masterplan :grün - Rhein-Erft-Kreis
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masterplan :grün - Rhein-Erft-Kreis
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egionale2010<br />
Zukunft gemeinsam gestalten –<br />
Das Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn<br />
:kulturlandschaftsnetzwerk<br />
,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ Version 2.0
Inhaltsverzeichnis<br />
Seite 004 > Vorworte<br />
Seite 009 > Präambel<br />
Seite 011 > Einführung –<br />
Das Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn<br />
Seite 015 > Zukunft gemeinsam gestalten –<br />
Der ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ als dynamisches Instrument<br />
Seite 021 > Vielfalt im Herzen Europas –<br />
Beschreibung und Genese der Landschaften in der Region Köln/Bonn<br />
Seite 027 > Die Herausforderung – Region als gestalterische Aufgabe<br />
Seite 031 > Der Blick nach vorn –<br />
Perspektiven der Landschaftsentwicklung in der Region<br />
Seite 035 > Natur und Kultur in ihrer höchsten Verdichtung –<br />
Das Netzwerk der Kulturlandschaften<br />
Seite 040 > Die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche der Region Köln/Bonn<br />
Seite 064 > Die Freiraum- und Gewässernetze –<br />
Feinnervige Verbindungen in Grün und Blau<br />
Seite 066 > Die Kulturlandschaftskorridore –<br />
Das Gerüst des Netzwerkes<br />
Seite 073 > Aus Sicht der einzelnen Disziplinen –<br />
Sektorale Anforderungen an das Netzwerk der Kulturlandschaften<br />
Seite 075 > Stadt- und Regionalplanung – Wachstum und Stabilität steuern<br />
Seite 078 > Landwirtschaft und Gartenbau – Perspektiven bieten<br />
Seite 084 > Forstwirtschaft – Wald und Holz als Ressource für die Zukunft<br />
Seite 089 > Wasser – Qualität im Fluss<br />
Seite 094 > Naturschutz und Landschaftspflege – Lebensräume sichern und verbinden<br />
Seite 098 > Kulturlandschaft und kulturelles Erbe – Die Grundlage regionaler Identität<br />
Seite 103 > Freizeit und Erholung – Potenziale erkennen, Angebote verzahnen<br />
Seite 109 > Vorsicht Konflikte – Wo es in der Region „krachen“ könnte<br />
Seite 117 > Übersetzer vor Ort – Die Projekte des Kulturlandschaftsnetzwerkes<br />
Seite 120 > Wichtige Tipps und Kontakte<br />
zum Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn<br />
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Sehr geehrte Damen und Herren!<br />
Die Perspektiven für die Region Köln/Bonn sind gut, mit guten Chancen, eine<br />
wichtige Rolle im Wettbewerb der europäischen Großstadtregionen zu<br />
spielen. Die Region will diese Chancen nutzen und dabei Risiken vorbeugend<br />
in den Blick nehmen. Der ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ ist ein Best-Practice-Beispiel<br />
für eine neue Planungskultur mit selbstbewussten und engagierten Akteuren<br />
in Verantwortung für die gemeinsame Zukunft.<br />
Mit der Version 2.0 des ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ setzt die Region den vor zwei<br />
Jahren begonnenen Prozess fort, zur Regionale 2010 einen nachhaltigen<br />
Qualitätsrahmen für die Gestaltung ihrer Kulturlandschaften zu erarbeiten.<br />
Diese Aufgabe stellt angesichts der heterogenen Landschafts- und Siedlungsstruktur<br />
eine besondere Herausforderung für die Region Köln/Bonn dar.<br />
Mit dem ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ ist es gelungen, ein anspruchsvolles Steuerungsinstrument<br />
zu entwickeln, das diesen Anforderungen gerecht wird.<br />
Die Schritte zur Umsetzung des gemeinsam definierten Ziels, eine Infrastruktur<br />
der Zukunft zu entwickeln, die den Erhalt der regionalen Identität mit<br />
den Erfordernissen eines wirtschaftlichen Wachstums verbindet, wurden<br />
in einem breit angelegten Diskussionsprozess erarbeitet. Der ,<strong>masterplan</strong><br />
:<strong>grün</strong>’ ist damit auch ein innovatives Beispiel einer neuen kooperativen<br />
Planung. Engagiert haben die Kommunen der sieben Gebietskörperschaften<br />
(Köln, Bonn, Leverkusen, <strong>Rhein</strong>isch-Bergischer <strong>Kreis</strong>, Oberbergischer <strong>Kreis</strong>,<br />
<strong>Rhein</strong>-Sieg-<strong>Kreis</strong>, <strong>Rhein</strong>-<strong>Erft</strong>-<strong>Kreis</strong>), die zahlreichen Fachbehörden Nordrhein-Westfalens<br />
und eine Vielzahl weiterer Akteure diesen Prozess initiiert.<br />
Die intensive Zusammenarbeit der verschiedenen Kooperationspartner ist<br />
die beste Voraussetzung für das Gelingen des Vorhabens, eine langfristige<br />
Entwicklungsstrategie für die Region zu entwerfen und mit Leben zu füllen.<br />
Der vorliegende ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ verbindet die unterschiedlichen Anforderungen<br />
und Chancen einer perspektivischen regionalen Entwicklung. Die<br />
Sicherung und Vernetzung der Freiräume und die Verknüpfung mit angrenzenden<br />
Gebieten schaffen Landschafts- und Freiraumqualitäten, die für die<br />
Region eine vielversprechende Perspektive bieten. Die Harmonisierung der<br />
Lebensbereiche Wohnen, Arbeiten und Freizeit stellt einen bedeutsamen<br />
Wettbewerbsvorteil bei anstehenden Standortfragen dar. Ich bin überzeugt,<br />
es ist ein Plus, mit dem die Region zukünftig werben kann.<br />
Mit dem ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ ist es der Region Köln/Bonn gelungen, Pflege und<br />
Entwicklung von Natur- und Landschaft als Kerninhalt der Regionale 2010<br />
zu thematisieren und sie nicht als Wachstumshindernis, sondern als Baustein<br />
für eine Infrastruktur der Zukunft und ihrer Identität in einem Europa<br />
der Regionen zu begreifen. Mit der Entwicklung der Kultur- und Gewässerlandschaft<br />
hat die Region Köln/Bonn eine qualitative Aufwertung erfahren,<br />
von der auch über das Jahr 2010 hinaus positive Signale ausgehen werden.<br />
Darin liegt die eigentliche Chance des ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’.<br />
Ich wünsche dem Dialog um eine „Infrastruktur der Zukunft“ den Erfolg,<br />
der trägt, den ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ durch politische Legitimation der Kommunen<br />
– auch über 2010 hinaus – umzusetzen.<br />
Ihr<br />
Eckhard Uhlenberg<br />
Minister für Umwelt und Naturschutz,<br />
Landwirtschaft und Verbraucherschutz<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen<br />
5
Sehr geehrte Damen und Herren!<br />
Mit dem Kulturlandschaftsnetzwerk und seinem Instrumentarium – dem<br />
,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ – geht die Region Köln/Bonn im Regierungsbezirk Köln<br />
neue Wege, um die Zukunft unserer Kulturlandschaftsräume vorausschauend<br />
zu sichern und aktiv zu gestalten. „Zukunft gemeinsam gestalten“<br />
lautet dabei das Motto der nun vorliegenden zweiten Version des ,<strong>masterplan</strong><br />
:<strong>grün</strong>’. Als qualitatives „Leitgerüst“ soll er die zukünftige Entwicklung<br />
eines regionalen Kulturlandschaftsnetzwerkes in der Region Köln/Bonn<br />
lenken. Eingebunden ist dies in die Aktivitäten der Regionale 2010, die als<br />
Strukturprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen Entwicklungsimpulse<br />
für die Region Köln/Bonn und ihre Landschaften gibt.<br />
In der Region Köln/Bonn gibt es verschiedenartig geprägte Teilräume. Hier<br />
wird es zukünftig neben den planerischen und funktionsräumlichen Zusammenhängen<br />
zunehmend auch um das Erscheinungsbild von Landschaft<br />
gehen. Auf einer Fläche von fast 4.000 Quadratkilometern weist der Raum<br />
zwischen dem Drachenfels und der Stadt Leverkusen sowie dem Oberbergischen<br />
Land und den Braunkohletagebauen im Westen eine ungeheure<br />
Dichte an unterschiedlichen Landschaftsräumen auf. In dieser Vielfalt ist<br />
die Region Köln/Bonn so abwechslungsreich wie kaum eine andere Region<br />
in Nordrhein-Westfalen. Daraus ergibt sich ein großes natur- und kulturräumliches<br />
Erbe und zu dessen Bewahrung eine anspruchsvolle planerische<br />
und gestalterische Herausforderung.<br />
Die Region Köln/Bonn sieht sich wegen der Vielfalt ihrer Landschafts- und<br />
Siedlungsstruktur besonders gefordert, alle Maßnahmen perspektivisch mit<br />
Blick auf ein „regionales Gesamtbild“ zu entwickeln. Dabei herrscht in vielen<br />
Teilen der Region Köln/Bonn auch zukünftig hoher Nutzungsdruck auf die<br />
Landschaft.<br />
Ausdrücklich sind in diesem Kontext die Gewässer als prägender Bestandteil<br />
des Kulturlandschaftsnetzwerkes der Region zu nennen: Eine bedeutende<br />
Aufgabe besteht zukünftig darin, den <strong>Rhein</strong> als größte europäische Wasserstraße<br />
unter den Vorgaben des Hochwasserschutzes zu entwickeln.<br />
Besondere Bedeutung für unsere Umwelt hat aber auch die Sicherung und<br />
Gestaltung der Fließgewässer rechts und links des <strong>Rhein</strong>s im Einklang mit den<br />
Zielen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Hier wird eine regionale<br />
„blau-<strong>grün</strong>e Infrastruktur“ – wie sie der vorliegende ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ beschreibt<br />
– zu einem wichtigen perspektivischen Standortfaktor.<br />
Ein attraktives, weil qualitätvolles Gesamtbild der Landschaften in einer Region<br />
kann nur entstehen, wenn dafür alle gestaltenden Kräfte den Willen zum Miteinander<br />
und den Blick für das Ganze entwickeln und in die Planungen und<br />
Projekte vor Ort einbringen. Für die Region Köln/Bonn bedeutet dies, dass<br />
die Gestaltung und Entwicklung unserer reizvollen heimischen Landschaft nur<br />
als gemeinschaftliche Anstrengung aller in ihr lebenden und wirkenden Bürger,<br />
Kommunen, <strong>Kreis</strong>e, Behörden, also aller Nutzer und Schützer gelingen kann.<br />
Die Bezirksregierung Köln unterstützt diese beispielhafte regionale Kooperation<br />
als Partner der Kommunen emotional und verbal und durch die Bereitstellung<br />
finanzieller Mittel. Insbesondere bündeln wir die Erfahrungen und<br />
Kompetenzen beispielsweise im Hochwasser-, Landschafts-, Natur- und<br />
Gewässerschutz und in der regionalen Wirtschaftsförderung und bringen sie<br />
in eine nachhaltige Siedlungs- und Regionalplanung ein.<br />
Durch Aufwertung der Kulturlandschaft in der Region Köln/Bonn wird die<br />
Lebensgrundlage der hier lebenden Menschen als „Infrastruktur der Zukunft“<br />
gesichert und verbessert und darüber hinaus die regionale Identität geschärft.<br />
Der ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ ist für dieses zentrale Anliegen der Regionale 2010<br />
die notwendige Basis. Die hier erarbeitete Bestandsaufnahme der Landschaften<br />
und die formulierten Qualitätsmaßstäbe sind Grundlage für die zukünftigen<br />
Entwicklungen und Umsetzung der folgenden Regionale-Projekte.<br />
Ich wünsche allen Beteiligten und Verantwortlichen ein konsequentes Handeln<br />
im Sinne der gemeinsam erarbeiteten Ziele auch über das Jahr 2010 hinaus,<br />
damit die Gestaltung der Kulturlandschaft nach den Vorgaben des ,<strong>masterplan</strong><br />
:<strong>grün</strong>’ zum Markenzeichen für die Vorteile der Region Köln/Bonn wird.<br />
Ihr<br />
Hans Peter Lindlar<br />
Regierungspräsident<br />
Bezirksregierung Köln<br />
7
Präambel<br />
9
10<br />
Präambel<br />
Das Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn nimmt konkrete Formen<br />
an. Sein Instrument – der ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ im Rahmen der Regionale<br />
2010 – geht mittlerweile in die zweite Runde. Die Region Köln/Bonn präsentiert<br />
ein Werk, das sich der Genese, dem aktuellen Zustand und vor allem der<br />
Zukunft der Landschaften in der Region Köln/Bonn widmet und Perspektiven<br />
für die zukünftige Entwicklung der Kulturlandschaften aufzeigt. Es drückt<br />
den gemeinsamen Gestaltungswillen aus, den die Region sich selbst gibt, und<br />
definiert Qualitäts- und Gestaltungsziele für die Landschaften der Region.<br />
Eine Darstellung der Ziele und der Umsetzung des Kulturlandschaftsnetzwerkes<br />
sowie der Methodik im Rahmen der Regionale 2010 finden Sie auf<br />
Seite 16ff.<br />
Ausgehend von einer Beschreibung der einzelnen Landschaftsräume in der<br />
Region Köln/Bonn (Seite 21ff.) wird vor allem die Herausforderung „Region<br />
als gestalterische Aufgabe“ (Seite 27ff.) beschrieben. Dabei werden Entwicklungsperspektiven<br />
für die Landschaften der Region aufgezeigt, wobei<br />
vor allem das Natur- und Kulturerbe der Gesamtregion und der einzelnen<br />
Teilräume zu erhalten und behutsam weiterzuentwickeln ist (Seite 31ff.).<br />
Sichtbar wird die naturräumliche und kulturelle Ausstattung der Region im<br />
Netzwerk der Kulturlandschaften, das auf den „wertvollen Kulturlandschaftsbereichen“<br />
sowie den Kulturlandschaftskorridoren und den Freiraum- und<br />
Gewässernetzen basiert (Seite 35ff.).<br />
Eine detaillierte Betrachtung aus der Sicht einzelner Fachdisziplinen setzt die<br />
planerischen Zielvorstellungen für die Landschaftsentwicklung in Bezug zu<br />
den vielfältigen Ansprüchen an den Freiraum (Seite 73ff.). Bringt man diese<br />
in einen Zusammenhang, so tauchen Konflikte auf, deren Bewältigung für<br />
die Zukunft der Region von elementarer Bedeutung ist. Diese Konfliktfelder<br />
werden erörtert, bevor anschließend der Umsetzungswille der Region anhand<br />
der Projekte als sichtbare Zeichen des Kulturlandschaftsnetzwerkes dargestellt<br />
wird. Das Kapitel zum Thema Projekte zeigt auch, wie die nächsten<br />
Schritte auf dem Weg bis zum Jahr 2010 aussehen könnten und wie sich<br />
die weitere Qualifizierung von konkreten Projekten gestaltet.<br />
Darüber hinausgehende Informationen zum Masterplan sowie zu den einzelnen<br />
Fachbeiträgen, Projekten und Veranstaltungen sind stets aktuell unter<br />
www.regionale2010.de zu finden.<br />
Das große, qualitative Gesamtbild der Region kann nur entstehen, wenn alle<br />
gestaltenden Kräfte in der Region den Willen zum Miteinander und den<br />
Blick für das Ganze haben sowie konkrete Planungen und Projekte vor Ort<br />
einbringen. Nur durch die Mitwirkung aller kann über die gemeinschaftliche<br />
Gestaltung der Zukunft aus dem Kulturlandschaftsnetzwerk der Region<br />
Köln/Bonn ein langfristig wirksamer, dynamischer Generationenvertrag entstehen,<br />
der die Ressourcen vor Ort klug nutzt, bewahrt und behutsam weiterentwickelt.<br />
Die entscheidende Frage dabei lautet: Wohin sollen sich unsere<br />
Kulturlandschaften entwickeln? Die Antwort darauf kann nur gemeinsam<br />
gegeben werden.
Einführung –<br />
Das Kulturlandschaftsnetzwerk<br />
der Region Köln/Bonn<br />
11
Einführung –<br />
Das Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn<br />
Die Region Köln/Bonn umfasst eine Fläche von nahezu 4.000 Quadratkilometern.<br />
Sie weist eine ungeheure Dichte an unterschiedlichen Landschaftsräumen<br />
bzw. -charakteren auf und ist in ihrer landschaftlichen Vielfalt so<br />
abwechslungsreich wie keine andere Region in Nordrhein-Westfalen. Dies ist<br />
ein großes kulturelles und naturräumliches Erbe und gleichzeitig eine große<br />
Verantwortung für die Zukunft.<br />
Doch was sind das für Landschaften, die sich entlang des <strong>Rhein</strong>abschnitts<br />
zwischen Siebengebirge und Leverkusen aufspannen? Wo und wie verbinden<br />
sich die Börde, die Ville, das Siebengebirge und das Bergische Land mit den<br />
urbanen Zentren der <strong>Rhein</strong>schiene? Die Antwort lautet: in der Landschaft.<br />
Über die Grenzen von 50 kreisangehörigen Kommunen, drei kreisfreien<br />
Städten und vier Landkreisen hinweg bildet die sich in ständiger Veränderung<br />
befindliche Landschaft der Region Köln/Bonn ihre Basisinfrastruktur<br />
und ihr räumliches „Rückgrat“.<br />
Landschaft im Wandel<br />
Landschaft steht für Heimat und Lebensqualität sowie für den Wunsch nach<br />
etwas, das bleibt. Doch Landschaft ist auch Wandel: Jede Generation hat<br />
die Landschaft genutzt und gestaltet, wie es ihren wirtschaftlichen Bedürfnissen<br />
und ihren technischen Möglichkeiten entsprach. In einer dynamischen<br />
Region wie der Region Köln/Bonn bedarf die Zukunft, die Sicherung und<br />
Entwicklung dieser Landschaft einer Perspektive. Mit ihrem Kulturlandschaftsnetzwerk<br />
will die Region Köln/Bonn „Zukunft gemeinsam gestalten“. Erst als<br />
gemeinschaftliche Anstrengung der 53 Kommunen, der <strong>Kreis</strong>e sowie der<br />
übergeordneten Behörden, Fachdisziplinen, Förderer und Nutzer wird Landschaft<br />
mehr als ein Zufalls- bzw. Auflösungsprodukt. Als bedachtsam entwickelte<br />
und gestaltete Infrastruktur wird sie zur Basis aller nachhaltigen<br />
Aktivitäten in der Region – von der Erzeugung gesunder Nahrungsmittel und<br />
der Bereitstellung von Trinkwasser über die Energiegewinnung und die Freizeitgestaltung<br />
bis hin zur weiteren Bereitstellung von Flächen für Verkehr,<br />
Siedlung und Gewerbe.<br />
Um dies zu erreichen, ist nicht nur ein kontinuierlicher Diskurs zwischen den<br />
gestaltenden Akteuren in der Region unabdingbar, sondern ebenso ein Disput,<br />
der sich kritisch und konstruktiv mit der Frage des geeigneten Weges in<br />
Richtung Zukunft auseinandersetzt. In diesem Sinne versteht sich die vorlie-<br />
gende zweite Version des ,<strong>masterplan</strong>s :<strong>grün</strong>’ als Plattform und Diskussionsgrundlage<br />
für die zukünftige nachhaltige Entwicklung unserer Landschaften.<br />
Sie ersetzt dabei ausdrücklich keine vorhandene Planungsebene, sondern<br />
ergänzt diese um qualitative Aspekte.<br />
Projekte als sichtbare Zeichen<br />
Sichtbare Zeichen des skizzierten Ansatzes sind konkrete Projekte. Sie greifen<br />
die jeweiligen Realitäten vor Ort auf, wobei sie sich konsequent dem gemeinsamen<br />
Gesamtziel verpflichten. Es ist bereits in diesem frühen Stadium<br />
des Regionale-Prozesses ermutigend, wie und in welcher Form die derzeit<br />
insgesamt elf Projektkonsortien, in denen insgesamt 32 Kommunen der Region<br />
kooperieren, um auf Basis des Kulturlandschaftsnetzwerkes Gestaltungsvorstellungen<br />
für den jeweiligen Teilraum gemeinschaftlich zu entwickeln.<br />
Dies erfolgt über kommunale, fachliche und <strong>Kreis</strong>grenzen hinweg.<br />
Darüber hinaus leitet die Perspektive des Kulturlandschaftsnetzwerkes schon<br />
jetzt auch wichtige raumwirksame Planungen in der Region. Ob bei der<br />
Überarbeitung von Flächennutzungsplänen oder im Rahmen von Leitbildprozessen<br />
– viele Kommunen haben erklärt, diese regionale Übereinkunft als<br />
Grundlage für ihre Zukunftsplanungen heranziehen zu wollen. Die regionale<br />
Diskussion über die Gestaltung unserer Landschaften nimmt dabei bereits<br />
Aspekte auf, die sich zukünftig ohnehin stärker auf den Tagesordnungen der<br />
Kommunen, Behörden und Verbände wiederfinden werden: beispielsweise<br />
die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL).<br />
Über das Kulturlandschaftsnetzwerk findet in der Region Köln/Bonn derzeit<br />
eine lebendige und in Teilen auch kontrovers geführte Diskussion statt. Das<br />
Netzwerk lebt dabei vom aktiven Austausch der Kommunen und der vielen<br />
unterschiedlichen Akteure in der Region. Ein gutes Beispiel ist die Vielzahl<br />
der Rückmeldungen auf die erste Version des Masterplans. Die zahlreichen,<br />
in der Region geäußerten Bedenken und Anregungen finden sich in der<br />
nun vorliegenden Fassung bzw. in den Langfassungen der einzelnen Fachbeiträge<br />
wieder. Diese können im Internet unter www.regionale2010.de<br />
abgerufen werden.<br />
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Zukunft gemeinsam gestalten –<br />
Der ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’<br />
als dynamisches Instrument<br />
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16<br />
Zukunft gemeinsam gestalten –<br />
Der ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ als dynamisches Instrument<br />
In einer dynamischen Region wie der Region Köln/Bonn ist Landschaft längst<br />
zu einem „Produkt“ geworden, an das eine Vielzahl von Nutzungsansprüchen<br />
gestellt wird. Dabei ist die Entwicklung in der Region weder mit dem tief<br />
greifenden Strukturwandel im Ruhrgebiet noch mit den „Schrumpfungsprozessen“<br />
in weiten Teilen Ostdeutschlands vergleichbar. Demografische<br />
Untersuchungen prognostizieren für die <strong>Kreis</strong>e im direkten Umfeld der Städte<br />
Köln, Bonn und Leverkusen in den nächsten Jahren einen weiteren Anstieg<br />
der Bevölkerungszahlen. Der bereits heute in der Landschaft ablesbare Prozess<br />
der Verstädterung wird sich somit fortsetzen. Nicht zuletzt deshalb<br />
spielen die Sicherung und Entwicklung von Landschaft und Freiräumen in der<br />
Region eine wichtige Rolle. Sie bedürfen einer expliziten und perspektivischen<br />
Steuerung – einer Haltung für die Zukunft sowie eines zukunftsfähigen<br />
Konzeptes.<br />
Mit dem ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ liegt ein innovatives Instrument zur Förderung<br />
der regionalen Kommunikation und Abstimmung vor. Er ist ein dynamischer<br />
Entwurf und formuliert Ziele, um die Aktivitäten der unterschiedlichen regionalen<br />
Akteure zu bündeln und zu koordinieren. Seine Erarbeitung sorgt für<br />
eine neue Kultur des Zusammenwirkens zur Sicherung und Weiterentwicklung<br />
von Landschaft und Kultur in der Region Köln/Bonn.<br />
Neue Zielqualitäten für die Region<br />
Die Aufgabe des Masterplans ist es, Qualitäten der regionalen Kulturlandschaften<br />
mittelfristig zu sichern und zu verbessern, und zwar nicht nur für die<br />
hier ausgewiesenen „wertvollen Kulturlandschaftsbereiche“ mit der höchsten<br />
Verdichtung von natürlichem und kulturellem Erbe (siehe auch Seite 00),<br />
sondern für alle Teilräume der Region. In gemeinsamer Verantwortung für die<br />
Zukunft können und sollen sich einzelne Planungen am Masterplan orientieren<br />
und seine Zielsetzungen in konkreten Projekten vor Ort umsetzen.<br />
Dabei wird Kooperation zu einem zentralen Begriff und zu einer wesentlichen<br />
Grundlage für den Erfolg des Masterplans. Sie folgt dem Grundgedanken,<br />
dass ein gemeinsames Verständnis der Kulturlandschaft die Basis für deren<br />
Erhalt und zukünftige Gestaltung ist. Wichtigstes Ziel ist es, bestehende<br />
Landschafts- und Freiräume in der Region zu sichern und weiterzuentwickeln<br />
sowie neue Landschafts- und Freiraumqualitäten zu schaffen.<br />
Der Masterplan übernimmt die Aufgabe, die Entwicklung der Region perspektivisch<br />
zu beeinflussen und ihre Kulturlandschaften langfristig zu sichern.<br />
Er knüpft so an eine Entwicklung an, die mit der Gründung des regionalen<br />
Arbeitskreises Natur und Landschaft im November 2000 begann und stellt<br />
die Thematik der regionalen Freiraumsicherung in einen größeren Gesamtzusammenhang.<br />
Vor dem Hintergrund des Strukturprogramms Regionale 2010<br />
definiert er neue Ziele und gibt diesen einen gemeinsamen gestalterischen<br />
Rahmen. Eine wesentliche Grundidee ist, dass ein Raum erst durch die<br />
Kommunikation über den Raum begreifbar wird. Aus der zweidimensionalen<br />
Betrachtung planerischer Ansätze wurde so – aus der Region heraus – ein<br />
Prinzip der Dreidimensionalität entwickelt, das neue Zielqualitäten für die<br />
Region und ihre Teilräume formuliert.<br />
Das Instrument Masterplan als Initiative für die Zukunft der Region<br />
Der Masterplan ist eine lebendige Plattform für die Diskussion und die Kommunikation<br />
über die „Infrastruktur der Zukunft“ in der Region Köln/Bonn. Es<br />
entsteht ein Instrument der räumlichen Vernetzung, das auf Basis der Kenntnis<br />
der regionalen Kulturlandschaften den Dialog zwischen den unterschiedlichen<br />
Akteuren herstellt und fördert. Durch die Entwicklung von Zielen und<br />
Qualitätsanforderungen wird dies für alle Beteiligten und auch für Außenstehende<br />
transparent. So wird mittelfristig eine breite Akzeptanz und Unterstützung<br />
auf unterschiedlichen Ebenen gesichert.<br />
Verbunden mit dem Masterplan ist das Leitbild der Bewahrung, behutsamen<br />
Weiterentwicklung und Vernetzung der Landschaften und Freiräume in der<br />
Region. Entscheidend ist dabei der Blick in die Zukunft: Das zu Bewahrende<br />
der Kulturlandschaften in der Region Köln/Bonn dient als eine Art Matrix für<br />
die gemeinsame Gestaltung einer „Infrastruktur der Zukunft“. Das Konzept<br />
zu deren Gestaltung wird aus der Region heraus in Abstimmung mit dem<br />
Land Nordrhein-Westfalen entwickelt: ein Netzwerk der Kulturlandschaften<br />
in der Region, das die Unterschiede und die Einzigartigkeit einzelner Teilräume<br />
herausstellt, vorhandene Potenziale erschließt und Beziehungen und<br />
Wechselwirkungen zwischen den charakteristischen Landschaftsräumen der<br />
Region aufzeigt. So werden spezielle Landschafts- und Freiraumqualitäten<br />
individuell erlebbar. Das Netzwerk der Kulturlandschaften trägt dazu bei,<br />
das Erholungspotenzial der Landschaft und die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes<br />
zu steigern.
18<br />
Der Aufbau eines solchen Netzwerkes erfordert eine Konzentration auf bestimmte<br />
Landschaftsausschnitte und Korridore. Deren Auswahl wird durch<br />
die jeweils vorhandenen Qualitäten und Potenziale bestimmt. Ziel ist es,<br />
Landschaft erfahrbar zu machen und Identitäten herauszustellen. Die Verknüpfung<br />
der einzelnen Landschaftsräume im Netzwerk der Kulturlandschaften<br />
erfolgt dabei ohne eine „großflächige Umgestaltung“. Das heißt:<br />
Landschaft soll an sich nicht grundlegend verändert werden. Vielmehr werden<br />
die charakteristischen Eigenschaften des Natur- und Kulturerbes der Landschaft<br />
herausgearbeitet und sichtbar gemacht. Auf diese Weise wird der<br />
regionale Bezug zu vertrauten Landschaftselementen hergestellt. Das vertraute<br />
Bild von Landschaft bleibt erhalten und wird doch erweitert, indem es<br />
in einen regionalen Zusammenhang gebracht wird. Es wird mit Neuem verbunden<br />
und in geeigneter Weise präsentiert. Neben dem Aufzeigen regionaler<br />
Bezüge sowie der Vernetzung und Aufwertung einzelner Landschaftsräume<br />
sorgt der Ansatz auch dafür, dass das Alltägliche und das Besondere<br />
in der Region erkennbar und erlebbar werden.<br />
Der Ablauf und die Methodik<br />
Um das Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn auf eine solide<br />
Grundlage zu stellen, wurden im Vorfeld verschiedene Fachbeiträge zu<br />
Fragen der zukünftigen Raumentwicklung erarbeitet. Diese beziehen sich<br />
auf die Verkehrs-, Industrie- und Siedlungsentwicklung, die Land- und Forstwirtschaft,<br />
die Kulturlandschaft und das kulturelle Erbe, die Stadtentwicklung<br />
und die Bereiche Naturschutz und Landschaftspflege sowie Freizeit und<br />
Erholung. In Werkstätten, Regionalforen und weiteren Veranstaltungen mit<br />
Beteiligung der Öffentlichkeit wurden diese Fachbeiträge intensiv weiterdiskutiert.<br />
Dort wurden auch Schnittstellen und Konflikte zwischen einzelnen<br />
Fachgebieten und Themen benannt sowie erste Ansatzpunkte zu gemeinsamen<br />
Handlungsansätzen definiert.<br />
Alle Fachbeiträge beziehen sich auf eine Basisstudie. Diese analysiert eingehend<br />
die geografische Entstehung und Entwicklung der Region. Dabei<br />
werden deren Großlandschaften und Teilräume sowohl unter naturräumlichen<br />
Aspekten als auch hinsichtlich ihrer Genese und ihrer Ressourcen<br />
und Potenziale beschrieben und ausgewertet. Die Betrachtung des Raumes<br />
erfolgt unter besonderer Berücksichtigung des Kultur- und Naturerbes der<br />
Landschaften. Auf dieser fundierten Grundlage können Perspektiven für die<br />
verschiedenen Kulturlandschaftsräume als wesentliche Voraussetzung zur<br />
Schaffung eines regionalen Netzwerkes der Kulturlandschaften formuliert<br />
werden.<br />
Der Masterplan wird einschließlich der Fachbeiträge in den nächsten Jahren<br />
unter Einbeziehung aktueller Frage- und Problemstellungen in der Region<br />
kontinuierlich fortgeschrieben. Ziel ist es dabei auch, die Diskussion über<br />
Landschaftsqualität in vorhandene Planverfahren wie die Regionalplanung<br />
und die kommunalen Flächennutzungsplanungen einzubringen und darüber<br />
ein schlüssiges und dynamisches Gesamtbild für die Region zu erhalten. Der<br />
Aspekt Kommunikation spielt hierbei eine zentrale Rolle: Der Masterplan<br />
schafft den Anreiz zur Kommunikation über kommunale Grenzen sowie zur<br />
Zusammenarbeit zwischen privaten und halböffentlichen Akteuren und<br />
Kommunen. Er ermöglicht zugleich eine Berücksichtigung bei sowie eine<br />
Integration von laufenden Maßnahmen.<br />
Der Masterplan „auf Tour“<br />
Um den ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ vor allem bei den 50 kreisangehörigen Kommunen<br />
in den vier Landkreisen der Region zu etablieren, führte der Arbeitskreis<br />
Natur und Landschaft der Region Köln/Bonn im Jahr 2005 in den jeweiligen<br />
<strong>Kreis</strong>städten direkte Informationsveranstaltungen durch. Parallel dazu wurden<br />
die 53 Kommunen der Region Köln/Bonn gebeten, ihre fachlichen Anregungen<br />
aus kommunaler Sicht vorzutragen. Der daraufhin einsetzende rege<br />
Rücklauf brachte eine Vielzahl von konstruktiven Ergänzungs- und Verbesserungsvorschlägen,<br />
die ebenso in die Weiterentwicklung und Ausformulierung<br />
der vorliegenden Veröffentlichung einflossen wie die Anregungen weiterer<br />
Behörden und Verbände in der Region, der Bezirksregierung Köln und des<br />
Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen.<br />
Ein Motor der Zusammenarbeit<br />
Die Erarbeitung des ,<strong>masterplan</strong>s :<strong>grün</strong>’ hat ihre Wurzeln in der Gründung<br />
eines regionalen Arbeitskreises Natur und Landschaft im Jahr 2000. Diese<br />
erfolgte im Kontext einer Neuorientierung der regionalen Zusammenarbeit in<br />
der Region Köln/Bonn. Seinerzeit wurde vor allem das Fehlen regionalbezogener<br />
Planungsgrundlagen beklagt. Daher begann eine Zusammenarbeit,
die erstmals Konzeptionen für kommunale Grenzen überschreitende „Grünzüge“<br />
und Erlebnisrouten zur Folge hatte. Im Zusammenhang mit der<br />
Regionale 2010 wurde deutlich, dass für landschaftsbezogene Regionale-<br />
Projekte im Themenfeld :<strong>grün</strong> Rahmenvorgaben und Qualitätsmaßstäbe<br />
erforderlich sind. Hieraus ergab sich die regionale Verständigung auf die<br />
Erarbeitung des ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’.<br />
Das Konzept des Kulturlandschaftsnetzwerkes ist dabei längst wesentlich<br />
mehr als die in den Anfängen angedachte Qualifizierungsgrundlage für Projekte<br />
im Rahmen der Regionale 2010. Es trägt zur Verständigung innerhalb<br />
der Region über die Zukunft von Freiraum und Landschaft bei und ist zu<br />
einem Motor der Zusammenarbeit geworden. Dabei zielt es stets auf die<br />
dauerhafte Etablierung einer gemeinschaftlichen Perspektive für die Landschaften<br />
der Region ab. Wie lange solche Konzepte halten können und was<br />
sie zu leisten im Stande sind, zeigen uns direkt „vor der eigenen Haustür“<br />
die Grüngürtel in Köln.<br />
Unter der Maxime „Denke und gestalte Landschaft regional“ wächst auf<br />
diese Art und Weise Schritt für Schritt ein neues Zusammenwirken zur<br />
Sicherung und Weiterentwicklung von Landschaft und Kultur heran. Das<br />
Kulturlandschaftsnetzwerk wird zu einer Motivation für interkommunale<br />
Kooperationen, die das sozial und räumlich vernetzte Vorgehen aller Akteure<br />
protegiert und so über die Grenzen einzelner Fachgebiete und die Grenzen<br />
des Standortes hinaus raumwirksam wird.<br />
19
<strong>Kreis</strong> Mettmann
Vielfalt im Herzen Europas –<br />
Beschreibung und Genese der<br />
Landschaften in der Region Köln/Bonn<br />
Der Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg:<br />
Das wirtschaftliche Zentrum der Region<br />
Die Landschaft von Börde und Ville:<br />
Acker, Wald und Braunkohle<br />
Das Bergische Land:<br />
Industrietradition zwischen<br />
Bergen und Tälern<br />
Die Mittelrheinische Pforte:<br />
Das Tor zur Region<br />
21
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Vielfalt im Herzen Europas –<br />
Beschreibung und Genese der Landschaften in der Region Köln/Bonn<br />
Europa wächst zusammen. Der Staatenbund der Europäischen Union soll zu<br />
neuen politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und ökologischen<br />
Gemeinsamkeiten führen. Ein wichtiger Lebensnerv dieser Gemeinsamkeiten<br />
ist der Erhalt und die Entwicklung der kulturellen und ökologischen Vielfalt.<br />
Dabei sind die Eigenschaften und Identitäten der europäischen Regionen<br />
ein hohes Schutzgut, das es zu sichern und zu fördern gilt. Ein „Europa der<br />
Regionen“ geht als einer der Grundsätze in die zukünftige Verfassung der<br />
Europäischen Union ein.<br />
Ein solches Europa ist jedoch nur realisierbar, wenn auch die europäischen<br />
Landschaften ihre Eigenarten behalten. Die dort lebenden Menschen<br />
müssen diese Landschaften weiterhin als ihre Heimat empfinden, sie müssen<br />
ihnen verbunden bleiben, sich mit ihnen identifizieren sowie sich für ihren<br />
Erhalt und ihre Entwicklung einsetzen. Denn die Kulturlandschaften Europas<br />
sind die Wiege der Vielfalt der europäischen Kultur und Natur.<br />
Die Region Köln/Bonn umfasst per definitionem vier europäisch bedeutsame<br />
Großlandschaften: den Mittelgebirgsraum des Bergischen Landes, Teile des<br />
Mittelrheinischen Schiefergebirges, die <strong>Rhein</strong>terrassen zwischen Köln und<br />
Bonn als Teile des Ballungsraumes <strong>Rhein</strong>-Ruhr und die Kölner Bucht als Teil<br />
der Niederrheinischen Bucht. Das Kulturlandschaftsnetzwerk integriert darauf<br />
aufbauend folgende Großlandschaften der Region Köln/Bonn:<br />
• den Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg,<br />
• die Landschaft von Börde und Ville,<br />
• das Bergische Land<br />
• und die Mittelrheinische Pforte.<br />
Im Rahmen des Masterplans werden die landschaftlichen Eigenarten der<br />
Großlandschaften und ihrer Teilräume, ihre Genese sowie ihre Qualitäten für<br />
die Entwicklung künftiger Leitbilder und Gestaltungsgrundsätze betrachtet.<br />
Der Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg:<br />
Das wirtschaftliche Zentrum der Region<br />
Die heutigen Kulturlandschaften der Region Köln/Bonn sind das Ergebnis<br />
der jahrtausendelangen Nutzung und Kultivierung der Naturlandschaft durch<br />
den Menschen. Der <strong>Rhein</strong> hat dabei stets eine dominierende Rolle gespielt.<br />
Seit der Kulturnahme der Landschaft ist der Fluss eine der wichtigsten Verkehrsachsen<br />
in Europa. Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts kam es zu<br />
den ersten Industrieansiedlungen an den Ufern des <strong>Rhein</strong>s.<br />
Heute ist das Relief zwischen dem Eintritt des <strong>Rhein</strong>s in die niederrheinische<br />
Tiefebene bei Bad Godesberg und dem Bayer-Kreuz in Leverkusen geprägt<br />
von der fest eingebetteten Flusslandschaft, die nur zum Teil noch erkennbare<br />
naturnahe Räume aufweist. Die Großlandschaft des Ballungsraumes <strong>Rhein</strong>-<br />
Sieg ist der am dichtesten besiedelte Teil der Region. Sie besteht aus der<br />
<strong>Rhein</strong>aue und den Aueweitungen an den Mündungen von Wupper und Sieg<br />
sowie den Niederterrassen und den höher gelegenen Mittelterrassen auf der<br />
rechts- und linksrheinischen Seite.<br />
Sowohl die flussnahen Bereiche als auch die Nieder- und Mittelterrasse rechts<br />
und links des <strong>Rhein</strong>s sind durch Besiedlung, Industrie und Verkehr geprägt.<br />
„Verträumte Reste“ der alten Kultur- und Naturlandschaft sowie attraktive<br />
Parks und Grünflächen ergänzen die Strukturen. Städte wie Köln, Leverkusen,<br />
Wesseling, Bonn und Siegburg sind zu einem Ballungsraum mit rund zwei<br />
Millionen Einwohnern zusammengewachsen. Die <strong>Rhein</strong>schiene bündelt zudem<br />
frachtgünstige Verkehrswege und Industriestandorte wie zum Beispiel<br />
den Ballungsraum der Chemie zwischen Leverkusen und Wesseling.<br />
In den <strong>Rhein</strong>auen sind die ursprünglichen Auenwälder größtenteils verschwunden,<br />
sie wurden durch Äcker, Grünland und Pappelpflanzungen ersetzt. Zum<br />
Teil wird dieser Bereich heute noch als Dauer<strong>grün</strong>land genutzt, insbesondere<br />
infolge des hohen Grundwasserstandes und der periodischen Überschwemmungen.<br />
Einen besonderen Wert im Komplex der <strong>Rhein</strong>wiesen haben die<br />
seltenen Salbeiwiesen, die vor allem auf den kalkhaltigen Aueböden an den<br />
Böschungen der <strong>Rhein</strong>deiche gedeihen.
Zu beiden Seiten des <strong>Rhein</strong>s schließen sich die Niederterrassen an, die vor<br />
allem im Norden der Region bei Worringen und Leverkusen eine Breite von<br />
bis zu zwölf Kilometern erreichen. Früher waren sie von fruchtbaren, dicht<br />
besiedelten Bauernfluren geprägt, was vor allem im Süden der Region noch<br />
erkennbar ist. Zwischen Köln und Bonn sind einzelne Teile der alten und<br />
reichen bäuerlichen Kulturlandschaft erhalten geblieben. Sie stehen heute<br />
jedoch in Konkurrenz zu Siedlungsentwicklung, Wasserwirtschaft und Kiessandabbau.<br />
Neben Weizen- und Rübenanbau findet man hier noch größere<br />
Garten-, Obst- und Gemüseflächen.<br />
Das Gebiet der rheinischen Mittelterrassen wird rechtsrheinisch von der<br />
„Bergischen Heideterrasse“ geprägt. Sie erstreckt sich zwischen der Sieg im<br />
Süden und Leichlingen im Norden entlang des Ostrandes der Kölner Bucht<br />
und wird von den Tälern der Agger, Dhünn und Wupper sowie von einigen<br />
kleineren Bachläufen durchschnitten. Trotz dichter Besiedlung und Nutzung<br />
durch den Verkehr wird die Landschaft noch von großen Waldgebieten<br />
dominiert und weist Landmarken wie den weithin sichtbaren Bergkegel des<br />
Michaelsberges bei Siegburg auf.<br />
Eine Besonderheit in diesem Bereich ist die zwischen Köln-Porz und Troisdorf<br />
gelegene Wahner Heide, eines der größten Naturschutzgebiete Nordrhein-<br />
Westfalens und zugleich eines der landesweit artenreichsten Heide-, Moorund<br />
Waldgebiete. Rund 700 europaweit gefährdete Tier- und Pflanzenarten<br />
finden hier einen ihrer letzten Rückzugsbereiche.<br />
Die linksrheinische Mittelterrasse ist wie die rechtsrheinische vor allem durch<br />
trockene Böden geprägt, fruchtbare Lössauflagen schaffen hier jedoch sehr<br />
günstige Bedingungen für die Landwirtschaft. Es handelt sich um ein altbäuerliches<br />
Siedlungsgebiet mit kleinen Waldresten. Typische Nutzungsformen<br />
sind ein intensiver Ackerbau im Norden sowie der Anbau von Obst, Gemüse<br />
und Zierpflanzen südlich von Hürth und Brühl. Eine andere Art von Grünnutzung<br />
zeigt sich in der Brühler Gartenlandschaft, einem der Schauplätze<br />
entlang der nordrhein-westfälischen „Straße der Gartenkunst“. Die Gartenanlagen<br />
der Schlösser Augustusburg und Falkenlust gelten als bedeutendes<br />
Beispiel der europäischen Gartenkunst und gehören zum Weltkulturerbe der<br />
UNESCO.<br />
Die Landschaft von Börde und Ville: Acker, Wald und Braunkohle<br />
Die zweite prägende Großlandschaft der Region Köln/Bonn ist das Gebiet<br />
von Börde und Ville, das die ausgedehnten und klimatisch begünstigten Lössgebiete<br />
der Zülpicher und Jülicher Börde, die <strong>Erft</strong>aue sowie die Sand- und<br />
Kiesschollen der waldreichen Ville umfasst. Die Bördelandschaften um<br />
Zülpich und Jülich sind vom Relief her eben und leicht wellig. Sie ermöglichen<br />
eine hoch entwickelte Landwirtschaft auf fruchtbaren Böden. Der Ackerbau<br />
hat hier eine lange Geschichte: Seine Anfänge gehen bis ins Neolithikum<br />
zurück. Bereits damals hatte der Mensch die hohe Fruchtbarkeit der Lössböden<br />
für eine ackerbauliche Nutzung erkannt. Heute hat der Braunkohletagebau<br />
die Ackerflächen der Börde erreicht.<br />
Die Ville ist ein schmaler, durchschnittlich nur fünf Kilometer breiter Höhenzug,<br />
der nach beiden Seiten durch zum Teil steil abfallende Ränder scharf<br />
abgegrenzt ist. Sie ist die „<strong>grün</strong>e Hecke“ der Börde. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
war sie noch nahezu vollständig bewaldet. Während der südliche<br />
Teil nach wie vor Waldville genannt wird und große geschlossene Waldbereiche<br />
aufweist, wird das Landschaftsbild im Norden und im mittleren Teil<br />
vom hier nahezu abgeschlossenen Braunkohlebergbau bestimmt. Kennzeichnend<br />
sind hier die letzten Reste großer Braunkohle-Tagebaubetriebe,<br />
die die Landschaft völlig neu gestaltet haben. Entstanden ist eine Landschaft<br />
mit von Menschenhand geschaffenen „großen Löchern“, die den Spagat<br />
zwischen Bewahrung und Entwicklung sichtbar und erlebbar macht: eine<br />
bizarre, aufregende Landschaft, die sich im ständigen Wandel befindet.<br />
Große Teile der Braunkohleville wurden in den letzten 50 Jahren erfolgreich<br />
rekultiviert. So findet man unmittelbar neben der Industriekulisse mit riesigen<br />
Schaufelradbaggern eine Seenplatte mit neuen Wäldern und Aussichtspunkten,<br />
die zahlreiche Menschen zu Freizeitgestaltung und Erholung anzieht.<br />
Auch das ist typisch für die Bilder von Landschaft in der Region.<br />
Der dritte Teilraum im Bereich Börde und Ville ist die <strong>Erft</strong>aue. Hat sie im<br />
Norden eher den Charakter eines engen Durchbruchtals, so ist sie im Süden<br />
breit angelegt. Die <strong>Erft</strong>ufer sind hier von Wiesen, Weiden und Ackerland<br />
geprägt. In der Nähe der benachbarten Ortschaften zeugen alte Schlösser,<br />
Wasserburgen und -mühlen sowie andere Baudenkmäler von der kulturhistorischen<br />
Bedeutung der Region.<br />
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Naturräumliche Einheiten<br />
Zülpicher und<br />
Jülicher Börde<br />
Linksrheinische<br />
Mittelterrasse<br />
Börde und Ville<br />
Ballungsraum<br />
<strong>Rhein</strong>-Sieg<br />
Zülpicher und<br />
Jülicher Börde<br />
Rechtsrheinische<br />
Mittelterrasse<br />
(Bergische Heideterrasse)<br />
Niederterrasse<br />
Kottenforst –<br />
Drachenfelser<br />
Ländchen<br />
Bergische Hochflächen<br />
Bergisches Land<br />
Siebengebirge –<br />
Pleiser Ländchen<br />
Mittel- rheinische<br />
Pforte<br />
Mittelsieg-Bergland<br />
Oberagger-Wiehl-Bergland
Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts floss die <strong>Erft</strong> noch weitgehend naturnah<br />
in einer extensiv genutzten, arten- und strukturreichen Talaue, die sich in<br />
die Börde eingeschnitten hatte. Mitte des 19. Jahrhunderts änderte sich dies:<br />
Ein Großteil der Flächen wurde entwässert, umgestaltet und größtenteils in<br />
Äcker umgewandelt. Im Norden beeinträchtigen zudem die für den Braunkohletagebau<br />
notwendigen Grundwasserabsenkungen den Fluss, der<br />
augrund der industriellen Einleitungen zu einem künstlichen Gewässer mit<br />
stark erhöhter Wasserführung geworden ist.<br />
Das Bergische Land: Industrietradition zwischen Bergen und Tälern<br />
Ursprünglich bedeckten geschlossene Buchenwälder das Bergische Land,<br />
das sich landschaftlich in die Bergischen Hochflächen, das Oberagger-<br />
Wiehl-Bergland sowie das Mittelsieg-Bergland gliedert. Die Naturräume und<br />
Kulturlandschaften unterscheiden sich dabei jedoch nur geringfügig voneinander.<br />
Das Relief des Bergischen Landes ist gekennzeichnet von topografischer<br />
Zerrissenheit, steilen Böschungen, relativ armen Böden und einem rauen<br />
Klima. Prägend für die Landschaft sind im Norden wie im Süden wasserreiche<br />
Netze aus kleinen Flüssen, Bächen, Siefen, Quellen und Quellfluren.<br />
Die Besiedlung und der Verlauf der Verkehrswege konzentrierten sich zunächst<br />
auf die Berghöhen und später auf die <strong>grün</strong>landdominierten Täler.<br />
Während an den Talhängen vorwiegend Buchen- und Buchen-Eichen-Mischwälder<br />
stehen, werden die Bergkuppen und Hochflächen heute oft noch<br />
ackerbaulich genutzt.<br />
Die Besiedlung des Bergischen Landes durch den Menschen erfolgte vor<br />
allem aufgrund des Ressourcenreichtums. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts<br />
garantierten dabei Holz und Wasser eine vorindustrielle Blüte von Köhlerei<br />
und wasserbetriebener Kleinindustrie. So entstanden beispielsweise entlang<br />
vieler Flüsse und Bäche metallverarbeitende Industrieunternehmen. Außerhalb<br />
der Täler entwickelte sich eine auf Selbstversorgung ausgerichtete<br />
Landwirtschaft. Die jüngere Industriegeschichte des Bergischen Landes konzentrierte<br />
sich mit Beginn des 20. Jahrhunderts in der Region auf den Westrand<br />
des Mittelgebirges und die Täler. Dabei fand das städtische und industrielle<br />
Wachstum aufgrund des Wasserreichtums insbesondere in den Tälern<br />
der oberen Wupper und der Agger statt. Die junge Industriegeschichte konnte<br />
auf die Strukturen der alten Metallverarbeitung mit ihren Hämmern, Schmieden,<br />
Wassermühlen und Sägewerken aufbauen. So entstanden die Stadtund<br />
Industrietäler von Gummersbach, Wipperfürth, Engelskirchen und Bergneustadt,<br />
in denen es vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem enormen<br />
Wachstum der Siedlungs-, Industrie- und Verkehrsflächen kam. Heute<br />
ist zum Beispiel nahezu der gesamte Talkorridor der Agger dicht besiedelt.<br />
Das Gewässernetz des Bergischen Landes hat auch weit über seinen Beitrag<br />
zum städtischen und industriellen Wachstum der Region hinaus Bedeutung.<br />
Es bildet ein natürliches Landschaftsnetzwerk und Biotopverbundsystem mit<br />
einzigartiger Tier- und Pflanzenwelt. Zudem macht es das Bergische Land<br />
zum wichtigsten Wasserspeicher Westdeutschlands. Die bergische Wasserwirtschaft<br />
hat bereits frühzeitig das Wissen der Menschen um den Bau von<br />
Stauanlagen genutzt und zahlreiche Talsperren errichtet. Eine besondere<br />
Bedeutung haben dabei die kleineren und größeren Trinkwassertalsperren<br />
mit ihren Ausgleichsgewässern und Wasserschutzzonen. Sie versorgen heute<br />
zahlreiche Großstädte am <strong>Rhein</strong> mit lebensnotwendigem Trinkwasser.<br />
Aufgrund dieser naturräumlichen Gegebenheiten dient das Bergische Land<br />
heute als beliebtes Ausflugsziel für Erholungssuchende aus den benachbarten<br />
Ballungsräumen. Seit 1973 entwickelt der Naturpark Bergisches Land<br />
mit seiner Arbeit dieses Potenzial weiter. Neben konkreten Maßnahmen wird<br />
dabei auch aktiv ein neues regionales Bewusstsein für die naturräumlichen<br />
Qualitäten dieses Lebensraumes vermittelt. Im Mittelpunkt steht vor allem<br />
ein Ausgleich zwischen Naturerhaltung und angemessener Naherholung.<br />
Die Mittelrheinische Pforte: Das Tor zur Region<br />
Im Süden der Region gehen die Landschaften um das Siebengebirge und<br />
den Kottenforst in die mittelrheinischen Großlandschaften des Westerwaldes<br />
und des unteren Mittelrheins über. Nicht weit entfernt liegt der Bereich des<br />
<strong>Rhein</strong>tals, den die UNESCO im Jahr 2002 in Teilbereichen zum Weltkulturerbe<br />
erklärte.<br />
Der <strong>Rhein</strong> tritt zwischen den alten Vulkankegeln von Siebengebirge und<br />
Drachenfelser Ländchen in die Region ein. Der Bereich wird daher als Mittelrheinische<br />
Pforte bezeichnet – er stellt „das Tor zur Region“ dar, einen Übergang,<br />
der von zwei Landschaften mit einzigartigem Natur- und Kulturwert<br />
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eingerahmt wird: dem Siebengebirge auf der rechtsrheinischen und dem<br />
Kottenforst auf der linksrheinischen Seite.<br />
Die Landschaften der Mittelrheinischen Pforte besitzen überwiegend eine<br />
„feurige Vergangenheit“. Ihre Entstehung verdanken sie mit Ausnahme des<br />
Kottenforstes dem tertiären Vulkanismus, der am Südrand der Kölner Bucht<br />
einen seiner Ausbruchsherde hatte. Geologisch wird dieser Bereich als Siebengebirgs-Vulkanfeld<br />
bezeichnet, das sich zwischen der Siegmündung im<br />
Norden und Bad Godesberg im Süden sowie zwischen dem Pleiser Hügelland<br />
im Osten und dem Rand der Eifel im Westen erstreckt. Herausragend<br />
ist dabei das geologisch, ökologisch und kulturhistorisch bedeutsame<br />
Siebengebirge, das von kegelförmigen Vulkankuppen geprägt wird. Typische<br />
Merkmale sind seine Wälder, Weingärten und der Reichtum an hoch gefährdeten,<br />
wärmeliebenden Tier- und Pflanzenarten sowie die historischen<br />
Steinbrüche, die zum Teil bereits zur Zeit der Römer betrieben wurden. Bei<br />
vielen Bauten der rheinischen Romanik und Gotik verwendete man Trachyt<br />
beziehungsweise Latit aus dem Siebengebirge. Die Steinbruchtätigkeit endete<br />
mit der Fertigstellung des Kölner Doms in der Blütezeit der deutschen<br />
Romantik. Hier liegt auch die Geburtsstunde des deutschen Natur- und<br />
Landschaftsschutzes: Das Siebengebirge ist das älteste deutsche Naturschutzgebiet.<br />
Im Jahr 1834 wurde es unter Schutz gestellt, 1958 folgte die<br />
Erklärung zum ersten nordrhein-westfälischen Naturpark. Den Übergang<br />
vom Siebengebirge zum Westerwald stellt das Pleiser Hügelland dar, dessen<br />
breite Täler vor allem als Flächen für Ackerbau und Grünland genutzt werden.<br />
Daneben gibt es große Obstwiesen und kleinflächigen Gemüseanbau.<br />
Besonders bekannt sind die Baumschulen von Oberpleis.<br />
Die linke <strong>Rhein</strong>seite wird naturräumlich vom Kottenforst und dem Drachenfelser<br />
Ländchen gebildet. Neben zahlreichen Blick- und Aussichtspunkten<br />
auf den Gipfeln alter Vulkankegel sind kleine Dörfer mit benachbarten Obstwiesen<br />
und Wasserburgen inmitten fruchtbarer Äcker charakteristisch für<br />
die Landschaft. Ganz anders der Kottenforst: Seine großen zusammenhängenden<br />
Waldgebiete schließen sich unmittelbar an die nördlich gelegene<br />
Waldville an. Von der nacheiszeitlichen Waldentwicklung bis heute war der<br />
Kottenforst ununterbrochen ein bewaldetes Gebiet, das vor allem als Jagdrevier<br />
geschätzt wurde. Im Naturschutzgebiet Kottenforst sind in den<br />
ältesten Waldbereichen einzelne Bäume zusätzlich als Naturdenkmäler ausgewiesen,<br />
beispielsweise die Königsbuche bei Heidgen.
Die Herausforderung –<br />
Region als gestalterische Aufgabe<br />
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Die Herausforderung –<br />
Region als gestalterische Aufgabe<br />
Die Beschreibung der Landschaftsräume und ihrer Genese zeigt die naturund<br />
kulturräumliche Vielfalt der Region. Diese gilt es zu erhalten und behutsam<br />
weiterzuentwickeln, sie muss jedoch stärker als bislang in räumliche<br />
und thematische Zusammenhänge gebracht werden. Betrachtet man Region<br />
als gestalterische Aufgabe, so geht es vor allem darum, die landschaftliche<br />
Vielfalt im Verbund abzubilden und sie mit entsprechenden Zielqualitäten für<br />
die gesamte Region und entsprechende Teilräume zu verbinden. Die Frage,<br />
wohin sich die Kulturlandschaften in der Region Köln/Bonn künftig entwickeln<br />
sollen, weist sowohl ästhetische als auch planerische und funktionsräumliche<br />
Aspekte auf. Die große Herausforderung ist es dabei, Region<br />
als gemeinsame gestalterische Aufgabe zu begreifen, die über qualifizierte<br />
Projekte und Kooperationen realisiert werden kann.<br />
Qualifizierung heißt jedoch nicht, dass überall gleiche Landschafts- und Freiraumqualitäten<br />
geschaffen werden sollen. Es kommt vielmehr auf eine aktive<br />
Auseinandersetzung mit den teilräumlichen, örtlichen Besonderheiten an.<br />
Jeder Teilraum der Region ist auf seine Art einzigartig und besitzt spezifische<br />
Qualitäten: ob die urbane Kulturlandschaft in und um Köln und Bonn, die<br />
Wahner Heide und die Siegmündung, die Braunkohlelandschaft der Ville, die<br />
Talsperren des Bergischen Landes oder das Siebengebirge und der Kottenforst.<br />
Aus all diesen landschaftlichen und thematischen Qualitäten gilt es,<br />
auf Basis des Netzwerkes der Kulturlandschaften und der allgemeinen Perspektiven<br />
der Landschaftsentwicklung in der Region einen Verbund in<br />
Gestalt einer lebendigen Natur- und Kulturlandschaft zu entwickeln. Dieser<br />
sollte den jeweiligen landschaftlichen Eigenarten gerecht werden und sie<br />
auf ein höheres, attraktiveres Niveau heben. Gestaltung ist dabei kein Selbstzweck.<br />
Manche Flächen behalten oder erlangen ihre Qualitäten erst durch<br />
„Nicht-Einmischung“.<br />
Kommunikation als Schlüssel zur Vernetzung<br />
Der Netzwerkgedanke, der dem Masterplan zugrunde liegt, darf nicht nur im<br />
landschaftsräumlichen Sinn verstanden werden. Kooperation und Vernetzung<br />
setzen eine intensive Kommunikation voraus. Insofern ist ein wichtiger<br />
Grundgedanke des Masterplans, den Raum durch Kommunikation sichtbar<br />
zu machen und über die Diskussion der Teilprojekte im Kontext des Masterplans<br />
eine regionale Vision für die Zukunft zu entwickeln. Die Landschaftsund<br />
Freiraumqualitäten folgen dabei gestalterischen Linien, die sich aus den<br />
verschiedenen Fachbeiträgen ergeben. Dabei werden auch auftretende<br />
Konflikte benannt und in einen Bezug zu den Landschaften der Region<br />
Köln/Bonn gesetzt.<br />
Eine wichtige Rolle bei der Realisierung des Masterplans spielen die Projekte,<br />
deren aktueller Stand im Internet unter www.regionale2010.de nachvollzogen<br />
werden kann. Jedes landschaftsbezogene Projekt – nicht nur im<br />
Rahmen der Regionale 2010 – qualifiziert sich erst im Kontext der Herausforderungen<br />
und Perspektiven der regionalen Zukunftsgestaltung – es ist<br />
somit eine lokale bzw. teilregionale „Übersetzung“ des Kulturlandschaftsnetzwerkes<br />
der Region Köln/Bonn. Durch die Ausrichtung an regionalen Zielsetzungen<br />
werden neue Gesamtqualitäten gewonnen sowie die Transparenz<br />
und der regionale Dialog gefördert. Der Erfahrungsaustausch in der Region<br />
zeigt bestehende und für die Zukunft sinnvolle Kooperationspotenziale auf.<br />
Die Projekte vermitteln dabei den Wert der Landschaften und Freiräume für<br />
die unterschiedlichen Akteure und die Bürgerinnen und Bürger in der Region.<br />
Kommunikation wird zu einem Schlüsselbegriff der regionalen Vernetzung.
Der Blick nach vorn –<br />
Perspektiven der<br />
Landschaftsentwicklung in der Region<br />
Der Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg:<br />
Dynamische Entwicklung setzt sich fort<br />
Die Landschaft von Börde und Ville:<br />
Neue Herausforderungen vor und nach<br />
dem Ende des Braunkohleabbaus<br />
Das Bergische Land:<br />
Naherholung als sinnvolle Ergänzung<br />
Die Mittelrheinische Pforte:<br />
Weltkulturerbe greifbar nah<br />
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Der Blick nach vorn –<br />
Perspektiven der Landschaftsentwicklung in der Region<br />
Die natürlich und kulturell bedingten Eigenarten der Landschaften in der<br />
Region Köln/Bonn sind gleichzeitig die Basis für deren Entwicklungsmöglichkeiten.<br />
Die Vielfalt der Region ist dabei Chance und Aufgabe zugleich. Sie<br />
führt zu unterschiedlichen Perspektiven für die Großlandschaften der Region<br />
entsprechend ihrer Ausstattung und ihrer Potenziale.<br />
Der Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg:<br />
Dynamische Entwicklung setzt sich fort<br />
Der überwiegende Teil der Bevölkerung lebt und arbeitet nach wie vor im Bereich<br />
der <strong>Rhein</strong>schiene. Hier konzentriert sich die Siedlungs- und Wirtschaftstätigkeit,<br />
hier befinden sich die Zentren der Verwaltung, Versorgung und<br />
Bildung sowie von Kunst und Kultur. Dieser Trend wird sich in Zukunft fortsetzen<br />
bzw. noch intensivieren.<br />
Kennzeichnend für die Kulturlandschaft des Ballungsraumes <strong>Rhein</strong>-Sieg wird<br />
auch in der Zukunft ihre hohe Komplexität und Entwicklungsdynamik sein.<br />
Die Offenlandbereiche dienen dabei vor allem der acker- und gartenbaulichen<br />
Nutzung sowie der Freizeitnutzung und Naherholung. Sie werden jedoch<br />
nicht nur in ökologischer und kultureller Hinsicht weiter an Bedeutung gewinnen,<br />
auch ihre Funktion als Standortfaktor nimmt zu. In einer wachsenden<br />
Dienstleistungsgesellschaft spielen landschaftliche Potenziale eine immer<br />
wichtigere Rolle bei der Ansiedlung von Unternehmen.<br />
Bevorzugter Bereich der Stadtentwicklung wird auch in Zukunft der Bereich<br />
der Niederterrasse sein, nur noch auf wenigen Landschaftsresten wird hier<br />
acker- und gartenbauliche Nutzung stattfinden. Diese wird sich weiterhin auf<br />
die fruchtbaren Böden der linksrheinischen Mittelterrasse zwischen Köln und<br />
Bonn konzentrieren – sie bleiben die „Gärten von Köln“ und ein Vorranggebiet<br />
für die Landwirtschaft. Eine zusätzliche Umwandlung landwirtschaftlicher<br />
Flächen in Siedlungs-, Industrie- und Verkehrsflächen findet hier kaum mehr<br />
statt.<br />
Im Gegensatz zur linksrheinischen Mittelterrasse steht im rechtsrheinischen<br />
Bereich der Region perspektivisch vor allem das Ziel des Erhalts des durchgehenden<br />
Waldkorridors zwischen Leverkusen und Siegburg im Vordergrund.<br />
Ein besonderes Augenmerk kommt dabei der Wahner Heide zu. Betrachtet<br />
man die Stadt- und Industriezentren von Köln und Bonn, so fällt auf, dass<br />
diese mit einem feinmaschigen Netz urbaner Freiräume verwoben sind. Sie<br />
sind in der Regel als Grünanlagen, Grünringe und -achsen bzw. als Landschaftsparks<br />
oder Landschaftsachsen gestaltet.<br />
Zukünftig wird es darum gehen, die innerstädtischen Grünnetze zu erhalten<br />
und nachhaltig auszubauen und sie noch stärker mit den Freiräumen des<br />
Umlandes zu vernetzen. Dabei kommt in allen Bereichen des Ballungsraumes<br />
der Ablesbarkeit von kulturlandschaftlicher Entwicklung und dem Erhalt<br />
sowie der Herausarbeitung von historischen Strukturen bzw. Elementen des<br />
Natur- und Kulturerbes eine besondere Bedeutung zu. Beispielhaft hierfür<br />
seien alte Ortskerne und Zeugnisse der Industrialisierung sowie Reste von<br />
Niederungen in den Auenbereichen von <strong>Rhein</strong>, Sieg und Wupper genannt.<br />
Die Landschaft von Börde und Ville:<br />
Neue Herausforderungen vor und nach dem Ende<br />
des Braunkohleabbaus<br />
Die fruchtbaren Böden der Jülicher und Zülpicher Börde sind auch in Zukunft<br />
das Vorranggebiet für die Landwirtschaft in der Region Köln/Bonn. Dabei<br />
wird es allerdings kaum möglich sein, die derzeit noch im Braunkohleabbau<br />
stehenden Teile der Jülicher Börde westlich von Kerpen so zu renaturieren,<br />
dass wieder fruchtbare Lössäcker entstehen und die landwirtschaftliche<br />
Nutzfläche entsprechend vergrößert werden kann. Die wertvolle Kulturlandschaft<br />
dieser Teilregion reicht bis in die Abbaubereiche des Tagebaus hinein.<br />
Das hier entstehende „neue Land“ ist eine besondere Herausforderung für<br />
die zukünftige Landschaftsgestaltung.<br />
Hinsichtlich der landwirtschaftlichen Nutzung der Börde ist es die kulturlandschaftliche<br />
Hauptaufgabe, die zusammenhängende Ackerlandschaft mit<br />
ihren charakteristischen Silhouetten zu erhalten und mit gliedernden und<br />
belebenden Elementen anzureichern. Im Bereich der <strong>Erft</strong>aue wird es zudem<br />
zur kleinräumigen Umwandlung von Ackerfläche in Grünland kommen, Ziel<br />
ist hier die Herstellung eines naturnäheren Fließregimes der <strong>Erft</strong> und die<br />
entsprechende Gestaltung ihrer Uferbereiche. Wie die zusammenhängenden<br />
Waldflächen in der Börde und Ville ist auch der größte Teil der <strong>Erft</strong>aue bereits<br />
als Naturschutzgebiet ausgewiesen.
In der Ville hingegen werden im Zuge der Rekultivierung ehemaliger Braunkohleflächen<br />
vor allem naturnahe Wälder entstehen, die als Erholungsraum<br />
für die Menschen im Ballungsraum sowie als Refugium für Tiere und Pflanzen<br />
dienen sollen. Mit dem Auslaufen des Braunkohletagebaus entstehen hier<br />
völlig neue Chancen und Herausforderungen für die Gestaltung und Weiterentwicklung<br />
der Kulturlandschaft.<br />
In jedem Fall müssen die weiträumigen Blickbeziehungen, die ein spezifisches<br />
Charakteristikum der Bördelandschaft bilden, erlebbar bleiben. Sie sind<br />
ein wesentliches Element des Natur- und Kulturerbes der Landschaft und<br />
somit in hohem Maß identitätstiftend. Dabei geht es auch darum, die noch<br />
vorhandenen und nicht für Siedlungszwecke beanspruchten Tal- und Auenbereiche<br />
als lineare Verbindungselemente in der Kulturlandschaft zu erhalten<br />
und sie weiterhin vor einer Bebauung mit Siedlung bzw. Infrastruktur zu<br />
bewahren.<br />
Das Bergische Land:<br />
Naherholung als sinnvolle Ergänzung<br />
Die funktionale Teilung in Höhenrücken und Täler ist ein hervorragendes und<br />
zu wahrendes Charakteristikum der Kulturlandschaft des Bergischen Landes.<br />
Sie spiegelt die Vielschichtigkeit der Großlandschaft in ihrem Landschaftsbild<br />
und ihren Funktionen wieder. Auf der einen Seite bleibt dabei die bäuerliche<br />
Struktur mit ihren kleinräumigen Siedlungsmustern in den höheren und<br />
mittleren Bereichen sowie den zugehörigen Ortsbildelementen wie Gärten<br />
und Obstwiesen dominant. Der für das Landschaftsbild typische Wechsel von<br />
Offenland und Wald sollte dabei auch künftig in jedem Fall erhalten bleiben.<br />
Auf der anderen Seite haben sich in den Tälern ausgesprochene Gewerbe-,<br />
Industrie- und Siedlungsbänder herausgebildet, die zahlreiche Elemente und<br />
Strukturen der Gewerbegeschichte aufweisen. Diese gilt es im landschaftlichen<br />
Kontext zu bewahren und behutsam weiterzuentwickeln.<br />
Innerhalb der Region kommt dem Bergischen Land aufgrund seiner landschaftlichen<br />
und ästhetischen Reize eine herausragende Rolle als Naherholungsraum<br />
zu. Dies wird durch die Ausweisung großer Teile als Naturpark<br />
bestätigt. Bereits heute stellen Freizeit und Naherholung eine sehr<br />
sinnvolle Ergänzung der landwirtschaftlichen und industriellen Nutzung des<br />
Bergischen Landes dar. Diese gilt es in Zukunft ressourcenschonend aus-<br />
zubauen und im Sinne einer nachhaltigen touristischen Wertschöpfung zu<br />
etablieren.<br />
Eine wichtige Rolle spielt dabei das Gewässernetz, das von zentraler Bedeutung<br />
für die Kulturlandschaftsentwicklung des Raumes war und ist. Die zahlreichen<br />
Talsperren des Bergischen Landes sind Ausdruck der intensiven<br />
Nutzung des Wassers als bergischer Gunstfaktor. Sie sichern unter anderem<br />
die Trinkwasserversorgung der dicht besiedelten <strong>Rhein</strong>schiene. Darüber<br />
hinaus liefern sie einen wesentlichen Beitrag zur Attraktivität des Landschaftsbildes<br />
und somit zum Erholungsangebot der Großlandschaft Bergisches Land.<br />
Die Mittelrheinische Pforte:<br />
Weltkulturerbe greifbar nah<br />
Die zukünftige kulturlandschaftliche Entwicklung stellt im Bereich der Mittelrheinischen<br />
Pforte den Erhalt einer umweltverträglichen Acker- und Grünlandnutzung<br />
und die behutsame Weiterentwicklung des Obst- und Weinanbaus<br />
in den Vordergrund. Dabei spielt vor allem die Offenhaltung von Bestandteilen<br />
und Strukturen der alten Kulturlandschaft eine wichtige Rolle. In einzelnen<br />
Bereichen sind eine Erweiterung der vorhandenen sowie die Anlage<br />
neuer Anbauflächen – beispielsweise für die Kultivierung von Wein – denkbar.<br />
Teilweise wird es auch zu einer Umwandlung intensiv genutzter Obstplantagen<br />
in Obstwiesen mit Hochstämmen kommen.<br />
Darüber hinaus sind große Teile der Landschaften der Mittelrheinischen Pforte<br />
mit Wald bedeckt. Hier geht es vor allem um die Vermehrung und Förderung<br />
wärmeliebender Trockenwälder, die einzigartig für Nordrhein-Westfalen sind.<br />
Fasst man die Bedeutung der Mittelrheinischen Pforte als südlichen Einstieg<br />
in die Region Köln/Bonn zusammen, so schließen die Weinorte und Burgen<br />
bzw. die Burgruinen am Siebengebirge die weltweit einzigartige Wein- und<br />
Burgenlandschaft des Mittelrheins zum Tiefland im Norden ab. Die Burgen<br />
sind dabei die „Tore zum romantischen <strong>Rhein</strong>tal“. Dieser besonderen Eingangssituation<br />
gilt es bei der künftigen natur- und kulturräumlichen Entwicklung<br />
der Mittelrheinischen Pforte Rechnung zu tragen.<br />
33
Natur und Kultur in ihrer<br />
höchsten Verdichtung –<br />
Das Netzwerk der Kulturlandschaften<br />
Die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche<br />
der Region Köln/Bonn<br />
Bürge<br />
Ville<br />
Urdenbach-Worringen<br />
Köln<br />
Wahner Heide – Königsforst – Siegmündung<br />
Bonn<br />
Kottenforst – Drachenfelser Ländchen<br />
Siebengebirge – Pleiser Ländchen<br />
Dhünn – Altenberg<br />
Heckberger Wald – Leppetal<br />
Homburger Ländchen – Bröltal<br />
Nutscheid – Leuscheid<br />
Die Freiraum- und Gewässernetze –<br />
Feinnervige Verbindungen in Grün und Blau<br />
Kölner und Bonner Freiraumnetz<br />
Gewässernetze<br />
Die Kulturlandschaftskorridore –<br />
Das Gerüst des Netzwerkes<br />
Auenkorridore<br />
Waldkorridore<br />
Freiraumkorridore<br />
35
36<br />
Natur und Kultur in ihrer höchsten Verdichtung –<br />
Das Netzwerk der Kulturlandschaften<br />
Legt man das Natur- und Kulturerbe der Region sinnbildlich übereinander,<br />
so entsteht ein Netzwerk der Kulturlandschaften, das aus drei wesentlichen<br />
Elementen besteht und die naturräumliche und kulturelle Ausstattung der<br />
Region in ihrer höchsten Verdichtung repräsentativ abbildet. Die einzelnen<br />
Grundelemente sind dabei:<br />
– die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche<br />
– die Freiraum- und Gewässernetze<br />
– die Auen-, Wald- und Freiraumkorridore.<br />
Als „Knoten“ des Netzwerkes fungieren die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche,<br />
die über so genannte Kulturlandschaftskorridore miteinander verbunden<br />
sind und zugleich auch die Freiraum- und Gewässernetze einbeziehen<br />
und vernetzen. Die zentrale Idee dabei ist, den „dynamischen Lebensraum<br />
des Menschen“ in der Region Köln/Bonn in Form eines Rückblicks auf die<br />
Entwicklung der Kulturlandschaften abzubilden und so ein Erkennen der<br />
aktuellen Situation zu ermöglichen. Dabei wird eine kulturlandschaftliche<br />
Raumeinteilung geschaffen, die relevante Besonderheiten der verschiedenen<br />
Großlandschaften in der Region abbildet und zueinander in Bezug setzt.<br />
Gleichzeitig ist das Netzwerk der Kulturlandschaften jedoch mehr als eine<br />
Erfassung des Ist-Zustandes und der Genese. Es dient auch als Wegweiser<br />
für die zukünftige Entwicklung der Kulturlandschaft durch nachhaltiges<br />
Handeln. Auf diese Weise wird der grundlegende Gedanke des UNO-Programms<br />
„Man and Biosphere“ aufgenommen: das Leitbild des nachhaltigen<br />
Handelns in allen Landschaften. Wichtig ist dabei: Das Netzwerk der Kulturlandschaften<br />
verfolgt keinen konservierenden, sondern einen perspektivischen<br />
Ansatz. Die Ausweisung und Umsetzung regional bedeutsamer Projekte im<br />
Rahmen der Regionale 2010 konzentriert sich hierbei nicht nur auf die wertvollen<br />
Kulturlandschaftsbereiche und ihre Korridore. Sie erstreckt sich – wie<br />
das Kulturlandschaftsnetzwerk generell – auf die gesamte Region.<br />
Auf der Basis dieses Ansatzes wurden in der Region Köln/Bonn wertvolle<br />
Kulturlandschaftsbereiche dargestellt. Ihre Darstellung dient vor allem dem<br />
Ziel, repräsentative Ausschnitte der Kulturlandschaften in der Region<br />
Köln/Bonn konkret zu definieren und in ihrem Wert für die Gesamtregion zu<br />
fördern.<br />
Die Abgrenzung und Beschreibung der wertvollen Kulturlandschaftsbereiche<br />
erfolgte im Wesentlichen aus zwei Gründen. Zum einen bilden sie exemplarisch<br />
das charakteristische und nahezu vollständige Inventar des Natur- und<br />
Kulturerbes in den Großlandschaften der Region Köln/Bonn ab, wobei die<br />
Ausstattung mit Natur- und Kulturerbe je nach Kulturlandschaftsbereich unterschiedlich<br />
ist. So gibt es sowohl Kulturlandschaftsbereiche, die im naturräumlichen<br />
Sinn repräsentativ sind, als auch Kulturlandschaftsbereiche, die<br />
vor allem aufgrund ihres kulturellen Erbes als wertvoll eingestuft wurden. In<br />
den meisten Fällen sind jedoch beide Aspekte vertreten. Zum anderen eignen<br />
sich die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche in idealer Weise, um an<br />
ihren beispielhaften Ausprägungen Perspektiven für den künftigen Umgang<br />
mit Landschaft in der Region Köln/Bonn aufzuzeigen. Eine derartige Realisierung<br />
als Leuchtturmprojekte in einem wertvollen Kulturlandschaftsbereich<br />
kann dabei richtungsweisenden Charakter für das Handeln in der gesamten<br />
Region haben.<br />
Das Netzwerk der Kulturlandschaften muss eine Art „Partitur“ zum künftigen<br />
Umgang mit Kulturlandschaft in der Region Köln/Bonn betrachtet werden.<br />
Dabei werden die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche durch Freiraum- und<br />
Gewässernetze sowie durch ein System von Korridoren ergänzt. Die Freiraumnetze<br />
beziehen sich vor allem auf den Ballungsraum der Städte Köln<br />
und Bonn. Sie dienen dazu, die Offenheit der Kulturlandschaft zu erhalten und<br />
entsprechende „Atemwege“ in der Landschaft zu sichern bzw. zu schaffen.<br />
Die Gewässernetze hingegen erfassen die Quell- und Entstehungsgebiete der<br />
Fließgewässer in der Region. Sie sorgen dafür, dass die kostbare Ressource<br />
Wasser im Sinn der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie großflächig und<br />
nachhaltig geschützt bzw. weiterentwickelt werden kann.<br />
Weder die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche noch die Freiraum- und Gewässernetze<br />
dürfen jedoch isoliert voneinander betrachtet werden. Sie sind<br />
über die landschaftsverbindende Achsen, so genannte Korridore, miteinander<br />
verknüpft. Der Masterplan unterscheidet dabei zwischen Auen-, Wald- und<br />
Freiraumkorridoren. Die Korridore fungieren einerseits als Verbindungselemente<br />
in der Landschaft, zum anderen sind sie aber auch selbst flächenwirksam.<br />
Bestes Beispiel ist der <strong>Rhein</strong>auenkorridor, der im landschaftsgestalterischen<br />
Sinn eine Art „Rückgrat der Region“ bildet.
Kulturlandschaftsnetzwerk
38<br />
Wertvolle Kulturlandschaften<br />
Wald- und Freiraumkorridore<br />
Bürge<br />
<strong>Rhein</strong>-<strong>Erft</strong><br />
Urdenbach-<br />
Worringen<br />
Köln<br />
Ville<br />
Bonn<br />
Kottenforst –<br />
Drachenfelser Ländchen<br />
Monheim<br />
Stommeln<br />
Brühler<br />
Gartenlandschaft<br />
Ville-Kottenforst<br />
Dhünn – Altenberg<br />
Wahner Heide –<br />
Königsforst –<br />
Siegmündung<br />
Grünes C<br />
Nutscheid – Leuscheid<br />
Siebengebirge –<br />
Pleiser Ländchen<br />
Strunde<br />
Bergische<br />
Heideterrasse<br />
Heckberger Wald –<br />
Leppetal<br />
Homburger Ländchen<br />
– Bröltal<br />
Bergische<br />
Wasserscheide
Gewässer- und Freiraumnetze<br />
Auenkorridore<br />
<strong>Erft</strong>-Swist<br />
Köln<br />
Swist<br />
<strong>Rhein</strong><br />
Bonn<br />
<strong>Erft</strong>-Swist<br />
Dhünn<br />
Wupper-Wipper<br />
Dhünn-Eifgenbach<br />
Sülz<br />
Sülz<br />
Sieg<br />
Wipper<br />
Agger<br />
Wahnbach<br />
Bröl<br />
Agger-Wiehl<br />
Bröl<br />
Wupper-Wipper<br />
39
40<br />
Die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche der Region Köln/Bonn<br />
Im Folgenden werden die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche der Region<br />
Köln/Bonn – ausgehend von der kulturlandschaftlichen Gliederung in der<br />
Reihenfolge von Norden nach Süden – kurz beschrieben. Einen landschaftsräumlichen<br />
Überblick bietet die Karte auf Seite 37.
Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Bürge<br />
Als typischer Landschaftsausschnitt für den Naturraum Börde-Ville reicht der<br />
wertvolle Kulturlandschaftsbereich Bürge von der <strong>Erft</strong>aue zwischen Horrem<br />
und Türnich im Osten bis an den Rand des Braunkohletagebaus im Westen.<br />
Nördlich und südlich bilden die Autobahn Köln-Aachen (A 4) bzw. der Ortsrand<br />
von Kerpen die Grenzen des Kulturlandschaftsbereiches. Kennzeichnend<br />
sind fruchtbare Lössäcker sowie kleinere Wälder und Strukturelemente<br />
der Auenlandschaft.<br />
Das Naturerbe bezieht sich hier im Wesentlichen auf die ökologisch bedeutsamen,<br />
staunassen Eichen-Hainbuchenwälder der Bürge, die naturnahen<br />
Auenwälder der <strong>Erft</strong> und einen charakteristischen Teil des Neffelbaches.<br />
Dabei besteht der Waldkern aus den drei geschlossenen Waldgebieten Dickbusch,<br />
Lörsfelder Busch und Steinheide am Rande der <strong>Erft</strong>talniederung in<br />
der Niederrheinischen Bucht. Als Inselbiotope gehören diese zu den Restflächen<br />
der durch den Braunkohletagebau verschwundenen Bürgewälder.<br />
Sie sind von großer Bedeutung für die Wiederbesiedlung der Rekultivierungsflächen<br />
nach dem Braunkohleabbau und stehen somit in engem Zusammenhang<br />
mit einem der Hauptthemen in diesem Teil der Region.<br />
Eine weitere Kernzelle liegt mit dem Kerpener Bruch und dem Parrig im Bereich<br />
der <strong>Erft</strong>aue. Dieses Gebiet repräsentiert einen der landesweit größten<br />
Hartholzauenwälder mit einem hohen Altholzanteil. Neben anderen Faktoren<br />
ist der Altholzanteil eine wesentliche Grundlage für eine sehr artenreiche<br />
Fauna und Flora mit zahlreichen gefährdeten Tier- und Pflanzenarten.<br />
Aus kulturgeschichtlicher Sicht gehören die Bürgewälder zu den ältesten<br />
Waldstandorten in Nordrhein-Westfalen. Dabei wurden sie früher in so genannte<br />
„Quartiere“ und „Laags“ eingeteilt, was vor allem im Kontext des<br />
jährlichen Eintriebs der Hausschweine zur Eichel- und Eckernmast von Bedeutung<br />
war. Heute gibt es an wenigen Stellen noch Hinweise auf diese<br />
Tradition. Eingebettet sind die Wälder zum Teil in historische Feldfluren mit<br />
Gutsanlagen wie Haus Dorsfeld, Gut Seelrath und Haus Forst. Auch die<br />
Ortsbilder sind zum Teil von Herrenhöfen, fränkischen Bauernhöfen sowie<br />
historischen Schloss- und Burganlagen geprägt.<br />
Ein Beispiel dafür ist der Ort Blatzheim, der exemplarisch für die Zielsetzung<br />
einer landschaftsbezogenen Dorfentwicklung stehen könnte. Weitere Herausforderungen<br />
für die künftige Gestaltung des Kulturlandschaftsbereiches<br />
Bürge sind die Anreicherung der Agrarlandschaft mit typischen Strukturen,<br />
der Wiederaufbau von Wäldern sowie eine landschaftsbezogene Stadtentwicklung<br />
der im Bereich der Kulturlandschaft liegenden Stadt Kerpen.<br />
41
42<br />
Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Ville<br />
Bei dem wertvollen Kulturlandschaftsbereich Ville handelt es sich um einen<br />
landesweit bedeutsamen Landschaftsausschnitt, der im Süden bis an den<br />
Rand des Kottenforstes, im Norden bis an die Grenze der Stadt Hürth reicht.<br />
Die Westgrenze verläuft parallel zur <strong>Erft</strong>aue, im Osten schließt der wertvolle<br />
Kulturlandschaftsbereich Ville mit dem Siedlungsrand des Vorgebirges ab.<br />
Die kulturhistorische Besonderheit des Bereiches liegt vor allem in der Geschichte<br />
des Braunkohleabbaus, der sich bereits um das Jahr 1900 westlich<br />
von Brühl, Frechen und Hürth konzentrierte. Bis 1914 entstanden weitere<br />
kleine Gruben, 1914 der Tagebau Berrenrath. Einschneidend war jedoch vor<br />
allem die Zeit nach 1950, in der der Übergang zu einer großflächigen temporären<br />
Tagebaulandschaft erfolgte. Dies ging und geht sowohl mit vorhergehenden<br />
Umsiedlungen als auch mit anschließender Rekultivierung einher.<br />
Die so genannten Bergbaufolgelandschaften schließen sich im Norden und<br />
Nordosten an die Braunkohlerekultivierungszone an.<br />
Heute dienen die ehemaligen Grubenfelder der südlichen Ville vor allem der<br />
Naherholung. Sie sind in eine Seenlandschaft mit umliegenden Wäldern<br />
transformiert worden. Erste Ansätze zu diesem Umgestaltungsprozess hatte<br />
es bereits in der Erprobungsphase der 1920er Jahre gegeben, erst nach 1945<br />
jedoch entstanden die heute das Landschaftsbild prägenden artenreichen<br />
und gemischten Waldbestände.<br />
Im Süden der Waldville findet man darüber hinaus bemerkenswerte Reste der<br />
alten römischen Wasserleitung, die aus der Eifel in die Kölner Bucht führte.<br />
Auch die alten Wegenetze und Waldalleen sind hinsichtlich des Kulturerbes<br />
relevant.<br />
Die ökologisch bedeutsamen Flächen des wertvollen Kulturlandschaftsbereiches<br />
konzentrieren sich vor allem auf die zusammenhängenden großen<br />
Waldbereiche sowie die Renaturierungen des Braunkohletagebaus. Die Waldville<br />
zeichnet sich als großer und zusammenhängender Waldkomplex auf<br />
Wasser stauenden Gleyböden durch das Nebeneinander ausgedehnter<br />
Eichen-Mischwälder und bruchwaldartiger Erlen- und Moorbirkenwälder<br />
aus. Die Wälder bieten Lebensraum für fast die Hälfte aller in Nordrhein-<br />
Westfalen lebenden Amphibienarten.
Forstwirtschaftlich hervorzuheben ist ein Gebiet zwischen den Orten Heimerzheim<br />
und Lüftelberg, das ein landesweit einzigartiges zusammenhängendes<br />
Hauptvorkommen an Eichen-Hainbuchenwäldern aufweist. Ein zweites<br />
Kerngebiet befindet sich bei Bornheim. Für alle Villewälder gilt ein extremer<br />
Strukturreichtum mit hohem Alt- und Totholzanteil. Gemeinsam mit den sich<br />
südöstlich anschließenden Wäldern des Kottenforstes bilden sie einen ausgeprägten<br />
Laubwaldkorridor (siehe auch Karte Seite 38).<br />
Im Rahmen der weiteren Entwicklung des Kulturlandschaftsnetzwerkes soll<br />
der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Ville Beispiele für eine nachhaltige<br />
Waldbewirtschaftung sowie für die Waldvermehrung und standortgerechte<br />
Rekultivierung von Wäldern auf ehemaligen Abgrabungsflächen des<br />
Braunkohletagebaus liefern. Dies hat immer auch einen Effekt auf die nachhaltige<br />
Nutzung im Sinne von Freizeit und Naherholung.<br />
43
Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Urdenbach-Worringen<br />
Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Urdenbach-Worringen beginnt im<br />
Norden Kölns oberhalb des Ortsteils Langel mit dem Worringer Altrhein.<br />
Er reicht über die Grenzen der Region Köln/Bonn nach Norden bis an den<br />
Stadtrand von Düsseldorf heran und deckt einen typischen Ausschnitt des<br />
Naturraumes <strong>Rhein</strong>aue mit ausgedehnten Überflutungswiesen, Bruchwäldern<br />
und Flussdeichen ab.<br />
Betrachtet man den naturräumlichen Aspekt, so bildet das Naturschutzgebiet<br />
Worringer Bruch eine ökologische Kernfläche des europäischen Schutzgebietssystems<br />
NATURA 2000. Es handelt sich um einen ehemaligen, beinahe<br />
vollständig verlandeten Altarm des <strong>Rhein</strong>s, der stark schwankende, dem<br />
<strong>Rhein</strong>wasserspiegel angepasste Grundwasserstände aufweist. Da derart<br />
großflächige auentypische Biotopkomplexe in der <strong>Rhein</strong>aue mittlerweile eher<br />
selten geworden sind, spielt das Gebiet eine wichtige Rolle als ökologischer<br />
Rückzugsraum und Ausbreitungsweg im Korridor der <strong>Rhein</strong>schiene.<br />
Das Mosaik der Vegetation ist repräsentativ für den Naturraum der <strong>Rhein</strong>ebene,<br />
herausragend sind dabei die Funktion als Lebensraum des Erlen-,<br />
Eschen- und Weichholzauenwaldes sowie die großflächigen Primärröhrichte<br />
des verlandeten Altarms. Zudem findet man hier eine Reihe seltener Pflanzenund<br />
Tierarten sowie eine artenreiche Totholz-Käferfauna mit über 100 Arten.<br />
Neben dem Worringer Bruch gibt es ein weiteres, kleineres Naturschutzgebiet<br />
auf einem alten Ziegeleigelände sowie mehrere großflächige Naturschutzgebiete,<br />
die sich jedoch außerhalb der Region Köln/Bonn befinden.<br />
Kulturräumlich sind in erster Linie Dokumente aus der provinzialrömischen<br />
Zeit hervorzuheben, beispielsweise die Reste alter Kastelle in Dormagen,<br />
Reckberg und Haus Bürgel sowie die Limesstraße entlang des <strong>Rhein</strong>s<br />
zwischen Köln und Neuss. Herausragend unter den historischen Bauanlagen<br />
ist die mittelalterliche Stadtbefestigung von Zons, die unmittelbar an den<br />
Kulturlandschaftsbereich Urdenbach-Worringen anschließt, sich allerdings<br />
außerhalb des Gebietes der Region Köln/Bonn befindet. Historische Relevanz<br />
für die Region besitzt das Gebiet zudem als Schauplatz der berühmten<br />
Schlacht bei Worringen, die 1288 das kriegerische Finale des zuvor bereits<br />
sechs Jahre währenden Limburger Erbfolgestreites darstellte, und deren<br />
Ausgang seinerzeit das gesamte Machtgefüge im Westen Mitteleuropas<br />
veränderte.<br />
Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Urdenbach-Worringen eignet sich<br />
heute insbesondere, um Beispiele für eine nachhaltige Grünlandnutzung, eine<br />
auentypische Hochwasserrückhaltung und den ökologisch orientierten Bau<br />
und die Unterhaltung von Flussdeichen aufzuzeigen. Hinzu kommt ihre<br />
besondere Bedeutung für den Schutz von Trinkwasserfiltraten und die Gestaltung<br />
von Fischschutzzonen. Da der wertvolle Kulturlandschaftsbereich<br />
über die Grenzen der Region Köln/Bonn hinausreicht, müssen sowohl naturräumliche<br />
als auch kulturelle Bezüge zu den angrenzenden Naturschutzgebieten<br />
und den kulturhistorischen Besonderheiten bis hinauf nach Zons<br />
berücksichtigt werden.<br />
45
46<br />
Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Köln<br />
Köln kann als weltweit bedeutsame Stadt mit langer Kulturgeschichte vor<br />
allem unter dem Gesichtspunkt des kulturellen Erbes als wertvoller Kulturlandschaftsbereich<br />
bezeichnet werden. Hinzu kommt, dass die Stadt über<br />
ein Grün- und Freiraumsystem verfügt, das in seiner räumlichen Ausdehnung<br />
einzigartig in Europa ist und dessen Ursprünge bereits in den 20er Jahren<br />
des vergangenen Jahrhunderts liegen.<br />
Betrachtet man die Siedlungsgeschichte Kölns, so gibt es sowohl oberirdisch<br />
als auch unterirdisch eine Vielzahl von Spuren, die noch heute strukturprägend<br />
sind. Ein Beispiel ist der römische Mauerring, der mit seinen Toren und<br />
Türmen ein dicht bebautes Siedlungsareal mit städtischer Prägung und<br />
herausragender Infrastruktur umschloss. Einige bis heute wichtige Straßenverläufe<br />
basieren auf römerzeitlichen Festlegungen, zahlreiche Überreste<br />
zeugen zudem von der blühenden Vergangenheit der Stadt. Die herausragende<br />
Stellung Kölns in jener Zeit als weltliches, kirchliches und wirtschaftliches<br />
Zentrum ist auch an der Bezeichnung „Rom des Nordens“ ablesbar.<br />
Auch die mittelalterlichen Wachstumsphasen, die das römische Areal nach<br />
und nach erweiterten, lassen sich heute noch gut im Stadtbild Kölns nachvollziehen.<br />
Die Stadtmauer von 7,5 Kilometern Länge wies Ende des 12. Jahrhunderts<br />
zwölf Torburgen und 52 Wehrtürme auf, sie umschloss eine Fläche<br />
von insgesamt 450 Hektar. Hinzu kam die wachsende Bedeutung Kölns als<br />
erzbischöflicher Sitz und Wallfahrtsort, die mit dem Bau des erst im 19. Jahrhundert<br />
vollendeten Doms ihren Höhepunkt fand. Zahlreiche romanische<br />
Kirchen und Klosteranlagen prägten das Stadtbild bereits im Mittelalter,<br />
während die Zünfte und Gaffeln das wirtschaftliche Leben dominierten und<br />
die freie Reichsstadt Köln aufgrund des Stapelrechtes den Warenverkehr auf<br />
dem <strong>Rhein</strong> kontrollierte.<br />
Zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde der mittelalterliche Stadtring aufgehoben<br />
– Köln expandierte in der Folgezeit mit der Industrialisierung entlang<br />
von Wachstumsachsen, deren <strong>grün</strong>derzeitliche Anlage im Stadtbild noch<br />
heute erkennbar ist. Das aus dieser Zeit stammende industriegeschichtliche<br />
Erbe ist heute durch Bauaktivitäten im Rahmen des Strukturwandels zum<br />
Messe-, Verkehrs- und Medienzentrum gefährdet. Es ist ein wesentliches<br />
Anliegen, das kulturelle Erbe aus dieser Zeit zu erhalten bzw. wieder sichtbar<br />
zu machen.
Grundsätzlich kann gesagt werden, dass die Kölner Industrielandschaft sich<br />
heute in „ältere Industrieballungen“ – beispielsweise in den Stadtteilen<br />
Ehrenfeld, Nippes, Kalk, Mülheim, Porz und im nördlichen Deutz – sowie in<br />
„neue Industrieballungen“ im linksrheinischen Norden und Süden ausdifferenziert.<br />
Hinzu kommen „ältere Einzelstandorte“ wie Zollstock, Rath-Heumar<br />
oder Sürth sowie Bereiche mit „älteren Industriedurchsetzungen“, die für<br />
Vororte wie Sülz oder Raderthal typisch sind. All diese Standorte erstreckten<br />
sich über größere Flächen, ihr optisches Erscheinungsbild wurde durch<br />
das Alter der Bauten, die Größe der Niederlassungen und die Nutzung durch<br />
einen speziellen Industriezweig erheblich beeinflusst.<br />
Die Grün- und Freiraumentwicklung der Stadt Köln steht in einem engen<br />
Zusammenhang zur neuzeitlichen Stadterweiterung. So entstand mit dem<br />
Wachstum und der Ausdehnung der Stadt eine Vielzahl inselartig um das<br />
Stadtgebiet verteilter Grünanlagen, die in den 20er Jahren des vergangenen<br />
Jahrhunderts in das Grünsystem der Stadt Köln integriert wurden. Dessen<br />
Grundlagen legten der Städtebauer Fritz Schumacher und der damalige<br />
Oberbürgermeister der Stadt Köln, Konrad Adenauer. Trotz wechselnder Leitbilder<br />
hat sich das von Schumacher vorgegebene Grundgerüst des Grünsystems<br />
bis heute als tragfähig erwiesen. Mit dieser städtebaulichen und<br />
<strong>grün</strong>planerischen Kontinuität hebt sich Köln deutlich von anderen Städten im<br />
deutschsprachigen Raum ab. Weite Teile des Grünsystems wurden im Laufe<br />
der Zeit als zusammenhängende Volksparke ausgebaut. Aufgrund dieser<br />
Entwicklung hat das Grünsystem Kölns heute auch eine wichtige Bedeutung<br />
für den urbanen Biotopverbund, der dem Schutz und der Entwicklung von<br />
Natur und Landschaft in ökologisch wertvollen Bereichen Vorrang einräumt.<br />
Anhand des wertvollen Kulturlandschaftsbereiches Köln lassen sich daher<br />
sowohl Beispiele für die Fortführung einer nachhaltigen Stadtentwicklung,<br />
beispielsweise durch Verknüpfung der Grüngürtel und Grünachsen mit den<br />
Freiraumkorridoren, als auch Beispiele für eine dem kulturellen Erbe gerecht<br />
werdende Stadtgestaltung entwickeln. Dabei sollten unter anderem die Gestaltung<br />
der Stadtsilhouette am <strong>Rhein</strong>, die Neugestaltung ehemaliger<br />
Industrie- und Verkehrsanlagen und die weitere Profilierung des provinzialrömischen<br />
Erbes berücksichtigt werden.<br />
47
48<br />
Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich<br />
Wahner Heide – Königsforst – Siegmündung<br />
Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Wahner Heide-Königsforst-Siegmündung<br />
erstreckt sich vom Gebiet des Königsforstes über die offenen Flächen<br />
der Wahner Heide im Osten bis zur Sülzaue, südlich bis an den Siedlungsrand<br />
von Troisdorf und im Westen an die Siedlungsränder von Köln-Porz, -Wahn<br />
und Troisdorf. Im Süden des Gebietes schließt sich die Siegmündung an.<br />
In seiner Ausstattung ist dieser Bereich recht heterogen, er weist typische<br />
Merkmale für die Naturräume <strong>Rhein</strong>aue und Bergische Heideterrasse auf.<br />
Es handelt sich um einen landesweit und europäisch bedeutsamen Landschaftsraum<br />
(NATURA 2000), der eine Vielzahl ökologisch sensibler Flächen<br />
beinhaltet. Dabei stellt die Siegmündung hinsichtlich ihres Naturerbes einen<br />
repräsentativen Ausschnitt der Auenlandschaft an <strong>Rhein</strong> und Sieg dar.<br />
Kennzeichnend sind ausgedehnte ökologisch bedeutsame Weichholzauen<br />
sowie Überflutungswiesen und alte Weidenbestände. Die strukturreiche<br />
Flussauenlandschaft der ökologischen Kernzone ist vor allem für Wasserund<br />
Watvögel als Brutplatz sowie als Nahrungs-, Durchzugs- und Überwinterungsbiotop<br />
wertvoll. Sie wird dabei auch von zahlreichen hochgradig<br />
gefährdeten Vogelarten genutzt.<br />
Auch die landesweit bedeutsamen Bestände an einzelnen Fischarten haben<br />
dazu beigetragen, dass die Altwässer und die Restbestände der Weichholz-<br />
Auenwälder inzwischen als sehr seltene Fauna-Flora-Habitat-Lebensräume<br />
anerkannt sind. Als weitere naturräumliche Besonderheit gilt, dass die Siegmündung<br />
geomorphologisch die am besten ausgebildete Flussmündung des<br />
mittleren <strong>Rhein</strong>tales mit naturnaher Überflutungsdynamik ist. Diese Entwicklungszone<br />
dient im Bereich der Siegmündung als Modell für eine nachhaltige<br />
Grünlandnutzung. Sie liefert zudem Beispiele für die Pflege und Entwicklung<br />
von Weidenwäldern.<br />
Anders gestaltet sich die Situation des Naturerbes in der Wahner Heide.<br />
Das von der Relief- und Bodenausstattung her äußerst abwechslungsreiche<br />
FFH- und EU-Vogelschutzgebiet ist ein Rest der typischen Sandlandschaft<br />
der Bergischen Heideterrasse und darüber hinaus ein wichtiger Bestandteil<br />
des europäischen Schutzgebietssystems NATURA 2000. Die Landschaft<br />
weist in ihren ökologischen Kernflächen ein Naturschutzgebiet mit sehr<br />
hoher Biotop- und Artenvielfalt auf, das in seiner Vielfalt und Ausdehnung<br />
repräsentativ für den Bereich des südlichen Niederrheins ist. In dieser Form<br />
sind die Wertigkeiten landesweit nur noch hier erhalten.<br />
Interessant ist auch die Kulturhistorie der Wahner Heide. Einerseits weist der<br />
Bereich zahlreiche vor- und frühgeschichtliche Fundplätze auf, andererseits<br />
ist sie aufgrund ihres wenig ertragreichen Bodens seit dem frühen Mittelalter<br />
das am dünnsten besiedelte Gebiet der Region. Seit dem 19. Jahrhundert<br />
wird die Wahner Heide zudem als militärisches Gelände genutzt, was zu einem<br />
hohen Anteil an Magerstandorten mit einer Vielzahl gefährdeter Pflanzenund<br />
Tierarten geführt hat.
Als wertvoller Kulturlandschaftsbereich wird die Wahner Heide vollständig<br />
erhalten, da sie aufgrund ihrer bestehenden Ausprägung eine ideale Grundlage<br />
für eine nachhaltige und schonende historische Heidenutzung bietet.<br />
Eine behutsame Erschließung im Sinne ruhiger und landschaftsgebundener<br />
Erholung mit der Zielsetzung des Erhalts ist damit durchaus vereinbar. Im<br />
Nordosten des wertvollen Kulturlandschaftsbereiches – auf der rechtsrheinischen<br />
Mittelterrasse – liegt der Königsforst mit seinen sauren Eichen- und<br />
Buchenwäldern. Er ist ebenfalls NATURA 2000-Schutzgebiet und steht mit<br />
der Wahner Heide in einem direkten Biotopverbund. Seine ökologische Bedeutung<br />
resultiert vor allem aus der naturräumlichen Vielfalt mit ausgedehnten<br />
Eichenmischwäldern auf Sand im Wechsel mit sauren Buchenwäldern<br />
sowie aus seinem in Teilen naturnahen Fließgewässersystem.<br />
Kulturgeschichtlich diente das 3.000 Hektar große Areal des Königsforstes<br />
im Mittelalter als Jagdrevier. Seit dem 20. Jahrhundert ist der Königsforst<br />
ein wichtiges Naherholungsgebiet mit Ausflugslokalen, Tiergehegen und ent-<br />
sprechender Wegeführung. Er ist ein gelungenes Beispiel für das Beibehalten<br />
von Forstflächen in unmittelbarer Nachbarschaft intensiver Acker- und Siedlungsflächen,<br />
was allerdings nur vor dem Hintergrund der langen Jagdgeschichte<br />
erklärbar ist.<br />
Perspektivisch wird es vor allem darum gehen, die Waldbestände des wertvollen<br />
Kulturlandschaftsbereiches Wahner Heide – Königsforst – Siegmündung<br />
naturnah zu bewirtschaften und die vorhandenen Nadelwälder sukzessive in<br />
naturnahe Laubwälder umzuwandeln. Auch das Fließgewässersystem sollte<br />
in umweltverträglichem Sinne weiterentwickelt und vor eutrophierenden<br />
Einflüssen geschützt werden. Darüber hinaus sollte die Beibehaltung des Biotopverbundes<br />
zwischen dem Königsforst und dem angrenzenden Bergischen<br />
Land gesichert und die direkte Verbindung zur Wahner Heide wieder hergestellt<br />
werden. Hier könnten Beispiele für die Abpufferung ökologisch sensibler<br />
Flächen – beispielsweise gegenüber Siedlungs- und Verkehrsnutzung<br />
– sowie für die Waldvermehrung aufgezeigt werden.<br />
49
Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Bonn<br />
Wie das Siebengebirge, so hat auch die Stadt Bonn eine Bedeutung, die weit<br />
über die Region hinausreicht. Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich erstreckt<br />
sich entlang des <strong>Rhein</strong>s von der Nordgrenze der Stadt bis zum Vorort<br />
Mehlem, nach Osten und Westen wird sie von randlich gelegenen Vororten<br />
begrenzt. Sie ist typisch für den Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg, ihre Herausbildung<br />
geht auf verschiedene, die Stadtstruktur prägende Phasen zurück.<br />
Die ältesten, heute noch im Stadtbild ablesbaren Strukturen reichen dabei<br />
bis in die Zeit der Römer zurück, in der sich nördlich des späteren mittelalterlichen<br />
Stadtkerns ein Legionärslager befand. Die eigentliche Stadtwerdung<br />
Bonns erfolgte jedoch erst im Bereich der mittelalterlichen „Villa Basilica“<br />
zwischen dem heutigen Münster und dem Ufer des <strong>Rhein</strong>s. Dabei lassen sich<br />
im Stadtgrundriss vier mittelalterliche Siedlungsbereiche unterscheiden:<br />
die Stiftstadt, das Marktviertel sowie das Fähr- und das Fischerdorf. Einen<br />
Einschnitt erfuhr die Entwicklung Bonns in der Phase als Residenzstadt der<br />
Kölner Kurfürsten im 18. Jahrhundert. In diesem Kontext sind insbesondere<br />
das Bonner Stadtschloss und das Poppelsdorfer Schloss mit der verbindenden<br />
Achse Poppelsdorfer Allee sowie der Hofgarten erwähnenswert.<br />
Im 19. Jahrhundert schließlich entwickelte sich Bonn zur Universitäts- und<br />
Beamtenstadt.<br />
Besonders in den ehemaligen Vororten der Stadt befinden sich noch heute<br />
zahlreiche Bauten, die an die Industriegeschichte des 19. Jahrhunderts erinnern,<br />
beispielsweise die Zementfabrik in Oberkassel, die ehemalige Tapetenfabrik<br />
in Beuel und die Fabrikantenvilla Soennecken. Erst im 19. und 20. Jahrhundert<br />
wuchsen die zahlreichen Dörfer und Vororte zum heutigen Stadtkörper<br />
zusammen. Die Struktur, die sich dabei vor allem im 20. Jahrhundert<br />
herausbildete, wurde entscheidend von der Tatsache geprägt, dass Bonn<br />
zum zweiten Mal in seiner Geschichte Sitz einer Regierung wurde: Den Kölner<br />
Kurfürsten folgte die Bundesregierung. Bonn rückte als Bundeshauptstadt<br />
in den Fokus der weltweiten Öffentlichkeit.<br />
Zudem führte die Verlegung der Bundesregierung an den <strong>Rhein</strong> zu einer<br />
regen Bautätigkeit, in deren Rahmen neben dem Regierungsviertel über die<br />
Stadt verstreute Ministeriumskomplexe und Wohnsiedlungen für Beamte<br />
entstanden. Auch kulturell und infrastrukturell wuchs die Stadt in dieser Zeit<br />
enorm, Einrichtungen wie die Anfang der 1990er Jahre eröffnete Museumsmeile<br />
und das U-Bahn-Netz dokumentieren diese für eine Stadt der Größenordnung<br />
Bonns normalerweise eher untypische Dynamik.<br />
Naturräumlich wird Bonn vor allem dadurch geprägt, dass die Stadt von<br />
großen Waldgebieten wie Kottenforst, Ville und Siebengebirge umgeben ist.<br />
In der Zeit als Bundeshauptstadt versuchte die Grünplanung zwar, das<br />
rasche Wachstum der Stadt zu kontrollieren und eine Verbindung zum Umland<br />
zu sichern bzw. herzustellen. Es muss jedoch konstatiert werden,<br />
dass eine Vielzahl massiver Landschaftszerschneidungen – vor allem durch<br />
verkehrsplanerische Maßnahmen – aus dieser Phase stammen.<br />
Damals wurde versäumt, größere Grünachsen in die Stadtplanung zu integrieren.<br />
Im Stadtbereich selbst ist das Naturerbe der wertvollen Kulturlandschaft<br />
nur noch in der <strong>Rhein</strong>aue und an den Hängen des Venusberges<br />
zwischen Bonn und Bad Godesberg sowie in der Siegaue erkennbar. Als ökologisch<br />
bedeutsame Grünachse mit naturnah gestalteten Parkanlagen ist<br />
die <strong>Rhein</strong>aue mit dem Kölner <strong>Rhein</strong>park vergleichbar. Eine zweite Grünachse<br />
mit wärmeliebenden Eichen-Buchenwäldern und Resten einer Grünland-<br />
Heckenriegel-Landschaft verläuft am westlichen Stadtrand Bonns.<br />
Die zukünftige Entwicklung des wertvollen Kulturlandschaftsbereiches Bonn<br />
sollte vor allem die Bewahrung der Merkmale der Residenzstadt zu einem<br />
zentralen Thema machen. Dies gilt für das Erbe der kurfürstlichen Residenz<br />
ebenso wie für das Erbe der Gründerjahre der Bundesrepublik Deutschland.<br />
Viele bauliche Dokumente aus diesen Epochen könnten über „<strong>grün</strong>e Verbindungen“<br />
in Kontakt zum <strong>Rhein</strong> aufeinander bezogen und in das einmalige<br />
architektonische Stadtbild des 19. und 20. Jahrhunderts eingebettet werden.<br />
Hohes Zukunftspotenzial weist zudem die „<strong>grün</strong>e Einrahmung“ der Stadt<br />
durch Siebengebirge/Ennert und Kottenforst auf.<br />
51
52<br />
Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich<br />
Kottenforst – Drachenfelser Ländchen<br />
Das zusammenhängende große Waldgebiet des Kottenforstes und die im<br />
Süden angrenzenden vor allem landwirtschaftlich geprägten Flächen des<br />
Drachenfelser Ländchens bilden diesen wertvollen Kulturlandschaftsbereich.<br />
Der landesweit und europäisch bedeutsame Landschaftsraum ist typisch<br />
für die Naturräume der Mittelrheinischen Pforte.<br />
Das Naturerbe konzentriert sich vor allem auf den Kottenforst, einen der<br />
größten zusammenhängenden Waldkomplexe der Region. Ökologisch<br />
zeichnet er sich durch großflächige Linden-Eichen-Hainbuchen-Altholzbestände,<br />
viele kleinere Buchen-Altholzbestände sowie sumpfige Erlen-Auenwälder<br />
und Quellsümpfe an Bachläufen aus. Hinzu kommt eine bemerkenswerte<br />
Vielfalt der Flora und Fauna mit zahlreichen geschützten Tier- und<br />
Pflanzenarten.<br />
Ebenfalls erwähnenswert ist das Naturschutzgebiet Rodderberg im Drachenfelser<br />
Ländchen, das die Kraterreste eines vor 30.000 Jahren ausgetrockneten<br />
Tuffvulkans umfasst. Neben seiner geologischen Bedeutung spielt der<br />
Rodderberg als weit nördlich liegende Wärmeinsel eine wichtige Rolle als<br />
Lebensort für wärmeliebende Tiere und Pflanzen, die hier zum Teil ihre nördliche<br />
Verbreitungsgrenze in Mitteleuropa erreichen.<br />
Kulturhistorisch zeichnet sich das Drachenfelser Ländchen durch eine stark<br />
reliefierte Landschaft mit landwirtschaftlichen Nutzflächen und Wäldern<br />
sowie durch die vulkanismusgeprägten Silhouetten und historischen Ortsbilder<br />
aus. Aufgrund der Vielzahl der hier vorhandenen Kulturlandschaftselemente<br />
lassen sich die unterschiedlichsten Aspekte menschlichen Wirkens<br />
verdeutlichen. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Aussichtspunkten mit<br />
großem ästhetischen Reiz. Sie ermöglichen es, geologische und kulturlandschaftliche<br />
Aspekte – beispielsweise den landschaftlichen Übergang zur<br />
Börde – zu erkennen und aus der Landschaft abzulesen.<br />
Die Entwicklung des Drachenfelser Ländchens ist vor allem durch den Vulkanismus<br />
und das Töpfergewerbe geprägt. Die Siedlungen der einstigen<br />
„terrula drachenfelsiensis“ wurden größtenteils bereits im 13. Jahrhundert<br />
erwähnt und haben bis heute ihre alten Standorte bewahrt. Eine zentrale<br />
Bedeutung kommt dabei dem ehemaligen administrativen Zentrum der<br />
Gegend zu: der im Quellgebiet des Godesberger Baches bei Villip gelegenen<br />
Wasserburg Gudenau. Ganz in der Nähe der Burg befindet sich eine Allee,<br />
die exemplarisch für das dichte historische Straßennetz des Drachenfelser<br />
Ländchens ist. Heute ist das Wegenetz vor allem in den landwirtschaftlich<br />
genutzten Bereichen stark ausgeprägt.<br />
Eine größere Anzahl von Steinbrüchen, die teilweise bereits in römischer Zeit<br />
angelegt wurden, sowie mehrere Tongruben verdeutlichen den engen<br />
Zusammenhang zwischen vulkanischem Einfluss und wirtschaftlicher Tätigkeit.<br />
Die Tongruben sind durch archäologische Funde datiert. Noch heute<br />
gibt es im Ort Adendorf eine lebendige Töpfertradition, die sich bis ins 17. Jahrhundert<br />
zurückverfolgen lässt.<br />
Kennzeichnend für das Kulturerbe des Kottenforstes ist vor allem die Vielzahl<br />
der Kleinelemente wie historische Wegekreuze und Gedenksteine. Sie dienten<br />
entweder als Orientierungspunkte für die Jagd oder als Grenzmarkierung.<br />
Reste mehrerer Übungslager der seinerzeit in Bonn stationierten römischen<br />
Legion deuten darauf hin, dass der Kottenforst einstmals im römischen<br />
Staatsbesitz war. In fränkischer Zeit wurde er wie die Wälder der Ville Königsgut,<br />
was eine rege Rodungstätigkeit sowie die Nutzung als Waldweide oder<br />
zur Holzgewinnung mit sich brachte. Die teilweise sehr intensive Nutzung des<br />
Waldes während der folgenden Jahrhunderte führte zu einer Verwüstung<br />
weiter Bereiche. Eine besondere Beachtung erfuhr der Kottenforst erst wieder<br />
im 18. Jahrhundert unter dem Kurfürsten Clemens August von Köln. Nun<br />
wurde er hauptsächlich für die Jagd genutzt. Das heutige Wegenetz des<br />
Waldes hat seinen Ursprung in der besonderen Neigung des Landesfürsten<br />
zur Parforcejagd.<br />
Die nachhaltige Entwicklung dieses wertvollen Kulturlandschaftsbereiches<br />
verlangt eine kategorische Sicherung der zusammenhängenden Waldflächen.<br />
Dies schließt insbesondere eine weitere Erschließung durch Verkehrswege<br />
aus. Das gilt auch für das Drachenfelser Ländchen, das als historisch bedeutsame<br />
Dorf- und Bauernlandschaft gefördert werden muss. Im Kottenforst<br />
geht es vor allem darum, ein ausgewogenes Nebeneinander von natürlicher<br />
Waldentwicklung, Erhaltung der Elemente des kurfürstlichen Jagdwaldes<br />
und einer sanften Freizeit- und Erholungsnutzung zu finden.
54<br />
Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich<br />
Siebengebirge – Pleiser Ländchen<br />
Der weltweit bedeutsame Landschaftsraum des Siebengebirges und des<br />
Pleiser Ländchens ist repräsentativ für den Naturraum der Mittelrheinischen<br />
Pforte. Neben dem Siebengebirge, einschließlich des Identifikationspunktes<br />
Drachenfels, reicht der wertvolle Kulturlandschaftsbereich im Osten über den<br />
Pleisbach hinaus bis ins Pleiser Ländchen. Funktionsräumlich gesehen spielt<br />
er vor allem als Wohn- und Residenzgebiet von Unternehmen, als Alterssitz<br />
sowie als Raum für Freizeit und Naherholung eine wichtige Rolle. Die Entwicklung<br />
des Fremdenverkehrs steht hier seit Ende des 19. Jahrhunderts in<br />
einem engen Zusammenhang mit dem Begriff der „<strong>Rhein</strong>romantik“.<br />
Kulturhistorisch ist vor allem die lange und bewegte Entwicklungsgeschichte<br />
des Siebengebirges hervorzuheben. Hier findet man noch heute Überreste<br />
aller geschichtlicher Perioden. Die Landschaft zeigt dabei die gestalterischen<br />
Aktivitäten und Bewirtschaftungsformen auf: von Landwirtschaft, Wald- und<br />
Forstwirtschaft und Weinbau bis hin zu Gewerbe, Industrie, Wohnen und<br />
Tourismus. Als besondere Wirtschaftsform hat sich zudem der Steinabbau<br />
erwiesen. Zahlreiche Steingruben und -brüche dokumentieren dies bis heute.<br />
Ihre Vorkommen haben erheblichen Anteil am Entstehen des Weltkulturerbes<br />
Kölner Dom und vieler anderer rheinischer Baudenkmäler – beispielsweise<br />
des Altenberger Domes – gehabt.<br />
Vor allem im 19. Jahrhundert erhielt die Siebengebirgslandschaft entlang des<br />
<strong>Rhein</strong>s eine romantische Assoziation, die insbesondere durch englische und<br />
deutsche Maler sowie durch Literaten vermittelt wurde. Diese Zeit ist insofern<br />
lebendig geblieben, als dass das Siebengebirge mit seiner reizvollen landschaftlichen<br />
Gliederung und Attraktivität immer noch viele Attribute einer<br />
pittoresken Wunschlandschaft erfüllt. Nicht zuletzt daher rührt seine wichtige<br />
Wohn- und vor allem Naherholungsfunktion für den Ballungsraum Köln/Bonn.<br />
Hinzu kommt, dass der Raum auch eine Vielzahl kultureller Besonderheiten<br />
und Sehenswürdigkeiten bietet. Angefangen vom Petersberg mit dem ehemaligen<br />
Gästehaus der Bundesrepublik Deutschland reicht dies über die<br />
Burgruine des Drachenfelses und den Ort Königswinter bis zur Klosterlandschaft<br />
der ehemaligen Zisterzienserabtei Heisterbach. An deren Beispiel ist<br />
das Thema Kulturlandschaft in einem bundesweit einzigartig innovativen<br />
Forschungsprojekt intensiv untersucht worden. Die Vorgehensweise und die<br />
Konzeption der Untersuchung lassen sich gut auf die weiteren Kulturlandschaften<br />
der Region Köln/Bonn übertragen.<br />
Die Raumwirksamkeit der Abtei<strong>grün</strong>dung um 1189 entfaltete sich einerseits<br />
baulich – beispielsweise mit der 1237 fertig gestellten Abteikirche – andererseits<br />
aber auch durch die sie umgebende Nutzungsvielfalt. Das klösterliche<br />
Ideal des „ora et labora“ prägte hier ein nachhaltiges Konzept mittelalterlicher<br />
Landschaftsnutzung.
Auch über die Säkularisierung Anfang des 19. Jahrhunderts hinaus hat<br />
Heisterbach seine Bedeutung für das Kulturerbe der Region behalten. Eingebettet<br />
in zahlreiche Relikte vergangener Kulturlandschaftsphasen bietet<br />
das Tal um die wieder hergerichtete Abtei auch aktuell ein herausragendes<br />
Potenzial der kulturellen Wertschöpfung für die Region und darüber hinaus.<br />
Das benachbarte Pleiser Ländchen ist trotz einer sehr viel weiter zurückreichenden<br />
Siedlungsgeschichte vor allem deshalb kulturhistorisch interessant,<br />
weil es die erste neu besiedelte mittelalterliche Kleinlandschaft der Region<br />
darstellt. Dies ist vor allem auf die fruchtbaren Lössböden zurückzuführen,<br />
sichtbarer Ausdruck des Reichtumes dieser Zeit ist das Fußbodenmosaik in<br />
der Kirche von Oberpleis.<br />
Hinsichtlich des Naturerbes ist das Siebengebirge von einem großen Kerngebiet<br />
aus wärmeliebenden Wäldern mit angrenzenden Wein- und Obstgärten<br />
geprägt. Dabei findet man die größten zusammenhängenden Buchenwaldgesellschaften<br />
in der Region sowie seltene Laubwälder wie den Eichen-<br />
Elsbeerenwald. Darüber hinaus zeichnet sich der wertvolle Kulturlandschaftsbereich<br />
durch eine große Zahl landesweit gefährdeter Biotoptypen und die<br />
Präsenz zahlreicher in Nordrhein-Westfalen vom Aussterben bedrohter<br />
Pflanzen- und Tierarten aus. Die Steinbrüche des Teilraumes gehören diesbezüglich<br />
zu den Schwerpunkten des Artenschutzprogramms für die Mauereidechse.<br />
Auch Amphibien wie die Gelbbauchunke sowie zahlreiche seltene,<br />
in der EU-Vogelschutzrichtlinie aufgeführte Arten haben im Siebengebirge<br />
und im Pleiser Ländchen ihren landesweiten Verbreitungsschwerpunkt.<br />
Aufgrund dieser natur- und kulturräumlichen Privilegien sind das Siebengebirge<br />
und das Pleiser Ländchen als geschlossene Einheiten vollständig zu<br />
erhalten. In seiner bestehenden Ausprägung bietet der wertvolle Kulturlandschaftsbereich<br />
eine ideale Grundlage für eine nachhaltige und schonende<br />
wirtschaftliche Nutzung. Er stellt dabei ein gutes Beispiel für nachhaltigen<br />
Wein- und Obstbau sowie nachhaltige Waldbewirtschaftung dar. Ein zentrales<br />
Thema ist darüber hinaus die Wiedereinbindung herausragender Kulturdenkmäler<br />
in die Landschaft. Dies lässt sich exemplarisch am Beispiel des<br />
Drachenfelses verdeutlichen und steht in engem Zusammenhang mit einer<br />
landschaftsverträglichen Nutzung durch den Tourismus.<br />
55
56<br />
Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Dhünn – Altenberg<br />
Von der Gemeinde Odenthal im Süden bis nach Hückeswagen im Norden<br />
reicht der Raum des wertvollen Kulturlandschaftsbereiches Dhünn-Altenberg,<br />
der typisch für den Naturraum Bergische Hochflächen ist. Hinsichtlich seines<br />
Naturerbes stellt er einen Ausschnitt des nördlichen Bergischen Landes dar.<br />
Dabei umfasst der regional bedeutsame Bereich nahezu das gesamte Fließgewässersystem<br />
der Dhünn und der Dhünntalsperre. Er deckt sich somit in<br />
großen Teilen mit dem Gewässernetz der Dhünn (siehe auch Seite 65).<br />
Eine besondere Konzentration des Naturerbes findet man in den ökologisch<br />
bedeutsamen Tälern der Dhünn und des Eifgenbachs. Sie weisen repräsentative<br />
Erlen- und Erlen-Eschen-Auenwälder auf, die hervorragend erhalten<br />
sind. Gleiches gilt für die Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder in den Tälern<br />
und die ausgedehnten Hainsimsen-Buchenwälder an den Talhängen des<br />
Kulturlandschaftsbereiches Dhünn – Altenberg. Sowohl das Tal der Dhünn als<br />
auch das des Eifgenbachs stehen beispielhaft für ausgeprägte Mittelgebirgsfließgewässer<br />
mit einer fluss- und bachtypischen Flora und Fauna. Sie sind<br />
von landesweiter Bedeutung und beherbergen mit den feuchten Hochstaudenfluren<br />
und den Auenwälder international herausragende Lebensräume der<br />
Vegetation. Im Rahmen der landesweiten Biotopvernetzung bildet das Talsystem<br />
von Dhünn und Eifgenbach eine Kernfläche des Naturparks Bergisches<br />
Land, zudem ist es Teil des Dhünn-Eifgenbach-Korridors (siehe auch<br />
Seite 67), der die Vernetzung zwischen den Bergischen Hochflächen und der<br />
Bergischen Heideterrasse herstellt. Ökologisch höchst wertvoll sind zudem<br />
die Trinkwasserschutzzonen im Umfeld der Großen Dhünntalsperre. Hier gibt<br />
es eine Reihe seltener Tier- und Pflanzenarten, die Talsperre selbst ist Rastund<br />
Überwinterungsplatz für durchziehende Vogelarten.<br />
Die ausgeprägte Beziehung zum Wasser in diesem Teilraum der Region verdeutlichen<br />
auch zahlreiche Kulturdenkmäler, beispielsweise die historischen<br />
Mühlen in den Tälern des Eifgenbachs und der Dhünn. Sie dokumentieren die<br />
lange Tradition der Wasserkraftnutzung, selbst wenn man dem Tal diese<br />
heute in seiner stillen Abgeschiedenheit nicht mehr ansieht. In Resten jedoch<br />
sind hier zahlreiche alte Öl- und Getreidemühlen erhalten – beispielsweise<br />
die Markusmühle, die Neue Mühle oder die Finkenholler Mühle als reine<br />
Getreidemühlen sowie die Rausmühle und die Odenholler Mühle als Öl- und<br />
Getreidemühle. Hinzu kommen weitere historische Mühlen an den Nebenflüssen<br />
bzw. -bächen des Fließgewässersystems.
Eine zentrale Bedeutung hinsichtlich des Kulturerbes hat im wertvollen<br />
Kulturlandschaftsbereich Dhünn – Altenberg das Abteigelände des ehemaligen<br />
Klosters Altenberg. Das Kloster wurde im Jahr 1133 ge<strong>grün</strong>det. Erster Standort<br />
war die alte Burg Berge der Grafen zu Berg oberhalb der Dhünn, einige<br />
100 Meter südlich der späteren Abteikirche. Entsprechend der Regelungen<br />
zur Ansiedlung von Zisterziensern durfte das Kloster nicht in bestehenden<br />
Siedlungen errichtet werden; die Mönche sollten zudem „von ihrer Hände<br />
Arbeit, Ackerbau und Viehzucht“ leben. Dieser Autarkieansatz bedingte Wirtschaftsanlagen<br />
wie Werk- und Gewerbestätten sowie Mühlen. Wie in allen<br />
Zisterzienserklöstern spielte auch in Altenberg von Beginn an das Wasser<br />
zur Organisation des Alltags und der Arbeit eine dominante Rolle: sowohl als<br />
Trink- und Brauchwasser, wie als Wasserkraft zum Antrieb der Mühlen und<br />
zur Anlage von Fischteichen sowie zur Bewässerung der Wiesen.<br />
Der Grundstein zur heutigen, hochgotischen Klosterkirche wurde 1259 nach<br />
dem architektonischen Vorbild der Abteikirche von Royaumont im Val-d’Oise<br />
nördlich von Paris gelegt. Die Bauzeit zog sich über einige Jahre hin, bei der<br />
Einweihung im Jahr 1379 war der Dom noch unvollendet. Säkularisiert wurde<br />
die Abtei Altenberg schließlich im November 1803. Die abteilichen Gebäude<br />
gingen nunmehr in den Besitz des Landesherren über, sie wurden dabei<br />
zum Teil völlig anderen Nutzungen – beispielsweise als Tuchfabrik oder als<br />
chemische Fabrik – zugeführt. Es folgten ein partieller Zerfall im 19. Jahrhundert<br />
sowie eine Wiederherstellung mittels Pflegemaßnahmen im 20. Jahrhundert.<br />
Heute ist Altenberg ein überregional anerkanntes und gut besuchtes Ausflugsziel<br />
mit hohem regionalem Identitätswert. Sowohl die kulturlandschaftlichen<br />
Bezüge als auch die historischen Standortbedingungen sind in der<br />
Landschaft noch gut ablesbar. Auch die historische europaweite Vernetzung<br />
Altenbergs wird – beispielsweise durch den Weg der Jakobspilger, der hier<br />
verläuft – nachvollziehbar. Insofern bietet es sich an, ein kulturlandschaftspflegerisches<br />
Konzept für die Gesamtperspektive Altenbergs und seiner Umgebung<br />
zu entwickeln. Hierzu gehören neben der Klosteranlage der Ort<br />
Odenthal als Kirchdorf sowie die Hochflächen zwischen Eifgenbach, Dhünn<br />
und Scherfbach bis hinein in den Raum Bechen. Besondere Bedeutung hat<br />
in diesem Bereich auch die Vielzahl denkmalgeschützter alter Hofanlagen.<br />
Ansonsten soll der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Dhünn – Altenberg<br />
vor allem Beispiele extensiver Grünlandnutzung in Wiesentälern sowie nachhaltiger<br />
Gestaltung von Waldflächen in Trinkwasserschutzgebieten aufzeigen.<br />
Dabei kommt auch der kulturhistorischen Dimension der Wasserkraftnutzung<br />
eine wichtige Rolle zu.<br />
57
Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich<br />
Heckberger Wald – Leppetal<br />
Wie an Dhünn und Eifgenbach, so spielt auch im wertvollen Kulturlandschaftsbereich<br />
Heckberger Wald – Leppetal die Nutzung der Wasserkraft historisch<br />
gesehen eine zentrale Rolle. Der regional bedeutsame Landschaftsraum ist<br />
ein typischer Ausschnitt des Oberagger-Wiehl-Berglandes und der Bergischen<br />
Hochflächen mit den wichtigen Quellgebieten des Heckberger Waldes und<br />
dem wasserreichen Leppetal. Dabei reicht der Heckberger Wald von der Agger<br />
im Norden bis zu den Orten Drabenderhöhe und Asinghausen im Süden.<br />
Seine Westgrenze verläuft am Rande des Engelskirchener Ortsteils Loope,<br />
die Ostgrenze bei Bielstein. Das Leppetal erstreckt sich bis hinauf in die<br />
Nähe von Marienheide. Es gilt heute als typisches Beispiel eines bergischen<br />
Industrietales.<br />
Der älteste Hinweis auf die Nutzung der Wasserkraft an der Leppe stammt<br />
aus dem Jahr 1514. Um 1580 wird am Standort des späteren Eibacher<br />
Hammers eine Eisenhütte erwähnt. Es scheint so, als seien dort die auf dem<br />
Bergrücken zwischen Leppe und Eibach geförderten Eisenerze verhüttet<br />
worden. Zahlreiche Belege deuten auf eine Bergbauaktivität in dieser Zeit hin.<br />
Infolge der nicht ausreichenden Qualität des Eisenerzes wurde die Hütte<br />
jedoch bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts in einen Eisenhammer umgewandelt.<br />
Das Wasser zum Antrieb dieses Hammers wurde direkt der Leppe<br />
entnommen. Dies ist ein wichtiger Hinweis auf sein Alter, denn alle später<br />
eingerichteten Wasserhämmer entnahmen das Antriebswasser aus einem<br />
Hammerteich. Das hier veredelte Roheisen stammte vermutlich aus dem<br />
Siegerland. Im 17. und 18. Jahrhundert kamen an der Leppe zahlreiche neue<br />
Hammerwerke hinzu.<br />
Insgesamt sind 25 Anlagen bekannt, die entweder als Hütten- oder Walzwerk<br />
sowie als Eisenhammer und Getreide-, Pulver- oder Papiermühle arbeiteten.<br />
Sie sind ein Beleg für die ehemals blühende Industrie in diesem Bereich.<br />
Die Wirtschaftskraft des Leppetals war so bedeutend, dass zwischen 1897<br />
und 1958 eine Schmalspurbahn zwischen Engelskirchen und Marienheide<br />
verkehrte. Es handelte sich um eine Industriebahn, die die Edelstahlwerke<br />
bediente und gleichzeitig eine Hochphase der Stahlindustrie an der Leppe<br />
einleitete. Heute sind hier noch einige wenige Edelstahlwerke sowie eine<br />
Stahlfederfabrik aktiv. Auch zwei der historischen Hammerwerke sind noch<br />
erhalten und funktionsfähig.<br />
Über diese wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung hinaus sind bezüglich des<br />
Kulturerbes im wertvollen Kulturlandschaftsbereich Heckberger Wald – Leppetal<br />
in erster Linie Schloss Gimborn als Sitz der ehemaligen Herrschaft Gimborn-Neustadt<br />
sowie zahlreiche Reste alter Fern- und Handelsstraßen in und<br />
am Heckberger Wald zu nennen. Auch der Heckberger Wald selbst verfügt<br />
über ein beispielhaftes industriehistorisches Erbe. So gibt es ein Bergbauzentrum<br />
mit Erzteichen, Bergarbeiterhäusern und einem ehemaligen Steigerhaus.<br />
Auch überall im Waldgebiet lassen sich die Spuren aus der Zeit des<br />
Bergbaus ablesen. So findet man hier sowohl Gebäudereste als auch Erzbergbauhalden<br />
und Karrenwege. Diese führten oftmals hinunter ins Aggertal,<br />
wohin die Erze zur Verarbeitung geschafft wurden.<br />
Das Naturerbe des wertvollen Kulturlandschaftsbereiches umfasst vor allem<br />
die weiträumigen, nahezu unzerschnittenen Buchen- und Eichenwälder des<br />
Heckberger Waldes. Sie sind typisch für das Bergische Land und wurden<br />
ehemals als Niederwald genutzt. Eine ökologische Kernzone bildet das Naturschutzgebiet<br />
um Immerkopf und Schimmelhau, das von kleinen Moorwäldern<br />
sowie offenen Hangquellmooren geprägt ist. Für mehrere atlantische Pflanzenarten<br />
verläuft hier die östliche Verbreitungsgrenze, zudem sind zahlreiche<br />
seltene Moosarten und lokale Heidefragmente vertreten. Von überregionaler<br />
Bedeutung ist auch das Tal des Loopebaches mit seinen Auenwäldern.<br />
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der wertvolle Kulturlandschaftsbereich<br />
Heckberger Wald – Leppetal über seine kulturhistorische Relevanz<br />
hinaus zahlreiche Beispiele für eine naturnahe und nachhaltige Forstwirtschaft<br />
sowie eine nachhaltige Landwirtschaft liefert. Die Industriegeschichte des<br />
Teilraumes lässt sich an den drei Standorten Leppetal, Engelskirchen und<br />
Heckberger Wald besonders gut ablesen. Das Leppetal sollte als geschlossene<br />
Einheit zusammen mit dem Gimbachtal erhalten werden, denn gerade hier<br />
sind die Voraussetzungen für eine nachhaltige und schonende wirtschaftliche<br />
Nutzung günstig.<br />
59
60<br />
Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich<br />
Homburger Ländchen – Bröltal<br />
Das Homburger Ländche ist ein im Bergischen Land und darüber hinaus<br />
etablierter Begriff für das Gebiet rund um Schloss Homburg. Der wertvolle<br />
Kulturlandschaftsbereich ist landesweit bedeutsam und typisch für den Naturraum<br />
Oberagger-Wiehl-Bergland. Er umfasst im Wesentlichen das Gebiet<br />
der Gemeinde Nümbrecht. Damit entspricht er der gängigen Abgrenzung des<br />
Homburger Ländchens in vielen touristischen Karten und Beschreibungen.<br />
In großen Teilen deckt sich die wertvolle Kulturlandschaft zudem mit dem<br />
Gewässernetz der Bröl (siehe Karte auf Seite 39).<br />
Betrachtet man das Naturerbe, so sind hauptsächlich Reste der ursprünglichen<br />
Laubwaldlandschaft, Elemente der für das Bergische Land typischen<br />
Wiesen- und Weidelandschaft sowie die naturnahen Gewässer des Bachsystems<br />
der Homburger Bröl hervorzuheben. So haben die Bröl und ihre<br />
Nebengewässer im Raum von Nümbrecht aufgrund ursprünglicher Gewässerstrukturen<br />
mit Steilufern, Sand- und Kiesbänken sowie kleinen Inseln im<br />
Flussbett einen großen ökologischen Wert. In der Bachaue werden sie von<br />
schutzwürdigen Erlenwäldern, Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwäldern und<br />
Bach-Erlen-Eschenwäldern flankiert. Auch die größtenteils extensiv genutzten<br />
Grünlandflächen an den Bachläufen besitzen ein hohes ökologisches Potenzial.<br />
Prinzipiell kann festgestellt werden, dass das Homburger Ländchen ein sehr<br />
harmonisches Landschaftsbild mit einem ausgewogenen Verhältnis von Wald<br />
und Offenland aufweist. Geprägt wird dieses durch zahlreiche naturnahe<br />
Fließgewässer sowie eine Vielzahl kleinerer Kulturlandschaftselemente und<br />
Strukturen wie Hutebäume, Hohlwege, Stufenraine und alte Wegetrassen.<br />
Kulturhistorisch vereint das Homburger Ländchen sowohl Zeugnisse der<br />
Territorialgeschichte als auch eine interessante Mühlen- und Industrievergangenheit.<br />
Den Mittelpunkt bezüglich des Kulturerbes bildet dabei das<br />
markant auf einem Bergsporn über der Bröl liegende Schloss Homburg,<br />
welches heute als Museum des Oberbergischen <strong>Kreis</strong>es genutzt wird. Hinsichtlich<br />
der räumlichen Abgrenzung des wertvollen Kulturlandschaftsbereiches<br />
besitzen zudem die Kirchdörfer Nümbrecht, Marienberghausen und<br />
Drabenderhöhe aufgrund ihrer Lage und ihrer herausragenden Bauwerke<br />
eine ausstrahlende Wirkung. Während Nümbrecht sich vor allem durch seine<br />
stattlichen Bruchsteinhäuser aus dem 17. und 18. Jahrhundert sowie seine<br />
romanische Kirche auszeichnet, ist in Marienberghausen die Wehrkirche<br />
hervorzuheben, die aufgrund der im Chor entdeckten Fresken aus dem 15.<br />
Jahrhundert zu den „bunten Kirchen des Bergischen Landes“ gezählt wird.<br />
In Drabenderhöhe markiert die weit sichtbare Kirche den Schnittpunkt alter<br />
Handelsstraßen.
Ansonsten prägen kleine bäuerliche Weiler mit Gartenstrukturen und Obstwiesen<br />
sowie historischen Wegenetzen und Dorfgehölzen am Ortsrand die<br />
Kulturlandschaft. Im Tal der Homburger Bröl ist zudem ein mühlen- und<br />
industriegeschichtlicher bemerkenswerter Teilabschnitt erhalten, der die<br />
ehemalige Lage der Mühlstandorte erfahrbar macht und gut erhaltene Reste<br />
alter wassertechnischer Anlagen aufzeigt. Auf diese Art und Weise dokumentiert<br />
er die Historie der Papierproduktion, die bereits Mitte des 16. Jahrhunderts<br />
mit der Homburger Papiermühle der Grafen zu Sayn-Wittgenstein<br />
begann und bis in die heutige Zeit als Teil eines internationalen Papierkonzerns<br />
lebendig ist. Ein Großteil der Industrie- und Mühlenanlagen steht dabei unter<br />
Denkmalschutz.<br />
Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Homburger Ländchen eignet sich<br />
hervorragend, um über den zentralen Standort Nümbrecht hinaus territoriale<br />
und siedlungsbezogene Entwicklungen des Bergischen Landes aufzuzeigen.<br />
So verbindet die Brüderstraße als mittelalterlicher Handelsweg und als<br />
historischer Korridor von landesweiter Bedeutung über den Kirchort Drabenderhöhe<br />
hinweg die beiden wertvollen Kulturlandschaftsbereiche Heckberger<br />
Wald – Leppetal und Homburger Ländchen. Gerade die Genese dieses wertvollen<br />
Kulturlandschaftsbereiches gibt einen beispielhaften Ausblick auf deren<br />
zukünftige nachhaltige Gestaltung und Entwicklung.<br />
61
62<br />
Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich<br />
Nutscheid – Leuscheid<br />
Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Nutscheid – Leuscheid repräsentiert<br />
den Naturraum Mittelsieg-Bergland. Er ist ebenfalls von regionaler Bedeutung<br />
und grenzt im Westen an das Gebiet der historischen Stadt Blankenberg an<br />
der Sieg. Von dort reicht er über den Nutscheid bis auf die Höhe von Waldbröl.<br />
Ferner umfasst der Landschaftsraum den Siegabschnitt zwischen Eitorf<br />
und Rosbach sowie Teile des Leuscheid im Süden, wo er an der Landesgrenze<br />
zu <strong>Rhein</strong>land-Pfalz endet.<br />
Kultur- und naturlandschaftlich ist das Gebiet dreigeteilt: in die beiden großen,<br />
europäisch bedeutsamen Waldflächen des Nutscheid und Leuscheid<br />
(NATURA 2000) sowie das Siegtal. Das Naturerbe konzentriert sich dabei<br />
auf die Waldbereiche des Nutscheid und Leuscheid. Eine Kernfläche ist<br />
ein Laubwaldkomplex, der mit den offenen Übergangsbereichen des Leuscheid-Rückens<br />
zum mittleren Siegtal verbunden ist. Hier gibt es naturnahe<br />
Eichenmischwälder und Buchenwälder, die sowohl Feuchtheiden als auch<br />
Hochmooransätze und naturnahe Bachlandschaften aufweisen.<br />
Hervorzuheben ist auch das ökologisch wertvolle Gebiet des Wohmbachs mit<br />
seinen Zuflüssen, dessen bewaldetes Talsystem sich tief in den Rücken des<br />
Leuscheid eingeschnitten hat. Die angrenzenden Buchenwälder vermitteln<br />
beeindruckend die alte Waldnutzung, beispielsweise in Form von Bergheiden<br />
und Niederwäldern. Neben den naturnahen Altwäldern besitzt das Gebiet ein<br />
hohes Entwicklungspotenzial für naturnahe Wälder und Bachtäler. Im länderübergreifenden<br />
Biotopverbund kommt ihm eine wichtige Rolle zu, da es die<br />
Verbindung zum FFH-Gebiet Leuscheid in <strong>Rhein</strong>land-Pfalz herstellt.<br />
Der Nutscheid trägt das größte zusammenhängende Waldgebiet des Bergischen<br />
Landes. Es handelt sich vorwiegend um ausgedehnte Eichen-Birken-<br />
Buchenniederwälder, die ein weit verzweigtes Quellbachsystem aufweisen.<br />
Dieses wiederum ist eng mit dem Sieg-Auen-Korridor (siehe Seite 67) und<br />
dem Bröl-Gewässernetz (siehe Seite 65) verbunden. Das hier vorhandene,<br />
gut ausgebildete Übergangs- und Schwingrasenmoor gehört mit zu den<br />
größten Raritäten des Naturschutzes in Nordrhein-Westfalen. Hinzu kommt,<br />
dass der Waldkomplex einer der landesweit letzten Lebensräume des vom<br />
Aussterben bedrohten Haselhuhns ist. Hinsichtlich des Kulturerbes sind<br />
vor allem die märkisch-bergischen Grenzanlagen auf dem Bergrücken des<br />
Nutscheid sowie die alte Nutscheid-Höhenstraße zu nennen, deren Historie<br />
sich bis in die Römerzeit zurückverfolgen lässt. Ferner gibt es auf dem<br />
Nutscheid Reste alter Blei-, Silber- und Edelmetallbergwerke.<br />
Das Kulturerbe des Leuscheid hingegen zeichnet sich durch eine Reihe alter<br />
Mühlen, das Forsthaus Hüppelröttchen am Wohmbach sowie den Basaltsteinbruch<br />
„Blaue Steine“ aus. Besondere Bedeutung für das Kulturerbe hat<br />
das mittlere Siegtal mit seinen historischen Kulturlandschaftselementen<br />
des Bergbaus, der Flößerei und der Mühlennutzung sowie einer Vielzahl alter<br />
Burgen und Schlösser. Neben dem Ensemble der Stadt Blankenberg mit<br />
Burg, Vorburg und alter Stadtbefestigung ist diesbezüglich vor allem die Burgruine<br />
Windeck hervorzuheben, deren Geschichte bis ins 12. Jahrhundert<br />
zurückreicht. Die mittelalterliche Burg ist nach ihrer wechselvollen Historie<br />
heute wieder zu einem Wahrzeichen des Windecker Ländchens mit einer<br />
hohen identitätstiftenden Wirkung geworden.
Wichtig ist zudem das religiöse Kulturerbe des Siegtals mit Kirchen, Klöstern<br />
und Wallfahrtsorten. Eine Besonderheit am Rande des wertvollen Kulturlandschaftsbereiches<br />
ist der übergreifende Denkmalbereich Blankenberg<br />
und Bödingen auf den einander gegenüberliegenden Seiten der Sieg.<br />
Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Nutscheid – Leuscheid hat aufgrund<br />
der großflächigen Wälder ein hohes Entwicklungspotenzial für die Wiederherstellung<br />
naturnaher Waldlandschaften mit Urwaldkernen, so genannter<br />
Naturwaldzellen. Am Beispiel der Sieg kann zudem die landschaftstypische<br />
Einbettung eines Mittelgebirgsflusses mit kleineren Burganlagen in ursprünglichen<br />
Waldlandschaften aufgezeigt und weiterentwickelt werden. Ziel ist<br />
die nachhaltige Gestaltung eines Ausschnitts des Windecker Landes.<br />
63
64<br />
Die Freiraum- und Gewässernetze –<br />
Feinnervige Verbindungen in Grün und Blau<br />
Über die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche als Landschaftskerne hinaus<br />
sind auch die Freiraum- und Gewässernetze der Region ökologisch und<br />
kulturhistorisch für das Netzwerk der Kulturlandschaften relevant. Dies zeigt<br />
auch die Karte des Kulturlandschaftsnetzwerkes auf Seite 37.<br />
Bei den Freiraumnetzen handelt es sich um feingliedrige Netzwerke im<br />
Ballungsraum, beispielsweise miteinander verbundene Netze aus Grünzügen,<br />
Grüngürteln oder anderen Freiräumen wie Kleingartenanlagen, Stadtbrachen<br />
und nicht bebaute Flächen. Die Freiraumnetze der Städte Köln und Bonn<br />
stehen dabei in einer direkten Verbindung zu den dargestellten Freiraumkorridoren<br />
auf Seite 68ff.<br />
Unter Gewässernetzen hingegen wird das feinnervige Netz von Kulturlandschaftsverbindungen<br />
im Bereich der Quellen, Quellgewässer und Oberläufe<br />
der wichtigsten Fließgewässer in der Region verstanden. Ihnen kommt vor<br />
allem bei der Bewahrung und Gestaltung der Hügel- und Mittelgebirgslandschaften<br />
im höheren Bergischen Land sowie am Rand von Vorgebirge und<br />
Eifel eine große Bedeutung zu. Die Gewässernetze stehen dabei in einer direkten<br />
Verbindung zu den auf Seite 66ff. dargestellten Auenkorridoren.<br />
Das Kölner und Bonner Freiraumnetz<br />
Während das linksrheinische Kölner Freiraumnetz mit seinem geschlossenen<br />
inneren und äußeren Grüngürtel ein vorbildliches Beispiel für ein bereits in<br />
den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts konzipiertes, urbanes Grünsystem<br />
darstellt (siehe dazu auch das Kapitel zum „Wertvollen Kulturlandschaftsbereich<br />
Köln“, Seite 46ff.), fehlt im rechtsrheinischen Köln eine solche<br />
innere Grünverbindung. Der äußere Grüngürtel erstreckt sich hier von Westhoven<br />
über Höhenberg bis nach Stammheim – wie im linksrheinischen<br />
Bereich befinden sich innerhalb dieses Gürtels eine Reihe historisch bedeutsamer<br />
preußischer Befestigungsanlagen. Vom äußeren rechtsrheinischen<br />
Grüngürtel gibt es wiederum verschiedene Freiraumverbindungen, die eine<br />
Verbindung zum Umland mit seinen Kulturlandschaftskorridoren und dem<br />
wertvollen Kulturlandschaftsbereich Wahner Heide – Königsforst – Siegmündung<br />
herstellen. Perspektivisch wird eine Verknüpfung des Kölner Freiraumnetzes<br />
mit den Auenkorridoren des <strong>Rhein</strong>s, der Wupper und der Dhünn<br />
angestrebt.<br />
Anders als in Köln fehlt in Bonn eine historisch gewachsene Freiraumplanung.<br />
Das Bonner Freiraumnetz wird vor allem vom <strong>Rhein</strong> mit seinen Uferanlagen<br />
als großer Freiraumachse, den Grün- und Gartenanlagen der innerstädtischen<br />
Residenzlandschaft, dem Grünkorridor des Venusbergs zwischen Bonn und<br />
Bad Godesberg sowie den benachbarten großen Wäldern des Kottenforstes<br />
und des Siebengebirges geprägt. Dabei fehlen sowohl im Inneren der Stadt<br />
als auch außerhalb Freiraumverbindungen zum Grünkorridor des Venusbergs<br />
sowie zum Kottenforst und zum Siebengebirge. Als Grundelemente des zukünftigen<br />
Freiraumnetzes gilt es, äußere und innere Ost-Westverbindungen<br />
sowie eine Verknüpfung mit den Nord- Südverbindungen des <strong>Rhein</strong>-Auenkorridors<br />
zu schaffen. Im Kontext des Masterplans kommt vor allem der<br />
äußeren Ost-Westverbindung eine wichtige Bedeutung zu. Sie stellt im Norden<br />
der Stadt eine Freiraumverbindung zwischen Ville, Kottenforst und Siebengebirge<br />
her. Darüber hinaus könnte der Aufbau eines Bonner Freiraumnetzes<br />
sowohl unter dem Aspekt der „Residenzlandschaft Bonn“ als auch hinsichtlich<br />
des Venusberg-Grünkorridors bis zum Freiraumkorridor Brühler Gartenlandschaft<br />
nach Norden vorangetrieben werden.<br />
Die Entwicklung der innerstädtischen Freiraumnetze sollte stets eine möglichst<br />
enge Verknüpfung von nicht versiegelten und bebauten Flächen zum<br />
Ziel haben. Beispielhaft hierfür seien Parkanlagen, Gärten, Friedhöfe, Sportund<br />
Erholungsanlagen sowie offen gelassene und ehemalige Industrie- und<br />
Verkehrsflächen genannt. Die so geschaffenen Freiraumnetze sollten neben<br />
der Freizeit- und Erholungsnutzung einer Verbesserung des Stadtklimas und<br />
der Sicherung des städtischen Boden- und Wasserhaushaltes dienen.<br />
Zugleich sind sie Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten der städtischen<br />
Ökosysteme.
Die Gewässernetze<br />
Hinsichtlich der Gewässernetze werden insgesamt sieben Teilräume in der<br />
Region Köln/Bonn unterschieden: das Vorgebirgsbach-Gewässernetz, das<br />
Swist-Gewässernetz, das Dhünn-Gewässernetz, das Wipper-Gewässernetz<br />
sowie die Gewässernetze von Sülz, Agger-Wiehl und Bröl.<br />
Das Vorgebirgsbach-Gewässernetz ist ein typischer Landschaftsausschnitt<br />
im Naturraum der linksrheinischen Mittelterrasse, der in einer engen Verknüpfung<br />
zu den wertvollen Kulturlandschaften Köln, Ville und Kottenforst<br />
steht. Kulturhistorisch prägt das Netz den wertvollen Kulturlandschaftskorridor<br />
des Vorgebirges zwischen Köln und Bonn. Während das Swist-Gewässernetz<br />
vor allem den landwirtschaftlich intensiv genutzten Raum der Zülpicher<br />
Börde umfasst und sich von dort bis an den Rand der Eifel und der wertvollen<br />
Kulturlandschaft Kottenforst erstreckt, ist das Dhünn-Gewässernetz<br />
typisch für den nördlichen Teil des Bergischen Landes. Es integriert alle zubringenden<br />
Gewässer der Dhünntalsperre und große Teile der ausgewiesenen<br />
Wasserschutzzonen. Vom Einzugsgebiet her ist es nahezu identisch mit dem<br />
wertvollen Kulturlandschaftsbereich Dhünn – Altenberg.<br />
Eine altindustrielle Prägung begleitet die Täler des Wipper-Gewässernetzes.<br />
Hier sind sowohl alte Hammerwerke als auch Mühlen in Resten erhalten.<br />
Ansonsten steht das Wipper-Gewässernetz wie das der Dhünn exemplarisch<br />
für den Nordteil des Bergischen Landes mit seiner Talsperrenlandschaft.<br />
Es weist über weite Strecken naturnahe Gewässerverläufe auf, die das Bild<br />
einer typischen Auenlandschaft des Mittelgebirges repräsentieren. Das<br />
Sülz-Gewässernetz hingegen erstreckt sich eher auf die flachen Senken<br />
und Hügel des Sülzberglandes zwischen Hohkeppel, Lindlar und Kürten.<br />
Dabei reicht das Gewässernetz bis an den Rand der wertvollen Kulturlandschaft<br />
Dhünn – Altenberg.<br />
An der Agger erfolgte nahezu im gesamten Talbereich einschließlich der<br />
Nebengewässer eine starke Siedlungs- und Industrienutzung. Das Agger-<br />
Wiehl-Gewässernetz weist zudem typische Merkmale des Oberbergischen<br />
Landes auf. Ökologisch bemerkenswert ist die durch ausgewiesene Trinkwasserschutzzonen<br />
nicht öffentlich zugängliche Wiehltalsperre. Das Gewässernetz<br />
steht in Bezug zu den wertvollen Kulturlandschaftsbereichen Heckberger<br />
Wald – Leppetal und Homburger Ländchen. Dies gilt ebenso für das<br />
Bröl-Gewässernetz, das als typischer Teil des Naturraums Oberagger-Wiehl-<br />
Bergland einen Teil des wertvollen Kulturlandschaftsbereiches Homburger<br />
Ländchen abdeckt sowie in den wertvollen Kulturlandschaftsbereich Nutscheid<br />
– Leuscheid hineinreicht. Hervorzuheben ist hier, dass das Gewässernetz<br />
der Bröl Bestandteil des Wanderfischprogramms NRW werden kann.<br />
Die nachhaltige Entwicklung der Gewässernetze wird zukünftig nicht unerheblich<br />
von den Vorgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie bestimmt<br />
sein. Die Maßnahmen zur Sicherung der Wiederherstellung des guten Gewässerzustandes<br />
werden insbesondere in den Bereichen der Quellen, Quellgewässer<br />
und Oberläufe der Fließgewässer beginnen. Gerade in diesen<br />
Gewässerabschnitten muss zuerst die chemische, biologische und strukturelle<br />
Güte gesichert bzw. wiedergewonnen werden.<br />
65
66<br />
Die Kulturlandschaftskorridore –<br />
Das Gerüst des Netzwerkes<br />
Den Kulturlandschaftskorridoren kommt im Netzwerk der Kulturlandschaften<br />
eine besondere Stellung zu. Sie sind sowohl durch das Naturerbe als auch<br />
durch das Kulturerbe geprägt und bilden den Vernetzungseffekt der wertvollen<br />
Kulturlandschafsbereiche sowie der Freiraum- und Gewässernetze.<br />
Die Korridore übernehmen dabei nicht mehr nur eine Freiraumfunktion; in<br />
vielen Fällen – beispielsweise in den Auenkorridoren entlang der wichtigsten<br />
Flüsse der Region – sind sie längst auch zu Entwicklungs- bzw. Industrieachsen<br />
geworden, in denen sich zudem die verkehrliche Infrastruktur konzentriert.<br />
Prinzipiell kann zwischen drei verschiedenen Arten von Korridoren<br />
unterschieden werden: den Auen-, Wald- und Freiraumkorridoren.<br />
Die Auenkorridore<br />
Die Auenkorridore orientieren sich als „blaue Bänder“ an den Flussläufen der<br />
Region. Sie zeichnen sich über eine durchgängige, weitgehend offene Tallandschaft<br />
aus, in der Wiesen, Weiden und gewässerbegleitende Gehölze<br />
dominieren. Diese Strukturen sind heute jedoch nicht in allen Auenkorridoren<br />
der Region Köln/Bonn vorzufinden.<br />
Die Gewässerläufe in den Korridoren sind teilweise noch naturnah ausgebildet<br />
– wo dies nicht der Fall ist, sollten sie als wichtige biologische Verbindungen<br />
in der Landschaft renaturiert werden. Dabei müssen ihre Durchgängigkeit<br />
und ihre biologische bzw. chemische Güte zukünftig den Vorgaben der Europäischen<br />
Wasserrahmenrichtlinie entsprechen. Auch aus Gründen des Hochwasserschutzes<br />
dürfen die Auenkorridore nicht durch weitere Verkehrsanlagen<br />
oder Siedlungs- und Industrieerweiterungen beeinträchtigt werden.<br />
Der bedeutendste Auenkorridor der Region Köln/Bonn ist der international<br />
bedeutsame <strong>Rhein</strong>-Auenkorridor zwischen dem Kölner Ortsteil Worringen<br />
im Norden und dem Bonner Ortsteil Mehlem im Süden. Er steht in Verbindung<br />
mit den wertvollen Kulturlandschaftsbereichen Urdenbach-Worringen, Köln,<br />
Wahner Heide – Königsforst – Siegmündung, Bonn und Siebengebirge –<br />
Pleiser Ländchen. Als eine der ältesten Flößer- und Schifffahrtstraßen Europas<br />
ist der <strong>Rhein</strong> indirekt für die Errichtung einer Reihe wichtiger Kulturlandschaftselemente<br />
wie Hafenanlagen, Fähren, Brücken und andere historische<br />
Bauwerke ausschlaggebend. Entlang der Ufer findet man zudem wichtige<br />
Sakralbauten, Kapellen, Hofanlagen und Villen. Aus ökologischer Sicht ist in<br />
erster Linie die Bedeutung der Kernflächen des <strong>Rhein</strong>-Auenkorridors relevant.<br />
Dazu gehören beispielsweise die Lülsdorfer Weiden und der Weißer <strong>Rhein</strong>bogen<br />
im Süden sowie die Langeler und Flittarder <strong>Rhein</strong>aue im Norden der<br />
Region. In diesen Teilräumen gibt es den größten Weichholz-Auenwald-<br />
Bestand in der Region Köln/Bonn, der landesweit das vermutlich letzte Beispiel<br />
einer weitgehend naturnahen und vollständigen Auenzonierung darstellt.<br />
Auch für die Flora und Fauna der Region spielt der <strong>Rhein</strong> eine maßgebliche<br />
Rolle. Er ist Rückzugsraum für zahlreiche gefährdete Tier- und Pflanzenarten.<br />
Dies gilt insbesondere für die Fischfauna der Fließgewässersysteme<br />
von Wupper, Dhünn, Sieg und <strong>Erft</strong> sowie anderer Nebengewässernetze.
Neben dem <strong>Rhein</strong>-Auenkorridor, der von zentraler Bedeutung für die Region<br />
und darüber hinaus ist, sind vor allem der <strong>Erft</strong>-Swist-Auenkorridor und der<br />
Sieg-Auenkorridor zu nennen. Der <strong>Erft</strong>-Swist-Auenkorridor ist typisch für<br />
den Landschaftsraum Börde – Ville und weist heute starke Beeinträchtigungen<br />
durch die Auswirkungen des Braunkohletagebaus auf. Er verbindet die<br />
wertvollen Kulturlandschaftsbereiche Kottenforst, Ville und Bürge sowie das<br />
Gewässernetz der Swist miteinander.<br />
Es gibt kaum eine Gegend in Deutschland, in der so viele Burgen und Wasserschlösser<br />
erhalten sind wie an der <strong>Erft</strong>. Beispielhaft für das reiche Kulturerbe<br />
des <strong>Erft</strong>-Swist-Auenkorridors seien an dieser Stelle Schloss Gymnich,<br />
Schloss Bedburg sowie Schloss Türnich mit Schlosspark, Wassergraben und<br />
Schlossauffahrt genannt. Aus ökologischer Sicht wird es im <strong>Erft</strong>-Swist-<br />
Auenkorridor zukünftig vor allem um Maßnahmen der Auenrenaturierung<br />
gehen. Ziel ist es dabei, grundwasserabhängige Wälder, Wiesen und Weiden<br />
wiederherzustellen. Perspektivisch könnte hier eine extensiv genutzte<br />
Auenparklandschaft mit Wasserschlössern und Burgen als eine Art „Loire<br />
des <strong>Rhein</strong>landes“ entstehen.<br />
Der international und landesweit bedeutsame Sieg-Auenkorridor zeichnet<br />
sich durch den sehr windungsreichen Verlauf des naturnah ausgeprägten<br />
Flussbettes aus. Er ist typisch für den Naturraum Mittelsieg-Bergland und<br />
weist einerseits bewaldete Steilhänge an den Prallhängen, andererseits breite,<br />
flache Terrassen an den Gleitufern auf. Diese werden vor allem durch Grünlandwirtschaft<br />
genutzt. Der Auenkorridor verbindet die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche<br />
Nutscheid – Leuscheid und Wahner Heide – Königsforst<br />
– Siegmündung miteinander. Kulturhistorisch sind dabei vor allem die wichtige<br />
Rolle der Sieg als historische Flößerstraße sowie die Vielzahl an Burgen<br />
und Schlössern im Bereich der Mittelsieg hervorzuheben. Zudem findet man<br />
im Sieg-Auenkorridor historische Kulturlandschaftselemente des Bergbaus<br />
und der Mühlennutzung. Da das Siegtal auch als Siedlungs- und Verkehrsachse<br />
dient, reichen die Ausläufer dieser Nutzungen teilweise in die Auen<br />
hinein.<br />
Wie der Sieg-Auenkorridor, wird auch der Agger-Auenkorridor intensiv<br />
durch Siedlungs- und Verkehrsaktivitäten genutzt. Der gesamte Auenkorridor<br />
ist dicht besiedelt und trägt ein gebündeltes Verkehrsnetz aus Straßen und<br />
Eisenbahnlinien. Im Agger- sowie im Wupper-Wipper-Auenkorridor findet<br />
man zudem die besondere Situation der Industriegassenbildung mit alten<br />
Schleifkotten, Industriehämmern und anderen Relikten der industriegeschichtlichen<br />
Nutzung. Dabei haben die Oberläufe von Agger und Wupper die<br />
typischen Strukturen eines Mittelgebirgsflusses bewahrt. Im Mittel- und<br />
Unterlauf jedoch nimmt die Intensität der Nutzung zu und überprägt zum Teil<br />
die Auenbereiche.<br />
Der Agger-Auenkorridor verbindet das Agger-Wiehl-Gewässernetz mit den<br />
wertvollen Kulturlandschaftsbereichen Heckberger Wald – Leppetal und<br />
Wahner Heide – Königsforst – Siegmündung, der Wupper-Auenkorridor das<br />
Wipper-Gewässernetz mit dem wertvollen Kulturlandschaftsbereich Dhünn<br />
– Altenberg. Beide Auenkorridore stellen somit wichtige Verbindungen zu<br />
den Talsperrenlandschaften des Bergischen Landes dar.<br />
Ein weiterer Auenkorridor im Rahmen des Netzwerkes der Kulturlandschaften<br />
ist der Dhünn-Eifgenbach-Auenkorridor, der die wertvolle Kulturlandschaft<br />
Dhünn – Altenberg mit dem Dhünn-Gewässernetz quert und eine Verbindung<br />
zur wertvollen Kulturlandschaft Köln schafft. Er ist das „<strong>grün</strong>e Band“ zwischen<br />
den Waldlandschaften um den Altenberger Dom mit der Großen Dhünntalsperre<br />
und dem Wuppermündungsbereich in der Leverkusener <strong>Rhein</strong>aue.<br />
Der Sülz-Auenkorridor hingegen verbindet das Sülz-Gewässernetz mit dem<br />
wertvollen Kulturlandschaftsbereich Wahner Heide – Königsforst – Siegmündung.<br />
Er ist dabei in die Senken und Hügel der Bergischen Hochflächen<br />
eingebettet und weist zahlreiche Kulturdenkmäler als Relikte der einstigen<br />
industriellen Nutzung auf. Gemeinsam mit dem Agger-Auenkorridor vernetzt<br />
er maßgeblich den Ballungsraum <strong>Rhein</strong>/Sieg mit dem Bergischen Land.<br />
Vom Sieg-Auenkorridor zweigen der Wahnbach- und der Bröl-Auenkorridor<br />
ab. Während der Wahnbach-Korridor eine Verbindung zum wertvollen Kulturlandschaftsbereich<br />
Heckberger Wald – Leppetal schafft, verknüpft der Bröl-<br />
Auenkorridor den wertvollen Kulturlandschaftsbereich Homburger Ländchen<br />
mit dem Bröl-Gewässernetz. Beide Korridore weisen neben ihrer ökologischen<br />
Bedeutung auch ein bemerkenswertes Kulturerbe auf. Beispielhaft seien eine<br />
Vielzahl von Mühlen und Industriedenkmälern im Bröl-Auenkorridor genannt.<br />
67
68<br />
Die nachhaltige Entwicklung der Auenkorridore hängt in entscheidendem<br />
Maß von den Vorgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie ab. Um<br />
einen guten Zustand der Gewässer zu erreichen, sind ökologische Verbesserungen<br />
der Flussstrukturen und der Auen notwendig. Dort, wo es möglich<br />
ist, müssen die Fließgewässer „entfesselt“ werden und die Auen ihre<br />
Dynamik – beispielsweise zur Wasserrückhaltung – zurückgewinnen. Bei<br />
dieser Entwicklung gilt es allerdings auch, das Kulturerbe der Auenkorridore<br />
zu berücksichtigen. Kulturhistorisch relevante Flussbauwerke müssen Teil<br />
der nachhaltigen Entwicklungsmaßnahmen sein. Dabei bestimmen die<br />
Eigenarten des Natur- und Kulturerbes die spezifischen Entwicklungsziele<br />
der einzelnen Auenkorridore.<br />
Die Waldkorridore<br />
Wie die Auenkorridore, so haben auch die Waldkorridore als „<strong>grün</strong>e Bänder“<br />
eine wichtige Bedeutung für die zukünftige Landschaftsentwicklung.<br />
Sie zeichnen sich durch linienartig zusammenhängende Waldgebiete aus, die<br />
durch so genannte Waldbrücken sowie über Waldstreifen und Heckenriegel<br />
miteinander verbunden sind. Durch die Aufforstung und Anpflanzung von<br />
Waldrändern und Hecken kann die Korridorwirkung der Wälder zusätzlich<br />
gefördert werden.<br />
In der Region Köln/Bonn gibt es insgesamt drei bedeutende Waldkorridore:<br />
den Ville-Kottenforst-Waldkorridor, den Bergischen-Wasserscheiden-Waldkorridor<br />
sowie den Bergischen-Heideterrassen-Waldkorridor. Das Besondere<br />
des Ville-Kottenforst-Waldkorridors ist seine Durchgängigkeit. Er beginnt<br />
im Süden nördlich des Drachenfelser Ländchens und durchquert die wertvollen<br />
Kulturlandschaftsbereiche Kottenforst – Drachenfelser Ländchen und<br />
Ville bis auf die Höhe von Brühl. Dort schließen sich die „neuen Wälder“ der<br />
Ville-Seenplatte an, die im Rahmen der Renaturierung als Folgenutzung des<br />
Braunkohletagebaus entstanden sind.<br />
Der Bergische-Wasserscheiden-Waldkorridor hingegen ist charakteristisch<br />
für die Ostflanke der Großlandschaft Bergisches Land. Von den höchsten<br />
Gipfeln des Bergischen Landes bei Reichshof erstreckt er sich über Kierspe<br />
und Halver bis zur Wasserscheide zwischen Ennepe und Volme. Dabei<br />
veläuft er teilweise außerhalb der Region Köln/Bonn und stellt eine direkte<br />
Beziehung zum wertvollen Kulturlandschaftsbereich Homert im Sauerland<br />
her. Der Korridor schafft ferner die Verbindung zu den Quellgewässernetzen<br />
von Agger-Wiehl und Wipper.<br />
Der dritte bedeutende Waldkorridor der Region folgt der Bergischen Heideterrasse<br />
von Lohmar im Süden ausgehend über Teile der Wahner Heide<br />
und den Königsforst. Er reicht im Norden bis in das nördliche Leverkusen<br />
und nach Leichlingen. Dabei verknüpft er perlschnurartig unterschiedlichste<br />
Waldtypen, in seinem nördlichen Bereich löst er sich jedoch zum Teil auf.<br />
Wichtig ist es daher, hier entsprechende Fragmente und Reste zu erhalten<br />
und besser zu vernetzen.<br />
Die Freiraumkorridore<br />
Das Netz der Freiraumkorridore verkörpert einen Grundgedanken des<br />
Masterplans und somit der Regionale 2010. Als wichtiger Bestandteil einer<br />
naturräumlichen Erneuerungsstrategie der Ballungsräume dienen sie vor<br />
allem dem Ziel, die Landschaftsqualität der Kulturlandschaften zu bewahren<br />
bzw. neu zu gestalten. Dies erfolgt durch den Erhalt und die Entwicklung der<br />
Freiräume sowie deren Ergänzung zu einem Verbundsystem, das über die<br />
unmittelbaren Abgrenzungen der Ballungsräume hinausgreift. Dabei werden<br />
die Freiräume der Ballungsräume bandartig mit der umgebenden Landschaft<br />
vernetzt. Ein weiteres Anliegen ist es, über eine Aufwertung der Freiräume<br />
in den sich stetig weiter verdichtenden Ballungsräumen dafür zu sorgen, dass<br />
ihre Verfügbarkeit für andere Nutzungen wirksam begrenzt wird.<br />
In der Region Köln/Bonn sind die Freiraumkorridore als Nord-Süd- sowie<br />
Ost-West-Achsen ausgerichtet. In Nord-Süd-Richtung verläuft linksrheinisch<br />
der Stommelner-Freiraumkorridor von Knechtsteden bis zum wertvollen<br />
Kulturlandschaftsbereich Köln mit dem Kölner Freiraumnetz. Er verbindet die<br />
Stommelner Waldlandschaften und Reste alter <strong>Rhein</strong>arme mit der Kölner<br />
Stadt- und Industrielandschaft. Rechtsrheinisch läuft von Norden aus Monheim<br />
kommend der Monheim-Hitdorfer-Freiraumkorridor auf den wert-
vollen Kulturlandschaftsbereich Köln zu. Er verknüpft sich in Leverkusen mit<br />
dem Kölner Freiraumnetz und dem Bergischen Land. Der Korridor bildet ein<br />
Band zu den großen Wasserflächen der Baggerseenplatte in Monheim,<br />
Langenfeld und Leverkusen-Hitdorf, die für Freizeit und Erholung sowie für<br />
den Naturschutz eine überragende Bedeutung hat. Im Süden Kölns verbindet<br />
auf der linksrheinischen Mittelterrasse der Brühler-Gartenlandschaft-Freiraumkorridor<br />
als durchgehende Nord-Süd-Achse die wertvollen Kulturlandschaften<br />
Köln und Bonn über Brühl miteinander. Er schafft zudem eine Verbindung<br />
zum Vorgebirgsbach-Gewässernetz. Diese historische Köln-Bonner-<br />
Achse hat neben der <strong>Rhein</strong>schiene mit ihrem Auenkorridor eine herausragende<br />
Bedeutung für die Region. Hinzu kommt, dass sie mit der historisch<br />
wertvollen Residenzlandschaft Brühl und dem Weltkulturerbe des Barockschlosses<br />
Augustusburg ein herausragendes Kulturerbe aufweist, zu dem<br />
auch die barocken Parkanlagen des Schlosses sowie die Jagdbauwerke<br />
des Kurfürsten Clemens August zählen.<br />
Zwei Ost-West-Achsen bei Köln und Bonn definieren die Lage der weiteren<br />
Freiraumkorridore. Eine nördliche Achse läuft von den Energielandschaften<br />
bei Elsdorf und Bergheim über <strong>Erft</strong>, Ville, Köln und Bergisch-Gladbach bis an<br />
den Rand des Bergischen Landes. Eine südliche Achse erstreckt sich von<br />
der Ville und dem Kottenforst nördlich von Bonn über den <strong>Rhein</strong> hinweg bis<br />
zum Siebengebirge.<br />
Der <strong>Rhein</strong>-<strong>Erft</strong>-Freiraumkorridor beginnt am Rand der aktuellen Braunkohleabbaugebiete<br />
bei Elsdorf und reicht bis zur Braunkohle-Ville. Letztlich<br />
verbindet er die historisch bedeutsame Klosterlandschaft Brauweiler mit<br />
dem wertvollen Kulturlandschaftsbereich Köln und dem Kölner Freiraumnetz.<br />
Rechtsrheinisch findet diese Ost-West-Achse im Strunde-Freiraumkorridor<br />
zwischen dem wertvollen Kulturlandschaftsbereich Köln und dem Waldkorridor<br />
auf der Bergischen Heideterrasse ihre Fortsetzung. Hier bestimmt<br />
das Kulturerbe aus Mühlen, alten Industrieanlagen und Herrenhäusern<br />
den Verlauf des Korridors entlang der Strunde.<br />
Der Freiraumkorridor am Nordrand des Bonner Freiraumnetzes stellt eine<br />
Verbindung zwischen den wertvollen Kulturlandschaftsbereichen Kottenforst,<br />
Ville, Bonn, Wahner Heide – Königsforst – Siegmündung und Siebengebirge<br />
– Pleiser Ländchen her. Zudem bildet er die Basis für den Aufbau eines<br />
Bonner Freiraumnetzes. Insbesondere linksrheinisch konzentriert er sich<br />
dabei auf die letzten Freiraumreste einer mit ihren Siedlungs-, Industrie- und<br />
Verkehrsflächen nach wie vor expandierenden Ballungsraumlandschaft.<br />
Abschließend kann gesagt werden, dass die nachhaltige Entwicklung der<br />
Freiraumkorridore sich auf die Erhaltung und Förderung der offenen<br />
Landschaftsnutzungen – beispielsweise Landwirtschaft und Gartenbau –<br />
konzentriert. Darüber hinaus tragen aber auch die umweltgerechte Einbindung<br />
von Sport- und Erholungsanlagen, die freiraumgerechte Folgenutzung<br />
ehmaliger Industrie- und Verkehrsflächen sowie die Renaturierung und Folgenutzung<br />
von Abgrabungsflächen zur Bildung wichtiger Freiraumkorridore<br />
bei. Die Entwicklung der Freiraumkorridore erfordert vor allem eine vernetzte<br />
Planung von Wander-, Rad- und anderen Erholungswegen.<br />
71
Aus Sicht der einzelnen Disziplinen –<br />
Sektorale Anforderungen<br />
an das Netzwerk der Kulturlandschaften<br />
Stadt- und Regionalplanung –<br />
Wachstum und Stabilisierung steuern<br />
Landwirtschaft und Gartenbau –<br />
Perspektiven bieten<br />
Forstwirtschaft – Wald und Holz<br />
als Ressource für die Zukunft<br />
Wasser – Qualität im Fluss<br />
Naturschutz und Landschaftspflege –<br />
Lebensräume sichern und verbinden<br />
Kulturlandschaft und kulturelles Erbe –<br />
Die Grundlage regionaler Identität<br />
Freizeit und Erholung –<br />
Potenziale erkennen, Angebote verzahnen<br />
73
74<br />
Aus Sicht der einzelnen Disziplinen –<br />
Sektorale Anforderungen an das Netzwerk der Kulturlandschaften<br />
Neben allgemein landschaftsbezogenen Perspektiven für die Großlandschaften<br />
der Region Köln/Bonn ist es das Ziel des Masterplans, konkrete Aussagen<br />
für einzelne Teilräume zu treffen. Auf Modellflächen und an ausgewählten<br />
Standorten werden im Rahmen des Netzwerkes der Kulturlandschaften Beispiele<br />
für die künftige nachhaltige Nutzung und Gestaltung der Landschaft<br />
aufgezeigt. Dabei werden sowohl bereits absehbare als auch mögliche zukünftige<br />
Entwicklungen skizziert. Landschaft wird erfahrbar – auf der Ebene<br />
ausgewählter Teilräume wie auf der thematischen Ebene. Eine wichtige Rolle<br />
spielen in diesem Zusammenhang die Chancen und Konflikte zwischen den<br />
verschiedenen Fachdisziplinen, beispielsweise der Land- und Forstwirtschaft,<br />
der Wasserwirtschaft, der Stadt- und Regionalentwicklung sowie der Themenbereiche<br />
Freizeit und Erholung, Kultur und Naturschutz sowie Landschaftspflege.<br />
Die auf den folgenden Seiten aufgeführten Fachbeiträge wurden von externen<br />
Experten erarbeitet. Sie stellen eine Art „inhaltliche Klammer“ dar: Indem sie<br />
die Thematik aus sektoraler Sicht kommentieren, erfassen sie auch Aspekte,<br />
die jenseits kommunaler Zuständigkeiten liegen, beispielsweise gewachsene<br />
Strukturen und Vernetzungen oder thematisch-räumliche Zusammenhänge<br />
innerhalb der Region. Aus diesen Vorgaben können raumübergreifende<br />
Zukunftsansprüche abgeleitet und Rahmenbedingungen für die künftige<br />
Gestaltung von Landschaft und Region entwickelt werden. Die Beiträge zu<br />
den genannten Fachgebieten und Themen sind somit ein wichtiger Bestandteil<br />
des Masterplans.<br />
In den vergangenen Monaten wurden sie – ebenso wie der Entwurf des<br />
Masterplans – in der Region diskutiert und weiterentwickelt. Dieser dynamische<br />
Prozess wird sich fortsetzen, wobei parallel zur Vertiefung einzelner<br />
Themenbereiche auch für die künftige Entwicklung wichtige Schnittstellen<br />
und Konflikte aufgezeigt werden, die es im Sinn einer gemeinsamen<br />
Gestaltung der regionalen Zukunft zu lösen bzw. abzugleichen gilt: sowohl<br />
mit Blick auf die gesamte Region als auch insbesondere hinsichtlich ihrer<br />
Bedeutung für einzelne Teilräume. Erste, sich aus heutiger Sicht abzeichnende<br />
Schnittstellen und Konflikte werden im Anschluss an die Fachbeiträge<br />
in einem gesonderten Kapitel dargestellt. Ihre konkrete raumwirksame<br />
Bedeutung für die Teilräume der Region wird im weiteren Verlauf der Masterplanung<br />
Schritt für Schritt herausgearbeitet.
Fachbeitrag Stadt- und Regionalplanung –<br />
Wachstum und Stabilisierung steuern<br />
Die Ausgangssituation: Entwicklung im europäischen Kontext<br />
Das rheinische Städteband Bonn – Köln – Leverkusen mit seinem Umland<br />
ist Teil einer Großstadtregion, die hinsichtlich ihrer geografischen Lage in<br />
Europa, ihrer Bevölkerungszahl, ihrer Bedeutung als Wirtschafts- und Dienstleistungsstandort<br />
und ihrer verkehrlichen Infrastruktur gute Chancen hat,<br />
eine wichtige und zukunftsfähige Rolle im Wettbewerb der europäischen<br />
Großstadtregionen zu spielen. Die konkurrenzfähige Positionierung im nationalen<br />
und internationalen Vergleich muss dabei jedoch permanent erarbeitet<br />
werden.<br />
Der ökonomische Erfolg ist die entscheidende Voraussetzung für die wirtschaftliche<br />
und soziale Stabilität der Regionen und Städte. Zugleich aber<br />
führt er in vielen Bereichen zu Nutzungskonflikten mit „weichen“ Standortgegebenheiten<br />
und der nachhaltigen Gestaltung der Landschaft und ihrer<br />
Freiräume. Vor diesem Hintergrund geht der ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ der Region<br />
Köln/Bonn bestandsbezogen und perspektivisch vor. Er trifft eindeutige Aussagen,<br />
die es ermöglichen, auf die künftigen Entwicklungen der Großstadtregion<br />
mit strategischen Konzepten zu reagieren. Der ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’<br />
muss in diesem Sinne als flexibles Handlungsinstrument gemeinsame Wege<br />
für die Gestaltung der Kulturlandschaften in der Region Köln/Bonn aufzeigen.<br />
Es ist davon auszugehen, dass die Bevölkerungszahl in der Region Köln/Bonn<br />
gegen den allgemeinen Trend weiter ansteigen wird. Den demografischen<br />
Prognosen folgend wird jedoch der Anteil der älteren Menschen deutlich zunehmen,<br />
gleichzeitig wird es immer weniger junge Leute geben, so dass der<br />
Anteil nicht erwerbstätiger Menschen wachsen wird. Die Stabilität der Bevölkerungszahlen<br />
und der Altersstruktur wird sich im Wesentlichen auf die Zuwanderung<br />
und Integration von Migranten stützen, wobei davon auszugehen<br />
ist, dass sich diese Zuwanderung vorwiegend auf die Kernstädte in der Region<br />
beziehen wird.<br />
Szenarien der künftigen Entwicklung<br />
Hinsichtlich der Stadt- und Umlandbeziehungen sind angesichts der dargestellten<br />
Entwicklungen unterschiedliche Szenarien denkbar. So kann beispielsweise<br />
eine soziale Differenzierung zwischen den Kernstädten und dem<br />
Umland entstehen, bei der die Kernstädte zunehmend die sozialen Probleme<br />
bewältigen müssen, während sich in den Vorstädten und im Umland eine<br />
sozial integrierte, homogene Gesellschaft (Mittelschicht) entwickelt. Die regionale<br />
Ausrichtung von Wohnstandorten würde dadurch unterstützt, dass<br />
die Menschen ihren Alltag immer häufiger über die Stadt- und Ortsgrenzen<br />
hinweg organisieren. Dies würde dazu führen, dass der wohnbezogene<br />
Flächenbedarf in den Kernstädten zurückgeht, während gleichzeitig der<br />
Flächenbedarf im Umland – meist in direkter Konkurrenz zu Freiraum und<br />
Landschaft – anstiege.<br />
Ein anderes Szenario lässt sich aus dem Trend ableiten, dass Menschen mit<br />
individuell ausdifferenzierten Lebensstilen sowie hoch qualifizierte Arbeitskräfte<br />
der modernen Dienstleistungsbranchen eher lebendige städtische<br />
Milieus mit der Chance zur Nähe von Wohnen und Arbeiten bevorzugen. Aus<br />
diesem Szenario ließe sich eine Stärkung der innerstädtischen Wohnstandorte<br />
mit gleichzeitig wachsenden Anforderungen an die Qualität ihrer Ausstattung<br />
ableiten.<br />
Betrachtet man parallel die Entwicklung des Arbeitsmarktes, so sorgt die<br />
zunehmende Verlagerung von Arbeitsplätzen in den Dienstleistungssektor<br />
dafür, dass der Bereich hoch qualifizierter und gut bezahlter Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
wachsen wird. Doch auch die Segmente mit niedrigen Qualifikationsanforderungen<br />
werden weiterhin quantitativ relevant sein. In den<br />
Städten wächst die Bedeutung der kreativen Berufe der Wissensökonomie<br />
am stärksten, die Arbeit wird zunehmend projektförmig organisiert werden,<br />
oft in Form befristeter Kooperationen.<br />
Die Dienstleistungsstruktur und die gesellschaftliche Organisation der Stadt<br />
ersetzen die traditionellen Organisationsformen von Unternehmen.<br />
Eine räumliche Trennung von Wohnen und Arbeiten wird funktional zum<br />
Hindernis und verursacht Verluste bei Zeit und Geld.<br />
Regionale Kooperation und Flächenmanagement als Qualitätsziele<br />
Um auf diese Entwicklungen reagieren und den Arbeitsmarkt stabilisieren zu<br />
können, ist eine regional abgestimmte Wirtschaftspolitik erforderlich, die den<br />
Strukturwandel als permanenten Prozess begleitet. Sie ist aus planerischer<br />
Sicht ein wesentliches Qualitätsziel der Region Köln/Bonn für die nächsten<br />
Jahre und darüber hinaus. Dabei spielt das nachhaltige Flächenmanagement<br />
eine entscheidende Rolle.<br />
75
76<br />
Es macht keinen Sinn, ohne Rücksicht auf die Eignung der regionalen Lage<br />
und der Verträglichkeit mit dem Landschaftsraum neue Flächen für Wohnen<br />
und Gewerbeansiedlung zu diskutieren, ohne einen konkreten Bedarf<br />
be<strong>grün</strong>den zu können und ohne dass eine regional abgestimmte Standort-<br />
Qualifizierung zugrunde liegt.<br />
Übertragen auf die Region Köln/Bonn bedeutet dies, dass der Notwendigkeit<br />
einer restriktiven Flächenpolitik zum Schutz wertvollen Landschaftsraums<br />
wie der rechtsrheinischen Mittelterrasse, des Bergischen Landes und bestimmter<br />
Bereiche des linksrheinischen Ballungsraums sowie von Börde und<br />
Ville in der lokalen Planungspolitik ein angemessener Stellenwert eingeräumt<br />
werden muss. So kann die Chance ergriffen werden, den vielerorts in<br />
der Region akuten Flächenverbrauch durch ein effizientes Bodenmanagement<br />
zu reduzieren und gleichzeitig landschaftliche Freiräume zu schützen<br />
und in angemessener Form zu entwickeln.<br />
Ein ökologisches, sozial leistungsfähiges und ästhetisch attraktives Gerüst<br />
von Freiräumen städtischer und landschaftlicher Prägung ist sowohl ein<br />
stärkendes Standortmerkmal als auch ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung<br />
der Region. Projiziert man dies auf die kommunal- und regionalplanerischen<br />
Handlungsfelder, so ist zu folgern, dass die dort beschriebenen Ziele nur in<br />
einem langfristig angelegten und strukturierten Prozess koordinierter Planung<br />
auf fachlicher und territorialer Ebene verwirklicht werden können. Demzufolge<br />
geht es vor allem um eine Kooperation im Geiste gemeinsamer<br />
Zukunftsverantwortung, die die Bürgerinnen und Bürger als mitgestaltende<br />
und mitverantwortliche Akteure am Projekt ihrer Region begreift.<br />
Der Planungsansatz: Wachstums- und Stabilisierungszonen<br />
Konkret orientiert sich ein solch übergreifender planerischer Ansatz für die<br />
Region mehr an funktionsräumlichen denn an landschaftsräumlichen Einheiten.<br />
Hier ist jedoch in vielen Bereichen eine Überschneidung feststellbar.<br />
So bildet der Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg mit den links- und rechtsrheinischen<br />
Übergangsbereichen zum Bergischen Land bzw. zur Landschaft von Börde<br />
und Ville eine Wachstumszone, an die sich nach Osten bzw. Westen die so<br />
genannte Stabilisierungszone anschließt.<br />
Während in der Wachstumszone der Flächenbedarf permanent ansteigt, ist die<br />
Stabilisierungszone von einem stabilen bzw. rückläufigen Flächenbedarf gekennzeichnet.<br />
Die auf die Region wirkenden ökonomischen Kräfte mit intensivem<br />
Flächenbedarf und großen Auswirkungen auf Mobilität und Infrastruktur<br />
konzentrieren sich auf die Wachstumszone, während andere Flächen offen<br />
gehalten werden können. Dabei ist aus planerischer Sicht eine Nutzung brach<br />
gefallener Flächen im Ballungsraum der Neuerschließung „auf der <strong>grün</strong>en<br />
Wiese“ vorzuziehen.
Gerade in der Wachstumszone des Ballungsraums bedarf es jedoch einer angemessenen<br />
und sensiblen Freiraumplanung, bei der vor allem die Vernetzung<br />
vorhandener Freiflächen und deren Verbindung mit neu geschaffenen Freiraumkorridoren<br />
im Vordergrund stehen sollte. Dabei geht es auch um eine<br />
Vernetzung mit angrenzenden Landschaftsräumen, wie sie in Projekten<br />
wie dem ,Grünen C’ bereits erfolgreich praktiziert wird. Ähnliche Ansätze<br />
ließen sich beispielsweise im rechtsrheinischen Köln als Freiraumverbindung<br />
zwischen <strong>Rhein</strong> und Bergischem Land realisieren.<br />
Ein wichtiges Thema der Freiraumplanung im Ballungsraum sind die Grenzbereiche<br />
zwischen dem Siedlungsraum und der Fluss- bzw. Wald- und<br />
Agrarlandschaft. Hier geht es vor allem darum, entsprechende Freiräume zu<br />
sichern und zu entwickeln, um so Schutzzonen zu schaffen bzw. einzuhalten.<br />
Auf diese Art und Weise kann beispielsweise einer weiteren „Verkrustung<br />
der Flussufer“ durch zunehmende Bebauung Vorschub geleistet werden.<br />
Gleiches gilt für den Waldrand, wo das fortschreitende Heranrücken der Besiedlung<br />
insofern problematisch ist, da gerade im Randbereich des Waldes<br />
die höchsten ökologischen Werte liegen.<br />
In der Stabilisierungszone finden vor allem eine Arrondierung der vorhandenen<br />
Flächen sowie eine Innenverdichtung statt. Hier sollte kein zusätzlicher<br />
Flächenverbrauch im großen Stil erfolgen, wobei Stabilisierung jedoch nicht<br />
bedeutet, dass keine Entwicklung mehr stattfindet. Aus planerischer Sicht<br />
stehen im Stabilisierungsbereich ein vernünftiges Abwägen notwendiger<br />
lokaler Entwicklungen sowie die Erhaltung des kulturlandschaftlichen Gleichgewichts<br />
im Vordergrund.<br />
Wachstumszone und Stabilisierungszone gehen nicht nahtlos ineinander über.<br />
Daher ist es besonders wichtig, den Übergangsbereich rechts und links des<br />
<strong>Rhein</strong>s zum Bergischen Land und zur Landschaft von Börde und Ville als<br />
wichtiges soziales Infrastrukturelement für die Kernzone in die planerischen<br />
Überlegungen einzubeziehen. Hier finden vielfältige Nutzungsformen statt,<br />
die vom Ballungsraum ausgehend Druck auf die vorhandenen Flächen ausüben.<br />
Daher ist es in bestimmten Bereichen des Übergangsbereiches notwendig,<br />
Schutz- bzw. Steuerungsfunktionen zu entwickeln und anzuwenden,<br />
damit diese Räume nicht unter einem wachsenden Siedlungs- oder Naherholungsdruck<br />
zerstört werden.<br />
Das Qualitätsziel Landschaft im Zusammenhang<br />
Planung mit Verantwortung für die Orts- und Landschaftsverträglichkeit muss<br />
also in sensibler Abwägung die Möglichkeit und die Notwendigkeit von Eingriffen<br />
definieren und zugleich deutliche Aussagen treffen, wo die Grenzen<br />
des Zulässigen liegen. Landschaftsästhetik ist dabei nicht nur ein Ziel im<br />
Sinne des Bewahrens und der Wiederherstellung, sondern auch eine große<br />
Aufgabe, wenn es um die Umgestaltung großflächig monofunktionaler Landschaftsräume<br />
geht, die aus wirtschaftlichen Gründen ihrer bisherigen Nutzung<br />
entzogen werden müssen. Durch die gestalterische Aufwertung und die<br />
Schaffung von „Neuen Landschaften“ – beispielsweise im Gebiet des ehemaligen<br />
Braunkohletagebaus – können wichtige Potenziale für regionale<br />
Freizeit- und Erholungsaktivitäten entstehen, die sich jedoch am Leitbild der<br />
Kulturlandschaft orientieren müssen. Die Schönheit der Landschaft kann sich<br />
dabei nicht in fragmentierten Landschaftsinseln, sondern nur in Zusammenhängen<br />
verwirklichen. Auch dies ist ein eindeutiger Vorteil regional abgestimmter<br />
Planungskonzepte.<br />
In allen Bereichen der Region spielen der Erhalt und die weitere Entwicklung<br />
des kulturellen Erbes eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, planerische<br />
Perspektiven für die Zukunft der Landschaften zu schaffen. Eine Entwicklung,<br />
die den Aspekt des kulturellen Erbes nicht oder zu wenig berücksichtigt,<br />
führt zwangsläufig zu einem erheblichen Substanzverlust. Im ganzheitlichen<br />
Sinne von Kulturlandschaft sollten die Entwicklung bzw. Weiterentwicklung<br />
von Freiraumkonzepten sowie die funktionale und ästhetische Gestaltung<br />
öffentlicher Räume eine wichtige Rolle spielen. Ebenso sind die sorgsame<br />
Bewahrung und Aufwertung von zeittypischen Quartiers- und Siedlungsstrukturen,<br />
die rücksichtsvolle Einbindung von kulturell bedeutsamen<br />
Ensembles und Bauwerken sowie die Orts- und Stadtgestaltung einschließlich<br />
der das Bild prägenden Architektur als Qualitätsziele der Planungs- und<br />
Baukultur sowohl im städtischen als auch im ländlichen Raum von hohem<br />
Rang. So wird Kultur nicht nur bewahrt, sondern auch neu geschaffen.<br />
Denn „Umgebung“ ist immer ein Stück Heimat. Geht sie verloren, verliert die<br />
Region auch ein Stück ihrer Identität.<br />
77
78<br />
Fachbeitrag Landwirtschaft und Gartenbau –<br />
Perspektiven bieten<br />
Die Ausgangssituation: Geprägt von regionaler Vielfalt<br />
Die landwirtschaftliche Nutzung der Kulturlandschaft der Region Köln/Bonn<br />
hat eine über 2000-jährige Tradition. Aufgrund der unterschiedlichen naturräumlichen<br />
Gegebenheiten in einzelnen Teilräumen weist sie sehr vielfältige<br />
Formen und Intensitäten der Bewirtschaftung auf.<br />
Die Heterogenität in der landwirtschaftlichen Bodennutzung wird besonders<br />
deutlich, wenn man die Grünland- und Ackerbaunutzung auf kommunaler<br />
Ebene betrachtet. So findet man in der linksrheinischen Bördelandschaft Gemeinden,<br />
in denen fast ausschließlich Ackerbau betrieben wird. Die fruchtbaren<br />
Lössböden der Kölner Bucht und des <strong>Rhein</strong>-<strong>Erft</strong>-<strong>Kreis</strong>es bilden hier bis<br />
heute die Existenzgrundlage einer auch zukünftig produktiven Landwirtschaft.<br />
Insbesondere der Ackerbau ist im Hinblick auf die zunehmende Konzentration<br />
der landwirtschaftlichen Nutzung auf die wenigen Bördelandschaften<br />
in Deutschland für die Nahrungsmittelproduktion der Zukunft von großer<br />
Bedeutung.<br />
Der eindeutigen Dominanz des Ackerbaus in der Bördelandschaft steht im<br />
Bergischen Land eine völlig andere Situation gegenüber. Hier dreht sich das<br />
Verhältnis von Ackerbau und Grünlandnutzung nahezu um. Die ertragsfähige<br />
ackerbauliche Nutzung konzentriert sich auf lössbedeckte Kuppen und flach<br />
abfallende Hänge, während sie sich aus den benachteiligten Lagen mit ärmeren<br />
Böden weitgehend zurückgezogen hat. Das stärkste Standbein der Landwirtschaft<br />
stellt hier die intensive Milchviehwirtschaft dar. Die so genutzten<br />
Wiesen und Weiden prägen das Bergische Landschaftsbild und machen den<br />
Raum daher besonders auch für Freizeit und Erholung attraktiv.<br />
Das Spannungsfeld der verschiedenen Erwartungen und Anforderungen an<br />
die Landwirtschaft ist jedoch enorm. So ist das ökonomische Umfeld von<br />
Produktionszuwachs und stagnierender Nachfrage gekennzeichnet. Um die<br />
Marktchancen der Landwirtschaft in der Region auch in Zukunft zu erhalten,<br />
ist daher der Einsatz modernster Technologien notwendig. Zugleich müssen<br />
die Landwirte die gesellschaftliche Akzeptanz für ihr unternehmerisches<br />
Handeln sichern. Dieser Aspekt wird zukünftig immer wichtiger werden, da<br />
die Verbraucher und die rechtlichen Vorgaben heute hohe Anforderungen<br />
an eine tier- und umweltgerechte landwirtschaftliche Praxis stellen. Eine<br />
weitere wichtige Aufgabe der Landwirtschaft stellt zunehmend der Bereich<br />
Kulturlandschaftspflege dar, der sich vor allem in den Mittelgebirgsregionen<br />
als ökonomisches Standbein etabliert hat und als gesellschaftliche Aufgabe<br />
wahrgenommen und daher finanziert wird.<br />
Dem Gartenbau kommt in der Region Köln/Bonn bei der Flächennutzung eine<br />
besondere Rolle zu. Er prägt vor allem den Ballungsraum zwischen Köln und<br />
Bonn und das so genannte Vorgebirge bis hin zur Mittelrheinischen Pforte<br />
sowie vor allem das Gebiet rund um die Gemeinden Meckenheim und <strong>Rhein</strong>bach.<br />
Die klimatisch günstigen Bedingungen in der Region und die Nähe<br />
zum Endverbraucher haben hier vor allem die Entwicklung des Freilandgemüse-<br />
und Kernobstanbaus begünstigt. Neben der Vermarktung landwirtschaftlicher<br />
Produkte über traditionelle Absatzeinrichtungen hat dabei in<br />
den letzten Jahren die direkte Vermarktung an den Endverbraucher deutlich<br />
zugenommen. Diese gewachsene Nachfrage nach frischen und qualitativ<br />
hochwertigen Nahrungsmitteln „aus der Region für die Region“ sowie Produktpräsentationen,<br />
die das Einkaufen zum Erlebnis machen, stellen ein<br />
Potenzial für die zukünftige Entwicklung dar.
Die Herausforderungen für die Zukunft<br />
Die Landwirtschaft im 21. Jahrhundert muss sich einer Vielzahl von Herausforderungen<br />
stellen, die von politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
über den Anstieg der gesellschaftlichen Anforderungen in den<br />
Bereichen Umweltschutz, Verbraucherschutz, Lebensmittelsicherheit und Tierschutz<br />
bis hin zum Flächenverbrauch reichen. Letzterer bedingt sich insbesondere<br />
durch wachsende Siedlungen und Gewerbegebiete sowie sonstige<br />
Planungen und durch die sich daraus ergebenden rechtsverbindlichen Kompensationsmaßnahmen.<br />
Er beschränkt vor allem die Expansionsmöglichkeiten<br />
der Betriebe auf ihrem Weg in die Zukunftsfähigkeit.<br />
Um all diese gewachsenen Ansprüche erfüllen zu können, müssen nicht<br />
nur die bestehenden Bewirtschaftungsformen in Landwirtschaft und Gartenbau<br />
ökonomisch und mit qualitativ hohem Standard weitergeführt werden.<br />
Es geht ebenso darum, sich flexibel und mit neuen Ideen den Herausforderungen<br />
der Zukunft zu stellen.<br />
Zur Durchsetzung der Zukunftsperspektiven der Landwirtschaft in der Region<br />
Köln/Bonn sind als Qualitätsziele vor allem eine weitere Optimierung der<br />
Produktion, eine Sicherung der flächendeckenden Bewirtschaftung und eine<br />
Verankerung der <strong>grün</strong>en Dienstleistungen von Bedeutung. Zudem geht es<br />
darum, Energien zu mobilisieren, Stoffkreisläufe zu schließen, Formen der<br />
umweltschonenden und nachhaltigen Bewirtschaftung zu fördern, Qualität<br />
direkt zu vermarkten sowie Freizeit und Erholung aktiv zu gestalten. Nur<br />
über eine derartige Stützung des ländlichen Raumes kann die Kulturlandschaft<br />
aktiv erhalten werden. Dies sorgt wiederum dafür, dass attraktive<br />
Arbeitsplätze – sowohl direkt auf den Höfen als auch im vor- und nachgelagerten<br />
Gewerbe – geschaffen und erhalten werden. Diese Zielsetzungen<br />
und Qualitätsziele werden im Folgenden bezüglich der Großlandschaften der<br />
Region Köln/Bonn interpretiert.<br />
Entwicklungsperspektiven für den Ackerbau in Börde und Ville<br />
Die fruchtbaren Böden der Jülicher und Zülpicher Börde bleiben langfristig<br />
erhalten und machen die Landschaft auch im europäischen Vergleich zu<br />
eindeutig bevorzugten Produktionsstandorten für die Landwirtschaft. Sie<br />
sind prädestiniert für eine nachhaltige ackerbauliche Nutzung, da hier Produzenten,<br />
Verarbeiter und Verbraucher auf engem Raum ein Netzwerk bilden.<br />
Im Vordergrund stehen der Anbau von Getreide, Kartoffeln, Zuckerrüben<br />
und auch Spezialkulturen.<br />
79
80<br />
Die Landschaft der Börde ist und bleibt das bedeutsamste Gebiet für die<br />
nachhaltige, intensive ackerbauliche Nutzung in der Region. Primäres Ziel<br />
der landwirtschaftlichen Entwicklung ist es, den Betrieben Entwicklungsperspektiven<br />
für die Zukunft zu ermöglichen. Dies kann in der Börde einerseits<br />
in Form der Vergrößerung der Betriebsfläche erfolgen, andererseits<br />
aber auch durch eine Intensivierung der Bewirtschaftung bei gleichbleibender<br />
Flächenausstattung. Durch die weitere Optimierung der Produktion<br />
wird die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln in hoher Qualität<br />
gewährleistet.<br />
Perspektivisch sollte die Landwirtschaft sich jedoch mit dem Thema der<br />
bereits vorhandenen und sich in Zukunft möglicherweise verschärfenden<br />
Wasserknappheit in diesem Gebiet auseinandersetzen. Bereits heute gilt die<br />
Landschaft der Jülicher und Zülpicher Börde als niederschlagärmste Region<br />
Nordrhein-Westfalens, der Anbau von Kulturen mit regelmäßigem Wasserbedarf<br />
kann nur erfolgen, wenn eine maschinelle Beregnung stattfindet.<br />
Die notwendige Intensivierung der Flächenbewirtschaftung setzt daher die<br />
Verfügbarkeit von Wasser, unabhängig von örtlichen Niederschlägen, voraus.<br />
Bereits heute stellt der vom Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg ausgehende Flächenverbrauch,<br />
der der Landwirtschaft zunehmend Flächen für Siedlung, Gewerbe<br />
und Infrastruktur entzieht, ein kaum noch zu lösendes Problem für die<br />
ackerbauliche Nutzung in Börde und Ville dar. Hinzu kommt, dass weitere<br />
ackerbauliche Flächen durch Kompensationsmaßnahmen in Anspruch genommen<br />
werden. Hier sollte es in Zukunft vor allem darum gehen, diese<br />
Kompensationsmaßnahmen produktionsintegriert durchzuführen, das heißt,<br />
ein ökologischer Ausgleich wird durch eine in die Fruchtfolge integrierte<br />
Anlage von Grün- und Blühstreifen geschaffen oder durch die Extensivierung<br />
einer bestimmten Form der Bewirtschaftung. Dabei bleibt die landwirtschaftliche<br />
Fläche der extensiven Produktion erhalten.<br />
Prinzipiell sollten bei der Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen aus<br />
Sicht der Landwirtschaft vor allem die ökologische Aufwertung der Wälder,<br />
die Biotopvernetzung sowie Maßnahmen zur Entsiegelung im Vordergrund<br />
stehen. Vorrangiges Ziel sollte in diesem Kontext sein, auch in Zukunft die<br />
landwirtschaftlichen Nutzflächen weiterhin flächendeckend zu bewirtschaften.<br />
Das Bergische Land: Landwirtschaft als gestaltendes Element<br />
Dies gilt auch für das Bergische Land, wo vor allem die Erhaltung und Intensivierung<br />
der Milchviehwirtschaft im Vordergrund steht und die wesentliche<br />
Erwerbsquelle gerade für Haupterwerbsbetriebe bleiben wird. Neben der<br />
rein wirtschaftlichen Bedeutung ist die Stabilisierung der Landwirtschaft hier<br />
auch ein wichtiger Beitrag zum Erhalt und zur Pflege der Kulturlandschaft.<br />
Einzelne landwirtschaftliche Betriebe entwickeln durch die Bewirtschaftung<br />
und Pflege des Offenlandes „Grüne Dienstleistungen“ für den Naturschutz,<br />
die Kulturlandschaftserhaltung und die Dorfentwicklung. Diese landwirtschaftliche<br />
Nutzung ist für die Bewahrung und Gestaltung der naturnahen<br />
und erlebnisreichen Landschaft elementar.
Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Entwicklung der Landwirtschaft im<br />
Bergischen Land sind die Synergien der landwirtschaftlichen Nutzung mit<br />
dem Bereich Freizeit und Erholung. Der Urlaub und die Durchführung von<br />
Veranstaltungen auf Bauernhöfen sind hier zu einem bedeutenden Standbein<br />
der landwirtschaftlichen Betriebe geworden. Der Zugang zur Landschaft<br />
erfolgt dabei über eine breite Palette von Freizeitangeboten wie beispielsweise<br />
Kutschfahrten oder die Organisation von Kindergeburtstagen auf dem<br />
Bauernhof. Abgerundet wird das Angebot durch die Nutzung ehemaliger<br />
Wirtschaftsgebäude für Seminar- und Kleinkunstveranstaltungen.<br />
Derartige Formen landwirtschaftsbezogener Tourismusangebote tragen<br />
– wenn sie in umwelt- und sozialverträglicher Form realisiert werden – zu<br />
einer Stützung des ländlichen Raumes in der Region Köln/Bonn bei.<br />
Dies ist umso wichtiger, da Landwirtschaft und Gartenbau nach wie vor<br />
wichtige Arbeit- und Auftraggeber sind. Gerade dort, wo die klassische<br />
Landbewirtschaftung als Existenzperspektive nicht mehr ausreicht, spielen<br />
neue Formen des Wirtschaftens eine wichtige Rolle. In diesem Zusammenhang<br />
trägt auch die Direktvermarktung landwirtschaftlicher Produkte an den<br />
Einzelhandel zu einer Steigerung der Wertschöpfung landwirtschaftlicher<br />
Betriebe bei. Der Verkauf ab Hof ist ein in der Bevölkerung gern angenommenes<br />
Angebot, das eine marktnahe Versorgung der Verbraucher mit qualitativ<br />
hochwertigen und gesunden Lebensmitteln garantiert.<br />
Eine problematische Situation für die Landwirtschaft stellt auch im Bergischen<br />
Land der wachsende Siedlungsdruck dar, der besonders im Übergangsbereich<br />
zum Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg ausgeprägt ist. Dies kommt umso<br />
mehr zum Tragen, da hier die landwirtschaftlich besten Böden der Teilregion<br />
zu finden sind und die Entwicklung zudem der Ästhetik des Landschaftsbildes<br />
schadet, beispielsweise durch eine fingerförmige Ausdehnung der<br />
Siedlungstätigkeit entlang der von den Städten ausgehenden Achsen.<br />
Aus landwirtschaftlicher Sicht sollte in diesen Bereichen keine weitere Ausdehnung<br />
des Siedlungsraumes in die Fläche erfolgen. Ziel ist es, die<br />
charakteristische Eigenart der Landschaft und ihrer Nutzung zu erhalten.<br />
Der Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg: Siedlungsdruck als Hauptproblem<br />
Mit Ausnahme des Gebietes der Mittelrheinischen Pforte stellt der Siedlungsdruck<br />
in fast allen Bereichen der Region ein zentrales Thema für die Landwirtschaft<br />
dar. Besonders deutlich wird dies im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg,<br />
wo fast alle landwirtschaftlichen Betriebe heute schon auf die Bewirtschaftung<br />
von Pachtflächen angewiesen sind. Der weitere Wegfall von wertvollem<br />
Kulturland würde für diese Betriebe erhebliche Einschnitte in ihre wirtschaftliche<br />
Situation mit sich bringen. Dies gewinnt vor allem vor dem Hintergrund<br />
an Bedeutung, dass erfolgreiche Betriebe in der Regel über Generationen bewirtschaftet<br />
werden, denn Investitionen haben lange Abschreibungszeiträume<br />
und können sich nur amortisieren, wenn die Entwicklung der Betriebe auch<br />
für die Zukunft gesichert ist.<br />
81
82<br />
Eine besondere Rolle im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg spielt die linksrheinische<br />
Mittelterrasse zwischen Köln und Bonn, die auch als „die Gärten der Region“<br />
bezeichnet wird. Hier sollte aus landwirtschaftlicher Sicht – ähnlich wie im<br />
Übergangsbereich zwischen Ballungsraum und Bergischem Land – möglichst<br />
ein weiteres Vordringen des Siedlungsraumes in die Fläche unterbleiben, um<br />
die Betriebe des Ackerbaus und des Gartenbaus nicht nur auf dem bestehenden<br />
Niveau halten zu können, sondern ihnen weitere Entwicklungsmöglichkeiten<br />
zu geben.<br />
Wie im Bereich Ackerbau, so entwickeln sich auch beim Gartenbau und<br />
Obstanbau die Produktionsformen weiter. Um den Ertrag sichern zu können<br />
bzw. zu steigern, werden zukünftig hier auch Maßnahmen des geschützten<br />
Anbaus – das heißt: der Produktion in leichten Bauten oder mithilfe baulicher<br />
Anlagen – notwendig sein. Dies schafft einerseits die Möglichkeit, neueste<br />
Anbauverfahren innerhalb des Gartenbaus einzusetzen und die Region<br />
damit als eine Art Vorreiter für modernen Gartenbau zu etablieren.<br />
Andererseits darf dies nur derart erfolgen, dass das für diese Teilregion prägende<br />
Gesicht der Kulturlandschaft erhalten bleibt und angemessen weiterentwickelt<br />
wird.<br />
Die Mittelrheinische Pforte: Förderung des Obstanbaus<br />
Im Bereich der Mittelrheinischen Pforte mit ihren fruchtbaren Böden im Siebengebirge<br />
sowie im Pleiser und Drachenfelser Ländchen sollte eine Weiterentwicklung<br />
des Obstanbaus derart erfolgen, dass der besondere Reiz<br />
der historischen Kulturlandschaft erhalten bleibt. Ähnlich wie im Bergischen<br />
Land spielt hier das aktive Erleben der Landschaft durch Freizeit und Erholung<br />
eine wichtige Rolle. Eine Besonderheit sind zudem die traditionellen<br />
Baumschulen in der Meckenheimer Region und am Siebengebirge. Darüber<br />
hinaus wird an geeigneten Standorten Wein gelesen und direkt vermarktet.<br />
Landwirtschaft schafft Energien für die Zukunft<br />
In allen Teilbereichen der Region muss es aus landwirtschaftlicher Sicht<br />
darum gehen, ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen Entwicklung und Bewahrung<br />
zu schaffen. Leistungen wie die „Entwicklung der Kulturlandschaft“,<br />
das „Offenhalten von Landschaftsräumen“ und die „Sicherung der ländlichen<br />
Strukturen“ ergeben sich von selbst, wenn die Landwirtschaft und der<br />
Gartenbau der Region wirtschaftlich arbeiten und so die Herausforderungen<br />
der Zukunft bewältigen können. Dabei spielen auch zukunftsweisende<br />
Themen wie zum Beispiel die Gewinnung regenerativer Energien durch die<br />
Landwirtschaft eine wichtige Rolle. Zahlreiche Betriebe haben durch diese<br />
oder ähnliche Leistungen ihr Aufgabenspektrum erweitert. Mit großflächigen<br />
Sonnenkollektoren auf den Wirtschaftsgebäuden oder Windrädern an windexponierten<br />
Standorten tragen sie zum Energiemix bei, indem die von ihnen<br />
produzierte Energie ins öffentliche Netz eingespeist wird.
Auch die Erzeugung biogener Energien durch den Anbau nachwachsender<br />
Rohstoffe hat sich bereits etabliert. Vielfach haben sich dabei Betriebe zusammengeschlossen,<br />
um gemeinsam entsprechende Anlagen wirtschaftlich<br />
betreiben zu können. Solche Modelle gilt es unter Berücksichtigung der entsprechenden<br />
Genehmigungsverfahren auszubauen, auch unter dem Aspekt,<br />
den Beruf des Landwirts für junge Menschen interessant zu machen, die<br />
nicht aus der Landwirtschaft stammen. Sie sichern letztlich die Rolle der Landwirtschaft<br />
zur nachhaltigen Gestaltung von Landschaft.<br />
83
84<br />
Fachbeitrag Forstwirtschaft –<br />
Wald und Holz als Ressource für die Zukunft<br />
Die Ausgangssituation: Eine waldreiche Region<br />
Mehr als die Hälfte der Fläche der Region Köln/Bonn ist waldreich. Daher hat<br />
die Forstwirtschaft eine große regionale Bedeutung. Die Wälder der Region<br />
sind sowohl für den Naturschutz als auch für die Erholung und die Verwendung<br />
des Holzes als Rohstoff wichtig. Die allgemeinen Ziele zur Bewirtschaftung<br />
der Wälder – ihre Rohstofffunktion sowie ihre Bedeutung für den Klimaschutz<br />
und als Ort der Erholung – stellen einen wesentlichen Beitrag zur<br />
zukünftigen Entwicklung der Kulturlandschaft in der Region Köln/Bonn dar.<br />
Betrachtet man die regionale Differenzierung der Forstwirtschaft, so konzentriert<br />
sich die Bewaldung vor allem auf das Bergische Land. Hier ist<br />
der Wechsel zwischen Wald und Offenlandschaft ein landschaftsprägendes<br />
Element. Hinsichtlich der forstwirtschaftlichen Entwicklung muss jedoch<br />
berücksichtigt werden, dass der Anteil des Privatwaldes besonders hoch ist<br />
und noch über dem Landesdurchschnitt von 76 Prozent liegt. Dies führt<br />
dazu, dass Eingriffe und planerische Maßnahmen zunächst vertraglich mit<br />
den Waldbesitzern abgestimmt werden müssen.<br />
Etwas anders sieht die Situation im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg aus, da dort der<br />
Anteil des öffentlichen Waldes größer ist als in den anderen Teilregionen.<br />
Die Möglichkeiten einer Waldvermehrung sind hier allerdings nahezu ausgereizt,<br />
die Anlage neuer Waldflächen ist ausschließlich in den Auenbereichen<br />
möglich. Der Waldanteil des Ballungsraumes ist insgesamt recht hoch, vor<br />
allem die stadtnahen Staatswälder wie der Königsforst und der Kottenforst<br />
werden für Freizeit und Naherholung genutzt. In der Landschaft von Börde<br />
und Ville liegt der Anteil des Waldes bei knapp zehn Prozent. Hier dominiert<br />
die landwirtschaftliche Nutzung durch intensiven Ackerbau.<br />
Die Herausforderung: Wald als natürliche Ressource stärken<br />
Die Nutzung des Waldes ist überall in der Region Köln/Bonn möglich und<br />
gewollt. Dies gilt nicht nur für den Privatwald, sondern auch für die Naturschutzgebiete<br />
des öffentlichen Waldes. Der Wald erfüllt dabei eine Vielzahl<br />
von Funktionen. Seine nachhaltige Sicherung und Entwicklung dient der<br />
Verbesserung von Boden, Luft, Wasser und Klima. Er dient als Lebensstätte<br />
für eine vielfältige Fauna und Flora, als Lieferant für den umweltfreundlichen<br />
Rohstoff Holz sowie als geschützter Erholungs- und Ausgleichsraum für die<br />
Menschen.<br />
Die gesellschaftlichen und die forstwirtschaftlichen Anforderungen an den<br />
Schutz und die Nutzung des Waldes haben sich dabei stark verändert. Es ist<br />
heute Konsens, die Wälder als wichtige natürliche Ressource zu schützen<br />
und zu pflegen. Diesem Ziel dient die naturnahe Waldbewirtschaftung, bei der<br />
ökonomische, ökologische und soziale Kriterien miteinander verbunden
werden und somit für eine Balance zwischen Schutz und Nutzung der natürlichen<br />
Ressource Wald sorgen. Das Gleichgewicht zwischen Ökonomie und<br />
Ökologie schafft mehr Lebensqualität und steigert die Einkommensmöglichkeiten<br />
in diesem Bereich. So trägt es zu einer größeren Attraktivität der<br />
Region bei.<br />
Zu den allgemeinen Zielen einer nachhaltigen Forstwirtschaft zählt heute vor<br />
allem die langfristige Erhaltung und Entwicklung von ausreichend großen<br />
und zusammenhängenden Waldflächen. Dabei geht es darum, naturnahe, in<br />
Anlehnung an die Abläufe im Naturwald mehrschichtig und ungleichartig<br />
aufgebaute Wälder (Mischwälder) zu erhalten und zu entwickeln, die einen<br />
hohen Anteil an alten Bäumen sowie einen angemessenen Totholzanteil<br />
aufweisen. Hinzu kommen die Erhaltung seltener und gefährdeter Waldgesellschaften<br />
und ihrer Untereinheiten sowie der Verzicht auf Kahlschläge aus<br />
ökologischen und ökonomischen Gründen.<br />
In den regional verteilten Naturwaldzellen des Landes Nordrhein-Westfalen<br />
wird zudem die natürliche Entwicklung des Waldes veranschaulicht. Diese<br />
Naturwaldzellen wurden als Forschungsobjekte zur Beobachtung ungestörter<br />
Waldentwicklung in Beständen ausgeprägter Naturnähe – in denen keine<br />
Nutzung mehr erfolgt – eingerichtet. In der Region Köln/Bonn verteilen sie<br />
sich vor allem auf die Kulturlandschaften der Mittelrheinischen Pforte, des<br />
Bergischen Landes und der Ville.<br />
Betrachtet man die Nutzfunktion des Waldes, so steht die Produktion von Holz<br />
zur stofflichen Verwendung in der Säge-, Holzwerkstoff- und Papierindustrie<br />
weiterhin im Vordergrund. Sie wird jedoch zukünftig um neue Nutzungsformen<br />
erweitert, die einer Stärkung des Wirtschaftsfaktors Holz in der Region<br />
dienen werden – beispielsweise durch die Verwertung von Holz zur Energieerzeugung.<br />
Um die verschiedenen Schutz- und Nutzungsfunktionen des Waldes der Bevölkerung<br />
näherzubringen, hat es sich die Landesforstverwaltung gemeinsam<br />
mit Partnern zur Aufgabe gemacht, Informationsangebote zu Natur und<br />
Umwelt – insbesondere zum Thema Wald und Holz – anzubieten. Diese ermöglichen<br />
ein Heranführen der Menschen in der Region Köln/Bonn an das<br />
Thema Wald. In diesem Kontext stellt die Etablierung von Waldinformationszentren<br />
eine große Herausforderung dar. Darüber hinaus ist es ein wichtiges<br />
zukünftiges Handlungsfeld, die Nutzung des Waldes für Freizeit und Erholung<br />
weiterzuentwickeln und – wenn notwendig – sinnvoll zu lenken.<br />
Für die Region Köln/Bonn lässt sich aus den dargestellten Aufgaben und<br />
Herausforderungen eine Reihe von Qualitätszielen ableiten. Hervorzuheben<br />
sind die Erhaltung der vorhandenen Waldflächen, die Waldvermehrung auf<br />
landwirtschaftlich ertragsschwachen Standorten, die Erhaltung und Einrichtung<br />
von Waldnaturschutz- und Walderlebnisgebieten, die Schaffung von<br />
Angeboten zur waldbezogenen Umweltbildung, die Lenkung der Freizeitund<br />
Erholungsnutzung und selbstverständlich auch die Stärkung des Wirtschaftsfaktors<br />
Holz in der Region.<br />
Letztlich geht es bei allen Qualitätszielen zuvorderst darum, den Wald als<br />
wichtige natürliche Ressource im Sinne einer multifunktionalen Forst- und<br />
Landwirtschaft zu stärken. Dabei treten in den einzelnen Teilregionen unterschiedliche<br />
Schwerpunktthemen und Konflikte auf.<br />
Das Bergische Land: Die Offenheit erhalten<br />
Im Bergischen Land steht die Erhaltung der vorhandenen Waldflächen aus<br />
forstwirtschaftlicher Sicht im Vordergrund. Es bestehen seitens der Forstwirtschaft<br />
keine Bestrebungen zur weiteren Ausdehnung der Waldflächen<br />
– auch, um hier Konflikte mit der Landwirtschaft und dem Biotop- und Artenschutz<br />
zu vermeiden.<br />
Probleme können allerdings auftreten, wenn der Natur und Landschaft –<br />
beispielsweise aufgrund von starker Siedlungs- und Gewerbeentwicklung –<br />
weitere Flächen entzogen werden, für die an anderer Stelle ein Ausgleich<br />
geschaffen werden muss. Sollten in diesem Zusammenhang Ersatzaufforstungen<br />
erfolgen, so müssen sie so vorgenommen werden, dass das „Gesicht“<br />
der halboffenen Mittelgebirgslandschaft erhalten bleibt. Für die Aufforstungen<br />
sollten nur Flächen ausgewählt werden, die nicht aus landwirtschaftlicher<br />
Sicht oder aus Sicht des Biotop- und Artenschutzes offen gehalten werden<br />
müssen.<br />
85
86<br />
Um möglichst naturnahe Waldbestände zu erhalten und zu entwickeln, wird<br />
seitens der Forstwirtschaft vor allem im Bereich des Privatwaldes versucht,<br />
durch die Förderung von Laubwald eine zu hohe Verdichtung der ökonomisch<br />
ertragreicheren Fichtenbestände zu verhindern. Nur so kann das Ziel einer<br />
naturnahen Waldbewirtschaftung realisiert werden, ein zusätzlicher Aspekt<br />
ist dabei, den „typisch bergischen Charakter“ des Waldes zu bekräftigen,<br />
beispielsweise durch die Begünstigung von Laubbäumen im Waldrand von<br />
Nadelbaumbeständen.<br />
Vor allem im Bergischen Land – aber auch in anderen Teilregionen – spielen<br />
die Themen der energetischen Nutzung von Holz sowie der Umweltbildung<br />
und Waldinformation eine sehr wichtige Rolle. Neben dem Holzhackschnitzelheizwerk<br />
Lieberhausen sind weitere Modellprojekte zum Thema Bauen und<br />
energetische Nutzung von Holz bereits in Planung. Gleiches gilt für den<br />
Themenbereich Waldinformation. Beispielhaft seien hier das Holzhackschnitzelheizwerk<br />
in Emminghausen (Wermelskirchen) mit dem dazugehörigen<br />
Nahwärmenetz zur Versorgung von rund 60 Wohneinheiten, das Holzhackschnitzelheizwerk<br />
in Rösrath am Rand der Wahner Heide sowie das Waldinformationszentrum<br />
Forsthaus Steinhaus im Königsforst genannt.<br />
Die Landschaft von Börde und Ville: Vernetzung und Renaturierung<br />
In der Ville, wo in der Vergangenheit große Bereiche von Altwäldern für den<br />
Braunkohletagebau verloren gingen, stellt die Waldvermehrung über die<br />
Renaturierung der ehemaligen Braunkohleflächen ein wichtiges Thema dar.<br />
Dieses besitzt auch im Bereich der Börde Relevanz, vor allem dort, wo<br />
schlechtere und für die ackerbauliche Nutzung nicht so geeignete Böden<br />
vorzufinden sind. Interessant ist in diesem Zusammenhang das bundesweit<br />
beispielhafte Waldvermehrungsprogramm des <strong>Rhein</strong>-<strong>Erft</strong>-<strong>Kreis</strong>es, mit dessen<br />
Unterstützung in den Jahren 1993 bis 2005 insgesamt 92.000 neue Laubbäume<br />
und Sträucher gepflanzt wurden. So konnte eine Fläche von 184 Hektar<br />
aufgeforstet werden. Das Programm wird weiter fortgeführt.<br />
Ein zweites wichtiges Thema im Bereich Börde und Ville ist die Förderung<br />
des Waldes als vernetzendes Element. Um dabei mögliche Konflikte mit der<br />
Landwirtschaft zu vermeiden, sollte hier eine intensive Abstimmung stattfinden.<br />
Ziel der Maßnahme ist es, die vorhandenen Waldkorridore als vernetzende<br />
Elemente der Kulturlandschaft weiterzuentwickeln und eventuelle<br />
Lücken durch Aufforstung zu schließen.<br />
Der Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg: Druck durch Siedlung und Erholung<br />
Im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg ist der Wald einem sehr großen Druck durch<br />
die Ausdehnung der Siedlungsflächen und die Nutzung für Freizeit und<br />
Erholung ausgesetzt. Bezüglich der Siedlungsentwicklung geht es vor allem<br />
darum, ein immer tieferes Vordringen der Besiedlung in die Randbereiche<br />
des Waldes zu verhindern, um so das gerade in den Randbereichen sehr<br />
sensible Ökosystem des Waldes nicht weiter zu gefährden. Aus Sicht der<br />
Forstwirtschaft sollten die noch vorhandenen Pufferzonen zwischen Bebauung<br />
und Wald in jedem Falle erhalten werden, grundsätzlich darf kein<br />
Flächenverbrauch mehr erfolgen, der diese Zonen gefährdet.
Vor allem in den stadtnahen Wäldern um Köln und Bonn sorgt der Druck<br />
durch Freizeit und Naherholung für Nutzungskonflikte. Hier geht es darum,<br />
die verschiedenen Formen der Waldnutzung sinnvoll zu steuern und entsprechende<br />
Konzepte der Besucherlenkung zu entwickeln und umzusetzen.<br />
Dabei ist eine Verknüpfung mit Angeboten der Waldinformationen und des<br />
Walderlebnisses sinnvoll, um die Erholungssuchenden an die Thematik des<br />
Waldes heranzuführen.<br />
Vor allem in unmittelbarer Nähe wertvoller Kulturgüter geht es zudem darum,<br />
Sichtachsen auf die Bauwerke – beispielsweise in der barocken Schlösserlandschaft<br />
zwischen Köln und Bonn – freizuhalten und gegebenenfalls zu<br />
erweitern. Andererseits gelten einzelne Waldbereiche – zum Beispiel die alten<br />
Eichenbestände im Kottenforst sowie Teile des Königsforstes und der Wahner<br />
Heide – selbst als kulturhistorisches Erbe. Sie sind charakteristisch für das Erscheinungsbild<br />
der Landschaft und bedürfen bestimmter Schutzmechanismen.<br />
Das Thema Waldvermehrung spielt im Ballungsraum nur eine untergeordnete<br />
Rolle, da es hier kaum mehr Ausbreitungsmöglichkeiten für den Wald<br />
gibt. Diese finden sich allenfalls noch in den Auenbereichen der Flüsse.<br />
Für die Kulturlandschaft der Mittelrheinischen Pforte ist vor allem der Erhalt<br />
der Niederwaldwirtschaft als wichtiges Qualitätsziel zu nennen.<br />
Energie und Walderlebnis als Zukunftsthemen<br />
Wie am Beispiel der einzelnen Landschaftsräume bereits dargestellt, gibt es<br />
über die naturnahe Bewirtschaftung des Waldes und die herkömmlichen<br />
Nutzungsformen von Holz hinaus eine Reihe von zukunftsweisenden forstwirtschaftlichen<br />
Themen, die dazu beitragen, die Bedeutung des Wirtschaftsfaktors<br />
Holz in der Region zu stärken. Holz ist ein nachwachsender Rohstoff,<br />
der bei einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder langfristig genutzt<br />
werden kann. Um dies zu verdeutlichen, sollten Vertreterinnen und Vertreter<br />
aus Wirtschaft, Wissenschaft und Handwerk eingebunden werden und sich<br />
für die vermehrte Verwendung von Holz als Baustoff sowie zur energetischen<br />
Nutzung einsetzen. Darüber hinaus müssen auch die Bürgerinnen und<br />
Bürger der Region über die vielfältigen Möglichkeiten der Nutzung informiert<br />
und beraten werden: beispielsweise durch die Einrichtung von Holzkompetenzzentren<br />
oder verschiedene Angebote im Rahmen der Umweltbildung für<br />
Jung und Alt.<br />
Das Know-how zu derartigen Themen gilt es entsprechend zu kommunizieren.<br />
Aus forstwirtschaftlicher Sicht stellt die Öffentlichkeitsarbeit zum Thema<br />
Wald ein zentrales Anliegen dar. Wald muss erlebbarer werden, damit das<br />
Verständnis für Themen der Umweltbildung verbessert werden kann. Ein Beispiel<br />
ist die Einrichtung von Waldinformationszentren, die die Funktion des<br />
Waldes als Lebensstätte für eine vielfältige Flora und Fauna, als Lieferant für<br />
den umweltfreundlichen Naturstoff Holz sowie als Erholungs- und Ausgleichsraum<br />
für die Menschen in der Region verdeutlichen.<br />
87
Fachbeitrag Wasser – Qualität im Fluss<br />
Die Ausgangssituation: Die blau<strong>grün</strong>e Infrastruktur<br />
Dem Wasser kommt eine zentrale Bedeutung bei der Gestaltung von Landschaften<br />
und Siedlungsräumen zu. Aufgrund veränderter Nutzungsansprüche<br />
hat sich in vielen Industriegesellschaften die Bedeutung der Gewässer gewandelt.<br />
Stand in früherer Zeit die Nähe zum Wasser als Standortfaktor für<br />
Gewerbe und Industrie im Vordergrund, so können Bäche und Flüsse heute<br />
als wichtige Elemente einer nachhaltigen Stadt- und Regionalentwicklung<br />
begriffen werden. Sie bilden mit ihren Ufer- und Nahbereichen naturnahe<br />
Korridore in urbanen Räumen und spielen so eine große Rolle für Freizeit und<br />
Erholung. Die blau<strong>grün</strong>e Infrastruktur als „Rückgrat“ der Region Köln/Bonn<br />
stellt in diesem Sinne ein strukturierendes und identitätstiftendes Element dar.<br />
Wasser ist zugleich ein Querschnittsthema fast aller Arbeitsfelder und<br />
Räume der Region Köln/Bonn. Somit wird Wasser zu einem wesentlichen<br />
Bestandteil des Kulturlandschaftsnetzwerkes, denn es ist sowohl für Verkehr<br />
und Verkehrsinfrastruktur als auch als Ressource für Trink- und Mineralwasser,<br />
als Bewässerungs-, Kühl- und Prozesswasser, als Abwasser und als<br />
Vorfluter von abwassertechnischen Anlagen relevant. Hinzu kommen seine<br />
ökologische Bedeutung und seine landschaftsprägende Wirkung, die Nutzung<br />
für Erholung und Sport sowie der Einfluss auf das Lokal- und Regionalklima<br />
und auf die menschliche Gesundheit.<br />
Die Region Köln/Bonn weist eine außerordentliche Wasservielfalt und Differenziertheit<br />
mit zum Teil sehr unterschiedlichen Wasserrealitäten auf. Neben<br />
dem großlandschaftsprägenden <strong>Rhein</strong> umfasst sie fließgewässerarme Teilräume<br />
wie das Vorgebirge, die Ville und die Börde sowie fließgewässerreiche<br />
Teilräume wie das Bergische Land. Im Folgenden werden die wasserbezogenen<br />
Einheiten mit ihren Besonderheiten anhand der definierten Großlandschaften<br />
beschrieben und weiter untergliedert:<br />
Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg:<br />
Der <strong>Rhein</strong> mit Auenlandschaft und Terrassen<br />
Als „emotionale Achse“ der Region hat der <strong>Rhein</strong> eine herausragende Bedeutung.<br />
Er dient als Verkehrsweg, Industriestandort, Vorfluter zahlreicher<br />
Nebengewässer und abwassertechnischer Anlagen sowie als Hochflutbett mit<br />
Eindeichungen und Überflutungs- und Retentionsflächen. Darüber hinaus hat<br />
er eine enorme Anziehungskraft auf Erholungssuchende und Sporttreibende.<br />
Der Fluss ist eng mit dem oberen Grundwasserleiter der Niederterrassen verbunden,<br />
was zu einer hohen Grundwasserneubildung und einer intensiven<br />
wasserwirtschaftlichen Nutzung des Grundwassers führt. Außerhalb der<br />
Siedlungsbereiche sind im Bereich der Niederterrassen fast flächendeckend<br />
Wasserschutzzonen ausgewiesen. Dies schafft eine Konkurrenzsituation<br />
zwischen der Wasserwirtschaft und anderen Nutzungsansprüchen und wirkt<br />
dabei mancherorts als limitierender Faktor.<br />
Die rechts- und linksrheinischen Mittelterrassenleisten sind unter wasserbezogenen<br />
Gesichtspunkten sehr unterschiedlich ausgeprägt. Während rechtsrheinisch<br />
das Moorheidegebiet der Wahner Heide sowie die Unterläufe<br />
der Mittelgebirgsflüsse Wupper, Dhünn, Agger und Sieg das Landschaftsbild<br />
prägen, herrschen linksrheinisch im Übergang zu Börde und Ville im Löss<br />
versiegende Vorgebirgsbäche und Trockentäler vor.<br />
89
90<br />
Börde und Ville: Wasserknappheit und anthropogene Einflüsse<br />
Die Börde ist die niederschlagsärmste Region Nordrhein-Westfalens. Sie ist<br />
bereits heute von Wasserknappheit betroffen, die durch Import von Trinkwasser<br />
aus dem Rechtsrheinischen aufgefangen wird. Aufgrund der mächtigen<br />
Lössauflagen existiert zudem ein großer Flurabstand des Grundwassers,<br />
der durch die Sümpfungsmaßnahmen des im Nordwesten betriebenen Braunkohletagebaus<br />
noch vergrößert wird. Der Druck wirkt hier von zwei Seiten:<br />
von oben durch geringe Niederschlagsmengen, von unten durch die<br />
fortschreitende Absenkung des ohnehin niedrigen Grundwasserspiegels.<br />
Charakteristisch für die Landschaft von Börde und Ville sind ferner die tief<br />
in den Löss eingeschnittenen Nebenbäche der <strong>Erft</strong> sowie Trockentäler und<br />
Wasserburgen. Die Flussauen der <strong>Erft</strong> und der Swist werden intensiv landwirtschaftlich<br />
genutzt, wobei sowohl der Verlauf als auch der Wasserhaushalt<br />
der <strong>Erft</strong> erheblich durch den Braunkohletagebau beeinflusst werden.<br />
Derzeit sind unterhalb von Bergheim ungefähr 70 Prozent des <strong>Erft</strong>abflusses<br />
Sümpfungswässer des Braunkohletagebaus. Die Ville ist vor allem als<br />
rekultivierte Braunkohlefolgelandschaft (anthropogene Seenplatte) von<br />
Interesse. Sie wird vorwiegend für Freizeit und Erholung genutzt.<br />
Das Bergische Land: Historisch gewachsene Wasserlandschaften<br />
Völlig anders als im linksrheinischen Bereich von Börde und Ville gestaltet<br />
sich die Gewässersituation des Bergischen Landes. Die sehr niederschlagreiche<br />
Region wird von einem dichten und feingliedrigen (Quell-) Gewässernetz<br />
geprägt. Kennzeichnend für den Raum ist die historisch gewachsene<br />
gewerbliche Nutzung des Wassers und der Wasserkraft, die im Wesentlichen<br />
an den Wasserläufen angesiedelt ist. Es gibt in dieser Teilregion kaum<br />
nutzbare Grundwasservorkommen.<br />
Die zahlreichen Talsperren des Bergischen Landes prägen das Landschaftsbild<br />
– teilweise schon seit einem Jahrhundert – entscheidend. Während die<br />
Brauchwasser-Talsperren hauptsächlich der Regulierung der Wasserführung<br />
dienen und darüber hinaus mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten eine<br />
Attraktion für Freizeit und Erholung darstellen, sind die vier Trinkwasser-<br />
Talsperren ein wichtiges Reservoir für die Wasserversorgung der Region.<br />
Die Mittelrheinische Pforte: Die Quellen offen halten<br />
Historische Mineralquellen als Grundlage einer wasserbasierten Gesundheitslandschaft<br />
bilden die Besonderheit der Mittelrheinischen Pforte. Auf beiden<br />
Seiten des <strong>Rhein</strong>s werden diese Quellen nach wie vor offen gehalten, eine<br />
wirtschaftliche Nutzung findet jedoch nur noch im rechtsrheinischen<br />
Bad Honnef statt. Darüber hinaus ist die Landschaft vor allem von kleinen<br />
Bächen aus dem Kottenforst ins Bonner Stadtgebiet sowie mehreren Seen<br />
im Siebengebirge als – voll gelaufene – Relikte des Basaltabbaus gekennzeichnet.<br />
Die Herausforderung: Rechtliche und klimatische Aspekte<br />
Hinsichtlich der Bedeutung des Themas Wasser für die Region Köln/Bonn<br />
lassen sich zwei elementare Rahmenbedingungen festmachen:<br />
– die klimatische Entwicklung und ihre Auswirkungen auf die Niederschlagsmengen<br />
als natürliche Rahmenbedingung<br />
– die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) als rechtlicher Rahmen.<br />
Im Teilraum Börde und Ville herrscht eine relative Wasserknappheit. Dieses<br />
Problem wird sich in Zukunft noch verstärken, denn die Gesamtniederschlagsmenge<br />
in diesem Raum kann in den nächsten Jahren erheblich zurückgehen.<br />
Demgegenüber sieht der Trend im Bergischen Land so aus, dass<br />
die Niederschlagsmengen in dieser ohnehin wasserbegünstigten Teilregion<br />
voraussichtlich zunehmen werden. Der Unterschied der innerregionalen<br />
Wasserrealitäten wird demnach noch größer werden. Dies ist vor allem für die<br />
Landwirtschaft in der intensiv genutzten Bördelandschaft ein wichtiges<br />
Zukunftsthema, dem man sich frühzeitig mit entsprechenden Konzepten<br />
stellen sollte.<br />
Seit ihrem Inkrafttreten Ende des Jahres 2000 ist die EU-WRRL das Fundament<br />
der europäischen Gewässerschutzpolitik. Ende 2004 wurde die Bestandsaufnahme<br />
des Gewässerzustandes abgeschlossen, bis zum Jahr 2006<br />
erstreckt sich die Phase der Aufstellung von Monitoringprogrammen, bis<br />
2009 sind Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne für die einzelnen<br />
Fließgewässersysteme zu entwickeln. In der Region Köln/Bonn sind<br />
dies die Fließgewässersysteme von <strong>Rhein</strong>, <strong>Erft</strong>, Swist, Wupper, Dhünn, Sülz,<br />
Agger, Wiehl und Sieg. Für sie gilt grundsätzlich, bis 2015 je nach Vorgabe
eines der beiden Qualitätsziele, „guter ökologischer und guter chemischer<br />
Zustand“ (für natürliche Oberflächengewässer) oder „gutes ökologisches<br />
Potenzial und guter chemischer Zustand“ (für künstliche und als „erheblich<br />
verändert“ eingestufte natürliche Oberflächengewässer), einzuhalten bzw.<br />
zu erreichen. Das Grundwasser soll einen „guten mengenmäßigen Zustand“<br />
und einen „guten chemischen Zustand“ erreichen.<br />
Die naturnahe Entwicklung der Gewässer als Qualitätsziel<br />
Sowohl stehende als auch fließende Gewässer stellen in Vernetzung mit ihren<br />
Auen bzw. Randbereichen Lebensräume für viele Pflanzen- und Tierarten dar.<br />
Sie sind als natürliche Ökosysteme mit spezifischen Lebensgemeinschaften<br />
zu erhalten und zu entwickeln. Im Rahmen des Wanderfischprogrammes<br />
NRW wird in diesem Zusammenhang an der Wiederansiedlung des Lachses<br />
in nordrhein-westfälischen Gewässern (z.B. Sieg, Bröl und Wupper, Dhünn)<br />
gearbeitet.<br />
Die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie ist ein wichtiger<br />
Schritt in diese Richtung, da sie die ökologische Durchgängigkeit explizit als<br />
hydromorphologische Qualitätskomponente für Fließgewässer benennt.<br />
Gerade in Ballungsräumen sollte die naturnahe Gewässer- und Gewässerrandentwicklung<br />
gefördert werden, um ein Naturerleben möglich zu machen.<br />
Die Gewässernutzung zu Freizeit- und Erholungszwecken sollte stets im Einklang<br />
mit den Ansprüchen einer intakten Natur erfolgen. So sollten neben<br />
Erlebnisräumen für den Menschen (Wassersportmöglichkeiten, Wanderwege<br />
entlang der Ufer) auch Rückzugs- und Entwicklungsräume für die Natur<br />
gesichert werden.<br />
Die nachhaltige Nutzung der Ressource Wasser als Qualitätsziel<br />
Für unterschiedliche Nutzungen und Funktionen von Wasser und Gewässern<br />
bestehen ganz allgemein unterschiedliche Quantitäts- und Qualitätsansprüche.<br />
Die Überlagerung verschiedener Nutzungen und Funktionen ist dabei<br />
bisweilen problemlos, in anderen Fällen jedoch problematisch oder sogar<br />
unmöglich. Das bedeutet, dass die verschiedenen Nutzungsformen und<br />
Funktionen entsprechend ihrer Qualitätsansprüche räumlich und zeitlich abgestimmt<br />
werden müssen. Die nachhaltige Nutzung der Ressource Wasser<br />
dient dem Ziel, Wasser für alle gewünschten Nutzungsformen und Funktionen<br />
in ausreichender Qualität und Quantität zu erhalten. Die EU-WRRL<br />
gibt hierzu einen guten ersten Ordnungsrahmen, sie berücksichtigt jedoch<br />
hygienisch-mikrobiologische Qualitätsansprüche nicht angemessen.<br />
91
92<br />
Darüber hinaus birgt sie Konfliktpotenzial im Hinblick auf die Vereinbarkeit<br />
mit den Zielen des Denkmal- und Kulturlandschaftsschutzes. Ein Beispiel<br />
hierfür ist die Situation in Teilen des Bergischen Landes. Hier steht die Erfüllung<br />
der Ziele und Vorgaben der EU-WRRL im Gegensatz zu den Interessen<br />
des Denkmal- und Kulturlandschaftsschutzes, beispielsweise wenn es um die<br />
Sicherung von historischen, an Fließgewässern bestehenden, wasserbaulichen<br />
Kulturgütern geht. Die Qualitätsziele des Masterplans können dabei<br />
einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Konflikte leisten, indem unter wechselseitiger<br />
Wahrnehmung der verschiedenen Interessenslagen frühzeitig ein<br />
für beide Seiten akzeptabler Ausgleich angeregt wird.<br />
Ein weiterer Konflikt in Bezug zur EU-WRRL könnte an der <strong>Erft</strong> auftreten.<br />
Der Bestandsaufnahme des Gewässerzustands zufolge ist die <strong>Erft</strong> in weiten<br />
Teilen als „erheblich verändert“ und stellenweise als „künstlich“ einzustufen.<br />
Man müsste ihren Abfluss reduzieren, um sie wieder einer natürlichen Entwicklung<br />
zuzuführen. Solange aber noch Sümpfungswässer des Braunkohletagebaus<br />
abgepumpt werden, müssten dann alternative wasserwirtschaftliche<br />
Konzepte entwickelt werden. Auch hier geht es darum, unter Abwägung<br />
der Interessenslagen eine für die zukünftige Entwicklung geeignete und langfristig<br />
sinnvolle Lösung zu finden.<br />
Die regionale Vielfalt der wasserbasierten Identitäten als Qualitätsziel<br />
Um den sehr unterschiedlichen Erscheinungsformen des Wassers in der<br />
Region Köln/Bonn gerecht zu werden und seine prägende Wirkung auf Siedlungs-<br />
und Freiräume zu bewahren und zu optimieren, sollte die regionale Vielfalt<br />
der wasserbasierten Identitäten als Qualitätsziel festgeschrieben werden.<br />
Das heißt, dass sowohl die natürlichen als auch die anthropogenen Formen<br />
des Wasservorkommens in exemplarischen Projekten geschützt, entwickelt<br />
und verdeutlicht werden müssen. Dabei kann und sollte Wasser auch<br />
zukünftig für die Region Köln/Bonn als das verbindende Landschaftselement<br />
herausgearbeitet werden. Dies wird allerdings nicht ohne die Bewältigung<br />
von Konflikten möglich sein. So stellt beispielsweise die Wasserwirtschaft<br />
des Braunkohletagebaus die Region vor gewaltige Aufgaben, deren Lösung<br />
von überragender Bedeutung für den gesamten linksrheinischen Teilraum<br />
der Region Köln/Bonn sein wird. Wasserbaulich und ökologisch besteht hier<br />
großer Handlungsbedarf. Zugleich bietet dies aber auch die Chance einer<br />
umfangreichen Umgestaltung des Wassermanagements. Das Beispiel der <strong>Erft</strong><br />
ist nur eines von vielen in diesem Kontext.<br />
Eine weitere Besonderheit im Rahmen der regionalen Vielfalt wasserbasierter<br />
Identitäten ist die Wasserknappheit in großen Bereichen der Börde – umso<br />
mehr, da hier intensive Landwirtschaft betrieben wird. Geht man davon aus,<br />
dass sich die Klimaprognosen der Experten bewahrheiten, so kann dies beispielsweise<br />
für die südliche Zülpicher Börde einschneidende Konsequenzen<br />
haben. Die dort angebauten Sonderkulturen bedürfen einer ständigen<br />
Bewässerung, die dann einen noch höheren Wasserimport benötigen würde.<br />
Hier sollte eine der Knappheit angemessene Wasserkultur entwickelt werden,<br />
die sowohl die Aspekte Kommunikation und Bewusstseinsbildung bei<br />
den Akteuren und in der Bevölkerung als auch die vorsorgende Entwicklung<br />
innovativer Konzepte für alle Bereiche der Wasserwirtschaft umfasst.
Wasser-Wissen und Wasser-Bewusstsein als Qualitätsziel<br />
Das Wissen um und das Bewusstsein für Wasser-Themen spielt in der Region<br />
Köln/Bonn eine zentrale Rolle – sei es beispielsweise der Hochwasserschutz<br />
im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg, die Möglichkeiten der regenerativen Energieerzeugung<br />
durch Wasserkraft, die natürliche Niederschlags- und damit<br />
Wasserknappheit in Teilen des <strong>Rhein</strong>-<strong>Erft</strong>-<strong>Kreis</strong>es oder die Situation der Talsperren<br />
und Fließgewässer mit ihrem Einfluss auf die Landschaftsgestaltung<br />
im Bergischen Land. Es ist daher ein Qualitätsziel, regionales Wasser-<br />
Wissen zu bündeln und den Menschen in der Region verfügbar zu machen.<br />
„Wasser erleben“ als Qualitätsziel<br />
Über die intellektuelle Vermittlung von Wasser-Wissen und Wasser-Bewusstsein<br />
hinaus muss es vor allem darum gehen, Wasser in der Region erlebbar<br />
zu machen. Das Potenzial reicht diesbezüglich von einer aktiven Nutzung<br />
durch verschiedene Formen des Wassersports bis zum Landschaftserlebnis<br />
rund ums Wasser und dem Zugang zum Wasser im städtischen Bereich.<br />
Dabei sind allerdings verschiedene Prinzipien zu beachten, um Konflikte mit<br />
dem Naturschutz sowie anderen Nutzungsformen und der Sicherung von<br />
Freiräumen zu vermeiden. Ein wesentlicher Aspekt ist die Bündelung der<br />
Freizeitnutzungen im Sinne der Umweltvorschriften, um gleichzeitig Bereiche<br />
für eine weitgehend ungestörte natürliche Entwicklung zu schaffen bzw. zu<br />
erhalten. Hier sollte es darum gehen, angepasste und erlebnisorientierte<br />
Angebote unter Berücksichtigung der Maßgaben der EU-WRRL zu erarbeiten.<br />
Besonders deutlich wird der Konflikt zwischen Wassernutzung und Umwelt<br />
im Bereich der Trinkwassertalsperren des Bergischen Landes. Im unmittelbaren<br />
Umfeld der Talsperren dürfen nur Nutzungen erlaubt werden, die<br />
entsprechende Schutzzonen einhalten und einen behutsamen Umgang mit<br />
sensiblen ökologischen Bereichen gewährleisten.<br />
Im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg hingegen stellt sich ein ganz anderes Problem:<br />
Hier darf der erlebnisorientierte Zugang zum Fluss nicht mit einer weiteren<br />
„Verkrustung“ der Flussufer einhergehen. Flächen in unmittelbarer Nähe des<br />
Wassers sollten als Freiräume erhalten bleiben und weiterentwickelt werden,<br />
damit ihre Korridorfunktion gesichert ist. Auch das Sichtbarmachen von<br />
Wasserwegen durch die Freilegung von Gewässern ist hier ein wichtiges<br />
Qualitätsziel.<br />
93
94<br />
Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege –<br />
Lebensräume sichern und verbinden<br />
Das Ziel von Naturschutz und Landschaftspflege in der Region Köln/Bonn ist<br />
die Pflege der naturräumlichen Differenzierung der Landschaften und der<br />
Erhalt und die Verbesserung der Biodiversität. Zentrales Anliegen ist dabei die<br />
Sicherung und Entwicklung der vorhandenen Schutzgebiete. Auch wenn<br />
es zum Schutz sensibler Arten nicht ohne größere Tabuzonen funktionieren<br />
wird, geht es keineswegs darum, Zäune zu errichten, um die Natur zu<br />
schützen, sondern vielmehr darum, Zäune überwinden zu helfen. Einerseits<br />
müssen dazu der Naturschutz und die Landschaftspflege in allen Gebieten<br />
verankert werden – auch in den intensiv genutzten Kulturlandschaften<br />
außerhalb der Schutzgebiete. Andererseits sollte die Vernetzung aller Akteure<br />
ausgebaut werden, um gemeinsame Lösungen für eine langfristige Sicherung<br />
des Naturerbes zu finden.<br />
Ein wirkungsvoller Naturschutz bezieht alle Wirtschaftsbereiche mit ein: die<br />
Wasser- und Forstwirtschaft, die Landwirtschaft, den Tourismus, den Städtebau<br />
und die Energiewirtschaft. Daher ist es notwendig, in einem kooperativen<br />
Prozess mit den Akteuren Ziele zu definieren und Handlungsspielräume<br />
bzw. -grenzen festzulegen. Der ,<strong>masterplan</strong>: <strong>grün</strong>’ bietet die Chance, einen<br />
solchen Dialog anzustoßen und zu moderieren.<br />
Vernetzung der Biotope vorantreiben<br />
Die zunehmende Verinselung von Lebensräumen inmitten intensiv genutzter<br />
und zerschnittener Landschaften hat die Sicherung von bedrohten Lebensräumen<br />
im funktionalen räumlichen Verbund zu einer der wichtigsten Aufgaben<br />
des Naturschutzes gemacht. Großflächige, zusammenhängende Kernflächen<br />
sind als Refugial- und Ausbreitungszentren zu sichern und durch<br />
Verbindungsachsen mit gleichzeitiger Habitatfunktion zu schützen. Alle<br />
wichtigen Biotopkomplexe der Region Köln/Bonn sind in direkt und indirekt<br />
zusammenhängenden großen Gebieten zu schützen und groß- und kleinräumig<br />
aufeinander zu beziehen, um den Lebensraumansprüchen von Tierund<br />
Pflanzenpopulationen und Lebensgemeinschaften gerecht zu werden<br />
und Störungen zu vermeiden.<br />
Das Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn aus den wertvollen<br />
Kulturlandschaftsbereichen, den verbindenden Auen-, Wald- und Freiraumkorridoren<br />
und den eingewobenen Freiland- bzw. Gewässernetzen (siehe<br />
dazu Seite 35ff.) deckt die in der Umsetzung befindlichen oder geplanten<br />
groß- und kleinräumigen Biotop-Verbundsysteme nahezu vollständig ab.<br />
Die großräumigen Systeme bilden das Netz der europäischen Schutzgebiete<br />
nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) bzw. den landesweiten<br />
Biotopverbund in der Region ab.<br />
Für die Region Köln/Bonn stehen die kleinräumigen ökologischen Systeme<br />
im Vordergrund. Sie stellen aus den zuvor genannten Systemen abgeleitet<br />
regionale Biotop-Verbundsysteme im Gewässernetz des Bergischen Landes,<br />
auf den <strong>Rhein</strong>terrassen im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg und in den Ackerlandschaften<br />
der Börde. Diese drei Biotop-Verbundsysteme unterscheiden sich<br />
im Landschaftsbild, ihrer Tier- und Pflanzenwelt und den möglichen Maßnahmen<br />
zur Verbesserung der Biodiversität stark voneinander. Das ist gewollt,<br />
um die Unterschiede der Landschaften bewusst zu machen, zu bewahren
und zu entwickeln. Dazu ist es notwendig, die charakteristischen Eigenarten<br />
einer jeden Landschaft zu bewahren – wie zum Beispiel spezielle, nur in diesem<br />
Biotopverbund anzutreffende Lebensformen.<br />
Die Europäische Union hat in der FFH-Richtlinie festgelegt, dass europäisch<br />
bedeutsame Naturschutzgebiete in einem kohärenten Netz ausgewiesen<br />
werden müssen. Die Umsetzung dieser Richtlinie ist in Nordrhein-Westfalen<br />
weit fortgeschritten. Dabei ist wichtig: Nahezu alle FFH- und Vogelschutzgebiete<br />
liegen im Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn. Die großflächigen<br />
Schutzgebiete von europäischer Bedeutung befinden sich entweder<br />
in den wertvollen Kulturlandschaften oder in den verbindenden Auen- bzw.<br />
Waldkorridoren.<br />
Die wertvollen Kulturlandschaften Wahner Heide – Königsforst – Siegmündung,<br />
Siebengebirge – Pleiser Ländchen und Kottenforst – Drachenfelser<br />
Ländchen können aufgrund der Reichhaltigkeit insbesondere an gefährdeten<br />
und seltenen Tier- und Pflanzenarten in den bestehenden großflächigen<br />
Naturschutzgebieten sogar als regionale Biodiversitätszentren bezeichnet<br />
werden. Solche Artenzentren sind Gebiete mit herausragender Bedeutung<br />
für den Schutz der Vielfalt europäischer Tier- und Pflanzenarten. Zukünftig<br />
werden die weltweiten Bestrebungen der UNO zur Sicherung der Biodiversität<br />
nicht nur in derartigen Zentren national und regional verwirklicht. Vielmehr<br />
wird man außerhalb der Schutzgebiete Hand in Hand mit den Nutzern<br />
arbeiten, um sich zum Beispiel gemeinsam mit den Landwirten der Erhaltung<br />
und Entwicklung der Agrobiodiversität zuzuwenden. Auch der Aufbau eines<br />
landesweiten, im Landesentwicklungsplan festgeschriebenen Biotopverbundes<br />
mit zusätzlichen schützenswerten Flächen ist weit gediehen. Die Gebiete<br />
spiegeln sich ebenfalls nahezu vollständig im Kulturlandschaftsnetzwerk der<br />
Region Köln/Bonn.<br />
Bergisches Land: Fließgewässer und Inselbiotope<br />
Das Netzwerk der Kulturlandschaften der Region Köln/Bonn deckt vor allem<br />
mit seinen Auenkorridoren und den Gewässernetzen den regionalen Biotopverbund<br />
im Bergischen Land ab. Er umfasst nahezu vollständig die Fließgewässersysteme<br />
der Wupper, Dhünn, Sülz, Agger, Wiehl, Sieg und des Wahnbaches.<br />
Hinzu kommen isoliert liegende Inselbiotope der Natur- sowie der<br />
alten Kulturlandschaften, die in den wertvollen Kulturlandschaften Dhünn –<br />
Altenberg, Heckberger Wald – Leppetal und Nutscheid – Leuscheid liegen<br />
und größtenteils bereits als Naturschutzgebiete ausgewiesen sind.<br />
Es wird angeregt, den vollständigen Aufbau dieses regionalen Biotopverbundes<br />
mit der Erarbeitung der Gewässerpläne nach der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie<br />
zu verbinden. Durch die Wiederherstellung der Flussauen,<br />
beispielsweise an der Wupper und der Dhünn mit deren Nebenflüssen, wird<br />
ohne eine Ausweisung weiterer Schutzgebiete einerseits eine räumliche Vernetzung<br />
in einer durch Siedlungs- und Industrienutzung zerschnittenen Landschaft<br />
hergestellt. Andererseits kann durch die Erhaltung und Förderung<br />
der umliegenden Wiesen und Weiden des Bergischen Landes – zum Beispiel<br />
für die Milchviehwirtschaft – eine räumliche Vernetzung mit den Gewässernetzen<br />
hergestellt werden, die für den Biotopverbund dieses Teilraumes<br />
charakteristisch ist.<br />
Dieser regionale Biotopverbund ist zudem von großer Bedeutung für die nachhaltige<br />
Sicherung der Wanderfische in Wupper, Dhünn, Agger, Sülz und Sieg,<br />
einschließlich des Programms zur Wiedereinbürgerung des Lachses, das<br />
von nationaler und internationaler Bedeutung ist. Dabei ist zu beachten, dass<br />
die Maßnahmen wie die der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie nicht zu<br />
Renaturierungen führen, die das Kulturerbe gefährden oder Freizeit- und<br />
Erholungsnutzung deutlich einengen.<br />
Besonders an der Dhünn und an der Wupper treffen die Anliegen des Naturschutzes<br />
mit denen der Freizeit- und der Wasserwirtschaft aufeinander.<br />
Der Wupper- und der Aggerverband kooperieren bereits intensiv mit Behörden<br />
und Naturschützern. Neben die räumliche Vernetzung ist hier also eine<br />
Vernetzung der Akteure getreten, die das gemeinsame Ziel verbindet, die<br />
unterschiedlichen Nutzungsansprüche mit der Pflege und Entwicklung der<br />
Kulturlandschaften und dem Schutz des Naturerbes in Einklang zu bringen.<br />
Diese Art der doppelten Vernetzung entspricht einem Kerngedanken des<br />
Kulturlandschaftsnetzwerkes.<br />
Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg: <strong>Rhein</strong>auen und Freiraumsicherung<br />
Der Biotopverbund auf den <strong>Rhein</strong>terrassen verbindet wertvolle Lebensräume<br />
in den Überflutungsbereichen der <strong>Rhein</strong>aue mit charakteristischen Flächen<br />
und Landschaftsstrukturen der Nieder- und Mittelterrassen des <strong>Rhein</strong>s.<br />
95
96<br />
Ein Beispiel sind die <strong>Rhein</strong>gummen, ehemalige <strong>Rhein</strong>arme, die heute noch als<br />
Dellen mit zum Teil abweichendem Bewuchs in der Landschaft auszumachen<br />
sind. Solche landschaftstypischen Strukturen und Flächen sind beispielsweise<br />
im Raum von Bornheim bereits miteinander vernetzt worden.<br />
Einen geschlossenen Biotopverbund auf den <strong>Rhein</strong>terrassen wird man in<br />
dieser dicht besiedelten und durch Ackerbau bzw. Obst- und Gemüseanbau<br />
geprägten Kulturlandschaft über ein Schutzgebietsnetz nicht aufbauen können.<br />
Erst mit der Sicherung der im Kulturlandschaftsnetzwerk dargestellten<br />
Freiraumkorridore zwischen Köln und Bonn und deren Verknüpfung mit den<br />
Freiraumnetzen der Städte Köln und Bonn wird eine wichtige Grundstruktur<br />
für den regionalen Biotopverbund gelegt. So kann es auch gelingen,<br />
das innerstädtische Grünnetz der Stadt Köln mit dem Umland zu verbinden.<br />
Eine Freiraumsicherung für den charakteristischen Aufbau des regionalen<br />
Biotopverbundes <strong>Rhein</strong>terrassen bedeutet zugleich aber auch die Erhaltung<br />
von Acker-, Obst- und Gemüseflächen. Die <strong>Rhein</strong>terrassen unterliegen seit<br />
Jahrhunderten einer intensiven Nutzung durch den Menschen. Daher ist es<br />
gerade dort notwendig, charakteristische Landschaftselemente zu sichern, die<br />
die sehr speziellen Wechselbeziehungen zwischen Wasser, Natur und Mensch<br />
bezeugen. Dabei sollte es gelingen, nicht bewirtschaftete Agrarsäume wie<br />
Feldraine, Wegränder, Hecken und Brachestreifen mit schwach bewirtschafteten<br />
Flächen wie Blüh- oder Ackerrandstreifen zu vernetzen. Teil dieses Agrarnetzwerk<br />
sollten auch die landwirtschaftlichen Betriebe mit ihren Hofein<strong>grün</strong>ungen<br />
und Gärten sein.<br />
Die Börde: Naturschutz in der Ackerlandschaft<br />
Der dritte regionale Biotopverbund wendet sich einem völlig anderen Lebensraum<br />
zu: der Bördelandschaft. Dieses Thema ist neu und ganz anders gelagert<br />
als beispielsweise der Schutz naturnaher Wälder oder Flussauen. Das Kulturlandschaftsnetzwerk<br />
gibt dem Biotopverbund hier lediglich Anknüpfungspunkte<br />
mit der wertvollen Kulturlandschaft Börde, dem Auenkorridor der <strong>Erft</strong> und dem<br />
Gewässernetz der <strong>Erft</strong>. Ein Biotopverbund in einer großflächigen Ackerlandschaft<br />
kann über die Ausweisung von Schutzgebieten nicht aufgebaut werden.<br />
Die Frage, die sich in diesem Kontext stellt, ist, mit welchen Strukturen und<br />
Elementen eines Biotopverbundes sich die Agrobiodiversität in einer begünstigten<br />
Lösslandschaft neben einer nachhaltigen Nutzung der kostbaren<br />
Böden entwickeln lässt. Ergänzend zu den Bachtälern, Brachflächen und<br />
Dorfein<strong>grün</strong>ungen der Börde kommt dabei den Saumbiotopen wie Hecken,<br />
Gehölzreihen, Feldrainen, Ackerstreifen, Blühstreifen und Wegrändern eine<br />
besondere Bedeutung zu. Diese Säume und Randlinien erfüllen vor allem<br />
eine Funktion als Rückzugsraum für Tiere und Pflanzen der Agrarlandschaft.<br />
Es ist zu prüfen, ob die Verzahnung von ökonomischen und ökologischen<br />
Leistungen im Rahmen der anstehenden europäischen Agrarreformen für den<br />
Aufbau des regionalen Biotopverbundes genutzt werden kann. Auch die<br />
kulturgeschichtlich bedeutsamen Landschaftselemente können in dem regionalen<br />
Biotopverbund eine ökologische Wirkung entfalten. Das gilt zum Beispiel<br />
für viele Randbereiche der fränkischen Vierkanthöfe und alte Hohlwege<br />
sowie insbesondere für die Trassen und die Randbereiche der alten römischen<br />
Straßen, zum Beispiel derjenigen zwischen Köln und Zülpich. Wenn es gelingt,<br />
diese Straße mit ihren begleitenden Räumen erlebbar zu machen und<br />
mit dem Naturerbe des Teilraumes in Verbindung zu bringen, kann das zu<br />
einer Aufwertung der ganzen Region führen.<br />
Die Akteursvernetzung zum Schutz<br />
sensibler Bereiche als Qualitätsziel<br />
Während die Ausweisung von Naturschutzgebieten als gesetzlicher Auftrag<br />
bereits weit fortgeschritten ist, bestehen noch Lücken bei der Pflege und<br />
Entwicklung der Gebiete. Für alle Naturschutzgebiete sind Maßnahmepläne<br />
zu erstellen, um den Wert der Gebiete angesichts eines zunehmenden<br />
Nutzungsdruckes zu erhalten und zu verbessern. Das setzt eine Kooperation<br />
aller Betroffenen voraus.
Eine derartige Akteursvernetzung dient dem Austausch von Informationen<br />
und Ideen, sowie der Koordination von Maßnahmen. Darüber hinaus kann sie<br />
auch bei der Beschaffung von Mitteln hilfreich sein. Sie spiegelt dabei einen<br />
demokratischen Planungsansatz wider: Naturschutz wird nicht „von oben“<br />
verordnet, sondern gemeinsam von allen Betroffenen in deren Sinn verwirklicht.<br />
Dieser Ansatz wird im Rahmen des Kulturlandschaftsnetzwerkes<br />
gefördert, denn nur so kann langfristig der Erhalt des Naturerbes und der<br />
Kulturlandschaften gesichert werden.<br />
Insbesondere die Pflege und Entwicklung der Großnaturschutzgebiete im<br />
Umfeld der Städte Köln und Bonn – beispielsweise Wahner Heide, Königsforst,<br />
Siegmündung, Siebengebirge und Kottenforst – setzt eine enge Zusammenarbeit<br />
des amtlichen und ehrenamtlichen Naturschutzes mit Waldbesitzern,<br />
Wirtschaftsunternehmen, Verkehrsträgern, Freizeitverbänden und<br />
anderen voraus. Gefragt sind beispielsweise Kooperationsmodelle, die<br />
geeignet sind, um die großen Besucherströme aus dem Ballungsraum zu<br />
lenken. Dies ist notwendig, da eine weitere Steigerung der Verkehrs- und<br />
Besucherströme die empfindliche Biodiversität dieser Schutzgebiete bedroht.<br />
Um einvernehmliche Lösungen zu finden, die den Erhalt und die nachhaltige<br />
Nutzung zum Beispiel von Siegmündung, Kottenforst oder Wahner Heide<br />
sicherstellen, ist unter anderem die Realisierung von neuen Akteursmodellen<br />
denkbar.<br />
Erste Beispiele dieser Art gibt es: So funktioniert die Kooperation zwischen<br />
Naturschutzverbänden und -behörden mit einem Unternehmen – hier dem<br />
Wupperverband – in der Dhünn-Aue bereits sehr gut. Die Akteursvernetzung<br />
führt gleichzeitig zu einer räumlichen Vernetzung der Auensysteme und<br />
damit zum Aufbau eines Kulturlandschaftskorridors. Die Frage ist, inwieweit<br />
sich solche Modelle auch auf andere sensible Gebiete der Region Köln/Bonn<br />
übertragen lassen.<br />
Eine Akteursvernetzung ist im Übrigen auch außerhalb der Großschutzgebiete<br />
wünschenswert. Dazu bieten sich vor allem Naturschutzthemen an, die weit<br />
reichende Überschneidungen zu anderen Bereichen aufweisen, beispielsweise<br />
zum Schutz des Wassers und des Waldes.<br />
97
98<br />
Fachbeitrag Kulturlandschaft und kulturelles Erbe –<br />
Die Grundlage regionaler Identität<br />
Vielfalt statt Vereinheitlichung<br />
Die Bewahrung des kulturellen Erbes ist als Beitrag zur nachhaltigen Sicherung<br />
regionaler Identität zu verstehen. Dabei steuern kulturlandschaftliche<br />
Qualitätsziele einer großflächigen Nivellierung von Landschaften entgegen.<br />
Idealerweise verhindern werterhaltende Nutzungen bestehender Strukturen<br />
die heute erkennbaren Vereinheitlichungstendenzen. Dies entspricht einem<br />
Kerngedanken des Kulturlandschaftsnetzwerkes.<br />
Viele die Kulturlandschaft prägende Elemente und Strukturen sind auf eine<br />
kontinuierliche Nutzung angewiesen, da nur so ihr Erhalt und ihre Pflege<br />
sichergestellt werden können. In diesem Kontext müssen staatliche Fördermöglichkeiten<br />
ausgeschöpft werden. Zudem ist eine qualifizierte fachliche<br />
Begleitung notwendig. Die Nutzung der Kulturlandschaft kommt über die<br />
Bedeutung für deren Erhalt und Pflege hinaus auch der Wertschöpfung zugute,<br />
beispielsweise durch den Tourismus oder die Gewinnung von Wasserkraft<br />
durch Mühlen.<br />
Für eine kulturlandschaftsbezogene und denkmalschutzverträgliche bauliche<br />
Entwicklung ist zudem eine stärkere Sensibilisierung sowohl der Bevölkerung<br />
als auch der handelnden Architekten, Baufachleute und Behörden notwendig.<br />
Es muss ein breit gefächertes Informations- und Bildungsangebot<br />
geschaffen werden, das die regionale Identifikation fördert, Heimat stiftend<br />
wirkt und bereits Kinder einbezieht. Die Vermittlung kulturlandschaftlicher<br />
Prozesse ist ein wichtiger Bildungsauftrag, der wiederum mit der kulturellen<br />
Wertschöpfung einhergehen kann. Durch Musealisierung, Rekonstruktionen<br />
und Erläuterungen vor Ort werden neben der Erlebniswirkung auch neue<br />
Werte und touristische Anziehungspunkte geschaffen. Eine zeitgemäße,<br />
konservierende Präsentation sollte die Ausnahme bleiben, sie ist jedoch im<br />
Einzelfall ein geeignetes Mittel, um kulturlandschaftliche Inhalte erfahrbar<br />
zu machen. Für die Umsetzung wird ein umfassendes Informationskonzept<br />
auf verschiedenen Ebenen empfohlen.<br />
Hierin sind die Schulen und Hochschulen ebenso wie regionale Multiplikatoren<br />
und Initiativen – zum Beispiel der <strong>Rhein</strong>ische Verein für Denkmalpflege<br />
und Landschaftsschutz, die Heimatvereine und die Geschichtswerkstätten –<br />
zu integrieren. Sie tragen erheblich zur regionalen Identitätsfindung bei.<br />
Nach der kulturlandschaftlichen Information ist die Förderung der Identität<br />
in ihren regionaltypischen Ausprägungen eine zentrale Handlungsempfehlung.<br />
Daher sollte der staatliche Denkmalschutz mit ehrenamtlichen Aktivitäten<br />
eng verbunden und in thematischen Schwerpunkten vermittelt werden.<br />
Innerhalb der Region Köln/Bonn bildet der <strong>Rhein</strong> das auffälligste naturräumliche<br />
Element mit sehr hohem Identitätswert. Er hatte und hat in der kulturlandschaftlichen<br />
Entwicklung dieses Raumes eine zentrale Bedeutung.<br />
Darüber hinaus ist die assoziative Bedeutung des <strong>Rhein</strong>s für die einheimische<br />
Bevölkerung und die Touristen seit der Romantik sehr hoch. Daraus leitet<br />
sich die Empfehlung ab, bei regionalen Maßnahmen den <strong>Rhein</strong> als verbindenden<br />
und Brücken schlagenden Imageträger zu verstehen.<br />
Börde und Ville:<br />
Silhouetten einer weiträumigen Landschaft bewahren<br />
In der rheinischen Börde sind viele kulturlandschaftliche Strukturen in weiträumige<br />
Blickbeziehungen eingebettet. Ein übergeordnetes Qualitätsziel<br />
ist es daher, landschaftliche Silhouetten von Siedlungen, Einzelgehöften und
kleinen Wäldern zu erhalten. Die fruchtbaren Lössböden der Börde boten<br />
günstige Voraussetzungen für die früheste kontinuierliche Besiedlung. Auch<br />
in späteren Phasen, besonders in der Römerzeit, blieb der ackerbauliche<br />
Gunstfaktor eine Dominante in einem nunmehr fast waldleeren Raum. Die<br />
Erhaltung der Agrarnutzung auf den nicht durch Rekultivierung entstandenen<br />
Ackerstandorten ist somit ein zentrales kulturlandschaftliches Qualitätsziel.<br />
Darüber hinaus sind die noch vorhandenen und den Raum strukturierenden<br />
Elemente wie historische Wege, kleine und größere Waldflächen, historisch<br />
belegte Einzelhöfe und Kleinsiedlungen sowie Bahntrassen mit ihrem typischen<br />
Inventar an Gehölzen als Elemente der historischen Kulturlandschaft<br />
zu erhalten. Sie sind in hohem Maß identitätstiftend und wirken einer<br />
weiteren Nivellierung der Landschaft entgegen. Besonderes Augenmerk verdienen<br />
historische Wegbeziehungen: Vor allem die Römerstraßen bilden<br />
einen hervorragenden Ansatz, um Geschichte in der Landschaft erfahrbar<br />
zu machen und historisch gewachsene Beziehungen vor Augen zu führen.<br />
Die noch vorhandenen und nicht für Siedlungszwecke beanspruchten Talund<br />
Auenbereiche sind auch weiterhin von Bebauung freizuhalten. Sie stellen<br />
die wesentlichen linearen Verbindungselemente in der Kulturlandschaft dar<br />
und besitzen als Archive der Natur- und Kulturlandschaftsentwicklung eine<br />
außerordentliche Bedeutung. Für die Landschaft von Börde und Ville lassen<br />
sich auf dieser Basis folgende Qualitätsziele ableiten:<br />
– Erhalt der charakteristischen landschaftlichen Silhouetten und<br />
das Erlebbarmachen durch Schneisen und geeignete Aussichtspunkte<br />
– Erhalt der Ackerbautradition<br />
– Erhalt der noch vorhandenen historischen Kulturlandschaftselemente<br />
– Hervorhebung historischer Wegebeziehungen wie der römischen<br />
Heerstraßen und der „Breiten Allee“ zwischen dem Kottenforst und der<br />
Waldville, den Hauptjagdschneisen und Querverbindungen<br />
– Erhalt und Pflege der Schlösser, Herrensitze und Mühlen an <strong>Erft</strong> und<br />
Swist in ihrem kulturlandschaftlichen Kontext einschließlich der Gärten,<br />
Wegebeziehungen, Alleen, Baumreihen, Wassergräben usw.<br />
– Vermehrung der Grünlandflächen entlang der Gewässer<br />
– Dokumentation und Vermittlung charakteristischer Elemente der<br />
Tagebaugeschichte wie zum Beispiel der Badeseen in der Ville als<br />
kulturhistorische Elemente.<br />
Eine Gefährdung der Kulturlandschaft ging und geht vor allem vom starken<br />
Siedlungsdruck und von der Intensivierung der Agrarproduktion mit ihren<br />
spezifischen Produktionsbedingungen aus. Sie führt zu einer starken Verminderung<br />
historischer Kleinelemente und Strukturen und leistet der landschaftlichen<br />
Nivellierung Vorschub.<br />
Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg: 2.000 Jahre Leben mit dem Fluss<br />
Im Bereich des Ballungsraumes <strong>Rhein</strong>-Sieg konzentriert sich kontinuierlich<br />
seit 2.000 Jahren die Siedlungs- und Wirtschaftstätigkeit der Region. Durch<br />
die Ballung verschiedener Funktionen ist hier eine höchst komplexe und<br />
dynamische Kulturlandschaft entstanden. Die Tatsache, dass die beiden<br />
international anerkannten Kulturgüter – der Kölner Dom und das Schloss<br />
Augustusburg – in der <strong>Rhein</strong>schiene liegen, unterstreicht ihre große kulturelle<br />
Bedeutung. Doch auch die Geschichte der Industrialisierung lässt sich<br />
im Bereich der <strong>Rhein</strong>schiene erfahren.<br />
99
100<br />
Im Bereich der <strong>Rhein</strong>schiene konzentrieren sich der internationale und der<br />
nationale Tourismus sowie alle hochwertigen Verkehrswege. Auch bei<br />
den Freiräumen existieren Areale von herausragender kulturhistorischer<br />
Bedeutung, wie der Königsforst und die Wahner Heide. Die Wahrung dieser<br />
kulturhistorischen Hinterlassenschaften dient sowohl der Identifikation der<br />
Bevölkerung mit einem attraktiven Lebensumfeld als auch als der Außendarstellung<br />
der Region. Standortfaktoren, zu denen die landschaftlichen<br />
Potenziale gehören, spielen in der Dienstleistungsgesellschaft eine zunehmende<br />
Rolle bei der Standortentscheidung von Unternehmen.<br />
Vor diesem Hintergrund werden für den Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg folgende<br />
Qualitätsziele formuliert:<br />
– Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Ablesbarkeit multitemporaler<br />
kulturlandschaftlicher Entwicklungen<br />
– Sicherung historischer Ortskerne, Ortsteile und -silhouetten<br />
– Erhaltung der Ablesbarkeit unterschiedlicher städtischer Entwicklungsmuster<br />
zur Wahrung lokaler historischer Zeugnisse und zur Förderung<br />
der lokalen Identität<br />
– Sicherung der vorhandenen Freiräume und Waldflächen<br />
– Förderung stadtnaher Landwirtschaft mit einer den Boden schonenden<br />
Wirtschaftsweise<br />
– Erhaltung der Ablesbarkeit von Industriegeschichte, Wahrung von<br />
Zeugnissen der Industrialisierung und deren Einbeziehung in die weitere<br />
Entwicklung<br />
– Bewahrung historischer Strukturen und Kleinelemente<br />
– Förderung urbaner Siedlungs- und Hausformen bei Neubauten<br />
– Förderung der Umnutzung bereits vorhandener Bausubstanz bzw.<br />
bereits bebauter Flächen vor Neuerschließungen.<br />
Eine Gefährdung der Kulturlandschaft geht vor allem von dem starken<br />
Nutzungsdruck aus, der auf den zentralen und infrastrukturell gut erschlossenen<br />
Flächen des Ballungsraumes lastet. Er führt zu einer zunehmenden<br />
Versiegelung und Zersiedelung, die oftmals mit der Zerstörung der Geschichtlichkeit<br />
eines Ortes einhergeht. Durch die Verdichtung von Autobahnen,<br />
Schienenwegen und Schnellverkehrstrassen, die keine Querungen mehr zulassen,<br />
kommt es zur Barrierebildung und Verinselung. So wird eine flächenhafte<br />
Erfahrbarkeit der Kulturlandschaft erschwert.<br />
Bergisches Land:<br />
Nachhaltige Nutzung sichert kleinräumige Strukturen<br />
Innerhalb der Region Köln/Bonn kommt dem Bergischen Land eine herausragende<br />
Rolle als Naherholungsraum zu. Die Ausweisung großer Teile als<br />
Naturpark unterstreicht diese Funktion. Das Bergische Land ist darüber hinaus<br />
in seinem Landschaftsbild und in seinen Funktionen äußerst vielschichtig.<br />
Auf der einen Seite ist die kleinbäuerliche Struktur zu nennen, die in weiten<br />
Teilen noch immer gut ablesbar ist. Hierzu zählt auch die kleinräumige Siedlungsstruktur<br />
in den höheren und mittleren Bereichen mit zugehörigen Ortsbildelementen<br />
wie Gärten und Obstwiesen. Zudem prägt der kleinteilige<br />
Wechsel von Offenland und Wald im hügeligen Relief das Landschaftsbild;
er ist von hohem ästhetischem Wert. Bereits in der Vergangenheit hat dieses<br />
Landschaftsbild zu einer dynamischen Entwicklung des Tourismus und der<br />
Naherholung mit dem Schwerpunkt „Wandern“ geführt. Auf der anderen Seite<br />
haben sich in den Tälern ausgesprochene Gewerbe-, Industrie- und Siedlungsgassen<br />
herausgebildet. Dort finden sich zahlreiche Elemente und Strukturen<br />
der Gewerbe- und Industriegeschichte, zum Beispiel Mühlen, Hämmer und<br />
Relikte des Bergbaus und der Steingewinnung und ihrer Folgenutzungen.<br />
Diese gilt es im landschaftlichen Kontext zu erhalten und erlebbar zu machen.<br />
Die funktionale Teilung des Bergischen Landes zwischen Höhen und Tälern<br />
ist ein hervorragendes und zu wahrendes Charakteristikum der Landschaft.<br />
Ein weiteres wichtiges Thema ist das Wasser, welches eine zentrale Rolle in<br />
der Kulturlandschaftsentwicklung des Raumes einnimmt. Die Talsperren sind<br />
Ausdruck der Bedeutung, die das Wasser vor allem für die Trinkwasserversorgung<br />
der dicht besiedelten <strong>Rhein</strong>schiene spielt. Darüber hinaus sind sie<br />
von hohem ästhetischem Wert und Nutzen für die Erholung. Die erhaltenen<br />
Anlagen der Wasserkraftnutzung bieten darüber hinaus Zukunftspotenzial<br />
zur Gewinnung regenerativer Energien.<br />
Die vielen historischen Handels- und Heerstraßen im Bergischen Land sind<br />
als Achsen eines flächendeckenden kulturlandschaftlichen Netzwerkes<br />
zu verstehen, zu dessen Erschließung sie heute noch genutzt werden. Ein<br />
wesentlicher regionaler Wertschöpfungsfaktor ist die Ausstattung mit kulturlandschaftsbezogenen<br />
Museen.<br />
Von den genannten Kriterien ausgehend, lassen sich für das Bergische Land<br />
folgende Qualitätsziele formulieren:<br />
– Bewahrung der kleinräumigen Siedlungsstruktur mit Dörfern, Kleinweilern<br />
und Einzelhöfen in den höheren und mittleren Bereichen mit zugehörigen<br />
Gärten, Obstwiesen und bäuerlichen Nutzwäldchen<br />
– Bewahrung der Wald-Offenlandverteilung<br />
– Erhalt historischer Waldnutzungsformen<br />
– Anwendung naturnaher Waldbewirtschaftungsmethoden<br />
– Freihaltung und In-Wert-Setzung von Fernblicken und Sichtbeziehungen<br />
– Erhalt von Elementen und Strukturen der Gewerbe- und Industriegeschichte<br />
(zum Beispiel Mühlen, Hämmer, Bergbau, Steingewinnung)<br />
– Konzentration der weiteren gewerblichen und industriellen Entwicklung<br />
auf die bereits bestehenden Flächen und Gebäude in den Industrie-<br />
und Gewerbegassen<br />
– Nutzung der erhaltenen Wasserkraftanlagen zur Gewinnung<br />
regenerativer Energie<br />
– In-Wert-Setzung der Mühlen und ihrer Geschichte für eine nachhaltige,<br />
gewerbliche und touristische Wertschöpfung, für eine umwelt-<br />
und heimatkundliche Bildung und die regionale Identitätsstiftung<br />
– Förderung der Regionalvermarktung.<br />
Eine entscheidende Gefährdung des Landschaftsbildes kann von Aufforstungen<br />
ehemals landwirtschaftlich genutzter Flächen ausgehen, vor allem wenn<br />
es sich um Bachtäler oder größere zusammenhängende Gebiete handelt.<br />
101
102<br />
Bei der bevorstehenden Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie<br />
(EU-WRRL) ist darauf zu achten, dass die Überreste der Mühlen- und<br />
Hämmer nicht gefährdet werden. Die ökologische Aufwertung von Fließgewässern<br />
darf nicht dazu führen, dass historische Anlagen, die für die Kulturlandschaftsentwicklung<br />
und die regionale Identität des Raumes von besonderer<br />
Bedeutung sind, teilweise oder vollständig beseitigt werden. In allen<br />
Fällen sind die gewünschten ökologischen Aufwertungen mit dem Denkmalschutz<br />
zu diskutieren, um optimale Lösungen zu finden.<br />
Mittelrheinische Pforte: Herausragende Relikte der Kulturhistorie<br />
Blickbeziehungen in einem Flusstal von außerordentlicher Schönheit und<br />
Harmonie prägen das Bild der mittelrheinischen Pforte. Deren Bewahrung<br />
steht als Qualitätsziel an erster Stelle. Bauliche Maßnahmen sollten entsprechend<br />
behutsam erfolgen. Demgegenüber zeichnen sich Siebengebirge und<br />
Drachenfelser Ländchen durch ein markantes Landschaftsbild mit einer<br />
Vielzahl kulturlandschaftsgeschichtlicher Elemente und Strukturen sowie Bauund<br />
Bodendenkmäler aus. Manche davon sind weltweit bekannt.<br />
Sowohl der links- als auch der rechtsrheinische Teil spielen nicht zuletzt<br />
deshalb eine wichtige Rolle als Naherholungsziel für die Region Köln/Bonn.<br />
Die herausragende Bedeutung des Siebengebirges wird auch durch die<br />
Überlagerung von Schutzgebietskategorien und Bedeutungszuweisungen<br />
auf europäischer Ebene deutlich. Damit gehen Kunst- und Kulturgeschichte,<br />
Archäologie, Geologie, Vulkanologie und Volkskunde eine Verbindung mit<br />
der assoziativen Wahrnehmung regionaler Identität ein. Davon ausgehend<br />
werden für die mittelrheinische Pforte folgende Qualitätsziele formuliert:<br />
– Verbesserung der visuellen Erlebbarkeit historischer Relikte als kulturelles<br />
Erbe im Gelände und stärkere Hervorhebung der markanten Einzelobjekte,<br />
zum Beispiel Drachenfels, Petersberg, Rolandsbogen, Heisterbach<br />
– Besucherlenkung zur Schonung besonders störanfälliger Bereiche mit<br />
Boden- und Baudenkmalen sowie historischer Kulturlandschaftsteile von<br />
besonderer Eigenart<br />
– Förderung der Baukultur zur Vermeidung von in Proportionen, Materialien<br />
und Flächenausdehnung kulturlandschaftlich unverträglichen<br />
Einfamilienhäusern und Gewerbegebieten mit großem Flächenbedarf und<br />
Folgen innerhalb der Verkehrsinfrastruktur<br />
– Hervorhebung der Identitätsmerkmale aus der geologischen und<br />
vulkanischen Entstehungsgeschichte mit Vernetzung und Vermittlung der<br />
vorhandenen Aufschlüsse und Ausblicke<br />
– Stärkung der assoziativen Ebene als Sagenregion (zum Beispiel Siegfriedsage,<br />
Entstehungsgeschichte des Siebengebirges, Mönch von<br />
Heisterbach usw.) und als markante Landschaft für die <strong>Rhein</strong>romantik<br />
– Maßnahmen zur Beibehaltung bzw. Verbesserung der ästhetischen<br />
Qualität und deren Erlebbarkeit (zum Beispiel Freihaltung<br />
von Aussichtspunkten, landschaftsgestalterische Maßnahmen)<br />
– Vernetzung und Zusammenführung der zahlreichen regionalen Einzelaktivitäten<br />
und Akteure zur Herausstellung der kulturellen Einzigartigkeit<br />
von Siebengebirge und Drachenfelser Ländchen (Weinbau, Keramikherstellung,<br />
Klosterlandschaft, kultureller Hintergrund der Naturschutzgeschichte,<br />
Forschungsgeschichte von Geologie und Archäologie usw.)
Fachbeitrag Freizeit und Erholung –<br />
Potenziale erkennen, Angebote verzahnen<br />
Erholungswert als Lebensqualität und Standortfaktor<br />
Prinzipiell gilt, dass Freizeit und Naherholung als wichtiger Wirtschaftsfaktor<br />
und wesentliche, zukunftsgerichtete Entwicklungschance für die Region<br />
Köln/Bonn erkannt und anerkannt werden müssen. Sie bieten einen Standortvorteil<br />
für die Region, für den es sich lohnt, in einen Wettbewerb<br />
zu anderen bestehenden Raumnutzungskonzepten vor Ort einzutreten.<br />
Die für die Freizeitnutzung vorgesehenen Flächen benötigen ein klares Profil.<br />
Ansonsten kann es dazu kommen, dass konkurrierende Ideen der Raumnutzung<br />
im konkreten Ergebnis zu anderen Nutzungen oder Mischnutzungen<br />
führen, die für eine deutliche Ausrichtung auf die Freizeitfunktionen eher<br />
von Nachteil sind. Die Chancen, die das natur- und kulturräumliche Potenzial<br />
der Region für Freizeitnutzungen bietet, müssen jedoch nicht nur erkannt<br />
und formuliert, sondern auch hinsichtlich ihrer Marktrelevanz realistisch eingeschätzt<br />
werden. Urlauber und Naherholungssuchende haben ihre spezifischen<br />
Anforderungsprofile und Erwartungshaltungen, die bei der touristischen<br />
Entwicklung differenziert zu berücksichtigen sind.<br />
Die Region Köln/Bonn:<br />
Ausgangs- und Zielpunkt für Erholungssuchende<br />
Die Region Köln/Bonn ist insgesamt gesehen privilegiert: Sie verfügt über<br />
eine hochwertige Freizeitinfrastruktur und reizvolle, vielfältige und erlebnisreiche<br />
Natur- und Kulturlandschaften. Diese Vielfalt erlaubt es, sehr unterschiedliche<br />
Bedürfnisse nach Erholung und Freizeitgestaltung zu decken:<br />
Stadt- und Kulturerlebnisse sind ebenso möglich wie Wanderungen oder Radtouren<br />
im Naturpark, der Besuch von Freizeiterlebniswelten ebenso wie<br />
das Erleben von Industriekultur oder ein Tag auf dem Bauernhof. Dabei liegen<br />
die Gästezahlen insgesamt über dem Landesdurchschnitt und werden im<br />
kommenden Jahrzehnt voraussichtlich weiter ansteigen. Durch die Städte der<br />
<strong>Rhein</strong>schiene verfügt die Region selbst über ein hohes Nachfragepotenzial.<br />
Die Region wirkt dabei, vereinfacht formuliert, wie eine Raumstruktur mit zwei<br />
Geschwindigkeiten: Auf der einen Seite verfügt sie mit der <strong>Rhein</strong>schiene<br />
über einen „metropolitanen Korridor“, der über eine hohe Anziehungskraft<br />
verfügt; auf der anderen Seite östlich und westlich des <strong>Rhein</strong>s über dezentral<br />
gelegene Räume. Mit dieser räumlichen Arbeitsteilung haben sich zwei<br />
Landschaftsstrukturen herausgebildet, die ihrerseits eine hohe Binnendifferenzierung<br />
aufweisen. Bei vielen Bewohnern des verdichteten Korridors<br />
besteht ein großes Interesse an der Natur. In diesem Zusammenhang hat<br />
das Bedürfnis nach „naturnahen“ Dienstleistungen zugenommen. Viele<br />
Städter möchten in ihrer Freizeit „Natur“ erleben und fragen nach regionaltypischen,<br />
ökologisch verträglich hergestellten Produkten. Umgekehrt haben<br />
die Menschen in den ländlicher geprägten Räumen Interesse an der urbanen<br />
Kultur. Im Sinne des Kulturlandschaftsnetzwerkes stellt sich die Herausforderung,<br />
sowohl Vernetzungen zwischen den dezentralen Räumen und dem<br />
metropolitanen Korridor zu schaffen als auch innerhalb der dezentralen<br />
Räume und zwischen ihnen.<br />
Grün- und Freiflächen, Natur und Landschaft sind das eigentliche Kapital von<br />
Tourismus und Naherholung. Um ihre Erlebbarkeit zu steigern, müssen die<br />
einzelnen Grünstrukturen miteinander verbunden werden. Dabei erschließen<br />
Rad- und Fußgängerwege sowie Plätze, an denen das Panorama der Landschaft,<br />
ihre Unterschiedlichkeit und Spannung sowie die vielfältigen Grün-<br />
103
104<br />
strukturen erlebt werden können, den Erholungssuchenden die Region. Die<br />
Grün- und Freiflächen sind häufig Kulissen für Freizeitnutzungen, beispielsweise<br />
beim Freizeitwohnen (Wochenendhäuser, Camping etc.). Generell ist<br />
zu berücksichtigen, das privatwirtschaftlich organisierte Vorhaben – auch in<br />
Form von Großprojekten – zukünftig weiter an Boden gewinnen werden, da<br />
die öffentliche Hand immer weniger in der Lage sein wird, die Freizeitinfrastruktur<br />
selbst zu modernisieren.<br />
Die Landschaft als Standortfaktor<br />
Der Erlebniswert einer Landschaft ist bis heute eine der bedeutsamen Triebkräfte<br />
des Tourismus. Landschaft kann dabei aber nicht mit „Natur“ bzw. „unberührter<br />
Natur“ gleichgesetzt werden, vielmehr ist sie immer schon Kulturlandschaft<br />
gewesen. Damit Landschaft wirken kann, muss sie zugänglich<br />
sein: Aussichtspunkte, von denen aus ein unserem ästhetischen Empfinden<br />
nach besonders ansprechender Ausschnitt der Landschaft sichtbar wird,<br />
haben eine lange Tradition.<br />
Eine touristische Nutzung setzt folglich nicht nur eine ökologisch intakte Natur<br />
voraus, sondern auch eine „schöne“ Landschaft als Lebens- und Erlebnisraum.<br />
Die landschaftsästhetische Dimension sollte als Gegenstand regionalplanerischer<br />
Zielaussagen neben den aktuell eher ökologisch ausgerichteten<br />
Naturschutzstrategien im Blickfeld behalten werden. Ein besonderes Augenmerk<br />
ist dabei auf die Gestaltung der Übergänge zu richten. Wo Stadt und<br />
Land, Feld und Wald, Wiese und Siedlung aufeinandertreffen, wird das<br />
Charakteristische der jeweiligen Landschaft deutlich wahrgenommen.<br />
Daher sind besonders diese Bereiche von Beeinträchtigungen freizuhalten.<br />
Vertikale und horizontale Verknüpfung von Angeboten<br />
Erfolgreiche Tourismusprojekte setzen intelligente Angebots- und Organisationsformate<br />
voraus, die sowohl horizontale als auch vertikale Vernetzungen<br />
forcieren. Dahinter steht die Überlegung, Nutzungskorridore ähnlich der<br />
Kulturlandschaftskorridore zu schaffen, um den Anschluss an andere Räume<br />
herzustellen, zum Beispiel in der <strong>Rhein</strong>schiene und darüber hinaus.<br />
Für eine horizontale Vernetzung bieten sich Objekte des kulturellen Erbes<br />
sowie in der Region vorhandene Wasserläufe oder alte, wieder sichtbar ge-<br />
machte Handelswege an. Besondere Bedeutung erhalten die Routen und<br />
Korridore, wenn an ihnen Knoten mit Angebotsverdichtungen gestaltet werden:<br />
Dies können beispielsweise Museen sein, die als Ausgangspunkte einer<br />
Beschäftigung mit der Region über abwechslungsreiche, vernetzte sowie<br />
klar und einheitlich beschilderte Wege miteinander verbunden sind.<br />
Eine vertikale touristische Perspektive verfolgt die Verknüpfung verschiedenartiger<br />
Angebote in einem prägnanten Raum wie zum Beispiel der Klosterlandschaft<br />
Altenberg. Natur und Kultur sowie Landschafts- und Kulturgenuss<br />
werden dabei über Themenrouten auch hinsichtlich einer Wertschöpfungskette<br />
in Verbindung mit einer regional geprägten Gastronomie und Hotellerie gebracht.<br />
Ob horizontale oder vertikale Vernetzung – um eine touristische Entwicklung<br />
im Sinne des Kulturlandschaftsnetzwerkes zu erreichen, ist eine über kommunale<br />
Grenzen hinausgehende Planungsperspektive notwendig, sowohl bei<br />
öffentlichen als auch bei privatwirtschaftlichen Vorhaben.
Qualitätsziele für Freizeit und Erholung<br />
Natur- und Kulturerlebnis sind die wesentlichen Motoren für Tourismus und<br />
Naherholung. Hinzu kommt die Gesundheitsvorsorge, zum Beispiel in Form<br />
von Kuraufenthalten. Den Bedürfnissen von Wanderern, Radfahrern und<br />
Reitern, aber auch von Wasser- und Wintersportlern ist insofern Rechnung<br />
zu tragen. Die hier formulierten Qualitätsziele sind als Ausgangspunkt eines<br />
breit angelegten Diskussionsprozesses zu verstehen, um einen nachhaltigen<br />
Tourismus in der Region Köln/Bonn zu gestalten, der den naturräumlichen,<br />
kulturellen, ökonomischen, sozialen und ästhetischen Erfordernissen Rechnung<br />
trägt. Dabei wird es zukünftig vor allem darum gehen, Bereiche auszuweisen,<br />
die eine bereits vorhandene, intensive Freizeitnutzung besitzen,<br />
solche, die das Potenzial dazu haben, und solche, in denen die Freizeitnutzung<br />
hinter konkurrierenden Nutzungsansprüchen zurücktreten muss.<br />
Qualitätsziel Naturerlebnis:<br />
Einblicke gewähren, sensible Zonen schützen<br />
Grundlage des Naturerlebnisses sind die Kulturlandschaften mit ihren Wäldern,<br />
Wasserflächen und Naturparke. Angesichts des Nutzungsdrucks ist hier<br />
vielerorts ein Interessensausgleich zwischen Naturschutz und Tourismus<br />
herzustellen. Dieser Ausgleich sollte nur in Ausnahmefällen über ordnungsrechtliche<br />
Regelungen vorgenommen werden. Besser geeignet sind Formen<br />
des Besuchermanagements, vor allem die Lenkung der Besucher mittels<br />
attraktiver Angebote. Lenkende Funktion besitzen dabei beispielsweise die<br />
Wegeführung und -qualität, die Beschilderung sowie die Anlage von Beobachtungsstationen,<br />
Parkplätzen, Informationspunkten oder natürlichen<br />
Hindernissen. Das bedeutet: Reizvolle Einblicke in die Natur sollen gestattet<br />
werden, zugleich gilt es jedoch, sensible Zonen von Störungen freizuhalten.<br />
Eine detaillierte Landschaftsanalyse trägt dazu bei, die touristische Infrastruktur<br />
zu verfeinern. So können zum Beispiel geeignete Routen für selbstführende<br />
Pfade gefunden werden. Angebote zur Landschaftsinterpretation wie Beobachtungshütten,<br />
Bohlenwege oder geführte Wanderungen ermöglichen Einblicke<br />
in eine Landschaft, die zum Großteil unberührt bleibt. Viele Argumente<br />
sprechen zudem dafür, Rangersysteme und Besucherzentren aufzubauen.<br />
Beide Instrumente dienen der Wissensvermittlung, verbessern die Erfahrbarkeit<br />
und Vermarktung der Landschaft und ermöglichen eine Besucherlenkung.<br />
Drei Naturparke sind in der Region Köln/Bonn ausgewiesen: der Naturpark<br />
Siebengebirge, der Naturpark <strong>Rhein</strong>land und der Naturpark Bergisches Land.<br />
Für das Siebengebirge ist aufgrund der langen touristischen Tradition und<br />
der Überschaubarkeit ein Profil im Bewusstsein der Bevölkerung verankert.<br />
Im Naturpark <strong>Rhein</strong>land und im Bergischen Land hingegen ist schon aufgrund<br />
der flächenmäßigen Ausdehnung das Bewusstsein, im Naturpark zu<br />
leben, weniger weit verbreitet. Hier ist es notwendig, das Profil der Naturparke<br />
zu schärfen, indem das Charakteristische der Landschaft herausgearbeitet<br />
und erlebbar gemacht wird. Eine Vernetzung und Professionalisierung<br />
der Vermarktung erlaubt es auch Nischenanbietern, ihre Angebote zu platzieren<br />
und damit lukrativ zu machen. Dabei geht es nicht nur um ökologische<br />
und kulturelle, sondern auch um ästhetische Qualitäten. Sie schaffen erst<br />
die Bilder im Kopf, die zu einem Besuch reizen und bestimmte touristische<br />
Nutzungen implizieren. So legt die Vorstellung eines Waldes beispielsweise<br />
die Idee einer Wanderung nahe, das Bild eines Schlosses die einer Besichtigung,<br />
ein See den Wunsch zu baden oder Wassersport zu betreiben.<br />
105
106<br />
Wasser ist mit Erholung untrennbar verbunden. Flüsse, Bäche, Seen und<br />
(Thermal-)Quellen sind mit Blick auf ihre Sauberkeit, Zugänglichkeit und Erlebnisqualität<br />
eine wichtige Ressource im Tourismus. Das gilt auch für die<br />
Region Köln/Bonn. Wandern oder Radfahren am Wasser, Wasserspielplätze,<br />
Angeln, Bootfahren und weitere Nutzungsformen erfordern jedoch stets<br />
einen Ausgleich zwischen räumlichen Nutzungskonzepten. Neue Formen der<br />
In-Wert-Setzung, auch von ausgekiesten Bereichen oder Nachfolgenutzungen<br />
im Braunkohletagebau, sollten den Umgang mit der Ressource Wasser kennzeichnen.<br />
In der Region Köln/Bonn bietet sich diesbezüglich eine Vielzahl<br />
von Chancen, die es in sozial- und umweltverträglicher Form zu nutzen gilt.<br />
Qualitätsziel Kulturerlebnis: Verbindungen schaffen Verständnis<br />
Das Kulturerlebnis macht sich für Erholungssuchende nicht nur an Bauwerken<br />
und Museen fest, sondern auch an Spuren historischer und aktueller Industriekultur,<br />
an einer bäuerlich geprägten Landwirtschaft sowie zunehmend<br />
auch an Orten, an denen Wissenschaft zum Erlebnis wird. Dabei gilt: Nur im<br />
Zusammenspiel der verschiedenen Aspekte kann die Bedeutung der Kulturlandschaft<br />
in ihrer Tiefe vermittelt und dadurch nachhaltig erhalten werden.<br />
Kulturdenkmale sind – nicht nur in den Städten – wichtige Standortfaktoren<br />
für den Freizeit- und Erholungswert einer Region. Auch hier sieht der Tourist<br />
in erster Linie die ästhetische Qualität. Der tatsächliche historische oder<br />
kulturhistorische Wert tritt dahinter zurück – ähnlich wie im Bereich der Natur<br />
der ökologische Wert. Daraus folgt, dass die Erlebbarkeit von Kulturgütern<br />
gewährleistet oder verbessert werden muss. In diesem Kontext sollten<br />
beispielsweise Sichtachsen freigehalten, Straßenbezüge erhalten und ästhetische<br />
Störungen abgewendet werden.<br />
Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung des Städtetourismus hat die Erhaltung<br />
der touristischen Attraktivität in den Städten der Region eine hohe<br />
Priorität. „Sightseeing“, „Atmosphäre“ und „Shopping“ sind die Hauptmotivationen<br />
für Städtereisende: Sie wollen Sehenswürdiges und Erlebenswertes<br />
genießen, in Atmosphäre baden und in angenehmem Ambiente ein wenig<br />
das Zeitgefühl verlieren. Der Stadttourist bummelt und flaniert. Er möchte<br />
dabei mehr Gefühle als Waren mit nach Hause nehmen und seine Einkäufe<br />
nebenbei erledigen. Veranstaltungen jeder Art werden als Anlass für eine<br />
Städtereise immer wichtiger. Das kann ein Musical sein, ein Marathonlauf,<br />
eine Kunstausstellung oder eine Messe. Großveranstaltungen können jedoch<br />
das Charakteristische und die „Atmosphäre“ einer Stadt nicht ersetzen.<br />
Der Pflege des Stadtbildes und dessen Erhalt bzw. Entwicklung kommt daher<br />
eine wichtige Bedeutung zu, um einer Vereinheitlichung und „Verkrustung“<br />
des Stadtbildes entgegenzutreten. Darüber hinaus stellen auch Investitionen<br />
in etablierte Kultureinrichtungen eine notwendige Voraussetzung zur Sicherung<br />
der touristischen Attraktivität dar.
Im Rahmen der Industriekultur eröffnet vor allem das Thema Bergbau touristische<br />
Potenziale. So kann im Bergischen Land mit seinen Anlagen aus<br />
der frühen Zeit der Industrialisierung eine professionellere und vernetzte Vermarktung<br />
dazu führen, eine Zielgruppe für besondere Angebote (zum Beispiel<br />
industriehistorische Wanderungen) zu erschließen. Ansätze hierzu bieten<br />
die bestehenden Netzwerke. Im Bereich des Braunkohletagebaus der Ville<br />
steht zurzeit noch der Freizeitwert der Badeseen im Vordergrund. Ideen zu<br />
einer Vermittlung der Industriekultur gibt es auch hier. Noch ist jedoch das<br />
Außergewöhnliche und Erhaltenswerte einer von Menschenhand vollkommen<br />
umgestalteten Landschaft, wie sie der Braunkohletagebau hinterlässt,<br />
nur schwer vermittelbar. Langfristig jedoch wird es wichtig sein, die Spuren<br />
des Tagebaus zu sichern und Ansätze zu einer zukünftigen touristischen<br />
In-Wert-Setzung solch riesiger Areale zu entwickeln.<br />
Als weiterer wichtiger Aspekt des Kulturerlebens gewinnt das Wissenschaftserlebnis<br />
für Touristen und Erholungssuchende an Bedeutung. Die Stärke der<br />
Standorte in der Region Köln/Bonn liegt vor allem in dem am Ort gebundenen<br />
und erfahrbaren Wissen. Die Authentizität der Orte ist ihr Zukunftspotenzial,<br />
das bei künftigen Konzeptionen bewahrt und gestärkt werden<br />
sollte. Das gilt insbesondere für den Umgang mit Freizeit- und Erlebniswelten,<br />
wird doch mit ihnen die Idee von „künstlichen Welten“ assoziiert, während<br />
die authentische Kulturlandschaft außen vor bleibt. Die Region Köln/Bonn<br />
muss sich auch dieser Entwicklung stellen, denn die wachsende Freizeitorientierung,<br />
die Pluralisierung von Lebensstilen und die Erlebnissehnsucht<br />
der Konsumenten bilden den Motor für den Erfolg und die zunehmende<br />
Akzeptanz von Erlebniswelten. Die Genehmigung derartiger Anlagen sollte<br />
insofern immer an strenge Qualitätsanforderungen geknüpft sein, die sich<br />
aus dem Natur- und Kulturerbe ableiten.<br />
Vor allem in den ländlichen Bereichen der Region – insbesondere in Nähe<br />
der Städte und dort, wo die Bodenqualität nicht besonders hoch ist – bietet<br />
der Agrotourismus den Landwirtinnen und Landwirten zusätzliche Einkommensmöglichkeiten.<br />
Längst geht es dabei nicht mehr nur um den klassischen<br />
„Urlaub auf dem Bauernhof“. Besonders im Bereich der Naherholung wird<br />
das Angebot ständig erweitert: Hofläden und Bauerncafés, Maislabyrinthe,<br />
organisierte Kindergeburtstage oder Selbstpflückaktionen bieten sich als<br />
Freizeitangebote und Ausflugsmotivationen an. Dabei wird die regionale Vermarktung<br />
zunehmend mit dem Erlebniswert authentischer Landschaften<br />
verknüpft. Derartige Tendenzen sollten weiter unterstützt werden, nutzen sie<br />
doch gleichermaßen Erholungssuchenden und Landwirten und tragen somit<br />
zum Erhalt der Kulturlandschaft bei.<br />
Qualitätsziel Freizeitwohnen: Bestehende Angebote stärken<br />
Übernachtungsgäste geben am Zielort deutlich mehr Geld aus als Tagesausflügler,<br />
daher erschließt die Schaffung von Übernachtungsangeboten wirtschaftliche<br />
Möglichkeiten. Die Förderung von Übernachtungsmöglichkeiten<br />
in bestehenden Hotels, Pensionen, Privatunterkünften, Ferienanlagen<br />
und Ferienwohnungen ist flächenneutral und daher der Neuanlage entsprechender<br />
Angebote vorzuziehen.<br />
Eine besondere Situation gibt es im Bereich Camping und Caravaning, da<br />
hier eine Infrastruktur bereitgestellt werden muss, um „wilde“ Formen zu<br />
vermeiden. Erforderlich sind Campingplätze oder besonders ausgewiesene<br />
Flächen. Da bei allen Formen des Freizeitwohnens die Nähe zu Natur und<br />
Landschaft, insbesondere zu „schöner Landschaft“, eine dominierende<br />
Rolle spielt, ergeben sich daraus Konsequenzen für die Flächennutzungen,<br />
wobei neben wirtschaftlichen Interessen immer auch Umweltbelange zu<br />
berücksichtigen sind.<br />
107
108
Vorsicht Konflikte –<br />
Wo es in der Region „krachen“ könnte<br />
Wasser<br />
Landwirtschaft<br />
Forstwirtschaft<br />
Kulturlandschaft und kulturelles Erbe<br />
Naturschutz und Landschaftspflege<br />
Freizeit und Erholung<br />
Siedlungs- und Verkehrswirtschaft<br />
109
110<br />
Vorsicht Konflikte –<br />
Wo es in der Region „krachen“ könnte<br />
Die Ausführungen der einzelnen Fachdisziplinen zeigen einerseits eine Vielzahl<br />
von Anforderungen und Zielen für die künftige Entwicklung in der Region<br />
Köln/Bonn auf, andererseits verdeutlichen sie aber auch, dass eine solche<br />
Entwicklung nicht ohne die Bewältigung von Konflikten möglich ist. Nur eine<br />
aktive Auseinandersetzung mit den Konflikten im jeweils betroffenen Raum<br />
ermöglicht es, tragfähige Lösungen für den Erhalt und die künftige Gestaltung<br />
der Kulturlandschaften in der Region zu finden und zu realisieren. Die Umsetzung<br />
der vorgestellten Qualitätsziele setzt die Fähigkeit voraus, die<br />
auftretenden Konflikte konstruktiv und gemeinschaftlich anzugehen und zu<br />
bearbeiten. Gelingt dies nicht, könnte es an einigen Stellen in der Region<br />
in Zukunft „krachen“. Im Folgenden werden die für die jeweiligen Themenbereiche<br />
wichtigen und zurzeit erkennbaren Konfliktpunkte benannt, deren<br />
räumliche Ausdifferenzierung und Lösung ein wesentliches Ziel der Projekte<br />
vor Ort sein sollte.<br />
Konfliktfelder im Themenbereich Wasser<br />
Die Wasserknappheit in der intensiv landwirtschaftlich genutzten Zülpicher<br />
und Jülicher Börde stellt eines der Hauptkonfliktfelder für den Themenbereich<br />
Wasser dar. Sollten die Niederschläge weiter abnehmen, wird es hier zu<br />
negativen Auswirkungen auf die Landwirtschaft kommen. Eine aktuelle Studie<br />
der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten NRW (LÖBF)<br />
zur Abschätzung der zukünftigen klimatischen Entwicklung in Nordrhein-<br />
Westfalen prognostiziert bis zum Jahr 2055 für diese Teilräume der Region<br />
einen Rückgang der Jahresniederschlagsmenge um bis zu 50 mm. Bereits<br />
heute ist man auf den Import von Trinkwasser angewiesen, wasserbedürftige<br />
Sonderkulturen bedürfen der Bewässerung.<br />
Auch aus den Grundwasserabsenkungen im benachbarten Bereich des Braunkohletagebaus<br />
ergeben sich große Konfliktfelder. Nirgendwo in Europa<br />
werden so massive Eingriffe in den Grundwasserhaushalt vorgenommen wie<br />
im linksrheinischen Braunkohlerevier, wo die Sümpfungsmaßnahmen zum<br />
Teil irreversible Folgen hinterlassen haben. Hier steht die Region vor einer beispiellosen<br />
wasserbaulichen und ökologischen Herausforderung. Ein wichtiges<br />
Thema ist in diesem Zusammenhang auch die weitere Entwicklung des<br />
<strong>Erft</strong>-Gewässersystems im Sinne der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie<br />
(EU-WRRL).
Verschärft wird das Problem der Grundwasserabsenkung durch die fortschreitende<br />
Versiegelung. Hierfür sind insbesondere der Siedlungs- und der<br />
Straßenbau in erheblichem Umfang verantwortlich.<br />
Das Defizit an Versickerungsflächen wächst in der gesamten Region. Ein<br />
Schwerpunkt liegt dabei im Bereich der größeren und kleineren Städte des<br />
Ballungsraumes <strong>Rhein</strong>/Sieg. Hinzu kommt in vielen Bereichen das Problem<br />
der technischen Versiegelung und Verfestigung von Gewässerufern durch<br />
Siedlungs-, Industrie-, Gewerbe- und Verkehrswirtschaft. Dies ist deutlich in<br />
den Städten und Siedlungen am <strong>Rhein</strong>, in der <strong>Erft</strong>- und Siegaue sowie in<br />
den Industrie- und Siedlungsgassen der Täler von Wupper, Wipper, Agger und<br />
Wiehl festzustellen.<br />
Ein zusätzliches Konfliktfeld stellt die Nutzung von Wasserflächen durch Freizeitaktivitäten<br />
dar. Insbesondere an größeren Gewässern fehlt es oftmals an<br />
geeigneten Lenkungsmechanismen und Tabus. So gehen einerseits wertvolle<br />
Rückzugsräume für die Natur verloren, andererseits kommt es zu Verunreinigungen<br />
und schädlichen Einflüssen, beispielsweise durch eine intensive<br />
Freizeit- und Erholungsnutzung an Trinkwassertalsperren. Die Möglichkeit<br />
der Ausübung wasserbezogener Freizeitaktivitäten ist zwar von großer Bedeutung<br />
für die wohnortnahe Erholung, die Lebensqualität und die Attraktivität<br />
der Region, sie sollte jedoch derart erfolgen, dass der Nutzungsdruck<br />
auf die Gewässer regulierbar bleibt.<br />
Im Gegensatz zu einer kontinuierlichen Verbesserung der biologischen Gewässerqualität<br />
in den letzten Jahren bestehen weiterhin klare Defizite<br />
hinsichtlich der Gewässerstrukturgüte (zum Beispiel mangelnde Durchgängigkeit<br />
der Gewässer durch Querbauwerke, Verbau von Ufer und Sohle). Diese<br />
wirken sich auf den integrierten Bewirtschaftungsansatz der Europäischen<br />
Wasserrahmenrichtlinie negativ aus. Vor diesem Hintergrund erscheinen<br />
eine weitere Reduzierung der Stoffeinträge und eine deutliche Strukturverbesserung<br />
der Gewässer dringend notwendig.<br />
Darüber hinaus tritt mit dem Konfliktfeld Hochwasser vor allem in der <strong>Rhein</strong>aue<br />
ein Problem auf, das durch fehlende Flächen für die natürliche Wasserrückhaltung<br />
und die Bebauung der Auen durch Siedlungs- und Gewerbeflächen<br />
in der Vergangenheit weiter verschärft worden ist. Auch ein zu großer<br />
Freizeit- und Erholungsdruck trägt zu dem Konflikt bei.<br />
Konfliktfelder im Themenbereich Landwirtschaft<br />
Zentraler Konflikt im Themenbereich Landwirtschaft ist der Verlust an landwirtschaftlichen<br />
Flächen, der sich auf Acker und Grünland ebenso auswirkt<br />
wie auf den Obst- und Gemüseanbau und die Flächen des Gartenbaus. Diese<br />
Entwicklung beeinträchtigt die Konkurrenzfähigkeit der landwirtschaftlichen<br />
Betriebe. Verursacht wird sie durch das immer weitere Vordringen der Siedlungsflächen,<br />
die Erweiterung von Wasserschutzgebieten, die Ausweisung<br />
von Kompensationsmaßnahmen für Landschaftseingriffe, den fortschreitenden<br />
Braunkohletagebau und die Gewinnung anderer oberflächennaher<br />
Bodenschätze.<br />
Das Problem des Flächenverlustes betrifft die gesamte Region. Der Schwerpunkt<br />
liegt dabei im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg, vor allem im Umfeld der<br />
größeren und kleineren Städte. Auch der Westrand des Bergischen Landes<br />
sowie die Landschaft der Börde zählen zu den Problemgebieten in puncto<br />
Flächenverlust. Hinzu kommt eine fortschreitende Umwandlung fruchtbarer<br />
Ackerstandorte. Dies betrifft vor allem die Gunsträume der Landwirtschaft,<br />
beispielsweise in der Zülpicher und Jülicher Börde, im Drachenfelser Ländchen<br />
sowie am Westrand des Bergischen Landes. Hier ist zu prüfen, ob und<br />
wie die Gunsträume der Landwirtschaft gegenüber anderen Nutzern geschützt<br />
werden können.<br />
Auch der Anteil der Grünlandwirtschaft ist – insbesondere im Bergischen<br />
Land – rückläufig. Eine Aufgabe der Betriebe bzw. der Rückzug aus dem<br />
Haupterwerb würde hier zu einer weitgehenden Aufgabe der Wiesen- und<br />
Weidenwirtschaft führen und das Gesicht der Landschaft des Bergischen<br />
Landes tief greifend verändern. Auf diese Art und Weise würden die offenen<br />
Täler und der Wechsel von Wald und Grünland in einer Weilerlandschaft<br />
verloren gehen.<br />
Um konkurrenzfähig zu bleiben, intensiviert die Landwirtschaft in vielen<br />
Bereichen ihre Produktivität. Ein Beispiel ist der so genannte „geschützte Anbau“<br />
von Obst und Gemüse unter Plastikfolie oder Glas. Die dabei vollzogene<br />
Entkopplung von der Umwelt führt einerseits zu höheren Ernteerträgen<br />
pro Fläche, andererseits bringt sie eine artifizielle Bodennutzung und einen<br />
höheren Wasserbedarf mit sich. Ein wichtiger Aspekt ist auch der Eingriff des<br />
geschützten Anbaus in das Landschaftsbild, der nachteilig für die Freizeit-<br />
111
112<br />
und Erholungsnutzung der entsprechenden Teilräume wäre. Das Konfliktfeld<br />
„Geschützter Anbau“ bezieht sich vor allem auf den Rand des Vorgebirges,<br />
es reicht aber auch bis in die Jülicher und Zülpicher Börde sowie in das<br />
Drachenfelser und Pleiser Ländchen hinein. Hier stellt zudem die Produktivitätssteigerung<br />
im Obstanbau mit einer möglichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes<br />
ein Konfliktpotenzial dar.<br />
Eine Begleiterscheinung der skizzierten Entwicklung in der Landwirtschaft<br />
ist die rückläufige Wertschätzung der Kulturlandschaftspflege durch die<br />
Landwirte. Unter den derzeitigen Marktbedingungen ist es nicht möglich, die<br />
historisch gewachsene Gestaltungsaufgabe rentabel zu machen, da diese<br />
auch gesellschaftlich nicht ausreichend anerkannt und nicht als ein „landwirtschaftliches<br />
Produkt“ bezahlt wird.<br />
Konfliktfelder im Themenbereich Forstwirtschaft<br />
Trotz gesetzlicher Regelungen zum Erhalt der Wald- und Forstflächen kommt<br />
es nach wie vor zum Verlust wertvoller Waldflächen, beispielsweise durch<br />
wachsende Siedlungsbereiche und Infrastrukturmaßnahmen. Diese Verluste<br />
lassen sich durch Aufforstungen nur begrenzt ausgleichen. Um den Konflikt<br />
zu lösen, sollten Vorgaben zur Erhaltung der Wälder definiert werden. Regional<br />
tritt das Problem vor allem im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg, im Vorgebirge,<br />
in der Ville und in Teilen des Bergischen Landes auf.<br />
Die Abpufferung der Waldränder bringt einen Flächenverlust für andere<br />
Nutzungen mit sich. Sie dient der nachhaltigen Sicherung hochwertiger Waldflächen,<br />
da die Waldränder zu den artenreichsten Landschaftselementen im<br />
Forst gehören. In den letzten Jahren und Jahrzehnten waren und sind sie<br />
einem immer stärker werdenden Druck ausgesetzt, der vor allem von Siedlungserweiterungen<br />
ausgeht. Der Wunsch nach einem Wohnort am Waldrand<br />
hat vielerorts zum Verlust ökologisch wertvoller Waldbereiche geführt.<br />
Dennoch verfügt die Region Köln/Bonn über einen guten Waldbestand. Das<br />
bedeutet jedoch nicht, dass keine Waldvermehrung mehr stattfinden sollte.<br />
Sie ist in allen Teilräumen der Region Köln/Bonn wünschenswert, eröffnet<br />
aber beispielsweise im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg einen Konflikt mit der<br />
Nutzung von Freiräumen und Auenlandschaften. Im Bergischen Land tritt<br />
ein Konflikt mit der Grünlandwirtschaft auf. Auch in der Börde könnten Maßnahmen<br />
der Waldvermehrung zu einer Verfremdung des Kulturlandschaftbildes<br />
führen.<br />
Ein anderes Konfliktfeld im Themenbereich Forstwirtschaft stellen die Nadelforste<br />
dar. Ein naturnaher und standortgerechter Mischwald gilt heute als<br />
selbstverständliches Ziel der Forstbehörden und Waldbesitzer. Die Kultivierung<br />
von reinen Nadelholzforsten, die zwar sehr ertragreich sind, zugleich aber die<br />
Boden- und Gewässerversauerung fördern, führt zu Problemen. Vorzufinden<br />
sind diese vor allem in den Privatwaldbereichen des Bergischen Landes und<br />
der Ville.<br />
Seit jeher übt der Wald eine große Anziehungskraft auf Erholungssuchende<br />
aus. Dabei nimmt der Druck der Freizeitnutzung auf den Wald zu. Es fehlt<br />
vor allem eine Lenkung und Information der Waldbesucher. Die Folgen sind<br />
Probleme in der Bewirtschaftung der Wälder, Beeinträchtigungen des ökologischen<br />
Wertes und Defizite für das Walderlebnis der Erholungssuchenden,<br />
die zugleich die Verursacher des Konfliktes sind. Das Konfliktfeld Walderlebnis<br />
tritt vor allem im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>/Sieg sowie in den angrenzenden<br />
Waldbereichen von Ville, Königsforst, Kottenforst und Siebengebirge auf.<br />
Konfliktfelder im Themenbereich<br />
Kulturlandschaft und kulturelles Erbe<br />
Die Bewahrung des Kulturerbes eröffnet ein Hauptkonfliktfeld im Themenbereich<br />
Kulturlandschaft und kulturelles Erbe. Kultur-, Bau- und Bodendenkmäler<br />
müssen ein lebendiger Bestandteil der Kulturlandschaften und ein<br />
dynamisches Element für deren zukünftige Entwicklung sein. Diesem Ziel steht<br />
vielerorts die Bedrohung durch einen Substanzverlust oder einen Verlust<br />
der Umgebung gegenüber. Eine Planung, die auf unterschiedliche zeitliche<br />
Schichtungen keine Rücksicht nimmt, nivelliert deren historisches Erbe<br />
gegenüber gegenwärtigen Nutzungsansprüchen. Sie handelt demzufolge für<br />
das kulturelle Erbe zukünftiger Generationen nicht nachhaltig. Andererseits<br />
darf der Schutz historischer Kulturlandschaften bzw. Denkmäler nicht zu<br />
einer Musealisierung der Landschaft führen. Es geht vielmehr um das richtige<br />
Maß zwischen rückblickendem und vorausschauendem Denken und Handeln.
Ein wichtiges Thema ist in diesem Zusammenhang der Verlust an Industriedenkmälern,<br />
der in der Region Köln/Bonn vor allem hinsichtlich des Industriezeitalters<br />
im 19. Jahrhundert sehr groß ist. Die Ursache liegt vor allem darin,<br />
dass der Erhalt des industriellen Kulturerbes oftmals konträr zu Umweltinteressen<br />
gesehen wird. Diesen Konflikt gilt es zu überwinden, um das industrielle<br />
Kulturerbe in den Industriegassen des Bergischen Landes, dem Ballungsraum<br />
<strong>Rhein</strong>/Sieg sowie im Bereich des Braunkohletagebaus zu erhalten.<br />
Was für die Industrie gilt, trifft auch auf die Landwirtschaft zu. Hier kommt es<br />
durch die Technisierung der Landnutzung, die Aufgabe von bäuerlichen<br />
Betrieben und die Umstrukturierung der Dörfer zum Verlust wichtiger Teile<br />
des Kulturerbes, zum Beispiel im Bergischen Land, im Pleiser und Drachenfelser<br />
Ländchen, in der <strong>Erft</strong>aue und in der Börde. Hinzu kommt, dass die<br />
Aufgabe landwirtschaftlicher Nutzflächen sich negativ auf den Offenlandcharakter<br />
der historischen Kulturlandschaft in der <strong>Rhein</strong>schiene auswirkt.<br />
Ein weiteres Konfliktfeld stellen die wassergebundenen Kulturdenkmäler dar.<br />
Bereits durch den technischen Ausbau der Fließgewässer im 20. Jahrhundert<br />
kam es zu einem erheblichen Substanzverlust, dem zahlreiche alte Mühlen,<br />
Industriestandorte und Brücken zum Opfer fielen. Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie<br />
fordert nun die Schaffung eines „guten Zustandes“ der<br />
Gewässer, was gleichbedeutend ist mit der Wiederherstellung der ökologischen<br />
Durchgängigkeit. Für das historische Inventar der Kulturlandschaft stellt<br />
dies eine latente bis sehr konkrete Gefährdung dar, da zum Erreichen der<br />
Durchgängigkeit von Gewässern in der Regel vorhandene Querbauwerke beseitigt<br />
werden. Hier eröffnet sich ein breites Konfliktfeld, sollte die Umsetzung<br />
der Wasserrahmenrichtlinie eine absolute Renaturierung, die mit dem Abriss<br />
alter Mühlenbauwerke oder Wasserbauwerke einherginge, verfolgen.<br />
Nicht nur im Ballungsraum, sondern auch in anderen Teilräumen der Region,<br />
kommt es seit Jahrzehnten zu einer Verbauung wichtiger Kulturdenkmäler.<br />
Dies führt dazu, dass eine Freistellung im Raum und damit ein offener Bezug<br />
zur umgebenden Kulturlandschaft verloren geht. Das Konfliktfeld erstreckt<br />
sich in gleichem Maß auf die Stadtlandschaften von Köln und Bonn wie auf<br />
die Schlösser und Wasserburgen in den Flussauen und die Industriedenkmäler<br />
im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg, im Bergischen Land und an der <strong>Erft</strong>.<br />
Konfliktfelder im Themenbereich Naturschutz und Landschaftspflege<br />
Nach wie vor weisen die Landschaften der Region Köln/Bonn einen Rückgang<br />
der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten auf. Die Lebensgemeinschaften der<br />
Ökosysteme werden sozusagen „ausgedünnt“ und verlieren mehr und mehr<br />
ihre Funktionsfähigkeit. So findet man viele intakte Ökosysteme – beispielsweise<br />
Heiden oder naturnahe Wiesen – nur noch auf Restflächen, in Refugien.<br />
Folglich ist die Biodiversität der Kulturlandschaft immer noch rückläufig.<br />
Wesentliche Auslöser dieser Verarmung des Naturerbes sind die fortschreitende<br />
Versiegelung der Landschaft, die damit verbundenen flächenhaften<br />
Beeinträchtigungen des Grundwasserhaushalts und die unbegrenzte Zerschneidung<br />
der Landschaft, beispielsweise durch Verkehrswege. Hinzu<br />
kommen anhaltende Abgrabungstätigkeiten und eine durch Landwirtschaft<br />
und Automobilverkehr verursachte Hypertrophierung weiter Flächen durch<br />
Stickstoffverbindungen. All dies beschleunigt vielerorts eine Artenverarmung<br />
und eine Uniformierung der Kulturlandschaften. Der Rückzug der Landwirtschaft<br />
aus benachteiligten Mittelgebirgsregionen und der enorm gewachsene<br />
Druck durch Freizeit- und Erholungsaktivitäten tragen ebenfalls zu dieser<br />
Entwicklung bei.<br />
Das Ziel, einen landesweiten Biotopverbund in Nordrhein-Westfalen aufzubauen,<br />
weist in der regionalen Umsetzung Defizite und Konfliktpotenziale auf.<br />
Dies liegt zum einen daran, dass es im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg und in<br />
der Börde nicht mehr möglich sein wird, einen Verbund aus entsprechenden<br />
Schutzgebieten zu bilden. Hier sollte ein Netz extensiv bewirtschafteter<br />
Flächen die vorhandenen Lücken schließen. Zum anderen sind auch viele für<br />
den Biotopverbund relevante Bereiche durch Nutzungen in Form von Siedlungen,<br />
Landwirtschaft und Verkehr zerschnitten.<br />
Der Druck durch andere Nutzungen wird auch bei den Biotopverbundflächen<br />
spürbar. Ein Beispiel sind die Freizeit- und Erholungsaktivitäten in der Region,<br />
deren Druck auf ökologisch sensible Flächen immer größer wird. Das gilt<br />
insbesondere für Naturschutzgebiete wie Moore, große Waldgebiete, Flussauen<br />
und Heidelandschaften. Eine Besucherlenkung über ausgeschilderte<br />
Wege und Informationstafeln reicht vielerorts nicht mehr aus. Konflikte werden<br />
dadurch ausgelöst, dass zentrale Organisations- und Informationseinheiten<br />
113
114<br />
fehlen. Dies bezieht sich vor allem auf die größeren Naturschutzgebiete im<br />
Bergischen Land, an der Siegmündung, im Siebengebirge, im Kottenforst und<br />
auf der Ville.<br />
Hinzu kommt, dass nahezu in allen Naturschutzgebieten der Region Defizite<br />
bei der Umsetzung praktischer Schutzmaßnahmen bestehen. Auch hinsichtlich<br />
ihrer Absicherung durch Pufferzonen in den Übergangsbereichen zu<br />
anderen Nutzungen gibt es Probleme. Konflikte entstehen hier vor allem dadurch,<br />
dass eine Ausweitung der Schutzgebiete auf derartige Pufferzonen<br />
kaum möglich ist und die Übergänge somit oftmals entfallen.<br />
Ein anderes Konfliktfeld betrifft die Artenvielfalt auf Feldern, Wiesen und<br />
Weiden, beispielsweise in der Börde, aber auch aud den Ackerinseln am Westrand<br />
des Bergischen Landes und im Drachenfelser und Pleiser Ländchen.<br />
Hier ist die Biodiversität rückläufig, was durch neue Produktionsflächen und<br />
-formen wie Feldgrasanbau, geschützten Anbau oder so genannte Bioenergiefelder<br />
noch verstärkt wird. Der Artenrückgang erstreckt sich dabei nicht nur<br />
auf die Produktionsflächen selbst, sondern auch auf die nicht bewirtschafteten<br />
Strukturen und Flächen der Agrarlandschaft, beispielsweise auf Feldraine,<br />
Wegränder, Hecken, Feldgehölze und Brachen. Verursacht wird das Problem<br />
durch eine flächendeckend wirksame Landwirtschaft.<br />
Konfliktfelder im Themenbereich Freizeit und Erholung<br />
Die immer intensivere Nutzung der Landschaft, ihre zunehmende Zerschneidung<br />
durch Verkehrswege und Energietrassen sowie der Verlust von<br />
Übergängen beeinträchtigen die Landschaftsästhetik und verändern das<br />
Landschaftserlebnis. Dieses Konfliktfeld wird dadurch verstärkt, dass in einer<br />
technisierten Welt mehr und mehr gewachsene Landschaftsstrukturen und<br />
-silhouetten verloren gehen. Das betrifft beispielsweise den Verlust von Sichtachsen<br />
im Umfeld kultureller Bauwerke und Denkmäler durch die Verbauung<br />
der Landschaft. Die dargestellte Entwicklung bildet ein Hauptkonfliktfeld im<br />
Themenbereich Freizeit und Erholung, sie ist in nahezu allen Bereichen der<br />
Region sichtbar.<br />
Während die gewachsene Landschaft zunehmend der Gefahr eines Gesichtsverlustes<br />
ausgesetzt ist, steigt das Bedürfnis nach künstlichen Erlebniswelten,<br />
beispielsweise in Freizeitzentren. Dabei handelt es sich um von den Kultur-<br />
landschaften losgelöste Kunstwelten, deren Infrastruktur in der Regel auf<br />
große Besucherzahlen ausgerichtet ist. Derartige Zentren werden zu einem<br />
Problem, wenn sie zum Verlust des Natur- und Kulturerbes führen und das<br />
Bild der Kulturlandschaft tief greifend verändern.<br />
Dies kann beispielsweise Teilregionen betreffen, die sich für den Winterbzw.<br />
Wassersport sowie das Wassererlebnis eignen. Wasser übt eine hohe<br />
Anziehungskraft auf Freizeit- und Erholungssuchende aus. Es ist nicht nur<br />
Erlebnis- und Sportraum, sondern zugleich ein Quell der Gesundheit. Die<br />
mangelnde Erlebbarkeit des Wassers ist ein wesentliches Konfliktfeld in der<br />
Region Köln/Bonn. Der Mangel resultiert dabei einerseits aus der nicht geeigneten<br />
Gewässerqualität, andererseits aber auch daraus, dass zahlreiche<br />
Teilräume aus Gründen des Wasser- bzw. Trinkwasserschutzes und des<br />
Naturschutzes für die Erholungssuchenden nicht zur Verfügung stehen. Ein<br />
Beispiel sind die Trinkwassertalsperren des Bergischen Landes beziehungsweise<br />
die Siegmündung. Das Konfliktfeld Wassererlebnis tritt vor allem in<br />
der <strong>Rhein</strong>schiene sowie in den Abgrabungsgewässern des Ballungsraumes<br />
<strong>Rhein</strong>-Sieg und der Ville zu Tage.<br />
Eine wesentliche Voraussetzung für die landschaftsgerechte Nutzung der<br />
regionalen Freizeit- und Erholungsangebote ist die Information und Lenkung<br />
der Besucher. Sie hilft, Übernutzungen zu vermeiden und führt damit zu<br />
einer Reduzierung der Landschaftsbeeinträchtigung durch den Tourismus.<br />
Probleme der Freizeitlenkung ergeben sich vor allem aus dem Fehlen von<br />
Raumthemen für Freizeit und Erholung. Dies könnten so genannte „Eingangspforten“<br />
in die Region sein, die den Freizeit- und Erholungssuchenden einen<br />
Zugang zur Kulturlandschaft eröffnen und diese erlebbar machen. Das Konfliktfeld<br />
bezieht sich sowohl auf die Naherholungsräume im Wohnumfeld des<br />
Ballungsraumes als auch auf die Naherholungsräume im Bergischen Land,<br />
im Siebengebirge und am Übergang zur Voreifel.
Konfliktfelder im Themenbereich Siedlungs- und Verkehrswirtschaft<br />
Bei einem ungesteuerten Wachstum von Siedlung und Verkehr gehen auf<br />
längere Sicht wertvolle Flächen und Funktionen der Kulturlandschaft sowie<br />
der Landwirtschaft und des Naturschutzes verloren. Zudem kommt es zu<br />
einer fortschreitenden Zersiedlung der Freiräume und zu einem Verlust der<br />
Identität von Stadt und Stadtvierteln. Dabei werden historisch gewachsene<br />
Stadtbilder und -einheiten überformt, wobei oftmals klare Visionen, Leitbilder<br />
und Qualitätsziele zur Zukunftsgestaltung fehlen. Dies betrifft vor allem<br />
den Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg, die Siedlungsachsen entlang der <strong>Erft</strong> und die<br />
Industriegassen im Bergischen Land.<br />
Zugleich sind die Siedlungen in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr in<br />
die freie Landschaft hineingewachsen, ohne dass Übergänge zwischen<br />
Stadt und Land bedacht wurden. Auch eine gezielte Gestaltung der neuen<br />
Siedlungsränder blieb in der Regel aus. Dies führte zu einer Verkrustung<br />
der Stadt- und Landschaftsbilder, die häufig mit der Anlage großflächiger<br />
Einkaufszentren an Ortsrändern einherging. Das Problem ist in der gesamten<br />
Region sichtbar und betrifft alle Arten und Größen von Siedlungen.<br />
Dieser Trend wird sich fortsetzen, denn Bedarf an neuem Wohnraum und<br />
Flächen für Gewerbe- und Verkehrsanlagen besteht nach wie vor. Nahezu<br />
alle Kommunen der Region planen die Ausweisung neuer Baugebiete. Die<br />
Ursache für diese Entwicklung ist vor allem gesellschaftlicher Art, sie liegen<br />
beispielsweise in der zunehmenden Aufsplitterung der Familien, der Änderung<br />
des Kaufverhaltens und den deutlich ansteigenden Mieten und Pachten<br />
in den Innenstädten.<br />
Dabei kommt es auch außerhalb des Ballungsraumes zu einer fortschreitenden<br />
Zerstörung des Landschaftsbildes durch die Verbauung offener Bereiche<br />
mit neuen Siedlungen, Gewerbe- und Industrieflächen. Ein Grundproblem ist,<br />
dass die neuen Siedlungen zunehmend historische Baugebiete verlassen.<br />
Verursacht wird dieser Konflikt häufig durch Defizite in der Bauleitplanung.<br />
Die Gefahr für die Region liegt darin, dass großräumige Siedlungsverdichtungen<br />
zu einer Überformung der ursprünglich freien Kulturlandschaft führen können<br />
und mittel- bis langfristig deren Charakter so verändern, dass sie nicht mehr<br />
erkennbar ist. In Bereichen, in denen ein derartiger Identitätsverlust droht,<br />
sind Tabuzonen für die weitere Entwicklung der Siedlungen zu prüfen.<br />
Kritisch wird es vor allem dann, wenn landschaftsgebundene Freiraumachsen<br />
oder -korridore berührt oder zerschnitten werden.<br />
Dies geschieht in erheblichem Maß durch den Aus- und Neubau von Straßen<br />
und anderen Verkehrsflächen innerhalb und außerhalb der Ortschaften.<br />
Neben einer weiteren Zerschneidung der Kulturlandschaft und dem Flächenverlust<br />
für Land- und Forstwirtschaft ist die Versiegelung der Landschaft<br />
in diesem Zusammenhang ein wichtiges Thema. In Teilbereichen der Region<br />
sollte sowohl über proportionale Entsiegelungen als auch über Versiegelungstabus<br />
nachgedacht werden. Die Grenzen der Versiegelung sind vor allem im<br />
Ballungsraum <strong>Rhein</strong>/Sieg sowie am Westrand des Bergischen Landes und<br />
am Rande des Vorgebirges fast erreicht.<br />
Ein weiteres Konfliktfeld im planerischen Kontext ist die Gestaltung städtischer<br />
Freiflächen. Hier liegt das Problem meist in einer fehlenden inner- und<br />
außerstädtischen Vernetzung der urbanen Grün- und Freiräume. Als positives<br />
Beispiel für ein noch intaktes innerstädtisches Grünsystem gilt die Stadt Köln.<br />
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Übersetzer vor Ort –<br />
Die Projekte des<br />
Kulturlandschaftsnetzwerkes<br />
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118<br />
Übersetzer vor Ort –<br />
Die Projekte des Kulturlandschaftsnetzwerkes<br />
Konkrete Projekte machen das Kulturlandschaftsnetzwerk der Region<br />
Köln/Bonn und seine Teilräume erlebbar. Sie können sowohl Beispiel für eine<br />
nachhaltige Wasser-, Land- und Forstwirtschaft als auch für einen gleichberechtigten<br />
Naturschutz und eine gestaltende Landschaftspflege sein.<br />
Zudem können sie einen Beitrag zu einer zukunftsgerichteten Freizeit- und<br />
Erholungsnutzung sowie zu einem respektvollen Umgang mit der Kulturlandschaft<br />
und dem kulturellen Erbe liefern. All dies bringen sie in einen<br />
regionalen – und vielerorts auch thematischen – Zusammenhang. So tragen<br />
sie zur Entwicklung von Stadt und Region bei. Dabei müssen sie sich stets<br />
an einem „größeren Ganzen“ orientieren: an ihrem Beitrag zur Zukunft der<br />
Region und den daraus resultieren Anforderungen für die Umsetzung vor Ort.<br />
Das Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn und sein Instrumentarium<br />
– der ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ – zeigen Wege auf, wie derartige Beispiele<br />
– gerade auch im Rahmen der Regionale 2010 – geplant und umgesetzt<br />
werden können. Die im Sinne des Kulturlandschaftsnetzwerkes realisierten<br />
Projekte sollen dokumentieren, wie die Region Köln/Bonn im Jahr 2010 und<br />
darüber hinaus mit sich abzeichnenden Problemen und Anforderungen umgeht<br />
und welche Lösungsansätze dabei entwickelt werden können. Die Projekte<br />
orientieren sich dabei am Netzwerk der Kulturlandschaften und greifen<br />
Eigenarten und Identitäten der jeweiligen Landschaft auf. So tragen sie beispielhaft<br />
zur nachhaltigen Entwicklung der Kulturlandschaften in der Region<br />
Köln/Bonn bei.<br />
Die vorliegende Veröffentlichung des ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ wird sich im Rahmen<br />
der weiteren Qualifizierung einzelner Projektansätze – auch und gerade im<br />
Rahmen der Regionale 2010 – zu einem „Handbuch“ für die Projektverantwortlichen<br />
in der Region Köln/Bonn entwickeln. Aufgabe wird es dabei sein,<br />
die Qualitätsansprüche des Kulturlandschaftsnetzwerkes der Region Köln/Bonn<br />
vor Ort umzusetzen und die dargestellten Konflikte zu lösen.<br />
Als dynamischer Prozess geht die Masterplanung bis zum Jahr 2010 und<br />
darüber hinaus weiter. Dabei setzt die Region auf eine breite Beteiligung von<br />
planenden Stellen, Verwaltung, Politik und Öffentlichkeit. Die aus dem Prozess<br />
resultierenden Anregungen, Ergänzungs- und Verbesserungsvorschläge<br />
zum Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn werden in den Überarbeitungen<br />
ihre Berücksichtigung finden.
Projektqualifizierung steht im Vordergrund<br />
Hinsichtlich der künftigen Entwicklung und Realisierung des Kulturlandschaftsnetzwerkes<br />
und seiner Projektvorhaben steht vor allem die weitere Qualifizierung<br />
der Projektansätze im Vordergrund. Prinzipiell erfolgt diese in<br />
mehreren Arbeitsschritten: In einem ersten Schritt wird eine Projektskizze<br />
als Grundlage für die weitere Qualifizierung erarbeitet. Das dynamisch angelegte<br />
Arbeitspapier sollte eine Vorstellung des Projektes sowie dessen Idee<br />
und Aufgabe und einen Ausblick auf die nächsten Arbeitsschritte enthalten.<br />
Auf Basis der Projektskizze ist es Aufgabe der Projektbeteiligten, die Qualitätsziele<br />
des Kulturlandschaftsnetzwerkes der Region Köln/Bonn auf den<br />
jeweiligen Teilraum und damit auf das jeweilige Projektvorhaben zu beziehen<br />
und die Ziele weiter auszuformulieren. Dieser Qualifizierungsprozess kann<br />
durch flankierende Maßnahmen unterstützt werden: beispielsweise durch<br />
Werkstattgespräche mit externen Beratern oder Workshops mit den jeweiligen<br />
Arbeitskreisen.<br />
Aus der Projektskizze wird im Laufe der Qualifizierung ein Projektdossier,<br />
das die eigentliche Grundlage für die Aufnahme als Regionale-2010-Projekt<br />
bildet. Die weitere Konkretisierung des Projektes (auf der Grundlage des<br />
Dossiers) kann beispielsweise in Form eines kooperativen Verfahrens gemeinsam<br />
mit externen Planungsbüros erfolgen. Denkbar sind aber auch andere<br />
Formen, beispielsweise Wettbewerbe oder Ähnliches. Prinzipiell gilt:<br />
Das gewählte Vorgehen muss der Idee und dem Grundgedanken des<br />
Masterplans entsprechen.<br />
Ausblick: Kommunikation und Vernetzung im Fokus<br />
Neben den weiteren Schritten zur inhaltlichen Ausgestaltung der Projektideen<br />
und zur Vorbereitung ihrer Realisierung steht auch künftig die Intensivierung<br />
von Kommunikation und Vernetzung in der Region im Fokus der<br />
Masterplanung. Es ist ein wesentliches Anliegen des Masterplans, vor allem<br />
auch diejenigen Projektvorschläge auszubauen, die das Kulturlandschaftsnetzwerk<br />
für die Bürgerinnen und Bürger erlebbar machen: sei es in Form<br />
von Erlebnisrouten, Maßnahmen zur Erschließung des Kulturlandschaftsnetzwerkes<br />
und zur Herstellung fehlender Verbindungen, außerschulischen<br />
Lernorten oder anderen Projekte.<br />
Die voraussichtlich Ende des Jahres 2007 erscheinende Version 3.0 des<br />
Masterplans für das Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn wird<br />
neben der Formulierung von Leitbildern für Teilräume der Region auch die<br />
Darstellung bereits existierender „guter Beispiele“ sowie den Stand der jeweiligen<br />
Projektqualifizierung vor Ort enthalten.<br />
Informationen über die aktuelle Entwicklung des Kulturlandschaftsnetzwerkes<br />
der Region Köln/Bonn und der darauf bezogenen Projektvorhaben<br />
können im Internet fortlaufend unter der Adresse www.regionale2010.de<br />
eingesehen und abgerufen werden.<br />
119
120<br />
Wichtige Tipps und Kontakte<br />
zum Kulturlandschaftsnetzwerk<br />
der Region Köln/Bonn<br />
Arbeitskreis Natur und Landschaft<br />
<strong>Rhein</strong>-<strong>Erft</strong>-<strong>Kreis</strong><br />
Irmgard Berkenbusch, Manfred Kohlmann<br />
Willy-Brandt-Platz 1 · 50126 Bergheim<br />
Fon 02271-83-46 11 · Fax 02271-83-23 44<br />
www.rhein-erft-kreis.de<br />
Oberbergischer <strong>Kreis</strong><br />
Uwe Stranz<br />
Moltkestraße 34 · 51643 Gummersbach<br />
Fon 02261-88-67 01 · Fax 02261-88-67 40<br />
www.obk.de<br />
<strong>Rhein</strong>isch-Bergischer <strong>Kreis</strong><br />
Norbert Hanf<br />
Am Rübezahlwald 7 · 51469 Bergisch-Gladbach<br />
Fon 02202-13-26 58 · Fax 02202-13-26 75<br />
www.rbk-online.de<br />
<strong>Rhein</strong>-Sieg-<strong>Kreis</strong><br />
Walter Wiehlpütz<br />
Kaiser-Wilhelm-Platz · 53721 Siegburg<br />
Fon 02241-13-0 · Fax 02241-13-21-79<br />
www.rhein-sieg-kreis.de<br />
Stadt Köln<br />
Amt für Landschaftspflege und Grünflächen<br />
Dr. Joachim Bauer<br />
Willy-Brandt-Platz 2 · 50679 Köln<br />
Fon 0221-221 260 36 · Fax 0221-221 248 97<br />
www.stadt-koeln.de<br />
Bundesstadt Bonn<br />
Stadtplanungsamt<br />
Klaus Bouchon<br />
53103 Bonn<br />
Fon 0228 77 45 14 · Fax 0228 77 58 36<br />
www.bonn.de<br />
Stadt Leverkusen<br />
Fachbereich Stadtplanung und Bauaufsicht<br />
Dr. Daniel Zerweck<br />
Postfach 10 11 40 · 51311 Leverkusen<br />
Fon 0214-406-6123 · Fax 0214-406-6102<br />
www.leverkusen.de<br />
Zweckverband Naturpark Bergisches Land<br />
Theo Boxberg<br />
Moltkestraße 34 · 51643 Gummersbach<br />
Fon 02261-88-69 07 · Fax 02261-88-18 88<br />
www.bergischesland.de<br />
Naturpark Siebengebirge<br />
Herbert Losem<br />
Margaretenhof<br />
Königswinterer Str. 409 · 53639 Königswinter<br />
Fon 02223-90 94 94 · Fax 02223-90 97 00<br />
www.naturpark-siebengebirge.de<br />
Zweckverband Naturpark <strong>Rhein</strong>land<br />
Harald Sauer<br />
Willy-Brandt-Platz 1 · 50126 Bergheim<br />
Fon 02271-83 42 00 · Fax 02271-83 23 18<br />
www.naturpark-rheinland.de<br />
Landschaftsverband <strong>Rhein</strong>land<br />
Umweltamt<br />
Dieter Schäfer<br />
50663 Köln<br />
Fon 0221 809-32 88 · Fax 0221 809-24 61<br />
www.lvr.de<br />
Landwirtschaftskammer NRW<br />
Rolf Born, Günter Kornell<br />
Endenicher Allee 60 · 53115 Bonn<br />
Fon 0228-703 15 91 · Fax 0228-703 85 91<br />
www.lwk.nrw.de<br />
Landesgartenschau Leverkusen 2005 GmbH<br />
Hans-Max Deutschle<br />
Nobelstraße 91 · 51373 Leverkusen<br />
Fon 0214-406-67 67 · Fax 0214-406-67 02<br />
www.lgs-lev.de<br />
<strong>Kreis</strong>verwaltung Ahrweiler<br />
Klaus Löbner<br />
Wilhelmstraße 24–30<br />
53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler<br />
Fon 02641-975-232 · Fax 02641-975-563<br />
www.aw-online.de<br />
Bezirksregierung Köln<br />
Dezernat 62<br />
Holger Schilling<br />
Dienstgebäude Zeughausstr. 2–10 · 50667 Köln<br />
Fon 0221-7740-238 · Fax 0221-7740-698<br />
www.bezreg-koeln.nrw.de
Regionale 2010 Agentur<br />
Hanne Mick, Dr. Reimar Molitor<br />
Ottoplatz 1 · 50679 Köln<br />
Fon 0221-92 54 77-21 · Fax 0221-92 54 77-99<br />
buero@regionale2010.de<br />
www.regionale2010.de<br />
Autoren der Fachbeiträge<br />
Dr. Thomas Kistemann, Frauke Kramer<br />
Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit<br />
Universität Bonn<br />
Sigmund-Freud-Str. 25 · 53105 Bonn<br />
Fon 0228-287-5534 · Fax 0228-287-4885<br />
www.meb.uni-bonn.de/hygiene<br />
in Zusammenarbeit mit:<br />
Dr. Thomas Zumbroich, Zumbroich GmbH & Co. KG<br />
Dr. Wolfgang Isenberg<br />
Thomas-Morus-Akademie Bensberg<br />
Overather Straße 51 · 51429 Bergisch Gladbach<br />
Fon 02204-40 84 72 · Fax 02204-40 84 20<br />
www.tma-bensberg.de<br />
Prof. Dr. Gerd Schulte<br />
Institut für Landschaftsökologie<br />
Westfälische Wilhelms-Universität<br />
Robert-Koch-Str. 26–28 · 48149 Münster<br />
Fon 0251-83-39114 · Fax 0251-83-38352<br />
www.iloek.uni-muenster.de<br />
Dieter Schäfer<br />
Landschaftsverband <strong>Rhein</strong>land<br />
50663 Köln<br />
Fon 0221-809-32 88 · Fax 0221-809-24 61<br />
www.lvr.de<br />
(in Zusammenarbeit mit<br />
dem <strong>Rhein</strong>ischen Amt für Bodendenkmalpflege,<br />
dem <strong>Rhein</strong>ischen Amt für Denkmalpflege und<br />
BhSL – Büro für historische Stadt- und<br />
Landschaftsforschung)<br />
Prof. Dieter Prinz<br />
Dorpe 6 · 51515 Kürten<br />
Fon 02207-25 01 · Fax 02207-84 84 98<br />
Rolf Born, Günter Kornell, Carsten Lindner<br />
Landwirtschaftskammer NRW<br />
Endenicher Allee 60 · 53115 Bonn<br />
Fon 0228-703 15 91 · Fax 0228-703 85 91<br />
www.lwk.nrw.de<br />
Alfons Lückerath<br />
Forstamt Bergisch Gladbach - Königsforst<br />
Broichen 1 · 51429 Bergisch-Gladbach<br />
Fon 02204-95 26 21 · Fax 02204-95 26 58<br />
www.forst.nrw.de<br />
121
122
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Regionale 2010 Agentur<br />
Standortmarketing Region Köln/Bonn GmbH<br />
Ottoplatz 1<br />
50679 Köln<br />
Tel. 02 21-92 54 77-21<br />
Fax 02 21-92 54 77-99<br />
Mail: buero@regionale2010.de<br />
www.regionale2010.de<br />
Text und Redaktion: Manfred Kasper, Ursula Pfennig<br />
Karten: Christoph Hölzer<br />
Gestaltungskonzept, Layout und künstlerische Beratung:<br />
Lutz Fritsch, Steffen Missmahl<br />
Auflage: 10.000 Exemplare im Januar 2007<br />
Bildnachweis: Lutz Fritsch, Rainer Gaertner, Frank Herhaus,<br />
Landschaftsverband <strong>Rhein</strong>land (<strong>Rhein</strong>isches Industriemuseum/<br />
Jürgen Hoffmann), Michael Linnenbach, Steffen Missmahl,<br />
Wolfgang Nettekoven, Ute Prang, Heinrich Pützler (Naturpark<br />
<strong>Rhein</strong>land), Lothar Quast, RWE Power AG, Lenore Schäfer,<br />
Stadt <strong>Erft</strong>stadt, Wupperverband, Regionale 2010<br />
Unser besonderer Dank gilt Prof. Dr. Gerd Schulte, Universität<br />
Münster, für die Erarbeitung des Basisgutachtens zum<br />
,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>‘ und die Vorarbeiten zum Netzwerk der<br />
Kulturlandschaften der Region Köln/Bonn.<br />
Für die Unterstützung bei den Vorstudien zu einzelnen Fachbeiträgen<br />
danken wir dem Institut für Hygiene und Öffentliche<br />
Gesundheit der Universität Bonn (Wasserwirtschaft), der Landwirtschaftskammer<br />
Nordrhein-Westfalen (Landwirtschaft),<br />
Alfons Lückerath, Leiter des Forstamtes Bergisch-Gladbach<br />
(Forstwirtschaft), Dr. Wolfgang Isenberg, Thomas-Morus-<br />
Akademie Bensberg (Freizeit und Erholung), dem Landschaftsverband<br />
<strong>Rhein</strong>land (Kultur- und Denkmalpflege)<br />
und Prof. Dipl. Ing. Dieter Prinz (Stadt- und Regionalplanung).<br />
Für die Unterstützung bei der Qualifizierung und Umsetzung der<br />
Projektvorhaben vor Ort bedanken wir uns beim Land<br />
Nordrhein-Westfalen, der Bezirksregierung Köln sowie allen<br />
beteiligten Institutionen, Behörden und Projektverantwortlichen.<br />
Köln, im Januar 2007<br />
Manfred Kohlmann, Dr. Joachim Bauer<br />
Arbeitskreis Natur und Landschaft der Region Köln/Bonn<br />
Dr. Reimar Molitor, Regionale 2010 Agentur<br />
Regionale 2010 – eine Zukunftsinitiative<br />
des <strong>Rhein</strong>-<strong>Erft</strong>-<strong>Kreis</strong>es, des <strong>Rhein</strong>-Sieg-<strong>Kreis</strong>es,<br />
des <strong>Rhein</strong>isch-Bergischen <strong>Kreis</strong>es,<br />
des Oberbergischen <strong>Kreis</strong>es,<br />
der Städte Köln, Bonn und Leverkusen<br />
und des Landes Nordrhein-Westfalen<br />
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