Erziehung
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<strong>Erziehung</strong> Wenn Eltern nicht erziehen, sind Kinder chancenlos!<br />
Seit einigen Jahren ist (fehlende) <strong>Erziehung</strong><br />
wieder ein Thema. Manche sprechen sogar<br />
von «<strong>Erziehung</strong>skrise». Und der Ruf danach,<br />
jungen Menschen wieder vermehrt Grenzen<br />
zu setzen, verbunden mit der Forderung, die<br />
Eltern in ihre Verantwortung zu nehmen, ist<br />
unüberhörbar.<br />
In seltsamem Gegensatz dazu steht, dass<br />
offenbar viel junge Eltern bereit sind, sich mit<br />
<strong>Erziehung</strong>sfragen auseinanderzusetzen. Alle<br />
Kurse des Elternbildungstages «Stark durch<br />
<strong>Erziehung</strong>» von Ende März in der Kantonsschule<br />
Baden waren schon nach wenigen<br />
Stunden ausgebucht. An diesem Anlass<br />
wurde allerdings auch die Vermutung geäussert,<br />
dass man wohl gerade Eltern mit<br />
problematischem <strong>Erziehung</strong>sverhalten durch<br />
solche Veranstaltungen nicht erreichen<br />
könne. Und Peter Angst, Paartherapeut und<br />
<strong>Erziehung</strong>sberater, der Hauptreferent der<br />
Veranstaltung, wagte sogar die Äusserung, er<br />
würde obligatorische Ausbildungskurse für<br />
alle Eltern begrüssen.<br />
Sein Referat, das er uns freundlicherweise<br />
zum Abdruck zur Verfügung gestellt hat,<br />
steht im Mittelpunkt dieser Nummer. Es verdient<br />
weitere Verbreitung, da es wesentliche<br />
Fragen aufzeigt und Mut macht zur <strong>Erziehung</strong>.<br />
Daneben finden Sie als Anregung zum<br />
Weiterdenken Stellungnahmen von Eltern,<br />
Lehrkräften sowie von Schülerinnen und<br />
Schülern.<br />
Vielen Dank allen, die sich zum Thema<br />
Gedanken gemacht haben. Die Illustrationen<br />
– Strichmännchen und Familienbilder –<br />
wie auch das Titelbild stammen aus der Kindergartenabteilung<br />
von Maria Brühlmeier.<br />
1<br />
Kurt Fischer<br />
Fordern, aber nicht überfordern<br />
Geben, aber nicht überhäufen<br />
Lieben, aber nicht mit Zuwendung ersticken<br />
Führen, aber nicht verführen<br />
Vorleben und selbst glaubhaft leben<br />
Das könnte wohl <strong>Erziehung</strong> sein!<br />
Peter Angst<br />
Die Familie ist kein ruhiges, intimes Nest<br />
mehr, wo Eltern ungestört ihren Kindern eine<br />
kindergerechte Jugendzeit gestalten können,<br />
damit sich diese langsam und behutsam an<br />
unsere fremde und bedrohliche Welt gewöhnen<br />
dürfen.<br />
Das empfindliche System Familie wird heute<br />
täglich gestört und durchlöchert durch Medien,<br />
Werbung, raffinierte Unternehmungen und<br />
ganzen Industrien, die in diese kleine Welt<br />
«Familie» reinplatzen und mit den Kleinen ins<br />
grosse Geschäft kommen wollen.<br />
Wir leben in verrückten Tagen! Die Angebote<br />
und Verlockungen, die ununterbrochen auf<br />
junge Familien einprasseln, sind erdrückend.<br />
Wir werden überflutet durch irrsinnige Informations-<br />
und Unterhaltungswellen. Leider<br />
werden Kinder durch all diese Reizüberflutungen<br />
viel zu früh aufgeweckt und immer wieder<br />
werden sie mit neuen Bedürfnissen weiter aufgeputscht.<br />
Für eine kindergerechte Jugendzeit<br />
ist die Welt zu laut geworden!<br />
Bedrohlich für die heranwachsenden Kinderseelen<br />
ist auch die Tatsache, dass viel Gefährliches<br />
und Ungutes zu leicht zugänglich ist:<br />
Mit ein paar Klicks sind Kinder in den verrücktesten<br />
Pornobildern drin. Ein paar Klicks<br />
weiter und sie haben die schlimmsten Gewaltbilder<br />
vor Augen. Es gibt kaum mehr schützende<br />
Hemmschwellen.<br />
Die gegenwärtige extreme Konsumwelt verführt<br />
viele labile Kinder zu allen möglichen und<br />
unmöglichen Begierden mit dem entsprechenden<br />
Verhalten. Dadurch werden verantwortungsvolle<br />
und erziehungsbewusste Eltern zu<br />
täglichen Neinsagern verknurrt, und das<br />
ist fürchterlich ermüdend und anstrengend.<br />
Zudem fürchten dann viele Eltern, durch das<br />
viele Neinsagen könnten sich die Kinder von<br />
ihnen abwenden. Dies wiederum macht Eltern<br />
erpressbar: «Wenn du mir dies und das nicht<br />
ermöglichst, hab ich dich nicht mehr gern!»