10.07.2015 Aufrufe

Nr. 2/2000

Nr. 2/2000

Nr. 2/2000

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

AUF DER GLOCKNERSTRASSEEin Kampf um den Zugang zu den Herzen:Abenteuer auf dem Dach ÖsterreichsIm Jahre 1931 berichtet die Chronik der Kalasantinerblätter dem Leser von einem neueneinsatzgebiet des Ordens. „An unsere Kongregation ist vom Erzbischof von Salzburg dasAnsuchen ergangen, für die beim Bau der Großglocknerstraße beschäftigten Arbeiter einenSeelsorger zu entsenden. Mit dieser Aufgabe wurde P. Generalassistent Franz Stiletz, derjahrelang in Penzing (St.Josef, Reinlgasse) und Blumau als Arbeiterseelsorger tätig war, betraut.Am 12. März 1931 war Abreise.“ (aus: Kalasantinerblätter, 44. Jahrgang/1931, Seite 62)Schon bald nach seiner Ankunft inder Bergwelt Salzburgs schicktP.Stiletz einen ersten ausführlichenBericht nach Wien. Nachdem erüber zwanzig Jahre in den Klöstern derKalasantiner verbracht hat, sind nunArbeiterbaracken sein neues Zuhause.Der erste EindruckNach verschiedenen Verhandlungenund Vorbereitungen in Salzburg bin ichnun seit vergangener Woche in der erstenStation meines weiten Arbeitsgebietes,in Ferleiten. Bis hierher sind dieArbeiten des Großglocknerstraßenbauesim Gange; höher oben hindern die ungeheurenSchneemassen, Lawinengängeund Stürme jede Arbeit. Prachtvoll liegtdieses Endtal in einer Höhe von 1151Metern, umrahmt von mehreren vergletschertenDreitausendern in derWinterschönheit da. Ich bin im Lagermit Gendarmerie und Arbeiterstelle ineiner gemeinsamen Baracke untergebrachtund benütze die über fünfhundertJahre alte St.Katharinen-Kapelle - etwazehn Minuten vom Lager entfernt - zumGottesdienst, der an Wochentagen umsechs Uhr früh, an Sonn- und Feiertagenum neun Uhr früh angesetzt ist.Am Palmsonntag um neun Uhr vormittagsfeierten wir den ersten Gemeinschaftsgottesdienst.Der Besuch aus allenSchichten der vorläufig Beschäftigtenwar angesichts des atembeengendeneisigen Schneesturmes befriedigend. Bisüber die Knie und noch höher mußteman bei einer Sicht auf kaum fünf Schritteden Schnee durchstapfen, zu der aneinem Hange stehenden Steinkapelle,deren unmittelbare Zugänge nach denSchneeverwehungen erst gangbar gemachtwurden. Nach der heiligen Messe,bei der ein Arbeiter ministrierte, erläutertedie Predigt die Aufgaben derhiesigen Seelsorge. Andächtig folgtendie Männer der Arbeit der gottesdienstlichenHandlung.Mit der Beamten- und Arbeiterschafthabe ich schon Kontakte; ich hoffe, daßwir einander verstehen werden.(aus: Kalasantinerbl., 44.Jg./1931, S.63)Die beiden „Pfarren“Je zwei Wochen abwechselnd arbeiteich auf der kärntnerischen und dersalzburgerischen Seite.Die heilige Messe wird auf der Nordrampein der St.Katharina-Kapelle vonFerleiten gefeiert, und zwar je nachBeteiligung in der Kapelle oder im Freien,zuerst in einem Gasthofgarten, dannin einem der Kapelle benachbarten Wäldchen,öfters auch im Gasthaus derTrauner-Alpe. Auf der Südrampe stehendem Seelsorger die alte Wallfahrtskapelle„Maria Hilf“ auf der Gipper-Alpe (1750 Meter) sowie in der Höhevon 2155 Metern die dem göttlichenHerzen Jesu geweihte Sturmkapelle (erbaut1926) zur Verfügung.Feste ...Sehr großer Teilnahme erfreute sichdie kirchliche Muttertagsfeier.Den Sonntag nach Fronleichnamzeichnete ein eucharistischer Umzug aus,der zwar einfach in der äußeren Aufmachung,aber recht stimmungsvoll, vomgoldenen Sonnenschein übergossen,mitten im frischen Grün und im Schattender Bäume, zu Füßen der schneebedecktenHäupter der Bergriesen verlief.Als Altäre waren vier mit Blumen undKerzen geschmückte Tische gerichtet.... und SonntageDer reguläre Sonntagsgottesdienstbesuchmuß leider als recht matt bezeichnetwerden, obzwar sich der Seelsorgerredlich bemüht, den Gottesdienstkurz, würdig und inhaltsvoll zu gestaltenund immer wieder bei Besuchen inden Baracken und Kantinen, bei Gesprächenmit einzelnen und in öffentlichenVorträgen zur Teilnahme einlädt.Gleich matt wurde bisher derSakramentenempfang beobachtet. AmKarfreitag Abend war Gelegenheit zurAblegung der Osterbeichte und Karsamstag(Arbeit frei) morgens die Osterkommunionmesseangesetzt, und bloßungefähr fünfundzwanzig Personen beteiligtensich. Freilich sind viele über dieFeiertage nach Hause und haben vielleichtin der Heimat ihre Christenpflichterfüllt. In der übrigen Zeit ist der eineoder andere gekommen.Die SündenEin Baraber (Schwerarbeiter, derein Leben lang von Baustelle zu Baustellezieht) sagte mir im Gespräch einmal:„Sünden haben wir keine, wir bringenniemanden um und stehlen nichts.Hie und da gibt’s eine Rauferei; imKriege haben wir die Leute erschießenmüssen, ohne daß es eine Sünde war...Sünden begehen diejenigen, die uns soschlecht bezahlen.“Die Ablehnung ...Einige Male habe ich Versehgängegemacht; den ersten bei einem jungenMineur, der von einem herabstürzendenFelsblock getroffen und tot vom Platzegetragen wurde. Auf die Kunde eilte ichsofort zur Unglücksstelle. Der Weg dahinwurde zu einem schweren Kreuzwegfür mich. Es herrschte damals eineaufgeregte Stimmung, die Lohnverhandlungenwaren resultatlos verlaufen; Arztwar trotz der hohen Arbeiteranzahl nochkeiner heroben, die sanitären Vorkehrungenließen viel zu wünschen übrig,21

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!