InhaltBis zum Sommer 1978 scheint das Leben der OstberlinerFamilie Kerner in Ordnung. Der Vater ist Arzt, die Muttereine Grundschullehrerin und ihre Kinder, der 11-jährige Alexund seine zwei Jahre ältere Schwester Ariane, gedeihenprächtig. Doch am 26. August kehrt der Vater von einerDienstreise nach Westberlin nicht mehr zurück. Seine Republikfluchtwird von der Stasi damit erklärt, dass er eine andereFrau habe.In dem Moment, als die Welt der Kerners zusammenbricht,verfolgen die Kinder die Fernsehübertragung des Starts vonSojus 31. An Bord befindet sich Sigmund Jähn, der ersteDeutsche auf seinem Flug ins All. Von nun an wird der gefeierteHeld für Alex zum Übervater.Rückblickend lässt Alex die folgenden Ereignisse Revuepassieren: Seine Mutter versinkt in Trauer, wird apathischund sprachlos. Als sie nach einigen verstörenden Wochenaus der Psychiatrie zurückkehrt, ist sie eine Andere geworden.Christiane Kerner verbannt ihren Mann aus Gesprächenund aus dem Leben, findet fortan in politischemEngagement Befriedigung. „Sie heiratete das sozialistischeVaterland“, bemerkt Alex nicht ohne Ironie.Er lernt eben die junge Russin Lara kennen, als Polizistendie Demonstration zerschlagen und auch Alex verhaften.Zufällig beobachtet seine Mutter diese Szene und erleideteinen Herzinfarkt. Wegen ihres kritischen Gesundheitszustandesdarf Alex nach wenigen Stunden das Gefängniswieder verlassen. Die Mutter liegt im Koma, die Ärzte habenwenig Hoffnung: Selbst wenn Christiane Kerner jemalswieder erwachen würde, könnte die kleinste Aufregungihren Tod bedeuten.Doch Christiane Kerner wacht nicht auf. Sie verschläft denFall der Mauer, Erich Honeckers Abgang und die Vereinigung.Sie weiß nicht, dass Ariane ihr Wirtschaftsstudiumaufgibt, um fortan bei Burger King als Kassiererin zu arbeiten,wo sie Rainer kennen lernt, den neuen Freund aus demWesten. Alex hat seinen Job als Fernsehmonteur inzwischenverloren und trifft am Bett der Mutter Lara wieder –die Lernschwester auf der Station ist. Täglich kommt Alexzu Besuch, längst hat er seine Visiten nach Laras Dienstplanausgerichtet. Bei einem Westberliner Unternehmen hat ereine neue Stelle gefunden und beglückt nun mit KollegeDenis die neuen Bundesbürger mit Satellitenschüsseln.Denis ist ein umtriebiger Video-Tüftler und träumt von einerKarriere als Regisseur. Die beiden werden Freunde.Alex genießt einen traumhaft schönen Sommer und testetden „wilden Westen“. Auch mit Lara kommt er endlichvoran. Beim ersten Kuss, ausgerechnet am Bett der Mutter,wacht Christiane Kerner überraschend auf. Acht Monatehat ihr Koma gedauert. Was nun?Elf Jahre später: Am 7. Oktober 1989 feiert die DDR ihr40-jähriges Bestehen mit einer großen Militärparade –obwohl bereits seit dem Sommer Tausende über Ungarn inden Westen geflohen sind. Christiane Kerner begibt sich alsvorbildliche Aktivistin auf den Weg zum Festakt im Palastder Republik. Zur gleichen Zeit ist auch Alex unterwegs – erdemonstriert mit Bürgerrechtlern für überfällige Reformen.4 Filmheft GOOD BYE, LENIN!
Um sie zu schonen, entschließen sich die Geschwister zurVerheimlichung der neuen politischen Situation. Alex, derbesonders stark an seiner Mutter hängt, will einfach jene„Normalität“ fortsetzen, die vor ihrem Herzinfarkt gegoltenhat.Noch am selben Abend wird Denis in seiner „AktuellenKamera“ erklären: Erich Honecker habe „in einer großenhumanitären Geste der Einreise der seit zwei Monaten inden DDR-Botschaften von Prag und Budapest Zufluchtsuchenden BRD-Bürger zugestimmt. Arbeitslosigkeit,mangelnde Zukunftsaussichten und die zunehmendenWahlerfolge der neonazistischen Republikaner haben diedeutlich verunsicherten BRD-Bürger in den letzten Monatendazu bewogen, dem Kapitalismus den Rücken zu kehrenund einen Neuanfang im Arbeiter- und Bauernstaat zuversuchen.“ Und tatsächlich glaubt Christiane Kerner dasUnfassbare. Als sie dann allerdings beschließt, den neuenBürgern die Familiendatsche zu überlassen, wird Alex klar,dass sein Spiel ein Ende finden muss. Die Widersprüchezwischen der alten konservierten Welt und der neuenwachsen auch ihm über den Kopf. Zuvor jedoch beschließtdie Familie einen gemeinsamen Ausflug zur Datsche. Dortvertraut die Mutter ihren Kindern ein erschütterndesGeheimnis an ...Zwar stoßen seine Pläne bei der pragmatischeren Arianeauf wenig Gegenliebe, doch sie hilft mit, die nach RainersEinzug „verwestlichte“ 4-Zimmer-Wohnung an der FrankfurterAllee wieder in ihren alten Zustand zu bringen. Mit derMutter bezieht die verblichene DDR-Alltagskultur ihre scheinbarletzten 79 Quadratmeter.Doch die neue politische Situation lässt sich auch vor KernersWohnungstür nicht lange stoppen: Nicht nur dasVerschwinden vertrauter Ost-Produkte fordert Alex’ Improvisations-und Organisationstalent heraus, notgedrungen wirder zum Regisseur einer erfundenen Wirklichkeit. Denn dieKranke will fernsehen und die archivierten Sendungen der„Aktuellen Kamera“ können ihre Neugier nicht lange stillen.Als mitten in Christianes Geburtstagsfeier auf der gegenüberliegendenHauswand ein irritierendes Coca-Cola-Plakatentrollt wird, muss Denis ran: Als neuer Sprecher der „AktuellenKamera“ lässt er die DDR in einem Patentverfahrennicht nur über den Coca-Cola-Konzern siegen, sondernbehauptet sogar, dass das Getränk im Grunde eine sozialistischeErfindung gewesen sei. Doch dann stolpert die Muttereines Tages auf die Straße hinunter und entdeckt einefremde Welt, die sie wie im Traum wahrnimmt.GOOD BYE, LENIN! Filmheft 5