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masterplan :grün - Rhein-Erft-Kreis

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egionale2010<br />

Zukunft gemeinsam gestalten –<br />

Das Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn<br />

:kulturlandschaftsnetzwerk<br />

,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ Version 2.0


Inhaltsverzeichnis<br />

Seite 004 > Vorworte<br />

Seite 009 > Präambel<br />

Seite 011 > Einführung –<br />

Das Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn<br />

Seite 015 > Zukunft gemeinsam gestalten –<br />

Der ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ als dynamisches Instrument<br />

Seite 021 > Vielfalt im Herzen Europas –<br />

Beschreibung und Genese der Landschaften in der Region Köln/Bonn<br />

Seite 027 > Die Herausforderung – Region als gestalterische Aufgabe<br />

Seite 031 > Der Blick nach vorn –<br />

Perspektiven der Landschaftsentwicklung in der Region<br />

Seite 035 > Natur und Kultur in ihrer höchsten Verdichtung –<br />

Das Netzwerk der Kulturlandschaften<br />

Seite 040 > Die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche der Region Köln/Bonn<br />

Seite 064 > Die Freiraum- und Gewässernetze –<br />

Feinnervige Verbindungen in Grün und Blau<br />

Seite 066 > Die Kulturlandschaftskorridore –<br />

Das Gerüst des Netzwerkes<br />

Seite 073 > Aus Sicht der einzelnen Disziplinen –<br />

Sektorale Anforderungen an das Netzwerk der Kulturlandschaften<br />

Seite 075 > Stadt- und Regionalplanung – Wachstum und Stabilität steuern<br />

Seite 078 > Landwirtschaft und Gartenbau – Perspektiven bieten<br />

Seite 084 > Forstwirtschaft – Wald und Holz als Ressource für die Zukunft<br />

Seite 089 > Wasser – Qualität im Fluss<br />

Seite 094 > Naturschutz und Landschaftspflege – Lebensräume sichern und verbinden<br />

Seite 098 > Kulturlandschaft und kulturelles Erbe – Die Grundlage regionaler Identität<br />

Seite 103 > Freizeit und Erholung – Potenziale erkennen, Angebote verzahnen<br />

Seite 109 > Vorsicht Konflikte – Wo es in der Region „krachen“ könnte<br />

Seite 117 > Übersetzer vor Ort – Die Projekte des Kulturlandschaftsnetzwerkes<br />

Seite 120 > Wichtige Tipps und Kontakte<br />

zum Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn<br />

3


Sehr geehrte Damen und Herren!<br />

Die Perspektiven für die Region Köln/Bonn sind gut, mit guten Chancen, eine<br />

wichtige Rolle im Wettbewerb der europäischen Großstadtregionen zu<br />

spielen. Die Region will diese Chancen nutzen und dabei Risiken vorbeugend<br />

in den Blick nehmen. Der ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ ist ein Best-Practice-Beispiel<br />

für eine neue Planungskultur mit selbstbewussten und engagierten Akteuren<br />

in Verantwortung für die gemeinsame Zukunft.<br />

Mit der Version 2.0 des ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ setzt die Region den vor zwei<br />

Jahren begonnenen Prozess fort, zur Regionale 2010 einen nachhaltigen<br />

Qualitätsrahmen für die Gestaltung ihrer Kulturlandschaften zu erarbeiten.<br />

Diese Aufgabe stellt angesichts der heterogenen Landschafts- und Siedlungsstruktur<br />

eine besondere Herausforderung für die Region Köln/Bonn dar.<br />

Mit dem ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ ist es gelungen, ein anspruchsvolles Steuerungsinstrument<br />

zu entwickeln, das diesen Anforderungen gerecht wird.<br />

Die Schritte zur Umsetzung des gemeinsam definierten Ziels, eine Infrastruktur<br />

der Zukunft zu entwickeln, die den Erhalt der regionalen Identität mit<br />

den Erfordernissen eines wirtschaftlichen Wachstums verbindet, wurden<br />

in einem breit angelegten Diskussionsprozess erarbeitet. Der ,<strong>masterplan</strong><br />

:<strong>grün</strong>’ ist damit auch ein innovatives Beispiel einer neuen kooperativen<br />

Planung. Engagiert haben die Kommunen der sieben Gebietskörperschaften<br />

(Köln, Bonn, Leverkusen, <strong>Rhein</strong>isch-Bergischer <strong>Kreis</strong>, Oberbergischer <strong>Kreis</strong>,<br />

<strong>Rhein</strong>-Sieg-<strong>Kreis</strong>, <strong>Rhein</strong>-<strong>Erft</strong>-<strong>Kreis</strong>), die zahlreichen Fachbehörden Nordrhein-Westfalens<br />

und eine Vielzahl weiterer Akteure diesen Prozess initiiert.<br />

Die intensive Zusammenarbeit der verschiedenen Kooperationspartner ist<br />

die beste Voraussetzung für das Gelingen des Vorhabens, eine langfristige<br />

Entwicklungsstrategie für die Region zu entwerfen und mit Leben zu füllen.<br />

Der vorliegende ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ verbindet die unterschiedlichen Anforderungen<br />

und Chancen einer perspektivischen regionalen Entwicklung. Die<br />

Sicherung und Vernetzung der Freiräume und die Verknüpfung mit angrenzenden<br />

Gebieten schaffen Landschafts- und Freiraumqualitäten, die für die<br />

Region eine vielversprechende Perspektive bieten. Die Harmonisierung der<br />

Lebensbereiche Wohnen, Arbeiten und Freizeit stellt einen bedeutsamen<br />

Wettbewerbsvorteil bei anstehenden Standortfragen dar. Ich bin überzeugt,<br />

es ist ein Plus, mit dem die Region zukünftig werben kann.<br />

Mit dem ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ ist es der Region Köln/Bonn gelungen, Pflege und<br />

Entwicklung von Natur- und Landschaft als Kerninhalt der Regionale 2010<br />

zu thematisieren und sie nicht als Wachstumshindernis, sondern als Baustein<br />

für eine Infrastruktur der Zukunft und ihrer Identität in einem Europa<br />

der Regionen zu begreifen. Mit der Entwicklung der Kultur- und Gewässerlandschaft<br />

hat die Region Köln/Bonn eine qualitative Aufwertung erfahren,<br />

von der auch über das Jahr 2010 hinaus positive Signale ausgehen werden.<br />

Darin liegt die eigentliche Chance des ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’.<br />

Ich wünsche dem Dialog um eine „Infrastruktur der Zukunft“ den Erfolg,<br />

der trägt, den ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ durch politische Legitimation der Kommunen<br />

– auch über 2010 hinaus – umzusetzen.<br />

Ihr<br />

Eckhard Uhlenberg<br />

Minister für Umwelt und Naturschutz,<br />

Landwirtschaft und Verbraucherschutz<br />

des Landes Nordrhein-Westfalen<br />

5


Sehr geehrte Damen und Herren!<br />

Mit dem Kulturlandschaftsnetzwerk und seinem Instrumentarium – dem<br />

,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ – geht die Region Köln/Bonn im Regierungsbezirk Köln<br />

neue Wege, um die Zukunft unserer Kulturlandschaftsräume vorausschauend<br />

zu sichern und aktiv zu gestalten. „Zukunft gemeinsam gestalten“<br />

lautet dabei das Motto der nun vorliegenden zweiten Version des ,<strong>masterplan</strong><br />

:<strong>grün</strong>’. Als qualitatives „Leitgerüst“ soll er die zukünftige Entwicklung<br />

eines regionalen Kulturlandschaftsnetzwerkes in der Region Köln/Bonn<br />

lenken. Eingebunden ist dies in die Aktivitäten der Regionale 2010, die als<br />

Strukturprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen Entwicklungsimpulse<br />

für die Region Köln/Bonn und ihre Landschaften gibt.<br />

In der Region Köln/Bonn gibt es verschiedenartig geprägte Teilräume. Hier<br />

wird es zukünftig neben den planerischen und funktionsräumlichen Zusammenhängen<br />

zunehmend auch um das Erscheinungsbild von Landschaft<br />

gehen. Auf einer Fläche von fast 4.000 Quadratkilometern weist der Raum<br />

zwischen dem Drachenfels und der Stadt Leverkusen sowie dem Oberbergischen<br />

Land und den Braunkohletagebauen im Westen eine ungeheure<br />

Dichte an unterschiedlichen Landschaftsräumen auf. In dieser Vielfalt ist<br />

die Region Köln/Bonn so abwechslungsreich wie kaum eine andere Region<br />

in Nordrhein-Westfalen. Daraus ergibt sich ein großes natur- und kulturräumliches<br />

Erbe und zu dessen Bewahrung eine anspruchsvolle planerische<br />

und gestalterische Herausforderung.<br />

Die Region Köln/Bonn sieht sich wegen der Vielfalt ihrer Landschafts- und<br />

Siedlungsstruktur besonders gefordert, alle Maßnahmen perspektivisch mit<br />

Blick auf ein „regionales Gesamtbild“ zu entwickeln. Dabei herrscht in vielen<br />

Teilen der Region Köln/Bonn auch zukünftig hoher Nutzungsdruck auf die<br />

Landschaft.<br />

Ausdrücklich sind in diesem Kontext die Gewässer als prägender Bestandteil<br />

des Kulturlandschaftsnetzwerkes der Region zu nennen: Eine bedeutende<br />

Aufgabe besteht zukünftig darin, den <strong>Rhein</strong> als größte europäische Wasserstraße<br />

unter den Vorgaben des Hochwasserschutzes zu entwickeln.<br />

Besondere Bedeutung für unsere Umwelt hat aber auch die Sicherung und<br />

Gestaltung der Fließgewässer rechts und links des <strong>Rhein</strong>s im Einklang mit den<br />

Zielen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Hier wird eine regionale<br />

„blau-<strong>grün</strong>e Infrastruktur“ – wie sie der vorliegende ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ beschreibt<br />

– zu einem wichtigen perspektivischen Standortfaktor.<br />

Ein attraktives, weil qualitätvolles Gesamtbild der Landschaften in einer Region<br />

kann nur entstehen, wenn dafür alle gestaltenden Kräfte den Willen zum Miteinander<br />

und den Blick für das Ganze entwickeln und in die Planungen und<br />

Projekte vor Ort einbringen. Für die Region Köln/Bonn bedeutet dies, dass<br />

die Gestaltung und Entwicklung unserer reizvollen heimischen Landschaft nur<br />

als gemeinschaftliche Anstrengung aller in ihr lebenden und wirkenden Bürger,<br />

Kommunen, <strong>Kreis</strong>e, Behörden, also aller Nutzer und Schützer gelingen kann.<br />

Die Bezirksregierung Köln unterstützt diese beispielhafte regionale Kooperation<br />

als Partner der Kommunen emotional und verbal und durch die Bereitstellung<br />

finanzieller Mittel. Insbesondere bündeln wir die Erfahrungen und<br />

Kompetenzen beispielsweise im Hochwasser-, Landschafts-, Natur- und<br />

Gewässerschutz und in der regionalen Wirtschaftsförderung und bringen sie<br />

in eine nachhaltige Siedlungs- und Regionalplanung ein.<br />

Durch Aufwertung der Kulturlandschaft in der Region Köln/Bonn wird die<br />

Lebensgrundlage der hier lebenden Menschen als „Infrastruktur der Zukunft“<br />

gesichert und verbessert und darüber hinaus die regionale Identität geschärft.<br />

Der ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ ist für dieses zentrale Anliegen der Regionale 2010<br />

die notwendige Basis. Die hier erarbeitete Bestandsaufnahme der Landschaften<br />

und die formulierten Qualitätsmaßstäbe sind Grundlage für die zukünftigen<br />

Entwicklungen und Umsetzung der folgenden Regionale-Projekte.<br />

Ich wünsche allen Beteiligten und Verantwortlichen ein konsequentes Handeln<br />

im Sinne der gemeinsam erarbeiteten Ziele auch über das Jahr 2010 hinaus,<br />

damit die Gestaltung der Kulturlandschaft nach den Vorgaben des ,<strong>masterplan</strong><br />

:<strong>grün</strong>’ zum Markenzeichen für die Vorteile der Region Köln/Bonn wird.<br />

Ihr<br />

Hans Peter Lindlar<br />

Regierungspräsident<br />

Bezirksregierung Köln<br />

7


Präambel<br />

9


10<br />

Präambel<br />

Das Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn nimmt konkrete Formen<br />

an. Sein Instrument – der ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ im Rahmen der Regionale<br />

2010 – geht mittlerweile in die zweite Runde. Die Region Köln/Bonn präsentiert<br />

ein Werk, das sich der Genese, dem aktuellen Zustand und vor allem der<br />

Zukunft der Landschaften in der Region Köln/Bonn widmet und Perspektiven<br />

für die zukünftige Entwicklung der Kulturlandschaften aufzeigt. Es drückt<br />

den gemeinsamen Gestaltungswillen aus, den die Region sich selbst gibt, und<br />

definiert Qualitäts- und Gestaltungsziele für die Landschaften der Region.<br />

Eine Darstellung der Ziele und der Umsetzung des Kulturlandschaftsnetzwerkes<br />

sowie der Methodik im Rahmen der Regionale 2010 finden Sie auf<br />

Seite 16ff.<br />

Ausgehend von einer Beschreibung der einzelnen Landschaftsräume in der<br />

Region Köln/Bonn (Seite 21ff.) wird vor allem die Herausforderung „Region<br />

als gestalterische Aufgabe“ (Seite 27ff.) beschrieben. Dabei werden Entwicklungsperspektiven<br />

für die Landschaften der Region aufgezeigt, wobei<br />

vor allem das Natur- und Kulturerbe der Gesamtregion und der einzelnen<br />

Teilräume zu erhalten und behutsam weiterzuentwickeln ist (Seite 31ff.).<br />

Sichtbar wird die naturräumliche und kulturelle Ausstattung der Region im<br />

Netzwerk der Kulturlandschaften, das auf den „wertvollen Kulturlandschaftsbereichen“<br />

sowie den Kulturlandschaftskorridoren und den Freiraum- und<br />

Gewässernetzen basiert (Seite 35ff.).<br />

Eine detaillierte Betrachtung aus der Sicht einzelner Fachdisziplinen setzt die<br />

planerischen Zielvorstellungen für die Landschaftsentwicklung in Bezug zu<br />

den vielfältigen Ansprüchen an den Freiraum (Seite 73ff.). Bringt man diese<br />

in einen Zusammenhang, so tauchen Konflikte auf, deren Bewältigung für<br />

die Zukunft der Region von elementarer Bedeutung ist. Diese Konfliktfelder<br />

werden erörtert, bevor anschließend der Umsetzungswille der Region anhand<br />

der Projekte als sichtbare Zeichen des Kulturlandschaftsnetzwerkes dargestellt<br />

wird. Das Kapitel zum Thema Projekte zeigt auch, wie die nächsten<br />

Schritte auf dem Weg bis zum Jahr 2010 aussehen könnten und wie sich<br />

die weitere Qualifizierung von konkreten Projekten gestaltet.<br />

Darüber hinausgehende Informationen zum Masterplan sowie zu den einzelnen<br />

Fachbeiträgen, Projekten und Veranstaltungen sind stets aktuell unter<br />

www.regionale2010.de zu finden.<br />

Das große, qualitative Gesamtbild der Region kann nur entstehen, wenn alle<br />

gestaltenden Kräfte in der Region den Willen zum Miteinander und den<br />

Blick für das Ganze haben sowie konkrete Planungen und Projekte vor Ort<br />

einbringen. Nur durch die Mitwirkung aller kann über die gemeinschaftliche<br />

Gestaltung der Zukunft aus dem Kulturlandschaftsnetzwerk der Region<br />

Köln/Bonn ein langfristig wirksamer, dynamischer Generationenvertrag entstehen,<br />

der die Ressourcen vor Ort klug nutzt, bewahrt und behutsam weiterentwickelt.<br />

Die entscheidende Frage dabei lautet: Wohin sollen sich unsere<br />

Kulturlandschaften entwickeln? Die Antwort darauf kann nur gemeinsam<br />

gegeben werden.


Einführung –<br />

Das Kulturlandschaftsnetzwerk<br />

der Region Köln/Bonn<br />

11


Einführung –<br />

Das Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn<br />

Die Region Köln/Bonn umfasst eine Fläche von nahezu 4.000 Quadratkilometern.<br />

Sie weist eine ungeheure Dichte an unterschiedlichen Landschaftsräumen<br />

bzw. -charakteren auf und ist in ihrer landschaftlichen Vielfalt so<br />

abwechslungsreich wie keine andere Region in Nordrhein-Westfalen. Dies ist<br />

ein großes kulturelles und naturräumliches Erbe und gleichzeitig eine große<br />

Verantwortung für die Zukunft.<br />

Doch was sind das für Landschaften, die sich entlang des <strong>Rhein</strong>abschnitts<br />

zwischen Siebengebirge und Leverkusen aufspannen? Wo und wie verbinden<br />

sich die Börde, die Ville, das Siebengebirge und das Bergische Land mit den<br />

urbanen Zentren der <strong>Rhein</strong>schiene? Die Antwort lautet: in der Landschaft.<br />

Über die Grenzen von 50 kreisangehörigen Kommunen, drei kreisfreien<br />

Städten und vier Landkreisen hinweg bildet die sich in ständiger Veränderung<br />

befindliche Landschaft der Region Köln/Bonn ihre Basisinfrastruktur<br />

und ihr räumliches „Rückgrat“.<br />

Landschaft im Wandel<br />

Landschaft steht für Heimat und Lebensqualität sowie für den Wunsch nach<br />

etwas, das bleibt. Doch Landschaft ist auch Wandel: Jede Generation hat<br />

die Landschaft genutzt und gestaltet, wie es ihren wirtschaftlichen Bedürfnissen<br />

und ihren technischen Möglichkeiten entsprach. In einer dynamischen<br />

Region wie der Region Köln/Bonn bedarf die Zukunft, die Sicherung und<br />

Entwicklung dieser Landschaft einer Perspektive. Mit ihrem Kulturlandschaftsnetzwerk<br />

will die Region Köln/Bonn „Zukunft gemeinsam gestalten“. Erst als<br />

gemeinschaftliche Anstrengung der 53 Kommunen, der <strong>Kreis</strong>e sowie der<br />

übergeordneten Behörden, Fachdisziplinen, Förderer und Nutzer wird Landschaft<br />

mehr als ein Zufalls- bzw. Auflösungsprodukt. Als bedachtsam entwickelte<br />

und gestaltete Infrastruktur wird sie zur Basis aller nachhaltigen<br />

Aktivitäten in der Region – von der Erzeugung gesunder Nahrungsmittel und<br />

der Bereitstellung von Trinkwasser über die Energiegewinnung und die Freizeitgestaltung<br />

bis hin zur weiteren Bereitstellung von Flächen für Verkehr,<br />

Siedlung und Gewerbe.<br />

Um dies zu erreichen, ist nicht nur ein kontinuierlicher Diskurs zwischen den<br />

gestaltenden Akteuren in der Region unabdingbar, sondern ebenso ein Disput,<br />

der sich kritisch und konstruktiv mit der Frage des geeigneten Weges in<br />

Richtung Zukunft auseinandersetzt. In diesem Sinne versteht sich die vorlie-<br />

gende zweite Version des ,<strong>masterplan</strong>s :<strong>grün</strong>’ als Plattform und Diskussionsgrundlage<br />

für die zukünftige nachhaltige Entwicklung unserer Landschaften.<br />

Sie ersetzt dabei ausdrücklich keine vorhandene Planungsebene, sondern<br />

ergänzt diese um qualitative Aspekte.<br />

Projekte als sichtbare Zeichen<br />

Sichtbare Zeichen des skizzierten Ansatzes sind konkrete Projekte. Sie greifen<br />

die jeweiligen Realitäten vor Ort auf, wobei sie sich konsequent dem gemeinsamen<br />

Gesamtziel verpflichten. Es ist bereits in diesem frühen Stadium<br />

des Regionale-Prozesses ermutigend, wie und in welcher Form die derzeit<br />

insgesamt elf Projektkonsortien, in denen insgesamt 32 Kommunen der Region<br />

kooperieren, um auf Basis des Kulturlandschaftsnetzwerkes Gestaltungsvorstellungen<br />

für den jeweiligen Teilraum gemeinschaftlich zu entwickeln.<br />

Dies erfolgt über kommunale, fachliche und <strong>Kreis</strong>grenzen hinweg.<br />

Darüber hinaus leitet die Perspektive des Kulturlandschaftsnetzwerkes schon<br />

jetzt auch wichtige raumwirksame Planungen in der Region. Ob bei der<br />

Überarbeitung von Flächennutzungsplänen oder im Rahmen von Leitbildprozessen<br />

– viele Kommunen haben erklärt, diese regionale Übereinkunft als<br />

Grundlage für ihre Zukunftsplanungen heranziehen zu wollen. Die regionale<br />

Diskussion über die Gestaltung unserer Landschaften nimmt dabei bereits<br />

Aspekte auf, die sich zukünftig ohnehin stärker auf den Tagesordnungen der<br />

Kommunen, Behörden und Verbände wiederfinden werden: beispielsweise<br />

die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL).<br />

Über das Kulturlandschaftsnetzwerk findet in der Region Köln/Bonn derzeit<br />

eine lebendige und in Teilen auch kontrovers geführte Diskussion statt. Das<br />

Netzwerk lebt dabei vom aktiven Austausch der Kommunen und der vielen<br />

unterschiedlichen Akteure in der Region. Ein gutes Beispiel ist die Vielzahl<br />

der Rückmeldungen auf die erste Version des Masterplans. Die zahlreichen,<br />

in der Region geäußerten Bedenken und Anregungen finden sich in der<br />

nun vorliegenden Fassung bzw. in den Langfassungen der einzelnen Fachbeiträge<br />

wieder. Diese können im Internet unter www.regionale2010.de<br />

abgerufen werden.<br />

13


Zukunft gemeinsam gestalten –<br />

Der ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’<br />

als dynamisches Instrument<br />

15


16<br />

Zukunft gemeinsam gestalten –<br />

Der ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ als dynamisches Instrument<br />

In einer dynamischen Region wie der Region Köln/Bonn ist Landschaft längst<br />

zu einem „Produkt“ geworden, an das eine Vielzahl von Nutzungsansprüchen<br />

gestellt wird. Dabei ist die Entwicklung in der Region weder mit dem tief<br />

greifenden Strukturwandel im Ruhrgebiet noch mit den „Schrumpfungsprozessen“<br />

in weiten Teilen Ostdeutschlands vergleichbar. Demografische<br />

Untersuchungen prognostizieren für die <strong>Kreis</strong>e im direkten Umfeld der Städte<br />

Köln, Bonn und Leverkusen in den nächsten Jahren einen weiteren Anstieg<br />

der Bevölkerungszahlen. Der bereits heute in der Landschaft ablesbare Prozess<br />

der Verstädterung wird sich somit fortsetzen. Nicht zuletzt deshalb<br />

spielen die Sicherung und Entwicklung von Landschaft und Freiräumen in der<br />

Region eine wichtige Rolle. Sie bedürfen einer expliziten und perspektivischen<br />

Steuerung – einer Haltung für die Zukunft sowie eines zukunftsfähigen<br />

Konzeptes.<br />

Mit dem ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ liegt ein innovatives Instrument zur Förderung<br />

der regionalen Kommunikation und Abstimmung vor. Er ist ein dynamischer<br />

Entwurf und formuliert Ziele, um die Aktivitäten der unterschiedlichen regionalen<br />

Akteure zu bündeln und zu koordinieren. Seine Erarbeitung sorgt für<br />

eine neue Kultur des Zusammenwirkens zur Sicherung und Weiterentwicklung<br />

von Landschaft und Kultur in der Region Köln/Bonn.<br />

Neue Zielqualitäten für die Region<br />

Die Aufgabe des Masterplans ist es, Qualitäten der regionalen Kulturlandschaften<br />

mittelfristig zu sichern und zu verbessern, und zwar nicht nur für die<br />

hier ausgewiesenen „wertvollen Kulturlandschaftsbereiche“ mit der höchsten<br />

Verdichtung von natürlichem und kulturellem Erbe (siehe auch Seite 00),<br />

sondern für alle Teilräume der Region. In gemeinsamer Verantwortung für die<br />

Zukunft können und sollen sich einzelne Planungen am Masterplan orientieren<br />

und seine Zielsetzungen in konkreten Projekten vor Ort umsetzen.<br />

Dabei wird Kooperation zu einem zentralen Begriff und zu einer wesentlichen<br />

Grundlage für den Erfolg des Masterplans. Sie folgt dem Grundgedanken,<br />

dass ein gemeinsames Verständnis der Kulturlandschaft die Basis für deren<br />

Erhalt und zukünftige Gestaltung ist. Wichtigstes Ziel ist es, bestehende<br />

Landschafts- und Freiräume in der Region zu sichern und weiterzuentwickeln<br />

sowie neue Landschafts- und Freiraumqualitäten zu schaffen.<br />

Der Masterplan übernimmt die Aufgabe, die Entwicklung der Region perspektivisch<br />

zu beeinflussen und ihre Kulturlandschaften langfristig zu sichern.<br />

Er knüpft so an eine Entwicklung an, die mit der Gründung des regionalen<br />

Arbeitskreises Natur und Landschaft im November 2000 begann und stellt<br />

die Thematik der regionalen Freiraumsicherung in einen größeren Gesamtzusammenhang.<br />

Vor dem Hintergrund des Strukturprogramms Regionale 2010<br />

definiert er neue Ziele und gibt diesen einen gemeinsamen gestalterischen<br />

Rahmen. Eine wesentliche Grundidee ist, dass ein Raum erst durch die<br />

Kommunikation über den Raum begreifbar wird. Aus der zweidimensionalen<br />

Betrachtung planerischer Ansätze wurde so – aus der Region heraus – ein<br />

Prinzip der Dreidimensionalität entwickelt, das neue Zielqualitäten für die<br />

Region und ihre Teilräume formuliert.<br />

Das Instrument Masterplan als Initiative für die Zukunft der Region<br />

Der Masterplan ist eine lebendige Plattform für die Diskussion und die Kommunikation<br />

über die „Infrastruktur der Zukunft“ in der Region Köln/Bonn. Es<br />

entsteht ein Instrument der räumlichen Vernetzung, das auf Basis der Kenntnis<br />

der regionalen Kulturlandschaften den Dialog zwischen den unterschiedlichen<br />

Akteuren herstellt und fördert. Durch die Entwicklung von Zielen und<br />

Qualitätsanforderungen wird dies für alle Beteiligten und auch für Außenstehende<br />

transparent. So wird mittelfristig eine breite Akzeptanz und Unterstützung<br />

auf unterschiedlichen Ebenen gesichert.<br />

Verbunden mit dem Masterplan ist das Leitbild der Bewahrung, behutsamen<br />

Weiterentwicklung und Vernetzung der Landschaften und Freiräume in der<br />

Region. Entscheidend ist dabei der Blick in die Zukunft: Das zu Bewahrende<br />

der Kulturlandschaften in der Region Köln/Bonn dient als eine Art Matrix für<br />

die gemeinsame Gestaltung einer „Infrastruktur der Zukunft“. Das Konzept<br />

zu deren Gestaltung wird aus der Region heraus in Abstimmung mit dem<br />

Land Nordrhein-Westfalen entwickelt: ein Netzwerk der Kulturlandschaften<br />

in der Region, das die Unterschiede und die Einzigartigkeit einzelner Teilräume<br />

herausstellt, vorhandene Potenziale erschließt und Beziehungen und<br />

Wechselwirkungen zwischen den charakteristischen Landschaftsräumen der<br />

Region aufzeigt. So werden spezielle Landschafts- und Freiraumqualitäten<br />

individuell erlebbar. Das Netzwerk der Kulturlandschaften trägt dazu bei,<br />

das Erholungspotenzial der Landschaft und die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes<br />

zu steigern.


18<br />

Der Aufbau eines solchen Netzwerkes erfordert eine Konzentration auf bestimmte<br />

Landschaftsausschnitte und Korridore. Deren Auswahl wird durch<br />

die jeweils vorhandenen Qualitäten und Potenziale bestimmt. Ziel ist es,<br />

Landschaft erfahrbar zu machen und Identitäten herauszustellen. Die Verknüpfung<br />

der einzelnen Landschaftsräume im Netzwerk der Kulturlandschaften<br />

erfolgt dabei ohne eine „großflächige Umgestaltung“. Das heißt:<br />

Landschaft soll an sich nicht grundlegend verändert werden. Vielmehr werden<br />

die charakteristischen Eigenschaften des Natur- und Kulturerbes der Landschaft<br />

herausgearbeitet und sichtbar gemacht. Auf diese Weise wird der<br />

regionale Bezug zu vertrauten Landschaftselementen hergestellt. Das vertraute<br />

Bild von Landschaft bleibt erhalten und wird doch erweitert, indem es<br />

in einen regionalen Zusammenhang gebracht wird. Es wird mit Neuem verbunden<br />

und in geeigneter Weise präsentiert. Neben dem Aufzeigen regionaler<br />

Bezüge sowie der Vernetzung und Aufwertung einzelner Landschaftsräume<br />

sorgt der Ansatz auch dafür, dass das Alltägliche und das Besondere<br />

in der Region erkennbar und erlebbar werden.<br />

Der Ablauf und die Methodik<br />

Um das Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn auf eine solide<br />

Grundlage zu stellen, wurden im Vorfeld verschiedene Fachbeiträge zu<br />

Fragen der zukünftigen Raumentwicklung erarbeitet. Diese beziehen sich<br />

auf die Verkehrs-, Industrie- und Siedlungsentwicklung, die Land- und Forstwirtschaft,<br />

die Kulturlandschaft und das kulturelle Erbe, die Stadtentwicklung<br />

und die Bereiche Naturschutz und Landschaftspflege sowie Freizeit und<br />

Erholung. In Werkstätten, Regionalforen und weiteren Veranstaltungen mit<br />

Beteiligung der Öffentlichkeit wurden diese Fachbeiträge intensiv weiterdiskutiert.<br />

Dort wurden auch Schnittstellen und Konflikte zwischen einzelnen<br />

Fachgebieten und Themen benannt sowie erste Ansatzpunkte zu gemeinsamen<br />

Handlungsansätzen definiert.<br />

Alle Fachbeiträge beziehen sich auf eine Basisstudie. Diese analysiert eingehend<br />

die geografische Entstehung und Entwicklung der Region. Dabei<br />

werden deren Großlandschaften und Teilräume sowohl unter naturräumlichen<br />

Aspekten als auch hinsichtlich ihrer Genese und ihrer Ressourcen<br />

und Potenziale beschrieben und ausgewertet. Die Betrachtung des Raumes<br />

erfolgt unter besonderer Berücksichtigung des Kultur- und Naturerbes der<br />

Landschaften. Auf dieser fundierten Grundlage können Perspektiven für die<br />

verschiedenen Kulturlandschaftsräume als wesentliche Voraussetzung zur<br />

Schaffung eines regionalen Netzwerkes der Kulturlandschaften formuliert<br />

werden.<br />

Der Masterplan wird einschließlich der Fachbeiträge in den nächsten Jahren<br />

unter Einbeziehung aktueller Frage- und Problemstellungen in der Region<br />

kontinuierlich fortgeschrieben. Ziel ist es dabei auch, die Diskussion über<br />

Landschaftsqualität in vorhandene Planverfahren wie die Regionalplanung<br />

und die kommunalen Flächennutzungsplanungen einzubringen und darüber<br />

ein schlüssiges und dynamisches Gesamtbild für die Region zu erhalten. Der<br />

Aspekt Kommunikation spielt hierbei eine zentrale Rolle: Der Masterplan<br />

schafft den Anreiz zur Kommunikation über kommunale Grenzen sowie zur<br />

Zusammenarbeit zwischen privaten und halböffentlichen Akteuren und<br />

Kommunen. Er ermöglicht zugleich eine Berücksichtigung bei sowie eine<br />

Integration von laufenden Maßnahmen.<br />

Der Masterplan „auf Tour“<br />

Um den ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ vor allem bei den 50 kreisangehörigen Kommunen<br />

in den vier Landkreisen der Region zu etablieren, führte der Arbeitskreis<br />

Natur und Landschaft der Region Köln/Bonn im Jahr 2005 in den jeweiligen<br />

<strong>Kreis</strong>städten direkte Informationsveranstaltungen durch. Parallel dazu wurden<br />

die 53 Kommunen der Region Köln/Bonn gebeten, ihre fachlichen Anregungen<br />

aus kommunaler Sicht vorzutragen. Der daraufhin einsetzende rege<br />

Rücklauf brachte eine Vielzahl von konstruktiven Ergänzungs- und Verbesserungsvorschlägen,<br />

die ebenso in die Weiterentwicklung und Ausformulierung<br />

der vorliegenden Veröffentlichung einflossen wie die Anregungen weiterer<br />

Behörden und Verbände in der Region, der Bezirksregierung Köln und des<br />

Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz<br />

des Landes Nordrhein-Westfalen.<br />

Ein Motor der Zusammenarbeit<br />

Die Erarbeitung des ,<strong>masterplan</strong>s :<strong>grün</strong>’ hat ihre Wurzeln in der Gründung<br />

eines regionalen Arbeitskreises Natur und Landschaft im Jahr 2000. Diese<br />

erfolgte im Kontext einer Neuorientierung der regionalen Zusammenarbeit in<br />

der Region Köln/Bonn. Seinerzeit wurde vor allem das Fehlen regionalbezogener<br />

Planungsgrundlagen beklagt. Daher begann eine Zusammenarbeit,


die erstmals Konzeptionen für kommunale Grenzen überschreitende „Grünzüge“<br />

und Erlebnisrouten zur Folge hatte. Im Zusammenhang mit der<br />

Regionale 2010 wurde deutlich, dass für landschaftsbezogene Regionale-<br />

Projekte im Themenfeld :<strong>grün</strong> Rahmenvorgaben und Qualitätsmaßstäbe<br />

erforderlich sind. Hieraus ergab sich die regionale Verständigung auf die<br />

Erarbeitung des ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’.<br />

Das Konzept des Kulturlandschaftsnetzwerkes ist dabei längst wesentlich<br />

mehr als die in den Anfängen angedachte Qualifizierungsgrundlage für Projekte<br />

im Rahmen der Regionale 2010. Es trägt zur Verständigung innerhalb<br />

der Region über die Zukunft von Freiraum und Landschaft bei und ist zu<br />

einem Motor der Zusammenarbeit geworden. Dabei zielt es stets auf die<br />

dauerhafte Etablierung einer gemeinschaftlichen Perspektive für die Landschaften<br />

der Region ab. Wie lange solche Konzepte halten können und was<br />

sie zu leisten im Stande sind, zeigen uns direkt „vor der eigenen Haustür“<br />

die Grüngürtel in Köln.<br />

Unter der Maxime „Denke und gestalte Landschaft regional“ wächst auf<br />

diese Art und Weise Schritt für Schritt ein neues Zusammenwirken zur<br />

Sicherung und Weiterentwicklung von Landschaft und Kultur heran. Das<br />

Kulturlandschaftsnetzwerk wird zu einer Motivation für interkommunale<br />

Kooperationen, die das sozial und räumlich vernetzte Vorgehen aller Akteure<br />

protegiert und so über die Grenzen einzelner Fachgebiete und die Grenzen<br />

des Standortes hinaus raumwirksam wird.<br />

19


<strong>Kreis</strong> Mettmann


Vielfalt im Herzen Europas –<br />

Beschreibung und Genese der<br />

Landschaften in der Region Köln/Bonn<br />

Der Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg:<br />

Das wirtschaftliche Zentrum der Region<br />

Die Landschaft von Börde und Ville:<br />

Acker, Wald und Braunkohle<br />

Das Bergische Land:<br />

Industrietradition zwischen<br />

Bergen und Tälern<br />

Die Mittelrheinische Pforte:<br />

Das Tor zur Region<br />

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Vielfalt im Herzen Europas –<br />

Beschreibung und Genese der Landschaften in der Region Köln/Bonn<br />

Europa wächst zusammen. Der Staatenbund der Europäischen Union soll zu<br />

neuen politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und ökologischen<br />

Gemeinsamkeiten führen. Ein wichtiger Lebensnerv dieser Gemeinsamkeiten<br />

ist der Erhalt und die Entwicklung der kulturellen und ökologischen Vielfalt.<br />

Dabei sind die Eigenschaften und Identitäten der europäischen Regionen<br />

ein hohes Schutzgut, das es zu sichern und zu fördern gilt. Ein „Europa der<br />

Regionen“ geht als einer der Grundsätze in die zukünftige Verfassung der<br />

Europäischen Union ein.<br />

Ein solches Europa ist jedoch nur realisierbar, wenn auch die europäischen<br />

Landschaften ihre Eigenarten behalten. Die dort lebenden Menschen<br />

müssen diese Landschaften weiterhin als ihre Heimat empfinden, sie müssen<br />

ihnen verbunden bleiben, sich mit ihnen identifizieren sowie sich für ihren<br />

Erhalt und ihre Entwicklung einsetzen. Denn die Kulturlandschaften Europas<br />

sind die Wiege der Vielfalt der europäischen Kultur und Natur.<br />

Die Region Köln/Bonn umfasst per definitionem vier europäisch bedeutsame<br />

Großlandschaften: den Mittelgebirgsraum des Bergischen Landes, Teile des<br />

Mittelrheinischen Schiefergebirges, die <strong>Rhein</strong>terrassen zwischen Köln und<br />

Bonn als Teile des Ballungsraumes <strong>Rhein</strong>-Ruhr und die Kölner Bucht als Teil<br />

der Niederrheinischen Bucht. Das Kulturlandschaftsnetzwerk integriert darauf<br />

aufbauend folgende Großlandschaften der Region Köln/Bonn:<br />

• den Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg,<br />

• die Landschaft von Börde und Ville,<br />

• das Bergische Land<br />

• und die Mittelrheinische Pforte.<br />

Im Rahmen des Masterplans werden die landschaftlichen Eigenarten der<br />

Großlandschaften und ihrer Teilräume, ihre Genese sowie ihre Qualitäten für<br />

die Entwicklung künftiger Leitbilder und Gestaltungsgrundsätze betrachtet.<br />

Der Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg:<br />

Das wirtschaftliche Zentrum der Region<br />

Die heutigen Kulturlandschaften der Region Köln/Bonn sind das Ergebnis<br />

der jahrtausendelangen Nutzung und Kultivierung der Naturlandschaft durch<br />

den Menschen. Der <strong>Rhein</strong> hat dabei stets eine dominierende Rolle gespielt.<br />

Seit der Kulturnahme der Landschaft ist der Fluss eine der wichtigsten Verkehrsachsen<br />

in Europa. Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts kam es zu<br />

den ersten Industrieansiedlungen an den Ufern des <strong>Rhein</strong>s.<br />

Heute ist das Relief zwischen dem Eintritt des <strong>Rhein</strong>s in die niederrheinische<br />

Tiefebene bei Bad Godesberg und dem Bayer-Kreuz in Leverkusen geprägt<br />

von der fest eingebetteten Flusslandschaft, die nur zum Teil noch erkennbare<br />

naturnahe Räume aufweist. Die Großlandschaft des Ballungsraumes <strong>Rhein</strong>-<br />

Sieg ist der am dichtesten besiedelte Teil der Region. Sie besteht aus der<br />

<strong>Rhein</strong>aue und den Aueweitungen an den Mündungen von Wupper und Sieg<br />

sowie den Niederterrassen und den höher gelegenen Mittelterrassen auf der<br />

rechts- und linksrheinischen Seite.<br />

Sowohl die flussnahen Bereiche als auch die Nieder- und Mittelterrasse rechts<br />

und links des <strong>Rhein</strong>s sind durch Besiedlung, Industrie und Verkehr geprägt.<br />

„Verträumte Reste“ der alten Kultur- und Naturlandschaft sowie attraktive<br />

Parks und Grünflächen ergänzen die Strukturen. Städte wie Köln, Leverkusen,<br />

Wesseling, Bonn und Siegburg sind zu einem Ballungsraum mit rund zwei<br />

Millionen Einwohnern zusammengewachsen. Die <strong>Rhein</strong>schiene bündelt zudem<br />

frachtgünstige Verkehrswege und Industriestandorte wie zum Beispiel<br />

den Ballungsraum der Chemie zwischen Leverkusen und Wesseling.<br />

In den <strong>Rhein</strong>auen sind die ursprünglichen Auenwälder größtenteils verschwunden,<br />

sie wurden durch Äcker, Grünland und Pappelpflanzungen ersetzt. Zum<br />

Teil wird dieser Bereich heute noch als Dauer<strong>grün</strong>land genutzt, insbesondere<br />

infolge des hohen Grundwasserstandes und der periodischen Überschwemmungen.<br />

Einen besonderen Wert im Komplex der <strong>Rhein</strong>wiesen haben die<br />

seltenen Salbeiwiesen, die vor allem auf den kalkhaltigen Aueböden an den<br />

Böschungen der <strong>Rhein</strong>deiche gedeihen.


Zu beiden Seiten des <strong>Rhein</strong>s schließen sich die Niederterrassen an, die vor<br />

allem im Norden der Region bei Worringen und Leverkusen eine Breite von<br />

bis zu zwölf Kilometern erreichen. Früher waren sie von fruchtbaren, dicht<br />

besiedelten Bauernfluren geprägt, was vor allem im Süden der Region noch<br />

erkennbar ist. Zwischen Köln und Bonn sind einzelne Teile der alten und<br />

reichen bäuerlichen Kulturlandschaft erhalten geblieben. Sie stehen heute<br />

jedoch in Konkurrenz zu Siedlungsentwicklung, Wasserwirtschaft und Kiessandabbau.<br />

Neben Weizen- und Rübenanbau findet man hier noch größere<br />

Garten-, Obst- und Gemüseflächen.<br />

Das Gebiet der rheinischen Mittelterrassen wird rechtsrheinisch von der<br />

„Bergischen Heideterrasse“ geprägt. Sie erstreckt sich zwischen der Sieg im<br />

Süden und Leichlingen im Norden entlang des Ostrandes der Kölner Bucht<br />

und wird von den Tälern der Agger, Dhünn und Wupper sowie von einigen<br />

kleineren Bachläufen durchschnitten. Trotz dichter Besiedlung und Nutzung<br />

durch den Verkehr wird die Landschaft noch von großen Waldgebieten<br />

dominiert und weist Landmarken wie den weithin sichtbaren Bergkegel des<br />

Michaelsberges bei Siegburg auf.<br />

Eine Besonderheit in diesem Bereich ist die zwischen Köln-Porz und Troisdorf<br />

gelegene Wahner Heide, eines der größten Naturschutzgebiete Nordrhein-<br />

Westfalens und zugleich eines der landesweit artenreichsten Heide-, Moorund<br />

Waldgebiete. Rund 700 europaweit gefährdete Tier- und Pflanzenarten<br />

finden hier einen ihrer letzten Rückzugsbereiche.<br />

Die linksrheinische Mittelterrasse ist wie die rechtsrheinische vor allem durch<br />

trockene Böden geprägt, fruchtbare Lössauflagen schaffen hier jedoch sehr<br />

günstige Bedingungen für die Landwirtschaft. Es handelt sich um ein altbäuerliches<br />

Siedlungsgebiet mit kleinen Waldresten. Typische Nutzungsformen<br />

sind ein intensiver Ackerbau im Norden sowie der Anbau von Obst, Gemüse<br />

und Zierpflanzen südlich von Hürth und Brühl. Eine andere Art von Grünnutzung<br />

zeigt sich in der Brühler Gartenlandschaft, einem der Schauplätze<br />

entlang der nordrhein-westfälischen „Straße der Gartenkunst“. Die Gartenanlagen<br />

der Schlösser Augustusburg und Falkenlust gelten als bedeutendes<br />

Beispiel der europäischen Gartenkunst und gehören zum Weltkulturerbe der<br />

UNESCO.<br />

Die Landschaft von Börde und Ville: Acker, Wald und Braunkohle<br />

Die zweite prägende Großlandschaft der Region Köln/Bonn ist das Gebiet<br />

von Börde und Ville, das die ausgedehnten und klimatisch begünstigten Lössgebiete<br />

der Zülpicher und Jülicher Börde, die <strong>Erft</strong>aue sowie die Sand- und<br />

Kiesschollen der waldreichen Ville umfasst. Die Bördelandschaften um<br />

Zülpich und Jülich sind vom Relief her eben und leicht wellig. Sie ermöglichen<br />

eine hoch entwickelte Landwirtschaft auf fruchtbaren Böden. Der Ackerbau<br />

hat hier eine lange Geschichte: Seine Anfänge gehen bis ins Neolithikum<br />

zurück. Bereits damals hatte der Mensch die hohe Fruchtbarkeit der Lössböden<br />

für eine ackerbauliche Nutzung erkannt. Heute hat der Braunkohletagebau<br />

die Ackerflächen der Börde erreicht.<br />

Die Ville ist ein schmaler, durchschnittlich nur fünf Kilometer breiter Höhenzug,<br />

der nach beiden Seiten durch zum Teil steil abfallende Ränder scharf<br />

abgegrenzt ist. Sie ist die „<strong>grün</strong>e Hecke“ der Börde. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

war sie noch nahezu vollständig bewaldet. Während der südliche<br />

Teil nach wie vor Waldville genannt wird und große geschlossene Waldbereiche<br />

aufweist, wird das Landschaftsbild im Norden und im mittleren Teil<br />

vom hier nahezu abgeschlossenen Braunkohlebergbau bestimmt. Kennzeichnend<br />

sind hier die letzten Reste großer Braunkohle-Tagebaubetriebe,<br />

die die Landschaft völlig neu gestaltet haben. Entstanden ist eine Landschaft<br />

mit von Menschenhand geschaffenen „großen Löchern“, die den Spagat<br />

zwischen Bewahrung und Entwicklung sichtbar und erlebbar macht: eine<br />

bizarre, aufregende Landschaft, die sich im ständigen Wandel befindet.<br />

Große Teile der Braunkohleville wurden in den letzten 50 Jahren erfolgreich<br />

rekultiviert. So findet man unmittelbar neben der Industriekulisse mit riesigen<br />

Schaufelradbaggern eine Seenplatte mit neuen Wäldern und Aussichtspunkten,<br />

die zahlreiche Menschen zu Freizeitgestaltung und Erholung anzieht.<br />

Auch das ist typisch für die Bilder von Landschaft in der Region.<br />

Der dritte Teilraum im Bereich Börde und Ville ist die <strong>Erft</strong>aue. Hat sie im<br />

Norden eher den Charakter eines engen Durchbruchtals, so ist sie im Süden<br />

breit angelegt. Die <strong>Erft</strong>ufer sind hier von Wiesen, Weiden und Ackerland<br />

geprägt. In der Nähe der benachbarten Ortschaften zeugen alte Schlösser,<br />

Wasserburgen und -mühlen sowie andere Baudenkmäler von der kulturhistorischen<br />

Bedeutung der Region.<br />

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Naturräumliche Einheiten<br />

Zülpicher und<br />

Jülicher Börde<br />

Linksrheinische<br />

Mittelterrasse<br />

Börde und Ville<br />

Ballungsraum<br />

<strong>Rhein</strong>-Sieg<br />

Zülpicher und<br />

Jülicher Börde<br />

Rechtsrheinische<br />

Mittelterrasse<br />

(Bergische Heideterrasse)<br />

Niederterrasse<br />

Kottenforst –<br />

Drachenfelser<br />

Ländchen<br />

Bergische Hochflächen<br />

Bergisches Land<br />

Siebengebirge –<br />

Pleiser Ländchen<br />

Mittel- rheinische<br />

Pforte<br />

Mittelsieg-Bergland<br />

Oberagger-Wiehl-Bergland


Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts floss die <strong>Erft</strong> noch weitgehend naturnah<br />

in einer extensiv genutzten, arten- und strukturreichen Talaue, die sich in<br />

die Börde eingeschnitten hatte. Mitte des 19. Jahrhunderts änderte sich dies:<br />

Ein Großteil der Flächen wurde entwässert, umgestaltet und größtenteils in<br />

Äcker umgewandelt. Im Norden beeinträchtigen zudem die für den Braunkohletagebau<br />

notwendigen Grundwasserabsenkungen den Fluss, der<br />

augrund der industriellen Einleitungen zu einem künstlichen Gewässer mit<br />

stark erhöhter Wasserführung geworden ist.<br />

Das Bergische Land: Industrietradition zwischen Bergen und Tälern<br />

Ursprünglich bedeckten geschlossene Buchenwälder das Bergische Land,<br />

das sich landschaftlich in die Bergischen Hochflächen, das Oberagger-<br />

Wiehl-Bergland sowie das Mittelsieg-Bergland gliedert. Die Naturräume und<br />

Kulturlandschaften unterscheiden sich dabei jedoch nur geringfügig voneinander.<br />

Das Relief des Bergischen Landes ist gekennzeichnet von topografischer<br />

Zerrissenheit, steilen Böschungen, relativ armen Böden und einem rauen<br />

Klima. Prägend für die Landschaft sind im Norden wie im Süden wasserreiche<br />

Netze aus kleinen Flüssen, Bächen, Siefen, Quellen und Quellfluren.<br />

Die Besiedlung und der Verlauf der Verkehrswege konzentrierten sich zunächst<br />

auf die Berghöhen und später auf die <strong>grün</strong>landdominierten Täler.<br />

Während an den Talhängen vorwiegend Buchen- und Buchen-Eichen-Mischwälder<br />

stehen, werden die Bergkuppen und Hochflächen heute oft noch<br />

ackerbaulich genutzt.<br />

Die Besiedlung des Bergischen Landes durch den Menschen erfolgte vor<br />

allem aufgrund des Ressourcenreichtums. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts<br />

garantierten dabei Holz und Wasser eine vorindustrielle Blüte von Köhlerei<br />

und wasserbetriebener Kleinindustrie. So entstanden beispielsweise entlang<br />

vieler Flüsse und Bäche metallverarbeitende Industrieunternehmen. Außerhalb<br />

der Täler entwickelte sich eine auf Selbstversorgung ausgerichtete<br />

Landwirtschaft. Die jüngere Industriegeschichte des Bergischen Landes konzentrierte<br />

sich mit Beginn des 20. Jahrhunderts in der Region auf den Westrand<br />

des Mittelgebirges und die Täler. Dabei fand das städtische und industrielle<br />

Wachstum aufgrund des Wasserreichtums insbesondere in den Tälern<br />

der oberen Wupper und der Agger statt. Die junge Industriegeschichte konnte<br />

auf die Strukturen der alten Metallverarbeitung mit ihren Hämmern, Schmieden,<br />

Wassermühlen und Sägewerken aufbauen. So entstanden die Stadtund<br />

Industrietäler von Gummersbach, Wipperfürth, Engelskirchen und Bergneustadt,<br />

in denen es vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem enormen<br />

Wachstum der Siedlungs-, Industrie- und Verkehrsflächen kam. Heute<br />

ist zum Beispiel nahezu der gesamte Talkorridor der Agger dicht besiedelt.<br />

Das Gewässernetz des Bergischen Landes hat auch weit über seinen Beitrag<br />

zum städtischen und industriellen Wachstum der Region hinaus Bedeutung.<br />

Es bildet ein natürliches Landschaftsnetzwerk und Biotopverbundsystem mit<br />

einzigartiger Tier- und Pflanzenwelt. Zudem macht es das Bergische Land<br />

zum wichtigsten Wasserspeicher Westdeutschlands. Die bergische Wasserwirtschaft<br />

hat bereits frühzeitig das Wissen der Menschen um den Bau von<br />

Stauanlagen genutzt und zahlreiche Talsperren errichtet. Eine besondere<br />

Bedeutung haben dabei die kleineren und größeren Trinkwassertalsperren<br />

mit ihren Ausgleichsgewässern und Wasserschutzzonen. Sie versorgen heute<br />

zahlreiche Großstädte am <strong>Rhein</strong> mit lebensnotwendigem Trinkwasser.<br />

Aufgrund dieser naturräumlichen Gegebenheiten dient das Bergische Land<br />

heute als beliebtes Ausflugsziel für Erholungssuchende aus den benachbarten<br />

Ballungsräumen. Seit 1973 entwickelt der Naturpark Bergisches Land<br />

mit seiner Arbeit dieses Potenzial weiter. Neben konkreten Maßnahmen wird<br />

dabei auch aktiv ein neues regionales Bewusstsein für die naturräumlichen<br />

Qualitäten dieses Lebensraumes vermittelt. Im Mittelpunkt steht vor allem<br />

ein Ausgleich zwischen Naturerhaltung und angemessener Naherholung.<br />

Die Mittelrheinische Pforte: Das Tor zur Region<br />

Im Süden der Region gehen die Landschaften um das Siebengebirge und<br />

den Kottenforst in die mittelrheinischen Großlandschaften des Westerwaldes<br />

und des unteren Mittelrheins über. Nicht weit entfernt liegt der Bereich des<br />

<strong>Rhein</strong>tals, den die UNESCO im Jahr 2002 in Teilbereichen zum Weltkulturerbe<br />

erklärte.<br />

Der <strong>Rhein</strong> tritt zwischen den alten Vulkankegeln von Siebengebirge und<br />

Drachenfelser Ländchen in die Region ein. Der Bereich wird daher als Mittelrheinische<br />

Pforte bezeichnet – er stellt „das Tor zur Region“ dar, einen Übergang,<br />

der von zwei Landschaften mit einzigartigem Natur- und Kulturwert<br />

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eingerahmt wird: dem Siebengebirge auf der rechtsrheinischen und dem<br />

Kottenforst auf der linksrheinischen Seite.<br />

Die Landschaften der Mittelrheinischen Pforte besitzen überwiegend eine<br />

„feurige Vergangenheit“. Ihre Entstehung verdanken sie mit Ausnahme des<br />

Kottenforstes dem tertiären Vulkanismus, der am Südrand der Kölner Bucht<br />

einen seiner Ausbruchsherde hatte. Geologisch wird dieser Bereich als Siebengebirgs-Vulkanfeld<br />

bezeichnet, das sich zwischen der Siegmündung im<br />

Norden und Bad Godesberg im Süden sowie zwischen dem Pleiser Hügelland<br />

im Osten und dem Rand der Eifel im Westen erstreckt. Herausragend<br />

ist dabei das geologisch, ökologisch und kulturhistorisch bedeutsame<br />

Siebengebirge, das von kegelförmigen Vulkankuppen geprägt wird. Typische<br />

Merkmale sind seine Wälder, Weingärten und der Reichtum an hoch gefährdeten,<br />

wärmeliebenden Tier- und Pflanzenarten sowie die historischen<br />

Steinbrüche, die zum Teil bereits zur Zeit der Römer betrieben wurden. Bei<br />

vielen Bauten der rheinischen Romanik und Gotik verwendete man Trachyt<br />

beziehungsweise Latit aus dem Siebengebirge. Die Steinbruchtätigkeit endete<br />

mit der Fertigstellung des Kölner Doms in der Blütezeit der deutschen<br />

Romantik. Hier liegt auch die Geburtsstunde des deutschen Natur- und<br />

Landschaftsschutzes: Das Siebengebirge ist das älteste deutsche Naturschutzgebiet.<br />

Im Jahr 1834 wurde es unter Schutz gestellt, 1958 folgte die<br />

Erklärung zum ersten nordrhein-westfälischen Naturpark. Den Übergang<br />

vom Siebengebirge zum Westerwald stellt das Pleiser Hügelland dar, dessen<br />

breite Täler vor allem als Flächen für Ackerbau und Grünland genutzt werden.<br />

Daneben gibt es große Obstwiesen und kleinflächigen Gemüseanbau.<br />

Besonders bekannt sind die Baumschulen von Oberpleis.<br />

Die linke <strong>Rhein</strong>seite wird naturräumlich vom Kottenforst und dem Drachenfelser<br />

Ländchen gebildet. Neben zahlreichen Blick- und Aussichtspunkten<br />

auf den Gipfeln alter Vulkankegel sind kleine Dörfer mit benachbarten Obstwiesen<br />

und Wasserburgen inmitten fruchtbarer Äcker charakteristisch für<br />

die Landschaft. Ganz anders der Kottenforst: Seine großen zusammenhängenden<br />

Waldgebiete schließen sich unmittelbar an die nördlich gelegene<br />

Waldville an. Von der nacheiszeitlichen Waldentwicklung bis heute war der<br />

Kottenforst ununterbrochen ein bewaldetes Gebiet, das vor allem als Jagdrevier<br />

geschätzt wurde. Im Naturschutzgebiet Kottenforst sind in den<br />

ältesten Waldbereichen einzelne Bäume zusätzlich als Naturdenkmäler ausgewiesen,<br />

beispielsweise die Königsbuche bei Heidgen.


Die Herausforderung –<br />

Region als gestalterische Aufgabe<br />

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Die Herausforderung –<br />

Region als gestalterische Aufgabe<br />

Die Beschreibung der Landschaftsräume und ihrer Genese zeigt die naturund<br />

kulturräumliche Vielfalt der Region. Diese gilt es zu erhalten und behutsam<br />

weiterzuentwickeln, sie muss jedoch stärker als bislang in räumliche<br />

und thematische Zusammenhänge gebracht werden. Betrachtet man Region<br />

als gestalterische Aufgabe, so geht es vor allem darum, die landschaftliche<br />

Vielfalt im Verbund abzubilden und sie mit entsprechenden Zielqualitäten für<br />

die gesamte Region und entsprechende Teilräume zu verbinden. Die Frage,<br />

wohin sich die Kulturlandschaften in der Region Köln/Bonn künftig entwickeln<br />

sollen, weist sowohl ästhetische als auch planerische und funktionsräumliche<br />

Aspekte auf. Die große Herausforderung ist es dabei, Region<br />

als gemeinsame gestalterische Aufgabe zu begreifen, die über qualifizierte<br />

Projekte und Kooperationen realisiert werden kann.<br />

Qualifizierung heißt jedoch nicht, dass überall gleiche Landschafts- und Freiraumqualitäten<br />

geschaffen werden sollen. Es kommt vielmehr auf eine aktive<br />

Auseinandersetzung mit den teilräumlichen, örtlichen Besonderheiten an.<br />

Jeder Teilraum der Region ist auf seine Art einzigartig und besitzt spezifische<br />

Qualitäten: ob die urbane Kulturlandschaft in und um Köln und Bonn, die<br />

Wahner Heide und die Siegmündung, die Braunkohlelandschaft der Ville, die<br />

Talsperren des Bergischen Landes oder das Siebengebirge und der Kottenforst.<br />

Aus all diesen landschaftlichen und thematischen Qualitäten gilt es,<br />

auf Basis des Netzwerkes der Kulturlandschaften und der allgemeinen Perspektiven<br />

der Landschaftsentwicklung in der Region einen Verbund in<br />

Gestalt einer lebendigen Natur- und Kulturlandschaft zu entwickeln. Dieser<br />

sollte den jeweiligen landschaftlichen Eigenarten gerecht werden und sie<br />

auf ein höheres, attraktiveres Niveau heben. Gestaltung ist dabei kein Selbstzweck.<br />

Manche Flächen behalten oder erlangen ihre Qualitäten erst durch<br />

„Nicht-Einmischung“.<br />

Kommunikation als Schlüssel zur Vernetzung<br />

Der Netzwerkgedanke, der dem Masterplan zugrunde liegt, darf nicht nur im<br />

landschaftsräumlichen Sinn verstanden werden. Kooperation und Vernetzung<br />

setzen eine intensive Kommunikation voraus. Insofern ist ein wichtiger<br />

Grundgedanke des Masterplans, den Raum durch Kommunikation sichtbar<br />

zu machen und über die Diskussion der Teilprojekte im Kontext des Masterplans<br />

eine regionale Vision für die Zukunft zu entwickeln. Die Landschaftsund<br />

Freiraumqualitäten folgen dabei gestalterischen Linien, die sich aus den<br />

verschiedenen Fachbeiträgen ergeben. Dabei werden auch auftretende<br />

Konflikte benannt und in einen Bezug zu den Landschaften der Region<br />

Köln/Bonn gesetzt.<br />

Eine wichtige Rolle bei der Realisierung des Masterplans spielen die Projekte,<br />

deren aktueller Stand im Internet unter www.regionale2010.de nachvollzogen<br />

werden kann. Jedes landschaftsbezogene Projekt – nicht nur im<br />

Rahmen der Regionale 2010 – qualifiziert sich erst im Kontext der Herausforderungen<br />

und Perspektiven der regionalen Zukunftsgestaltung – es ist<br />

somit eine lokale bzw. teilregionale „Übersetzung“ des Kulturlandschaftsnetzwerkes<br />

der Region Köln/Bonn. Durch die Ausrichtung an regionalen Zielsetzungen<br />

werden neue Gesamtqualitäten gewonnen sowie die Transparenz<br />

und der regionale Dialog gefördert. Der Erfahrungsaustausch in der Region<br />

zeigt bestehende und für die Zukunft sinnvolle Kooperationspotenziale auf.<br />

Die Projekte vermitteln dabei den Wert der Landschaften und Freiräume für<br />

die unterschiedlichen Akteure und die Bürgerinnen und Bürger in der Region.<br />

Kommunikation wird zu einem Schlüsselbegriff der regionalen Vernetzung.


Der Blick nach vorn –<br />

Perspektiven der<br />

Landschaftsentwicklung in der Region<br />

Der Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg:<br />

Dynamische Entwicklung setzt sich fort<br />

Die Landschaft von Börde und Ville:<br />

Neue Herausforderungen vor und nach<br />

dem Ende des Braunkohleabbaus<br />

Das Bergische Land:<br />

Naherholung als sinnvolle Ergänzung<br />

Die Mittelrheinische Pforte:<br />

Weltkulturerbe greifbar nah<br />

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Der Blick nach vorn –<br />

Perspektiven der Landschaftsentwicklung in der Region<br />

Die natürlich und kulturell bedingten Eigenarten der Landschaften in der<br />

Region Köln/Bonn sind gleichzeitig die Basis für deren Entwicklungsmöglichkeiten.<br />

Die Vielfalt der Region ist dabei Chance und Aufgabe zugleich. Sie<br />

führt zu unterschiedlichen Perspektiven für die Großlandschaften der Region<br />

entsprechend ihrer Ausstattung und ihrer Potenziale.<br />

Der Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg:<br />

Dynamische Entwicklung setzt sich fort<br />

Der überwiegende Teil der Bevölkerung lebt und arbeitet nach wie vor im Bereich<br />

der <strong>Rhein</strong>schiene. Hier konzentriert sich die Siedlungs- und Wirtschaftstätigkeit,<br />

hier befinden sich die Zentren der Verwaltung, Versorgung und<br />

Bildung sowie von Kunst und Kultur. Dieser Trend wird sich in Zukunft fortsetzen<br />

bzw. noch intensivieren.<br />

Kennzeichnend für die Kulturlandschaft des Ballungsraumes <strong>Rhein</strong>-Sieg wird<br />

auch in der Zukunft ihre hohe Komplexität und Entwicklungsdynamik sein.<br />

Die Offenlandbereiche dienen dabei vor allem der acker- und gartenbaulichen<br />

Nutzung sowie der Freizeitnutzung und Naherholung. Sie werden jedoch<br />

nicht nur in ökologischer und kultureller Hinsicht weiter an Bedeutung gewinnen,<br />

auch ihre Funktion als Standortfaktor nimmt zu. In einer wachsenden<br />

Dienstleistungsgesellschaft spielen landschaftliche Potenziale eine immer<br />

wichtigere Rolle bei der Ansiedlung von Unternehmen.<br />

Bevorzugter Bereich der Stadtentwicklung wird auch in Zukunft der Bereich<br />

der Niederterrasse sein, nur noch auf wenigen Landschaftsresten wird hier<br />

acker- und gartenbauliche Nutzung stattfinden. Diese wird sich weiterhin auf<br />

die fruchtbaren Böden der linksrheinischen Mittelterrasse zwischen Köln und<br />

Bonn konzentrieren – sie bleiben die „Gärten von Köln“ und ein Vorranggebiet<br />

für die Landwirtschaft. Eine zusätzliche Umwandlung landwirtschaftlicher<br />

Flächen in Siedlungs-, Industrie- und Verkehrsflächen findet hier kaum mehr<br />

statt.<br />

Im Gegensatz zur linksrheinischen Mittelterrasse steht im rechtsrheinischen<br />

Bereich der Region perspektivisch vor allem das Ziel des Erhalts des durchgehenden<br />

Waldkorridors zwischen Leverkusen und Siegburg im Vordergrund.<br />

Ein besonderes Augenmerk kommt dabei der Wahner Heide zu. Betrachtet<br />

man die Stadt- und Industriezentren von Köln und Bonn, so fällt auf, dass<br />

diese mit einem feinmaschigen Netz urbaner Freiräume verwoben sind. Sie<br />

sind in der Regel als Grünanlagen, Grünringe und -achsen bzw. als Landschaftsparks<br />

oder Landschaftsachsen gestaltet.<br />

Zukünftig wird es darum gehen, die innerstädtischen Grünnetze zu erhalten<br />

und nachhaltig auszubauen und sie noch stärker mit den Freiräumen des<br />

Umlandes zu vernetzen. Dabei kommt in allen Bereichen des Ballungsraumes<br />

der Ablesbarkeit von kulturlandschaftlicher Entwicklung und dem Erhalt<br />

sowie der Herausarbeitung von historischen Strukturen bzw. Elementen des<br />

Natur- und Kulturerbes eine besondere Bedeutung zu. Beispielhaft hierfür<br />

seien alte Ortskerne und Zeugnisse der Industrialisierung sowie Reste von<br />

Niederungen in den Auenbereichen von <strong>Rhein</strong>, Sieg und Wupper genannt.<br />

Die Landschaft von Börde und Ville:<br />

Neue Herausforderungen vor und nach dem Ende<br />

des Braunkohleabbaus<br />

Die fruchtbaren Böden der Jülicher und Zülpicher Börde sind auch in Zukunft<br />

das Vorranggebiet für die Landwirtschaft in der Region Köln/Bonn. Dabei<br />

wird es allerdings kaum möglich sein, die derzeit noch im Braunkohleabbau<br />

stehenden Teile der Jülicher Börde westlich von Kerpen so zu renaturieren,<br />

dass wieder fruchtbare Lössäcker entstehen und die landwirtschaftliche<br />

Nutzfläche entsprechend vergrößert werden kann. Die wertvolle Kulturlandschaft<br />

dieser Teilregion reicht bis in die Abbaubereiche des Tagebaus hinein.<br />

Das hier entstehende „neue Land“ ist eine besondere Herausforderung für<br />

die zukünftige Landschaftsgestaltung.<br />

Hinsichtlich der landwirtschaftlichen Nutzung der Börde ist es die kulturlandschaftliche<br />

Hauptaufgabe, die zusammenhängende Ackerlandschaft mit<br />

ihren charakteristischen Silhouetten zu erhalten und mit gliedernden und<br />

belebenden Elementen anzureichern. Im Bereich der <strong>Erft</strong>aue wird es zudem<br />

zur kleinräumigen Umwandlung von Ackerfläche in Grünland kommen, Ziel<br />

ist hier die Herstellung eines naturnäheren Fließregimes der <strong>Erft</strong> und die<br />

entsprechende Gestaltung ihrer Uferbereiche. Wie die zusammenhängenden<br />

Waldflächen in der Börde und Ville ist auch der größte Teil der <strong>Erft</strong>aue bereits<br />

als Naturschutzgebiet ausgewiesen.


In der Ville hingegen werden im Zuge der Rekultivierung ehemaliger Braunkohleflächen<br />

vor allem naturnahe Wälder entstehen, die als Erholungsraum<br />

für die Menschen im Ballungsraum sowie als Refugium für Tiere und Pflanzen<br />

dienen sollen. Mit dem Auslaufen des Braunkohletagebaus entstehen hier<br />

völlig neue Chancen und Herausforderungen für die Gestaltung und Weiterentwicklung<br />

der Kulturlandschaft.<br />

In jedem Fall müssen die weiträumigen Blickbeziehungen, die ein spezifisches<br />

Charakteristikum der Bördelandschaft bilden, erlebbar bleiben. Sie sind<br />

ein wesentliches Element des Natur- und Kulturerbes der Landschaft und<br />

somit in hohem Maß identitätstiftend. Dabei geht es auch darum, die noch<br />

vorhandenen und nicht für Siedlungszwecke beanspruchten Tal- und Auenbereiche<br />

als lineare Verbindungselemente in der Kulturlandschaft zu erhalten<br />

und sie weiterhin vor einer Bebauung mit Siedlung bzw. Infrastruktur zu<br />

bewahren.<br />

Das Bergische Land:<br />

Naherholung als sinnvolle Ergänzung<br />

Die funktionale Teilung in Höhenrücken und Täler ist ein hervorragendes und<br />

zu wahrendes Charakteristikum der Kulturlandschaft des Bergischen Landes.<br />

Sie spiegelt die Vielschichtigkeit der Großlandschaft in ihrem Landschaftsbild<br />

und ihren Funktionen wieder. Auf der einen Seite bleibt dabei die bäuerliche<br />

Struktur mit ihren kleinräumigen Siedlungsmustern in den höheren und<br />

mittleren Bereichen sowie den zugehörigen Ortsbildelementen wie Gärten<br />

und Obstwiesen dominant. Der für das Landschaftsbild typische Wechsel von<br />

Offenland und Wald sollte dabei auch künftig in jedem Fall erhalten bleiben.<br />

Auf der anderen Seite haben sich in den Tälern ausgesprochene Gewerbe-,<br />

Industrie- und Siedlungsbänder herausgebildet, die zahlreiche Elemente und<br />

Strukturen der Gewerbegeschichte aufweisen. Diese gilt es im landschaftlichen<br />

Kontext zu bewahren und behutsam weiterzuentwickeln.<br />

Innerhalb der Region kommt dem Bergischen Land aufgrund seiner landschaftlichen<br />

und ästhetischen Reize eine herausragende Rolle als Naherholungsraum<br />

zu. Dies wird durch die Ausweisung großer Teile als Naturpark<br />

bestätigt. Bereits heute stellen Freizeit und Naherholung eine sehr<br />

sinnvolle Ergänzung der landwirtschaftlichen und industriellen Nutzung des<br />

Bergischen Landes dar. Diese gilt es in Zukunft ressourcenschonend aus-<br />

zubauen und im Sinne einer nachhaltigen touristischen Wertschöpfung zu<br />

etablieren.<br />

Eine wichtige Rolle spielt dabei das Gewässernetz, das von zentraler Bedeutung<br />

für die Kulturlandschaftsentwicklung des Raumes war und ist. Die zahlreichen<br />

Talsperren des Bergischen Landes sind Ausdruck der intensiven<br />

Nutzung des Wassers als bergischer Gunstfaktor. Sie sichern unter anderem<br />

die Trinkwasserversorgung der dicht besiedelten <strong>Rhein</strong>schiene. Darüber<br />

hinaus liefern sie einen wesentlichen Beitrag zur Attraktivität des Landschaftsbildes<br />

und somit zum Erholungsangebot der Großlandschaft Bergisches Land.<br />

Die Mittelrheinische Pforte:<br />

Weltkulturerbe greifbar nah<br />

Die zukünftige kulturlandschaftliche Entwicklung stellt im Bereich der Mittelrheinischen<br />

Pforte den Erhalt einer umweltverträglichen Acker- und Grünlandnutzung<br />

und die behutsame Weiterentwicklung des Obst- und Weinanbaus<br />

in den Vordergrund. Dabei spielt vor allem die Offenhaltung von Bestandteilen<br />

und Strukturen der alten Kulturlandschaft eine wichtige Rolle. In einzelnen<br />

Bereichen sind eine Erweiterung der vorhandenen sowie die Anlage<br />

neuer Anbauflächen – beispielsweise für die Kultivierung von Wein – denkbar.<br />

Teilweise wird es auch zu einer Umwandlung intensiv genutzter Obstplantagen<br />

in Obstwiesen mit Hochstämmen kommen.<br />

Darüber hinaus sind große Teile der Landschaften der Mittelrheinischen Pforte<br />

mit Wald bedeckt. Hier geht es vor allem um die Vermehrung und Förderung<br />

wärmeliebender Trockenwälder, die einzigartig für Nordrhein-Westfalen sind.<br />

Fasst man die Bedeutung der Mittelrheinischen Pforte als südlichen Einstieg<br />

in die Region Köln/Bonn zusammen, so schließen die Weinorte und Burgen<br />

bzw. die Burgruinen am Siebengebirge die weltweit einzigartige Wein- und<br />

Burgenlandschaft des Mittelrheins zum Tiefland im Norden ab. Die Burgen<br />

sind dabei die „Tore zum romantischen <strong>Rhein</strong>tal“. Dieser besonderen Eingangssituation<br />

gilt es bei der künftigen natur- und kulturräumlichen Entwicklung<br />

der Mittelrheinischen Pforte Rechnung zu tragen.<br />

33


Natur und Kultur in ihrer<br />

höchsten Verdichtung –<br />

Das Netzwerk der Kulturlandschaften<br />

Die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche<br />

der Region Köln/Bonn<br />

Bürge<br />

Ville<br />

Urdenbach-Worringen<br />

Köln<br />

Wahner Heide – Königsforst – Siegmündung<br />

Bonn<br />

Kottenforst – Drachenfelser Ländchen<br />

Siebengebirge – Pleiser Ländchen<br />

Dhünn – Altenberg<br />

Heckberger Wald – Leppetal<br />

Homburger Ländchen – Bröltal<br />

Nutscheid – Leuscheid<br />

Die Freiraum- und Gewässernetze –<br />

Feinnervige Verbindungen in Grün und Blau<br />

Kölner und Bonner Freiraumnetz<br />

Gewässernetze<br />

Die Kulturlandschaftskorridore –<br />

Das Gerüst des Netzwerkes<br />

Auenkorridore<br />

Waldkorridore<br />

Freiraumkorridore<br />

35


36<br />

Natur und Kultur in ihrer höchsten Verdichtung –<br />

Das Netzwerk der Kulturlandschaften<br />

Legt man das Natur- und Kulturerbe der Region sinnbildlich übereinander,<br />

so entsteht ein Netzwerk der Kulturlandschaften, das aus drei wesentlichen<br />

Elementen besteht und die naturräumliche und kulturelle Ausstattung der<br />

Region in ihrer höchsten Verdichtung repräsentativ abbildet. Die einzelnen<br />

Grundelemente sind dabei:<br />

– die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche<br />

– die Freiraum- und Gewässernetze<br />

– die Auen-, Wald- und Freiraumkorridore.<br />

Als „Knoten“ des Netzwerkes fungieren die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche,<br />

die über so genannte Kulturlandschaftskorridore miteinander verbunden<br />

sind und zugleich auch die Freiraum- und Gewässernetze einbeziehen<br />

und vernetzen. Die zentrale Idee dabei ist, den „dynamischen Lebensraum<br />

des Menschen“ in der Region Köln/Bonn in Form eines Rückblicks auf die<br />

Entwicklung der Kulturlandschaften abzubilden und so ein Erkennen der<br />

aktuellen Situation zu ermöglichen. Dabei wird eine kulturlandschaftliche<br />

Raumeinteilung geschaffen, die relevante Besonderheiten der verschiedenen<br />

Großlandschaften in der Region abbildet und zueinander in Bezug setzt.<br />

Gleichzeitig ist das Netzwerk der Kulturlandschaften jedoch mehr als eine<br />

Erfassung des Ist-Zustandes und der Genese. Es dient auch als Wegweiser<br />

für die zukünftige Entwicklung der Kulturlandschaft durch nachhaltiges<br />

Handeln. Auf diese Weise wird der grundlegende Gedanke des UNO-Programms<br />

„Man and Biosphere“ aufgenommen: das Leitbild des nachhaltigen<br />

Handelns in allen Landschaften. Wichtig ist dabei: Das Netzwerk der Kulturlandschaften<br />

verfolgt keinen konservierenden, sondern einen perspektivischen<br />

Ansatz. Die Ausweisung und Umsetzung regional bedeutsamer Projekte im<br />

Rahmen der Regionale 2010 konzentriert sich hierbei nicht nur auf die wertvollen<br />

Kulturlandschaftsbereiche und ihre Korridore. Sie erstreckt sich – wie<br />

das Kulturlandschaftsnetzwerk generell – auf die gesamte Region.<br />

Auf der Basis dieses Ansatzes wurden in der Region Köln/Bonn wertvolle<br />

Kulturlandschaftsbereiche dargestellt. Ihre Darstellung dient vor allem dem<br />

Ziel, repräsentative Ausschnitte der Kulturlandschaften in der Region<br />

Köln/Bonn konkret zu definieren und in ihrem Wert für die Gesamtregion zu<br />

fördern.<br />

Die Abgrenzung und Beschreibung der wertvollen Kulturlandschaftsbereiche<br />

erfolgte im Wesentlichen aus zwei Gründen. Zum einen bilden sie exemplarisch<br />

das charakteristische und nahezu vollständige Inventar des Natur- und<br />

Kulturerbes in den Großlandschaften der Region Köln/Bonn ab, wobei die<br />

Ausstattung mit Natur- und Kulturerbe je nach Kulturlandschaftsbereich unterschiedlich<br />

ist. So gibt es sowohl Kulturlandschaftsbereiche, die im naturräumlichen<br />

Sinn repräsentativ sind, als auch Kulturlandschaftsbereiche, die<br />

vor allem aufgrund ihres kulturellen Erbes als wertvoll eingestuft wurden. In<br />

den meisten Fällen sind jedoch beide Aspekte vertreten. Zum anderen eignen<br />

sich die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche in idealer Weise, um an<br />

ihren beispielhaften Ausprägungen Perspektiven für den künftigen Umgang<br />

mit Landschaft in der Region Köln/Bonn aufzuzeigen. Eine derartige Realisierung<br />

als Leuchtturmprojekte in einem wertvollen Kulturlandschaftsbereich<br />

kann dabei richtungsweisenden Charakter für das Handeln in der gesamten<br />

Region haben.<br />

Das Netzwerk der Kulturlandschaften muss eine Art „Partitur“ zum künftigen<br />

Umgang mit Kulturlandschaft in der Region Köln/Bonn betrachtet werden.<br />

Dabei werden die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche durch Freiraum- und<br />

Gewässernetze sowie durch ein System von Korridoren ergänzt. Die Freiraumnetze<br />

beziehen sich vor allem auf den Ballungsraum der Städte Köln<br />

und Bonn. Sie dienen dazu, die Offenheit der Kulturlandschaft zu erhalten und<br />

entsprechende „Atemwege“ in der Landschaft zu sichern bzw. zu schaffen.<br />

Die Gewässernetze hingegen erfassen die Quell- und Entstehungsgebiete der<br />

Fließgewässer in der Region. Sie sorgen dafür, dass die kostbare Ressource<br />

Wasser im Sinn der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie großflächig und<br />

nachhaltig geschützt bzw. weiterentwickelt werden kann.<br />

Weder die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche noch die Freiraum- und Gewässernetze<br />

dürfen jedoch isoliert voneinander betrachtet werden. Sie sind<br />

über die landschaftsverbindende Achsen, so genannte Korridore, miteinander<br />

verknüpft. Der Masterplan unterscheidet dabei zwischen Auen-, Wald- und<br />

Freiraumkorridoren. Die Korridore fungieren einerseits als Verbindungselemente<br />

in der Landschaft, zum anderen sind sie aber auch selbst flächenwirksam.<br />

Bestes Beispiel ist der <strong>Rhein</strong>auenkorridor, der im landschaftsgestalterischen<br />

Sinn eine Art „Rückgrat der Region“ bildet.


Kulturlandschaftsnetzwerk


38<br />

Wertvolle Kulturlandschaften<br />

Wald- und Freiraumkorridore<br />

Bürge<br />

<strong>Rhein</strong>-<strong>Erft</strong><br />

Urdenbach-<br />

Worringen<br />

Köln<br />

Ville<br />

Bonn<br />

Kottenforst –<br />

Drachenfelser Ländchen<br />

Monheim<br />

Stommeln<br />

Brühler<br />

Gartenlandschaft<br />

Ville-Kottenforst<br />

Dhünn – Altenberg<br />

Wahner Heide –<br />

Königsforst –<br />

Siegmündung<br />

Grünes C<br />

Nutscheid – Leuscheid<br />

Siebengebirge –<br />

Pleiser Ländchen<br />

Strunde<br />

Bergische<br />

Heideterrasse<br />

Heckberger Wald –<br />

Leppetal<br />

Homburger Ländchen<br />

– Bröltal<br />

Bergische<br />

Wasserscheide


Gewässer- und Freiraumnetze<br />

Auenkorridore<br />

<strong>Erft</strong>-Swist<br />

Köln<br />

Swist<br />

<strong>Rhein</strong><br />

Bonn<br />

<strong>Erft</strong>-Swist<br />

Dhünn<br />

Wupper-Wipper<br />

Dhünn-Eifgenbach<br />

Sülz<br />

Sülz<br />

Sieg<br />

Wipper<br />

Agger<br />

Wahnbach<br />

Bröl<br />

Agger-Wiehl<br />

Bröl<br />

Wupper-Wipper<br />

39


40<br />

Die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche der Region Köln/Bonn<br />

Im Folgenden werden die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche der Region<br />

Köln/Bonn – ausgehend von der kulturlandschaftlichen Gliederung in der<br />

Reihenfolge von Norden nach Süden – kurz beschrieben. Einen landschaftsräumlichen<br />

Überblick bietet die Karte auf Seite 37.


Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Bürge<br />

Als typischer Landschaftsausschnitt für den Naturraum Börde-Ville reicht der<br />

wertvolle Kulturlandschaftsbereich Bürge von der <strong>Erft</strong>aue zwischen Horrem<br />

und Türnich im Osten bis an den Rand des Braunkohletagebaus im Westen.<br />

Nördlich und südlich bilden die Autobahn Köln-Aachen (A 4) bzw. der Ortsrand<br />

von Kerpen die Grenzen des Kulturlandschaftsbereiches. Kennzeichnend<br />

sind fruchtbare Lössäcker sowie kleinere Wälder und Strukturelemente<br />

der Auenlandschaft.<br />

Das Naturerbe bezieht sich hier im Wesentlichen auf die ökologisch bedeutsamen,<br />

staunassen Eichen-Hainbuchenwälder der Bürge, die naturnahen<br />

Auenwälder der <strong>Erft</strong> und einen charakteristischen Teil des Neffelbaches.<br />

Dabei besteht der Waldkern aus den drei geschlossenen Waldgebieten Dickbusch,<br />

Lörsfelder Busch und Steinheide am Rande der <strong>Erft</strong>talniederung in<br />

der Niederrheinischen Bucht. Als Inselbiotope gehören diese zu den Restflächen<br />

der durch den Braunkohletagebau verschwundenen Bürgewälder.<br />

Sie sind von großer Bedeutung für die Wiederbesiedlung der Rekultivierungsflächen<br />

nach dem Braunkohleabbau und stehen somit in engem Zusammenhang<br />

mit einem der Hauptthemen in diesem Teil der Region.<br />

Eine weitere Kernzelle liegt mit dem Kerpener Bruch und dem Parrig im Bereich<br />

der <strong>Erft</strong>aue. Dieses Gebiet repräsentiert einen der landesweit größten<br />

Hartholzauenwälder mit einem hohen Altholzanteil. Neben anderen Faktoren<br />

ist der Altholzanteil eine wesentliche Grundlage für eine sehr artenreiche<br />

Fauna und Flora mit zahlreichen gefährdeten Tier- und Pflanzenarten.<br />

Aus kulturgeschichtlicher Sicht gehören die Bürgewälder zu den ältesten<br />

Waldstandorten in Nordrhein-Westfalen. Dabei wurden sie früher in so genannte<br />

„Quartiere“ und „Laags“ eingeteilt, was vor allem im Kontext des<br />

jährlichen Eintriebs der Hausschweine zur Eichel- und Eckernmast von Bedeutung<br />

war. Heute gibt es an wenigen Stellen noch Hinweise auf diese<br />

Tradition. Eingebettet sind die Wälder zum Teil in historische Feldfluren mit<br />

Gutsanlagen wie Haus Dorsfeld, Gut Seelrath und Haus Forst. Auch die<br />

Ortsbilder sind zum Teil von Herrenhöfen, fränkischen Bauernhöfen sowie<br />

historischen Schloss- und Burganlagen geprägt.<br />

Ein Beispiel dafür ist der Ort Blatzheim, der exemplarisch für die Zielsetzung<br />

einer landschaftsbezogenen Dorfentwicklung stehen könnte. Weitere Herausforderungen<br />

für die künftige Gestaltung des Kulturlandschaftsbereiches<br />

Bürge sind die Anreicherung der Agrarlandschaft mit typischen Strukturen,<br />

der Wiederaufbau von Wäldern sowie eine landschaftsbezogene Stadtentwicklung<br />

der im Bereich der Kulturlandschaft liegenden Stadt Kerpen.<br />

41


42<br />

Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Ville<br />

Bei dem wertvollen Kulturlandschaftsbereich Ville handelt es sich um einen<br />

landesweit bedeutsamen Landschaftsausschnitt, der im Süden bis an den<br />

Rand des Kottenforstes, im Norden bis an die Grenze der Stadt Hürth reicht.<br />

Die Westgrenze verläuft parallel zur <strong>Erft</strong>aue, im Osten schließt der wertvolle<br />

Kulturlandschaftsbereich Ville mit dem Siedlungsrand des Vorgebirges ab.<br />

Die kulturhistorische Besonderheit des Bereiches liegt vor allem in der Geschichte<br />

des Braunkohleabbaus, der sich bereits um das Jahr 1900 westlich<br />

von Brühl, Frechen und Hürth konzentrierte. Bis 1914 entstanden weitere<br />

kleine Gruben, 1914 der Tagebau Berrenrath. Einschneidend war jedoch vor<br />

allem die Zeit nach 1950, in der der Übergang zu einer großflächigen temporären<br />

Tagebaulandschaft erfolgte. Dies ging und geht sowohl mit vorhergehenden<br />

Umsiedlungen als auch mit anschließender Rekultivierung einher.<br />

Die so genannten Bergbaufolgelandschaften schließen sich im Norden und<br />

Nordosten an die Braunkohlerekultivierungszone an.<br />

Heute dienen die ehemaligen Grubenfelder der südlichen Ville vor allem der<br />

Naherholung. Sie sind in eine Seenlandschaft mit umliegenden Wäldern<br />

transformiert worden. Erste Ansätze zu diesem Umgestaltungsprozess hatte<br />

es bereits in der Erprobungsphase der 1920er Jahre gegeben, erst nach 1945<br />

jedoch entstanden die heute das Landschaftsbild prägenden artenreichen<br />

und gemischten Waldbestände.<br />

Im Süden der Waldville findet man darüber hinaus bemerkenswerte Reste der<br />

alten römischen Wasserleitung, die aus der Eifel in die Kölner Bucht führte.<br />

Auch die alten Wegenetze und Waldalleen sind hinsichtlich des Kulturerbes<br />

relevant.<br />

Die ökologisch bedeutsamen Flächen des wertvollen Kulturlandschaftsbereiches<br />

konzentrieren sich vor allem auf die zusammenhängenden großen<br />

Waldbereiche sowie die Renaturierungen des Braunkohletagebaus. Die Waldville<br />

zeichnet sich als großer und zusammenhängender Waldkomplex auf<br />

Wasser stauenden Gleyböden durch das Nebeneinander ausgedehnter<br />

Eichen-Mischwälder und bruchwaldartiger Erlen- und Moorbirkenwälder<br />

aus. Die Wälder bieten Lebensraum für fast die Hälfte aller in Nordrhein-<br />

Westfalen lebenden Amphibienarten.


Forstwirtschaftlich hervorzuheben ist ein Gebiet zwischen den Orten Heimerzheim<br />

und Lüftelberg, das ein landesweit einzigartiges zusammenhängendes<br />

Hauptvorkommen an Eichen-Hainbuchenwäldern aufweist. Ein zweites<br />

Kerngebiet befindet sich bei Bornheim. Für alle Villewälder gilt ein extremer<br />

Strukturreichtum mit hohem Alt- und Totholzanteil. Gemeinsam mit den sich<br />

südöstlich anschließenden Wäldern des Kottenforstes bilden sie einen ausgeprägten<br />

Laubwaldkorridor (siehe auch Karte Seite 38).<br />

Im Rahmen der weiteren Entwicklung des Kulturlandschaftsnetzwerkes soll<br />

der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Ville Beispiele für eine nachhaltige<br />

Waldbewirtschaftung sowie für die Waldvermehrung und standortgerechte<br />

Rekultivierung von Wäldern auf ehemaligen Abgrabungsflächen des<br />

Braunkohletagebaus liefern. Dies hat immer auch einen Effekt auf die nachhaltige<br />

Nutzung im Sinne von Freizeit und Naherholung.<br />

43


Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Urdenbach-Worringen<br />

Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Urdenbach-Worringen beginnt im<br />

Norden Kölns oberhalb des Ortsteils Langel mit dem Worringer Altrhein.<br />

Er reicht über die Grenzen der Region Köln/Bonn nach Norden bis an den<br />

Stadtrand von Düsseldorf heran und deckt einen typischen Ausschnitt des<br />

Naturraumes <strong>Rhein</strong>aue mit ausgedehnten Überflutungswiesen, Bruchwäldern<br />

und Flussdeichen ab.<br />

Betrachtet man den naturräumlichen Aspekt, so bildet das Naturschutzgebiet<br />

Worringer Bruch eine ökologische Kernfläche des europäischen Schutzgebietssystems<br />

NATURA 2000. Es handelt sich um einen ehemaligen, beinahe<br />

vollständig verlandeten Altarm des <strong>Rhein</strong>s, der stark schwankende, dem<br />

<strong>Rhein</strong>wasserspiegel angepasste Grundwasserstände aufweist. Da derart<br />

großflächige auentypische Biotopkomplexe in der <strong>Rhein</strong>aue mittlerweile eher<br />

selten geworden sind, spielt das Gebiet eine wichtige Rolle als ökologischer<br />

Rückzugsraum und Ausbreitungsweg im Korridor der <strong>Rhein</strong>schiene.<br />

Das Mosaik der Vegetation ist repräsentativ für den Naturraum der <strong>Rhein</strong>ebene,<br />

herausragend sind dabei die Funktion als Lebensraum des Erlen-,<br />

Eschen- und Weichholzauenwaldes sowie die großflächigen Primärröhrichte<br />

des verlandeten Altarms. Zudem findet man hier eine Reihe seltener Pflanzenund<br />

Tierarten sowie eine artenreiche Totholz-Käferfauna mit über 100 Arten.<br />

Neben dem Worringer Bruch gibt es ein weiteres, kleineres Naturschutzgebiet<br />

auf einem alten Ziegeleigelände sowie mehrere großflächige Naturschutzgebiete,<br />

die sich jedoch außerhalb der Region Köln/Bonn befinden.<br />

Kulturräumlich sind in erster Linie Dokumente aus der provinzialrömischen<br />

Zeit hervorzuheben, beispielsweise die Reste alter Kastelle in Dormagen,<br />

Reckberg und Haus Bürgel sowie die Limesstraße entlang des <strong>Rhein</strong>s<br />

zwischen Köln und Neuss. Herausragend unter den historischen Bauanlagen<br />

ist die mittelalterliche Stadtbefestigung von Zons, die unmittelbar an den<br />

Kulturlandschaftsbereich Urdenbach-Worringen anschließt, sich allerdings<br />

außerhalb des Gebietes der Region Köln/Bonn befindet. Historische Relevanz<br />

für die Region besitzt das Gebiet zudem als Schauplatz der berühmten<br />

Schlacht bei Worringen, die 1288 das kriegerische Finale des zuvor bereits<br />

sechs Jahre währenden Limburger Erbfolgestreites darstellte, und deren<br />

Ausgang seinerzeit das gesamte Machtgefüge im Westen Mitteleuropas<br />

veränderte.<br />

Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Urdenbach-Worringen eignet sich<br />

heute insbesondere, um Beispiele für eine nachhaltige Grünlandnutzung, eine<br />

auentypische Hochwasserrückhaltung und den ökologisch orientierten Bau<br />

und die Unterhaltung von Flussdeichen aufzuzeigen. Hinzu kommt ihre<br />

besondere Bedeutung für den Schutz von Trinkwasserfiltraten und die Gestaltung<br />

von Fischschutzzonen. Da der wertvolle Kulturlandschaftsbereich<br />

über die Grenzen der Region Köln/Bonn hinausreicht, müssen sowohl naturräumliche<br />

als auch kulturelle Bezüge zu den angrenzenden Naturschutzgebieten<br />

und den kulturhistorischen Besonderheiten bis hinauf nach Zons<br />

berücksichtigt werden.<br />

45


46<br />

Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Köln<br />

Köln kann als weltweit bedeutsame Stadt mit langer Kulturgeschichte vor<br />

allem unter dem Gesichtspunkt des kulturellen Erbes als wertvoller Kulturlandschaftsbereich<br />

bezeichnet werden. Hinzu kommt, dass die Stadt über<br />

ein Grün- und Freiraumsystem verfügt, das in seiner räumlichen Ausdehnung<br />

einzigartig in Europa ist und dessen Ursprünge bereits in den 20er Jahren<br />

des vergangenen Jahrhunderts liegen.<br />

Betrachtet man die Siedlungsgeschichte Kölns, so gibt es sowohl oberirdisch<br />

als auch unterirdisch eine Vielzahl von Spuren, die noch heute strukturprägend<br />

sind. Ein Beispiel ist der römische Mauerring, der mit seinen Toren und<br />

Türmen ein dicht bebautes Siedlungsareal mit städtischer Prägung und<br />

herausragender Infrastruktur umschloss. Einige bis heute wichtige Straßenverläufe<br />

basieren auf römerzeitlichen Festlegungen, zahlreiche Überreste<br />

zeugen zudem von der blühenden Vergangenheit der Stadt. Die herausragende<br />

Stellung Kölns in jener Zeit als weltliches, kirchliches und wirtschaftliches<br />

Zentrum ist auch an der Bezeichnung „Rom des Nordens“ ablesbar.<br />

Auch die mittelalterlichen Wachstumsphasen, die das römische Areal nach<br />

und nach erweiterten, lassen sich heute noch gut im Stadtbild Kölns nachvollziehen.<br />

Die Stadtmauer von 7,5 Kilometern Länge wies Ende des 12. Jahrhunderts<br />

zwölf Torburgen und 52 Wehrtürme auf, sie umschloss eine Fläche<br />

von insgesamt 450 Hektar. Hinzu kam die wachsende Bedeutung Kölns als<br />

erzbischöflicher Sitz und Wallfahrtsort, die mit dem Bau des erst im 19. Jahrhundert<br />

vollendeten Doms ihren Höhepunkt fand. Zahlreiche romanische<br />

Kirchen und Klosteranlagen prägten das Stadtbild bereits im Mittelalter,<br />

während die Zünfte und Gaffeln das wirtschaftliche Leben dominierten und<br />

die freie Reichsstadt Köln aufgrund des Stapelrechtes den Warenverkehr auf<br />

dem <strong>Rhein</strong> kontrollierte.<br />

Zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde der mittelalterliche Stadtring aufgehoben<br />

– Köln expandierte in der Folgezeit mit der Industrialisierung entlang<br />

von Wachstumsachsen, deren <strong>grün</strong>derzeitliche Anlage im Stadtbild noch<br />

heute erkennbar ist. Das aus dieser Zeit stammende industriegeschichtliche<br />

Erbe ist heute durch Bauaktivitäten im Rahmen des Strukturwandels zum<br />

Messe-, Verkehrs- und Medienzentrum gefährdet. Es ist ein wesentliches<br />

Anliegen, das kulturelle Erbe aus dieser Zeit zu erhalten bzw. wieder sichtbar<br />

zu machen.


Grundsätzlich kann gesagt werden, dass die Kölner Industrielandschaft sich<br />

heute in „ältere Industrieballungen“ – beispielsweise in den Stadtteilen<br />

Ehrenfeld, Nippes, Kalk, Mülheim, Porz und im nördlichen Deutz – sowie in<br />

„neue Industrieballungen“ im linksrheinischen Norden und Süden ausdifferenziert.<br />

Hinzu kommen „ältere Einzelstandorte“ wie Zollstock, Rath-Heumar<br />

oder Sürth sowie Bereiche mit „älteren Industriedurchsetzungen“, die für<br />

Vororte wie Sülz oder Raderthal typisch sind. All diese Standorte erstreckten<br />

sich über größere Flächen, ihr optisches Erscheinungsbild wurde durch<br />

das Alter der Bauten, die Größe der Niederlassungen und die Nutzung durch<br />

einen speziellen Industriezweig erheblich beeinflusst.<br />

Die Grün- und Freiraumentwicklung der Stadt Köln steht in einem engen<br />

Zusammenhang zur neuzeitlichen Stadterweiterung. So entstand mit dem<br />

Wachstum und der Ausdehnung der Stadt eine Vielzahl inselartig um das<br />

Stadtgebiet verteilter Grünanlagen, die in den 20er Jahren des vergangenen<br />

Jahrhunderts in das Grünsystem der Stadt Köln integriert wurden. Dessen<br />

Grundlagen legten der Städtebauer Fritz Schumacher und der damalige<br />

Oberbürgermeister der Stadt Köln, Konrad Adenauer. Trotz wechselnder Leitbilder<br />

hat sich das von Schumacher vorgegebene Grundgerüst des Grünsystems<br />

bis heute als tragfähig erwiesen. Mit dieser städtebaulichen und<br />

<strong>grün</strong>planerischen Kontinuität hebt sich Köln deutlich von anderen Städten im<br />

deutschsprachigen Raum ab. Weite Teile des Grünsystems wurden im Laufe<br />

der Zeit als zusammenhängende Volksparke ausgebaut. Aufgrund dieser<br />

Entwicklung hat das Grünsystem Kölns heute auch eine wichtige Bedeutung<br />

für den urbanen Biotopverbund, der dem Schutz und der Entwicklung von<br />

Natur und Landschaft in ökologisch wertvollen Bereichen Vorrang einräumt.<br />

Anhand des wertvollen Kulturlandschaftsbereiches Köln lassen sich daher<br />

sowohl Beispiele für die Fortführung einer nachhaltigen Stadtentwicklung,<br />

beispielsweise durch Verknüpfung der Grüngürtel und Grünachsen mit den<br />

Freiraumkorridoren, als auch Beispiele für eine dem kulturellen Erbe gerecht<br />

werdende Stadtgestaltung entwickeln. Dabei sollten unter anderem die Gestaltung<br />

der Stadtsilhouette am <strong>Rhein</strong>, die Neugestaltung ehemaliger<br />

Industrie- und Verkehrsanlagen und die weitere Profilierung des provinzialrömischen<br />

Erbes berücksichtigt werden.<br />

47


48<br />

Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich<br />

Wahner Heide – Königsforst – Siegmündung<br />

Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Wahner Heide-Königsforst-Siegmündung<br />

erstreckt sich vom Gebiet des Königsforstes über die offenen Flächen<br />

der Wahner Heide im Osten bis zur Sülzaue, südlich bis an den Siedlungsrand<br />

von Troisdorf und im Westen an die Siedlungsränder von Köln-Porz, -Wahn<br />

und Troisdorf. Im Süden des Gebietes schließt sich die Siegmündung an.<br />

In seiner Ausstattung ist dieser Bereich recht heterogen, er weist typische<br />

Merkmale für die Naturräume <strong>Rhein</strong>aue und Bergische Heideterrasse auf.<br />

Es handelt sich um einen landesweit und europäisch bedeutsamen Landschaftsraum<br />

(NATURA 2000), der eine Vielzahl ökologisch sensibler Flächen<br />

beinhaltet. Dabei stellt die Siegmündung hinsichtlich ihres Naturerbes einen<br />

repräsentativen Ausschnitt der Auenlandschaft an <strong>Rhein</strong> und Sieg dar.<br />

Kennzeichnend sind ausgedehnte ökologisch bedeutsame Weichholzauen<br />

sowie Überflutungswiesen und alte Weidenbestände. Die strukturreiche<br />

Flussauenlandschaft der ökologischen Kernzone ist vor allem für Wasserund<br />

Watvögel als Brutplatz sowie als Nahrungs-, Durchzugs- und Überwinterungsbiotop<br />

wertvoll. Sie wird dabei auch von zahlreichen hochgradig<br />

gefährdeten Vogelarten genutzt.<br />

Auch die landesweit bedeutsamen Bestände an einzelnen Fischarten haben<br />

dazu beigetragen, dass die Altwässer und die Restbestände der Weichholz-<br />

Auenwälder inzwischen als sehr seltene Fauna-Flora-Habitat-Lebensräume<br />

anerkannt sind. Als weitere naturräumliche Besonderheit gilt, dass die Siegmündung<br />

geomorphologisch die am besten ausgebildete Flussmündung des<br />

mittleren <strong>Rhein</strong>tales mit naturnaher Überflutungsdynamik ist. Diese Entwicklungszone<br />

dient im Bereich der Siegmündung als Modell für eine nachhaltige<br />

Grünlandnutzung. Sie liefert zudem Beispiele für die Pflege und Entwicklung<br />

von Weidenwäldern.<br />

Anders gestaltet sich die Situation des Naturerbes in der Wahner Heide.<br />

Das von der Relief- und Bodenausstattung her äußerst abwechslungsreiche<br />

FFH- und EU-Vogelschutzgebiet ist ein Rest der typischen Sandlandschaft<br />

der Bergischen Heideterrasse und darüber hinaus ein wichtiger Bestandteil<br />

des europäischen Schutzgebietssystems NATURA 2000. Die Landschaft<br />

weist in ihren ökologischen Kernflächen ein Naturschutzgebiet mit sehr<br />

hoher Biotop- und Artenvielfalt auf, das in seiner Vielfalt und Ausdehnung<br />

repräsentativ für den Bereich des südlichen Niederrheins ist. In dieser Form<br />

sind die Wertigkeiten landesweit nur noch hier erhalten.<br />

Interessant ist auch die Kulturhistorie der Wahner Heide. Einerseits weist der<br />

Bereich zahlreiche vor- und frühgeschichtliche Fundplätze auf, andererseits<br />

ist sie aufgrund ihres wenig ertragreichen Bodens seit dem frühen Mittelalter<br />

das am dünnsten besiedelte Gebiet der Region. Seit dem 19. Jahrhundert<br />

wird die Wahner Heide zudem als militärisches Gelände genutzt, was zu einem<br />

hohen Anteil an Magerstandorten mit einer Vielzahl gefährdeter Pflanzenund<br />

Tierarten geführt hat.


Als wertvoller Kulturlandschaftsbereich wird die Wahner Heide vollständig<br />

erhalten, da sie aufgrund ihrer bestehenden Ausprägung eine ideale Grundlage<br />

für eine nachhaltige und schonende historische Heidenutzung bietet.<br />

Eine behutsame Erschließung im Sinne ruhiger und landschaftsgebundener<br />

Erholung mit der Zielsetzung des Erhalts ist damit durchaus vereinbar. Im<br />

Nordosten des wertvollen Kulturlandschaftsbereiches – auf der rechtsrheinischen<br />

Mittelterrasse – liegt der Königsforst mit seinen sauren Eichen- und<br />

Buchenwäldern. Er ist ebenfalls NATURA 2000-Schutzgebiet und steht mit<br />

der Wahner Heide in einem direkten Biotopverbund. Seine ökologische Bedeutung<br />

resultiert vor allem aus der naturräumlichen Vielfalt mit ausgedehnten<br />

Eichenmischwäldern auf Sand im Wechsel mit sauren Buchenwäldern<br />

sowie aus seinem in Teilen naturnahen Fließgewässersystem.<br />

Kulturgeschichtlich diente das 3.000 Hektar große Areal des Königsforstes<br />

im Mittelalter als Jagdrevier. Seit dem 20. Jahrhundert ist der Königsforst<br />

ein wichtiges Naherholungsgebiet mit Ausflugslokalen, Tiergehegen und ent-<br />

sprechender Wegeführung. Er ist ein gelungenes Beispiel für das Beibehalten<br />

von Forstflächen in unmittelbarer Nachbarschaft intensiver Acker- und Siedlungsflächen,<br />

was allerdings nur vor dem Hintergrund der langen Jagdgeschichte<br />

erklärbar ist.<br />

Perspektivisch wird es vor allem darum gehen, die Waldbestände des wertvollen<br />

Kulturlandschaftsbereiches Wahner Heide – Königsforst – Siegmündung<br />

naturnah zu bewirtschaften und die vorhandenen Nadelwälder sukzessive in<br />

naturnahe Laubwälder umzuwandeln. Auch das Fließgewässersystem sollte<br />

in umweltverträglichem Sinne weiterentwickelt und vor eutrophierenden<br />

Einflüssen geschützt werden. Darüber hinaus sollte die Beibehaltung des Biotopverbundes<br />

zwischen dem Königsforst und dem angrenzenden Bergischen<br />

Land gesichert und die direkte Verbindung zur Wahner Heide wieder hergestellt<br />

werden. Hier könnten Beispiele für die Abpufferung ökologisch sensibler<br />

Flächen – beispielsweise gegenüber Siedlungs- und Verkehrsnutzung<br />

– sowie für die Waldvermehrung aufgezeigt werden.<br />

49


Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Bonn<br />

Wie das Siebengebirge, so hat auch die Stadt Bonn eine Bedeutung, die weit<br />

über die Region hinausreicht. Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich erstreckt<br />

sich entlang des <strong>Rhein</strong>s von der Nordgrenze der Stadt bis zum Vorort<br />

Mehlem, nach Osten und Westen wird sie von randlich gelegenen Vororten<br />

begrenzt. Sie ist typisch für den Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg, ihre Herausbildung<br />

geht auf verschiedene, die Stadtstruktur prägende Phasen zurück.<br />

Die ältesten, heute noch im Stadtbild ablesbaren Strukturen reichen dabei<br />

bis in die Zeit der Römer zurück, in der sich nördlich des späteren mittelalterlichen<br />

Stadtkerns ein Legionärslager befand. Die eigentliche Stadtwerdung<br />

Bonns erfolgte jedoch erst im Bereich der mittelalterlichen „Villa Basilica“<br />

zwischen dem heutigen Münster und dem Ufer des <strong>Rhein</strong>s. Dabei lassen sich<br />

im Stadtgrundriss vier mittelalterliche Siedlungsbereiche unterscheiden:<br />

die Stiftstadt, das Marktviertel sowie das Fähr- und das Fischerdorf. Einen<br />

Einschnitt erfuhr die Entwicklung Bonns in der Phase als Residenzstadt der<br />

Kölner Kurfürsten im 18. Jahrhundert. In diesem Kontext sind insbesondere<br />

das Bonner Stadtschloss und das Poppelsdorfer Schloss mit der verbindenden<br />

Achse Poppelsdorfer Allee sowie der Hofgarten erwähnenswert.<br />

Im 19. Jahrhundert schließlich entwickelte sich Bonn zur Universitäts- und<br />

Beamtenstadt.<br />

Besonders in den ehemaligen Vororten der Stadt befinden sich noch heute<br />

zahlreiche Bauten, die an die Industriegeschichte des 19. Jahrhunderts erinnern,<br />

beispielsweise die Zementfabrik in Oberkassel, die ehemalige Tapetenfabrik<br />

in Beuel und die Fabrikantenvilla Soennecken. Erst im 19. und 20. Jahrhundert<br />

wuchsen die zahlreichen Dörfer und Vororte zum heutigen Stadtkörper<br />

zusammen. Die Struktur, die sich dabei vor allem im 20. Jahrhundert<br />

herausbildete, wurde entscheidend von der Tatsache geprägt, dass Bonn<br />

zum zweiten Mal in seiner Geschichte Sitz einer Regierung wurde: Den Kölner<br />

Kurfürsten folgte die Bundesregierung. Bonn rückte als Bundeshauptstadt<br />

in den Fokus der weltweiten Öffentlichkeit.<br />

Zudem führte die Verlegung der Bundesregierung an den <strong>Rhein</strong> zu einer<br />

regen Bautätigkeit, in deren Rahmen neben dem Regierungsviertel über die<br />

Stadt verstreute Ministeriumskomplexe und Wohnsiedlungen für Beamte<br />

entstanden. Auch kulturell und infrastrukturell wuchs die Stadt in dieser Zeit<br />

enorm, Einrichtungen wie die Anfang der 1990er Jahre eröffnete Museumsmeile<br />

und das U-Bahn-Netz dokumentieren diese für eine Stadt der Größenordnung<br />

Bonns normalerweise eher untypische Dynamik.<br />

Naturräumlich wird Bonn vor allem dadurch geprägt, dass die Stadt von<br />

großen Waldgebieten wie Kottenforst, Ville und Siebengebirge umgeben ist.<br />

In der Zeit als Bundeshauptstadt versuchte die Grünplanung zwar, das<br />

rasche Wachstum der Stadt zu kontrollieren und eine Verbindung zum Umland<br />

zu sichern bzw. herzustellen. Es muss jedoch konstatiert werden,<br />

dass eine Vielzahl massiver Landschaftszerschneidungen – vor allem durch<br />

verkehrsplanerische Maßnahmen – aus dieser Phase stammen.<br />

Damals wurde versäumt, größere Grünachsen in die Stadtplanung zu integrieren.<br />

Im Stadtbereich selbst ist das Naturerbe der wertvollen Kulturlandschaft<br />

nur noch in der <strong>Rhein</strong>aue und an den Hängen des Venusberges<br />

zwischen Bonn und Bad Godesberg sowie in der Siegaue erkennbar. Als ökologisch<br />

bedeutsame Grünachse mit naturnah gestalteten Parkanlagen ist<br />

die <strong>Rhein</strong>aue mit dem Kölner <strong>Rhein</strong>park vergleichbar. Eine zweite Grünachse<br />

mit wärmeliebenden Eichen-Buchenwäldern und Resten einer Grünland-<br />

Heckenriegel-Landschaft verläuft am westlichen Stadtrand Bonns.<br />

Die zukünftige Entwicklung des wertvollen Kulturlandschaftsbereiches Bonn<br />

sollte vor allem die Bewahrung der Merkmale der Residenzstadt zu einem<br />

zentralen Thema machen. Dies gilt für das Erbe der kurfürstlichen Residenz<br />

ebenso wie für das Erbe der Gründerjahre der Bundesrepublik Deutschland.<br />

Viele bauliche Dokumente aus diesen Epochen könnten über „<strong>grün</strong>e Verbindungen“<br />

in Kontakt zum <strong>Rhein</strong> aufeinander bezogen und in das einmalige<br />

architektonische Stadtbild des 19. und 20. Jahrhunderts eingebettet werden.<br />

Hohes Zukunftspotenzial weist zudem die „<strong>grün</strong>e Einrahmung“ der Stadt<br />

durch Siebengebirge/Ennert und Kottenforst auf.<br />

51


52<br />

Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich<br />

Kottenforst – Drachenfelser Ländchen<br />

Das zusammenhängende große Waldgebiet des Kottenforstes und die im<br />

Süden angrenzenden vor allem landwirtschaftlich geprägten Flächen des<br />

Drachenfelser Ländchens bilden diesen wertvollen Kulturlandschaftsbereich.<br />

Der landesweit und europäisch bedeutsame Landschaftsraum ist typisch<br />

für die Naturräume der Mittelrheinischen Pforte.<br />

Das Naturerbe konzentriert sich vor allem auf den Kottenforst, einen der<br />

größten zusammenhängenden Waldkomplexe der Region. Ökologisch<br />

zeichnet er sich durch großflächige Linden-Eichen-Hainbuchen-Altholzbestände,<br />

viele kleinere Buchen-Altholzbestände sowie sumpfige Erlen-Auenwälder<br />

und Quellsümpfe an Bachläufen aus. Hinzu kommt eine bemerkenswerte<br />

Vielfalt der Flora und Fauna mit zahlreichen geschützten Tier- und<br />

Pflanzenarten.<br />

Ebenfalls erwähnenswert ist das Naturschutzgebiet Rodderberg im Drachenfelser<br />

Ländchen, das die Kraterreste eines vor 30.000 Jahren ausgetrockneten<br />

Tuffvulkans umfasst. Neben seiner geologischen Bedeutung spielt der<br />

Rodderberg als weit nördlich liegende Wärmeinsel eine wichtige Rolle als<br />

Lebensort für wärmeliebende Tiere und Pflanzen, die hier zum Teil ihre nördliche<br />

Verbreitungsgrenze in Mitteleuropa erreichen.<br />

Kulturhistorisch zeichnet sich das Drachenfelser Ländchen durch eine stark<br />

reliefierte Landschaft mit landwirtschaftlichen Nutzflächen und Wäldern<br />

sowie durch die vulkanismusgeprägten Silhouetten und historischen Ortsbilder<br />

aus. Aufgrund der Vielzahl der hier vorhandenen Kulturlandschaftselemente<br />

lassen sich die unterschiedlichsten Aspekte menschlichen Wirkens<br />

verdeutlichen. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Aussichtspunkten mit<br />

großem ästhetischen Reiz. Sie ermöglichen es, geologische und kulturlandschaftliche<br />

Aspekte – beispielsweise den landschaftlichen Übergang zur<br />

Börde – zu erkennen und aus der Landschaft abzulesen.<br />

Die Entwicklung des Drachenfelser Ländchens ist vor allem durch den Vulkanismus<br />

und das Töpfergewerbe geprägt. Die Siedlungen der einstigen<br />

„terrula drachenfelsiensis“ wurden größtenteils bereits im 13. Jahrhundert<br />

erwähnt und haben bis heute ihre alten Standorte bewahrt. Eine zentrale<br />

Bedeutung kommt dabei dem ehemaligen administrativen Zentrum der<br />

Gegend zu: der im Quellgebiet des Godesberger Baches bei Villip gelegenen<br />

Wasserburg Gudenau. Ganz in der Nähe der Burg befindet sich eine Allee,<br />

die exemplarisch für das dichte historische Straßennetz des Drachenfelser<br />

Ländchens ist. Heute ist das Wegenetz vor allem in den landwirtschaftlich<br />

genutzten Bereichen stark ausgeprägt.<br />

Eine größere Anzahl von Steinbrüchen, die teilweise bereits in römischer Zeit<br />

angelegt wurden, sowie mehrere Tongruben verdeutlichen den engen<br />

Zusammenhang zwischen vulkanischem Einfluss und wirtschaftlicher Tätigkeit.<br />

Die Tongruben sind durch archäologische Funde datiert. Noch heute<br />

gibt es im Ort Adendorf eine lebendige Töpfertradition, die sich bis ins 17. Jahrhundert<br />

zurückverfolgen lässt.<br />

Kennzeichnend für das Kulturerbe des Kottenforstes ist vor allem die Vielzahl<br />

der Kleinelemente wie historische Wegekreuze und Gedenksteine. Sie dienten<br />

entweder als Orientierungspunkte für die Jagd oder als Grenzmarkierung.<br />

Reste mehrerer Übungslager der seinerzeit in Bonn stationierten römischen<br />

Legion deuten darauf hin, dass der Kottenforst einstmals im römischen<br />

Staatsbesitz war. In fränkischer Zeit wurde er wie die Wälder der Ville Königsgut,<br />

was eine rege Rodungstätigkeit sowie die Nutzung als Waldweide oder<br />

zur Holzgewinnung mit sich brachte. Die teilweise sehr intensive Nutzung des<br />

Waldes während der folgenden Jahrhunderte führte zu einer Verwüstung<br />

weiter Bereiche. Eine besondere Beachtung erfuhr der Kottenforst erst wieder<br />

im 18. Jahrhundert unter dem Kurfürsten Clemens August von Köln. Nun<br />

wurde er hauptsächlich für die Jagd genutzt. Das heutige Wegenetz des<br />

Waldes hat seinen Ursprung in der besonderen Neigung des Landesfürsten<br />

zur Parforcejagd.<br />

Die nachhaltige Entwicklung dieses wertvollen Kulturlandschaftsbereiches<br />

verlangt eine kategorische Sicherung der zusammenhängenden Waldflächen.<br />

Dies schließt insbesondere eine weitere Erschließung durch Verkehrswege<br />

aus. Das gilt auch für das Drachenfelser Ländchen, das als historisch bedeutsame<br />

Dorf- und Bauernlandschaft gefördert werden muss. Im Kottenforst<br />

geht es vor allem darum, ein ausgewogenes Nebeneinander von natürlicher<br />

Waldentwicklung, Erhaltung der Elemente des kurfürstlichen Jagdwaldes<br />

und einer sanften Freizeit- und Erholungsnutzung zu finden.


54<br />

Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich<br />

Siebengebirge – Pleiser Ländchen<br />

Der weltweit bedeutsame Landschaftsraum des Siebengebirges und des<br />

Pleiser Ländchens ist repräsentativ für den Naturraum der Mittelrheinischen<br />

Pforte. Neben dem Siebengebirge, einschließlich des Identifikationspunktes<br />

Drachenfels, reicht der wertvolle Kulturlandschaftsbereich im Osten über den<br />

Pleisbach hinaus bis ins Pleiser Ländchen. Funktionsräumlich gesehen spielt<br />

er vor allem als Wohn- und Residenzgebiet von Unternehmen, als Alterssitz<br />

sowie als Raum für Freizeit und Naherholung eine wichtige Rolle. Die Entwicklung<br />

des Fremdenverkehrs steht hier seit Ende des 19. Jahrhunderts in<br />

einem engen Zusammenhang mit dem Begriff der „<strong>Rhein</strong>romantik“.<br />

Kulturhistorisch ist vor allem die lange und bewegte Entwicklungsgeschichte<br />

des Siebengebirges hervorzuheben. Hier findet man noch heute Überreste<br />

aller geschichtlicher Perioden. Die Landschaft zeigt dabei die gestalterischen<br />

Aktivitäten und Bewirtschaftungsformen auf: von Landwirtschaft, Wald- und<br />

Forstwirtschaft und Weinbau bis hin zu Gewerbe, Industrie, Wohnen und<br />

Tourismus. Als besondere Wirtschaftsform hat sich zudem der Steinabbau<br />

erwiesen. Zahlreiche Steingruben und -brüche dokumentieren dies bis heute.<br />

Ihre Vorkommen haben erheblichen Anteil am Entstehen des Weltkulturerbes<br />

Kölner Dom und vieler anderer rheinischer Baudenkmäler – beispielsweise<br />

des Altenberger Domes – gehabt.<br />

Vor allem im 19. Jahrhundert erhielt die Siebengebirgslandschaft entlang des<br />

<strong>Rhein</strong>s eine romantische Assoziation, die insbesondere durch englische und<br />

deutsche Maler sowie durch Literaten vermittelt wurde. Diese Zeit ist insofern<br />

lebendig geblieben, als dass das Siebengebirge mit seiner reizvollen landschaftlichen<br />

Gliederung und Attraktivität immer noch viele Attribute einer<br />

pittoresken Wunschlandschaft erfüllt. Nicht zuletzt daher rührt seine wichtige<br />

Wohn- und vor allem Naherholungsfunktion für den Ballungsraum Köln/Bonn.<br />

Hinzu kommt, dass der Raum auch eine Vielzahl kultureller Besonderheiten<br />

und Sehenswürdigkeiten bietet. Angefangen vom Petersberg mit dem ehemaligen<br />

Gästehaus der Bundesrepublik Deutschland reicht dies über die<br />

Burgruine des Drachenfelses und den Ort Königswinter bis zur Klosterlandschaft<br />

der ehemaligen Zisterzienserabtei Heisterbach. An deren Beispiel ist<br />

das Thema Kulturlandschaft in einem bundesweit einzigartig innovativen<br />

Forschungsprojekt intensiv untersucht worden. Die Vorgehensweise und die<br />

Konzeption der Untersuchung lassen sich gut auf die weiteren Kulturlandschaften<br />

der Region Köln/Bonn übertragen.<br />

Die Raumwirksamkeit der Abtei<strong>grün</strong>dung um 1189 entfaltete sich einerseits<br />

baulich – beispielsweise mit der 1237 fertig gestellten Abteikirche – andererseits<br />

aber auch durch die sie umgebende Nutzungsvielfalt. Das klösterliche<br />

Ideal des „ora et labora“ prägte hier ein nachhaltiges Konzept mittelalterlicher<br />

Landschaftsnutzung.


Auch über die Säkularisierung Anfang des 19. Jahrhunderts hinaus hat<br />

Heisterbach seine Bedeutung für das Kulturerbe der Region behalten. Eingebettet<br />

in zahlreiche Relikte vergangener Kulturlandschaftsphasen bietet<br />

das Tal um die wieder hergerichtete Abtei auch aktuell ein herausragendes<br />

Potenzial der kulturellen Wertschöpfung für die Region und darüber hinaus.<br />

Das benachbarte Pleiser Ländchen ist trotz einer sehr viel weiter zurückreichenden<br />

Siedlungsgeschichte vor allem deshalb kulturhistorisch interessant,<br />

weil es die erste neu besiedelte mittelalterliche Kleinlandschaft der Region<br />

darstellt. Dies ist vor allem auf die fruchtbaren Lössböden zurückzuführen,<br />

sichtbarer Ausdruck des Reichtumes dieser Zeit ist das Fußbodenmosaik in<br />

der Kirche von Oberpleis.<br />

Hinsichtlich des Naturerbes ist das Siebengebirge von einem großen Kerngebiet<br />

aus wärmeliebenden Wäldern mit angrenzenden Wein- und Obstgärten<br />

geprägt. Dabei findet man die größten zusammenhängenden Buchenwaldgesellschaften<br />

in der Region sowie seltene Laubwälder wie den Eichen-<br />

Elsbeerenwald. Darüber hinaus zeichnet sich der wertvolle Kulturlandschaftsbereich<br />

durch eine große Zahl landesweit gefährdeter Biotoptypen und die<br />

Präsenz zahlreicher in Nordrhein-Westfalen vom Aussterben bedrohter<br />

Pflanzen- und Tierarten aus. Die Steinbrüche des Teilraumes gehören diesbezüglich<br />

zu den Schwerpunkten des Artenschutzprogramms für die Mauereidechse.<br />

Auch Amphibien wie die Gelbbauchunke sowie zahlreiche seltene,<br />

in der EU-Vogelschutzrichtlinie aufgeführte Arten haben im Siebengebirge<br />

und im Pleiser Ländchen ihren landesweiten Verbreitungsschwerpunkt.<br />

Aufgrund dieser natur- und kulturräumlichen Privilegien sind das Siebengebirge<br />

und das Pleiser Ländchen als geschlossene Einheiten vollständig zu<br />

erhalten. In seiner bestehenden Ausprägung bietet der wertvolle Kulturlandschaftsbereich<br />

eine ideale Grundlage für eine nachhaltige und schonende<br />

wirtschaftliche Nutzung. Er stellt dabei ein gutes Beispiel für nachhaltigen<br />

Wein- und Obstbau sowie nachhaltige Waldbewirtschaftung dar. Ein zentrales<br />

Thema ist darüber hinaus die Wiedereinbindung herausragender Kulturdenkmäler<br />

in die Landschaft. Dies lässt sich exemplarisch am Beispiel des<br />

Drachenfelses verdeutlichen und steht in engem Zusammenhang mit einer<br />

landschaftsverträglichen Nutzung durch den Tourismus.<br />

55


56<br />

Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Dhünn – Altenberg<br />

Von der Gemeinde Odenthal im Süden bis nach Hückeswagen im Norden<br />

reicht der Raum des wertvollen Kulturlandschaftsbereiches Dhünn-Altenberg,<br />

der typisch für den Naturraum Bergische Hochflächen ist. Hinsichtlich seines<br />

Naturerbes stellt er einen Ausschnitt des nördlichen Bergischen Landes dar.<br />

Dabei umfasst der regional bedeutsame Bereich nahezu das gesamte Fließgewässersystem<br />

der Dhünn und der Dhünntalsperre. Er deckt sich somit in<br />

großen Teilen mit dem Gewässernetz der Dhünn (siehe auch Seite 65).<br />

Eine besondere Konzentration des Naturerbes findet man in den ökologisch<br />

bedeutsamen Tälern der Dhünn und des Eifgenbachs. Sie weisen repräsentative<br />

Erlen- und Erlen-Eschen-Auenwälder auf, die hervorragend erhalten<br />

sind. Gleiches gilt für die Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder in den Tälern<br />

und die ausgedehnten Hainsimsen-Buchenwälder an den Talhängen des<br />

Kulturlandschaftsbereiches Dhünn – Altenberg. Sowohl das Tal der Dhünn als<br />

auch das des Eifgenbachs stehen beispielhaft für ausgeprägte Mittelgebirgsfließgewässer<br />

mit einer fluss- und bachtypischen Flora und Fauna. Sie sind<br />

von landesweiter Bedeutung und beherbergen mit den feuchten Hochstaudenfluren<br />

und den Auenwälder international herausragende Lebensräume der<br />

Vegetation. Im Rahmen der landesweiten Biotopvernetzung bildet das Talsystem<br />

von Dhünn und Eifgenbach eine Kernfläche des Naturparks Bergisches<br />

Land, zudem ist es Teil des Dhünn-Eifgenbach-Korridors (siehe auch<br />

Seite 67), der die Vernetzung zwischen den Bergischen Hochflächen und der<br />

Bergischen Heideterrasse herstellt. Ökologisch höchst wertvoll sind zudem<br />

die Trinkwasserschutzzonen im Umfeld der Großen Dhünntalsperre. Hier gibt<br />

es eine Reihe seltener Tier- und Pflanzenarten, die Talsperre selbst ist Rastund<br />

Überwinterungsplatz für durchziehende Vogelarten.<br />

Die ausgeprägte Beziehung zum Wasser in diesem Teilraum der Region verdeutlichen<br />

auch zahlreiche Kulturdenkmäler, beispielsweise die historischen<br />

Mühlen in den Tälern des Eifgenbachs und der Dhünn. Sie dokumentieren die<br />

lange Tradition der Wasserkraftnutzung, selbst wenn man dem Tal diese<br />

heute in seiner stillen Abgeschiedenheit nicht mehr ansieht. In Resten jedoch<br />

sind hier zahlreiche alte Öl- und Getreidemühlen erhalten – beispielsweise<br />

die Markusmühle, die Neue Mühle oder die Finkenholler Mühle als reine<br />

Getreidemühlen sowie die Rausmühle und die Odenholler Mühle als Öl- und<br />

Getreidemühle. Hinzu kommen weitere historische Mühlen an den Nebenflüssen<br />

bzw. -bächen des Fließgewässersystems.


Eine zentrale Bedeutung hinsichtlich des Kulturerbes hat im wertvollen<br />

Kulturlandschaftsbereich Dhünn – Altenberg das Abteigelände des ehemaligen<br />

Klosters Altenberg. Das Kloster wurde im Jahr 1133 ge<strong>grün</strong>det. Erster Standort<br />

war die alte Burg Berge der Grafen zu Berg oberhalb der Dhünn, einige<br />

100 Meter südlich der späteren Abteikirche. Entsprechend der Regelungen<br />

zur Ansiedlung von Zisterziensern durfte das Kloster nicht in bestehenden<br />

Siedlungen errichtet werden; die Mönche sollten zudem „von ihrer Hände<br />

Arbeit, Ackerbau und Viehzucht“ leben. Dieser Autarkieansatz bedingte Wirtschaftsanlagen<br />

wie Werk- und Gewerbestätten sowie Mühlen. Wie in allen<br />

Zisterzienserklöstern spielte auch in Altenberg von Beginn an das Wasser<br />

zur Organisation des Alltags und der Arbeit eine dominante Rolle: sowohl als<br />

Trink- und Brauchwasser, wie als Wasserkraft zum Antrieb der Mühlen und<br />

zur Anlage von Fischteichen sowie zur Bewässerung der Wiesen.<br />

Der Grundstein zur heutigen, hochgotischen Klosterkirche wurde 1259 nach<br />

dem architektonischen Vorbild der Abteikirche von Royaumont im Val-d’Oise<br />

nördlich von Paris gelegt. Die Bauzeit zog sich über einige Jahre hin, bei der<br />

Einweihung im Jahr 1379 war der Dom noch unvollendet. Säkularisiert wurde<br />

die Abtei Altenberg schließlich im November 1803. Die abteilichen Gebäude<br />

gingen nunmehr in den Besitz des Landesherren über, sie wurden dabei<br />

zum Teil völlig anderen Nutzungen – beispielsweise als Tuchfabrik oder als<br />

chemische Fabrik – zugeführt. Es folgten ein partieller Zerfall im 19. Jahrhundert<br />

sowie eine Wiederherstellung mittels Pflegemaßnahmen im 20. Jahrhundert.<br />

Heute ist Altenberg ein überregional anerkanntes und gut besuchtes Ausflugsziel<br />

mit hohem regionalem Identitätswert. Sowohl die kulturlandschaftlichen<br />

Bezüge als auch die historischen Standortbedingungen sind in der<br />

Landschaft noch gut ablesbar. Auch die historische europaweite Vernetzung<br />

Altenbergs wird – beispielsweise durch den Weg der Jakobspilger, der hier<br />

verläuft – nachvollziehbar. Insofern bietet es sich an, ein kulturlandschaftspflegerisches<br />

Konzept für die Gesamtperspektive Altenbergs und seiner Umgebung<br />

zu entwickeln. Hierzu gehören neben der Klosteranlage der Ort<br />

Odenthal als Kirchdorf sowie die Hochflächen zwischen Eifgenbach, Dhünn<br />

und Scherfbach bis hinein in den Raum Bechen. Besondere Bedeutung hat<br />

in diesem Bereich auch die Vielzahl denkmalgeschützter alter Hofanlagen.<br />

Ansonsten soll der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Dhünn – Altenberg<br />

vor allem Beispiele extensiver Grünlandnutzung in Wiesentälern sowie nachhaltiger<br />

Gestaltung von Waldflächen in Trinkwasserschutzgebieten aufzeigen.<br />

Dabei kommt auch der kulturhistorischen Dimension der Wasserkraftnutzung<br />

eine wichtige Rolle zu.<br />

57


Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich<br />

Heckberger Wald – Leppetal<br />

Wie an Dhünn und Eifgenbach, so spielt auch im wertvollen Kulturlandschaftsbereich<br />

Heckberger Wald – Leppetal die Nutzung der Wasserkraft historisch<br />

gesehen eine zentrale Rolle. Der regional bedeutsame Landschaftsraum ist<br />

ein typischer Ausschnitt des Oberagger-Wiehl-Berglandes und der Bergischen<br />

Hochflächen mit den wichtigen Quellgebieten des Heckberger Waldes und<br />

dem wasserreichen Leppetal. Dabei reicht der Heckberger Wald von der Agger<br />

im Norden bis zu den Orten Drabenderhöhe und Asinghausen im Süden.<br />

Seine Westgrenze verläuft am Rande des Engelskirchener Ortsteils Loope,<br />

die Ostgrenze bei Bielstein. Das Leppetal erstreckt sich bis hinauf in die<br />

Nähe von Marienheide. Es gilt heute als typisches Beispiel eines bergischen<br />

Industrietales.<br />

Der älteste Hinweis auf die Nutzung der Wasserkraft an der Leppe stammt<br />

aus dem Jahr 1514. Um 1580 wird am Standort des späteren Eibacher<br />

Hammers eine Eisenhütte erwähnt. Es scheint so, als seien dort die auf dem<br />

Bergrücken zwischen Leppe und Eibach geförderten Eisenerze verhüttet<br />

worden. Zahlreiche Belege deuten auf eine Bergbauaktivität in dieser Zeit hin.<br />

Infolge der nicht ausreichenden Qualität des Eisenerzes wurde die Hütte<br />

jedoch bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts in einen Eisenhammer umgewandelt.<br />

Das Wasser zum Antrieb dieses Hammers wurde direkt der Leppe<br />

entnommen. Dies ist ein wichtiger Hinweis auf sein Alter, denn alle später<br />

eingerichteten Wasserhämmer entnahmen das Antriebswasser aus einem<br />

Hammerteich. Das hier veredelte Roheisen stammte vermutlich aus dem<br />

Siegerland. Im 17. und 18. Jahrhundert kamen an der Leppe zahlreiche neue<br />

Hammerwerke hinzu.<br />

Insgesamt sind 25 Anlagen bekannt, die entweder als Hütten- oder Walzwerk<br />

sowie als Eisenhammer und Getreide-, Pulver- oder Papiermühle arbeiteten.<br />

Sie sind ein Beleg für die ehemals blühende Industrie in diesem Bereich.<br />

Die Wirtschaftskraft des Leppetals war so bedeutend, dass zwischen 1897<br />

und 1958 eine Schmalspurbahn zwischen Engelskirchen und Marienheide<br />

verkehrte. Es handelte sich um eine Industriebahn, die die Edelstahlwerke<br />

bediente und gleichzeitig eine Hochphase der Stahlindustrie an der Leppe<br />

einleitete. Heute sind hier noch einige wenige Edelstahlwerke sowie eine<br />

Stahlfederfabrik aktiv. Auch zwei der historischen Hammerwerke sind noch<br />

erhalten und funktionsfähig.<br />

Über diese wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung hinaus sind bezüglich des<br />

Kulturerbes im wertvollen Kulturlandschaftsbereich Heckberger Wald – Leppetal<br />

in erster Linie Schloss Gimborn als Sitz der ehemaligen Herrschaft Gimborn-Neustadt<br />

sowie zahlreiche Reste alter Fern- und Handelsstraßen in und<br />

am Heckberger Wald zu nennen. Auch der Heckberger Wald selbst verfügt<br />

über ein beispielhaftes industriehistorisches Erbe. So gibt es ein Bergbauzentrum<br />

mit Erzteichen, Bergarbeiterhäusern und einem ehemaligen Steigerhaus.<br />

Auch überall im Waldgebiet lassen sich die Spuren aus der Zeit des<br />

Bergbaus ablesen. So findet man hier sowohl Gebäudereste als auch Erzbergbauhalden<br />

und Karrenwege. Diese führten oftmals hinunter ins Aggertal,<br />

wohin die Erze zur Verarbeitung geschafft wurden.<br />

Das Naturerbe des wertvollen Kulturlandschaftsbereiches umfasst vor allem<br />

die weiträumigen, nahezu unzerschnittenen Buchen- und Eichenwälder des<br />

Heckberger Waldes. Sie sind typisch für das Bergische Land und wurden<br />

ehemals als Niederwald genutzt. Eine ökologische Kernzone bildet das Naturschutzgebiet<br />

um Immerkopf und Schimmelhau, das von kleinen Moorwäldern<br />

sowie offenen Hangquellmooren geprägt ist. Für mehrere atlantische Pflanzenarten<br />

verläuft hier die östliche Verbreitungsgrenze, zudem sind zahlreiche<br />

seltene Moosarten und lokale Heidefragmente vertreten. Von überregionaler<br />

Bedeutung ist auch das Tal des Loopebaches mit seinen Auenwäldern.<br />

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der wertvolle Kulturlandschaftsbereich<br />

Heckberger Wald – Leppetal über seine kulturhistorische Relevanz<br />

hinaus zahlreiche Beispiele für eine naturnahe und nachhaltige Forstwirtschaft<br />

sowie eine nachhaltige Landwirtschaft liefert. Die Industriegeschichte des<br />

Teilraumes lässt sich an den drei Standorten Leppetal, Engelskirchen und<br />

Heckberger Wald besonders gut ablesen. Das Leppetal sollte als geschlossene<br />

Einheit zusammen mit dem Gimbachtal erhalten werden, denn gerade hier<br />

sind die Voraussetzungen für eine nachhaltige und schonende wirtschaftliche<br />

Nutzung günstig.<br />

59


60<br />

Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich<br />

Homburger Ländchen – Bröltal<br />

Das Homburger Ländche ist ein im Bergischen Land und darüber hinaus<br />

etablierter Begriff für das Gebiet rund um Schloss Homburg. Der wertvolle<br />

Kulturlandschaftsbereich ist landesweit bedeutsam und typisch für den Naturraum<br />

Oberagger-Wiehl-Bergland. Er umfasst im Wesentlichen das Gebiet<br />

der Gemeinde Nümbrecht. Damit entspricht er der gängigen Abgrenzung des<br />

Homburger Ländchens in vielen touristischen Karten und Beschreibungen.<br />

In großen Teilen deckt sich die wertvolle Kulturlandschaft zudem mit dem<br />

Gewässernetz der Bröl (siehe Karte auf Seite 39).<br />

Betrachtet man das Naturerbe, so sind hauptsächlich Reste der ursprünglichen<br />

Laubwaldlandschaft, Elemente der für das Bergische Land typischen<br />

Wiesen- und Weidelandschaft sowie die naturnahen Gewässer des Bachsystems<br />

der Homburger Bröl hervorzuheben. So haben die Bröl und ihre<br />

Nebengewässer im Raum von Nümbrecht aufgrund ursprünglicher Gewässerstrukturen<br />

mit Steilufern, Sand- und Kiesbänken sowie kleinen Inseln im<br />

Flussbett einen großen ökologischen Wert. In der Bachaue werden sie von<br />

schutzwürdigen Erlenwäldern, Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwäldern und<br />

Bach-Erlen-Eschenwäldern flankiert. Auch die größtenteils extensiv genutzten<br />

Grünlandflächen an den Bachläufen besitzen ein hohes ökologisches Potenzial.<br />

Prinzipiell kann festgestellt werden, dass das Homburger Ländchen ein sehr<br />

harmonisches Landschaftsbild mit einem ausgewogenen Verhältnis von Wald<br />

und Offenland aufweist. Geprägt wird dieses durch zahlreiche naturnahe<br />

Fließgewässer sowie eine Vielzahl kleinerer Kulturlandschaftselemente und<br />

Strukturen wie Hutebäume, Hohlwege, Stufenraine und alte Wegetrassen.<br />

Kulturhistorisch vereint das Homburger Ländchen sowohl Zeugnisse der<br />

Territorialgeschichte als auch eine interessante Mühlen- und Industrievergangenheit.<br />

Den Mittelpunkt bezüglich des Kulturerbes bildet dabei das<br />

markant auf einem Bergsporn über der Bröl liegende Schloss Homburg,<br />

welches heute als Museum des Oberbergischen <strong>Kreis</strong>es genutzt wird. Hinsichtlich<br />

der räumlichen Abgrenzung des wertvollen Kulturlandschaftsbereiches<br />

besitzen zudem die Kirchdörfer Nümbrecht, Marienberghausen und<br />

Drabenderhöhe aufgrund ihrer Lage und ihrer herausragenden Bauwerke<br />

eine ausstrahlende Wirkung. Während Nümbrecht sich vor allem durch seine<br />

stattlichen Bruchsteinhäuser aus dem 17. und 18. Jahrhundert sowie seine<br />

romanische Kirche auszeichnet, ist in Marienberghausen die Wehrkirche<br />

hervorzuheben, die aufgrund der im Chor entdeckten Fresken aus dem 15.<br />

Jahrhundert zu den „bunten Kirchen des Bergischen Landes“ gezählt wird.<br />

In Drabenderhöhe markiert die weit sichtbare Kirche den Schnittpunkt alter<br />

Handelsstraßen.


Ansonsten prägen kleine bäuerliche Weiler mit Gartenstrukturen und Obstwiesen<br />

sowie historischen Wegenetzen und Dorfgehölzen am Ortsrand die<br />

Kulturlandschaft. Im Tal der Homburger Bröl ist zudem ein mühlen- und<br />

industriegeschichtlicher bemerkenswerter Teilabschnitt erhalten, der die<br />

ehemalige Lage der Mühlstandorte erfahrbar macht und gut erhaltene Reste<br />

alter wassertechnischer Anlagen aufzeigt. Auf diese Art und Weise dokumentiert<br />

er die Historie der Papierproduktion, die bereits Mitte des 16. Jahrhunderts<br />

mit der Homburger Papiermühle der Grafen zu Sayn-Wittgenstein<br />

begann und bis in die heutige Zeit als Teil eines internationalen Papierkonzerns<br />

lebendig ist. Ein Großteil der Industrie- und Mühlenanlagen steht dabei unter<br />

Denkmalschutz.<br />

Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Homburger Ländchen eignet sich<br />

hervorragend, um über den zentralen Standort Nümbrecht hinaus territoriale<br />

und siedlungsbezogene Entwicklungen des Bergischen Landes aufzuzeigen.<br />

So verbindet die Brüderstraße als mittelalterlicher Handelsweg und als<br />

historischer Korridor von landesweiter Bedeutung über den Kirchort Drabenderhöhe<br />

hinweg die beiden wertvollen Kulturlandschaftsbereiche Heckberger<br />

Wald – Leppetal und Homburger Ländchen. Gerade die Genese dieses wertvollen<br />

Kulturlandschaftsbereiches gibt einen beispielhaften Ausblick auf deren<br />

zukünftige nachhaltige Gestaltung und Entwicklung.<br />

61


62<br />

Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich<br />

Nutscheid – Leuscheid<br />

Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Nutscheid – Leuscheid repräsentiert<br />

den Naturraum Mittelsieg-Bergland. Er ist ebenfalls von regionaler Bedeutung<br />

und grenzt im Westen an das Gebiet der historischen Stadt Blankenberg an<br />

der Sieg. Von dort reicht er über den Nutscheid bis auf die Höhe von Waldbröl.<br />

Ferner umfasst der Landschaftsraum den Siegabschnitt zwischen Eitorf<br />

und Rosbach sowie Teile des Leuscheid im Süden, wo er an der Landesgrenze<br />

zu <strong>Rhein</strong>land-Pfalz endet.<br />

Kultur- und naturlandschaftlich ist das Gebiet dreigeteilt: in die beiden großen,<br />

europäisch bedeutsamen Waldflächen des Nutscheid und Leuscheid<br />

(NATURA 2000) sowie das Siegtal. Das Naturerbe konzentriert sich dabei<br />

auf die Waldbereiche des Nutscheid und Leuscheid. Eine Kernfläche ist<br />

ein Laubwaldkomplex, der mit den offenen Übergangsbereichen des Leuscheid-Rückens<br />

zum mittleren Siegtal verbunden ist. Hier gibt es naturnahe<br />

Eichenmischwälder und Buchenwälder, die sowohl Feuchtheiden als auch<br />

Hochmooransätze und naturnahe Bachlandschaften aufweisen.<br />

Hervorzuheben ist auch das ökologisch wertvolle Gebiet des Wohmbachs mit<br />

seinen Zuflüssen, dessen bewaldetes Talsystem sich tief in den Rücken des<br />

Leuscheid eingeschnitten hat. Die angrenzenden Buchenwälder vermitteln<br />

beeindruckend die alte Waldnutzung, beispielsweise in Form von Bergheiden<br />

und Niederwäldern. Neben den naturnahen Altwäldern besitzt das Gebiet ein<br />

hohes Entwicklungspotenzial für naturnahe Wälder und Bachtäler. Im länderübergreifenden<br />

Biotopverbund kommt ihm eine wichtige Rolle zu, da es die<br />

Verbindung zum FFH-Gebiet Leuscheid in <strong>Rhein</strong>land-Pfalz herstellt.<br />

Der Nutscheid trägt das größte zusammenhängende Waldgebiet des Bergischen<br />

Landes. Es handelt sich vorwiegend um ausgedehnte Eichen-Birken-<br />

Buchenniederwälder, die ein weit verzweigtes Quellbachsystem aufweisen.<br />

Dieses wiederum ist eng mit dem Sieg-Auen-Korridor (siehe Seite 67) und<br />

dem Bröl-Gewässernetz (siehe Seite 65) verbunden. Das hier vorhandene,<br />

gut ausgebildete Übergangs- und Schwingrasenmoor gehört mit zu den<br />

größten Raritäten des Naturschutzes in Nordrhein-Westfalen. Hinzu kommt,<br />

dass der Waldkomplex einer der landesweit letzten Lebensräume des vom<br />

Aussterben bedrohten Haselhuhns ist. Hinsichtlich des Kulturerbes sind<br />

vor allem die märkisch-bergischen Grenzanlagen auf dem Bergrücken des<br />

Nutscheid sowie die alte Nutscheid-Höhenstraße zu nennen, deren Historie<br />

sich bis in die Römerzeit zurückverfolgen lässt. Ferner gibt es auf dem<br />

Nutscheid Reste alter Blei-, Silber- und Edelmetallbergwerke.<br />

Das Kulturerbe des Leuscheid hingegen zeichnet sich durch eine Reihe alter<br />

Mühlen, das Forsthaus Hüppelröttchen am Wohmbach sowie den Basaltsteinbruch<br />

„Blaue Steine“ aus. Besondere Bedeutung für das Kulturerbe hat<br />

das mittlere Siegtal mit seinen historischen Kulturlandschaftselementen<br />

des Bergbaus, der Flößerei und der Mühlennutzung sowie einer Vielzahl alter<br />

Burgen und Schlösser. Neben dem Ensemble der Stadt Blankenberg mit<br />

Burg, Vorburg und alter Stadtbefestigung ist diesbezüglich vor allem die Burgruine<br />

Windeck hervorzuheben, deren Geschichte bis ins 12. Jahrhundert<br />

zurückreicht. Die mittelalterliche Burg ist nach ihrer wechselvollen Historie<br />

heute wieder zu einem Wahrzeichen des Windecker Ländchens mit einer<br />

hohen identitätstiftenden Wirkung geworden.


Wichtig ist zudem das religiöse Kulturerbe des Siegtals mit Kirchen, Klöstern<br />

und Wallfahrtsorten. Eine Besonderheit am Rande des wertvollen Kulturlandschaftsbereiches<br />

ist der übergreifende Denkmalbereich Blankenberg<br />

und Bödingen auf den einander gegenüberliegenden Seiten der Sieg.<br />

Der wertvolle Kulturlandschaftsbereich Nutscheid – Leuscheid hat aufgrund<br />

der großflächigen Wälder ein hohes Entwicklungspotenzial für die Wiederherstellung<br />

naturnaher Waldlandschaften mit Urwaldkernen, so genannter<br />

Naturwaldzellen. Am Beispiel der Sieg kann zudem die landschaftstypische<br />

Einbettung eines Mittelgebirgsflusses mit kleineren Burganlagen in ursprünglichen<br />

Waldlandschaften aufgezeigt und weiterentwickelt werden. Ziel ist<br />

die nachhaltige Gestaltung eines Ausschnitts des Windecker Landes.<br />

63


64<br />

Die Freiraum- und Gewässernetze –<br />

Feinnervige Verbindungen in Grün und Blau<br />

Über die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche als Landschaftskerne hinaus<br />

sind auch die Freiraum- und Gewässernetze der Region ökologisch und<br />

kulturhistorisch für das Netzwerk der Kulturlandschaften relevant. Dies zeigt<br />

auch die Karte des Kulturlandschaftsnetzwerkes auf Seite 37.<br />

Bei den Freiraumnetzen handelt es sich um feingliedrige Netzwerke im<br />

Ballungsraum, beispielsweise miteinander verbundene Netze aus Grünzügen,<br />

Grüngürteln oder anderen Freiräumen wie Kleingartenanlagen, Stadtbrachen<br />

und nicht bebaute Flächen. Die Freiraumnetze der Städte Köln und Bonn<br />

stehen dabei in einer direkten Verbindung zu den dargestellten Freiraumkorridoren<br />

auf Seite 68ff.<br />

Unter Gewässernetzen hingegen wird das feinnervige Netz von Kulturlandschaftsverbindungen<br />

im Bereich der Quellen, Quellgewässer und Oberläufe<br />

der wichtigsten Fließgewässer in der Region verstanden. Ihnen kommt vor<br />

allem bei der Bewahrung und Gestaltung der Hügel- und Mittelgebirgslandschaften<br />

im höheren Bergischen Land sowie am Rand von Vorgebirge und<br />

Eifel eine große Bedeutung zu. Die Gewässernetze stehen dabei in einer direkten<br />

Verbindung zu den auf Seite 66ff. dargestellten Auenkorridoren.<br />

Das Kölner und Bonner Freiraumnetz<br />

Während das linksrheinische Kölner Freiraumnetz mit seinem geschlossenen<br />

inneren und äußeren Grüngürtel ein vorbildliches Beispiel für ein bereits in<br />

den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts konzipiertes, urbanes Grünsystem<br />

darstellt (siehe dazu auch das Kapitel zum „Wertvollen Kulturlandschaftsbereich<br />

Köln“, Seite 46ff.), fehlt im rechtsrheinischen Köln eine solche<br />

innere Grünverbindung. Der äußere Grüngürtel erstreckt sich hier von Westhoven<br />

über Höhenberg bis nach Stammheim – wie im linksrheinischen<br />

Bereich befinden sich innerhalb dieses Gürtels eine Reihe historisch bedeutsamer<br />

preußischer Befestigungsanlagen. Vom äußeren rechtsrheinischen<br />

Grüngürtel gibt es wiederum verschiedene Freiraumverbindungen, die eine<br />

Verbindung zum Umland mit seinen Kulturlandschaftskorridoren und dem<br />

wertvollen Kulturlandschaftsbereich Wahner Heide – Königsforst – Siegmündung<br />

herstellen. Perspektivisch wird eine Verknüpfung des Kölner Freiraumnetzes<br />

mit den Auenkorridoren des <strong>Rhein</strong>s, der Wupper und der Dhünn<br />

angestrebt.<br />

Anders als in Köln fehlt in Bonn eine historisch gewachsene Freiraumplanung.<br />

Das Bonner Freiraumnetz wird vor allem vom <strong>Rhein</strong> mit seinen Uferanlagen<br />

als großer Freiraumachse, den Grün- und Gartenanlagen der innerstädtischen<br />

Residenzlandschaft, dem Grünkorridor des Venusbergs zwischen Bonn und<br />

Bad Godesberg sowie den benachbarten großen Wäldern des Kottenforstes<br />

und des Siebengebirges geprägt. Dabei fehlen sowohl im Inneren der Stadt<br />

als auch außerhalb Freiraumverbindungen zum Grünkorridor des Venusbergs<br />

sowie zum Kottenforst und zum Siebengebirge. Als Grundelemente des zukünftigen<br />

Freiraumnetzes gilt es, äußere und innere Ost-Westverbindungen<br />

sowie eine Verknüpfung mit den Nord- Südverbindungen des <strong>Rhein</strong>-Auenkorridors<br />

zu schaffen. Im Kontext des Masterplans kommt vor allem der<br />

äußeren Ost-Westverbindung eine wichtige Bedeutung zu. Sie stellt im Norden<br />

der Stadt eine Freiraumverbindung zwischen Ville, Kottenforst und Siebengebirge<br />

her. Darüber hinaus könnte der Aufbau eines Bonner Freiraumnetzes<br />

sowohl unter dem Aspekt der „Residenzlandschaft Bonn“ als auch hinsichtlich<br />

des Venusberg-Grünkorridors bis zum Freiraumkorridor Brühler Gartenlandschaft<br />

nach Norden vorangetrieben werden.<br />

Die Entwicklung der innerstädtischen Freiraumnetze sollte stets eine möglichst<br />

enge Verknüpfung von nicht versiegelten und bebauten Flächen zum<br />

Ziel haben. Beispielhaft hierfür seien Parkanlagen, Gärten, Friedhöfe, Sportund<br />

Erholungsanlagen sowie offen gelassene und ehemalige Industrie- und<br />

Verkehrsflächen genannt. Die so geschaffenen Freiraumnetze sollten neben<br />

der Freizeit- und Erholungsnutzung einer Verbesserung des Stadtklimas und<br />

der Sicherung des städtischen Boden- und Wasserhaushaltes dienen.<br />

Zugleich sind sie Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten der städtischen<br />

Ökosysteme.


Die Gewässernetze<br />

Hinsichtlich der Gewässernetze werden insgesamt sieben Teilräume in der<br />

Region Köln/Bonn unterschieden: das Vorgebirgsbach-Gewässernetz, das<br />

Swist-Gewässernetz, das Dhünn-Gewässernetz, das Wipper-Gewässernetz<br />

sowie die Gewässernetze von Sülz, Agger-Wiehl und Bröl.<br />

Das Vorgebirgsbach-Gewässernetz ist ein typischer Landschaftsausschnitt<br />

im Naturraum der linksrheinischen Mittelterrasse, der in einer engen Verknüpfung<br />

zu den wertvollen Kulturlandschaften Köln, Ville und Kottenforst<br />

steht. Kulturhistorisch prägt das Netz den wertvollen Kulturlandschaftskorridor<br />

des Vorgebirges zwischen Köln und Bonn. Während das Swist-Gewässernetz<br />

vor allem den landwirtschaftlich intensiv genutzten Raum der Zülpicher<br />

Börde umfasst und sich von dort bis an den Rand der Eifel und der wertvollen<br />

Kulturlandschaft Kottenforst erstreckt, ist das Dhünn-Gewässernetz<br />

typisch für den nördlichen Teil des Bergischen Landes. Es integriert alle zubringenden<br />

Gewässer der Dhünntalsperre und große Teile der ausgewiesenen<br />

Wasserschutzzonen. Vom Einzugsgebiet her ist es nahezu identisch mit dem<br />

wertvollen Kulturlandschaftsbereich Dhünn – Altenberg.<br />

Eine altindustrielle Prägung begleitet die Täler des Wipper-Gewässernetzes.<br />

Hier sind sowohl alte Hammerwerke als auch Mühlen in Resten erhalten.<br />

Ansonsten steht das Wipper-Gewässernetz wie das der Dhünn exemplarisch<br />

für den Nordteil des Bergischen Landes mit seiner Talsperrenlandschaft.<br />

Es weist über weite Strecken naturnahe Gewässerverläufe auf, die das Bild<br />

einer typischen Auenlandschaft des Mittelgebirges repräsentieren. Das<br />

Sülz-Gewässernetz hingegen erstreckt sich eher auf die flachen Senken<br />

und Hügel des Sülzberglandes zwischen Hohkeppel, Lindlar und Kürten.<br />

Dabei reicht das Gewässernetz bis an den Rand der wertvollen Kulturlandschaft<br />

Dhünn – Altenberg.<br />

An der Agger erfolgte nahezu im gesamten Talbereich einschließlich der<br />

Nebengewässer eine starke Siedlungs- und Industrienutzung. Das Agger-<br />

Wiehl-Gewässernetz weist zudem typische Merkmale des Oberbergischen<br />

Landes auf. Ökologisch bemerkenswert ist die durch ausgewiesene Trinkwasserschutzzonen<br />

nicht öffentlich zugängliche Wiehltalsperre. Das Gewässernetz<br />

steht in Bezug zu den wertvollen Kulturlandschaftsbereichen Heckberger<br />

Wald – Leppetal und Homburger Ländchen. Dies gilt ebenso für das<br />

Bröl-Gewässernetz, das als typischer Teil des Naturraums Oberagger-Wiehl-<br />

Bergland einen Teil des wertvollen Kulturlandschaftsbereiches Homburger<br />

Ländchen abdeckt sowie in den wertvollen Kulturlandschaftsbereich Nutscheid<br />

– Leuscheid hineinreicht. Hervorzuheben ist hier, dass das Gewässernetz<br />

der Bröl Bestandteil des Wanderfischprogramms NRW werden kann.<br />

Die nachhaltige Entwicklung der Gewässernetze wird zukünftig nicht unerheblich<br />

von den Vorgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie bestimmt<br />

sein. Die Maßnahmen zur Sicherung der Wiederherstellung des guten Gewässerzustandes<br />

werden insbesondere in den Bereichen der Quellen, Quellgewässer<br />

und Oberläufe der Fließgewässer beginnen. Gerade in diesen<br />

Gewässerabschnitten muss zuerst die chemische, biologische und strukturelle<br />

Güte gesichert bzw. wiedergewonnen werden.<br />

65


66<br />

Die Kulturlandschaftskorridore –<br />

Das Gerüst des Netzwerkes<br />

Den Kulturlandschaftskorridoren kommt im Netzwerk der Kulturlandschaften<br />

eine besondere Stellung zu. Sie sind sowohl durch das Naturerbe als auch<br />

durch das Kulturerbe geprägt und bilden den Vernetzungseffekt der wertvollen<br />

Kulturlandschafsbereiche sowie der Freiraum- und Gewässernetze.<br />

Die Korridore übernehmen dabei nicht mehr nur eine Freiraumfunktion; in<br />

vielen Fällen – beispielsweise in den Auenkorridoren entlang der wichtigsten<br />

Flüsse der Region – sind sie längst auch zu Entwicklungs- bzw. Industrieachsen<br />

geworden, in denen sich zudem die verkehrliche Infrastruktur konzentriert.<br />

Prinzipiell kann zwischen drei verschiedenen Arten von Korridoren<br />

unterschieden werden: den Auen-, Wald- und Freiraumkorridoren.<br />

Die Auenkorridore<br />

Die Auenkorridore orientieren sich als „blaue Bänder“ an den Flussläufen der<br />

Region. Sie zeichnen sich über eine durchgängige, weitgehend offene Tallandschaft<br />

aus, in der Wiesen, Weiden und gewässerbegleitende Gehölze<br />

dominieren. Diese Strukturen sind heute jedoch nicht in allen Auenkorridoren<br />

der Region Köln/Bonn vorzufinden.<br />

Die Gewässerläufe in den Korridoren sind teilweise noch naturnah ausgebildet<br />

– wo dies nicht der Fall ist, sollten sie als wichtige biologische Verbindungen<br />

in der Landschaft renaturiert werden. Dabei müssen ihre Durchgängigkeit<br />

und ihre biologische bzw. chemische Güte zukünftig den Vorgaben der Europäischen<br />

Wasserrahmenrichtlinie entsprechen. Auch aus Gründen des Hochwasserschutzes<br />

dürfen die Auenkorridore nicht durch weitere Verkehrsanlagen<br />

oder Siedlungs- und Industrieerweiterungen beeinträchtigt werden.<br />

Der bedeutendste Auenkorridor der Region Köln/Bonn ist der international<br />

bedeutsame <strong>Rhein</strong>-Auenkorridor zwischen dem Kölner Ortsteil Worringen<br />

im Norden und dem Bonner Ortsteil Mehlem im Süden. Er steht in Verbindung<br />

mit den wertvollen Kulturlandschaftsbereichen Urdenbach-Worringen, Köln,<br />

Wahner Heide – Königsforst – Siegmündung, Bonn und Siebengebirge –<br />

Pleiser Ländchen. Als eine der ältesten Flößer- und Schifffahrtstraßen Europas<br />

ist der <strong>Rhein</strong> indirekt für die Errichtung einer Reihe wichtiger Kulturlandschaftselemente<br />

wie Hafenanlagen, Fähren, Brücken und andere historische<br />

Bauwerke ausschlaggebend. Entlang der Ufer findet man zudem wichtige<br />

Sakralbauten, Kapellen, Hofanlagen und Villen. Aus ökologischer Sicht ist in<br />

erster Linie die Bedeutung der Kernflächen des <strong>Rhein</strong>-Auenkorridors relevant.<br />

Dazu gehören beispielsweise die Lülsdorfer Weiden und der Weißer <strong>Rhein</strong>bogen<br />

im Süden sowie die Langeler und Flittarder <strong>Rhein</strong>aue im Norden der<br />

Region. In diesen Teilräumen gibt es den größten Weichholz-Auenwald-<br />

Bestand in der Region Köln/Bonn, der landesweit das vermutlich letzte Beispiel<br />

einer weitgehend naturnahen und vollständigen Auenzonierung darstellt.<br />

Auch für die Flora und Fauna der Region spielt der <strong>Rhein</strong> eine maßgebliche<br />

Rolle. Er ist Rückzugsraum für zahlreiche gefährdete Tier- und Pflanzenarten.<br />

Dies gilt insbesondere für die Fischfauna der Fließgewässersysteme<br />

von Wupper, Dhünn, Sieg und <strong>Erft</strong> sowie anderer Nebengewässernetze.


Neben dem <strong>Rhein</strong>-Auenkorridor, der von zentraler Bedeutung für die Region<br />

und darüber hinaus ist, sind vor allem der <strong>Erft</strong>-Swist-Auenkorridor und der<br />

Sieg-Auenkorridor zu nennen. Der <strong>Erft</strong>-Swist-Auenkorridor ist typisch für<br />

den Landschaftsraum Börde – Ville und weist heute starke Beeinträchtigungen<br />

durch die Auswirkungen des Braunkohletagebaus auf. Er verbindet die<br />

wertvollen Kulturlandschaftsbereiche Kottenforst, Ville und Bürge sowie das<br />

Gewässernetz der Swist miteinander.<br />

Es gibt kaum eine Gegend in Deutschland, in der so viele Burgen und Wasserschlösser<br />

erhalten sind wie an der <strong>Erft</strong>. Beispielhaft für das reiche Kulturerbe<br />

des <strong>Erft</strong>-Swist-Auenkorridors seien an dieser Stelle Schloss Gymnich,<br />

Schloss Bedburg sowie Schloss Türnich mit Schlosspark, Wassergraben und<br />

Schlossauffahrt genannt. Aus ökologischer Sicht wird es im <strong>Erft</strong>-Swist-<br />

Auenkorridor zukünftig vor allem um Maßnahmen der Auenrenaturierung<br />

gehen. Ziel ist es dabei, grundwasserabhängige Wälder, Wiesen und Weiden<br />

wiederherzustellen. Perspektivisch könnte hier eine extensiv genutzte<br />

Auenparklandschaft mit Wasserschlössern und Burgen als eine Art „Loire<br />

des <strong>Rhein</strong>landes“ entstehen.<br />

Der international und landesweit bedeutsame Sieg-Auenkorridor zeichnet<br />

sich durch den sehr windungsreichen Verlauf des naturnah ausgeprägten<br />

Flussbettes aus. Er ist typisch für den Naturraum Mittelsieg-Bergland und<br />

weist einerseits bewaldete Steilhänge an den Prallhängen, andererseits breite,<br />

flache Terrassen an den Gleitufern auf. Diese werden vor allem durch Grünlandwirtschaft<br />

genutzt. Der Auenkorridor verbindet die wertvollen Kulturlandschaftsbereiche<br />

Nutscheid – Leuscheid und Wahner Heide – Königsforst<br />

– Siegmündung miteinander. Kulturhistorisch sind dabei vor allem die wichtige<br />

Rolle der Sieg als historische Flößerstraße sowie die Vielzahl an Burgen<br />

und Schlössern im Bereich der Mittelsieg hervorzuheben. Zudem findet man<br />

im Sieg-Auenkorridor historische Kulturlandschaftselemente des Bergbaus<br />

und der Mühlennutzung. Da das Siegtal auch als Siedlungs- und Verkehrsachse<br />

dient, reichen die Ausläufer dieser Nutzungen teilweise in die Auen<br />

hinein.<br />

Wie der Sieg-Auenkorridor, wird auch der Agger-Auenkorridor intensiv<br />

durch Siedlungs- und Verkehrsaktivitäten genutzt. Der gesamte Auenkorridor<br />

ist dicht besiedelt und trägt ein gebündeltes Verkehrsnetz aus Straßen und<br />

Eisenbahnlinien. Im Agger- sowie im Wupper-Wipper-Auenkorridor findet<br />

man zudem die besondere Situation der Industriegassenbildung mit alten<br />

Schleifkotten, Industriehämmern und anderen Relikten der industriegeschichtlichen<br />

Nutzung. Dabei haben die Oberläufe von Agger und Wupper die<br />

typischen Strukturen eines Mittelgebirgsflusses bewahrt. Im Mittel- und<br />

Unterlauf jedoch nimmt die Intensität der Nutzung zu und überprägt zum Teil<br />

die Auenbereiche.<br />

Der Agger-Auenkorridor verbindet das Agger-Wiehl-Gewässernetz mit den<br />

wertvollen Kulturlandschaftsbereichen Heckberger Wald – Leppetal und<br />

Wahner Heide – Königsforst – Siegmündung, der Wupper-Auenkorridor das<br />

Wipper-Gewässernetz mit dem wertvollen Kulturlandschaftsbereich Dhünn<br />

– Altenberg. Beide Auenkorridore stellen somit wichtige Verbindungen zu<br />

den Talsperrenlandschaften des Bergischen Landes dar.<br />

Ein weiterer Auenkorridor im Rahmen des Netzwerkes der Kulturlandschaften<br />

ist der Dhünn-Eifgenbach-Auenkorridor, der die wertvolle Kulturlandschaft<br />

Dhünn – Altenberg mit dem Dhünn-Gewässernetz quert und eine Verbindung<br />

zur wertvollen Kulturlandschaft Köln schafft. Er ist das „<strong>grün</strong>e Band“ zwischen<br />

den Waldlandschaften um den Altenberger Dom mit der Großen Dhünntalsperre<br />

und dem Wuppermündungsbereich in der Leverkusener <strong>Rhein</strong>aue.<br />

Der Sülz-Auenkorridor hingegen verbindet das Sülz-Gewässernetz mit dem<br />

wertvollen Kulturlandschaftsbereich Wahner Heide – Königsforst – Siegmündung.<br />

Er ist dabei in die Senken und Hügel der Bergischen Hochflächen<br />

eingebettet und weist zahlreiche Kulturdenkmäler als Relikte der einstigen<br />

industriellen Nutzung auf. Gemeinsam mit dem Agger-Auenkorridor vernetzt<br />

er maßgeblich den Ballungsraum <strong>Rhein</strong>/Sieg mit dem Bergischen Land.<br />

Vom Sieg-Auenkorridor zweigen der Wahnbach- und der Bröl-Auenkorridor<br />

ab. Während der Wahnbach-Korridor eine Verbindung zum wertvollen Kulturlandschaftsbereich<br />

Heckberger Wald – Leppetal schafft, verknüpft der Bröl-<br />

Auenkorridor den wertvollen Kulturlandschaftsbereich Homburger Ländchen<br />

mit dem Bröl-Gewässernetz. Beide Korridore weisen neben ihrer ökologischen<br />

Bedeutung auch ein bemerkenswertes Kulturerbe auf. Beispielhaft seien eine<br />

Vielzahl von Mühlen und Industriedenkmälern im Bröl-Auenkorridor genannt.<br />

67


68<br />

Die nachhaltige Entwicklung der Auenkorridore hängt in entscheidendem<br />

Maß von den Vorgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie ab. Um<br />

einen guten Zustand der Gewässer zu erreichen, sind ökologische Verbesserungen<br />

der Flussstrukturen und der Auen notwendig. Dort, wo es möglich<br />

ist, müssen die Fließgewässer „entfesselt“ werden und die Auen ihre<br />

Dynamik – beispielsweise zur Wasserrückhaltung – zurückgewinnen. Bei<br />

dieser Entwicklung gilt es allerdings auch, das Kulturerbe der Auenkorridore<br />

zu berücksichtigen. Kulturhistorisch relevante Flussbauwerke müssen Teil<br />

der nachhaltigen Entwicklungsmaßnahmen sein. Dabei bestimmen die<br />

Eigenarten des Natur- und Kulturerbes die spezifischen Entwicklungsziele<br />

der einzelnen Auenkorridore.<br />

Die Waldkorridore<br />

Wie die Auenkorridore, so haben auch die Waldkorridore als „<strong>grün</strong>e Bänder“<br />

eine wichtige Bedeutung für die zukünftige Landschaftsentwicklung.<br />

Sie zeichnen sich durch linienartig zusammenhängende Waldgebiete aus, die<br />

durch so genannte Waldbrücken sowie über Waldstreifen und Heckenriegel<br />

miteinander verbunden sind. Durch die Aufforstung und Anpflanzung von<br />

Waldrändern und Hecken kann die Korridorwirkung der Wälder zusätzlich<br />

gefördert werden.<br />

In der Region Köln/Bonn gibt es insgesamt drei bedeutende Waldkorridore:<br />

den Ville-Kottenforst-Waldkorridor, den Bergischen-Wasserscheiden-Waldkorridor<br />

sowie den Bergischen-Heideterrassen-Waldkorridor. Das Besondere<br />

des Ville-Kottenforst-Waldkorridors ist seine Durchgängigkeit. Er beginnt<br />

im Süden nördlich des Drachenfelser Ländchens und durchquert die wertvollen<br />

Kulturlandschaftsbereiche Kottenforst – Drachenfelser Ländchen und<br />

Ville bis auf die Höhe von Brühl. Dort schließen sich die „neuen Wälder“ der<br />

Ville-Seenplatte an, die im Rahmen der Renaturierung als Folgenutzung des<br />

Braunkohletagebaus entstanden sind.<br />

Der Bergische-Wasserscheiden-Waldkorridor hingegen ist charakteristisch<br />

für die Ostflanke der Großlandschaft Bergisches Land. Von den höchsten<br />

Gipfeln des Bergischen Landes bei Reichshof erstreckt er sich über Kierspe<br />

und Halver bis zur Wasserscheide zwischen Ennepe und Volme. Dabei<br />

veläuft er teilweise außerhalb der Region Köln/Bonn und stellt eine direkte<br />

Beziehung zum wertvollen Kulturlandschaftsbereich Homert im Sauerland<br />

her. Der Korridor schafft ferner die Verbindung zu den Quellgewässernetzen<br />

von Agger-Wiehl und Wipper.<br />

Der dritte bedeutende Waldkorridor der Region folgt der Bergischen Heideterrasse<br />

von Lohmar im Süden ausgehend über Teile der Wahner Heide<br />

und den Königsforst. Er reicht im Norden bis in das nördliche Leverkusen<br />

und nach Leichlingen. Dabei verknüpft er perlschnurartig unterschiedlichste<br />

Waldtypen, in seinem nördlichen Bereich löst er sich jedoch zum Teil auf.<br />

Wichtig ist es daher, hier entsprechende Fragmente und Reste zu erhalten<br />

und besser zu vernetzen.<br />

Die Freiraumkorridore<br />

Das Netz der Freiraumkorridore verkörpert einen Grundgedanken des<br />

Masterplans und somit der Regionale 2010. Als wichtiger Bestandteil einer<br />

naturräumlichen Erneuerungsstrategie der Ballungsräume dienen sie vor<br />

allem dem Ziel, die Landschaftsqualität der Kulturlandschaften zu bewahren<br />

bzw. neu zu gestalten. Dies erfolgt durch den Erhalt und die Entwicklung der<br />

Freiräume sowie deren Ergänzung zu einem Verbundsystem, das über die<br />

unmittelbaren Abgrenzungen der Ballungsräume hinausgreift. Dabei werden<br />

die Freiräume der Ballungsräume bandartig mit der umgebenden Landschaft<br />

vernetzt. Ein weiteres Anliegen ist es, über eine Aufwertung der Freiräume<br />

in den sich stetig weiter verdichtenden Ballungsräumen dafür zu sorgen, dass<br />

ihre Verfügbarkeit für andere Nutzungen wirksam begrenzt wird.<br />

In der Region Köln/Bonn sind die Freiraumkorridore als Nord-Süd- sowie<br />

Ost-West-Achsen ausgerichtet. In Nord-Süd-Richtung verläuft linksrheinisch<br />

der Stommelner-Freiraumkorridor von Knechtsteden bis zum wertvollen<br />

Kulturlandschaftsbereich Köln mit dem Kölner Freiraumnetz. Er verbindet die<br />

Stommelner Waldlandschaften und Reste alter <strong>Rhein</strong>arme mit der Kölner<br />

Stadt- und Industrielandschaft. Rechtsrheinisch läuft von Norden aus Monheim<br />

kommend der Monheim-Hitdorfer-Freiraumkorridor auf den wert-


vollen Kulturlandschaftsbereich Köln zu. Er verknüpft sich in Leverkusen mit<br />

dem Kölner Freiraumnetz und dem Bergischen Land. Der Korridor bildet ein<br />

Band zu den großen Wasserflächen der Baggerseenplatte in Monheim,<br />

Langenfeld und Leverkusen-Hitdorf, die für Freizeit und Erholung sowie für<br />

den Naturschutz eine überragende Bedeutung hat. Im Süden Kölns verbindet<br />

auf der linksrheinischen Mittelterrasse der Brühler-Gartenlandschaft-Freiraumkorridor<br />

als durchgehende Nord-Süd-Achse die wertvollen Kulturlandschaften<br />

Köln und Bonn über Brühl miteinander. Er schafft zudem eine Verbindung<br />

zum Vorgebirgsbach-Gewässernetz. Diese historische Köln-Bonner-<br />

Achse hat neben der <strong>Rhein</strong>schiene mit ihrem Auenkorridor eine herausragende<br />

Bedeutung für die Region. Hinzu kommt, dass sie mit der historisch<br />

wertvollen Residenzlandschaft Brühl und dem Weltkulturerbe des Barockschlosses<br />

Augustusburg ein herausragendes Kulturerbe aufweist, zu dem<br />

auch die barocken Parkanlagen des Schlosses sowie die Jagdbauwerke<br />

des Kurfürsten Clemens August zählen.<br />

Zwei Ost-West-Achsen bei Köln und Bonn definieren die Lage der weiteren<br />

Freiraumkorridore. Eine nördliche Achse läuft von den Energielandschaften<br />

bei Elsdorf und Bergheim über <strong>Erft</strong>, Ville, Köln und Bergisch-Gladbach bis an<br />

den Rand des Bergischen Landes. Eine südliche Achse erstreckt sich von<br />

der Ville und dem Kottenforst nördlich von Bonn über den <strong>Rhein</strong> hinweg bis<br />

zum Siebengebirge.<br />

Der <strong>Rhein</strong>-<strong>Erft</strong>-Freiraumkorridor beginnt am Rand der aktuellen Braunkohleabbaugebiete<br />

bei Elsdorf und reicht bis zur Braunkohle-Ville. Letztlich<br />

verbindet er die historisch bedeutsame Klosterlandschaft Brauweiler mit<br />

dem wertvollen Kulturlandschaftsbereich Köln und dem Kölner Freiraumnetz.<br />

Rechtsrheinisch findet diese Ost-West-Achse im Strunde-Freiraumkorridor<br />

zwischen dem wertvollen Kulturlandschaftsbereich Köln und dem Waldkorridor<br />

auf der Bergischen Heideterrasse ihre Fortsetzung. Hier bestimmt<br />

das Kulturerbe aus Mühlen, alten Industrieanlagen und Herrenhäusern<br />

den Verlauf des Korridors entlang der Strunde.<br />

Der Freiraumkorridor am Nordrand des Bonner Freiraumnetzes stellt eine<br />

Verbindung zwischen den wertvollen Kulturlandschaftsbereichen Kottenforst,<br />

Ville, Bonn, Wahner Heide – Königsforst – Siegmündung und Siebengebirge<br />

– Pleiser Ländchen her. Zudem bildet er die Basis für den Aufbau eines<br />

Bonner Freiraumnetzes. Insbesondere linksrheinisch konzentriert er sich<br />

dabei auf die letzten Freiraumreste einer mit ihren Siedlungs-, Industrie- und<br />

Verkehrsflächen nach wie vor expandierenden Ballungsraumlandschaft.<br />

Abschließend kann gesagt werden, dass die nachhaltige Entwicklung der<br />

Freiraumkorridore sich auf die Erhaltung und Förderung der offenen<br />

Landschaftsnutzungen – beispielsweise Landwirtschaft und Gartenbau –<br />

konzentriert. Darüber hinaus tragen aber auch die umweltgerechte Einbindung<br />

von Sport- und Erholungsanlagen, die freiraumgerechte Folgenutzung<br />

ehmaliger Industrie- und Verkehrsflächen sowie die Renaturierung und Folgenutzung<br />

von Abgrabungsflächen zur Bildung wichtiger Freiraumkorridore<br />

bei. Die Entwicklung der Freiraumkorridore erfordert vor allem eine vernetzte<br />

Planung von Wander-, Rad- und anderen Erholungswegen.<br />

71


Aus Sicht der einzelnen Disziplinen –<br />

Sektorale Anforderungen<br />

an das Netzwerk der Kulturlandschaften<br />

Stadt- und Regionalplanung –<br />

Wachstum und Stabilisierung steuern<br />

Landwirtschaft und Gartenbau –<br />

Perspektiven bieten<br />

Forstwirtschaft – Wald und Holz<br />

als Ressource für die Zukunft<br />

Wasser – Qualität im Fluss<br />

Naturschutz und Landschaftspflege –<br />

Lebensräume sichern und verbinden<br />

Kulturlandschaft und kulturelles Erbe –<br />

Die Grundlage regionaler Identität<br />

Freizeit und Erholung –<br />

Potenziale erkennen, Angebote verzahnen<br />

73


74<br />

Aus Sicht der einzelnen Disziplinen –<br />

Sektorale Anforderungen an das Netzwerk der Kulturlandschaften<br />

Neben allgemein landschaftsbezogenen Perspektiven für die Großlandschaften<br />

der Region Köln/Bonn ist es das Ziel des Masterplans, konkrete Aussagen<br />

für einzelne Teilräume zu treffen. Auf Modellflächen und an ausgewählten<br />

Standorten werden im Rahmen des Netzwerkes der Kulturlandschaften Beispiele<br />

für die künftige nachhaltige Nutzung und Gestaltung der Landschaft<br />

aufgezeigt. Dabei werden sowohl bereits absehbare als auch mögliche zukünftige<br />

Entwicklungen skizziert. Landschaft wird erfahrbar – auf der Ebene<br />

ausgewählter Teilräume wie auf der thematischen Ebene. Eine wichtige Rolle<br />

spielen in diesem Zusammenhang die Chancen und Konflikte zwischen den<br />

verschiedenen Fachdisziplinen, beispielsweise der Land- und Forstwirtschaft,<br />

der Wasserwirtschaft, der Stadt- und Regionalentwicklung sowie der Themenbereiche<br />

Freizeit und Erholung, Kultur und Naturschutz sowie Landschaftspflege.<br />

Die auf den folgenden Seiten aufgeführten Fachbeiträge wurden von externen<br />

Experten erarbeitet. Sie stellen eine Art „inhaltliche Klammer“ dar: Indem sie<br />

die Thematik aus sektoraler Sicht kommentieren, erfassen sie auch Aspekte,<br />

die jenseits kommunaler Zuständigkeiten liegen, beispielsweise gewachsene<br />

Strukturen und Vernetzungen oder thematisch-räumliche Zusammenhänge<br />

innerhalb der Region. Aus diesen Vorgaben können raumübergreifende<br />

Zukunftsansprüche abgeleitet und Rahmenbedingungen für die künftige<br />

Gestaltung von Landschaft und Region entwickelt werden. Die Beiträge zu<br />

den genannten Fachgebieten und Themen sind somit ein wichtiger Bestandteil<br />

des Masterplans.<br />

In den vergangenen Monaten wurden sie – ebenso wie der Entwurf des<br />

Masterplans – in der Region diskutiert und weiterentwickelt. Dieser dynamische<br />

Prozess wird sich fortsetzen, wobei parallel zur Vertiefung einzelner<br />

Themenbereiche auch für die künftige Entwicklung wichtige Schnittstellen<br />

und Konflikte aufgezeigt werden, die es im Sinn einer gemeinsamen<br />

Gestaltung der regionalen Zukunft zu lösen bzw. abzugleichen gilt: sowohl<br />

mit Blick auf die gesamte Region als auch insbesondere hinsichtlich ihrer<br />

Bedeutung für einzelne Teilräume. Erste, sich aus heutiger Sicht abzeichnende<br />

Schnittstellen und Konflikte werden im Anschluss an die Fachbeiträge<br />

in einem gesonderten Kapitel dargestellt. Ihre konkrete raumwirksame<br />

Bedeutung für die Teilräume der Region wird im weiteren Verlauf der Masterplanung<br />

Schritt für Schritt herausgearbeitet.


Fachbeitrag Stadt- und Regionalplanung –<br />

Wachstum und Stabilisierung steuern<br />

Die Ausgangssituation: Entwicklung im europäischen Kontext<br />

Das rheinische Städteband Bonn – Köln – Leverkusen mit seinem Umland<br />

ist Teil einer Großstadtregion, die hinsichtlich ihrer geografischen Lage in<br />

Europa, ihrer Bevölkerungszahl, ihrer Bedeutung als Wirtschafts- und Dienstleistungsstandort<br />

und ihrer verkehrlichen Infrastruktur gute Chancen hat,<br />

eine wichtige und zukunftsfähige Rolle im Wettbewerb der europäischen<br />

Großstadtregionen zu spielen. Die konkurrenzfähige Positionierung im nationalen<br />

und internationalen Vergleich muss dabei jedoch permanent erarbeitet<br />

werden.<br />

Der ökonomische Erfolg ist die entscheidende Voraussetzung für die wirtschaftliche<br />

und soziale Stabilität der Regionen und Städte. Zugleich aber<br />

führt er in vielen Bereichen zu Nutzungskonflikten mit „weichen“ Standortgegebenheiten<br />

und der nachhaltigen Gestaltung der Landschaft und ihrer<br />

Freiräume. Vor diesem Hintergrund geht der ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ der Region<br />

Köln/Bonn bestandsbezogen und perspektivisch vor. Er trifft eindeutige Aussagen,<br />

die es ermöglichen, auf die künftigen Entwicklungen der Großstadtregion<br />

mit strategischen Konzepten zu reagieren. Der ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’<br />

muss in diesem Sinne als flexibles Handlungsinstrument gemeinsame Wege<br />

für die Gestaltung der Kulturlandschaften in der Region Köln/Bonn aufzeigen.<br />

Es ist davon auszugehen, dass die Bevölkerungszahl in der Region Köln/Bonn<br />

gegen den allgemeinen Trend weiter ansteigen wird. Den demografischen<br />

Prognosen folgend wird jedoch der Anteil der älteren Menschen deutlich zunehmen,<br />

gleichzeitig wird es immer weniger junge Leute geben, so dass der<br />

Anteil nicht erwerbstätiger Menschen wachsen wird. Die Stabilität der Bevölkerungszahlen<br />

und der Altersstruktur wird sich im Wesentlichen auf die Zuwanderung<br />

und Integration von Migranten stützen, wobei davon auszugehen<br />

ist, dass sich diese Zuwanderung vorwiegend auf die Kernstädte in der Region<br />

beziehen wird.<br />

Szenarien der künftigen Entwicklung<br />

Hinsichtlich der Stadt- und Umlandbeziehungen sind angesichts der dargestellten<br />

Entwicklungen unterschiedliche Szenarien denkbar. So kann beispielsweise<br />

eine soziale Differenzierung zwischen den Kernstädten und dem<br />

Umland entstehen, bei der die Kernstädte zunehmend die sozialen Probleme<br />

bewältigen müssen, während sich in den Vorstädten und im Umland eine<br />

sozial integrierte, homogene Gesellschaft (Mittelschicht) entwickelt. Die regionale<br />

Ausrichtung von Wohnstandorten würde dadurch unterstützt, dass<br />

die Menschen ihren Alltag immer häufiger über die Stadt- und Ortsgrenzen<br />

hinweg organisieren. Dies würde dazu führen, dass der wohnbezogene<br />

Flächenbedarf in den Kernstädten zurückgeht, während gleichzeitig der<br />

Flächenbedarf im Umland – meist in direkter Konkurrenz zu Freiraum und<br />

Landschaft – anstiege.<br />

Ein anderes Szenario lässt sich aus dem Trend ableiten, dass Menschen mit<br />

individuell ausdifferenzierten Lebensstilen sowie hoch qualifizierte Arbeitskräfte<br />

der modernen Dienstleistungsbranchen eher lebendige städtische<br />

Milieus mit der Chance zur Nähe von Wohnen und Arbeiten bevorzugen. Aus<br />

diesem Szenario ließe sich eine Stärkung der innerstädtischen Wohnstandorte<br />

mit gleichzeitig wachsenden Anforderungen an die Qualität ihrer Ausstattung<br />

ableiten.<br />

Betrachtet man parallel die Entwicklung des Arbeitsmarktes, so sorgt die<br />

zunehmende Verlagerung von Arbeitsplätzen in den Dienstleistungssektor<br />

dafür, dass der Bereich hoch qualifizierter und gut bezahlter Beschäftigungsmöglichkeiten<br />

wachsen wird. Doch auch die Segmente mit niedrigen Qualifikationsanforderungen<br />

werden weiterhin quantitativ relevant sein. In den<br />

Städten wächst die Bedeutung der kreativen Berufe der Wissensökonomie<br />

am stärksten, die Arbeit wird zunehmend projektförmig organisiert werden,<br />

oft in Form befristeter Kooperationen.<br />

Die Dienstleistungsstruktur und die gesellschaftliche Organisation der Stadt<br />

ersetzen die traditionellen Organisationsformen von Unternehmen.<br />

Eine räumliche Trennung von Wohnen und Arbeiten wird funktional zum<br />

Hindernis und verursacht Verluste bei Zeit und Geld.<br />

Regionale Kooperation und Flächenmanagement als Qualitätsziele<br />

Um auf diese Entwicklungen reagieren und den Arbeitsmarkt stabilisieren zu<br />

können, ist eine regional abgestimmte Wirtschaftspolitik erforderlich, die den<br />

Strukturwandel als permanenten Prozess begleitet. Sie ist aus planerischer<br />

Sicht ein wesentliches Qualitätsziel der Region Köln/Bonn für die nächsten<br />

Jahre und darüber hinaus. Dabei spielt das nachhaltige Flächenmanagement<br />

eine entscheidende Rolle.<br />

75


76<br />

Es macht keinen Sinn, ohne Rücksicht auf die Eignung der regionalen Lage<br />

und der Verträglichkeit mit dem Landschaftsraum neue Flächen für Wohnen<br />

und Gewerbeansiedlung zu diskutieren, ohne einen konkreten Bedarf<br />

be<strong>grün</strong>den zu können und ohne dass eine regional abgestimmte Standort-<br />

Qualifizierung zugrunde liegt.<br />

Übertragen auf die Region Köln/Bonn bedeutet dies, dass der Notwendigkeit<br />

einer restriktiven Flächenpolitik zum Schutz wertvollen Landschaftsraums<br />

wie der rechtsrheinischen Mittelterrasse, des Bergischen Landes und bestimmter<br />

Bereiche des linksrheinischen Ballungsraums sowie von Börde und<br />

Ville in der lokalen Planungspolitik ein angemessener Stellenwert eingeräumt<br />

werden muss. So kann die Chance ergriffen werden, den vielerorts in<br />

der Region akuten Flächenverbrauch durch ein effizientes Bodenmanagement<br />

zu reduzieren und gleichzeitig landschaftliche Freiräume zu schützen<br />

und in angemessener Form zu entwickeln.<br />

Ein ökologisches, sozial leistungsfähiges und ästhetisch attraktives Gerüst<br />

von Freiräumen städtischer und landschaftlicher Prägung ist sowohl ein<br />

stärkendes Standortmerkmal als auch ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung<br />

der Region. Projiziert man dies auf die kommunal- und regionalplanerischen<br />

Handlungsfelder, so ist zu folgern, dass die dort beschriebenen Ziele nur in<br />

einem langfristig angelegten und strukturierten Prozess koordinierter Planung<br />

auf fachlicher und territorialer Ebene verwirklicht werden können. Demzufolge<br />

geht es vor allem um eine Kooperation im Geiste gemeinsamer<br />

Zukunftsverantwortung, die die Bürgerinnen und Bürger als mitgestaltende<br />

und mitverantwortliche Akteure am Projekt ihrer Region begreift.<br />

Der Planungsansatz: Wachstums- und Stabilisierungszonen<br />

Konkret orientiert sich ein solch übergreifender planerischer Ansatz für die<br />

Region mehr an funktionsräumlichen denn an landschaftsräumlichen Einheiten.<br />

Hier ist jedoch in vielen Bereichen eine Überschneidung feststellbar.<br />

So bildet der Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg mit den links- und rechtsrheinischen<br />

Übergangsbereichen zum Bergischen Land bzw. zur Landschaft von Börde<br />

und Ville eine Wachstumszone, an die sich nach Osten bzw. Westen die so<br />

genannte Stabilisierungszone anschließt.<br />

Während in der Wachstumszone der Flächenbedarf permanent ansteigt, ist die<br />

Stabilisierungszone von einem stabilen bzw. rückläufigen Flächenbedarf gekennzeichnet.<br />

Die auf die Region wirkenden ökonomischen Kräfte mit intensivem<br />

Flächenbedarf und großen Auswirkungen auf Mobilität und Infrastruktur<br />

konzentrieren sich auf die Wachstumszone, während andere Flächen offen<br />

gehalten werden können. Dabei ist aus planerischer Sicht eine Nutzung brach<br />

gefallener Flächen im Ballungsraum der Neuerschließung „auf der <strong>grün</strong>en<br />

Wiese“ vorzuziehen.


Gerade in der Wachstumszone des Ballungsraums bedarf es jedoch einer angemessenen<br />

und sensiblen Freiraumplanung, bei der vor allem die Vernetzung<br />

vorhandener Freiflächen und deren Verbindung mit neu geschaffenen Freiraumkorridoren<br />

im Vordergrund stehen sollte. Dabei geht es auch um eine<br />

Vernetzung mit angrenzenden Landschaftsräumen, wie sie in Projekten<br />

wie dem ,Grünen C’ bereits erfolgreich praktiziert wird. Ähnliche Ansätze<br />

ließen sich beispielsweise im rechtsrheinischen Köln als Freiraumverbindung<br />

zwischen <strong>Rhein</strong> und Bergischem Land realisieren.<br />

Ein wichtiges Thema der Freiraumplanung im Ballungsraum sind die Grenzbereiche<br />

zwischen dem Siedlungsraum und der Fluss- bzw. Wald- und<br />

Agrarlandschaft. Hier geht es vor allem darum, entsprechende Freiräume zu<br />

sichern und zu entwickeln, um so Schutzzonen zu schaffen bzw. einzuhalten.<br />

Auf diese Art und Weise kann beispielsweise einer weiteren „Verkrustung<br />

der Flussufer“ durch zunehmende Bebauung Vorschub geleistet werden.<br />

Gleiches gilt für den Waldrand, wo das fortschreitende Heranrücken der Besiedlung<br />

insofern problematisch ist, da gerade im Randbereich des Waldes<br />

die höchsten ökologischen Werte liegen.<br />

In der Stabilisierungszone finden vor allem eine Arrondierung der vorhandenen<br />

Flächen sowie eine Innenverdichtung statt. Hier sollte kein zusätzlicher<br />

Flächenverbrauch im großen Stil erfolgen, wobei Stabilisierung jedoch nicht<br />

bedeutet, dass keine Entwicklung mehr stattfindet. Aus planerischer Sicht<br />

stehen im Stabilisierungsbereich ein vernünftiges Abwägen notwendiger<br />

lokaler Entwicklungen sowie die Erhaltung des kulturlandschaftlichen Gleichgewichts<br />

im Vordergrund.<br />

Wachstumszone und Stabilisierungszone gehen nicht nahtlos ineinander über.<br />

Daher ist es besonders wichtig, den Übergangsbereich rechts und links des<br />

<strong>Rhein</strong>s zum Bergischen Land und zur Landschaft von Börde und Ville als<br />

wichtiges soziales Infrastrukturelement für die Kernzone in die planerischen<br />

Überlegungen einzubeziehen. Hier finden vielfältige Nutzungsformen statt,<br />

die vom Ballungsraum ausgehend Druck auf die vorhandenen Flächen ausüben.<br />

Daher ist es in bestimmten Bereichen des Übergangsbereiches notwendig,<br />

Schutz- bzw. Steuerungsfunktionen zu entwickeln und anzuwenden,<br />

damit diese Räume nicht unter einem wachsenden Siedlungs- oder Naherholungsdruck<br />

zerstört werden.<br />

Das Qualitätsziel Landschaft im Zusammenhang<br />

Planung mit Verantwortung für die Orts- und Landschaftsverträglichkeit muss<br />

also in sensibler Abwägung die Möglichkeit und die Notwendigkeit von Eingriffen<br />

definieren und zugleich deutliche Aussagen treffen, wo die Grenzen<br />

des Zulässigen liegen. Landschaftsästhetik ist dabei nicht nur ein Ziel im<br />

Sinne des Bewahrens und der Wiederherstellung, sondern auch eine große<br />

Aufgabe, wenn es um die Umgestaltung großflächig monofunktionaler Landschaftsräume<br />

geht, die aus wirtschaftlichen Gründen ihrer bisherigen Nutzung<br />

entzogen werden müssen. Durch die gestalterische Aufwertung und die<br />

Schaffung von „Neuen Landschaften“ – beispielsweise im Gebiet des ehemaligen<br />

Braunkohletagebaus – können wichtige Potenziale für regionale<br />

Freizeit- und Erholungsaktivitäten entstehen, die sich jedoch am Leitbild der<br />

Kulturlandschaft orientieren müssen. Die Schönheit der Landschaft kann sich<br />

dabei nicht in fragmentierten Landschaftsinseln, sondern nur in Zusammenhängen<br />

verwirklichen. Auch dies ist ein eindeutiger Vorteil regional abgestimmter<br />

Planungskonzepte.<br />

In allen Bereichen der Region spielen der Erhalt und die weitere Entwicklung<br />

des kulturellen Erbes eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, planerische<br />

Perspektiven für die Zukunft der Landschaften zu schaffen. Eine Entwicklung,<br />

die den Aspekt des kulturellen Erbes nicht oder zu wenig berücksichtigt,<br />

führt zwangsläufig zu einem erheblichen Substanzverlust. Im ganzheitlichen<br />

Sinne von Kulturlandschaft sollten die Entwicklung bzw. Weiterentwicklung<br />

von Freiraumkonzepten sowie die funktionale und ästhetische Gestaltung<br />

öffentlicher Räume eine wichtige Rolle spielen. Ebenso sind die sorgsame<br />

Bewahrung und Aufwertung von zeittypischen Quartiers- und Siedlungsstrukturen,<br />

die rücksichtsvolle Einbindung von kulturell bedeutsamen<br />

Ensembles und Bauwerken sowie die Orts- und Stadtgestaltung einschließlich<br />

der das Bild prägenden Architektur als Qualitätsziele der Planungs- und<br />

Baukultur sowohl im städtischen als auch im ländlichen Raum von hohem<br />

Rang. So wird Kultur nicht nur bewahrt, sondern auch neu geschaffen.<br />

Denn „Umgebung“ ist immer ein Stück Heimat. Geht sie verloren, verliert die<br />

Region auch ein Stück ihrer Identität.<br />

77


78<br />

Fachbeitrag Landwirtschaft und Gartenbau –<br />

Perspektiven bieten<br />

Die Ausgangssituation: Geprägt von regionaler Vielfalt<br />

Die landwirtschaftliche Nutzung der Kulturlandschaft der Region Köln/Bonn<br />

hat eine über 2000-jährige Tradition. Aufgrund der unterschiedlichen naturräumlichen<br />

Gegebenheiten in einzelnen Teilräumen weist sie sehr vielfältige<br />

Formen und Intensitäten der Bewirtschaftung auf.<br />

Die Heterogenität in der landwirtschaftlichen Bodennutzung wird besonders<br />

deutlich, wenn man die Grünland- und Ackerbaunutzung auf kommunaler<br />

Ebene betrachtet. So findet man in der linksrheinischen Bördelandschaft Gemeinden,<br />

in denen fast ausschließlich Ackerbau betrieben wird. Die fruchtbaren<br />

Lössböden der Kölner Bucht und des <strong>Rhein</strong>-<strong>Erft</strong>-<strong>Kreis</strong>es bilden hier bis<br />

heute die Existenzgrundlage einer auch zukünftig produktiven Landwirtschaft.<br />

Insbesondere der Ackerbau ist im Hinblick auf die zunehmende Konzentration<br />

der landwirtschaftlichen Nutzung auf die wenigen Bördelandschaften<br />

in Deutschland für die Nahrungsmittelproduktion der Zukunft von großer<br />

Bedeutung.<br />

Der eindeutigen Dominanz des Ackerbaus in der Bördelandschaft steht im<br />

Bergischen Land eine völlig andere Situation gegenüber. Hier dreht sich das<br />

Verhältnis von Ackerbau und Grünlandnutzung nahezu um. Die ertragsfähige<br />

ackerbauliche Nutzung konzentriert sich auf lössbedeckte Kuppen und flach<br />

abfallende Hänge, während sie sich aus den benachteiligten Lagen mit ärmeren<br />

Böden weitgehend zurückgezogen hat. Das stärkste Standbein der Landwirtschaft<br />

stellt hier die intensive Milchviehwirtschaft dar. Die so genutzten<br />

Wiesen und Weiden prägen das Bergische Landschaftsbild und machen den<br />

Raum daher besonders auch für Freizeit und Erholung attraktiv.<br />

Das Spannungsfeld der verschiedenen Erwartungen und Anforderungen an<br />

die Landwirtschaft ist jedoch enorm. So ist das ökonomische Umfeld von<br />

Produktionszuwachs und stagnierender Nachfrage gekennzeichnet. Um die<br />

Marktchancen der Landwirtschaft in der Region auch in Zukunft zu erhalten,<br />

ist daher der Einsatz modernster Technologien notwendig. Zugleich müssen<br />

die Landwirte die gesellschaftliche Akzeptanz für ihr unternehmerisches<br />

Handeln sichern. Dieser Aspekt wird zukünftig immer wichtiger werden, da<br />

die Verbraucher und die rechtlichen Vorgaben heute hohe Anforderungen<br />

an eine tier- und umweltgerechte landwirtschaftliche Praxis stellen. Eine<br />

weitere wichtige Aufgabe der Landwirtschaft stellt zunehmend der Bereich<br />

Kulturlandschaftspflege dar, der sich vor allem in den Mittelgebirgsregionen<br />

als ökonomisches Standbein etabliert hat und als gesellschaftliche Aufgabe<br />

wahrgenommen und daher finanziert wird.<br />

Dem Gartenbau kommt in der Region Köln/Bonn bei der Flächennutzung eine<br />

besondere Rolle zu. Er prägt vor allem den Ballungsraum zwischen Köln und<br />

Bonn und das so genannte Vorgebirge bis hin zur Mittelrheinischen Pforte<br />

sowie vor allem das Gebiet rund um die Gemeinden Meckenheim und <strong>Rhein</strong>bach.<br />

Die klimatisch günstigen Bedingungen in der Region und die Nähe<br />

zum Endverbraucher haben hier vor allem die Entwicklung des Freilandgemüse-<br />

und Kernobstanbaus begünstigt. Neben der Vermarktung landwirtschaftlicher<br />

Produkte über traditionelle Absatzeinrichtungen hat dabei in<br />

den letzten Jahren die direkte Vermarktung an den Endverbraucher deutlich<br />

zugenommen. Diese gewachsene Nachfrage nach frischen und qualitativ<br />

hochwertigen Nahrungsmitteln „aus der Region für die Region“ sowie Produktpräsentationen,<br />

die das Einkaufen zum Erlebnis machen, stellen ein<br />

Potenzial für die zukünftige Entwicklung dar.


Die Herausforderungen für die Zukunft<br />

Die Landwirtschaft im 21. Jahrhundert muss sich einer Vielzahl von Herausforderungen<br />

stellen, die von politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

über den Anstieg der gesellschaftlichen Anforderungen in den<br />

Bereichen Umweltschutz, Verbraucherschutz, Lebensmittelsicherheit und Tierschutz<br />

bis hin zum Flächenverbrauch reichen. Letzterer bedingt sich insbesondere<br />

durch wachsende Siedlungen und Gewerbegebiete sowie sonstige<br />

Planungen und durch die sich daraus ergebenden rechtsverbindlichen Kompensationsmaßnahmen.<br />

Er beschränkt vor allem die Expansionsmöglichkeiten<br />

der Betriebe auf ihrem Weg in die Zukunftsfähigkeit.<br />

Um all diese gewachsenen Ansprüche erfüllen zu können, müssen nicht<br />

nur die bestehenden Bewirtschaftungsformen in Landwirtschaft und Gartenbau<br />

ökonomisch und mit qualitativ hohem Standard weitergeführt werden.<br />

Es geht ebenso darum, sich flexibel und mit neuen Ideen den Herausforderungen<br />

der Zukunft zu stellen.<br />

Zur Durchsetzung der Zukunftsperspektiven der Landwirtschaft in der Region<br />

Köln/Bonn sind als Qualitätsziele vor allem eine weitere Optimierung der<br />

Produktion, eine Sicherung der flächendeckenden Bewirtschaftung und eine<br />

Verankerung der <strong>grün</strong>en Dienstleistungen von Bedeutung. Zudem geht es<br />

darum, Energien zu mobilisieren, Stoffkreisläufe zu schließen, Formen der<br />

umweltschonenden und nachhaltigen Bewirtschaftung zu fördern, Qualität<br />

direkt zu vermarkten sowie Freizeit und Erholung aktiv zu gestalten. Nur<br />

über eine derartige Stützung des ländlichen Raumes kann die Kulturlandschaft<br />

aktiv erhalten werden. Dies sorgt wiederum dafür, dass attraktive<br />

Arbeitsplätze – sowohl direkt auf den Höfen als auch im vor- und nachgelagerten<br />

Gewerbe – geschaffen und erhalten werden. Diese Zielsetzungen<br />

und Qualitätsziele werden im Folgenden bezüglich der Großlandschaften der<br />

Region Köln/Bonn interpretiert.<br />

Entwicklungsperspektiven für den Ackerbau in Börde und Ville<br />

Die fruchtbaren Böden der Jülicher und Zülpicher Börde bleiben langfristig<br />

erhalten und machen die Landschaft auch im europäischen Vergleich zu<br />

eindeutig bevorzugten Produktionsstandorten für die Landwirtschaft. Sie<br />

sind prädestiniert für eine nachhaltige ackerbauliche Nutzung, da hier Produzenten,<br />

Verarbeiter und Verbraucher auf engem Raum ein Netzwerk bilden.<br />

Im Vordergrund stehen der Anbau von Getreide, Kartoffeln, Zuckerrüben<br />

und auch Spezialkulturen.<br />

79


80<br />

Die Landschaft der Börde ist und bleibt das bedeutsamste Gebiet für die<br />

nachhaltige, intensive ackerbauliche Nutzung in der Region. Primäres Ziel<br />

der landwirtschaftlichen Entwicklung ist es, den Betrieben Entwicklungsperspektiven<br />

für die Zukunft zu ermöglichen. Dies kann in der Börde einerseits<br />

in Form der Vergrößerung der Betriebsfläche erfolgen, andererseits<br />

aber auch durch eine Intensivierung der Bewirtschaftung bei gleichbleibender<br />

Flächenausstattung. Durch die weitere Optimierung der Produktion<br />

wird die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln in hoher Qualität<br />

gewährleistet.<br />

Perspektivisch sollte die Landwirtschaft sich jedoch mit dem Thema der<br />

bereits vorhandenen und sich in Zukunft möglicherweise verschärfenden<br />

Wasserknappheit in diesem Gebiet auseinandersetzen. Bereits heute gilt die<br />

Landschaft der Jülicher und Zülpicher Börde als niederschlagärmste Region<br />

Nordrhein-Westfalens, der Anbau von Kulturen mit regelmäßigem Wasserbedarf<br />

kann nur erfolgen, wenn eine maschinelle Beregnung stattfindet.<br />

Die notwendige Intensivierung der Flächenbewirtschaftung setzt daher die<br />

Verfügbarkeit von Wasser, unabhängig von örtlichen Niederschlägen, voraus.<br />

Bereits heute stellt der vom Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg ausgehende Flächenverbrauch,<br />

der der Landwirtschaft zunehmend Flächen für Siedlung, Gewerbe<br />

und Infrastruktur entzieht, ein kaum noch zu lösendes Problem für die<br />

ackerbauliche Nutzung in Börde und Ville dar. Hinzu kommt, dass weitere<br />

ackerbauliche Flächen durch Kompensationsmaßnahmen in Anspruch genommen<br />

werden. Hier sollte es in Zukunft vor allem darum gehen, diese<br />

Kompensationsmaßnahmen produktionsintegriert durchzuführen, das heißt,<br />

ein ökologischer Ausgleich wird durch eine in die Fruchtfolge integrierte<br />

Anlage von Grün- und Blühstreifen geschaffen oder durch die Extensivierung<br />

einer bestimmten Form der Bewirtschaftung. Dabei bleibt die landwirtschaftliche<br />

Fläche der extensiven Produktion erhalten.<br />

Prinzipiell sollten bei der Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen aus<br />

Sicht der Landwirtschaft vor allem die ökologische Aufwertung der Wälder,<br />

die Biotopvernetzung sowie Maßnahmen zur Entsiegelung im Vordergrund<br />

stehen. Vorrangiges Ziel sollte in diesem Kontext sein, auch in Zukunft die<br />

landwirtschaftlichen Nutzflächen weiterhin flächendeckend zu bewirtschaften.<br />

Das Bergische Land: Landwirtschaft als gestaltendes Element<br />

Dies gilt auch für das Bergische Land, wo vor allem die Erhaltung und Intensivierung<br />

der Milchviehwirtschaft im Vordergrund steht und die wesentliche<br />

Erwerbsquelle gerade für Haupterwerbsbetriebe bleiben wird. Neben der<br />

rein wirtschaftlichen Bedeutung ist die Stabilisierung der Landwirtschaft hier<br />

auch ein wichtiger Beitrag zum Erhalt und zur Pflege der Kulturlandschaft.<br />

Einzelne landwirtschaftliche Betriebe entwickeln durch die Bewirtschaftung<br />

und Pflege des Offenlandes „Grüne Dienstleistungen“ für den Naturschutz,<br />

die Kulturlandschaftserhaltung und die Dorfentwicklung. Diese landwirtschaftliche<br />

Nutzung ist für die Bewahrung und Gestaltung der naturnahen<br />

und erlebnisreichen Landschaft elementar.


Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Entwicklung der Landwirtschaft im<br />

Bergischen Land sind die Synergien der landwirtschaftlichen Nutzung mit<br />

dem Bereich Freizeit und Erholung. Der Urlaub und die Durchführung von<br />

Veranstaltungen auf Bauernhöfen sind hier zu einem bedeutenden Standbein<br />

der landwirtschaftlichen Betriebe geworden. Der Zugang zur Landschaft<br />

erfolgt dabei über eine breite Palette von Freizeitangeboten wie beispielsweise<br />

Kutschfahrten oder die Organisation von Kindergeburtstagen auf dem<br />

Bauernhof. Abgerundet wird das Angebot durch die Nutzung ehemaliger<br />

Wirtschaftsgebäude für Seminar- und Kleinkunstveranstaltungen.<br />

Derartige Formen landwirtschaftsbezogener Tourismusangebote tragen<br />

– wenn sie in umwelt- und sozialverträglicher Form realisiert werden – zu<br />

einer Stützung des ländlichen Raumes in der Region Köln/Bonn bei.<br />

Dies ist umso wichtiger, da Landwirtschaft und Gartenbau nach wie vor<br />

wichtige Arbeit- und Auftraggeber sind. Gerade dort, wo die klassische<br />

Landbewirtschaftung als Existenzperspektive nicht mehr ausreicht, spielen<br />

neue Formen des Wirtschaftens eine wichtige Rolle. In diesem Zusammenhang<br />

trägt auch die Direktvermarktung landwirtschaftlicher Produkte an den<br />

Einzelhandel zu einer Steigerung der Wertschöpfung landwirtschaftlicher<br />

Betriebe bei. Der Verkauf ab Hof ist ein in der Bevölkerung gern angenommenes<br />

Angebot, das eine marktnahe Versorgung der Verbraucher mit qualitativ<br />

hochwertigen und gesunden Lebensmitteln garantiert.<br />

Eine problematische Situation für die Landwirtschaft stellt auch im Bergischen<br />

Land der wachsende Siedlungsdruck dar, der besonders im Übergangsbereich<br />

zum Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg ausgeprägt ist. Dies kommt umso<br />

mehr zum Tragen, da hier die landwirtschaftlich besten Böden der Teilregion<br />

zu finden sind und die Entwicklung zudem der Ästhetik des Landschaftsbildes<br />

schadet, beispielsweise durch eine fingerförmige Ausdehnung der<br />

Siedlungstätigkeit entlang der von den Städten ausgehenden Achsen.<br />

Aus landwirtschaftlicher Sicht sollte in diesen Bereichen keine weitere Ausdehnung<br />

des Siedlungsraumes in die Fläche erfolgen. Ziel ist es, die<br />

charakteristische Eigenart der Landschaft und ihrer Nutzung zu erhalten.<br />

Der Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg: Siedlungsdruck als Hauptproblem<br />

Mit Ausnahme des Gebietes der Mittelrheinischen Pforte stellt der Siedlungsdruck<br />

in fast allen Bereichen der Region ein zentrales Thema für die Landwirtschaft<br />

dar. Besonders deutlich wird dies im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg,<br />

wo fast alle landwirtschaftlichen Betriebe heute schon auf die Bewirtschaftung<br />

von Pachtflächen angewiesen sind. Der weitere Wegfall von wertvollem<br />

Kulturland würde für diese Betriebe erhebliche Einschnitte in ihre wirtschaftliche<br />

Situation mit sich bringen. Dies gewinnt vor allem vor dem Hintergrund<br />

an Bedeutung, dass erfolgreiche Betriebe in der Regel über Generationen bewirtschaftet<br />

werden, denn Investitionen haben lange Abschreibungszeiträume<br />

und können sich nur amortisieren, wenn die Entwicklung der Betriebe auch<br />

für die Zukunft gesichert ist.<br />

81


82<br />

Eine besondere Rolle im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg spielt die linksrheinische<br />

Mittelterrasse zwischen Köln und Bonn, die auch als „die Gärten der Region“<br />

bezeichnet wird. Hier sollte aus landwirtschaftlicher Sicht – ähnlich wie im<br />

Übergangsbereich zwischen Ballungsraum und Bergischem Land – möglichst<br />

ein weiteres Vordringen des Siedlungsraumes in die Fläche unterbleiben, um<br />

die Betriebe des Ackerbaus und des Gartenbaus nicht nur auf dem bestehenden<br />

Niveau halten zu können, sondern ihnen weitere Entwicklungsmöglichkeiten<br />

zu geben.<br />

Wie im Bereich Ackerbau, so entwickeln sich auch beim Gartenbau und<br />

Obstanbau die Produktionsformen weiter. Um den Ertrag sichern zu können<br />

bzw. zu steigern, werden zukünftig hier auch Maßnahmen des geschützten<br />

Anbaus – das heißt: der Produktion in leichten Bauten oder mithilfe baulicher<br />

Anlagen – notwendig sein. Dies schafft einerseits die Möglichkeit, neueste<br />

Anbauverfahren innerhalb des Gartenbaus einzusetzen und die Region<br />

damit als eine Art Vorreiter für modernen Gartenbau zu etablieren.<br />

Andererseits darf dies nur derart erfolgen, dass das für diese Teilregion prägende<br />

Gesicht der Kulturlandschaft erhalten bleibt und angemessen weiterentwickelt<br />

wird.<br />

Die Mittelrheinische Pforte: Förderung des Obstanbaus<br />

Im Bereich der Mittelrheinischen Pforte mit ihren fruchtbaren Böden im Siebengebirge<br />

sowie im Pleiser und Drachenfelser Ländchen sollte eine Weiterentwicklung<br />

des Obstanbaus derart erfolgen, dass der besondere Reiz<br />

der historischen Kulturlandschaft erhalten bleibt. Ähnlich wie im Bergischen<br />

Land spielt hier das aktive Erleben der Landschaft durch Freizeit und Erholung<br />

eine wichtige Rolle. Eine Besonderheit sind zudem die traditionellen<br />

Baumschulen in der Meckenheimer Region und am Siebengebirge. Darüber<br />

hinaus wird an geeigneten Standorten Wein gelesen und direkt vermarktet.<br />

Landwirtschaft schafft Energien für die Zukunft<br />

In allen Teilbereichen der Region muss es aus landwirtschaftlicher Sicht<br />

darum gehen, ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen Entwicklung und Bewahrung<br />

zu schaffen. Leistungen wie die „Entwicklung der Kulturlandschaft“,<br />

das „Offenhalten von Landschaftsräumen“ und die „Sicherung der ländlichen<br />

Strukturen“ ergeben sich von selbst, wenn die Landwirtschaft und der<br />

Gartenbau der Region wirtschaftlich arbeiten und so die Herausforderungen<br />

der Zukunft bewältigen können. Dabei spielen auch zukunftsweisende<br />

Themen wie zum Beispiel die Gewinnung regenerativer Energien durch die<br />

Landwirtschaft eine wichtige Rolle. Zahlreiche Betriebe haben durch diese<br />

oder ähnliche Leistungen ihr Aufgabenspektrum erweitert. Mit großflächigen<br />

Sonnenkollektoren auf den Wirtschaftsgebäuden oder Windrädern an windexponierten<br />

Standorten tragen sie zum Energiemix bei, indem die von ihnen<br />

produzierte Energie ins öffentliche Netz eingespeist wird.


Auch die Erzeugung biogener Energien durch den Anbau nachwachsender<br />

Rohstoffe hat sich bereits etabliert. Vielfach haben sich dabei Betriebe zusammengeschlossen,<br />

um gemeinsam entsprechende Anlagen wirtschaftlich<br />

betreiben zu können. Solche Modelle gilt es unter Berücksichtigung der entsprechenden<br />

Genehmigungsverfahren auszubauen, auch unter dem Aspekt,<br />

den Beruf des Landwirts für junge Menschen interessant zu machen, die<br />

nicht aus der Landwirtschaft stammen. Sie sichern letztlich die Rolle der Landwirtschaft<br />

zur nachhaltigen Gestaltung von Landschaft.<br />

83


84<br />

Fachbeitrag Forstwirtschaft –<br />

Wald und Holz als Ressource für die Zukunft<br />

Die Ausgangssituation: Eine waldreiche Region<br />

Mehr als die Hälfte der Fläche der Region Köln/Bonn ist waldreich. Daher hat<br />

die Forstwirtschaft eine große regionale Bedeutung. Die Wälder der Region<br />

sind sowohl für den Naturschutz als auch für die Erholung und die Verwendung<br />

des Holzes als Rohstoff wichtig. Die allgemeinen Ziele zur Bewirtschaftung<br />

der Wälder – ihre Rohstofffunktion sowie ihre Bedeutung für den Klimaschutz<br />

und als Ort der Erholung – stellen einen wesentlichen Beitrag zur<br />

zukünftigen Entwicklung der Kulturlandschaft in der Region Köln/Bonn dar.<br />

Betrachtet man die regionale Differenzierung der Forstwirtschaft, so konzentriert<br />

sich die Bewaldung vor allem auf das Bergische Land. Hier ist<br />

der Wechsel zwischen Wald und Offenlandschaft ein landschaftsprägendes<br />

Element. Hinsichtlich der forstwirtschaftlichen Entwicklung muss jedoch<br />

berücksichtigt werden, dass der Anteil des Privatwaldes besonders hoch ist<br />

und noch über dem Landesdurchschnitt von 76 Prozent liegt. Dies führt<br />

dazu, dass Eingriffe und planerische Maßnahmen zunächst vertraglich mit<br />

den Waldbesitzern abgestimmt werden müssen.<br />

Etwas anders sieht die Situation im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg aus, da dort der<br />

Anteil des öffentlichen Waldes größer ist als in den anderen Teilregionen.<br />

Die Möglichkeiten einer Waldvermehrung sind hier allerdings nahezu ausgereizt,<br />

die Anlage neuer Waldflächen ist ausschließlich in den Auenbereichen<br />

möglich. Der Waldanteil des Ballungsraumes ist insgesamt recht hoch, vor<br />

allem die stadtnahen Staatswälder wie der Königsforst und der Kottenforst<br />

werden für Freizeit und Naherholung genutzt. In der Landschaft von Börde<br />

und Ville liegt der Anteil des Waldes bei knapp zehn Prozent. Hier dominiert<br />

die landwirtschaftliche Nutzung durch intensiven Ackerbau.<br />

Die Herausforderung: Wald als natürliche Ressource stärken<br />

Die Nutzung des Waldes ist überall in der Region Köln/Bonn möglich und<br />

gewollt. Dies gilt nicht nur für den Privatwald, sondern auch für die Naturschutzgebiete<br />

des öffentlichen Waldes. Der Wald erfüllt dabei eine Vielzahl<br />

von Funktionen. Seine nachhaltige Sicherung und Entwicklung dient der<br />

Verbesserung von Boden, Luft, Wasser und Klima. Er dient als Lebensstätte<br />

für eine vielfältige Fauna und Flora, als Lieferant für den umweltfreundlichen<br />

Rohstoff Holz sowie als geschützter Erholungs- und Ausgleichsraum für die<br />

Menschen.<br />

Die gesellschaftlichen und die forstwirtschaftlichen Anforderungen an den<br />

Schutz und die Nutzung des Waldes haben sich dabei stark verändert. Es ist<br />

heute Konsens, die Wälder als wichtige natürliche Ressource zu schützen<br />

und zu pflegen. Diesem Ziel dient die naturnahe Waldbewirtschaftung, bei der<br />

ökonomische, ökologische und soziale Kriterien miteinander verbunden


werden und somit für eine Balance zwischen Schutz und Nutzung der natürlichen<br />

Ressource Wald sorgen. Das Gleichgewicht zwischen Ökonomie und<br />

Ökologie schafft mehr Lebensqualität und steigert die Einkommensmöglichkeiten<br />

in diesem Bereich. So trägt es zu einer größeren Attraktivität der<br />

Region bei.<br />

Zu den allgemeinen Zielen einer nachhaltigen Forstwirtschaft zählt heute vor<br />

allem die langfristige Erhaltung und Entwicklung von ausreichend großen<br />

und zusammenhängenden Waldflächen. Dabei geht es darum, naturnahe, in<br />

Anlehnung an die Abläufe im Naturwald mehrschichtig und ungleichartig<br />

aufgebaute Wälder (Mischwälder) zu erhalten und zu entwickeln, die einen<br />

hohen Anteil an alten Bäumen sowie einen angemessenen Totholzanteil<br />

aufweisen. Hinzu kommen die Erhaltung seltener und gefährdeter Waldgesellschaften<br />

und ihrer Untereinheiten sowie der Verzicht auf Kahlschläge aus<br />

ökologischen und ökonomischen Gründen.<br />

In den regional verteilten Naturwaldzellen des Landes Nordrhein-Westfalen<br />

wird zudem die natürliche Entwicklung des Waldes veranschaulicht. Diese<br />

Naturwaldzellen wurden als Forschungsobjekte zur Beobachtung ungestörter<br />

Waldentwicklung in Beständen ausgeprägter Naturnähe – in denen keine<br />

Nutzung mehr erfolgt – eingerichtet. In der Region Köln/Bonn verteilen sie<br />

sich vor allem auf die Kulturlandschaften der Mittelrheinischen Pforte, des<br />

Bergischen Landes und der Ville.<br />

Betrachtet man die Nutzfunktion des Waldes, so steht die Produktion von Holz<br />

zur stofflichen Verwendung in der Säge-, Holzwerkstoff- und Papierindustrie<br />

weiterhin im Vordergrund. Sie wird jedoch zukünftig um neue Nutzungsformen<br />

erweitert, die einer Stärkung des Wirtschaftsfaktors Holz in der Region<br />

dienen werden – beispielsweise durch die Verwertung von Holz zur Energieerzeugung.<br />

Um die verschiedenen Schutz- und Nutzungsfunktionen des Waldes der Bevölkerung<br />

näherzubringen, hat es sich die Landesforstverwaltung gemeinsam<br />

mit Partnern zur Aufgabe gemacht, Informationsangebote zu Natur und<br />

Umwelt – insbesondere zum Thema Wald und Holz – anzubieten. Diese ermöglichen<br />

ein Heranführen der Menschen in der Region Köln/Bonn an das<br />

Thema Wald. In diesem Kontext stellt die Etablierung von Waldinformationszentren<br />

eine große Herausforderung dar. Darüber hinaus ist es ein wichtiges<br />

zukünftiges Handlungsfeld, die Nutzung des Waldes für Freizeit und Erholung<br />

weiterzuentwickeln und – wenn notwendig – sinnvoll zu lenken.<br />

Für die Region Köln/Bonn lässt sich aus den dargestellten Aufgaben und<br />

Herausforderungen eine Reihe von Qualitätszielen ableiten. Hervorzuheben<br />

sind die Erhaltung der vorhandenen Waldflächen, die Waldvermehrung auf<br />

landwirtschaftlich ertragsschwachen Standorten, die Erhaltung und Einrichtung<br />

von Waldnaturschutz- und Walderlebnisgebieten, die Schaffung von<br />

Angeboten zur waldbezogenen Umweltbildung, die Lenkung der Freizeitund<br />

Erholungsnutzung und selbstverständlich auch die Stärkung des Wirtschaftsfaktors<br />

Holz in der Region.<br />

Letztlich geht es bei allen Qualitätszielen zuvorderst darum, den Wald als<br />

wichtige natürliche Ressource im Sinne einer multifunktionalen Forst- und<br />

Landwirtschaft zu stärken. Dabei treten in den einzelnen Teilregionen unterschiedliche<br />

Schwerpunktthemen und Konflikte auf.<br />

Das Bergische Land: Die Offenheit erhalten<br />

Im Bergischen Land steht die Erhaltung der vorhandenen Waldflächen aus<br />

forstwirtschaftlicher Sicht im Vordergrund. Es bestehen seitens der Forstwirtschaft<br />

keine Bestrebungen zur weiteren Ausdehnung der Waldflächen<br />

– auch, um hier Konflikte mit der Landwirtschaft und dem Biotop- und Artenschutz<br />

zu vermeiden.<br />

Probleme können allerdings auftreten, wenn der Natur und Landschaft –<br />

beispielsweise aufgrund von starker Siedlungs- und Gewerbeentwicklung –<br />

weitere Flächen entzogen werden, für die an anderer Stelle ein Ausgleich<br />

geschaffen werden muss. Sollten in diesem Zusammenhang Ersatzaufforstungen<br />

erfolgen, so müssen sie so vorgenommen werden, dass das „Gesicht“<br />

der halboffenen Mittelgebirgslandschaft erhalten bleibt. Für die Aufforstungen<br />

sollten nur Flächen ausgewählt werden, die nicht aus landwirtschaftlicher<br />

Sicht oder aus Sicht des Biotop- und Artenschutzes offen gehalten werden<br />

müssen.<br />

85


86<br />

Um möglichst naturnahe Waldbestände zu erhalten und zu entwickeln, wird<br />

seitens der Forstwirtschaft vor allem im Bereich des Privatwaldes versucht,<br />

durch die Förderung von Laubwald eine zu hohe Verdichtung der ökonomisch<br />

ertragreicheren Fichtenbestände zu verhindern. Nur so kann das Ziel einer<br />

naturnahen Waldbewirtschaftung realisiert werden, ein zusätzlicher Aspekt<br />

ist dabei, den „typisch bergischen Charakter“ des Waldes zu bekräftigen,<br />

beispielsweise durch die Begünstigung von Laubbäumen im Waldrand von<br />

Nadelbaumbeständen.<br />

Vor allem im Bergischen Land – aber auch in anderen Teilregionen – spielen<br />

die Themen der energetischen Nutzung von Holz sowie der Umweltbildung<br />

und Waldinformation eine sehr wichtige Rolle. Neben dem Holzhackschnitzelheizwerk<br />

Lieberhausen sind weitere Modellprojekte zum Thema Bauen und<br />

energetische Nutzung von Holz bereits in Planung. Gleiches gilt für den<br />

Themenbereich Waldinformation. Beispielhaft seien hier das Holzhackschnitzelheizwerk<br />

in Emminghausen (Wermelskirchen) mit dem dazugehörigen<br />

Nahwärmenetz zur Versorgung von rund 60 Wohneinheiten, das Holzhackschnitzelheizwerk<br />

in Rösrath am Rand der Wahner Heide sowie das Waldinformationszentrum<br />

Forsthaus Steinhaus im Königsforst genannt.<br />

Die Landschaft von Börde und Ville: Vernetzung und Renaturierung<br />

In der Ville, wo in der Vergangenheit große Bereiche von Altwäldern für den<br />

Braunkohletagebau verloren gingen, stellt die Waldvermehrung über die<br />

Renaturierung der ehemaligen Braunkohleflächen ein wichtiges Thema dar.<br />

Dieses besitzt auch im Bereich der Börde Relevanz, vor allem dort, wo<br />

schlechtere und für die ackerbauliche Nutzung nicht so geeignete Böden<br />

vorzufinden sind. Interessant ist in diesem Zusammenhang das bundesweit<br />

beispielhafte Waldvermehrungsprogramm des <strong>Rhein</strong>-<strong>Erft</strong>-<strong>Kreis</strong>es, mit dessen<br />

Unterstützung in den Jahren 1993 bis 2005 insgesamt 92.000 neue Laubbäume<br />

und Sträucher gepflanzt wurden. So konnte eine Fläche von 184 Hektar<br />

aufgeforstet werden. Das Programm wird weiter fortgeführt.<br />

Ein zweites wichtiges Thema im Bereich Börde und Ville ist die Förderung<br />

des Waldes als vernetzendes Element. Um dabei mögliche Konflikte mit der<br />

Landwirtschaft zu vermeiden, sollte hier eine intensive Abstimmung stattfinden.<br />

Ziel der Maßnahme ist es, die vorhandenen Waldkorridore als vernetzende<br />

Elemente der Kulturlandschaft weiterzuentwickeln und eventuelle<br />

Lücken durch Aufforstung zu schließen.<br />

Der Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg: Druck durch Siedlung und Erholung<br />

Im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg ist der Wald einem sehr großen Druck durch<br />

die Ausdehnung der Siedlungsflächen und die Nutzung für Freizeit und<br />

Erholung ausgesetzt. Bezüglich der Siedlungsentwicklung geht es vor allem<br />

darum, ein immer tieferes Vordringen der Besiedlung in die Randbereiche<br />

des Waldes zu verhindern, um so das gerade in den Randbereichen sehr<br />

sensible Ökosystem des Waldes nicht weiter zu gefährden. Aus Sicht der<br />

Forstwirtschaft sollten die noch vorhandenen Pufferzonen zwischen Bebauung<br />

und Wald in jedem Falle erhalten werden, grundsätzlich darf kein<br />

Flächenverbrauch mehr erfolgen, der diese Zonen gefährdet.


Vor allem in den stadtnahen Wäldern um Köln und Bonn sorgt der Druck<br />

durch Freizeit und Naherholung für Nutzungskonflikte. Hier geht es darum,<br />

die verschiedenen Formen der Waldnutzung sinnvoll zu steuern und entsprechende<br />

Konzepte der Besucherlenkung zu entwickeln und umzusetzen.<br />

Dabei ist eine Verknüpfung mit Angeboten der Waldinformationen und des<br />

Walderlebnisses sinnvoll, um die Erholungssuchenden an die Thematik des<br />

Waldes heranzuführen.<br />

Vor allem in unmittelbarer Nähe wertvoller Kulturgüter geht es zudem darum,<br />

Sichtachsen auf die Bauwerke – beispielsweise in der barocken Schlösserlandschaft<br />

zwischen Köln und Bonn – freizuhalten und gegebenenfalls zu<br />

erweitern. Andererseits gelten einzelne Waldbereiche – zum Beispiel die alten<br />

Eichenbestände im Kottenforst sowie Teile des Königsforstes und der Wahner<br />

Heide – selbst als kulturhistorisches Erbe. Sie sind charakteristisch für das Erscheinungsbild<br />

der Landschaft und bedürfen bestimmter Schutzmechanismen.<br />

Das Thema Waldvermehrung spielt im Ballungsraum nur eine untergeordnete<br />

Rolle, da es hier kaum mehr Ausbreitungsmöglichkeiten für den Wald<br />

gibt. Diese finden sich allenfalls noch in den Auenbereichen der Flüsse.<br />

Für die Kulturlandschaft der Mittelrheinischen Pforte ist vor allem der Erhalt<br />

der Niederwaldwirtschaft als wichtiges Qualitätsziel zu nennen.<br />

Energie und Walderlebnis als Zukunftsthemen<br />

Wie am Beispiel der einzelnen Landschaftsräume bereits dargestellt, gibt es<br />

über die naturnahe Bewirtschaftung des Waldes und die herkömmlichen<br />

Nutzungsformen von Holz hinaus eine Reihe von zukunftsweisenden forstwirtschaftlichen<br />

Themen, die dazu beitragen, die Bedeutung des Wirtschaftsfaktors<br />

Holz in der Region zu stärken. Holz ist ein nachwachsender Rohstoff,<br />

der bei einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder langfristig genutzt<br />

werden kann. Um dies zu verdeutlichen, sollten Vertreterinnen und Vertreter<br />

aus Wirtschaft, Wissenschaft und Handwerk eingebunden werden und sich<br />

für die vermehrte Verwendung von Holz als Baustoff sowie zur energetischen<br />

Nutzung einsetzen. Darüber hinaus müssen auch die Bürgerinnen und<br />

Bürger der Region über die vielfältigen Möglichkeiten der Nutzung informiert<br />

und beraten werden: beispielsweise durch die Einrichtung von Holzkompetenzzentren<br />

oder verschiedene Angebote im Rahmen der Umweltbildung für<br />

Jung und Alt.<br />

Das Know-how zu derartigen Themen gilt es entsprechend zu kommunizieren.<br />

Aus forstwirtschaftlicher Sicht stellt die Öffentlichkeitsarbeit zum Thema<br />

Wald ein zentrales Anliegen dar. Wald muss erlebbarer werden, damit das<br />

Verständnis für Themen der Umweltbildung verbessert werden kann. Ein Beispiel<br />

ist die Einrichtung von Waldinformationszentren, die die Funktion des<br />

Waldes als Lebensstätte für eine vielfältige Flora und Fauna, als Lieferant für<br />

den umweltfreundlichen Naturstoff Holz sowie als Erholungs- und Ausgleichsraum<br />

für die Menschen in der Region verdeutlichen.<br />

87


Fachbeitrag Wasser – Qualität im Fluss<br />

Die Ausgangssituation: Die blau<strong>grün</strong>e Infrastruktur<br />

Dem Wasser kommt eine zentrale Bedeutung bei der Gestaltung von Landschaften<br />

und Siedlungsräumen zu. Aufgrund veränderter Nutzungsansprüche<br />

hat sich in vielen Industriegesellschaften die Bedeutung der Gewässer gewandelt.<br />

Stand in früherer Zeit die Nähe zum Wasser als Standortfaktor für<br />

Gewerbe und Industrie im Vordergrund, so können Bäche und Flüsse heute<br />

als wichtige Elemente einer nachhaltigen Stadt- und Regionalentwicklung<br />

begriffen werden. Sie bilden mit ihren Ufer- und Nahbereichen naturnahe<br />

Korridore in urbanen Räumen und spielen so eine große Rolle für Freizeit und<br />

Erholung. Die blau<strong>grün</strong>e Infrastruktur als „Rückgrat“ der Region Köln/Bonn<br />

stellt in diesem Sinne ein strukturierendes und identitätstiftendes Element dar.<br />

Wasser ist zugleich ein Querschnittsthema fast aller Arbeitsfelder und<br />

Räume der Region Köln/Bonn. Somit wird Wasser zu einem wesentlichen<br />

Bestandteil des Kulturlandschaftsnetzwerkes, denn es ist sowohl für Verkehr<br />

und Verkehrsinfrastruktur als auch als Ressource für Trink- und Mineralwasser,<br />

als Bewässerungs-, Kühl- und Prozesswasser, als Abwasser und als<br />

Vorfluter von abwassertechnischen Anlagen relevant. Hinzu kommen seine<br />

ökologische Bedeutung und seine landschaftsprägende Wirkung, die Nutzung<br />

für Erholung und Sport sowie der Einfluss auf das Lokal- und Regionalklima<br />

und auf die menschliche Gesundheit.<br />

Die Region Köln/Bonn weist eine außerordentliche Wasservielfalt und Differenziertheit<br />

mit zum Teil sehr unterschiedlichen Wasserrealitäten auf. Neben<br />

dem großlandschaftsprägenden <strong>Rhein</strong> umfasst sie fließgewässerarme Teilräume<br />

wie das Vorgebirge, die Ville und die Börde sowie fließgewässerreiche<br />

Teilräume wie das Bergische Land. Im Folgenden werden die wasserbezogenen<br />

Einheiten mit ihren Besonderheiten anhand der definierten Großlandschaften<br />

beschrieben und weiter untergliedert:<br />

Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg:<br />

Der <strong>Rhein</strong> mit Auenlandschaft und Terrassen<br />

Als „emotionale Achse“ der Region hat der <strong>Rhein</strong> eine herausragende Bedeutung.<br />

Er dient als Verkehrsweg, Industriestandort, Vorfluter zahlreicher<br />

Nebengewässer und abwassertechnischer Anlagen sowie als Hochflutbett mit<br />

Eindeichungen und Überflutungs- und Retentionsflächen. Darüber hinaus hat<br />

er eine enorme Anziehungskraft auf Erholungssuchende und Sporttreibende.<br />

Der Fluss ist eng mit dem oberen Grundwasserleiter der Niederterrassen verbunden,<br />

was zu einer hohen Grundwasserneubildung und einer intensiven<br />

wasserwirtschaftlichen Nutzung des Grundwassers führt. Außerhalb der<br />

Siedlungsbereiche sind im Bereich der Niederterrassen fast flächendeckend<br />

Wasserschutzzonen ausgewiesen. Dies schafft eine Konkurrenzsituation<br />

zwischen der Wasserwirtschaft und anderen Nutzungsansprüchen und wirkt<br />

dabei mancherorts als limitierender Faktor.<br />

Die rechts- und linksrheinischen Mittelterrassenleisten sind unter wasserbezogenen<br />

Gesichtspunkten sehr unterschiedlich ausgeprägt. Während rechtsrheinisch<br />

das Moorheidegebiet der Wahner Heide sowie die Unterläufe<br />

der Mittelgebirgsflüsse Wupper, Dhünn, Agger und Sieg das Landschaftsbild<br />

prägen, herrschen linksrheinisch im Übergang zu Börde und Ville im Löss<br />

versiegende Vorgebirgsbäche und Trockentäler vor.<br />

89


90<br />

Börde und Ville: Wasserknappheit und anthropogene Einflüsse<br />

Die Börde ist die niederschlagsärmste Region Nordrhein-Westfalens. Sie ist<br />

bereits heute von Wasserknappheit betroffen, die durch Import von Trinkwasser<br />

aus dem Rechtsrheinischen aufgefangen wird. Aufgrund der mächtigen<br />

Lössauflagen existiert zudem ein großer Flurabstand des Grundwassers,<br />

der durch die Sümpfungsmaßnahmen des im Nordwesten betriebenen Braunkohletagebaus<br />

noch vergrößert wird. Der Druck wirkt hier von zwei Seiten:<br />

von oben durch geringe Niederschlagsmengen, von unten durch die<br />

fortschreitende Absenkung des ohnehin niedrigen Grundwasserspiegels.<br />

Charakteristisch für die Landschaft von Börde und Ville sind ferner die tief<br />

in den Löss eingeschnittenen Nebenbäche der <strong>Erft</strong> sowie Trockentäler und<br />

Wasserburgen. Die Flussauen der <strong>Erft</strong> und der Swist werden intensiv landwirtschaftlich<br />

genutzt, wobei sowohl der Verlauf als auch der Wasserhaushalt<br />

der <strong>Erft</strong> erheblich durch den Braunkohletagebau beeinflusst werden.<br />

Derzeit sind unterhalb von Bergheim ungefähr 70 Prozent des <strong>Erft</strong>abflusses<br />

Sümpfungswässer des Braunkohletagebaus. Die Ville ist vor allem als<br />

rekultivierte Braunkohlefolgelandschaft (anthropogene Seenplatte) von<br />

Interesse. Sie wird vorwiegend für Freizeit und Erholung genutzt.<br />

Das Bergische Land: Historisch gewachsene Wasserlandschaften<br />

Völlig anders als im linksrheinischen Bereich von Börde und Ville gestaltet<br />

sich die Gewässersituation des Bergischen Landes. Die sehr niederschlagreiche<br />

Region wird von einem dichten und feingliedrigen (Quell-) Gewässernetz<br />

geprägt. Kennzeichnend für den Raum ist die historisch gewachsene<br />

gewerbliche Nutzung des Wassers und der Wasserkraft, die im Wesentlichen<br />

an den Wasserläufen angesiedelt ist. Es gibt in dieser Teilregion kaum<br />

nutzbare Grundwasservorkommen.<br />

Die zahlreichen Talsperren des Bergischen Landes prägen das Landschaftsbild<br />

– teilweise schon seit einem Jahrhundert – entscheidend. Während die<br />

Brauchwasser-Talsperren hauptsächlich der Regulierung der Wasserführung<br />

dienen und darüber hinaus mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten eine<br />

Attraktion für Freizeit und Erholung darstellen, sind die vier Trinkwasser-<br />

Talsperren ein wichtiges Reservoir für die Wasserversorgung der Region.<br />

Die Mittelrheinische Pforte: Die Quellen offen halten<br />

Historische Mineralquellen als Grundlage einer wasserbasierten Gesundheitslandschaft<br />

bilden die Besonderheit der Mittelrheinischen Pforte. Auf beiden<br />

Seiten des <strong>Rhein</strong>s werden diese Quellen nach wie vor offen gehalten, eine<br />

wirtschaftliche Nutzung findet jedoch nur noch im rechtsrheinischen<br />

Bad Honnef statt. Darüber hinaus ist die Landschaft vor allem von kleinen<br />

Bächen aus dem Kottenforst ins Bonner Stadtgebiet sowie mehreren Seen<br />

im Siebengebirge als – voll gelaufene – Relikte des Basaltabbaus gekennzeichnet.<br />

Die Herausforderung: Rechtliche und klimatische Aspekte<br />

Hinsichtlich der Bedeutung des Themas Wasser für die Region Köln/Bonn<br />

lassen sich zwei elementare Rahmenbedingungen festmachen:<br />

– die klimatische Entwicklung und ihre Auswirkungen auf die Niederschlagsmengen<br />

als natürliche Rahmenbedingung<br />

– die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) als rechtlicher Rahmen.<br />

Im Teilraum Börde und Ville herrscht eine relative Wasserknappheit. Dieses<br />

Problem wird sich in Zukunft noch verstärken, denn die Gesamtniederschlagsmenge<br />

in diesem Raum kann in den nächsten Jahren erheblich zurückgehen.<br />

Demgegenüber sieht der Trend im Bergischen Land so aus, dass<br />

die Niederschlagsmengen in dieser ohnehin wasserbegünstigten Teilregion<br />

voraussichtlich zunehmen werden. Der Unterschied der innerregionalen<br />

Wasserrealitäten wird demnach noch größer werden. Dies ist vor allem für die<br />

Landwirtschaft in der intensiv genutzten Bördelandschaft ein wichtiges<br />

Zukunftsthema, dem man sich frühzeitig mit entsprechenden Konzepten<br />

stellen sollte.<br />

Seit ihrem Inkrafttreten Ende des Jahres 2000 ist die EU-WRRL das Fundament<br />

der europäischen Gewässerschutzpolitik. Ende 2004 wurde die Bestandsaufnahme<br />

des Gewässerzustandes abgeschlossen, bis zum Jahr 2006<br />

erstreckt sich die Phase der Aufstellung von Monitoringprogrammen, bis<br />

2009 sind Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne für die einzelnen<br />

Fließgewässersysteme zu entwickeln. In der Region Köln/Bonn sind<br />

dies die Fließgewässersysteme von <strong>Rhein</strong>, <strong>Erft</strong>, Swist, Wupper, Dhünn, Sülz,<br />

Agger, Wiehl und Sieg. Für sie gilt grundsätzlich, bis 2015 je nach Vorgabe


eines der beiden Qualitätsziele, „guter ökologischer und guter chemischer<br />

Zustand“ (für natürliche Oberflächengewässer) oder „gutes ökologisches<br />

Potenzial und guter chemischer Zustand“ (für künstliche und als „erheblich<br />

verändert“ eingestufte natürliche Oberflächengewässer), einzuhalten bzw.<br />

zu erreichen. Das Grundwasser soll einen „guten mengenmäßigen Zustand“<br />

und einen „guten chemischen Zustand“ erreichen.<br />

Die naturnahe Entwicklung der Gewässer als Qualitätsziel<br />

Sowohl stehende als auch fließende Gewässer stellen in Vernetzung mit ihren<br />

Auen bzw. Randbereichen Lebensräume für viele Pflanzen- und Tierarten dar.<br />

Sie sind als natürliche Ökosysteme mit spezifischen Lebensgemeinschaften<br />

zu erhalten und zu entwickeln. Im Rahmen des Wanderfischprogrammes<br />

NRW wird in diesem Zusammenhang an der Wiederansiedlung des Lachses<br />

in nordrhein-westfälischen Gewässern (z.B. Sieg, Bröl und Wupper, Dhünn)<br />

gearbeitet.<br />

Die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie ist ein wichtiger<br />

Schritt in diese Richtung, da sie die ökologische Durchgängigkeit explizit als<br />

hydromorphologische Qualitätskomponente für Fließgewässer benennt.<br />

Gerade in Ballungsräumen sollte die naturnahe Gewässer- und Gewässerrandentwicklung<br />

gefördert werden, um ein Naturerleben möglich zu machen.<br />

Die Gewässernutzung zu Freizeit- und Erholungszwecken sollte stets im Einklang<br />

mit den Ansprüchen einer intakten Natur erfolgen. So sollten neben<br />

Erlebnisräumen für den Menschen (Wassersportmöglichkeiten, Wanderwege<br />

entlang der Ufer) auch Rückzugs- und Entwicklungsräume für die Natur<br />

gesichert werden.<br />

Die nachhaltige Nutzung der Ressource Wasser als Qualitätsziel<br />

Für unterschiedliche Nutzungen und Funktionen von Wasser und Gewässern<br />

bestehen ganz allgemein unterschiedliche Quantitäts- und Qualitätsansprüche.<br />

Die Überlagerung verschiedener Nutzungen und Funktionen ist dabei<br />

bisweilen problemlos, in anderen Fällen jedoch problematisch oder sogar<br />

unmöglich. Das bedeutet, dass die verschiedenen Nutzungsformen und<br />

Funktionen entsprechend ihrer Qualitätsansprüche räumlich und zeitlich abgestimmt<br />

werden müssen. Die nachhaltige Nutzung der Ressource Wasser<br />

dient dem Ziel, Wasser für alle gewünschten Nutzungsformen und Funktionen<br />

in ausreichender Qualität und Quantität zu erhalten. Die EU-WRRL<br />

gibt hierzu einen guten ersten Ordnungsrahmen, sie berücksichtigt jedoch<br />

hygienisch-mikrobiologische Qualitätsansprüche nicht angemessen.<br />

91


92<br />

Darüber hinaus birgt sie Konfliktpotenzial im Hinblick auf die Vereinbarkeit<br />

mit den Zielen des Denkmal- und Kulturlandschaftsschutzes. Ein Beispiel<br />

hierfür ist die Situation in Teilen des Bergischen Landes. Hier steht die Erfüllung<br />

der Ziele und Vorgaben der EU-WRRL im Gegensatz zu den Interessen<br />

des Denkmal- und Kulturlandschaftsschutzes, beispielsweise wenn es um die<br />

Sicherung von historischen, an Fließgewässern bestehenden, wasserbaulichen<br />

Kulturgütern geht. Die Qualitätsziele des Masterplans können dabei<br />

einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Konflikte leisten, indem unter wechselseitiger<br />

Wahrnehmung der verschiedenen Interessenslagen frühzeitig ein<br />

für beide Seiten akzeptabler Ausgleich angeregt wird.<br />

Ein weiterer Konflikt in Bezug zur EU-WRRL könnte an der <strong>Erft</strong> auftreten.<br />

Der Bestandsaufnahme des Gewässerzustands zufolge ist die <strong>Erft</strong> in weiten<br />

Teilen als „erheblich verändert“ und stellenweise als „künstlich“ einzustufen.<br />

Man müsste ihren Abfluss reduzieren, um sie wieder einer natürlichen Entwicklung<br />

zuzuführen. Solange aber noch Sümpfungswässer des Braunkohletagebaus<br />

abgepumpt werden, müssten dann alternative wasserwirtschaftliche<br />

Konzepte entwickelt werden. Auch hier geht es darum, unter Abwägung<br />

der Interessenslagen eine für die zukünftige Entwicklung geeignete und langfristig<br />

sinnvolle Lösung zu finden.<br />

Die regionale Vielfalt der wasserbasierten Identitäten als Qualitätsziel<br />

Um den sehr unterschiedlichen Erscheinungsformen des Wassers in der<br />

Region Köln/Bonn gerecht zu werden und seine prägende Wirkung auf Siedlungs-<br />

und Freiräume zu bewahren und zu optimieren, sollte die regionale Vielfalt<br />

der wasserbasierten Identitäten als Qualitätsziel festgeschrieben werden.<br />

Das heißt, dass sowohl die natürlichen als auch die anthropogenen Formen<br />

des Wasservorkommens in exemplarischen Projekten geschützt, entwickelt<br />

und verdeutlicht werden müssen. Dabei kann und sollte Wasser auch<br />

zukünftig für die Region Köln/Bonn als das verbindende Landschaftselement<br />

herausgearbeitet werden. Dies wird allerdings nicht ohne die Bewältigung<br />

von Konflikten möglich sein. So stellt beispielsweise die Wasserwirtschaft<br />

des Braunkohletagebaus die Region vor gewaltige Aufgaben, deren Lösung<br />

von überragender Bedeutung für den gesamten linksrheinischen Teilraum<br />

der Region Köln/Bonn sein wird. Wasserbaulich und ökologisch besteht hier<br />

großer Handlungsbedarf. Zugleich bietet dies aber auch die Chance einer<br />

umfangreichen Umgestaltung des Wassermanagements. Das Beispiel der <strong>Erft</strong><br />

ist nur eines von vielen in diesem Kontext.<br />

Eine weitere Besonderheit im Rahmen der regionalen Vielfalt wasserbasierter<br />

Identitäten ist die Wasserknappheit in großen Bereichen der Börde – umso<br />

mehr, da hier intensive Landwirtschaft betrieben wird. Geht man davon aus,<br />

dass sich die Klimaprognosen der Experten bewahrheiten, so kann dies beispielsweise<br />

für die südliche Zülpicher Börde einschneidende Konsequenzen<br />

haben. Die dort angebauten Sonderkulturen bedürfen einer ständigen<br />

Bewässerung, die dann einen noch höheren Wasserimport benötigen würde.<br />

Hier sollte eine der Knappheit angemessene Wasserkultur entwickelt werden,<br />

die sowohl die Aspekte Kommunikation und Bewusstseinsbildung bei<br />

den Akteuren und in der Bevölkerung als auch die vorsorgende Entwicklung<br />

innovativer Konzepte für alle Bereiche der Wasserwirtschaft umfasst.


Wasser-Wissen und Wasser-Bewusstsein als Qualitätsziel<br />

Das Wissen um und das Bewusstsein für Wasser-Themen spielt in der Region<br />

Köln/Bonn eine zentrale Rolle – sei es beispielsweise der Hochwasserschutz<br />

im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg, die Möglichkeiten der regenerativen Energieerzeugung<br />

durch Wasserkraft, die natürliche Niederschlags- und damit<br />

Wasserknappheit in Teilen des <strong>Rhein</strong>-<strong>Erft</strong>-<strong>Kreis</strong>es oder die Situation der Talsperren<br />

und Fließgewässer mit ihrem Einfluss auf die Landschaftsgestaltung<br />

im Bergischen Land. Es ist daher ein Qualitätsziel, regionales Wasser-<br />

Wissen zu bündeln und den Menschen in der Region verfügbar zu machen.<br />

„Wasser erleben“ als Qualitätsziel<br />

Über die intellektuelle Vermittlung von Wasser-Wissen und Wasser-Bewusstsein<br />

hinaus muss es vor allem darum gehen, Wasser in der Region erlebbar<br />

zu machen. Das Potenzial reicht diesbezüglich von einer aktiven Nutzung<br />

durch verschiedene Formen des Wassersports bis zum Landschaftserlebnis<br />

rund ums Wasser und dem Zugang zum Wasser im städtischen Bereich.<br />

Dabei sind allerdings verschiedene Prinzipien zu beachten, um Konflikte mit<br />

dem Naturschutz sowie anderen Nutzungsformen und der Sicherung von<br />

Freiräumen zu vermeiden. Ein wesentlicher Aspekt ist die Bündelung der<br />

Freizeitnutzungen im Sinne der Umweltvorschriften, um gleichzeitig Bereiche<br />

für eine weitgehend ungestörte natürliche Entwicklung zu schaffen bzw. zu<br />

erhalten. Hier sollte es darum gehen, angepasste und erlebnisorientierte<br />

Angebote unter Berücksichtigung der Maßgaben der EU-WRRL zu erarbeiten.<br />

Besonders deutlich wird der Konflikt zwischen Wassernutzung und Umwelt<br />

im Bereich der Trinkwassertalsperren des Bergischen Landes. Im unmittelbaren<br />

Umfeld der Talsperren dürfen nur Nutzungen erlaubt werden, die<br />

entsprechende Schutzzonen einhalten und einen behutsamen Umgang mit<br />

sensiblen ökologischen Bereichen gewährleisten.<br />

Im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg hingegen stellt sich ein ganz anderes Problem:<br />

Hier darf der erlebnisorientierte Zugang zum Fluss nicht mit einer weiteren<br />

„Verkrustung“ der Flussufer einhergehen. Flächen in unmittelbarer Nähe des<br />

Wassers sollten als Freiräume erhalten bleiben und weiterentwickelt werden,<br />

damit ihre Korridorfunktion gesichert ist. Auch das Sichtbarmachen von<br />

Wasserwegen durch die Freilegung von Gewässern ist hier ein wichtiges<br />

Qualitätsziel.<br />

93


94<br />

Fachbeitrag Naturschutz und Landschaftspflege –<br />

Lebensräume sichern und verbinden<br />

Das Ziel von Naturschutz und Landschaftspflege in der Region Köln/Bonn ist<br />

die Pflege der naturräumlichen Differenzierung der Landschaften und der<br />

Erhalt und die Verbesserung der Biodiversität. Zentrales Anliegen ist dabei die<br />

Sicherung und Entwicklung der vorhandenen Schutzgebiete. Auch wenn<br />

es zum Schutz sensibler Arten nicht ohne größere Tabuzonen funktionieren<br />

wird, geht es keineswegs darum, Zäune zu errichten, um die Natur zu<br />

schützen, sondern vielmehr darum, Zäune überwinden zu helfen. Einerseits<br />

müssen dazu der Naturschutz und die Landschaftspflege in allen Gebieten<br />

verankert werden – auch in den intensiv genutzten Kulturlandschaften<br />

außerhalb der Schutzgebiete. Andererseits sollte die Vernetzung aller Akteure<br />

ausgebaut werden, um gemeinsame Lösungen für eine langfristige Sicherung<br />

des Naturerbes zu finden.<br />

Ein wirkungsvoller Naturschutz bezieht alle Wirtschaftsbereiche mit ein: die<br />

Wasser- und Forstwirtschaft, die Landwirtschaft, den Tourismus, den Städtebau<br />

und die Energiewirtschaft. Daher ist es notwendig, in einem kooperativen<br />

Prozess mit den Akteuren Ziele zu definieren und Handlungsspielräume<br />

bzw. -grenzen festzulegen. Der ,<strong>masterplan</strong>: <strong>grün</strong>’ bietet die Chance, einen<br />

solchen Dialog anzustoßen und zu moderieren.<br />

Vernetzung der Biotope vorantreiben<br />

Die zunehmende Verinselung von Lebensräumen inmitten intensiv genutzter<br />

und zerschnittener Landschaften hat die Sicherung von bedrohten Lebensräumen<br />

im funktionalen räumlichen Verbund zu einer der wichtigsten Aufgaben<br />

des Naturschutzes gemacht. Großflächige, zusammenhängende Kernflächen<br />

sind als Refugial- und Ausbreitungszentren zu sichern und durch<br />

Verbindungsachsen mit gleichzeitiger Habitatfunktion zu schützen. Alle<br />

wichtigen Biotopkomplexe der Region Köln/Bonn sind in direkt und indirekt<br />

zusammenhängenden großen Gebieten zu schützen und groß- und kleinräumig<br />

aufeinander zu beziehen, um den Lebensraumansprüchen von Tierund<br />

Pflanzenpopulationen und Lebensgemeinschaften gerecht zu werden<br />

und Störungen zu vermeiden.<br />

Das Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn aus den wertvollen<br />

Kulturlandschaftsbereichen, den verbindenden Auen-, Wald- und Freiraumkorridoren<br />

und den eingewobenen Freiland- bzw. Gewässernetzen (siehe<br />

dazu Seite 35ff.) deckt die in der Umsetzung befindlichen oder geplanten<br />

groß- und kleinräumigen Biotop-Verbundsysteme nahezu vollständig ab.<br />

Die großräumigen Systeme bilden das Netz der europäischen Schutzgebiete<br />

nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) bzw. den landesweiten<br />

Biotopverbund in der Region ab.<br />

Für die Region Köln/Bonn stehen die kleinräumigen ökologischen Systeme<br />

im Vordergrund. Sie stellen aus den zuvor genannten Systemen abgeleitet<br />

regionale Biotop-Verbundsysteme im Gewässernetz des Bergischen Landes,<br />

auf den <strong>Rhein</strong>terrassen im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg und in den Ackerlandschaften<br />

der Börde. Diese drei Biotop-Verbundsysteme unterscheiden sich<br />

im Landschaftsbild, ihrer Tier- und Pflanzenwelt und den möglichen Maßnahmen<br />

zur Verbesserung der Biodiversität stark voneinander. Das ist gewollt,<br />

um die Unterschiede der Landschaften bewusst zu machen, zu bewahren


und zu entwickeln. Dazu ist es notwendig, die charakteristischen Eigenarten<br />

einer jeden Landschaft zu bewahren – wie zum Beispiel spezielle, nur in diesem<br />

Biotopverbund anzutreffende Lebensformen.<br />

Die Europäische Union hat in der FFH-Richtlinie festgelegt, dass europäisch<br />

bedeutsame Naturschutzgebiete in einem kohärenten Netz ausgewiesen<br />

werden müssen. Die Umsetzung dieser Richtlinie ist in Nordrhein-Westfalen<br />

weit fortgeschritten. Dabei ist wichtig: Nahezu alle FFH- und Vogelschutzgebiete<br />

liegen im Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn. Die großflächigen<br />

Schutzgebiete von europäischer Bedeutung befinden sich entweder<br />

in den wertvollen Kulturlandschaften oder in den verbindenden Auen- bzw.<br />

Waldkorridoren.<br />

Die wertvollen Kulturlandschaften Wahner Heide – Königsforst – Siegmündung,<br />

Siebengebirge – Pleiser Ländchen und Kottenforst – Drachenfelser<br />

Ländchen können aufgrund der Reichhaltigkeit insbesondere an gefährdeten<br />

und seltenen Tier- und Pflanzenarten in den bestehenden großflächigen<br />

Naturschutzgebieten sogar als regionale Biodiversitätszentren bezeichnet<br />

werden. Solche Artenzentren sind Gebiete mit herausragender Bedeutung<br />

für den Schutz der Vielfalt europäischer Tier- und Pflanzenarten. Zukünftig<br />

werden die weltweiten Bestrebungen der UNO zur Sicherung der Biodiversität<br />

nicht nur in derartigen Zentren national und regional verwirklicht. Vielmehr<br />

wird man außerhalb der Schutzgebiete Hand in Hand mit den Nutzern<br />

arbeiten, um sich zum Beispiel gemeinsam mit den Landwirten der Erhaltung<br />

und Entwicklung der Agrobiodiversität zuzuwenden. Auch der Aufbau eines<br />

landesweiten, im Landesentwicklungsplan festgeschriebenen Biotopverbundes<br />

mit zusätzlichen schützenswerten Flächen ist weit gediehen. Die Gebiete<br />

spiegeln sich ebenfalls nahezu vollständig im Kulturlandschaftsnetzwerk der<br />

Region Köln/Bonn.<br />

Bergisches Land: Fließgewässer und Inselbiotope<br />

Das Netzwerk der Kulturlandschaften der Region Köln/Bonn deckt vor allem<br />

mit seinen Auenkorridoren und den Gewässernetzen den regionalen Biotopverbund<br />

im Bergischen Land ab. Er umfasst nahezu vollständig die Fließgewässersysteme<br />

der Wupper, Dhünn, Sülz, Agger, Wiehl, Sieg und des Wahnbaches.<br />

Hinzu kommen isoliert liegende Inselbiotope der Natur- sowie der<br />

alten Kulturlandschaften, die in den wertvollen Kulturlandschaften Dhünn –<br />

Altenberg, Heckberger Wald – Leppetal und Nutscheid – Leuscheid liegen<br />

und größtenteils bereits als Naturschutzgebiete ausgewiesen sind.<br />

Es wird angeregt, den vollständigen Aufbau dieses regionalen Biotopverbundes<br />

mit der Erarbeitung der Gewässerpläne nach der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie<br />

zu verbinden. Durch die Wiederherstellung der Flussauen,<br />

beispielsweise an der Wupper und der Dhünn mit deren Nebenflüssen, wird<br />

ohne eine Ausweisung weiterer Schutzgebiete einerseits eine räumliche Vernetzung<br />

in einer durch Siedlungs- und Industrienutzung zerschnittenen Landschaft<br />

hergestellt. Andererseits kann durch die Erhaltung und Förderung<br />

der umliegenden Wiesen und Weiden des Bergischen Landes – zum Beispiel<br />

für die Milchviehwirtschaft – eine räumliche Vernetzung mit den Gewässernetzen<br />

hergestellt werden, die für den Biotopverbund dieses Teilraumes<br />

charakteristisch ist.<br />

Dieser regionale Biotopverbund ist zudem von großer Bedeutung für die nachhaltige<br />

Sicherung der Wanderfische in Wupper, Dhünn, Agger, Sülz und Sieg,<br />

einschließlich des Programms zur Wiedereinbürgerung des Lachses, das<br />

von nationaler und internationaler Bedeutung ist. Dabei ist zu beachten, dass<br />

die Maßnahmen wie die der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie nicht zu<br />

Renaturierungen führen, die das Kulturerbe gefährden oder Freizeit- und<br />

Erholungsnutzung deutlich einengen.<br />

Besonders an der Dhünn und an der Wupper treffen die Anliegen des Naturschutzes<br />

mit denen der Freizeit- und der Wasserwirtschaft aufeinander.<br />

Der Wupper- und der Aggerverband kooperieren bereits intensiv mit Behörden<br />

und Naturschützern. Neben die räumliche Vernetzung ist hier also eine<br />

Vernetzung der Akteure getreten, die das gemeinsame Ziel verbindet, die<br />

unterschiedlichen Nutzungsansprüche mit der Pflege und Entwicklung der<br />

Kulturlandschaften und dem Schutz des Naturerbes in Einklang zu bringen.<br />

Diese Art der doppelten Vernetzung entspricht einem Kerngedanken des<br />

Kulturlandschaftsnetzwerkes.<br />

Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg: <strong>Rhein</strong>auen und Freiraumsicherung<br />

Der Biotopverbund auf den <strong>Rhein</strong>terrassen verbindet wertvolle Lebensräume<br />

in den Überflutungsbereichen der <strong>Rhein</strong>aue mit charakteristischen Flächen<br />

und Landschaftsstrukturen der Nieder- und Mittelterrassen des <strong>Rhein</strong>s.<br />

95


96<br />

Ein Beispiel sind die <strong>Rhein</strong>gummen, ehemalige <strong>Rhein</strong>arme, die heute noch als<br />

Dellen mit zum Teil abweichendem Bewuchs in der Landschaft auszumachen<br />

sind. Solche landschaftstypischen Strukturen und Flächen sind beispielsweise<br />

im Raum von Bornheim bereits miteinander vernetzt worden.<br />

Einen geschlossenen Biotopverbund auf den <strong>Rhein</strong>terrassen wird man in<br />

dieser dicht besiedelten und durch Ackerbau bzw. Obst- und Gemüseanbau<br />

geprägten Kulturlandschaft über ein Schutzgebietsnetz nicht aufbauen können.<br />

Erst mit der Sicherung der im Kulturlandschaftsnetzwerk dargestellten<br />

Freiraumkorridore zwischen Köln und Bonn und deren Verknüpfung mit den<br />

Freiraumnetzen der Städte Köln und Bonn wird eine wichtige Grundstruktur<br />

für den regionalen Biotopverbund gelegt. So kann es auch gelingen,<br />

das innerstädtische Grünnetz der Stadt Köln mit dem Umland zu verbinden.<br />

Eine Freiraumsicherung für den charakteristischen Aufbau des regionalen<br />

Biotopverbundes <strong>Rhein</strong>terrassen bedeutet zugleich aber auch die Erhaltung<br />

von Acker-, Obst- und Gemüseflächen. Die <strong>Rhein</strong>terrassen unterliegen seit<br />

Jahrhunderten einer intensiven Nutzung durch den Menschen. Daher ist es<br />

gerade dort notwendig, charakteristische Landschaftselemente zu sichern, die<br />

die sehr speziellen Wechselbeziehungen zwischen Wasser, Natur und Mensch<br />

bezeugen. Dabei sollte es gelingen, nicht bewirtschaftete Agrarsäume wie<br />

Feldraine, Wegränder, Hecken und Brachestreifen mit schwach bewirtschafteten<br />

Flächen wie Blüh- oder Ackerrandstreifen zu vernetzen. Teil dieses Agrarnetzwerk<br />

sollten auch die landwirtschaftlichen Betriebe mit ihren Hofein<strong>grün</strong>ungen<br />

und Gärten sein.<br />

Die Börde: Naturschutz in der Ackerlandschaft<br />

Der dritte regionale Biotopverbund wendet sich einem völlig anderen Lebensraum<br />

zu: der Bördelandschaft. Dieses Thema ist neu und ganz anders gelagert<br />

als beispielsweise der Schutz naturnaher Wälder oder Flussauen. Das Kulturlandschaftsnetzwerk<br />

gibt dem Biotopverbund hier lediglich Anknüpfungspunkte<br />

mit der wertvollen Kulturlandschaft Börde, dem Auenkorridor der <strong>Erft</strong> und dem<br />

Gewässernetz der <strong>Erft</strong>. Ein Biotopverbund in einer großflächigen Ackerlandschaft<br />

kann über die Ausweisung von Schutzgebieten nicht aufgebaut werden.<br />

Die Frage, die sich in diesem Kontext stellt, ist, mit welchen Strukturen und<br />

Elementen eines Biotopverbundes sich die Agrobiodiversität in einer begünstigten<br />

Lösslandschaft neben einer nachhaltigen Nutzung der kostbaren<br />

Böden entwickeln lässt. Ergänzend zu den Bachtälern, Brachflächen und<br />

Dorfein<strong>grün</strong>ungen der Börde kommt dabei den Saumbiotopen wie Hecken,<br />

Gehölzreihen, Feldrainen, Ackerstreifen, Blühstreifen und Wegrändern eine<br />

besondere Bedeutung zu. Diese Säume und Randlinien erfüllen vor allem<br />

eine Funktion als Rückzugsraum für Tiere und Pflanzen der Agrarlandschaft.<br />

Es ist zu prüfen, ob die Verzahnung von ökonomischen und ökologischen<br />

Leistungen im Rahmen der anstehenden europäischen Agrarreformen für den<br />

Aufbau des regionalen Biotopverbundes genutzt werden kann. Auch die<br />

kulturgeschichtlich bedeutsamen Landschaftselemente können in dem regionalen<br />

Biotopverbund eine ökologische Wirkung entfalten. Das gilt zum Beispiel<br />

für viele Randbereiche der fränkischen Vierkanthöfe und alte Hohlwege<br />

sowie insbesondere für die Trassen und die Randbereiche der alten römischen<br />

Straßen, zum Beispiel derjenigen zwischen Köln und Zülpich. Wenn es gelingt,<br />

diese Straße mit ihren begleitenden Räumen erlebbar zu machen und<br />

mit dem Naturerbe des Teilraumes in Verbindung zu bringen, kann das zu<br />

einer Aufwertung der ganzen Region führen.<br />

Die Akteursvernetzung zum Schutz<br />

sensibler Bereiche als Qualitätsziel<br />

Während die Ausweisung von Naturschutzgebieten als gesetzlicher Auftrag<br />

bereits weit fortgeschritten ist, bestehen noch Lücken bei der Pflege und<br />

Entwicklung der Gebiete. Für alle Naturschutzgebiete sind Maßnahmepläne<br />

zu erstellen, um den Wert der Gebiete angesichts eines zunehmenden<br />

Nutzungsdruckes zu erhalten und zu verbessern. Das setzt eine Kooperation<br />

aller Betroffenen voraus.


Eine derartige Akteursvernetzung dient dem Austausch von Informationen<br />

und Ideen, sowie der Koordination von Maßnahmen. Darüber hinaus kann sie<br />

auch bei der Beschaffung von Mitteln hilfreich sein. Sie spiegelt dabei einen<br />

demokratischen Planungsansatz wider: Naturschutz wird nicht „von oben“<br />

verordnet, sondern gemeinsam von allen Betroffenen in deren Sinn verwirklicht.<br />

Dieser Ansatz wird im Rahmen des Kulturlandschaftsnetzwerkes<br />

gefördert, denn nur so kann langfristig der Erhalt des Naturerbes und der<br />

Kulturlandschaften gesichert werden.<br />

Insbesondere die Pflege und Entwicklung der Großnaturschutzgebiete im<br />

Umfeld der Städte Köln und Bonn – beispielsweise Wahner Heide, Königsforst,<br />

Siegmündung, Siebengebirge und Kottenforst – setzt eine enge Zusammenarbeit<br />

des amtlichen und ehrenamtlichen Naturschutzes mit Waldbesitzern,<br />

Wirtschaftsunternehmen, Verkehrsträgern, Freizeitverbänden und<br />

anderen voraus. Gefragt sind beispielsweise Kooperationsmodelle, die<br />

geeignet sind, um die großen Besucherströme aus dem Ballungsraum zu<br />

lenken. Dies ist notwendig, da eine weitere Steigerung der Verkehrs- und<br />

Besucherströme die empfindliche Biodiversität dieser Schutzgebiete bedroht.<br />

Um einvernehmliche Lösungen zu finden, die den Erhalt und die nachhaltige<br />

Nutzung zum Beispiel von Siegmündung, Kottenforst oder Wahner Heide<br />

sicherstellen, ist unter anderem die Realisierung von neuen Akteursmodellen<br />

denkbar.<br />

Erste Beispiele dieser Art gibt es: So funktioniert die Kooperation zwischen<br />

Naturschutzverbänden und -behörden mit einem Unternehmen – hier dem<br />

Wupperverband – in der Dhünn-Aue bereits sehr gut. Die Akteursvernetzung<br />

führt gleichzeitig zu einer räumlichen Vernetzung der Auensysteme und<br />

damit zum Aufbau eines Kulturlandschaftskorridors. Die Frage ist, inwieweit<br />

sich solche Modelle auch auf andere sensible Gebiete der Region Köln/Bonn<br />

übertragen lassen.<br />

Eine Akteursvernetzung ist im Übrigen auch außerhalb der Großschutzgebiete<br />

wünschenswert. Dazu bieten sich vor allem Naturschutzthemen an, die weit<br />

reichende Überschneidungen zu anderen Bereichen aufweisen, beispielsweise<br />

zum Schutz des Wassers und des Waldes.<br />

97


98<br />

Fachbeitrag Kulturlandschaft und kulturelles Erbe –<br />

Die Grundlage regionaler Identität<br />

Vielfalt statt Vereinheitlichung<br />

Die Bewahrung des kulturellen Erbes ist als Beitrag zur nachhaltigen Sicherung<br />

regionaler Identität zu verstehen. Dabei steuern kulturlandschaftliche<br />

Qualitätsziele einer großflächigen Nivellierung von Landschaften entgegen.<br />

Idealerweise verhindern werterhaltende Nutzungen bestehender Strukturen<br />

die heute erkennbaren Vereinheitlichungstendenzen. Dies entspricht einem<br />

Kerngedanken des Kulturlandschaftsnetzwerkes.<br />

Viele die Kulturlandschaft prägende Elemente und Strukturen sind auf eine<br />

kontinuierliche Nutzung angewiesen, da nur so ihr Erhalt und ihre Pflege<br />

sichergestellt werden können. In diesem Kontext müssen staatliche Fördermöglichkeiten<br />

ausgeschöpft werden. Zudem ist eine qualifizierte fachliche<br />

Begleitung notwendig. Die Nutzung der Kulturlandschaft kommt über die<br />

Bedeutung für deren Erhalt und Pflege hinaus auch der Wertschöpfung zugute,<br />

beispielsweise durch den Tourismus oder die Gewinnung von Wasserkraft<br />

durch Mühlen.<br />

Für eine kulturlandschaftsbezogene und denkmalschutzverträgliche bauliche<br />

Entwicklung ist zudem eine stärkere Sensibilisierung sowohl der Bevölkerung<br />

als auch der handelnden Architekten, Baufachleute und Behörden notwendig.<br />

Es muss ein breit gefächertes Informations- und Bildungsangebot<br />

geschaffen werden, das die regionale Identifikation fördert, Heimat stiftend<br />

wirkt und bereits Kinder einbezieht. Die Vermittlung kulturlandschaftlicher<br />

Prozesse ist ein wichtiger Bildungsauftrag, der wiederum mit der kulturellen<br />

Wertschöpfung einhergehen kann. Durch Musealisierung, Rekonstruktionen<br />

und Erläuterungen vor Ort werden neben der Erlebniswirkung auch neue<br />

Werte und touristische Anziehungspunkte geschaffen. Eine zeitgemäße,<br />

konservierende Präsentation sollte die Ausnahme bleiben, sie ist jedoch im<br />

Einzelfall ein geeignetes Mittel, um kulturlandschaftliche Inhalte erfahrbar<br />

zu machen. Für die Umsetzung wird ein umfassendes Informationskonzept<br />

auf verschiedenen Ebenen empfohlen.<br />

Hierin sind die Schulen und Hochschulen ebenso wie regionale Multiplikatoren<br />

und Initiativen – zum Beispiel der <strong>Rhein</strong>ische Verein für Denkmalpflege<br />

und Landschaftsschutz, die Heimatvereine und die Geschichtswerkstätten –<br />

zu integrieren. Sie tragen erheblich zur regionalen Identitätsfindung bei.<br />

Nach der kulturlandschaftlichen Information ist die Förderung der Identität<br />

in ihren regionaltypischen Ausprägungen eine zentrale Handlungsempfehlung.<br />

Daher sollte der staatliche Denkmalschutz mit ehrenamtlichen Aktivitäten<br />

eng verbunden und in thematischen Schwerpunkten vermittelt werden.<br />

Innerhalb der Region Köln/Bonn bildet der <strong>Rhein</strong> das auffälligste naturräumliche<br />

Element mit sehr hohem Identitätswert. Er hatte und hat in der kulturlandschaftlichen<br />

Entwicklung dieses Raumes eine zentrale Bedeutung.<br />

Darüber hinaus ist die assoziative Bedeutung des <strong>Rhein</strong>s für die einheimische<br />

Bevölkerung und die Touristen seit der Romantik sehr hoch. Daraus leitet<br />

sich die Empfehlung ab, bei regionalen Maßnahmen den <strong>Rhein</strong> als verbindenden<br />

und Brücken schlagenden Imageträger zu verstehen.<br />

Börde und Ville:<br />

Silhouetten einer weiträumigen Landschaft bewahren<br />

In der rheinischen Börde sind viele kulturlandschaftliche Strukturen in weiträumige<br />

Blickbeziehungen eingebettet. Ein übergeordnetes Qualitätsziel<br />

ist es daher, landschaftliche Silhouetten von Siedlungen, Einzelgehöften und


kleinen Wäldern zu erhalten. Die fruchtbaren Lössböden der Börde boten<br />

günstige Voraussetzungen für die früheste kontinuierliche Besiedlung. Auch<br />

in späteren Phasen, besonders in der Römerzeit, blieb der ackerbauliche<br />

Gunstfaktor eine Dominante in einem nunmehr fast waldleeren Raum. Die<br />

Erhaltung der Agrarnutzung auf den nicht durch Rekultivierung entstandenen<br />

Ackerstandorten ist somit ein zentrales kulturlandschaftliches Qualitätsziel.<br />

Darüber hinaus sind die noch vorhandenen und den Raum strukturierenden<br />

Elemente wie historische Wege, kleine und größere Waldflächen, historisch<br />

belegte Einzelhöfe und Kleinsiedlungen sowie Bahntrassen mit ihrem typischen<br />

Inventar an Gehölzen als Elemente der historischen Kulturlandschaft<br />

zu erhalten. Sie sind in hohem Maß identitätstiftend und wirken einer<br />

weiteren Nivellierung der Landschaft entgegen. Besonderes Augenmerk verdienen<br />

historische Wegbeziehungen: Vor allem die Römerstraßen bilden<br />

einen hervorragenden Ansatz, um Geschichte in der Landschaft erfahrbar<br />

zu machen und historisch gewachsene Beziehungen vor Augen zu führen.<br />

Die noch vorhandenen und nicht für Siedlungszwecke beanspruchten Talund<br />

Auenbereiche sind auch weiterhin von Bebauung freizuhalten. Sie stellen<br />

die wesentlichen linearen Verbindungselemente in der Kulturlandschaft dar<br />

und besitzen als Archive der Natur- und Kulturlandschaftsentwicklung eine<br />

außerordentliche Bedeutung. Für die Landschaft von Börde und Ville lassen<br />

sich auf dieser Basis folgende Qualitätsziele ableiten:<br />

– Erhalt der charakteristischen landschaftlichen Silhouetten und<br />

das Erlebbarmachen durch Schneisen und geeignete Aussichtspunkte<br />

– Erhalt der Ackerbautradition<br />

– Erhalt der noch vorhandenen historischen Kulturlandschaftselemente<br />

– Hervorhebung historischer Wegebeziehungen wie der römischen<br />

Heerstraßen und der „Breiten Allee“ zwischen dem Kottenforst und der<br />

Waldville, den Hauptjagdschneisen und Querverbindungen<br />

– Erhalt und Pflege der Schlösser, Herrensitze und Mühlen an <strong>Erft</strong> und<br />

Swist in ihrem kulturlandschaftlichen Kontext einschließlich der Gärten,<br />

Wegebeziehungen, Alleen, Baumreihen, Wassergräben usw.<br />

– Vermehrung der Grünlandflächen entlang der Gewässer<br />

– Dokumentation und Vermittlung charakteristischer Elemente der<br />

Tagebaugeschichte wie zum Beispiel der Badeseen in der Ville als<br />

kulturhistorische Elemente.<br />

Eine Gefährdung der Kulturlandschaft ging und geht vor allem vom starken<br />

Siedlungsdruck und von der Intensivierung der Agrarproduktion mit ihren<br />

spezifischen Produktionsbedingungen aus. Sie führt zu einer starken Verminderung<br />

historischer Kleinelemente und Strukturen und leistet der landschaftlichen<br />

Nivellierung Vorschub.<br />

Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg: 2.000 Jahre Leben mit dem Fluss<br />

Im Bereich des Ballungsraumes <strong>Rhein</strong>-Sieg konzentriert sich kontinuierlich<br />

seit 2.000 Jahren die Siedlungs- und Wirtschaftstätigkeit der Region. Durch<br />

die Ballung verschiedener Funktionen ist hier eine höchst komplexe und<br />

dynamische Kulturlandschaft entstanden. Die Tatsache, dass die beiden<br />

international anerkannten Kulturgüter – der Kölner Dom und das Schloss<br />

Augustusburg – in der <strong>Rhein</strong>schiene liegen, unterstreicht ihre große kulturelle<br />

Bedeutung. Doch auch die Geschichte der Industrialisierung lässt sich<br />

im Bereich der <strong>Rhein</strong>schiene erfahren.<br />

99


100<br />

Im Bereich der <strong>Rhein</strong>schiene konzentrieren sich der internationale und der<br />

nationale Tourismus sowie alle hochwertigen Verkehrswege. Auch bei<br />

den Freiräumen existieren Areale von herausragender kulturhistorischer<br />

Bedeutung, wie der Königsforst und die Wahner Heide. Die Wahrung dieser<br />

kulturhistorischen Hinterlassenschaften dient sowohl der Identifikation der<br />

Bevölkerung mit einem attraktiven Lebensumfeld als auch als der Außendarstellung<br />

der Region. Standortfaktoren, zu denen die landschaftlichen<br />

Potenziale gehören, spielen in der Dienstleistungsgesellschaft eine zunehmende<br />

Rolle bei der Standortentscheidung von Unternehmen.<br />

Vor diesem Hintergrund werden für den Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg folgende<br />

Qualitätsziele formuliert:<br />

– Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Ablesbarkeit multitemporaler<br />

kulturlandschaftlicher Entwicklungen<br />

– Sicherung historischer Ortskerne, Ortsteile und -silhouetten<br />

– Erhaltung der Ablesbarkeit unterschiedlicher städtischer Entwicklungsmuster<br />

zur Wahrung lokaler historischer Zeugnisse und zur Förderung<br />

der lokalen Identität<br />

– Sicherung der vorhandenen Freiräume und Waldflächen<br />

– Förderung stadtnaher Landwirtschaft mit einer den Boden schonenden<br />

Wirtschaftsweise<br />

– Erhaltung der Ablesbarkeit von Industriegeschichte, Wahrung von<br />

Zeugnissen der Industrialisierung und deren Einbeziehung in die weitere<br />

Entwicklung<br />

– Bewahrung historischer Strukturen und Kleinelemente<br />

– Förderung urbaner Siedlungs- und Hausformen bei Neubauten<br />

– Förderung der Umnutzung bereits vorhandener Bausubstanz bzw.<br />

bereits bebauter Flächen vor Neuerschließungen.<br />

Eine Gefährdung der Kulturlandschaft geht vor allem von dem starken<br />

Nutzungsdruck aus, der auf den zentralen und infrastrukturell gut erschlossenen<br />

Flächen des Ballungsraumes lastet. Er führt zu einer zunehmenden<br />

Versiegelung und Zersiedelung, die oftmals mit der Zerstörung der Geschichtlichkeit<br />

eines Ortes einhergeht. Durch die Verdichtung von Autobahnen,<br />

Schienenwegen und Schnellverkehrstrassen, die keine Querungen mehr zulassen,<br />

kommt es zur Barrierebildung und Verinselung. So wird eine flächenhafte<br />

Erfahrbarkeit der Kulturlandschaft erschwert.<br />

Bergisches Land:<br />

Nachhaltige Nutzung sichert kleinräumige Strukturen<br />

Innerhalb der Region Köln/Bonn kommt dem Bergischen Land eine herausragende<br />

Rolle als Naherholungsraum zu. Die Ausweisung großer Teile als<br />

Naturpark unterstreicht diese Funktion. Das Bergische Land ist darüber hinaus<br />

in seinem Landschaftsbild und in seinen Funktionen äußerst vielschichtig.<br />

Auf der einen Seite ist die kleinbäuerliche Struktur zu nennen, die in weiten<br />

Teilen noch immer gut ablesbar ist. Hierzu zählt auch die kleinräumige Siedlungsstruktur<br />

in den höheren und mittleren Bereichen mit zugehörigen Ortsbildelementen<br />

wie Gärten und Obstwiesen. Zudem prägt der kleinteilige<br />

Wechsel von Offenland und Wald im hügeligen Relief das Landschaftsbild;


er ist von hohem ästhetischem Wert. Bereits in der Vergangenheit hat dieses<br />

Landschaftsbild zu einer dynamischen Entwicklung des Tourismus und der<br />

Naherholung mit dem Schwerpunkt „Wandern“ geführt. Auf der anderen Seite<br />

haben sich in den Tälern ausgesprochene Gewerbe-, Industrie- und Siedlungsgassen<br />

herausgebildet. Dort finden sich zahlreiche Elemente und Strukturen<br />

der Gewerbe- und Industriegeschichte, zum Beispiel Mühlen, Hämmer und<br />

Relikte des Bergbaus und der Steingewinnung und ihrer Folgenutzungen.<br />

Diese gilt es im landschaftlichen Kontext zu erhalten und erlebbar zu machen.<br />

Die funktionale Teilung des Bergischen Landes zwischen Höhen und Tälern<br />

ist ein hervorragendes und zu wahrendes Charakteristikum der Landschaft.<br />

Ein weiteres wichtiges Thema ist das Wasser, welches eine zentrale Rolle in<br />

der Kulturlandschaftsentwicklung des Raumes einnimmt. Die Talsperren sind<br />

Ausdruck der Bedeutung, die das Wasser vor allem für die Trinkwasserversorgung<br />

der dicht besiedelten <strong>Rhein</strong>schiene spielt. Darüber hinaus sind sie<br />

von hohem ästhetischem Wert und Nutzen für die Erholung. Die erhaltenen<br />

Anlagen der Wasserkraftnutzung bieten darüber hinaus Zukunftspotenzial<br />

zur Gewinnung regenerativer Energien.<br />

Die vielen historischen Handels- und Heerstraßen im Bergischen Land sind<br />

als Achsen eines flächendeckenden kulturlandschaftlichen Netzwerkes<br />

zu verstehen, zu dessen Erschließung sie heute noch genutzt werden. Ein<br />

wesentlicher regionaler Wertschöpfungsfaktor ist die Ausstattung mit kulturlandschaftsbezogenen<br />

Museen.<br />

Von den genannten Kriterien ausgehend, lassen sich für das Bergische Land<br />

folgende Qualitätsziele formulieren:<br />

– Bewahrung der kleinräumigen Siedlungsstruktur mit Dörfern, Kleinweilern<br />

und Einzelhöfen in den höheren und mittleren Bereichen mit zugehörigen<br />

Gärten, Obstwiesen und bäuerlichen Nutzwäldchen<br />

– Bewahrung der Wald-Offenlandverteilung<br />

– Erhalt historischer Waldnutzungsformen<br />

– Anwendung naturnaher Waldbewirtschaftungsmethoden<br />

– Freihaltung und In-Wert-Setzung von Fernblicken und Sichtbeziehungen<br />

– Erhalt von Elementen und Strukturen der Gewerbe- und Industriegeschichte<br />

(zum Beispiel Mühlen, Hämmer, Bergbau, Steingewinnung)<br />

– Konzentration der weiteren gewerblichen und industriellen Entwicklung<br />

auf die bereits bestehenden Flächen und Gebäude in den Industrie-<br />

und Gewerbegassen<br />

– Nutzung der erhaltenen Wasserkraftanlagen zur Gewinnung<br />

regenerativer Energie<br />

– In-Wert-Setzung der Mühlen und ihrer Geschichte für eine nachhaltige,<br />

gewerbliche und touristische Wertschöpfung, für eine umwelt-<br />

und heimatkundliche Bildung und die regionale Identitätsstiftung<br />

– Förderung der Regionalvermarktung.<br />

Eine entscheidende Gefährdung des Landschaftsbildes kann von Aufforstungen<br />

ehemals landwirtschaftlich genutzter Flächen ausgehen, vor allem wenn<br />

es sich um Bachtäler oder größere zusammenhängende Gebiete handelt.<br />

101


102<br />

Bei der bevorstehenden Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie<br />

(EU-WRRL) ist darauf zu achten, dass die Überreste der Mühlen- und<br />

Hämmer nicht gefährdet werden. Die ökologische Aufwertung von Fließgewässern<br />

darf nicht dazu führen, dass historische Anlagen, die für die Kulturlandschaftsentwicklung<br />

und die regionale Identität des Raumes von besonderer<br />

Bedeutung sind, teilweise oder vollständig beseitigt werden. In allen<br />

Fällen sind die gewünschten ökologischen Aufwertungen mit dem Denkmalschutz<br />

zu diskutieren, um optimale Lösungen zu finden.<br />

Mittelrheinische Pforte: Herausragende Relikte der Kulturhistorie<br />

Blickbeziehungen in einem Flusstal von außerordentlicher Schönheit und<br />

Harmonie prägen das Bild der mittelrheinischen Pforte. Deren Bewahrung<br />

steht als Qualitätsziel an erster Stelle. Bauliche Maßnahmen sollten entsprechend<br />

behutsam erfolgen. Demgegenüber zeichnen sich Siebengebirge und<br />

Drachenfelser Ländchen durch ein markantes Landschaftsbild mit einer<br />

Vielzahl kulturlandschaftsgeschichtlicher Elemente und Strukturen sowie Bauund<br />

Bodendenkmäler aus. Manche davon sind weltweit bekannt.<br />

Sowohl der links- als auch der rechtsrheinische Teil spielen nicht zuletzt<br />

deshalb eine wichtige Rolle als Naherholungsziel für die Region Köln/Bonn.<br />

Die herausragende Bedeutung des Siebengebirges wird auch durch die<br />

Überlagerung von Schutzgebietskategorien und Bedeutungszuweisungen<br />

auf europäischer Ebene deutlich. Damit gehen Kunst- und Kulturgeschichte,<br />

Archäologie, Geologie, Vulkanologie und Volkskunde eine Verbindung mit<br />

der assoziativen Wahrnehmung regionaler Identität ein. Davon ausgehend<br />

werden für die mittelrheinische Pforte folgende Qualitätsziele formuliert:<br />

– Verbesserung der visuellen Erlebbarkeit historischer Relikte als kulturelles<br />

Erbe im Gelände und stärkere Hervorhebung der markanten Einzelobjekte,<br />

zum Beispiel Drachenfels, Petersberg, Rolandsbogen, Heisterbach<br />

– Besucherlenkung zur Schonung besonders störanfälliger Bereiche mit<br />

Boden- und Baudenkmalen sowie historischer Kulturlandschaftsteile von<br />

besonderer Eigenart<br />

– Förderung der Baukultur zur Vermeidung von in Proportionen, Materialien<br />

und Flächenausdehnung kulturlandschaftlich unverträglichen<br />

Einfamilienhäusern und Gewerbegebieten mit großem Flächenbedarf und<br />

Folgen innerhalb der Verkehrsinfrastruktur<br />

– Hervorhebung der Identitätsmerkmale aus der geologischen und<br />

vulkanischen Entstehungsgeschichte mit Vernetzung und Vermittlung der<br />

vorhandenen Aufschlüsse und Ausblicke<br />

– Stärkung der assoziativen Ebene als Sagenregion (zum Beispiel Siegfriedsage,<br />

Entstehungsgeschichte des Siebengebirges, Mönch von<br />

Heisterbach usw.) und als markante Landschaft für die <strong>Rhein</strong>romantik<br />

– Maßnahmen zur Beibehaltung bzw. Verbesserung der ästhetischen<br />

Qualität und deren Erlebbarkeit (zum Beispiel Freihaltung<br />

von Aussichtspunkten, landschaftsgestalterische Maßnahmen)<br />

– Vernetzung und Zusammenführung der zahlreichen regionalen Einzelaktivitäten<br />

und Akteure zur Herausstellung der kulturellen Einzigartigkeit<br />

von Siebengebirge und Drachenfelser Ländchen (Weinbau, Keramikherstellung,<br />

Klosterlandschaft, kultureller Hintergrund der Naturschutzgeschichte,<br />

Forschungsgeschichte von Geologie und Archäologie usw.)


Fachbeitrag Freizeit und Erholung –<br />

Potenziale erkennen, Angebote verzahnen<br />

Erholungswert als Lebensqualität und Standortfaktor<br />

Prinzipiell gilt, dass Freizeit und Naherholung als wichtiger Wirtschaftsfaktor<br />

und wesentliche, zukunftsgerichtete Entwicklungschance für die Region<br />

Köln/Bonn erkannt und anerkannt werden müssen. Sie bieten einen Standortvorteil<br />

für die Region, für den es sich lohnt, in einen Wettbewerb<br />

zu anderen bestehenden Raumnutzungskonzepten vor Ort einzutreten.<br />

Die für die Freizeitnutzung vorgesehenen Flächen benötigen ein klares Profil.<br />

Ansonsten kann es dazu kommen, dass konkurrierende Ideen der Raumnutzung<br />

im konkreten Ergebnis zu anderen Nutzungen oder Mischnutzungen<br />

führen, die für eine deutliche Ausrichtung auf die Freizeitfunktionen eher<br />

von Nachteil sind. Die Chancen, die das natur- und kulturräumliche Potenzial<br />

der Region für Freizeitnutzungen bietet, müssen jedoch nicht nur erkannt<br />

und formuliert, sondern auch hinsichtlich ihrer Marktrelevanz realistisch eingeschätzt<br />

werden. Urlauber und Naherholungssuchende haben ihre spezifischen<br />

Anforderungsprofile und Erwartungshaltungen, die bei der touristischen<br />

Entwicklung differenziert zu berücksichtigen sind.<br />

Die Region Köln/Bonn:<br />

Ausgangs- und Zielpunkt für Erholungssuchende<br />

Die Region Köln/Bonn ist insgesamt gesehen privilegiert: Sie verfügt über<br />

eine hochwertige Freizeitinfrastruktur und reizvolle, vielfältige und erlebnisreiche<br />

Natur- und Kulturlandschaften. Diese Vielfalt erlaubt es, sehr unterschiedliche<br />

Bedürfnisse nach Erholung und Freizeitgestaltung zu decken:<br />

Stadt- und Kulturerlebnisse sind ebenso möglich wie Wanderungen oder Radtouren<br />

im Naturpark, der Besuch von Freizeiterlebniswelten ebenso wie<br />

das Erleben von Industriekultur oder ein Tag auf dem Bauernhof. Dabei liegen<br />

die Gästezahlen insgesamt über dem Landesdurchschnitt und werden im<br />

kommenden Jahrzehnt voraussichtlich weiter ansteigen. Durch die Städte der<br />

<strong>Rhein</strong>schiene verfügt die Region selbst über ein hohes Nachfragepotenzial.<br />

Die Region wirkt dabei, vereinfacht formuliert, wie eine Raumstruktur mit zwei<br />

Geschwindigkeiten: Auf der einen Seite verfügt sie mit der <strong>Rhein</strong>schiene<br />

über einen „metropolitanen Korridor“, der über eine hohe Anziehungskraft<br />

verfügt; auf der anderen Seite östlich und westlich des <strong>Rhein</strong>s über dezentral<br />

gelegene Räume. Mit dieser räumlichen Arbeitsteilung haben sich zwei<br />

Landschaftsstrukturen herausgebildet, die ihrerseits eine hohe Binnendifferenzierung<br />

aufweisen. Bei vielen Bewohnern des verdichteten Korridors<br />

besteht ein großes Interesse an der Natur. In diesem Zusammenhang hat<br />

das Bedürfnis nach „naturnahen“ Dienstleistungen zugenommen. Viele<br />

Städter möchten in ihrer Freizeit „Natur“ erleben und fragen nach regionaltypischen,<br />

ökologisch verträglich hergestellten Produkten. Umgekehrt haben<br />

die Menschen in den ländlicher geprägten Räumen Interesse an der urbanen<br />

Kultur. Im Sinne des Kulturlandschaftsnetzwerkes stellt sich die Herausforderung,<br />

sowohl Vernetzungen zwischen den dezentralen Räumen und dem<br />

metropolitanen Korridor zu schaffen als auch innerhalb der dezentralen<br />

Räume und zwischen ihnen.<br />

Grün- und Freiflächen, Natur und Landschaft sind das eigentliche Kapital von<br />

Tourismus und Naherholung. Um ihre Erlebbarkeit zu steigern, müssen die<br />

einzelnen Grünstrukturen miteinander verbunden werden. Dabei erschließen<br />

Rad- und Fußgängerwege sowie Plätze, an denen das Panorama der Landschaft,<br />

ihre Unterschiedlichkeit und Spannung sowie die vielfältigen Grün-<br />

103


104<br />

strukturen erlebt werden können, den Erholungssuchenden die Region. Die<br />

Grün- und Freiflächen sind häufig Kulissen für Freizeitnutzungen, beispielsweise<br />

beim Freizeitwohnen (Wochenendhäuser, Camping etc.). Generell ist<br />

zu berücksichtigen, das privatwirtschaftlich organisierte Vorhaben – auch in<br />

Form von Großprojekten – zukünftig weiter an Boden gewinnen werden, da<br />

die öffentliche Hand immer weniger in der Lage sein wird, die Freizeitinfrastruktur<br />

selbst zu modernisieren.<br />

Die Landschaft als Standortfaktor<br />

Der Erlebniswert einer Landschaft ist bis heute eine der bedeutsamen Triebkräfte<br />

des Tourismus. Landschaft kann dabei aber nicht mit „Natur“ bzw. „unberührter<br />

Natur“ gleichgesetzt werden, vielmehr ist sie immer schon Kulturlandschaft<br />

gewesen. Damit Landschaft wirken kann, muss sie zugänglich<br />

sein: Aussichtspunkte, von denen aus ein unserem ästhetischen Empfinden<br />

nach besonders ansprechender Ausschnitt der Landschaft sichtbar wird,<br />

haben eine lange Tradition.<br />

Eine touristische Nutzung setzt folglich nicht nur eine ökologisch intakte Natur<br />

voraus, sondern auch eine „schöne“ Landschaft als Lebens- und Erlebnisraum.<br />

Die landschaftsästhetische Dimension sollte als Gegenstand regionalplanerischer<br />

Zielaussagen neben den aktuell eher ökologisch ausgerichteten<br />

Naturschutzstrategien im Blickfeld behalten werden. Ein besonderes Augenmerk<br />

ist dabei auf die Gestaltung der Übergänge zu richten. Wo Stadt und<br />

Land, Feld und Wald, Wiese und Siedlung aufeinandertreffen, wird das<br />

Charakteristische der jeweiligen Landschaft deutlich wahrgenommen.<br />

Daher sind besonders diese Bereiche von Beeinträchtigungen freizuhalten.<br />

Vertikale und horizontale Verknüpfung von Angeboten<br />

Erfolgreiche Tourismusprojekte setzen intelligente Angebots- und Organisationsformate<br />

voraus, die sowohl horizontale als auch vertikale Vernetzungen<br />

forcieren. Dahinter steht die Überlegung, Nutzungskorridore ähnlich der<br />

Kulturlandschaftskorridore zu schaffen, um den Anschluss an andere Räume<br />

herzustellen, zum Beispiel in der <strong>Rhein</strong>schiene und darüber hinaus.<br />

Für eine horizontale Vernetzung bieten sich Objekte des kulturellen Erbes<br />

sowie in der Region vorhandene Wasserläufe oder alte, wieder sichtbar ge-<br />

machte Handelswege an. Besondere Bedeutung erhalten die Routen und<br />

Korridore, wenn an ihnen Knoten mit Angebotsverdichtungen gestaltet werden:<br />

Dies können beispielsweise Museen sein, die als Ausgangspunkte einer<br />

Beschäftigung mit der Region über abwechslungsreiche, vernetzte sowie<br />

klar und einheitlich beschilderte Wege miteinander verbunden sind.<br />

Eine vertikale touristische Perspektive verfolgt die Verknüpfung verschiedenartiger<br />

Angebote in einem prägnanten Raum wie zum Beispiel der Klosterlandschaft<br />

Altenberg. Natur und Kultur sowie Landschafts- und Kulturgenuss<br />

werden dabei über Themenrouten auch hinsichtlich einer Wertschöpfungskette<br />

in Verbindung mit einer regional geprägten Gastronomie und Hotellerie gebracht.<br />

Ob horizontale oder vertikale Vernetzung – um eine touristische Entwicklung<br />

im Sinne des Kulturlandschaftsnetzwerkes zu erreichen, ist eine über kommunale<br />

Grenzen hinausgehende Planungsperspektive notwendig, sowohl bei<br />

öffentlichen als auch bei privatwirtschaftlichen Vorhaben.


Qualitätsziele für Freizeit und Erholung<br />

Natur- und Kulturerlebnis sind die wesentlichen Motoren für Tourismus und<br />

Naherholung. Hinzu kommt die Gesundheitsvorsorge, zum Beispiel in Form<br />

von Kuraufenthalten. Den Bedürfnissen von Wanderern, Radfahrern und<br />

Reitern, aber auch von Wasser- und Wintersportlern ist insofern Rechnung<br />

zu tragen. Die hier formulierten Qualitätsziele sind als Ausgangspunkt eines<br />

breit angelegten Diskussionsprozesses zu verstehen, um einen nachhaltigen<br />

Tourismus in der Region Köln/Bonn zu gestalten, der den naturräumlichen,<br />

kulturellen, ökonomischen, sozialen und ästhetischen Erfordernissen Rechnung<br />

trägt. Dabei wird es zukünftig vor allem darum gehen, Bereiche auszuweisen,<br />

die eine bereits vorhandene, intensive Freizeitnutzung besitzen,<br />

solche, die das Potenzial dazu haben, und solche, in denen die Freizeitnutzung<br />

hinter konkurrierenden Nutzungsansprüchen zurücktreten muss.<br />

Qualitätsziel Naturerlebnis:<br />

Einblicke gewähren, sensible Zonen schützen<br />

Grundlage des Naturerlebnisses sind die Kulturlandschaften mit ihren Wäldern,<br />

Wasserflächen und Naturparke. Angesichts des Nutzungsdrucks ist hier<br />

vielerorts ein Interessensausgleich zwischen Naturschutz und Tourismus<br />

herzustellen. Dieser Ausgleich sollte nur in Ausnahmefällen über ordnungsrechtliche<br />

Regelungen vorgenommen werden. Besser geeignet sind Formen<br />

des Besuchermanagements, vor allem die Lenkung der Besucher mittels<br />

attraktiver Angebote. Lenkende Funktion besitzen dabei beispielsweise die<br />

Wegeführung und -qualität, die Beschilderung sowie die Anlage von Beobachtungsstationen,<br />

Parkplätzen, Informationspunkten oder natürlichen<br />

Hindernissen. Das bedeutet: Reizvolle Einblicke in die Natur sollen gestattet<br />

werden, zugleich gilt es jedoch, sensible Zonen von Störungen freizuhalten.<br />

Eine detaillierte Landschaftsanalyse trägt dazu bei, die touristische Infrastruktur<br />

zu verfeinern. So können zum Beispiel geeignete Routen für selbstführende<br />

Pfade gefunden werden. Angebote zur Landschaftsinterpretation wie Beobachtungshütten,<br />

Bohlenwege oder geführte Wanderungen ermöglichen Einblicke<br />

in eine Landschaft, die zum Großteil unberührt bleibt. Viele Argumente<br />

sprechen zudem dafür, Rangersysteme und Besucherzentren aufzubauen.<br />

Beide Instrumente dienen der Wissensvermittlung, verbessern die Erfahrbarkeit<br />

und Vermarktung der Landschaft und ermöglichen eine Besucherlenkung.<br />

Drei Naturparke sind in der Region Köln/Bonn ausgewiesen: der Naturpark<br />

Siebengebirge, der Naturpark <strong>Rhein</strong>land und der Naturpark Bergisches Land.<br />

Für das Siebengebirge ist aufgrund der langen touristischen Tradition und<br />

der Überschaubarkeit ein Profil im Bewusstsein der Bevölkerung verankert.<br />

Im Naturpark <strong>Rhein</strong>land und im Bergischen Land hingegen ist schon aufgrund<br />

der flächenmäßigen Ausdehnung das Bewusstsein, im Naturpark zu<br />

leben, weniger weit verbreitet. Hier ist es notwendig, das Profil der Naturparke<br />

zu schärfen, indem das Charakteristische der Landschaft herausgearbeitet<br />

und erlebbar gemacht wird. Eine Vernetzung und Professionalisierung<br />

der Vermarktung erlaubt es auch Nischenanbietern, ihre Angebote zu platzieren<br />

und damit lukrativ zu machen. Dabei geht es nicht nur um ökologische<br />

und kulturelle, sondern auch um ästhetische Qualitäten. Sie schaffen erst<br />

die Bilder im Kopf, die zu einem Besuch reizen und bestimmte touristische<br />

Nutzungen implizieren. So legt die Vorstellung eines Waldes beispielsweise<br />

die Idee einer Wanderung nahe, das Bild eines Schlosses die einer Besichtigung,<br />

ein See den Wunsch zu baden oder Wassersport zu betreiben.<br />

105


106<br />

Wasser ist mit Erholung untrennbar verbunden. Flüsse, Bäche, Seen und<br />

(Thermal-)Quellen sind mit Blick auf ihre Sauberkeit, Zugänglichkeit und Erlebnisqualität<br />

eine wichtige Ressource im Tourismus. Das gilt auch für die<br />

Region Köln/Bonn. Wandern oder Radfahren am Wasser, Wasserspielplätze,<br />

Angeln, Bootfahren und weitere Nutzungsformen erfordern jedoch stets<br />

einen Ausgleich zwischen räumlichen Nutzungskonzepten. Neue Formen der<br />

In-Wert-Setzung, auch von ausgekiesten Bereichen oder Nachfolgenutzungen<br />

im Braunkohletagebau, sollten den Umgang mit der Ressource Wasser kennzeichnen.<br />

In der Region Köln/Bonn bietet sich diesbezüglich eine Vielzahl<br />

von Chancen, die es in sozial- und umweltverträglicher Form zu nutzen gilt.<br />

Qualitätsziel Kulturerlebnis: Verbindungen schaffen Verständnis<br />

Das Kulturerlebnis macht sich für Erholungssuchende nicht nur an Bauwerken<br />

und Museen fest, sondern auch an Spuren historischer und aktueller Industriekultur,<br />

an einer bäuerlich geprägten Landwirtschaft sowie zunehmend<br />

auch an Orten, an denen Wissenschaft zum Erlebnis wird. Dabei gilt: Nur im<br />

Zusammenspiel der verschiedenen Aspekte kann die Bedeutung der Kulturlandschaft<br />

in ihrer Tiefe vermittelt und dadurch nachhaltig erhalten werden.<br />

Kulturdenkmale sind – nicht nur in den Städten – wichtige Standortfaktoren<br />

für den Freizeit- und Erholungswert einer Region. Auch hier sieht der Tourist<br />

in erster Linie die ästhetische Qualität. Der tatsächliche historische oder<br />

kulturhistorische Wert tritt dahinter zurück – ähnlich wie im Bereich der Natur<br />

der ökologische Wert. Daraus folgt, dass die Erlebbarkeit von Kulturgütern<br />

gewährleistet oder verbessert werden muss. In diesem Kontext sollten<br />

beispielsweise Sichtachsen freigehalten, Straßenbezüge erhalten und ästhetische<br />

Störungen abgewendet werden.<br />

Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung des Städtetourismus hat die Erhaltung<br />

der touristischen Attraktivität in den Städten der Region eine hohe<br />

Priorität. „Sightseeing“, „Atmosphäre“ und „Shopping“ sind die Hauptmotivationen<br />

für Städtereisende: Sie wollen Sehenswürdiges und Erlebenswertes<br />

genießen, in Atmosphäre baden und in angenehmem Ambiente ein wenig<br />

das Zeitgefühl verlieren. Der Stadttourist bummelt und flaniert. Er möchte<br />

dabei mehr Gefühle als Waren mit nach Hause nehmen und seine Einkäufe<br />

nebenbei erledigen. Veranstaltungen jeder Art werden als Anlass für eine<br />

Städtereise immer wichtiger. Das kann ein Musical sein, ein Marathonlauf,<br />

eine Kunstausstellung oder eine Messe. Großveranstaltungen können jedoch<br />

das Charakteristische und die „Atmosphäre“ einer Stadt nicht ersetzen.<br />

Der Pflege des Stadtbildes und dessen Erhalt bzw. Entwicklung kommt daher<br />

eine wichtige Bedeutung zu, um einer Vereinheitlichung und „Verkrustung“<br />

des Stadtbildes entgegenzutreten. Darüber hinaus stellen auch Investitionen<br />

in etablierte Kultureinrichtungen eine notwendige Voraussetzung zur Sicherung<br />

der touristischen Attraktivität dar.


Im Rahmen der Industriekultur eröffnet vor allem das Thema Bergbau touristische<br />

Potenziale. So kann im Bergischen Land mit seinen Anlagen aus<br />

der frühen Zeit der Industrialisierung eine professionellere und vernetzte Vermarktung<br />

dazu führen, eine Zielgruppe für besondere Angebote (zum Beispiel<br />

industriehistorische Wanderungen) zu erschließen. Ansätze hierzu bieten<br />

die bestehenden Netzwerke. Im Bereich des Braunkohletagebaus der Ville<br />

steht zurzeit noch der Freizeitwert der Badeseen im Vordergrund. Ideen zu<br />

einer Vermittlung der Industriekultur gibt es auch hier. Noch ist jedoch das<br />

Außergewöhnliche und Erhaltenswerte einer von Menschenhand vollkommen<br />

umgestalteten Landschaft, wie sie der Braunkohletagebau hinterlässt,<br />

nur schwer vermittelbar. Langfristig jedoch wird es wichtig sein, die Spuren<br />

des Tagebaus zu sichern und Ansätze zu einer zukünftigen touristischen<br />

In-Wert-Setzung solch riesiger Areale zu entwickeln.<br />

Als weiterer wichtiger Aspekt des Kulturerlebens gewinnt das Wissenschaftserlebnis<br />

für Touristen und Erholungssuchende an Bedeutung. Die Stärke der<br />

Standorte in der Region Köln/Bonn liegt vor allem in dem am Ort gebundenen<br />

und erfahrbaren Wissen. Die Authentizität der Orte ist ihr Zukunftspotenzial,<br />

das bei künftigen Konzeptionen bewahrt und gestärkt werden<br />

sollte. Das gilt insbesondere für den Umgang mit Freizeit- und Erlebniswelten,<br />

wird doch mit ihnen die Idee von „künstlichen Welten“ assoziiert, während<br />

die authentische Kulturlandschaft außen vor bleibt. Die Region Köln/Bonn<br />

muss sich auch dieser Entwicklung stellen, denn die wachsende Freizeitorientierung,<br />

die Pluralisierung von Lebensstilen und die Erlebnissehnsucht<br />

der Konsumenten bilden den Motor für den Erfolg und die zunehmende<br />

Akzeptanz von Erlebniswelten. Die Genehmigung derartiger Anlagen sollte<br />

insofern immer an strenge Qualitätsanforderungen geknüpft sein, die sich<br />

aus dem Natur- und Kulturerbe ableiten.<br />

Vor allem in den ländlichen Bereichen der Region – insbesondere in Nähe<br />

der Städte und dort, wo die Bodenqualität nicht besonders hoch ist – bietet<br />

der Agrotourismus den Landwirtinnen und Landwirten zusätzliche Einkommensmöglichkeiten.<br />

Längst geht es dabei nicht mehr nur um den klassischen<br />

„Urlaub auf dem Bauernhof“. Besonders im Bereich der Naherholung wird<br />

das Angebot ständig erweitert: Hofläden und Bauerncafés, Maislabyrinthe,<br />

organisierte Kindergeburtstage oder Selbstpflückaktionen bieten sich als<br />

Freizeitangebote und Ausflugsmotivationen an. Dabei wird die regionale Vermarktung<br />

zunehmend mit dem Erlebniswert authentischer Landschaften<br />

verknüpft. Derartige Tendenzen sollten weiter unterstützt werden, nutzen sie<br />

doch gleichermaßen Erholungssuchenden und Landwirten und tragen somit<br />

zum Erhalt der Kulturlandschaft bei.<br />

Qualitätsziel Freizeitwohnen: Bestehende Angebote stärken<br />

Übernachtungsgäste geben am Zielort deutlich mehr Geld aus als Tagesausflügler,<br />

daher erschließt die Schaffung von Übernachtungsangeboten wirtschaftliche<br />

Möglichkeiten. Die Förderung von Übernachtungsmöglichkeiten<br />

in bestehenden Hotels, Pensionen, Privatunterkünften, Ferienanlagen<br />

und Ferienwohnungen ist flächenneutral und daher der Neuanlage entsprechender<br />

Angebote vorzuziehen.<br />

Eine besondere Situation gibt es im Bereich Camping und Caravaning, da<br />

hier eine Infrastruktur bereitgestellt werden muss, um „wilde“ Formen zu<br />

vermeiden. Erforderlich sind Campingplätze oder besonders ausgewiesene<br />

Flächen. Da bei allen Formen des Freizeitwohnens die Nähe zu Natur und<br />

Landschaft, insbesondere zu „schöner Landschaft“, eine dominierende<br />

Rolle spielt, ergeben sich daraus Konsequenzen für die Flächennutzungen,<br />

wobei neben wirtschaftlichen Interessen immer auch Umweltbelange zu<br />

berücksichtigen sind.<br />

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Vorsicht Konflikte –<br />

Wo es in der Region „krachen“ könnte<br />

Wasser<br />

Landwirtschaft<br />

Forstwirtschaft<br />

Kulturlandschaft und kulturelles Erbe<br />

Naturschutz und Landschaftspflege<br />

Freizeit und Erholung<br />

Siedlungs- und Verkehrswirtschaft<br />

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110<br />

Vorsicht Konflikte –<br />

Wo es in der Region „krachen“ könnte<br />

Die Ausführungen der einzelnen Fachdisziplinen zeigen einerseits eine Vielzahl<br />

von Anforderungen und Zielen für die künftige Entwicklung in der Region<br />

Köln/Bonn auf, andererseits verdeutlichen sie aber auch, dass eine solche<br />

Entwicklung nicht ohne die Bewältigung von Konflikten möglich ist. Nur eine<br />

aktive Auseinandersetzung mit den Konflikten im jeweils betroffenen Raum<br />

ermöglicht es, tragfähige Lösungen für den Erhalt und die künftige Gestaltung<br />

der Kulturlandschaften in der Region zu finden und zu realisieren. Die Umsetzung<br />

der vorgestellten Qualitätsziele setzt die Fähigkeit voraus, die<br />

auftretenden Konflikte konstruktiv und gemeinschaftlich anzugehen und zu<br />

bearbeiten. Gelingt dies nicht, könnte es an einigen Stellen in der Region<br />

in Zukunft „krachen“. Im Folgenden werden die für die jeweiligen Themenbereiche<br />

wichtigen und zurzeit erkennbaren Konfliktpunkte benannt, deren<br />

räumliche Ausdifferenzierung und Lösung ein wesentliches Ziel der Projekte<br />

vor Ort sein sollte.<br />

Konfliktfelder im Themenbereich Wasser<br />

Die Wasserknappheit in der intensiv landwirtschaftlich genutzten Zülpicher<br />

und Jülicher Börde stellt eines der Hauptkonfliktfelder für den Themenbereich<br />

Wasser dar. Sollten die Niederschläge weiter abnehmen, wird es hier zu<br />

negativen Auswirkungen auf die Landwirtschaft kommen. Eine aktuelle Studie<br />

der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten NRW (LÖBF)<br />

zur Abschätzung der zukünftigen klimatischen Entwicklung in Nordrhein-<br />

Westfalen prognostiziert bis zum Jahr 2055 für diese Teilräume der Region<br />

einen Rückgang der Jahresniederschlagsmenge um bis zu 50 mm. Bereits<br />

heute ist man auf den Import von Trinkwasser angewiesen, wasserbedürftige<br />

Sonderkulturen bedürfen der Bewässerung.<br />

Auch aus den Grundwasserabsenkungen im benachbarten Bereich des Braunkohletagebaus<br />

ergeben sich große Konfliktfelder. Nirgendwo in Europa<br />

werden so massive Eingriffe in den Grundwasserhaushalt vorgenommen wie<br />

im linksrheinischen Braunkohlerevier, wo die Sümpfungsmaßnahmen zum<br />

Teil irreversible Folgen hinterlassen haben. Hier steht die Region vor einer beispiellosen<br />

wasserbaulichen und ökologischen Herausforderung. Ein wichtiges<br />

Thema ist in diesem Zusammenhang auch die weitere Entwicklung des<br />

<strong>Erft</strong>-Gewässersystems im Sinne der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie<br />

(EU-WRRL).


Verschärft wird das Problem der Grundwasserabsenkung durch die fortschreitende<br />

Versiegelung. Hierfür sind insbesondere der Siedlungs- und der<br />

Straßenbau in erheblichem Umfang verantwortlich.<br />

Das Defizit an Versickerungsflächen wächst in der gesamten Region. Ein<br />

Schwerpunkt liegt dabei im Bereich der größeren und kleineren Städte des<br />

Ballungsraumes <strong>Rhein</strong>/Sieg. Hinzu kommt in vielen Bereichen das Problem<br />

der technischen Versiegelung und Verfestigung von Gewässerufern durch<br />

Siedlungs-, Industrie-, Gewerbe- und Verkehrswirtschaft. Dies ist deutlich in<br />

den Städten und Siedlungen am <strong>Rhein</strong>, in der <strong>Erft</strong>- und Siegaue sowie in<br />

den Industrie- und Siedlungsgassen der Täler von Wupper, Wipper, Agger und<br />

Wiehl festzustellen.<br />

Ein zusätzliches Konfliktfeld stellt die Nutzung von Wasserflächen durch Freizeitaktivitäten<br />

dar. Insbesondere an größeren Gewässern fehlt es oftmals an<br />

geeigneten Lenkungsmechanismen und Tabus. So gehen einerseits wertvolle<br />

Rückzugsräume für die Natur verloren, andererseits kommt es zu Verunreinigungen<br />

und schädlichen Einflüssen, beispielsweise durch eine intensive<br />

Freizeit- und Erholungsnutzung an Trinkwassertalsperren. Die Möglichkeit<br />

der Ausübung wasserbezogener Freizeitaktivitäten ist zwar von großer Bedeutung<br />

für die wohnortnahe Erholung, die Lebensqualität und die Attraktivität<br />

der Region, sie sollte jedoch derart erfolgen, dass der Nutzungsdruck<br />

auf die Gewässer regulierbar bleibt.<br />

Im Gegensatz zu einer kontinuierlichen Verbesserung der biologischen Gewässerqualität<br />

in den letzten Jahren bestehen weiterhin klare Defizite<br />

hinsichtlich der Gewässerstrukturgüte (zum Beispiel mangelnde Durchgängigkeit<br />

der Gewässer durch Querbauwerke, Verbau von Ufer und Sohle). Diese<br />

wirken sich auf den integrierten Bewirtschaftungsansatz der Europäischen<br />

Wasserrahmenrichtlinie negativ aus. Vor diesem Hintergrund erscheinen<br />

eine weitere Reduzierung der Stoffeinträge und eine deutliche Strukturverbesserung<br />

der Gewässer dringend notwendig.<br />

Darüber hinaus tritt mit dem Konfliktfeld Hochwasser vor allem in der <strong>Rhein</strong>aue<br />

ein Problem auf, das durch fehlende Flächen für die natürliche Wasserrückhaltung<br />

und die Bebauung der Auen durch Siedlungs- und Gewerbeflächen<br />

in der Vergangenheit weiter verschärft worden ist. Auch ein zu großer<br />

Freizeit- und Erholungsdruck trägt zu dem Konflikt bei.<br />

Konfliktfelder im Themenbereich Landwirtschaft<br />

Zentraler Konflikt im Themenbereich Landwirtschaft ist der Verlust an landwirtschaftlichen<br />

Flächen, der sich auf Acker und Grünland ebenso auswirkt<br />

wie auf den Obst- und Gemüseanbau und die Flächen des Gartenbaus. Diese<br />

Entwicklung beeinträchtigt die Konkurrenzfähigkeit der landwirtschaftlichen<br />

Betriebe. Verursacht wird sie durch das immer weitere Vordringen der Siedlungsflächen,<br />

die Erweiterung von Wasserschutzgebieten, die Ausweisung<br />

von Kompensationsmaßnahmen für Landschaftseingriffe, den fortschreitenden<br />

Braunkohletagebau und die Gewinnung anderer oberflächennaher<br />

Bodenschätze.<br />

Das Problem des Flächenverlustes betrifft die gesamte Region. Der Schwerpunkt<br />

liegt dabei im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg, vor allem im Umfeld der<br />

größeren und kleineren Städte. Auch der Westrand des Bergischen Landes<br />

sowie die Landschaft der Börde zählen zu den Problemgebieten in puncto<br />

Flächenverlust. Hinzu kommt eine fortschreitende Umwandlung fruchtbarer<br />

Ackerstandorte. Dies betrifft vor allem die Gunsträume der Landwirtschaft,<br />

beispielsweise in der Zülpicher und Jülicher Börde, im Drachenfelser Ländchen<br />

sowie am Westrand des Bergischen Landes. Hier ist zu prüfen, ob und<br />

wie die Gunsträume der Landwirtschaft gegenüber anderen Nutzern geschützt<br />

werden können.<br />

Auch der Anteil der Grünlandwirtschaft ist – insbesondere im Bergischen<br />

Land – rückläufig. Eine Aufgabe der Betriebe bzw. der Rückzug aus dem<br />

Haupterwerb würde hier zu einer weitgehenden Aufgabe der Wiesen- und<br />

Weidenwirtschaft führen und das Gesicht der Landschaft des Bergischen<br />

Landes tief greifend verändern. Auf diese Art und Weise würden die offenen<br />

Täler und der Wechsel von Wald und Grünland in einer Weilerlandschaft<br />

verloren gehen.<br />

Um konkurrenzfähig zu bleiben, intensiviert die Landwirtschaft in vielen<br />

Bereichen ihre Produktivität. Ein Beispiel ist der so genannte „geschützte Anbau“<br />

von Obst und Gemüse unter Plastikfolie oder Glas. Die dabei vollzogene<br />

Entkopplung von der Umwelt führt einerseits zu höheren Ernteerträgen<br />

pro Fläche, andererseits bringt sie eine artifizielle Bodennutzung und einen<br />

höheren Wasserbedarf mit sich. Ein wichtiger Aspekt ist auch der Eingriff des<br />

geschützten Anbaus in das Landschaftsbild, der nachteilig für die Freizeit-<br />

111


112<br />

und Erholungsnutzung der entsprechenden Teilräume wäre. Das Konfliktfeld<br />

„Geschützter Anbau“ bezieht sich vor allem auf den Rand des Vorgebirges,<br />

es reicht aber auch bis in die Jülicher und Zülpicher Börde sowie in das<br />

Drachenfelser und Pleiser Ländchen hinein. Hier stellt zudem die Produktivitätssteigerung<br />

im Obstanbau mit einer möglichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes<br />

ein Konfliktpotenzial dar.<br />

Eine Begleiterscheinung der skizzierten Entwicklung in der Landwirtschaft<br />

ist die rückläufige Wertschätzung der Kulturlandschaftspflege durch die<br />

Landwirte. Unter den derzeitigen Marktbedingungen ist es nicht möglich, die<br />

historisch gewachsene Gestaltungsaufgabe rentabel zu machen, da diese<br />

auch gesellschaftlich nicht ausreichend anerkannt und nicht als ein „landwirtschaftliches<br />

Produkt“ bezahlt wird.<br />

Konfliktfelder im Themenbereich Forstwirtschaft<br />

Trotz gesetzlicher Regelungen zum Erhalt der Wald- und Forstflächen kommt<br />

es nach wie vor zum Verlust wertvoller Waldflächen, beispielsweise durch<br />

wachsende Siedlungsbereiche und Infrastrukturmaßnahmen. Diese Verluste<br />

lassen sich durch Aufforstungen nur begrenzt ausgleichen. Um den Konflikt<br />

zu lösen, sollten Vorgaben zur Erhaltung der Wälder definiert werden. Regional<br />

tritt das Problem vor allem im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg, im Vorgebirge,<br />

in der Ville und in Teilen des Bergischen Landes auf.<br />

Die Abpufferung der Waldränder bringt einen Flächenverlust für andere<br />

Nutzungen mit sich. Sie dient der nachhaltigen Sicherung hochwertiger Waldflächen,<br />

da die Waldränder zu den artenreichsten Landschaftselementen im<br />

Forst gehören. In den letzten Jahren und Jahrzehnten waren und sind sie<br />

einem immer stärker werdenden Druck ausgesetzt, der vor allem von Siedlungserweiterungen<br />

ausgeht. Der Wunsch nach einem Wohnort am Waldrand<br />

hat vielerorts zum Verlust ökologisch wertvoller Waldbereiche geführt.<br />

Dennoch verfügt die Region Köln/Bonn über einen guten Waldbestand. Das<br />

bedeutet jedoch nicht, dass keine Waldvermehrung mehr stattfinden sollte.<br />

Sie ist in allen Teilräumen der Region Köln/Bonn wünschenswert, eröffnet<br />

aber beispielsweise im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg einen Konflikt mit der<br />

Nutzung von Freiräumen und Auenlandschaften. Im Bergischen Land tritt<br />

ein Konflikt mit der Grünlandwirtschaft auf. Auch in der Börde könnten Maßnahmen<br />

der Waldvermehrung zu einer Verfremdung des Kulturlandschaftbildes<br />

führen.<br />

Ein anderes Konfliktfeld im Themenbereich Forstwirtschaft stellen die Nadelforste<br />

dar. Ein naturnaher und standortgerechter Mischwald gilt heute als<br />

selbstverständliches Ziel der Forstbehörden und Waldbesitzer. Die Kultivierung<br />

von reinen Nadelholzforsten, die zwar sehr ertragreich sind, zugleich aber die<br />

Boden- und Gewässerversauerung fördern, führt zu Problemen. Vorzufinden<br />

sind diese vor allem in den Privatwaldbereichen des Bergischen Landes und<br />

der Ville.<br />

Seit jeher übt der Wald eine große Anziehungskraft auf Erholungssuchende<br />

aus. Dabei nimmt der Druck der Freizeitnutzung auf den Wald zu. Es fehlt<br />

vor allem eine Lenkung und Information der Waldbesucher. Die Folgen sind<br />

Probleme in der Bewirtschaftung der Wälder, Beeinträchtigungen des ökologischen<br />

Wertes und Defizite für das Walderlebnis der Erholungssuchenden,<br />

die zugleich die Verursacher des Konfliktes sind. Das Konfliktfeld Walderlebnis<br />

tritt vor allem im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>/Sieg sowie in den angrenzenden<br />

Waldbereichen von Ville, Königsforst, Kottenforst und Siebengebirge auf.<br />

Konfliktfelder im Themenbereich<br />

Kulturlandschaft und kulturelles Erbe<br />

Die Bewahrung des Kulturerbes eröffnet ein Hauptkonfliktfeld im Themenbereich<br />

Kulturlandschaft und kulturelles Erbe. Kultur-, Bau- und Bodendenkmäler<br />

müssen ein lebendiger Bestandteil der Kulturlandschaften und ein<br />

dynamisches Element für deren zukünftige Entwicklung sein. Diesem Ziel steht<br />

vielerorts die Bedrohung durch einen Substanzverlust oder einen Verlust<br />

der Umgebung gegenüber. Eine Planung, die auf unterschiedliche zeitliche<br />

Schichtungen keine Rücksicht nimmt, nivelliert deren historisches Erbe<br />

gegenüber gegenwärtigen Nutzungsansprüchen. Sie handelt demzufolge für<br />

das kulturelle Erbe zukünftiger Generationen nicht nachhaltig. Andererseits<br />

darf der Schutz historischer Kulturlandschaften bzw. Denkmäler nicht zu<br />

einer Musealisierung der Landschaft führen. Es geht vielmehr um das richtige<br />

Maß zwischen rückblickendem und vorausschauendem Denken und Handeln.


Ein wichtiges Thema ist in diesem Zusammenhang der Verlust an Industriedenkmälern,<br />

der in der Region Köln/Bonn vor allem hinsichtlich des Industriezeitalters<br />

im 19. Jahrhundert sehr groß ist. Die Ursache liegt vor allem darin,<br />

dass der Erhalt des industriellen Kulturerbes oftmals konträr zu Umweltinteressen<br />

gesehen wird. Diesen Konflikt gilt es zu überwinden, um das industrielle<br />

Kulturerbe in den Industriegassen des Bergischen Landes, dem Ballungsraum<br />

<strong>Rhein</strong>/Sieg sowie im Bereich des Braunkohletagebaus zu erhalten.<br />

Was für die Industrie gilt, trifft auch auf die Landwirtschaft zu. Hier kommt es<br />

durch die Technisierung der Landnutzung, die Aufgabe von bäuerlichen<br />

Betrieben und die Umstrukturierung der Dörfer zum Verlust wichtiger Teile<br />

des Kulturerbes, zum Beispiel im Bergischen Land, im Pleiser und Drachenfelser<br />

Ländchen, in der <strong>Erft</strong>aue und in der Börde. Hinzu kommt, dass die<br />

Aufgabe landwirtschaftlicher Nutzflächen sich negativ auf den Offenlandcharakter<br />

der historischen Kulturlandschaft in der <strong>Rhein</strong>schiene auswirkt.<br />

Ein weiteres Konfliktfeld stellen die wassergebundenen Kulturdenkmäler dar.<br />

Bereits durch den technischen Ausbau der Fließgewässer im 20. Jahrhundert<br />

kam es zu einem erheblichen Substanzverlust, dem zahlreiche alte Mühlen,<br />

Industriestandorte und Brücken zum Opfer fielen. Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie<br />

fordert nun die Schaffung eines „guten Zustandes“ der<br />

Gewässer, was gleichbedeutend ist mit der Wiederherstellung der ökologischen<br />

Durchgängigkeit. Für das historische Inventar der Kulturlandschaft stellt<br />

dies eine latente bis sehr konkrete Gefährdung dar, da zum Erreichen der<br />

Durchgängigkeit von Gewässern in der Regel vorhandene Querbauwerke beseitigt<br />

werden. Hier eröffnet sich ein breites Konfliktfeld, sollte die Umsetzung<br />

der Wasserrahmenrichtlinie eine absolute Renaturierung, die mit dem Abriss<br />

alter Mühlenbauwerke oder Wasserbauwerke einherginge, verfolgen.<br />

Nicht nur im Ballungsraum, sondern auch in anderen Teilräumen der Region,<br />

kommt es seit Jahrzehnten zu einer Verbauung wichtiger Kulturdenkmäler.<br />

Dies führt dazu, dass eine Freistellung im Raum und damit ein offener Bezug<br />

zur umgebenden Kulturlandschaft verloren geht. Das Konfliktfeld erstreckt<br />

sich in gleichem Maß auf die Stadtlandschaften von Köln und Bonn wie auf<br />

die Schlösser und Wasserburgen in den Flussauen und die Industriedenkmäler<br />

im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg, im Bergischen Land und an der <strong>Erft</strong>.<br />

Konfliktfelder im Themenbereich Naturschutz und Landschaftspflege<br />

Nach wie vor weisen die Landschaften der Region Köln/Bonn einen Rückgang<br />

der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten auf. Die Lebensgemeinschaften der<br />

Ökosysteme werden sozusagen „ausgedünnt“ und verlieren mehr und mehr<br />

ihre Funktionsfähigkeit. So findet man viele intakte Ökosysteme – beispielsweise<br />

Heiden oder naturnahe Wiesen – nur noch auf Restflächen, in Refugien.<br />

Folglich ist die Biodiversität der Kulturlandschaft immer noch rückläufig.<br />

Wesentliche Auslöser dieser Verarmung des Naturerbes sind die fortschreitende<br />

Versiegelung der Landschaft, die damit verbundenen flächenhaften<br />

Beeinträchtigungen des Grundwasserhaushalts und die unbegrenzte Zerschneidung<br />

der Landschaft, beispielsweise durch Verkehrswege. Hinzu<br />

kommen anhaltende Abgrabungstätigkeiten und eine durch Landwirtschaft<br />

und Automobilverkehr verursachte Hypertrophierung weiter Flächen durch<br />

Stickstoffverbindungen. All dies beschleunigt vielerorts eine Artenverarmung<br />

und eine Uniformierung der Kulturlandschaften. Der Rückzug der Landwirtschaft<br />

aus benachteiligten Mittelgebirgsregionen und der enorm gewachsene<br />

Druck durch Freizeit- und Erholungsaktivitäten tragen ebenfalls zu dieser<br />

Entwicklung bei.<br />

Das Ziel, einen landesweiten Biotopverbund in Nordrhein-Westfalen aufzubauen,<br />

weist in der regionalen Umsetzung Defizite und Konfliktpotenziale auf.<br />

Dies liegt zum einen daran, dass es im Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg und in<br />

der Börde nicht mehr möglich sein wird, einen Verbund aus entsprechenden<br />

Schutzgebieten zu bilden. Hier sollte ein Netz extensiv bewirtschafteter<br />

Flächen die vorhandenen Lücken schließen. Zum anderen sind auch viele für<br />

den Biotopverbund relevante Bereiche durch Nutzungen in Form von Siedlungen,<br />

Landwirtschaft und Verkehr zerschnitten.<br />

Der Druck durch andere Nutzungen wird auch bei den Biotopverbundflächen<br />

spürbar. Ein Beispiel sind die Freizeit- und Erholungsaktivitäten in der Region,<br />

deren Druck auf ökologisch sensible Flächen immer größer wird. Das gilt<br />

insbesondere für Naturschutzgebiete wie Moore, große Waldgebiete, Flussauen<br />

und Heidelandschaften. Eine Besucherlenkung über ausgeschilderte<br />

Wege und Informationstafeln reicht vielerorts nicht mehr aus. Konflikte werden<br />

dadurch ausgelöst, dass zentrale Organisations- und Informationseinheiten<br />

113


114<br />

fehlen. Dies bezieht sich vor allem auf die größeren Naturschutzgebiete im<br />

Bergischen Land, an der Siegmündung, im Siebengebirge, im Kottenforst und<br />

auf der Ville.<br />

Hinzu kommt, dass nahezu in allen Naturschutzgebieten der Region Defizite<br />

bei der Umsetzung praktischer Schutzmaßnahmen bestehen. Auch hinsichtlich<br />

ihrer Absicherung durch Pufferzonen in den Übergangsbereichen zu<br />

anderen Nutzungen gibt es Probleme. Konflikte entstehen hier vor allem dadurch,<br />

dass eine Ausweitung der Schutzgebiete auf derartige Pufferzonen<br />

kaum möglich ist und die Übergänge somit oftmals entfallen.<br />

Ein anderes Konfliktfeld betrifft die Artenvielfalt auf Feldern, Wiesen und<br />

Weiden, beispielsweise in der Börde, aber auch aud den Ackerinseln am Westrand<br />

des Bergischen Landes und im Drachenfelser und Pleiser Ländchen.<br />

Hier ist die Biodiversität rückläufig, was durch neue Produktionsflächen und<br />

-formen wie Feldgrasanbau, geschützten Anbau oder so genannte Bioenergiefelder<br />

noch verstärkt wird. Der Artenrückgang erstreckt sich dabei nicht nur<br />

auf die Produktionsflächen selbst, sondern auch auf die nicht bewirtschafteten<br />

Strukturen und Flächen der Agrarlandschaft, beispielsweise auf Feldraine,<br />

Wegränder, Hecken, Feldgehölze und Brachen. Verursacht wird das Problem<br />

durch eine flächendeckend wirksame Landwirtschaft.<br />

Konfliktfelder im Themenbereich Freizeit und Erholung<br />

Die immer intensivere Nutzung der Landschaft, ihre zunehmende Zerschneidung<br />

durch Verkehrswege und Energietrassen sowie der Verlust von<br />

Übergängen beeinträchtigen die Landschaftsästhetik und verändern das<br />

Landschaftserlebnis. Dieses Konfliktfeld wird dadurch verstärkt, dass in einer<br />

technisierten Welt mehr und mehr gewachsene Landschaftsstrukturen und<br />

-silhouetten verloren gehen. Das betrifft beispielsweise den Verlust von Sichtachsen<br />

im Umfeld kultureller Bauwerke und Denkmäler durch die Verbauung<br />

der Landschaft. Die dargestellte Entwicklung bildet ein Hauptkonfliktfeld im<br />

Themenbereich Freizeit und Erholung, sie ist in nahezu allen Bereichen der<br />

Region sichtbar.<br />

Während die gewachsene Landschaft zunehmend der Gefahr eines Gesichtsverlustes<br />

ausgesetzt ist, steigt das Bedürfnis nach künstlichen Erlebniswelten,<br />

beispielsweise in Freizeitzentren. Dabei handelt es sich um von den Kultur-<br />

landschaften losgelöste Kunstwelten, deren Infrastruktur in der Regel auf<br />

große Besucherzahlen ausgerichtet ist. Derartige Zentren werden zu einem<br />

Problem, wenn sie zum Verlust des Natur- und Kulturerbes führen und das<br />

Bild der Kulturlandschaft tief greifend verändern.<br />

Dies kann beispielsweise Teilregionen betreffen, die sich für den Winterbzw.<br />

Wassersport sowie das Wassererlebnis eignen. Wasser übt eine hohe<br />

Anziehungskraft auf Freizeit- und Erholungssuchende aus. Es ist nicht nur<br />

Erlebnis- und Sportraum, sondern zugleich ein Quell der Gesundheit. Die<br />

mangelnde Erlebbarkeit des Wassers ist ein wesentliches Konfliktfeld in der<br />

Region Köln/Bonn. Der Mangel resultiert dabei einerseits aus der nicht geeigneten<br />

Gewässerqualität, andererseits aber auch daraus, dass zahlreiche<br />

Teilräume aus Gründen des Wasser- bzw. Trinkwasserschutzes und des<br />

Naturschutzes für die Erholungssuchenden nicht zur Verfügung stehen. Ein<br />

Beispiel sind die Trinkwassertalsperren des Bergischen Landes beziehungsweise<br />

die Siegmündung. Das Konfliktfeld Wassererlebnis tritt vor allem in<br />

der <strong>Rhein</strong>schiene sowie in den Abgrabungsgewässern des Ballungsraumes<br />

<strong>Rhein</strong>-Sieg und der Ville zu Tage.<br />

Eine wesentliche Voraussetzung für die landschaftsgerechte Nutzung der<br />

regionalen Freizeit- und Erholungsangebote ist die Information und Lenkung<br />

der Besucher. Sie hilft, Übernutzungen zu vermeiden und führt damit zu<br />

einer Reduzierung der Landschaftsbeeinträchtigung durch den Tourismus.<br />

Probleme der Freizeitlenkung ergeben sich vor allem aus dem Fehlen von<br />

Raumthemen für Freizeit und Erholung. Dies könnten so genannte „Eingangspforten“<br />

in die Region sein, die den Freizeit- und Erholungssuchenden einen<br />

Zugang zur Kulturlandschaft eröffnen und diese erlebbar machen. Das Konfliktfeld<br />

bezieht sich sowohl auf die Naherholungsräume im Wohnumfeld des<br />

Ballungsraumes als auch auf die Naherholungsräume im Bergischen Land,<br />

im Siebengebirge und am Übergang zur Voreifel.


Konfliktfelder im Themenbereich Siedlungs- und Verkehrswirtschaft<br />

Bei einem ungesteuerten Wachstum von Siedlung und Verkehr gehen auf<br />

längere Sicht wertvolle Flächen und Funktionen der Kulturlandschaft sowie<br />

der Landwirtschaft und des Naturschutzes verloren. Zudem kommt es zu<br />

einer fortschreitenden Zersiedlung der Freiräume und zu einem Verlust der<br />

Identität von Stadt und Stadtvierteln. Dabei werden historisch gewachsene<br />

Stadtbilder und -einheiten überformt, wobei oftmals klare Visionen, Leitbilder<br />

und Qualitätsziele zur Zukunftsgestaltung fehlen. Dies betrifft vor allem<br />

den Ballungsraum <strong>Rhein</strong>-Sieg, die Siedlungsachsen entlang der <strong>Erft</strong> und die<br />

Industriegassen im Bergischen Land.<br />

Zugleich sind die Siedlungen in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr in<br />

die freie Landschaft hineingewachsen, ohne dass Übergänge zwischen<br />

Stadt und Land bedacht wurden. Auch eine gezielte Gestaltung der neuen<br />

Siedlungsränder blieb in der Regel aus. Dies führte zu einer Verkrustung<br />

der Stadt- und Landschaftsbilder, die häufig mit der Anlage großflächiger<br />

Einkaufszentren an Ortsrändern einherging. Das Problem ist in der gesamten<br />

Region sichtbar und betrifft alle Arten und Größen von Siedlungen.<br />

Dieser Trend wird sich fortsetzen, denn Bedarf an neuem Wohnraum und<br />

Flächen für Gewerbe- und Verkehrsanlagen besteht nach wie vor. Nahezu<br />

alle Kommunen der Region planen die Ausweisung neuer Baugebiete. Die<br />

Ursache für diese Entwicklung ist vor allem gesellschaftlicher Art, sie liegen<br />

beispielsweise in der zunehmenden Aufsplitterung der Familien, der Änderung<br />

des Kaufverhaltens und den deutlich ansteigenden Mieten und Pachten<br />

in den Innenstädten.<br />

Dabei kommt es auch außerhalb des Ballungsraumes zu einer fortschreitenden<br />

Zerstörung des Landschaftsbildes durch die Verbauung offener Bereiche<br />

mit neuen Siedlungen, Gewerbe- und Industrieflächen. Ein Grundproblem ist,<br />

dass die neuen Siedlungen zunehmend historische Baugebiete verlassen.<br />

Verursacht wird dieser Konflikt häufig durch Defizite in der Bauleitplanung.<br />

Die Gefahr für die Region liegt darin, dass großräumige Siedlungsverdichtungen<br />

zu einer Überformung der ursprünglich freien Kulturlandschaft führen können<br />

und mittel- bis langfristig deren Charakter so verändern, dass sie nicht mehr<br />

erkennbar ist. In Bereichen, in denen ein derartiger Identitätsverlust droht,<br />

sind Tabuzonen für die weitere Entwicklung der Siedlungen zu prüfen.<br />

Kritisch wird es vor allem dann, wenn landschaftsgebundene Freiraumachsen<br />

oder -korridore berührt oder zerschnitten werden.<br />

Dies geschieht in erheblichem Maß durch den Aus- und Neubau von Straßen<br />

und anderen Verkehrsflächen innerhalb und außerhalb der Ortschaften.<br />

Neben einer weiteren Zerschneidung der Kulturlandschaft und dem Flächenverlust<br />

für Land- und Forstwirtschaft ist die Versiegelung der Landschaft<br />

in diesem Zusammenhang ein wichtiges Thema. In Teilbereichen der Region<br />

sollte sowohl über proportionale Entsiegelungen als auch über Versiegelungstabus<br />

nachgedacht werden. Die Grenzen der Versiegelung sind vor allem im<br />

Ballungsraum <strong>Rhein</strong>/Sieg sowie am Westrand des Bergischen Landes und<br />

am Rande des Vorgebirges fast erreicht.<br />

Ein weiteres Konfliktfeld im planerischen Kontext ist die Gestaltung städtischer<br />

Freiflächen. Hier liegt das Problem meist in einer fehlenden inner- und<br />

außerstädtischen Vernetzung der urbanen Grün- und Freiräume. Als positives<br />

Beispiel für ein noch intaktes innerstädtisches Grünsystem gilt die Stadt Köln.<br />

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Übersetzer vor Ort –<br />

Die Projekte des<br />

Kulturlandschaftsnetzwerkes<br />

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118<br />

Übersetzer vor Ort –<br />

Die Projekte des Kulturlandschaftsnetzwerkes<br />

Konkrete Projekte machen das Kulturlandschaftsnetzwerk der Region<br />

Köln/Bonn und seine Teilräume erlebbar. Sie können sowohl Beispiel für eine<br />

nachhaltige Wasser-, Land- und Forstwirtschaft als auch für einen gleichberechtigten<br />

Naturschutz und eine gestaltende Landschaftspflege sein.<br />

Zudem können sie einen Beitrag zu einer zukunftsgerichteten Freizeit- und<br />

Erholungsnutzung sowie zu einem respektvollen Umgang mit der Kulturlandschaft<br />

und dem kulturellen Erbe liefern. All dies bringen sie in einen<br />

regionalen – und vielerorts auch thematischen – Zusammenhang. So tragen<br />

sie zur Entwicklung von Stadt und Region bei. Dabei müssen sie sich stets<br />

an einem „größeren Ganzen“ orientieren: an ihrem Beitrag zur Zukunft der<br />

Region und den daraus resultieren Anforderungen für die Umsetzung vor Ort.<br />

Das Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn und sein Instrumentarium<br />

– der ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ – zeigen Wege auf, wie derartige Beispiele<br />

– gerade auch im Rahmen der Regionale 2010 – geplant und umgesetzt<br />

werden können. Die im Sinne des Kulturlandschaftsnetzwerkes realisierten<br />

Projekte sollen dokumentieren, wie die Region Köln/Bonn im Jahr 2010 und<br />

darüber hinaus mit sich abzeichnenden Problemen und Anforderungen umgeht<br />

und welche Lösungsansätze dabei entwickelt werden können. Die Projekte<br />

orientieren sich dabei am Netzwerk der Kulturlandschaften und greifen<br />

Eigenarten und Identitäten der jeweiligen Landschaft auf. So tragen sie beispielhaft<br />

zur nachhaltigen Entwicklung der Kulturlandschaften in der Region<br />

Köln/Bonn bei.<br />

Die vorliegende Veröffentlichung des ,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>’ wird sich im Rahmen<br />

der weiteren Qualifizierung einzelner Projektansätze – auch und gerade im<br />

Rahmen der Regionale 2010 – zu einem „Handbuch“ für die Projektverantwortlichen<br />

in der Region Köln/Bonn entwickeln. Aufgabe wird es dabei sein,<br />

die Qualitätsansprüche des Kulturlandschaftsnetzwerkes der Region Köln/Bonn<br />

vor Ort umzusetzen und die dargestellten Konflikte zu lösen.<br />

Als dynamischer Prozess geht die Masterplanung bis zum Jahr 2010 und<br />

darüber hinaus weiter. Dabei setzt die Region auf eine breite Beteiligung von<br />

planenden Stellen, Verwaltung, Politik und Öffentlichkeit. Die aus dem Prozess<br />

resultierenden Anregungen, Ergänzungs- und Verbesserungsvorschläge<br />

zum Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn werden in den Überarbeitungen<br />

ihre Berücksichtigung finden.


Projektqualifizierung steht im Vordergrund<br />

Hinsichtlich der künftigen Entwicklung und Realisierung des Kulturlandschaftsnetzwerkes<br />

und seiner Projektvorhaben steht vor allem die weitere Qualifizierung<br />

der Projektansätze im Vordergrund. Prinzipiell erfolgt diese in<br />

mehreren Arbeitsschritten: In einem ersten Schritt wird eine Projektskizze<br />

als Grundlage für die weitere Qualifizierung erarbeitet. Das dynamisch angelegte<br />

Arbeitspapier sollte eine Vorstellung des Projektes sowie dessen Idee<br />

und Aufgabe und einen Ausblick auf die nächsten Arbeitsschritte enthalten.<br />

Auf Basis der Projektskizze ist es Aufgabe der Projektbeteiligten, die Qualitätsziele<br />

des Kulturlandschaftsnetzwerkes der Region Köln/Bonn auf den<br />

jeweiligen Teilraum und damit auf das jeweilige Projektvorhaben zu beziehen<br />

und die Ziele weiter auszuformulieren. Dieser Qualifizierungsprozess kann<br />

durch flankierende Maßnahmen unterstützt werden: beispielsweise durch<br />

Werkstattgespräche mit externen Beratern oder Workshops mit den jeweiligen<br />

Arbeitskreisen.<br />

Aus der Projektskizze wird im Laufe der Qualifizierung ein Projektdossier,<br />

das die eigentliche Grundlage für die Aufnahme als Regionale-2010-Projekt<br />

bildet. Die weitere Konkretisierung des Projektes (auf der Grundlage des<br />

Dossiers) kann beispielsweise in Form eines kooperativen Verfahrens gemeinsam<br />

mit externen Planungsbüros erfolgen. Denkbar sind aber auch andere<br />

Formen, beispielsweise Wettbewerbe oder Ähnliches. Prinzipiell gilt:<br />

Das gewählte Vorgehen muss der Idee und dem Grundgedanken des<br />

Masterplans entsprechen.<br />

Ausblick: Kommunikation und Vernetzung im Fokus<br />

Neben den weiteren Schritten zur inhaltlichen Ausgestaltung der Projektideen<br />

und zur Vorbereitung ihrer Realisierung steht auch künftig die Intensivierung<br />

von Kommunikation und Vernetzung in der Region im Fokus der<br />

Masterplanung. Es ist ein wesentliches Anliegen des Masterplans, vor allem<br />

auch diejenigen Projektvorschläge auszubauen, die das Kulturlandschaftsnetzwerk<br />

für die Bürgerinnen und Bürger erlebbar machen: sei es in Form<br />

von Erlebnisrouten, Maßnahmen zur Erschließung des Kulturlandschaftsnetzwerkes<br />

und zur Herstellung fehlender Verbindungen, außerschulischen<br />

Lernorten oder anderen Projekte.<br />

Die voraussichtlich Ende des Jahres 2007 erscheinende Version 3.0 des<br />

Masterplans für das Kulturlandschaftsnetzwerk der Region Köln/Bonn wird<br />

neben der Formulierung von Leitbildern für Teilräume der Region auch die<br />

Darstellung bereits existierender „guter Beispiele“ sowie den Stand der jeweiligen<br />

Projektqualifizierung vor Ort enthalten.<br />

Informationen über die aktuelle Entwicklung des Kulturlandschaftsnetzwerkes<br />

der Region Köln/Bonn und der darauf bezogenen Projektvorhaben<br />

können im Internet fortlaufend unter der Adresse www.regionale2010.de<br />

eingesehen und abgerufen werden.<br />

119


120<br />

Wichtige Tipps und Kontakte<br />

zum Kulturlandschaftsnetzwerk<br />

der Region Köln/Bonn<br />

Arbeitskreis Natur und Landschaft<br />

<strong>Rhein</strong>-<strong>Erft</strong>-<strong>Kreis</strong><br />

Irmgard Berkenbusch, Manfred Kohlmann<br />

Willy-Brandt-Platz 1 · 50126 Bergheim<br />

Fon 02271-83-46 11 · Fax 02271-83-23 44<br />

www.rhein-erft-kreis.de<br />

Oberbergischer <strong>Kreis</strong><br />

Uwe Stranz<br />

Moltkestraße 34 · 51643 Gummersbach<br />

Fon 02261-88-67 01 · Fax 02261-88-67 40<br />

www.obk.de<br />

<strong>Rhein</strong>isch-Bergischer <strong>Kreis</strong><br />

Norbert Hanf<br />

Am Rübezahlwald 7 · 51469 Bergisch-Gladbach<br />

Fon 02202-13-26 58 · Fax 02202-13-26 75<br />

www.rbk-online.de<br />

<strong>Rhein</strong>-Sieg-<strong>Kreis</strong><br />

Walter Wiehlpütz<br />

Kaiser-Wilhelm-Platz · 53721 Siegburg<br />

Fon 02241-13-0 · Fax 02241-13-21-79<br />

www.rhein-sieg-kreis.de<br />

Stadt Köln<br />

Amt für Landschaftspflege und Grünflächen<br />

Dr. Joachim Bauer<br />

Willy-Brandt-Platz 2 · 50679 Köln<br />

Fon 0221-221 260 36 · Fax 0221-221 248 97<br />

www.stadt-koeln.de<br />

Bundesstadt Bonn<br />

Stadtplanungsamt<br />

Klaus Bouchon<br />

53103 Bonn<br />

Fon 0228 77 45 14 · Fax 0228 77 58 36<br />

www.bonn.de<br />

Stadt Leverkusen<br />

Fachbereich Stadtplanung und Bauaufsicht<br />

Dr. Daniel Zerweck<br />

Postfach 10 11 40 · 51311 Leverkusen<br />

Fon 0214-406-6123 · Fax 0214-406-6102<br />

www.leverkusen.de<br />

Zweckverband Naturpark Bergisches Land<br />

Theo Boxberg<br />

Moltkestraße 34 · 51643 Gummersbach<br />

Fon 02261-88-69 07 · Fax 02261-88-18 88<br />

www.bergischesland.de<br />

Naturpark Siebengebirge<br />

Herbert Losem<br />

Margaretenhof<br />

Königswinterer Str. 409 · 53639 Königswinter<br />

Fon 02223-90 94 94 · Fax 02223-90 97 00<br />

www.naturpark-siebengebirge.de<br />

Zweckverband Naturpark <strong>Rhein</strong>land<br />

Harald Sauer<br />

Willy-Brandt-Platz 1 · 50126 Bergheim<br />

Fon 02271-83 42 00 · Fax 02271-83 23 18<br />

www.naturpark-rheinland.de<br />

Landschaftsverband <strong>Rhein</strong>land<br />

Umweltamt<br />

Dieter Schäfer<br />

50663 Köln<br />

Fon 0221 809-32 88 · Fax 0221 809-24 61<br />

www.lvr.de<br />

Landwirtschaftskammer NRW<br />

Rolf Born, Günter Kornell<br />

Endenicher Allee 60 · 53115 Bonn<br />

Fon 0228-703 15 91 · Fax 0228-703 85 91<br />

www.lwk.nrw.de<br />

Landesgartenschau Leverkusen 2005 GmbH<br />

Hans-Max Deutschle<br />

Nobelstraße 91 · 51373 Leverkusen<br />

Fon 0214-406-67 67 · Fax 0214-406-67 02<br />

www.lgs-lev.de<br />

<strong>Kreis</strong>verwaltung Ahrweiler<br />

Klaus Löbner<br />

Wilhelmstraße 24–30<br />

53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler<br />

Fon 02641-975-232 · Fax 02641-975-563<br />

www.aw-online.de<br />

Bezirksregierung Köln<br />

Dezernat 62<br />

Holger Schilling<br />

Dienstgebäude Zeughausstr. 2–10 · 50667 Köln<br />

Fon 0221-7740-238 · Fax 0221-7740-698<br />

www.bezreg-koeln.nrw.de


Regionale 2010 Agentur<br />

Hanne Mick, Dr. Reimar Molitor<br />

Ottoplatz 1 · 50679 Köln<br />

Fon 0221-92 54 77-21 · Fax 0221-92 54 77-99<br />

buero@regionale2010.de<br />

www.regionale2010.de<br />

Autoren der Fachbeiträge<br />

Dr. Thomas Kistemann, Frauke Kramer<br />

Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit<br />

Universität Bonn<br />

Sigmund-Freud-Str. 25 · 53105 Bonn<br />

Fon 0228-287-5534 · Fax 0228-287-4885<br />

www.meb.uni-bonn.de/hygiene<br />

in Zusammenarbeit mit:<br />

Dr. Thomas Zumbroich, Zumbroich GmbH & Co. KG<br />

Dr. Wolfgang Isenberg<br />

Thomas-Morus-Akademie Bensberg<br />

Overather Straße 51 · 51429 Bergisch Gladbach<br />

Fon 02204-40 84 72 · Fax 02204-40 84 20<br />

www.tma-bensberg.de<br />

Prof. Dr. Gerd Schulte<br />

Institut für Landschaftsökologie<br />

Westfälische Wilhelms-Universität<br />

Robert-Koch-Str. 26–28 · 48149 Münster<br />

Fon 0251-83-39114 · Fax 0251-83-38352<br />

www.iloek.uni-muenster.de<br />

Dieter Schäfer<br />

Landschaftsverband <strong>Rhein</strong>land<br />

50663 Köln<br />

Fon 0221-809-32 88 · Fax 0221-809-24 61<br />

www.lvr.de<br />

(in Zusammenarbeit mit<br />

dem <strong>Rhein</strong>ischen Amt für Bodendenkmalpflege,<br />

dem <strong>Rhein</strong>ischen Amt für Denkmalpflege und<br />

BhSL – Büro für historische Stadt- und<br />

Landschaftsforschung)<br />

Prof. Dieter Prinz<br />

Dorpe 6 · 51515 Kürten<br />

Fon 02207-25 01 · Fax 02207-84 84 98<br />

Rolf Born, Günter Kornell, Carsten Lindner<br />

Landwirtschaftskammer NRW<br />

Endenicher Allee 60 · 53115 Bonn<br />

Fon 0228-703 15 91 · Fax 0228-703 85 91<br />

www.lwk.nrw.de<br />

Alfons Lückerath<br />

Forstamt Bergisch Gladbach - Königsforst<br />

Broichen 1 · 51429 Bergisch-Gladbach<br />

Fon 02204-95 26 21 · Fax 02204-95 26 58<br />

www.forst.nrw.de<br />

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Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Regionale 2010 Agentur<br />

Standortmarketing Region Köln/Bonn GmbH<br />

Ottoplatz 1<br />

50679 Köln<br />

Tel. 02 21-92 54 77-21<br />

Fax 02 21-92 54 77-99<br />

Mail: buero@regionale2010.de<br />

www.regionale2010.de<br />

Text und Redaktion: Manfred Kasper, Ursula Pfennig<br />

Karten: Christoph Hölzer<br />

Gestaltungskonzept, Layout und künstlerische Beratung:<br />

Lutz Fritsch, Steffen Missmahl<br />

Auflage: 10.000 Exemplare im Januar 2007<br />

Bildnachweis: Lutz Fritsch, Rainer Gaertner, Frank Herhaus,<br />

Landschaftsverband <strong>Rhein</strong>land (<strong>Rhein</strong>isches Industriemuseum/<br />

Jürgen Hoffmann), Michael Linnenbach, Steffen Missmahl,<br />

Wolfgang Nettekoven, Ute Prang, Heinrich Pützler (Naturpark<br />

<strong>Rhein</strong>land), Lothar Quast, RWE Power AG, Lenore Schäfer,<br />

Stadt <strong>Erft</strong>stadt, Wupperverband, Regionale 2010<br />

Unser besonderer Dank gilt Prof. Dr. Gerd Schulte, Universität<br />

Münster, für die Erarbeitung des Basisgutachtens zum<br />

,<strong>masterplan</strong> :<strong>grün</strong>‘ und die Vorarbeiten zum Netzwerk der<br />

Kulturlandschaften der Region Köln/Bonn.<br />

Für die Unterstützung bei den Vorstudien zu einzelnen Fachbeiträgen<br />

danken wir dem Institut für Hygiene und Öffentliche<br />

Gesundheit der Universität Bonn (Wasserwirtschaft), der Landwirtschaftskammer<br />

Nordrhein-Westfalen (Landwirtschaft),<br />

Alfons Lückerath, Leiter des Forstamtes Bergisch-Gladbach<br />

(Forstwirtschaft), Dr. Wolfgang Isenberg, Thomas-Morus-<br />

Akademie Bensberg (Freizeit und Erholung), dem Landschaftsverband<br />

<strong>Rhein</strong>land (Kultur- und Denkmalpflege)<br />

und Prof. Dipl. Ing. Dieter Prinz (Stadt- und Regionalplanung).<br />

Für die Unterstützung bei der Qualifizierung und Umsetzung der<br />

Projektvorhaben vor Ort bedanken wir uns beim Land<br />

Nordrhein-Westfalen, der Bezirksregierung Köln sowie allen<br />

beteiligten Institutionen, Behörden und Projektverantwortlichen.<br />

Köln, im Januar 2007<br />

Manfred Kohlmann, Dr. Joachim Bauer<br />

Arbeitskreis Natur und Landschaft der Region Köln/Bonn<br />

Dr. Reimar Molitor, Regionale 2010 Agentur<br />

Regionale 2010 – eine Zukunftsinitiative<br />

des <strong>Rhein</strong>-<strong>Erft</strong>-<strong>Kreis</strong>es, des <strong>Rhein</strong>-Sieg-<strong>Kreis</strong>es,<br />

des <strong>Rhein</strong>isch-Bergischen <strong>Kreis</strong>es,<br />

des Oberbergischen <strong>Kreis</strong>es,<br />

der Städte Köln, Bonn und Leverkusen<br />

und des Landes Nordrhein-Westfalen<br />

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