir Ihnen Jes alle zwei Monate zu.<br />
Was Paare über<br />
Treue denken<br />
GRETCHENFRAGE<br />
Woran Martin Kind glaubt<br />
suchen. fragen. finden.<br />
FÜR IMMER DU?<br />
Jes . Das katholische Magazin Ausgabe 03/2014 Oktober<br />
RAUSZEIT<br />
In die Steinzeit<br />
Mehr Information zum Abo:<br />
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Impressum<br />
Jes . Das katholische Magazin www.jes-magazin.de<br />
Herausgeber Hauptabteilung für Kommunikation und<br />
Öffentlichkeitsarbeit des Bistums Hildesheim<br />
Verlag Bernward Mediengesellschaft mbH, Domhof 24,<br />
31134 Hildesheim, Geschäftsführer Thomas Hagenhoff<br />
Verantwortlich für den Inhalt Matthias Bode<br />
Redaktion Volker Röpke (Leitung)<br />
E-Mail an die Redaktion redaktion@jes-magazin.de<br />
Ständige Mitarbeit Alexandra Kaufhold-Winkler (Koordination und<br />
Leseranfragen), Karin Dzionara, Stephan Fuhrer, Pater Wolfgang Stickler,<br />
Propst Reinhard Heine (Theologische Beratung)<br />
Autoren dieser Ausgabe Andreas Kaiser, Martina Albert, Ulrike Schwerdtfeger<br />
Gestaltung Bettina Höhne<br />
Anzeigen Mirco Weiss (verantwortlich), anzeigen@jes-magazin.de<br />
Anschrift aller Verantwortlichen Domhof 24, 31134 Hildesheim<br />
Druckauflage 390.000 Exemplare<br />
Druck Westermann Druck GmbH, 38104 Braunschweig<br />
Bezugspreis 3,50 Euro pro Ausgabe; für Katholiken im<br />
Bistum Hildesheim kostenlos<br />
Adressänderungen Telefon 05121 307-892, info@jes-magazin.de<br />
Mit freundlicher Unterstützung von<br />
Jes wird umweltfreundlich auf<br />
FSC®-zertifiziertem Papier gedruckt.<br />
FOTOs: fotolia.com: jfspic; Hans Höing<br />
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Das Leben ist das Leben – verteidige es.<br />
Mutter Teresa<br />
30 Jes 03 . 2015