INFO 1 / 2008 - GGG Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule e.V.
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Hamburger Parteien zur Schulstruktur<br />
Besuch in Beatenberg<br />
Porträt GS Allermöhe<br />
Nachruf auf Klaus Reinsch<br />
<strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong><br />
<strong>INFO</strong> 1 / <strong>2008</strong><br />
<strong>Gemeinnützige</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>Gesamtschule</strong> e. V.<br />
- Gesamtschulverband -<br />
Landesverband Hamburg<br />
Foto: Uwe Hasubek<br />
SchülerInnen der GS Allermöhe gemeinsam mit Ballett-SchülerInnen des Hamburg – Balletts in der Aufführung<br />
„Romeo und Julia“ in der Hamburger Staatsoper<br />
1
Inhaltsverzeichnis<br />
EDITORIAL ........................................................................................................................ 3<br />
Fragen der <strong>GGG</strong> an die Parteien zur Schulstruktur in Hamburg ......................................... 4<br />
Ein Gespräch mit der Senatorin ....................................................................................... 11<br />
HINWEIS:......................................................................................................................... 13<br />
Zwischenruf...................................................................................................................... 14<br />
HINWEIS:......................................................................................................................... 15<br />
The Spirit of Learning – Besuch in Beatenberg ................................................................ 16<br />
KID kommt voran ............................................................................................................. 20<br />
HINWEIS:......................................................................................................................... 22<br />
Volksinitiative „Eine Schule für alle“ ................................................................................. 23<br />
<strong>Gesamtschule</strong> Allermöhe – eine Schule für alle ................................................................ 24<br />
Nachruf auf Klaus Reinsch ............................................................................................... 27<br />
Letzte Hinweise: .............................................................................................................. 29<br />
Als neue Mitglieder in 2006/07 in der <strong>GGG</strong> begrüßen wir: ............................................... 29<br />
Beitrittsformular ...............................................................................................................30<br />
Über die <strong>GGG</strong> ................................................................................................................. 31<br />
Impressum:<br />
Das <strong>GGG</strong>-Info ist das Mitglieder-Magazin der<br />
<strong>Gemeinnützige</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> <strong>Gesamtschule</strong> (<strong>GGG</strong>) - Gesamtschulverband<br />
Landesverband Hamburg.<br />
Redaktion und Gestaltung: Ulf Kahlke, Ulrike Kaidas-Andresen<br />
Für die Inhalte der Beiträge sind die Autorinnen und Autoren verantwortlich.<br />
Druck: druckwelten GmbH, Spritzenplatz 5-7, 22765 Hamburg, T.: (040) 390 32 77<br />
Auflage: 400<br />
Fotos: Hasubek, Kaidas-Andresen, Malzkorn<br />
V.i.S.d.P.: U. Kahlke, U. Kaidas-Andresen, J. Riekmann, A. Volkmann<br />
Homepage der <strong>GGG</strong> LV HH: www.ggg-hamburg.de<br />
E-Mail: ggg.gesamtschulverband@hamburg.de<br />
Vorstand der <strong>GGG</strong>-LV Hamburg:<br />
Ulrike Kaidas-Andresen (Sprecherin), T.: (040) 735 49 62 – E-Mail: ulrikekaidas-andresen@gmx.de<br />
Ulf Kahlke, T.: (04101) 74 0 71 – E-Mail: ulf.kahlke@gmx.de<br />
Jürgen Riekmann, T.: (040) 880 53 77 – E-Mail: b.j.riekmann@t-online.de<br />
Annegret Volkmann, T.: (040) 735 59 24 – E-Mail: annegret.volkmann@email.de<br />
2 <strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong>
EDITORIAL<br />
Der letzte Satz des Editorials Info 1/2007 lautete:“ Das<br />
Info 2/2007 soll im Herbst 2007 erscheinen.“ Das ist uns<br />
nicht wirklich gelungen: Das Jahr 2007 ist vergangen… Aber<br />
wir haben in der Natur noch nicht den Winter 07 erlebt, wir<br />
haben immer noch Herbst – oder schon Frühling? Jedenfalls<br />
haben wir länger gebraucht als gedacht, um das Info mit dem<br />
Schwerpunkt „Bildungspolitik – Strukturdebatte – Wahlen<br />
in Hamburg“ auf den Weg zu bringen<br />
Jetzt ist es geschafft, noch vor den Wahlen am 24.2.08,<br />
mit den Statements / Positionierungen der Parteien CDU,<br />
SPD, GAL, LINKE und FDP zur Strukturdebatte und Schulpolitik<br />
in Hamburg. Bereichert wird der Themenschwerpunkt durch einen<br />
Beitrag von Prof. Carl-Ludwig Furck, der immer noch gemeinsam mit uns im<br />
„Aktionsbündnis <strong>Gesamtschule</strong>n“ arbeitet.<br />
Aber auch nach den Wahlen werden die Antworten der Parteien auf unsere<br />
Fragen einen Prüfstein für die zukünftige Hamburger Schulpolitik darstellen.<br />
Vielleicht werden wir auf unserer Mitgliederversammlung am 3.März<br />
schon erahnen können, was uns die nächsten Jahre in Hamburg schulpolitisch<br />
bescheren werden…<br />
Mit diesem Info starten wir eine neue Reihe: „Hamburger <strong>Gesamtschule</strong>n<br />
stellen sich vor“. Dies mag Inspirationen, Besuche, Austausch in Gang setzen<br />
und allen vor Augen führen, dass die Hamburger <strong>Gesamtschule</strong>n weit entwickelte<br />
Unterrichts- und pädagogische Konzepte aufzuweisen haben. Die<br />
Strukturdebatte drängt dies oft in den Hintergrund. Die GS Allermöhe macht<br />
mit „A“ den Anfang dieser Serie. Die Reihe „KID –Aufhebung<br />
der äußeren FLD“ wird fortgesetzt mit einem Bericht von J.<br />
Riekmann über den derzeitigen Stand in Hamburg.<br />
Und nicht zuletzt freuen wir uns über den ersten Erfolg der<br />
Volksinitiative „Eine Schule für alle“, für die sich auch viele <strong>GGG</strong>-<br />
Mitglieder eingesetzt haben. Über 15.000 Unterschriften wurden<br />
oftmals bei Regen und Kälte auf Straßen und Wochenmärkten<br />
gesammelt und viele heiße Diskussionen geführt. Von hier aus<br />
einen Glückwunsch und Dank an die Initiatoren und Mitstreiter!<br />
Aber auch in <strong>2008</strong> gilt es, hier noch viel Einsatz zu zeigen.<br />
In diesem Sinne ein erfolgreiches (und gesundes) Jahr <strong>2008</strong> –<br />
voller Elan!<br />
Für den <strong>GGG</strong> – Landesvorstand Hamburg<br />
<strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong><br />
Strukturen aus Allermöhe<br />
Kunst aus Allermöhe<br />
3
Es antwortete für die CDU:<br />
Robert Heinemann (Jg.<br />
1974), verheiratet, eine<br />
Tochter, von Beruf Bereichsleiter<br />
Kommunikation/<br />
Diplom-Kaufmann. Von 1993<br />
bis 2004 war R. Heinemann<br />
Deputierter in der BSJB bzw.<br />
BBS. 2001 bis 2004 Bezirksabgeordneter<br />
in Altona, seit<br />
2004 Mitglied der Bürgerschaft.<br />
Schulpolitischer<br />
Sprecher der CDU-<br />
Bürgerschaftsfraktion, ab<br />
2006 Obmann der CDU in der<br />
Enquete-Kommission.<br />
Fragen der <strong>GGG</strong> an die Parteien zur Schulstruktur<br />
in Hamburg<br />
Ende des vergangenen Jahres hatte die <strong>GGG</strong> LV HH an die Parteien CDU,<br />
SPD, GAL, FDP und DIE LINKE einen Fragebogen zur Schulstruktur in<br />
Hamburg geschickt. Für die Parteien antworteten: CDU- R. Heinemann, SPD<br />
– W. Buss, GAL – Chr. Goetsch, FDP - S. Canel, DIE LINKE – H. Bethge.<br />
Im Folgenden sind die Fragen der <strong>GGG</strong> (kursiv und fett gedruckt) den<br />
Antworten der Parteien vorangestellt.<br />
1) In der Schulstrukturdebatte in Hamburg stehen zwei Vorschläge<br />
zur Weiterentwicklung des Schulwesens zur Diskussion: Das von<br />
der Mehrheit der Enquete-Kommission empfohlene Zwei-Säulen-<br />
Modell und die Vorschläge der GAL und der Volksinitiative zu einer<br />
Schule für alle.<br />
Wie bewerten Sie diese Modelle unter gesellschaftlichen und pädagogischen<br />
Gesichtspunkten? Berücksichtigen Sie dabei, mit welchem<br />
Modell das gemeinsame Ziel, den Bildungserfolg von der sozialen<br />
Herkunft zu entkoppeln, besser erreicht werden kann.<br />
CDU: Die CDU unterstützt das Zwei-Säulen-Modell, weil es die Durchlässigkeit<br />
deutlich erhöht, dem Trend im Anmeldeverhalten der Eltern entspricht,<br />
einen gesellschaftspolitischen Konsens ermöglicht, abrupte Brüche in<br />
schulischen Traditionen sowie ein Zwei-Klassen-System aus Privatschulen<br />
und staatlicher „Schule für alle“ vermeidet und weil für eine erfolgreiche<br />
Entkoppelung von Bildungserfolg und sozialer Herkunft weniger die Schulstruktur<br />
nach Klasse 4 denn eine nachhaltige und umfassende Frühförderung<br />
entscheidend ist. Hier hat die CDU in den letzten Jahren in Hamburg umfangreiche<br />
Maßnahmen eingeleitet und viel Geld investiert.<br />
SPD: (Zu 1., 4. und 5): Die Position der SPD ist auf den ersten Blick eine<br />
komplizierte: Sie hat als Ziel die „Schule für Alle“, will aber trotzdem Stadtteilschulen<br />
und Gymnasien einrichten, also das Zwei-Säulen-Modell ab 2009<br />
implementieren. Der Begriff „Stadtteilschule“ stammt aus der Feder der SPD<br />
und er erläutert genau, was wir wollen: In jedem Stadtteil bzw. in jeder Region<br />
bedarf es der Verbesserung der Schulen und des Unterrichts, wenn man<br />
PISA ernst nehmen will. Aber jede Region, jeder Stadtteil ist unterschiedlich,<br />
auch unterschiedlich mit Schulformen versorgt. Darauf will die SPD Rücksicht<br />
nehmen, aber zugleich auch das Ziel nicht aus den Augen verlieren. Deshalb<br />
wollen wir zuallererst eine regional arbeitende Schulaufsicht, die das Wohl<br />
und Interesse der Region im Auge zu haben hat und nicht die Interessen der<br />
Schulform. Also: auch die Schulaufsicht Gymnasien wird aufgelöst. Dazu<br />
werden auch die Gymnasien aufgefordert, an den geplanten „Runden Tischen<br />
zur Schulstruktur“ teilzunehmen und sich der Verantwortung für die Schülerinnen<br />
und Schüler ihrer Region zu stellen. Wir wollen die Gymnasien in den<br />
Prozess der inneren Schulreform dahin gehend einbeziehen, dass auch bei<br />
ihnen das Sitzenbleiben abgeschafft und das Abschulen vermieden werden<br />
sollen. Dies zwingt alle Schulen der Region zu einer Pädagogik der Verantwortung<br />
und nicht zur Aussonderung. In diesem Prozess der gemeinsamen<br />
Planung für den Stadtteil können sich auch Gymnasien entschließen, Stadtteilschule<br />
zu werden, d. h. alle Schülerinnen und Schüler aufzunehmen und zu<br />
4 <strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong>
ehalten. Dafür werden sie genauso gefördert wie die sonstigen Stadtteilschulen.<br />
Dieser Prozess der Einbeziehung kann aber auch so verlaufen, dass<br />
sich Gymnasien nicht an diesem Reformprozess beteiligen wollen. Dies würde<br />
die SPD akzeptieren, in der Hoffnung, auch dort im Laufe der Zeit ein<br />
Umdenken erreichen zu können.<br />
Erst das Ende des Reformprozesses wird eine bessere Chancengleichheit<br />
für benachteiligte Kinder bringen, erst wenn die Idee der Stadtteilschule als<br />
Schule für Alle weiter Boden gewinnt. Dazu ist auch der Diskussionsprozess<br />
der Volksinitiative ein hilfreiches Instrument. Der Reformprozess braucht aber<br />
einen breiten gesellschaftlichen Konsens, der mit Zwang allein nicht erreicht<br />
werden kann, sondern durch Diskussion und Überzeugung. Wichtig bleibt<br />
dabei für die SPD das Festhalten am Ziel der „Schule für Alle“, weil nur<br />
dadurch ein gesellschaftlicher und pädagogischer Wandel erreicht wird.<br />
Leider sind aber nicht nur die Eltern der jetzigen Grundschulen wahlberechtigt<br />
und deshalb ist das Ergebnis der Elternkammer eine wichtige Unterstützung,<br />
aber nicht die Mehrheit der Bevölkerung. Auch die vorgelegte Weiterentwicklung<br />
der <strong>Gesamtschule</strong>n ist kein Widerspruch, da die künftigen<br />
Stadtteilschulen als integrierte <strong>Gesamtschule</strong>n werden arbeiten müssen – wie<br />
sonst?<br />
GAL: Das pädagogische Konzept der „Zwei-Säulen-Schule“ ist für eine<br />
moderne Arbeitsgesellschaft unhaltbar: Die Kinder nach Begabung – hier<br />
akademisch, dort praktisch – einzuteilen sowie entsprechende Schulprofile<br />
zu entwickeln, widerspricht allen pädagogischen Erkenntnissen und der heutigen<br />
Berufswelt. Niemand kann vorhersagen, wie sich zehnjährige Kindern<br />
entwickeln. Die Folge: Die SchülerInnen werden immer wieder zu früh und<br />
falsch sortiert. Heute sind in rund 40% der Fälle die Prognosen über die<br />
schulische Entwicklung falsch. Da die Kinder nach der 6. Klasse den Schultyp<br />
nicht mehr wechseln können, sind sie viel zu früh auf eine Schullaufbahn<br />
festgelegt. Der Skandal dabei: Die Auslese findet viel zu oft nach sozialer<br />
Herkunft statt – nicht nach Leistung. Die Zwei-Säulen-Schule der CDU, die<br />
mit dem Fortbestand von Förder- und Sonderschulen wie in Sachsen ein<br />
Drei-Säulen-Modell ist, zementiert diese große Ungerechtigkeit und schafft<br />
zudem eine neue Form der Restschule.<br />
Dabei hat die Arbeit der Enquete-Kommission „Konsequenzen aus PISA“<br />
gezeigt, dass kein namhafter Wissenschaftler aus pädagogischen Gründen für<br />
eine Trennung der Schülerinnen und Schüler nach der vierten Klasse argumentiert<br />
oder gar ein Zwei-Säulen-Modell befürwortet. Vielmehr wurde deutlich,<br />
dass eine „Schule für alle“ der beste Weg ist, einige Wissenschaftler dies<br />
in Deutschland jedoch nicht für durchsetzbar halten. In der politischen Debatte<br />
spielt das Argument der mangelnden Durchsetzbarkeit eine zentrale Rolle.<br />
Doch wir dürfen nicht nur auf das vermeintlich Machbare schielen – wir wollen<br />
eine Perspektive, die über eine Legislaturperiode hinausreichen.<br />
Wir sind überzeugt, dass die „Schule für alle“ leistungsstärker und gerechter<br />
ist – das zeigen alle Erfahrungen aus anderen Ländern. Weil in gemischten<br />
Gruppen besser gelernt wird, profitieren alle: Es gibt die höchsten Leistungen,<br />
die wenigsten VerliererInnen und die beste – weil individuelle – Förderung.<br />
Deshalb wollen wir mit unserm Konzept 9 macht klug (www.9machtklug.de)<br />
in alle Talente investieren, unabhängig von der sozialen Herkunft der Kinder.<br />
<strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong><br />
Es antwortete für die SDP:<br />
Wilfried Buss (Jg. 1951) war<br />
nach Studium und Referendariat<br />
in Hamburg von 1975 –<br />
2002 Lehrer an Hamburger<br />
<strong>Gesamtschule</strong>n. 1982 bis<br />
1986 Bezirksabgeordneter in<br />
Hamburg-Nord, seit 2001<br />
Mitglied der Hamburger<br />
Bürgerschaft. W. Buss ist<br />
bildungspolitischer Sprecher<br />
der SPD-Bürgerschaftsfraktion.<br />
5
Es antwortete für die FDP:<br />
Sylvia Canel (Jg. 1960),<br />
stellvertretende Landesvorsitzende<br />
der FDP Hamburg,<br />
bildungspolitische<br />
Sprecherin, Gymnasiallehrerin<br />
Die einen arbeiten eher mit dem Kopf, die anderen eher mit den Händen –<br />
und beide können viel voneinander lernen. Das nützt jedem einzelnen Kind,<br />
der <strong>Gesellschaft</strong> und der Wirtschaft. Alle Kinder besuchen die gleiche Schule,<br />
werden aber individuell gefördert, weil die Schule für alle auf Stärken und<br />
Schwächen individuell eingeht. Um dabei hinreichend Raum für individuelle<br />
Förderung zu bieten, wollen wir die Schule für alle als Ganztagsschule, in der<br />
moderner, handlungsorientierter Unterricht und in der Theorie und Praxis verbunden<br />
werden. SchnellstarterInnen und SpätentwicklerInnen erhalten hier<br />
die Chance, möglichst hohe Bildungsabschlüsse zu erreichen. Dafür brauchen<br />
die Schulen eine gute Mischung von SchülerInnen.<br />
FDP: Die FDP Hamburg folgt im Grundsatz den Vorschlägen der Enquete-Kommission.<br />
Die Schule für alle lehnen wir ab, da ein solches System<br />
den Eltern und Schülern keine Wahlfreiheit mehr lässt, die eine Leistungsdifferenzierung<br />
beinhaltet. Die Liberalen wollen ein Schulsystem, in dem die<br />
Schulen selbst darüber entscheiden, wie sie den Weg zu den Bildungszielen<br />
gestalten, damit sich ein jeder entsprechend seiner Bedürfnisse entwickeln<br />
kann.<br />
Bildungserfolg und soziale Herkunft werden entkoppelt durch ein sehr gutes<br />
Angebot in der frühkindlichen Bildung. Die FDP Hamburg hat daher die Priorität<br />
eins der Bildung von Anfang an gewidmet. Dort wo Integration, Bildung<br />
und Erziehung besonders gut gelingt und effektiv gefördert werden kann. Wir<br />
wollen die Bildung aus einem Gruß von 0-10 Jahren. Die besten Erzieher,<br />
Lehrer, die kleinsten Gruppen und ein elternunabhängiger Zugang sind unser<br />
Ziel. Anfangen werden wir mit dem kostenlosen Zugang für Fünfjährige in<br />
Kitas und Vorschulen und der Verbesserung der Rahmenbedingungen in den<br />
Grundschulen.<br />
DIE LINKE: Für DIE LINKE ist der Vorschlag der Initiative „Eine Schule<br />
für Alle“, der sie selber angehört, der für Hamburg passende Weg, den Bildungserfolg<br />
von der sozialen Herkunft zu entkoppeln. Beim „Zwei Säulen- Modell“<br />
wird die soziale Selektion sogar noch verschärft: Durch den Kompetenztest<br />
in Kl. 4., die Trennung der Schüler nach Kl. 4 und die erneute Selektion nach<br />
Kl. 6 - also dreimalige Auslese.<br />
2 )Die Enquete-Kommission empfiehlt, die neuen Stadtteilschulen<br />
gegenüber den Gynasium im Hinblick auf Klassenfrequenzen, Schulund<br />
Förderangeboten deutlich besser auszustatten.<br />
a) Können sich die Eltern, Schüler und Lehrer darauf verlassen?<br />
b) Wie viele Stellen für Lehrer, Sozialpädagogen, Schulpsychologen<br />
sind dafür nach Ihrer Einschätzung erforderlich? Welche Kosten ergeben<br />
sich?<br />
c) Was wird Ihre Partei tun, die erforderlichen Mittel im Haushalt<br />
abzusichern?<br />
CDU: a) Ja, die Planungen der CDU sehen dies ausdrücklich so vor.<br />
b) Die Berechnungen hierzu sind bislang nicht abgeschlossen. Bereits jetzt<br />
sind die Schulformen, die in der Stadtteilschule aufgehen, aber besser ausgestattet<br />
als die Gymnasien. Und bereits im Jahr 2007 wurde als erste Maßnahme<br />
die Ausstattung und Besoldung der Schulleitungen der Haupt- und Realschulen<br />
verbessert.<br />
6 <strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong>
c) Dies wird Teil der Verhandlungen zum Doppelhaushalt 2009/2010 sein,<br />
die kurz nach den Wahlen im Frühjahr <strong>2008</strong> anstehen.<br />
SPD: a) Ja. b) Wird ermittelt werden, (soll) sich an der Ausstattung der<br />
<strong>Gesamtschule</strong>n orientieren. c) Durch Umschichtungen im Gesamthaushalt.<br />
GAL: Da wir die Schaffung einer Zwei-Säulen-Schule in Hamburg ablehnen,<br />
setzen wir in Bezug auf die Ressourcenausstattung andere Prioritäten.<br />
Nicht eine Schulform (die sogenannte Stadteilschule) soll mehr Ressourcen<br />
bekommen – und eine andere (das Gymnasium) soll mit großen Klassen links<br />
liegen gelassen werden. Mit Einer Schule für alle wollen wir eine Schulentwicklung,<br />
bei der in allen Schulen bessere Bedingungen für die Lernerfolge<br />
der SchülerInnen geschaffen werden. Denn: Gute Bildung hat ihren Preis!<br />
Daher wird der anstehende Umbau des Schulsystems in Hamburg nicht kostenneutral<br />
zu machen sein. Die GAL hat für ihre Veränderungspläne ein Sofortpaket<br />
geschnürt: Dazu gehören:<br />
· Kostenloses Bildungsangebot für alle Kinder ab dem 5. Lebensjahr<br />
(Aufwendungen jährlich ca. 15 Mio. EUR).<br />
· Keine Grundschulklasse über 25 und in Brennpunkten keine Klasse<br />
über 20: Kleine Klassen sind keine Erfolgsgarantie für das Lernen – aber eine<br />
zentrale Erfolgsvoraussetzung. (Aufwendungen ca. 2 Mio. EUR)<br />
· Der schrittweise Ausbau von Ganztagsschulen wird ausreichend finanziert.<br />
Damit in allen Stadtteilen, in denen es besondere soziale Problemlagen<br />
gibt, ausreichend Ganztagsgrundschulen angesiedelt sind, müssen in einem<br />
ersten Schritt zusätzlich 20 Grundschulen zu Ganztagsschulen ausgebaut werden<br />
(Aufwand jährlich auf ca. 8 Mio. EUR; für den Ausbau und die zusätzliche<br />
Ausstattung der Schulen fallen nochmals 5 Mio. Euro Investitionskosten<br />
an).<br />
· Sitzenbleiben wird abgeschafft: Die gewonnenen finanziellen Mittel (ca.<br />
22 Mio. •/ca. 380 Lehrerstellen) werden dafür eingesetzt, die konzeptionelle<br />
Gestaltung und Umsetzung der Bildungsgänge ohne Wiederholer/-innen zu<br />
unterstützen und den Schulen ohne Sitzenbleiber/-innen die dadurch freiwerdenden<br />
personellen Ressourcen für die individuelle Förderung zur Verfügung<br />
zu stellen.<br />
Für die Umsetzung des Schulkonzepts „9 macht klug“ werden weitere<br />
Investitionen in das Schulsystem nötig sein. Hierzu gehören sowohl das Ziel,<br />
auch in den weiterführenden Schulen ab der 5. Klasse keine Lerngruppen/<br />
Klasse über 25 SchülerInnen mehr einzurichten als auch ein Weiterbildungsund<br />
Entlastungsprogramm für die LehrerInnen – diese sind für uns schließlich<br />
die entscheidenden AkteurInnen im Umgestaltungsprozess.<br />
FDP: Die Herausforderungen, die die Schulen bewältigen müssen sind<br />
immens und müssen mit der Verbesserung der Rahmenbedingungen einhergehen,<br />
wenn sie erfolgreich sein sollen. Dazu wird es wichtig sein, dass die<br />
Schulen in ihrer Eigenständigkeit gestärkt werden. Mit eigenem Budget, Personal<br />
und Entscheidungskompetenz werden die Schulen selbst darüber be-<br />
<strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong><br />
Es antwortete für die GAL:<br />
Foto: Malzkorn<br />
Christa Goetsch (Jg.1952),<br />
verheiratet mit einem<br />
Gesamtschullehrer, ein Sohn<br />
(Gesamtschulabsolvent),<br />
arbeitete seit 1980 bis 2002<br />
als Lehrerin an der Theodor-<br />
Haubach-Schule in Altona.<br />
Seit 1995 ist Christa<br />
Goetsch Mitglied der Hamburger<br />
GAL, ab 1997 in der<br />
Hamburgischen Bürgerschaft<br />
und Sprecherin der GAL für<br />
Schule, Berufs- und Weiterbildung.<br />
2002 wurde sie<br />
Vorsitzende der GAL-<br />
Bürgerschaftsfraktion. Sie ist<br />
Mitglied im Schulausschuss<br />
und in der Enquete-Kommission<br />
„Konsequenzen aus der<br />
neuen PISA-Studie für<br />
Hamburgs Schulentwicklung“.<br />
7
stimmen können, welche Maßnahmen angemessen und sinnvoll sind. Die frei<br />
werdenden Kapazitäten in der Bildungsbehörde, die durch die Eigenständigkeit<br />
der Schulen entstehen, müssen auf die Schulen umgelegt werden.<br />
DIE LINKE: Zu 2a)Nach allen Erfahrungen können sich in HH Schüler,<br />
Eltern und Lehrer nicht darauf verlassen, dass Zusagen der Behörde eingehalten<br />
werden. Mehr noch: Einstmals bei Einführung von Reformen<br />
einigermaßen gewährte Ausstattungen wurden später immer wieder gestreckt,<br />
gekürzt, ausgedünnt. So bei den Ganztagsschulen, der Ausstattung der <strong>Gesamtschule</strong>n<br />
mit SozialpädagogInnen, bei den <strong>Gesamtschule</strong>n.<br />
Zu 2b+c)Da wir die Stadtteilschule verhindern wollen, haben wir natürlich<br />
keinerlei Berechnungen dafür angestellt. Jedoch haben wir für den Beginn der<br />
Einführung der Gemeinschaftsschule 100 Mill. EUR vorgesehen (Frequenzsenkungen,<br />
Lehrereinstellungen, Fortbildung). Der HH Haushalt gibt das her:<br />
Alleine betragen die Steuermehreinnahmen 2007 – 2010 1, 8 Mrd. EUR.<br />
Dazu kommt wie von uns gefordert, die Erhöhung der Gewerbe-, Grundund<br />
Grunderwerbssteuer auf das Niveau von Bremen und Berlin. Und allein<br />
die Einstellung von 150 Wirtschaftsprüfern erbrächte 150 Mill. EUR zusätzlich.<br />
3. In der Infobroschüre der BBS „Den richtigen Weg wählen“<br />
schreibt die Schulsenatorin: „Wenn Sie Ihr Kind im Februar <strong>2008</strong> an<br />
einer Haupt- und Realschule, einer integrierten Haupt- und Realschule<br />
oder einer Integrierten oder Kooperativen <strong>Gesamtschule</strong> anmelden,<br />
wird es nach den jetzigen Planungen ab dem Schuljahr<br />
2009/10 Schülerin oder Schüler einer Stadtteilschule sein...“ (S. 5).<br />
Wie deuten Sie diese Aussage?<br />
a) Sollen nach den Vorstellungen Ihrer Partei alle in der Broschüre<br />
aufgeführten Anmeldeschulen zu Stadtteilschulen werden?<br />
b) Die Enquete-Kommission hält wegen der grundlegenden Änderungen<br />
einen neuen Schulentwicklungsplan für erforderlich. Kann<br />
darauf verzichtet werden?<br />
c) Wie kann nach Ihren Vorstellungen sichergestellt werden, dass<br />
die Lehrkräfte aller neuen Stadtteilschulen zum Schuljahr 2009/2010<br />
angemessen darauf vorbereitet sind, nach den Anforderungen einer<br />
Stadtteilschule zu unterrichten?<br />
CDU: a) Nein, die Gymnasien sind auch Anmeldeschulen und werden in<br />
der Regel keine Stadtteilschulen werden, sofern die schulischen Gremien nicht<br />
etwas anderes beschließen. Die anderen Schulen werden alle zu Stadtteilschulen<br />
– entweder allein oder in Kooperation oder Zusammenschluss mit<br />
einer oder mehreren anderen Schulen.<br />
b) Der Schulentwicklungsplan wird aus den regionalen Schulentwicklungskonferenzen<br />
entstehen, die im Frühjahr und Sommer <strong>2008</strong> tagen werden.<br />
c) Hierzu bedarf es zum einen einer umfassenden Lehrerfortbildung. Zum<br />
anderen beginnt die Stadtteilschule nicht in allen Klassenstufen gleichzeitig, so<br />
dass ein etwas größerer Übergangszeitraum besteht.<br />
SPD: Die SPD hält die Aussagen der BBS in der o. a. Broschüre für<br />
unangemessen und verwirrend. Schließlich soll unbedingt ein neuer Schulentwicklungsplan<br />
erarbeitet werden – aber möglichst ohne Schulschließungen!<br />
8 <strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong>
Der Schwerpunkt der Lehrerfortbildung muss im Jahr <strong>2008</strong>/2009 ganz stark<br />
auf die neue Pädagogik des Förderns und Forderns, der individuellen Lernanforderungen<br />
etc. gelegt werden. Dies wird auch in den Folgejahren notwendig<br />
sein, so wie es auch bei Gymnasiallehrern geklappt hat, die in früheren<br />
Jahren an <strong>Gesamtschule</strong>n gewechselt sind. Die neue Schulstruktur wird ja<br />
von Jahr zu Jahr wachsen und die alte auslaufen, da bleibt also Zeit zur notwendigen<br />
Nachschulung.<br />
GAL: (zu a) Nein. s.o.<br />
(zu b) Nein. Um eine umfangreiche Umstrukturierung des Hamburger Schulsystems<br />
zu einem Erfolg zu bringen, muss es eine sorgfältige Vorbereitung und<br />
eine breite Beteiligung gewährleistet sein! Im Mittelpunkt stehen für die GAL<br />
dabei professionell moderierte regionale Schulentwicklungskonferenzen. Ziel:<br />
Eine Schulentwicklungsplanung, die einen solchen Namen verdient und langfristige<br />
Perspektiven aufweist.<br />
(zu c) Gar nicht. Auch für die Umsetzung von „9 macht klug“ planen wir<br />
mit mindestens zwei Jahren Vorlaufzeit gerade auch, um ein breites<br />
Fortbildungsangebot die LehrerInnen umzusetzen. Sie sollen in ihrem Umgang<br />
mit der wachsenden Heterogenität der SchülerInnenschaft und der Notwendigkeit<br />
von individualisiertem Lernen unterstützt werden. Schließlich sind<br />
die PädagogInnen an den Schulen die Hauptakteure der Reform von Struktur<br />
und Unterricht.<br />
FDP: Die FDP Hamburg befürwortet ein System der zwei Wege zum<br />
Abitur, will aber nicht, dass die Umwandlung einer Schule in eine Stadtteilschule<br />
zu einem festen Datum geschieht. Die Schulen sollen den Zeitpunkt der<br />
Umwandlung selbst bestimmen können. Der Schulentwicklungsplan muss<br />
dringend erneuert und den realistischen Bedürfnissen der Schulen angemessen<br />
angeglichen werden. Die Vorbereitung der Lehrerinnen und Lehrer sollte<br />
durch entsprechende Fortbildungsmaßnahmen unterstützt werden. Einfach wird<br />
es allerdings nicht werden. Deshalb ist es wichtig, dass der Umwandlungsprozess<br />
nicht von oben bestimmt, sondern von unten getragen und mit Leben<br />
erfüllt wird.<br />
DIE LINKE: Zu 3a-c) Wie schon gesagt: Über die Einführung der<br />
Stadtteilschule machen wir uns nicht den Kopf. Wer Stadtteilschulen verhindern<br />
will, macht dafür auch keine Schulentwicklungsplanung. Sehr wohl sehen<br />
wir sie für die Einführung der Gemeinschaftsschule vor: Alle Schulen im<br />
Stadtteil müssen sich zusammensetzen und in regionalen Schulentwicklungsplänen<br />
beraten und gemeinsam festlegen, welche Schulen als erste beginnen.<br />
Eine Lehrerfortbildung dafür ist vor deren Start und dann begleitend mit dem<br />
Aufwachsen zwingend erforderlich für einen Erfolg. Ähnlich verfahren auch<br />
Mecklenburg - Vorpommern und Berlin, die Gemeinschaftsschulen einführen-<br />
übrigens auf Initiative der LINKEN dort.<br />
4) Die Hamburger Elternkammer hat in ihrer Umfrage bei 409<br />
Hamburger Grundschuleltern und –elternvertretern (268 der Befragten<br />
waren Elternvertreter) festgestellt, dass fast 60% der Befragten<br />
ein eingliedriges Schulsystem bevorzugen. Können Sie diese Position<br />
des Elternwillens ignorieren?<br />
<strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong><br />
9
CDU: Die Eltern stimmen jedes Jahr mit den Füßen ab und entscheiden<br />
sich inzwischen zu über 50 Prozent für das Gymnasium. Auch in repräsentativen<br />
Umfragen erreicht die „Schule für alle“ nur etwa 20-25% Befürworter.<br />
Lediglich 15.500 Unterschriften für das Volksbegehren sind ebenfalls kein<br />
Ausweis für eine breite Bewegung für eine „Schule für alle“.<br />
SPD: (siehe Antwort zu 1))<br />
GAL: Nein. Die GAL kann und will die Ergebnisse der Elternkammer für<br />
eine „Schule für alle“ nicht ignorieren. Im Gegenteil: Wir freuen uns darüber<br />
und sehen in dem daraus abgeleiteten Votum der Elternkammer eine Bestärkung,<br />
darum zu kämpfen, eine Schule für alle in Hamburg Wirklichkeit werden<br />
zu lassen!<br />
FDP: Die Liberalen befürworten, dass jeder den für ihn richtigen Ausbildungsweg<br />
beschreiten kann. Eigenständigkeit der Schulen bedeutet die<br />
Möglichkeit, Gemeinschaftsschulen oder Gymnasien einzurichten. Schulen<br />
sollen sich im Wettbewerb weiterentwickeln und sich nachfrageorientiert verhalten<br />
können.<br />
Die Bevormundung von oben – das heißt eine Schulform verordnet für alle<br />
lehnen die Liberalen ab. Durch die Selbständigkeit der Schulen, bleibt es den<br />
betroffenen Eltern, Lehrkräften und Schülern überlassen, wie sie den Bildungsweg<br />
ausgestalten oder welche Schule sie wählen.<br />
DIE LINKEN: Im Gegenteil, mit unserem Schulkonzept entsprechen wir<br />
ihm.<br />
5. Die Schulleitungen und die Schulaufsicht der <strong>Gesamtschule</strong>n<br />
haben im Frühjahr 2007 eine Broschüre „<strong>Gesamtschule</strong> in Hamburg“<br />
vorgelegt, in der die Weiterentwicklung der <strong>Gesamtschule</strong>n aufgezeigt<br />
wird.<br />
In welcher Weise wird Ihre Partei die dort skizzierte Weiterentwicklung<br />
der <strong>Gesamtschule</strong>n unterstützen?<br />
CDU: Viele der in dem Papier vorgestellten Grundsätze unterstützt die<br />
CDU, etwa die Kompetenzorientierung, die stärkere Binnendifferenzierung,<br />
die bessere Förderung von Risikoschülern und den Gedanken, dass jede Schule<br />
bis zum Abitur führen soll. Als Stadtteilschule werden die <strong>Gesamtschule</strong>n noch<br />
bessere Möglichkeiten haben, die vorgestellte Weiterentwicklung voranzutreiben.<br />
SPD: (vergleiche Antwort zu 1)<br />
GAL: In der Broschüre wird deutlich, dass die Hamburger <strong>Gesamtschule</strong>n<br />
sich längst auf den Weg gemacht haben, eine neue Schule für die Hamburger<br />
SchülerInnen zu bauen. In Zielen und Organisation decken sich die Aussagen<br />
in vielen Punkten mit dem Konzept 9 macht klug. Die GAL wird die<br />
<strong>Gesamtschule</strong>n daher gerne unterstützen, den eingeschlagenen Entwicklungsprozess<br />
erfolgreich weiterzuführen.<br />
FDP: Die FDP Hamburg unterstützt diese Weiterentwicklung dadurch,<br />
10 <strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong>
dass die Schulen die Selbständigkeit erhalten, den Bildungsweg eigenverantwortlich<br />
zu gestalten und damit einhergehend über sachliche wie personelle<br />
Ausstattung selbst bestimmen können. Im Wettbewerb um die Schüler werden<br />
sich die besten Schulen durchsetzen.<br />
DIE LINKE: Zu meinem Bedauern und zu meiner Schande muss ich<br />
gestehen, dass ich diese Broschüre nicht kenne. Da wir ab Februar in die<br />
Bürgerschaft mit einer Fraktion einziehen werden, wird es zu den ersten<br />
bildungspolitischen Schritten gehören, die Autoren und den <strong>GGG</strong>- Vorstand<br />
dazu einzuladen. Das heißt, dass wir in Zukunft in dieser Frage enger zusammen<br />
arbeiten müssen.<br />
Ein Gespräch mit der Senatorin<br />
Für den 16.01.<strong>2008</strong> hatte die Senatorin zum zweitenmal die Lehrervertretungen<br />
zu einem Gespräch in die Behörde eingeladen. Der Einladung<br />
gefolgt waren die GEW ( Klaus Bullan), der Deutsche Lehrerverband ( sechs<br />
Vertreter), der Verband der Sonderpädagogen (zwei Vertreter) und die <strong>GGG</strong><br />
(Lothar Sack, Ulrike Kaidas-Andresen, Jürgen Riekmann).<br />
Von der Behörde nahmen neben der Senatorin der Staatsrat Dr. Voges<br />
und der Leiter des Amtes für Bildung Norbert Rosenboom teil.<br />
Während es bei dem ersten Gespräch im Sommer 2007 um allgemeine<br />
Fragen zum Zweisäulenmodell gegangen war, standen diesmal der von der<br />
Senatorin vorgelegte Zeitplan zur Umwandlung des Hamburger Schulwesens<br />
und ein 17 Punkte umfassendes sog. Grundlagenpapier im Mittelpunkt. Der<br />
Zeitplan ist überaus eng. Er sieht folgende Phasen vor:<br />
· Die Vorbereitungsphase soll bis Anfang März <strong>2008</strong> dauern. In dieser<br />
Zeit soll der Planungsstab der BBS, der seit September 2007 tätig ist, einen<br />
Referenzrahmen zur Analyse regionaler Lösungen vorlegen, sollen die Schulleitungen<br />
über den Stand der Planungen informiert werden, soll es<br />
Vorabklärungen möglicher Zusammenschlüsse von Schulen durch die Schulleitungen<br />
der Regionen geben.<br />
· Von März bis Ende April sollen Sondierungsrunden in einem moderierten<br />
Dialog eine Diskussionsgrundlage für die Standorte der Stadtteilschulen<br />
erstellen.<br />
· In der regionalen Phase von Ende April bis Sommer <strong>2008</strong> sollen<br />
regionale Bildungskonferenzen über die Vorlage diskutieren. In diese Diskussion<br />
sollen im Juni auch die Bezirksversammlungen eingeschaltet werden<br />
Die Enge dieses Zeitplans ist von vielen Seiten als unrealistisch kritisiert<br />
worden. Das mag die Senatorin mit beeinflusst haben, eine Verlängerung der<br />
Entscheidungsphase in Betracht zu ziehen. Es wird aber nach wie vor angestrebt,<br />
mit dem Zweisäulenmodell 2009 zu beginnen. Sollte sich das aber im<br />
Sommer <strong>2008</strong> als unmöglich erweisen, soll der Start auf das Schuljahr 2010/<br />
2011 verlegt werden. Auf jeden Fall sollen im November <strong>2008</strong> die erforderliche<br />
Änderung des Schulgesetzes und die Bedarfsgrundlagen für die Stadtteilschule<br />
von der Bürgerschaft beschlossen werden.<br />
Der Senatorin war sehr daran gelegen, die anwesenden Vertreter der Verbände<br />
dafür zu gewinnen, in den Schulen gegenüber Eltern und Lehrern Vertrauen<br />
in den Transformationsprozess zu vermitteln und alles zu vermeiden,<br />
was weitere Unruhe und Unsicherheit in die Schulen tragen könnte. Dabei<br />
<strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong><br />
11
Hier geht´s lang...<br />
stellte sie klar, dass es in Hamburg nur um die Frage gehen kann, ob es ein<br />
Zweisäulenmodell oder eine Schule für alle geben wird. Alle anderen Modelle<br />
sind auszuschließen.<br />
Die in den Schulen und unter den Eltern verbreitete<br />
Unruhe ist nicht künstlich geschürt worden;<br />
sie hat sich aus dem engen Zeitrahmen, in<br />
dem das Hamburger Schulwesen grundlegend<br />
verändert werden soll, ebenso ergeben wie aus<br />
den vielen offenen Fragen, die bis heute nicht beantwortet<br />
sind und aus der mangelhaften Information<br />
der Betroffenen. Erst seit Januar <strong>2008</strong> bietet<br />
die BBS den Schulen an, Referenten einzuladen,<br />
die „über erste Vorüberlegungen zu einem<br />
Handlungsrahmen“ informieren können.<br />
Wie vage dieser Handlungsrahmen noch ist,<br />
wurde im Gespräch deutlich. Die Klassenfrequenzen<br />
sollen in der Stadtteilschule niedriger<br />
als im Gymnasium sein. Dazu steht bisher nur fest, dass die Klassenfrequenz<br />
zwischen der Basisfrequenz der Hauptschulen ( 19,5 ) und dem Gymnasium<br />
( 24 ) liegen soll. Klaus Bullan wies zu recht daraufhin, dass die Stadtteilschulen,<br />
wenn sie neben den Gymnasien bestehen sollen, wegen ihrer schwierigeren<br />
pädagogischen Aufgabe deutlich besser ausgestattet werden müssten<br />
als die Gymnasien.<br />
An den Stadtteilschulen sollen Lehrer aller Lehrämter unterrichten. Noch<br />
scheint nicht geklärt, wie sichergestellt werden kann, dass hinreichend viele<br />
Gymnasial- und Berufsschullehrer rechtzeitig an den Stadtteilschulen tätig<br />
werden können. Wird es genügend Freiwillige aus den Gymnasien geben?<br />
Der Handlungsrahmen sieht vor, dass die Schulen über die Form der Differenzierung<br />
entscheiden können; dabei sollen „dauerhafte Formen der äußeren<br />
Differenzierung zugunsten innerer Differenzierung und Individualisierung<br />
zurücktreten.“ Das ist begrüßenswert und anspruchsvoll zugleich. Gelingen<br />
kann das aber nur, wenn die Kollegen und Kolleginnen darauf in einem umfangreichen<br />
Fortbildungsprogramm vorbereitet werden. Der Hinweis der<br />
Senatorin darauf, dass das Landesinstitut in den letzten Jahren den Umgang<br />
mit der Heterogenität zu einem seiner Schwerpunkte gemacht habe, reicht<br />
dafür sicher nicht aus. Zusätzliche Ressourcen sind erforderlich. In diesem<br />
Zusammenhang hat der Bundesvorsitzende der <strong>GGG</strong> Lothar Sack angeboten,<br />
die Fortbildung der Lehrer in Hamburg dadurch zu unterstützen, dass die<br />
<strong>GGG</strong> Schulen aus dem gesamten Bundesgebiet benennen könnte, die hinsichtlich<br />
der Individualisierung des Lernens bereits über praktische Erfahrungen<br />
verfügen. Darauf soll zurückgekommen werden.<br />
Rechtzeitig zur Anmelderunde 2009 sollen die einzelnen Stadtteilschulen<br />
ihr Bildungsangebot von Jahrgang 5 bis 13 erarbeitet haben, um es den Eltern<br />
und Schülern und Schülerinnen vorstellen zu können. Das muss in der Zeit<br />
vom Sommer bis zum Herbst <strong>2008</strong> erfolgen; denn im November beginnen<br />
bereits die Informationsabende. Das ist nur von den bestehenden <strong>Gesamtschule</strong>n<br />
zu bewältigen, die ihre erfolgreiche Arbeit unter anderem Namen fortsetzen<br />
können, aber nicht von den neuen Stadtteilschulen, bei denen man<br />
davon ausgehen muss, dass nicht eine Haupt- und Realschule allein eine<br />
Stadtteilschule bilden kann, sondern mit einer oder zwei weiteren vereint<br />
werden muss, um die angestrebte Schülerzahl von 100 bis 150 pro Jahrgang<br />
12 <strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong>
aufnehmen zu können. Die zwei oder drei Kollegien müssen sich doch zunächst<br />
zusammenfinden, bevor sie daran gehen können, ein Schulprogramm für eine<br />
völlig neue Schule zu erstellen. Das funktioniert auch dann nicht, wenn die<br />
von der Senatorin und dem Staatsrat für diesen Zweck zugesagten Ressourcen<br />
zur Verfügung gestellt werden.<br />
Es bleibt völlig unverständlich, warum die Erfahrungen der Hamburger<br />
<strong>Gesamtschule</strong>n für diesen Entwicklungsprozess nicht stärker herangezogen<br />
werden. In einem dem Planungsstab zugeordneten Schulleiterkreis ist ein<br />
Gesamtschulleiter vertreten. Dieser Schulleiterkreis trifft alle drei Monate mit<br />
dem Planungsstab zusammen, wie Herr Rosenboom während des Gesprächs<br />
mitgeteilt hat. Hier werden wertvolle Erfahrungen – aus welchen Gründen<br />
auch immer – nicht genutzt. Dabei hatte die Senatorin das Gespräch einleitend<br />
betont, dass es sich bei dem Zweisäulenmodell nicht um ein einfaches<br />
organisatorisches Konzept handle, sondern um ein pädagogisches mit Innovationen.<br />
Im vorliegenden Handlungsrahmen ist nicht erkennbar, in welchen<br />
Bereichen die Stadtteile Innovationen aufzuweisen haben, die über das hinausgehen,<br />
was die Schulleiter und Schulleiterinnen der <strong>Gesamtschule</strong>n im Februar<br />
2007 in ihrer Broschüre „<strong>Gesamtschule</strong> in Hamburg“ zur Weiterentwicklung<br />
der <strong>Gesamtschule</strong>n dargelegt haben.<br />
Wie bei der organisatorisch-pädagogischen Gestaltung der Stadtteilschule<br />
sind auch bei der Findung geeigneter Standorte noch viele Fragen offen. Das<br />
sieht die Behördenleitung aber nicht als ein Manko, sondern als unvermeidbar<br />
für den von ihr initiierten Prozess an. Der Staatsrat führte aus, dass bewusst<br />
ein bottom up - Verfahren gewählt worden sei, um den Beteiligten vor<br />
Ort viele Einflussmöglichkeiten zu lassen So begrüßte er ausdrücklich, dass<br />
sich schon jetzt Schulen miteinander in Verbindung setzen und in einigen Regionen<br />
sich auch bereits Kooperationspartner gefunden hätten. Dieser Prozess<br />
soll ab März, wenn der Referenzrahmen zur Analyse regionaler Situationen<br />
vorliegt, von der Behörde moderiert fortgeführt werden mit dem Ziel,<br />
zum Sommer <strong>2008</strong> möglichst im Konsens Lösungsvorschläge für alle Regionen<br />
zu haben. Wie das ablaufen wird, werden die kommenden Monate zeigen.<br />
Die Behörde sieht aber auch, dass sie nicht nur moderieren darf, sondern<br />
auch steuern muss, zumal wenn nicht gewünschte Kooperationspartner<br />
herausfallen und sich wieder Restschulen zu bilden drohen. Über eine Steuerung,<br />
die darauf zielt, auch Gymnasien in die Bildung von Stadtteilschulen<br />
einzubeziehen, wurde nichts gesagt.<br />
Auf eine Frage der Sonderschulvertreter, ob die Sonderschulen die dritte<br />
Säule bilden werden, antwortete die Senatorin, dass es keine dritte Säule<br />
geben werde. Die Sonderschulen müssten am Konzept der Stadtteilschule<br />
beteiligt werden. Wie das geschehen könnte, blieb offen.<br />
Vielleicht gibt es ja noch ein weiteres Gespräch.<br />
Jürgen Riekmann<br />
<strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong><br />
HINWEIS:<br />
Der Norddeutsche Kongress <strong>2008</strong> findet in Niedersachsen<br />
statt:<br />
Unter dem Motto „<strong>Gesamtschule</strong>n im Aufwind“ tagt<br />
der Kongress vom 26.9.08 ab 16.00 Uhr bis zum 27.9.08<br />
(10.00 – 16.00 Uhr) in der IGS Peine.<br />
13
Zwischenruf<br />
Der Grundwiderspruch zwischen den Befürwortern einer über die Dauer<br />
der Grundschule hinaus verlängerten gemeinsamen Schulzeit und den Verteidigern<br />
des ab Klasse 5 gegliederten Schulsystems besteht real seit dessen<br />
Durchsetzung. Er reicht aber als konfligierende Vorstellungen und Bestrebungen<br />
weit zurück. Eine Schule für alle Kinder und Jugendliche, unabhängig von<br />
ihrem Herkommen, ihren Fähigkeiten und Neigungen und ihrem künftigen<br />
Beruf auf der einen Seite, auf der anderen Seite ein Schulsystem geprägt von<br />
tradierten Konzeptionen von Allgemeinbildung, einem System, das angeblich<br />
der vorfindlichen Begabungsstruktur entspricht, orientiert an den unterschiedlichen<br />
Anforderungen der Wirtschaft und der Berufsausbildung, also dem<br />
Ausbildungsbedarf, ein System, das in hohem Maße den Sozialstatus der<br />
Eltern widerspiegelt und auf die Übernahme gesellschaftlicher Rollen vorbereitet.<br />
Auf eine Formel gebracht: Es geht um die gegensätzlichen Forderungen<br />
weiterhin Trennung oder Zusammenführung von Bildungsgängen?<br />
Der Streit führte auf beiden Seiten zu sich verfestigenden und teilweise<br />
dogmatisch verhärteten Positionen. Schon bei einer sich auf die relativ kurze<br />
Zeit seit 1945/46 beschränkenden Analyse, ist deutlich zu erkennen, dass der<br />
schulpolitische Grundwiderspruch im öffentlichen Bewusstsein unterschiedliche<br />
Phasen der Konjunktur durchlaufen hat, gemessen an dem Anspruch<br />
nach wissenschaftlichem Diskurs und an der veröffentlichten Meinung bis hin<br />
zur Polemik und den Programmen der Parteien. Latent stets vorhanden, gab<br />
es Phasen der mit dem Eifer eines Religionskrieges geführten Auseinandersetzung,<br />
die jeweils von Phasen relativer Annäherung oder vorübergehend<br />
von einer als nicht aktuell angesehenen Problemlage abgelöst wurden.<br />
Seit Veröffentlichung der ersten Pisa-Studie, verstärkt durch nachfolgende<br />
Erhebungen, ist die Frage nach der Qualität des deutschen Schulsystems<br />
wieder in den Mittelpunkt des schulpolitischen und schulpädagogischen Streits<br />
gerückt. Nach wie vor stehen sich die beiden einander widersprechenden<br />
Positionen unversöhnlich gegenüber, wobei sich Gegner und Befürworter oft<br />
auf die gleichen Ergebnisse empirischer Untersuchungen berufen. Pisa gegen<br />
Pisa.<br />
Festgemacht und damit personalisiert hat sich der Widerspruch an der<br />
Person des OECD-Koordinators Andreas Schleicher, ausgelöst von einer<br />
vor der Sperrfrist erfolgten Stellungnahme, nachdem ein spanisches Lehrermagazin<br />
Ergebnisse der letzten Pisastudie veröffentlicht hatte. Schleicher hatte<br />
darauf hingewiesen, dass Ergebnisse der Erhebungen von 2003 und 2006<br />
aufgrund eines veränderten Testverfahrens nicht miteinander verglichen werden<br />
können. Die deutschen Schüler hätten sich tatsächlich nicht verbessert. –<br />
Die Reaktion war eindeutig. Unionspolitiker zeigten sich „grob verärgert“.<br />
Die Sprecherin der CDU/CSU-Kultusminister, Hessens Kultusministerin,<br />
forderte Schleichers Rücktritt und unterstellte ihm „ideologische Gründe“: Er<br />
könne es nicht ertragen, wenn Deutschland durch erhebliche pädagogische<br />
Reformen besser geworden sei. In der Presse wurde auch erwähnt, dass<br />
Schleicher selbst beim Übergang nach dem Besuch der Grundschule keine<br />
Gymnasialempfehlung erhalten hatte, aber dennoch die Reifeprüfung mit 1,0<br />
bestand. – Der niedersächsische Kultusminister will aus zukünftigen Pisastudien<br />
aussteigen. Die Bundesministerin für Bildung und Forschung unterstellt,<br />
dass Schleicher der OECD schade und ein schlechter Berater der<br />
Mitgliedsländer sei. Der Generalsekretär der KMK hielt Schleichers Verhal-<br />
14 <strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong>
ten für einen politischen Skandal und forderte ihn auf, Konsequenzen zu ziehen.<br />
Die OECD lehnte dies ab.<br />
Anzunehmen ist, dass die so scharf kritisierte Abwertung des 13. Platzes<br />
unter 57 Ländern und 230 Schulen durch Schleicher nur der äußere Anlass<br />
für eine grundsätzliche Ablehnung der von ihm vertretenen Position war. Er<br />
fasst seine Kritik wie folgt zusammen: Wir versuchen heute Kinder des<br />
21.Jahrhunderts von Lehrern mit einem Ausbildungsstand des 20.Jahrhunderts<br />
in einem Schulsystem zu unterrichten, das im 19. Jahrhundert<br />
konzipiert wurde. Gefordert wird ein radikales Umdenken in der Organisation<br />
von Schule.<br />
Die Kritik des UNO-Sonderbotschafters für Bildung am gegliederten<br />
Bildungssystem wurde unter Hinweis darauf, dass sein Besuch vor Ort nur<br />
eine Stippvisite gewesen sei und er das deutsche Bildungssystem nicht verstanden<br />
habe, abgewehrt.<br />
Bereist 2004 hatte die KMK an der Humboldt Universität in Berlin ein<br />
eigenes Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen gegründet.<br />
Die entschiedene Kritik am gegliederten Schulsystem wurde mit der Aufzählung<br />
einzelner Maßnahmen, wie Förderung der frühkindlichen Bildung,<br />
Sprachtests vor Beginn der Grundschule, Einführung verbindlicher Standards<br />
für die zu erbringenden schulischen Leistungen, Leseprogramme und die<br />
Umwandlung einzelner Schulen in Ganztagsschulen, zurückgewiesen. Es erfolgte<br />
jedoch keine selbstkritische Auseinandersetzung mit dem gegliederten<br />
Schulsystem. Damit ist die gegenwärtige Phase des Grundwiderspruchs in<br />
der Schulpolitik noch nicht zu Ende. – Führt sie, entsprechend der gesellschaftlichen<br />
Konstellation, zu einem länger andauernden Patt oder wird sie<br />
durch einen Prozess zunehmender Integration abgelöst?<br />
Carl-Ludwig Furck<br />
<strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong><br />
HINWEIS:<br />
Und außerdem unbedingt für 2009<br />
vormerken: Der nächste Bundeskongress<br />
2009, der der Festkongress<br />
zum 40jährigen Bestehen der <strong>GGG</strong> ist,<br />
wird vom 25.-27.September 2009 in<br />
Hamburg in der Max-Brauer-Schule<br />
stattfinden.<br />
Carl-Ludwig Furck (Jg.1923),<br />
(em.) Professor für Schulpädagogik,<br />
setzte sich<br />
bereits 1963 in dem Aufsatz<br />
„Schule für das Jahr 2000“ für<br />
die <strong>Gesamtschule</strong> als eine<br />
einer demokratischen <strong>Gesellschaft</strong><br />
angemessenen<br />
Schulform ein. Auch heute<br />
noch arbeitet Prof. Furck im<br />
Hamburger „Aktions –<br />
Bündnis <strong>Gesamtschule</strong>“ mit.<br />
15
The Spirit of Learning – Besuch in Beatenberg<br />
Es war die sechste Fahrt, die die <strong>GGG</strong> – Hessen unter der Leitung von<br />
Hans-Peter Kirsten-Schmidt nach Beatenberg veranstaltete. Was haben die,<br />
was wir nicht haben? Waren sie Hellseher als sie vor ca. acht Jahren begannen<br />
über andere Wege des Lernens nachzudenken und ist das, was sie gefunden<br />
haben, die Antwort auf PISA?<br />
Eindeutig ist, sie machen Schule anders als wir. Für sie war die Reform<br />
kein Selbstzweck. Eine Reform verlangt einem viel ab, deshalb muss sie auch<br />
der Mühe wert sein und sie muss ein eindeutiges Ziel haben. Ernst Gasser,<br />
Lehrer am Institut Beatenberg, hat es so formuliert: Meine Aufgabe ist es,<br />
allen Lernenden zum Erfolg zu verhelfen.<br />
Das Institut Beatenberg liegt 1200m oberhalb des Thuner Sees mit Blick<br />
auf Eiger, Jungfrau und Mönch. Es ist ein Internat mit 65 Schülerinnen und<br />
Schülern und 18 Betreuungspersonen einschließlich des Küchenpersonals.<br />
Es gibt 8 LernCoaches. Das Institut ist ein Internat. Es besteht aus zwei Gebäudekomplexen.<br />
Sie liegen etwa einen Kilometer auseinander. Die Schüler<br />
müssen diesen Weg, der bergab und bergauf geht, manchmal mehrmals am<br />
Tag zurücklegen.<br />
Die Schule setzt durchgängig auf Individualität und Eigenständigkeit des<br />
Lernens der SchülerInnen. Das Regelwerk des Miteinanders ist klar und übersichtlich.<br />
Ø Einer spricht!<br />
Ø Jedes Ding an seinen Ort!<br />
Ø Sprich mit den Menschen, nicht über sie!<br />
Ø Abmachungen werden eingehalten!<br />
Ø Wer dabei ist, ist (mit) verantwortlich!<br />
Ø Ich trage Sorge für Menschen und Dinge!<br />
Während der Lernzeiten wird geflüstert. Die „Flüsterkultur“ ist ein wichtiger<br />
Bestandteil für die individuellen Lernzeiten.<br />
Die Schüler lernen in Lernteams. Die Gruppe ist heterogen zusammengesetzt<br />
und je 15 Lernende zwischen 11 und 18 Jahren werden von zwei<br />
LernCoaches betreut. Jeder Lernende hat einen individuellen Arbeitsplatz.<br />
Es stehen ausreichend PC - Arbeitsplätze zur Verfügung. Die meiste Zeit des<br />
Tages arbeiten die Lernenden weitgehend selbstständig. Daneben gibt es<br />
weitere Lernaktivitäten am Tage: Intensivtraining und Aktivs. Im Verlauf des<br />
Schuljahres, das in Trimester aufgeteilt ist, finden Projekte und Spezialtage<br />
statt. Der individuelle Arbeitsplatz ist die Lernbaustelle. Sie ist ausgestattet<br />
mit Tisch und Stuhl und einem Aktenwagen, in dem sich die wichtigsten Lernutensilien<br />
des Lernenden befinden. Dieses sind neben dem Arbeitsmaterial,<br />
das Layout, das Arbeitsportfolio und das Präsentationsportfolio.<br />
An einem „Baustellenschild“ hängen die Kompetenzraster für die einzelnen<br />
Fächer. In Beatenberg wurden Kompetenzraster für die Fächer Deutsch,<br />
Mathematik, Englisch, Französisch, Informatik, <strong>Gesellschaft</strong> (Geographie,<br />
Geschichte und Gemeinschaftskunde), Naturwissenschaften, Gestalten, Musik<br />
und Sport entwickelt. Jeder Lernende hat für die Fächer ein Raster auf<br />
dem seine Lernausgangsposition verzeichnet ist. Sie wird zu Beginn eines jeden<br />
Schuljahres in einem Assessment festgestellt und dann ins Raster farbig<br />
übertragen. Mit dem LernCoach wird dann festgelegt, welche Kompetenzen<br />
der Lernende in einem Jahr erreichen will. Auch dieser Bereich wird farbig<br />
16 <strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong>
markiert. Zu jeder Kompetenzstufe gehören Lernjobs und Lernaufgaben, die<br />
dann individuell bearbeitet werden. Wurde die Aufgabe erfolgreich bearbeitet,<br />
erhält man einen Bewertungspunkt auf seinem Kompetenzraster. Er macht<br />
optisch deutlich, welche Lernfortschritte der Lernende zu verzeichnen hat.<br />
Die öffentliche Einsicht in die Kompetenzraster macht es möglich, dass die<br />
anderen Lernenden erkennen können, an wen sie sich wenden können, wenn<br />
sie Rat benötigen. Ältere Lernende zeichnen zusätzlich in ihre Kompetenzraster<br />
ein, welche Eingangskompetenzen sie erreichen müssen, um z. B einen.<br />
bestimmten Beruf erlernen oder in die gymnasiale Oberstufe eintreten zu können.<br />
Durch die unterschiedlichen Farben auf dem Raster wird es den Schülerinnen<br />
und Schülern sehr deutlich, welche Wegstrecke noch vor ihnen liegt. Es<br />
macht sie aber auch stolz, erkennen zu können, was sie schon erreicht haben.<br />
Durch diese Transparenz wird verständlich, was gelernt werden muss und<br />
der persönliche Lernweg wird planbar.<br />
Was sind Kompetenzraster und wie wurden sie entwickelt?<br />
Im europäischen Referenzrahmen für das<br />
Fremdsprachenlernen sind Kompetenzniveaus festgelegt,<br />
die man benötigt um bestimmte Abschlüsse zu erreichen.<br />
Auf dieser Basis wurden in Beatenberg Kompetenzraster<br />
für alle Fächer entwickelt. Die Anforderungen in den<br />
Bildungsplänen wurden verschiedenen Niveaus zugeordnet.<br />
In allen Fächern gibt es Anforderungen von A1 bis C2.<br />
So wird z.B. im Fach Deutsch im Niveau A1.1 im Teilbereich<br />
Sprechen erwartet, dass man mit einfachen Worten<br />
Kontakt aufnehmen, etwas bejahen oder verneinen,<br />
dass man eine einfache Bitte stellen, sich bedanken<br />
und entschuldigen und sich nach einfachen Dingen<br />
erkundigen kann. Im B2 –Niveau wird erwartet, dass<br />
man sich spontan und fließend verständigen, über Eindrücke,<br />
Ideen und Gefühle sprechen, in Diskussionen<br />
eigene Ansichten durch Erklärungen, Argumente und<br />
Kommentare begründen und verteidigen kann. Das B2<br />
– Niveau kann in der Regel bis Ende der Sekundarstufe 1<br />
erworben werden.<br />
Wie funktioniert das selbstständige Lernen denn nun?<br />
Die Lernenden legen am Anfang der Woche in ihrem Lay-<br />
out fest, was sie in dieser Woche bearbeiten / lernen wollen. Hier werden der<br />
Wochenschwerpunkt beschrieben und die Lernjobs (Lernjobs benötigt man<br />
zum Erwerb einer Kompetenz) in einen persönlichen Stundenplan übertragen.<br />
Die Eintragungen im Layout sind die Grundlagen für die Bilanzgespräche<br />
mit dem LernCoach und dienen als Information für die Eltern. Im „Baumarkt“,<br />
der Lernmittelstation, holt man sich für den Lernjob die geeigneten Arbeitsmaterialien.<br />
Hat man alles bearbeitet und meint, dass man alles erlernt hat,<br />
kann man sein Wissen testen lassen. Diese Lernnachweise werden im Arbeitsportfolie<br />
gesammelt. Im Präsentations - Portfolio werden besonders gelungene<br />
oder wichtige Produkte gesammelt. Das könnte zum Beispiel das<br />
Ergebnis aus einem Wochenschwerpunkt sein. Er wird nach der SMART –<br />
Methode beschrieben. D.h. es muss Spezifisch (eindeutig), Messbar (Fortschritt),<br />
Ausführbar, Relevant (Was hat das mit mir zu tun?) und Terminiert<br />
(Beginn, Ende) sein. Grundsätzlich müssen die Wochenschwerpunkte am Ende<br />
der Woche dem Lernteam präsentiert werden.<br />
<strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong><br />
A2.1 ���� English<br />
Lernziel<br />
Ich kann kurze, einfache Notizen und Mitteilungen schreiben, wie sie zum Beispiel<br />
nötig sind, um eine Abmachung zu bestätigen oder zu ändern.<br />
Was? Lernmaterialien<br />
Unit 2: Talking about yourself<br />
Unit 43: Present simple<br />
Unit 21: Days, dates and time<br />
Unit 73: E-mails<br />
Recycling Elementary English, West Clare, Georgian Press Limited 2002<br />
Wie? Lernformen<br />
Jede Unit hat eine Info-Box. Durch Lesen und anhand der Beispiele die Fragen<br />
beantworten.<br />
Nimm einen PONS zu Hilfe.<br />
Nimm einen Partner und stellt es euch gegenseitig vor.<br />
Frag deinen Partner über seinen Tagesablauf, z.B. wann er in die Schule geht.<br />
Mögliche Lernnachweise<br />
1. Lingualevel Aufgabe SC_15_engl_A<br />
2. 22x33: Einen strukturierten [15] Brief [2] schreiben<br />
3. Erfinde deinen eigenen Lernnachweis<br />
17<br />
SC 27
0600<br />
0700<br />
0800<br />
0900<br />
1000<br />
1100<br />
1200<br />
1300<br />
1400<br />
1500<br />
1600<br />
1700<br />
1800<br />
1900<br />
2000<br />
2100<br />
2200<br />
Beatenberg legt großen Wert auf Erwerb von Basiskompetenzen und –<br />
qualifikationen. Deswegen gibt es sogenannte Intensivtrainings und Lernateliers<br />
für die Kernfächer Deutsch, Mathematik, Englisch, Französisch. Die Schüler<br />
melden sich dafür an. Das Intensivtraining ist ein Input, das den Lernenden<br />
unabhängig von ihrem Alter zu einem Thema Einführungen und Instruktionen<br />
bietet. Im Anschluss daran können sie in Lernateliers Nachfragen stellen,<br />
vertieft arbeiten oder noch einmal individuell den Input bearbeiten.<br />
Die anderen Fächern werden größtenteils projektartig angeboten. An drei<br />
Tagen der Woche finden Aktivs statt. Das sind Unterrichtveranstaltungen mit<br />
einem thematischen Schwerpunkt. Projekte, die ein Schüler innerhalb einer<br />
Woche bearbeiten will, stammen überwiegend aus dem künstlerischen und<br />
sportlichen Lernfeldern. Sie können auch außerschulisch angesiedelt sein.<br />
Ein überwiegend überzeugendes Konzept. Unsere Diskussion entbrannte<br />
an folgenden Stellen:<br />
Ist ein Transfer auf große Systeme überhaupt machbar? Es scheint<br />
möglich zu sein. Mehrere größere staatliche Schule in der Schweiz haben das<br />
System adaptiert. Südtirol führt es jetzt flächendeckend ein und auch die Max-<br />
Brauer-Schule und die <strong>Gesamtschule</strong> Winterhude arbeiten damit erfolgreich.<br />
Mit unseren Schülern geht das nicht! Auch in Beatenberg hat ein Teil<br />
der Schüler Schulerfahrungen, die von Misserfolg und auffälligem Verhalten<br />
geprägt sind. Sie sind in den „normalen Schulen“ gescheitert und gelten als<br />
extrem auffällig. Durch die Lernorganisation wird vielen Unterrichtstörungen<br />
der Boden entzogen. Durch die enge Bindung der Lernenden an den<br />
LernCoach bleibt der Lernprozess besser im Blick.<br />
Der Anteil der Nicht-Kernfächer ist zu gering. Diese Frage konnte von<br />
uns nicht abschließend geklärt werden. Uns erschien die in den Aktivs und<br />
Projekten vorgesehene Zeit zu gering,, um fundierte Kenntnisse z.B. in den<br />
Naturwissenschaften zu erreichen.<br />
Für mich war der Besuch hoch spannend und so motivierend, dass ich<br />
sofort in einigen Fächern meinen Unterricht teilweise umgestellt habe. Die<br />
Schüler arbeiten deutlich motivierter, und als Lernberater habe ich viel mehr<br />
Zeit, individuell zu beraten und zu fördern und zu fordern.<br />
Annegret Volkmann<br />
Strukturplan 2007/<strong>2008</strong><br />
MONTAG DIENSTAG MITTWOCH DONNERSTAG FREITAG<br />
BM TB BM TB BM TB BM TB BM TB<br />
wl Boarding sg wl Boarding eg wl Boarding rs wl Boarding cs bw Boarding sm<br />
Bewegung<br />
Lernteam Lernteam Lernteam Lernteam<br />
Schwimmen<br />
Walking<br />
Walking 2<br />
sg<br />
kz<br />
sm<br />
ss/bw bp eg/pb rs<br />
Briefing<br />
ss rn/bp eg/pb rs<br />
Briefing<br />
bw/ss rn pb cs/rs<br />
Briefing<br />
rn/bp/bw/ss cs/rs/sm/pb<br />
Bilanz<br />
Intenrvalltraining cs<br />
IT Franz IT Deutsch IT Mathe IT Englisch Lern- Lern-<br />
Check-out<br />
Frühstück Frühstück ss pb eg bw rn rs cs bp team team Anschlusskompetenzen<br />
bw<br />
Präsenta-<br />
pb<br />
Präsenta-<br />
FA LT FA FA LT FA FA LT FA FA LT FA<br />
F D D F E M M E rn / ss cs / pb<br />
Pendenzen<br />
tionentionen ss bp bw eg rs pb bp bw rn rs eg cs<br />
rn/bw/ss cs/eg/pb IT Deutsch IT Franz IT Englisch IT Mathe Portfolioarbeit<br />
Pendenzen<br />
Schülerinfo eg bw ss pb cs bp rn rs<br />
Wochen-Tops<br />
Mittag<br />
vc nd<br />
Mittag<br />
vc sg<br />
Mittag<br />
bw ss<br />
Mittag<br />
sm ln<br />
Abschluss<br />
Mittag<br />
vc pb nd<br />
LT- LT-<br />
Aktiv<br />
Projekte<br />
Fachateliers<br />
Konferenz Konferenz<br />
Outdoor<br />
Kampfsport<br />
rs<br />
bp<br />
Theater<br />
Musik<br />
rn / ss<br />
vc<br />
Deutsch<br />
Franz<br />
bw<br />
ss<br />
BM<br />
BM<br />
Pendenzen<br />
Lernteam<br />
rn/bp/bw/ss<br />
Lernteam<br />
cs/rs/eg/pb<br />
Schwimmen<br />
Welt und Zeit<br />
sg<br />
eg<br />
Fussball sm Mathe<br />
Englisch<br />
rs<br />
cs<br />
TB<br />
TB<br />
Aktiv<br />
Jobtraining nd/sm/vc<br />
Turnen sg<br />
sm/sg<br />
Abendessen<br />
Freizeit<br />
hz/vc<br />
LT<br />
ss<br />
Prü.vor.<br />
Deutsch<br />
eg<br />
Abendessen<br />
bp/vc<br />
Freizeit<br />
18 <strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong><br />
hz/kz<br />
LT<br />
rs<br />
LT<br />
bw<br />
Prü.vor.<br />
Mathe<br />
rn<br />
Abendessen<br />
rn/rs<br />
Freizeit<br />
bw/hz<br />
LT<br />
eg<br />
Aktiv<br />
Science cs Gestalten vc<br />
Unihockey pb Girls Aktiv kz<br />
vc/pb/cs<br />
Abendessen<br />
Freizeit<br />
dm hz dm kz cm hz wl kz<br />
bm/kz<br />
LERNTEAMS<br />
Bärnermutz<br />
LT bw/ss LT rn/bp<br />
Soz.bereich vc/bp<br />
Talblick<br />
LT cs/rs LT eg/pb<br />
Soz.bereich vc/sm
<strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong><br />
19
KID kommt voran<br />
In einem jahrelangen Prozess hat die KMK über eine Neufassung der<br />
„Vereinbarung über die Schularten und Bildungsgänge im Sekundarbereich I“<br />
von 1993 beraten. Die <strong>GGG</strong> hat auf diesen Prozess dahingehend Einfluss zu<br />
nehmen versucht, dass die Pflichtauflagen zur äußeren Fachleistungsdifferenzierung<br />
und zu den Kursauflagen gestrichen werden. Das ist leider<br />
ohne Erfolg geblieben. Erfreulich ist aber, dass die schon in der Vereinbarung<br />
von 1993 angeführte Öffnungsklausel 2006 wieder aufgenommen und verstärkt<br />
worden ist. Nach Aufzählung der Fächer, für die eine äußere Fachleistungsdifferenzierung<br />
vorgesehen ist, folgt der Satz: „Aus demographischen<br />
bzw. schulstrukturellen Gründen können in den genannten Fächern klasseninterne<br />
Lerngruppen auf weitere Jahrgangsstufen ausgedehnt werden“. Das<br />
ist ein wichtiger Schritt nach vorn, wenn auch das Fach Mathematik ohne eine<br />
Begründung weiterhin ab Jahrgangsstufe 8 äußerlich differenziert werden soll.<br />
Die KMK eröffnet damit den Ländern die Möglichkeit, mit ihren Ausbildungsordnungen<br />
den Schulen die Spielräume zu geben, in eigener Verantwortung<br />
die äußere Fachleistungsdifferenzierung zu Gunsten einer klasseninternen<br />
Differenzierung schrittweise aufzugeben. Die Hamburger Ausbildungsordnung<br />
für integrierte <strong>Gesamtschule</strong>n lässt diese Spielräume. Die Enquete-<br />
Kommission „Konsequenzen der neuen PISA-Studie für Hamburgs Schulentwicklung“<br />
geht sogar noch einen Schritt weiter, sie empfiehlt: „Formen der<br />
dauerhaften äußeren Differenzierung sollen zugunsten innerer Differenzierung<br />
und Individualisierung zurücktreten. Maßgebliches Ziel ist die individuelle<br />
Förderung eine jeden Kindes“. Diese Empfehlung ist in der Kommission<br />
immerhin einstimmig erfolgt!<br />
Die Hamburger <strong>Gesamtschule</strong>n nutzen diese Möglichkeiten. Im <strong>GGG</strong>info<br />
1/2005 haben wir zum ersten Mal darüber berichtet, in welchem Umfang die<br />
Hamburger <strong>Gesamtschule</strong>n die äußere Fachleistungsdifferenzierung ( FLD )<br />
durch Binnendifferenzierung oder klasseninterne Differenzierung ( KID ) ersetzt<br />
haben. Im Vergleich dazu zeigt unsere Umfrage vom Oktober 2007,<br />
dass jetzt im Schuljahr 2007/<strong>2008</strong> deutlich mehr <strong>Gesamtschule</strong>n den Unterricht<br />
binnendifferenzierend oder mit KID organisieren. Wir haben bei unserer<br />
Umfrage nicht streng unterschieden, ob in den Klassen binnendifferenzierend<br />
oder mit klasseninterner Differenzierung gearbeitet wird. Die Übergänge sind<br />
fließend. In den Unterricht KID einzuführen, ist ja erst dann erforderlich, wenn<br />
die Ausbildungsordnung äußere Fachleistungsdifferenzierung vorgibt.<br />
Es ist erfreulich, in welchem Umfang binnendifferenzierend oder mit KID<br />
gearbeitet wird, wo von der Ausbildungsordnung FLD als Pflicht- oder Kann-<br />
Bestimmung vorgesehen ist, obwohl dies für die Lehrerinnen und Lehrer zeitaufwändiger<br />
ist und keine angemessen Entlastungen gewährt werden können.<br />
Unsere Umfrage, bei der wir nicht nach den Differenzierungsformen in den<br />
Jahrgangsstufen 5 und 6 gefragt haben, hat folgenden Stand ergeben:<br />
<strong>Gesellschaft</strong><br />
In den Jahrgangsstufen 9 und 10 keine FLD an 21 <strong>Gesamtschule</strong>n; in 4<br />
weiteren nur in der Jahrgangsstufe 9.<br />
Naturwissenschaften<br />
In den Jahrgangsstufen 9 und 10 keine FLD in allen drei naturwissenschaftlichen<br />
Fächern an 7 <strong>Gesamtschule</strong>n ( Bergedorf, Blankenese, Eidelstedt,<br />
20 <strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong>
Erich Kästner-GS, Max-Brauer, Winterhude); bisher nur in der Jahrgangsstufe<br />
9 3 <strong>Gesamtschule</strong>n ( Horn, Peter-Petersen, Rudolf-Roß).<br />
In den Jahrgangsstufen 9 und 10 keine FLD in einzelnen naturwissenschaftlichen<br />
Fächern an 4 <strong>Gesamtschule</strong>n: Finkenwerder (Physik), Fritz-<br />
Schumacher (Biologie), Ida-Ehre (Biologie und Chemie), Julius-Leber ( Chemie<br />
und Physik), Poppenbüttel ( Biologie )<br />
Deutsch<br />
In der Jahrgangsstufe 7 keine FLD an 7 <strong>Gesamtschule</strong>n ( Finkenwerder,<br />
Fritz-Schumacher, Geschwister-Scholl, Lohbrügge, Mümmelmannsberg,<br />
Otto-Hahn , Poppenbüttel )<br />
In den Jahrgangsstufen 7 und 8 keine FLD an 3 <strong>Gesamtschule</strong>n ( Am<br />
Heidberg, Walddörfer, Rudolf-Roß ( nur in der bilingualen Klasse ).<br />
In den Jahrgangsstufen 7 bis 10 keine FLD an 4 <strong>Gesamtschule</strong>n ( Bergedorf,<br />
Blankenese, Max-Brauer, Winterhude ).<br />
Englisch<br />
In der Jahrgangsstufe 7 keine FLD an 4 <strong>Gesamtschule</strong>n ( Ida-Ehre, Max-<br />
Brauer, Otto-Hahn, Stellingen (probeweise für zwei Jahre).<br />
In den Jahrgangsstufen 7 und 8 keine FLD an 2 <strong>Gesamtschule</strong>n (<br />
Blankenese, Walddörfer ).<br />
In den Jahrgangsstufen 7 bis 10 keine FLD an der <strong>Gesamtschule</strong> Winterhude.<br />
Mathematik<br />
In der Jahrgangsstufe 7 keine FLD an 7 <strong>Gesamtschule</strong>n ( Am Heidberg,<br />
Blankenese, Finkenwerder, Ida-Ehre, Julius-Leber, Mümmelmannsberg,<br />
Stellingen (probeweise für zwei Jahre).<br />
In den Jahrgangsstufen 7 und 8 keine FLD an 2 <strong>Gesamtschule</strong>n (Bergstedt,<br />
Max-Brauer).<br />
In den Jahrgangsstufen 7 bis 10 keine FLD an der <strong>Gesamtschule</strong> Winterhude.<br />
Diese Zusammenstellung soll einen Überblick über den Stand der Entwicklung<br />
geben. Sie soll zugleich den <strong>Gesamtschule</strong>n, die erwägen, die FLD<br />
in dem einen oder anderen Fach durch andere Differenzierungsformen zu ersetzen,<br />
Hinweise zu geben, in welchen <strong>Gesamtschule</strong>n sie sich Rat holen können.<br />
Hoffen wir, dass die Möglichkeiten zur Beratung genutzt werden, ohne<br />
dass die angefragten Schulen zu sehr belastet werden.<br />
Für die Unterstützung unserer Umfrage bedanken wir uns herzlich bei allen<br />
<strong>Gesamtschule</strong>n.<br />
Jürgen Riekmann<br />
(Hinweis: die dazugehörige Tabelle befindet sich auf Seite 22)<br />
<strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong><br />
21
<strong>GGG</strong> - Landesverband Hamburg Jan 08<br />
Binnendifferenzierung / Klasseninterne Differenzierung<br />
Schule Deutsch Englisch Mathematik Biologie Chemie Physik <strong>Gesellschaft</strong><br />
Albert-Schweitzer*****<br />
Am Heidberg* 8 7 9 und 10<br />
Bergedorf 7 bis 10 9 und 10 9 und 10 9 und 10 9 und 10<br />
Bergstedt 7 bis 9 7 und 8 9 und 10<br />
Blankenese 7 bis 10 7 und 8 7 9 und 10 9 und 10 9 und 10 9 und 10<br />
Eidelstedt 9 und 10 9 und 10 9 und 10 9 und 10<br />
Erich Kästner 8 9 und 10 9 und 10 9 und 10 9 und 10<br />
Fährbuernfleet 9 und 10<br />
Finkenwerder 7 7 9 und 10 9 und 10<br />
Fritz-Schumacher 7 9 und 10 9 und 10<br />
GSG 7 9 und 10<br />
Harburg 9 und 10<br />
Horn 9 9 9 9<br />
Ida-Ehre** (Jg 10) 7 7 9 und 10 9 und 10 9 und 10<br />
Julius-Leber 7 9 und 10 9 und 10<br />
Lohbrügge 7 9 und 10<br />
Max-Brauer 7 bis 10 7 und 8 7 9 und 10 9 und 10 9 und 10 9 und 10<br />
Mümmelmannsberg 7 7 7<br />
Niendorf 9 und 10<br />
Otto-Hahn 7 9 und 10****** 9 und 10****** 9<br />
Peter-Petersen 9 9 9 9 und 10<br />
Poppenbüttel 7 9 9 und 10<br />
Rudolf-Roß*** -8 9 9 9 9 und 10<br />
Steilshoop 9<br />
Stellingen**** 7 7 9 und 10<br />
Süderelbe 9<br />
Walddörfer 7 und 8 7 und 8 9 und 10<br />
Winterhude 7 bis 10 7 bis 10 7 bis 10 7 bis 10 7 bis 10 7 bis 10 7 bis 10<br />
* In der Integrationsklasse KID in Englisch und Mathmatik in Jahrgang 8<br />
** probeweise in Jahrgang 10 im Fach Deutsch<br />
*** In der bilingualen Klasse KID im Fach Deutsch in Jahrgang 8<br />
**** KID in den Fächern Englisch und Mathematik im Jahrgang 7 probeweise für zwei Jahre<br />
***** Als <strong>Gesamtschule</strong> besonderer pädagogischen Prägung ist die ASS von den Differenzierungsauflagen befreit<br />
******probeweise für zwei Jahre<br />
HINWEIS:<br />
Der Norddeutsche Kongress <strong>2008</strong><br />
findet in Niedersachsen statt:<br />
Unter dem Motto „<strong>Gesamtschule</strong>n<br />
im Aufwind“ tagt der Kongress vom<br />
26.9.08 ab 16.00 Uhr bis zum 27.9.08<br />
(10.00 – 16.00 Uhr) in der IGS Peine.<br />
22 <strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong>
Volksinitiative „Eine Schule für alle“<br />
Der Grundsatzbeschluss der Bürgerschaft, mit dem Schuljahr 2009 / 10 in<br />
Hamburg das Zweisäulenmodell einzuführen, hat nicht nur zu heftigen Diskussionen<br />
und zu einer erheblichen Verunsicherung der Lehrer und Eltern geführt,<br />
sondern im Oktober vergangenen Jahres auch eine Volksinitiative ins Leben<br />
gerufen, die sich für „Eine Schule für Alle“ einsetzt. Diese Initiative wird nicht<br />
von Parteien oder Verbänden getragen, sondern ist ein breites Bündnis von<br />
Eltern, Lehrern, Erziehern und an Bildung interessierten Hamburger<br />
BürgerInnen, die sich zu einem Verein zusammengeschlossen haben. Mitglieder<br />
der <strong>GGG</strong> haben diese Initiative von Anfang an unterstützt.<br />
Die Initiatoren und Unterstützer der Volksinitiative wollen verhindern, dass<br />
in Hamburg das Zweisäulenmodell eingeführt wird, da es keines der großen<br />
Probleme des Schulwesens löst. Die pädagogisch unbegründbare Trennung<br />
der Schüler und Schülerinnen nach der 4. Klasse bleibt ebenso erhalten wie<br />
die damit verbundene Entmischung der Schülerschaft nach der sozialen Lage<br />
der Eltern. Die für das gegliederte deutsche Schulsystem nachweisbare hohe<br />
Abhängigkeit des Schulerfolgs eines Kindes von der sozialen Lage seiner<br />
Eltern wird nicht nur nicht überwunden, sondern weiter verfestigt. Die<br />
Befürworter des Zweisäulenmodells erhoffen sich durch die Zusammenlegung<br />
von Haupt-, Real- und <strong>Gesamtschule</strong>n zu Stadtteilschulen, dass in diesen<br />
Schulen ein anregungsreiches Lernmilieu entsteht. Für diese Annahme<br />
gibt es keinerlei Anhaltspunkte, das Gegenteil ist zu erwarten. Fasst man die<br />
sozialstrukturellen Merkmale und Lernstandsdaten der <strong>Gesamtschule</strong>n und<br />
der HR-Schulen aus den KESS- und LAU-Studien zusammen und stellt sie<br />
den Gymnasien gegenüber, wie Rosemarie Raab – die ehemalige Schulsenatorin<br />
- es getan hat, zeigt sich, dass sich die beiden Säulen hinsichtlich der sozialen<br />
Lage der Schüler, ihrer Leistungsfähigkeit, ihres Migrationshintergrunds und<br />
ihres Anteils an „Risikoschülern“ deutlich voneinander unterscheiden. Die<br />
Lernausgangslagenuntersuchung hat als Fazit herausgestellt, „dass anregungsreiche<br />
Lernmilieus, die durch die Anwesenheit leistungsstarker Schülerinnen<br />
und Schüler geprägt sind, in der Regel für alle dort Lernenden leistungsmäßig<br />
Vorteile bieten“ (LAU 9, S. 123). Derartige Lernmilieus sind aber nur in einer<br />
Schule für alle zu erreichen.<br />
Das strebt der Verein „Eine Schule für Alle“ an. Als erster Schritt musste<br />
die Volksinitiative 10.000 Unterschriften vorgelegen. Das ist mehr als erreicht<br />
worden; am 7. Januar <strong>2008</strong> konnten der Verwaltung im Hamburger Rathaus<br />
15.550 Unterschriften übergeben werden. Nach der Hamburgischen Verfassung<br />
muss sich nun die Bürgerschaft mit dem Antrag der Volksinitiative befassen.<br />
Kern des Antrags ist ein „Gesetz zur Einführung der Gemeinschaftsschule“,<br />
den die Initiatoren auf der Grundlage des derzeit gültigen Schulgesetzes<br />
erarbeitet haben. Sollte die Bürgerschaft nicht innerhalb von vier Monaten<br />
diesem oder einem entsprechenden Gesetz zustimmen, kann die Durchführung<br />
eines Volksbegehrens beantragt werden. Dieses Volksbegehren wird<br />
jetzt bereits vorbereitet, da es nach den derzeitigen Planungen zwischen dem<br />
19. September und dem 9. Oktober <strong>2008</strong> durchgeführt werden soll und von<br />
ca. 61.000 Hamburgerinnen und Hamburger unterstützt werden muss, um<br />
erfolgreich zu sein.<br />
Jürgen Riekmann<br />
<strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong><br />
Der Auftakt<br />
Karen Medrow interviewt<br />
Prof. Carl-Ludwig Furck<br />
Foto:Nico Struß<br />
Foto:Nico Struß<br />
23
<strong>Gesamtschule</strong> Allermöhe – eine Schule für alle<br />
Die GSA liegt mitten im noch jungen Stadtteil Neuallermöhe. Sie besteht<br />
aus einer zwei- bis dreizügigen Primarstufe mit Vorschule und einem Pädagogischen<br />
Mittagstisch, einer sechszügigen Sekundarstufe I und kooperiert in<br />
der Sekundarstufe II mit den anderen beiden Bergedorfer <strong>Gesamtschule</strong>n<br />
GSB und GSL. Ca. 1200 Schülerinnen und Schüler und ca. 110 Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter kommen täglich in das bei einem Architektenwettbewerb<br />
preisgekrönte Gebäude. Mit enormen Kraftanstrengungen des gesamten Kollegiums<br />
ist es gelungen, die Schule als „Schule für alle“ im Stadtteil zu etablieren.<br />
Die Besonderheiten, die uns kennzeichnen und die Bausteine, mit denen<br />
wir glauben, ggf. auch als zukünftige „Stadtteilschule“ für integriertes Lernen<br />
gut aufgestellt zu sein, sollen kurz skizziert werden:<br />
1. Von der Vorschule bis zum Abitur<br />
Die GSA vergibt alle Abschlüsse, etwa 25 % machen den Hauptschulabschluss,<br />
45 % den Realschulabschluss und 25 % gehen über in die Oberstufe.<br />
In der Oberstufe zeichnen sich unsere Schülerinnen und Schüler als gut vorbereitet<br />
aus. Auf diese Ergebnisse sind wir besonders stolz, da bei Anmeldung<br />
in 5 bei vielen Kindern ein solcher Erfolg nicht prognostiziert war. Deutlich<br />
erhöhen möchten wir den Anteil derjenigen Kinder v.a. aus der eigenen<br />
Grundschule und aus dem Stadtteil, die uns in Richtung Bergedorfer Gymnasien<br />
oder <strong>Gesamtschule</strong> Bergedorf verlassen. Aufgrund der wachsenden Zahlen<br />
in der Klassenstufe 11 für die gemeinsame Oberstufe (bisher nur an der<br />
<strong>Gesamtschule</strong> Bergedorf verortet) bietet sich die Möglichkeit, zukünftig auch<br />
am Standort der GSA zwei bis drei Oberstufenzüge anzubinden und sie langfristig<br />
in die eigene Regie (unter Beibehaltung der Kooperation) zu nehmen.<br />
Voraussichtlich zum Sommer 08 werden die ersten zwei bis drei elften Klassen<br />
an der GSA aufgenommen. Neu entwickelt haben die drei Bergedorfer<br />
<strong>Gesamtschule</strong>n ein breites und sehr attraktives Oberstufenangebot in acht<br />
Profilschienen. Dabei sollen an der GSA voraussichtlich die drei Profilschienen<br />
„Wirtschaft (auch bilingual) / Fremdsprachen“, „Sport / Gesundheit / Ernährung<br />
/ Biologie“, sowie „Informatik / Kommunikation / Medien / <strong>Gesellschaft</strong>“<br />
vorrangig auch von unseren Kolleginnen und Kollegen angeboten werden. Zu<br />
einem späteren Zeitpunkt wird evtl. auch die GSL weitere Profile einbringen.<br />
2. Wir sind Ganztagsschule<br />
Seit dem Sommer 08 arbeitet die GSA als verpflichtende Ganztagsschule<br />
mit über 100 Nachmittagskursen verteilt auf 4 Nachmittage und einem rhythmisierten<br />
Zeittakt und Studienzeiten im Stundenplan, die für die Erledigung<br />
eines Teils der Hausaufgaben und zunehmend für eigenverantwortliches Lernen<br />
(s.u.) genutzt werden. Ferner wurden mit dem Lehreranteil der Ganztagsmittel<br />
die Kernfächer Deutsch, Mathematik und Englisch in der Stundentafel<br />
gestärkt, in den Jg. 9 und 10 das Fach „Prüfungslernen“ eingeführt und<br />
Beruf orientierende Maßnahmen unterstützt. Die Nachmittagskurse –<br />
vornehmlich durch Honorarkräfte veranstaltet – bieten eine breite Vielfalt mit<br />
Schwerpunkten in den Profilbereichen Sport und Kultur. Doppelstunden am<br />
Vormittag erleichtern die Einführung neuer Unterrichtsmethoden und Lerntechniken.<br />
In der Mittagspause liegt eine Förderschiene für einen Teil der<br />
SuS. Für die Lehrerinnen und Lehrer werden nach und nach ansprechende<br />
Teamarbeitsräume eingerichtet. An beiden Standorten der Schule gibt es eine<br />
24 <strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong>
Kantine, die von einer „Mütterfirma“ erfolgreich betrieben wird. Durch eine<br />
Vielzahl an Kooperationen mit dem Stadtteil ist es gelungen, die auf volle<br />
Frequenzen berechneten Ganztagsmittel im Nachmittagsbereich zu senken.<br />
3. Wir arbeiten an neuen Lernformen<br />
Wie an vielen Hamburger <strong>Gesamtschule</strong>n eingeleitet, arbeiten auch wir an<br />
der Etablierung neuer Lernformen. Entwickelt wurde bisher ein Methodencurriculum,<br />
das nach und nach in alle Fächercurricula eingearbeitet wird. Im<br />
letzten Schuljahr haben sich über 60 Kolleginnen und Kollegen im Bereich<br />
kooperativer Lernformen fortgebildet. Kompetenzraster sind in den Blick<br />
genommen. Der Jahrgang 6 arbeitet probeweise nach dem Modell des „eigen<br />
verantwortlichen Lernens“ (EVA in Anlehnung an die GS Mümmelmannsberg),<br />
bei dem v. a. Ma, D, Ges die Inhalte einspeisen und die Studienzeiten<br />
zusätzlich genutzt werden können. Die Umstellung vom „lehrerzentrierten<br />
Unterricht“ zum Schüler aktivierenden Unterricht ist angefangen, aber längst<br />
noch nicht beendet.<br />
4. Wir haben ein Gesicht<br />
Eine lange Tradition hat die GSA in den Bereichen Sport und Kultur. Vor<br />
allem Abenteuer- und Erlebnissportarten wie Klettern, Kanu, Radsport, Fußball<br />
und Ultimate Frisbee kennzeichnen den Sportbereich. Schulsportfahrten,<br />
Teilnahme an entsprechenden Wettbewerben und Schwerpunktsetzung im<br />
Nachmittagsbereich bilden den Rahmen für das Sportprofil. Ein schuleigener<br />
Sportverein „SVA“ stützt diese Aktivitäten und bildet eine Schnittmenge zwischen<br />
Schul- und Stadtteilsport. Zahlreiche Topplatzierungen spiegeln die erfolgreiche<br />
Arbeit im Sport wieder: Zweiter Sieger Schulfußball Bundesrepublik<br />
2000, zweiter Sieger Uwe Seeler Pokal Hallenfußball 2006, 2007, dritter<br />
Sieger Zehntel Marathon 2007, Sieger Triathlon 2007 sowie alljährlich zahlreiche<br />
vordere Plätze im Jugendradsport mit dem „Team GSA“. Im Bereich<br />
der Kultur sind insbesondere Aktivitäten im Bereich Tanz (Auswahlschule für<br />
die Kooperation mit dem Hamburg Ballett John Neumeier und der Bürgerstiftung<br />
und Bundespreis „Kinder zum Olymp“, teilnehmende Schule am Programm<br />
„Step by Step“), die schuleigene Tanzschule „move“, die Theaterkooperation<br />
„Nationalität Mensch“ mit dem Stadtteilkulturzentrum Kultura<br />
und die Djembe und Samba Reggae Gruppen zu nennen. Neben der Schulband<br />
befindet sich eine Bläsergruppe im Aufbau.<br />
5. Bei uns lernen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam<br />
Jeweils eine Klasse in den Jahrgängen der Sekundarstufe I wird von einem<br />
Integrationsteam (Lehrerin, Sonderpädagogin, Sozialpädagogin) betreut,<br />
die Klassenfrequenz ist niedriger und zwei bis drei Kinder mit Behinderung<br />
können so adäquat beschult werden. Die Klassenräume für diese I-Klassen<br />
haben immer einen weiteren Teilungsraum – möglichst direkt angebunden –<br />
zur Verfügung. Bei uns betreuen Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen<br />
immer nur eine I-Klasse (mit der anderen Hälfte ihrer Stunden arbeiten sie<br />
als normale Fachlehrkraft in der Klasse oder im Jahrgangsteam). Jede<br />
Integrationsklasse verfügt aufgrund der Ganztagsschule über eine volle Stelle<br />
Sozialpädagogik.<br />
<strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong><br />
Ein idealer Klassenplan Jg. 5 sieht so aus:<br />
Mo Die Mi Do Frei<br />
1 08.00-08.45 Deu Ma NaWi Eng Ges<br />
2 08.45-09.30<br />
Pause 30<br />
Deu Ma NaWi Eng Ges<br />
3 10.00-10.45 Eng Al Sp Mu Ku<br />
4 10.45-11.30<br />
Pause 05<br />
Eng Al Sp Mu Ku<br />
5 11.35-12.20 Rel Ges Deu Deu Ma<br />
Mittagspause 75 (Angebote, Essen, Fördern, Hausaufgaben Pause 30<br />
Deu<br />
6 13.35-14.20<br />
Pause 5<br />
Studien Deu Rel Ma<br />
7 14.25-15.10 Kurse Kurse Kurse Tut<br />
8 15.10-15-55 Kurse Kurse Kurse Tut<br />
25
Foto: Hasubek<br />
6. Soziales Lernen und klare Regeln<br />
Wie viele <strong>Gesamtschule</strong>n bilden wir Streitschlichterinnen und Streitschlichter<br />
aus, die uns helfen, ein friedfertiges und solidarisches Miteinander zu pflegen.<br />
Demnächst 4-5 Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen arbeiten in den<br />
Feldern Beratung und Ganztag. In den Klassenstufen 5 und 6 führen Tutorinnen<br />
und Tutoren gemeinsam mit dem Beratungsteam<br />
das Trainingsprogramm Soziales Lernen durch (abgewandeltes<br />
Programm nach Großmann). Die Schule<br />
hat sich auf ein einheitliches Instrument zum Umgang<br />
mit Menschen und Sachen und zur Regelung des Alltags<br />
in den Klassen und im Schulraum verabredet: „Bei<br />
Stopp ist Schluss“ wird in allen Klassen praktiziert.<br />
Als griffige, schnelle Hausordnung bzw. Kurzregel<br />
gelten die aus der <strong>Gesamtschule</strong> Kassel-Waldau adaptierten<br />
Begriffe „friedlich, freundlich, langsam, leise“,<br />
die auch in der ganzen Schule mit optischen Symbolen<br />
(Aufkleber) verdeutlicht sind.<br />
7. Ausblick<br />
Durch die Zusammenlegung mit der ehemaligen <strong>Gesamtschule</strong><br />
Fährbuernfleet hat die Schule eine Größe erreicht, die deutlich neue innere<br />
Strukturen benötigt. Kleinere Einheiten der Kommunikation und Teilhabe an<br />
Entscheidungen zu schaffen ist dabei ein Ziel. Programmatische Verabredungen<br />
und Beschlüsse über den Weg der beiden Schulen waren durchaus unterschiedlich.<br />
Der moderierte Neufindungsprozess ist noch nicht abgeschlossen.<br />
Helfen soll dabei eine geschaffene Steuergruppe, in der neben dem Schulleiter<br />
Beauftragte für die Bereiche Unterrichtsentwicklung, Integration, Kultur,<br />
Sport, Primarstufenfragen, Mittelstufenfragen, Oberstufenfragen, Beratung,<br />
Ganztagsschule, Nachhaltiges Lernen, Berufsorientierung und Teamentwicklung<br />
vertreten sind. Helfen soll auch die Stärkung der Jahrgangsteams. Begonnen<br />
wurde mit der Schaffung der räumlichen Voraussetzungen: Teamzimmer mit<br />
ansprechender und ausreichender Ausstattung. Denkbar aber nicht verabredet<br />
ist die Entwicklung hin zur Verlagerung weitreichender Kompetenzen und<br />
Alltagsregulierungen durch die Teams selbst (Stundenplangestaltung,<br />
Vertretungsregelung, Jahrgangsterminplan …) wie z. B. an der <strong>Gesamtschule</strong><br />
Mümmelmannsberg eingeführt. Neben der Suche nach neuen Strukturen ist<br />
die Identitätsfindung des „neuen“ Kollegiums wichtig. Gewachsene Traditionen<br />
gelten zum Teil nicht mehr, Rituale müssen neu gefunden werden. Ist die<br />
Zusammenführung zweier mittelgroßen Schulen an sich schon ein Mammutprojekt,<br />
so hat sich die Schule noch den Beginn der verpflichtenden Ganztagsschule,<br />
die Einführung neuer Unterrichtsformen und den Aufbau einer eigenen<br />
Teiloberstufe zugemutet. All dies neben dem alle Schulen betreffenden<br />
tiefgreifenden Umbau des Bildungswesens zu meistern, ist eine große Leistung<br />
des Kollegiums. Die an die Grenze gekommenen Belastungen zeigen<br />
aber uns auch deutlich: Ohne weitere Ressourcenverbesserungen werden die<br />
angefangenen Vorhaben nicht zu wirklich nachhaltigen Qualitätsverbesserungen<br />
führen.<br />
Bernd Martens<br />
26 <strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong>
Nachruf auf Klaus Reinsch<br />
Klaus Reinsch, der Schulleiter der <strong>Gesamtschule</strong> Mümmelmannsberg<br />
(GSM), ist am 1. Januar <strong>2008</strong> verstorben. Mehr als 30 Jahre hat er an dieser<br />
Schule gearbeitet - als Lehrer, Abteilungsleiter und 25 Jahre als Schulleiter.<br />
Die Schule hat ihm eine Trauerfeier ausgerichtet, auf der Victor Hert die Trauerrede<br />
gehalten hat, die wir hier mit seiner freundlichen Genehmigung abdrucken<br />
dürfen:<br />
Liebe Angehörige, liebe Trauergäste,<br />
eigentlich gehört die Familie in den Mittelpunkt einer Trauerfeier. Darüber<br />
weiß ich aber fast nur, wie wichtig Ihr für Klaus wart, dass sein Herz an Euch<br />
hing, und dass Eure Existenz und Eure Anteilnahme und praktische Hilfe für<br />
ihn ein großer Trost waren. Einzelheiten aus der Familiengeschichte kenne ich<br />
kaum. Deshalb kann ich Eurer Erinnerung an den Vater und Großvater nur<br />
sein 2. Leben als Schulleiter anbieten. Es ist allerdings die Erinnerung wert.<br />
Seit über 20 Jahren hatte ich zu Klaus und der Schule nur noch sporadischen<br />
Kontakt mit langen Unterbrechungen. Als er sich seit dem letzten Sommer<br />
nicht mehr aus der Wohnung bewegen konnte, gehörte ich dann zu den<br />
vielen Helfern „mit Schlüssel“: er war hingefallen und hatte mit eigenen Kräften<br />
nicht mehr aufstehen können. Nach diesem Schock beruhigte es ihn,<br />
wenn er per Handy Leute mit Wohnsitz in der Nähe notfalls zu Hilfe holen<br />
konnte. Das Wort „Pflegedienst“ erwähnte man damals, im September, besser<br />
nicht.<br />
Heute bauen wir an unserem Denkmal von Klaus (Reinsch). Das ist nicht<br />
ganz uneigennützig, aber notwendig und legitim. Denn er ist im Lauf der Jahre<br />
auf die eine oder andere Weise zu einem oft engen Teil unserer Biographien<br />
geworden. So wie wir ihn in unserer Erinnerung festhalten, bewahren wir<br />
auch etwas von uns selbst vor der vergehenden Zeit.<br />
Nach Erscheinungsbild, Charakter und Lebensleistung gibt Klaus zweifellos<br />
eine brauchbare Vorlage ab für ein Denkmal im Erinnerungsland. Haartracht<br />
und Garderobe demonstrierten auf 1 Meter 92 unmissverständlich<br />
eine Lebenseinstellung aus dem Spektrum der Generation ‘68. Streng genommen<br />
war er kein biographischer ‘68iger, sondern ein Kriegskind des Jahrgangs<br />
40, in den Wirtschaftswunderjahren ordentlicher Industriekaufmann und<br />
junger Familienvater.<br />
Ich stelle mir vor, dass er mit dem Wind von ‘68 die Chance für ein 2.<br />
Leben gespürt und ergriffen hat. Mit dieser 2. Karriere hat er sich restlos<br />
identifiziert, in dieses Lehrerleben hat er seine ganze widersprüchliche Energie<br />
gepackt, so dass schließlich Person und Schulleiter ein und dasselbe waren<br />
– auf jeden Fall in seiner Selbstwahrnehmung.<br />
1981 , als er ins Amt kam, stellte das riesige Kollegium der GSM eine Art<br />
pädagogisches Reform-Treibhaus dar. Tonangebend war ein Mikrokosmos<br />
von Post-68igern unterschiedlichster Couleur, von esoterischen Latzhosen<br />
über alle Arten fortschrittlicher Gutmenschen bis zu dogmatischen Klassenkämpfern.<br />
Die meisten waren mit Hilfe von Bausparverträgen auf dem Weg<br />
erwachsen zu werden, im Kopf noch alle möglichen Überreste vom großen<br />
oder kleinen Traum. Zwei Jahre später regierte Kohl, bald wurde Joschka<br />
Fischer der erste Turnschuh-Minister.<br />
Im Raumschiff GSM gab Klaus eine passende Galionsfigur ab für die<br />
Widersprüche der Zeit und für unsere brodelnden Seelenlagen. Man konnte<br />
<strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong><br />
27
sich an ihn halten als Leuchtturm realitätsfester Schulreform oder man konnte<br />
ihn als pragmatischen Opportunisten verdammen. Er war die autoritäre Eiche,<br />
an der man sich vertrauensvoll festhalten oder empört reiben konnte. Auf<br />
ihn konnte man leicht unausgelebte Träume und uneingestandene Selbstvorwürfe<br />
projezieren.<br />
Jede Generation arbeitet sich an ihren Widersprüchen ab, kokettiert damit,<br />
leidet daran, richtet sich damit ein. Für Mümmelmannsberg gab es fortan<br />
eine Symbolfigur, die mit verblüffender Selbstverständlichkeit die Ungereimtheiten<br />
unserer Altersgruppe (ungeniert und unübersehbar) auslebte.<br />
Da hatten wir also:<br />
Einen pedantischen Hippie, der trickreich mit Haushalt und Statistik jonglierte;<br />
Einen urdeutschen Skatspieler, der samstags als orange-gelber Sanyassin<br />
in der Disko hopste;<br />
Einen Bildungsbürokraten, der die Schlager von Nena für Kunst hielt;<br />
Einen sentimentalen Poltergeist;<br />
Einen demokratischen Despoten,<br />
Einen arbeitswütigen Cabrio-Fahrer ...<br />
die Liste ist durchaus unvollständig.<br />
Dieser bürokratische Anarchist aus Eimsbüttel hatte Schule und Stadtteil<br />
Mümmelmannsberg zu seiner ureigensten Sache gemacht. Das städtebauliche<br />
Sozialmodell a la Gropiusstadt in West-Berlin hatte längst Risse bekommen.<br />
Von der konkreten Utopie war vor allem der Beton geblieben. Bis heute<br />
spülen Krisen zu Hause und in der Welt ihre Opfer bevorzugt hierher. Es<br />
begann, glaube ich, Ende der 70er mit den vietnamesischen Boat-People -<br />
übrigens keine geringe Irritation für uns Weltverbesserer, denen noch das Ho<br />
(-Ho-Ho-) - Tschi-Minh in den Ohren klang.<br />
Die GSM ist der Prototyp einer „Trotzdem-Schule“, die am Ziel sozialer<br />
Gerechtigkeit festhält, auch und gerade, wenn der jeweilige Zeitgeist seine<br />
Kollateralopfer hier ablädt. Auch und gerade dann.<br />
Klaus Reinsch war nicht die GSM, auch wenn er selbst die beiden nicht<br />
wirklich auseinander halten wollte. Die GSM ist nun wirklich eine<br />
Gemeinschaftsanstrengung. Aber Klaus passt so gut als Aushängeschild , weil<br />
er besser als sonst jemand die Hartnäckigkeit personifiziert hat, mit der Schulen<br />
wie diese an scheinbar überholten Idealen festhalten. Die GSM war nie<br />
eine Schönwetterschule. Dieses Unternehmen verlangt Kraft, Hartnäckigkeit,<br />
wahrscheinlich Verbissenheit über das übliche Maß hinaus. Und mit solcher<br />
Zähigkeit plus viel Chuzpe, notfalls bis zum Bluff und zur Realitätsverweigerung<br />
- damit war Klaus reichlich gesegnet. Vielleicht hat er den Starrsinn verkörpert,<br />
den man braucht, um gegen den Ungeist der Zeit anzusteuern. Andere<br />
sind gescheitert. Klaus war nicht die GSM, aber er steht für ihren entschlossenen<br />
Kern.<br />
Die Zeit nötigt zu Kompromissen. Bei ihm hatte sie Haar und Bart domestiziert.<br />
Sein Charakter ist ihm treu geblieben bis zuletzt, ob das nun gut ist<br />
oder schlecht, vielleicht in den letzten Jahren mit noch härteren Kanten. Unsere<br />
Stärken können sich unversehens in Schwächen verkehren. Klaus’ Über-<br />
Identifikation mit der Schule hat ihm das Loslassen nicht erlaubt.<br />
Es hatte sich so ergeben, dass ich mit Klaus in den letzten Monaten mehr<br />
Zeit verbracht habe als in Jahrzehnten davor. Es war ein deja-vu, die Wiederbegegnung<br />
mit einem Menschen, Kollegen und Chef aus einem anderen Zeit-<br />
28 <strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong>
alter, mit vielen Weggefährten von Einst, nicht zuletzt mit mir selbst. Es ist mir<br />
sehr nahe gegangen, wie Klaus sich bei schwindenden Kräften abgequält<br />
hat, wie er die Fassade des Machers gegen die Zumutungen des körperlichen<br />
Verfalls aufrechterhalten wollte, wie die Posen des Amtes schwächer und die<br />
Züge des Menschen schärfer wurden.<br />
Die lange Gestalt wird künftig nicht mehr durch die Flure staksen, wird<br />
nicht mehr ungeduldig in Sitzungen herumpoltern, wird nicht mehr geduldig<br />
Einzelnen zuhören, sich des Problems annehmen und schon eine Lösung finden.<br />
Die Erinnerung an die Gestalt und den Menschen wird uns noch lange<br />
bleiben. Da bin ich sicher.<br />
Victor Hert<br />
Als neue Mitglieder in 2006/07 in der <strong>GGG</strong> begrüßen<br />
wir:<br />
Jan Baier (Rudolf-Roß-GS)<br />
Beate Bergemann (Rudolf-Roß-GS)<br />
Andreas Giese (Erich Kästner-GS)<br />
Hayo Hayunga (Erich Kästner-GS)<br />
Maike Nissen (Erich Kästner-GS),<br />
Peter Puhle (GS Bergedorf),<br />
Eva Segelken (Erich Kästner GS)<br />
Schulverein Erich Kästner – GS<br />
Schulverein GS Winterhude<br />
Letzte Hinweise:<br />
Der Norddeutsche Kongress <strong>2008</strong> findet in Niedersachsen<br />
statt:<br />
Unter dem Motto „<strong>Gesamtschule</strong>n im Aufwind“ tagt<br />
der Kongress vom 26.9.08 ab 16.00 Uhr bis zum 27.9.08<br />
(10.00 – 16.00 Uhr) in der IGS Peine.<br />
Und außerdem unbedingt für 2009 vormerken: Der<br />
nächste Bundeskongress 2009, der der Festkongress zum<br />
40jährigen Bestehen der <strong>GGG</strong> ist, wird vom 25.-27. September<br />
2009 in Hamburg in der Max-Brauer-Schule stattfinden.<br />
<strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong><br />
29
Beitrittsformular<br />
<strong>GGG</strong><br />
<strong>Gemeinnützige</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>Gesamtschule</strong> e. V.<br />
Gesamtschulverband<br />
Bundesgeschäftsstelle: Kreissparkasse Aurich (BLZ 284 510 50) Kto. 7773<br />
Postfach 1307, 26583 Aurich Postscheckamt Dortmund (BLZ 440 100 46) Kto.<br />
150650-465<br />
Tel.: 0 49 41 / 18 77 e-mail:geschaeftsstelle@ggg-bund.de<br />
Beitrittserklärung<br />
Ich / wir trete(n) der <strong>Gemeinnützige</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> <strong>Gesamtschule</strong> e. V. – Gesamtschulverband –<br />
bei als:<br />
Mindestbeitrag<br />
o Korporatives Mitglied • 120, -<br />
o Einzelmitglied • 70, -<br />
o Mitglied mit ermäßigtem Beitrag ( auf Antrag) • 35, -<br />
o Auszubildende und Arbeitslose • 10, -<br />
Zutreffendes bitte ankreuzen bzw. unterstreichen.<br />
Name: Vorname:<br />
Geb.-Datum: Bundesland:<br />
Anschrift (priv.) + Tel., Fax, E-Mail:<br />
Beruf / Funktion / Eltern:<br />
Arbeitsstelle / Schule (mit LZ):<br />
Ort und Datum: Unterschrift:<br />
EINZUGSERMÄCHTIGUNG<br />
Hiermit ermächtige ich Sie widerruflich, die von mir zu entrichtenden Beiträge für die <strong>GGG</strong> von<br />
meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Wenn mein Konto die erforderliche Deckung<br />
nicht aufweist, besteht seitens der kontoführenden Bank keine Verpflichtung zur Einlösung.<br />
Name: Wohnort:<br />
Straße: BLZ:<br />
Bank: Kontonummer:<br />
Ort und Datum: Unterschrift:<br />
Bitte senden Sie die Erklärung an die oben angegebene Adresse der Bundesgeschäftsstelle<br />
in Aurich.<br />
30 <strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong>
<strong>Gemeinnützige</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>Gesamtschule</strong> e. V.<br />
Gesamtschulverband<br />
Die <strong>GGG</strong> ist ein gemeinnütziger Verein, der im Januar 1969 gegründet<br />
wurde und auf Bundesebene derzeit ca 4.000 Mitglieder hat. Diese sind Lehrerinnen<br />
und Lehrer, Eltern, Schülerinnen und Schüler, Fachleute aus Wissenschaft,<br />
Bildungspolitik und Bildungsverwaltung. Zur Mitgliedschaft in der <strong>GGG</strong><br />
sind alle eingeladen, die daran mitwirken wollen, dass die GESAMTSCHU-<br />
LE im Interesse von Kindern, Eltern und Lehrkräften und im Interesse des<br />
gesellschaftlichen Fortschritts zur besseren Schule wird.<br />
Was macht die <strong>GGG</strong>?<br />
Die <strong>GGG</strong> vermittelt das fachkundige Gespräch all derer, die für Schulreform<br />
eintreten. Sie versucht, die dabei gewonnenen Erfahrungen und die dabei<br />
entwickelten Vorstellungen in die schulische und politische Praxis einzubringen.<br />
In ihren Landesverbänden haben sich unterschiedliche Formen der Arbeit<br />
entwickelt: Einrichtung von Expertengruppen, Schüler-, Eltern- und Lehrerseminare,<br />
Gesamschulmärkte, themenbezogene Gesamtschultage, regionale<br />
und bundesweite Kongresse, Informationsbroschüren, Mitgliederzeitungen<br />
und Stellungnahmen zu bildungspolitischen Themen. Arbeitsgruppen der <strong>GGG</strong><br />
haben zu zahlreichen Fragen der Schulpraxis und demokratischen Schulgestaltung<br />
Broschüren erarbeitet. Diese Broschüren erhalten Mitglieder auf<br />
Anforderung in einem Exemplar kostenlos. Außerdem erscheint viermal im<br />
Jahr die Mitgliederzeitschrift „Gesamtschul-Kontakte“ mit Informationen über<br />
die <strong>Gesamtschule</strong>ntwicklung in Deutschland.<br />
Wie ist die <strong>GGG</strong> organisiert?<br />
Die <strong>GGG</strong> ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein, der sich aus<br />
Mitgliederbeiträgen finanziert. Sie untergliedert sich in<br />
Landesverbände und den Bundesverband.<br />
Im Bundeshauptausschuss arbeiten die Landesverbände eng mit dem Bundesvorstand<br />
zusammen. Die Mitgliederversammlung im Rahmen der Bundeskongresse<br />
bestimmt die Grundsätze und Positionen des Verbandes.<br />
Die Bundesorganisation<br />
ermöglicht den Austausch zwischen <strong>Gesamtschule</strong>n, die in den Ländern in<br />
unterschiedlicher Anzahl bestehen und unterschiedlich organisiert sind. Während<br />
zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen nur integrierte <strong>Gesamtschule</strong>n als<br />
Ganztagsschulen mit einer eigenen gymnasialen Oberstufe bestehen, waren<br />
etwa in Hessen fast alle <strong>Gesamtschule</strong>n von Anfang an Halbtagsschulen der<br />
Sekundarstufe I (Mittelstufe). Es wurden eigenständige Oberstufengymnasien<br />
für mehrere Schulen der Sekundarstufe I eingerichtet.<br />
Landesverbände<br />
der <strong>GGG</strong> bestehen in allen Bundesländern. Entsprechend der Anzahl und<br />
Typen der <strong>Gesamtschule</strong>n in einem Land sind die Landesverbände unterschiedlich<br />
groß und haben unterschiedliche Arbeitsschwerpunkte.<br />
In Nordrhein-Westfalen, das etwa ein Viertel aller <strong>GGG</strong>-Mitglieder stellt,<br />
bietet die <strong>GGG</strong> regelmäßige Veranstaltungen im offiziellen Fortbildungsprogramm<br />
für Lehrerinnen und Lehrer und für Eltern an. In anderen Ländern<br />
werden Seminare und Tagungen der <strong>GGG</strong> von den Kultusministerien einzeln<br />
für die Fortbildung anerkannt. Auf Landesebene versteht sich die <strong>GGG</strong> als<br />
Lobby für die <strong>Gesamtschule</strong>n, die bei bildungspolitischen Entscheidungen auf<br />
die Belange der Gesamschulen achtet und Stellungnahmen abgibt. �<br />
<strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong><br />
Über die <strong>GGG</strong><br />
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32 <strong>GGG</strong> LV HH Info 1/<strong>2008</strong>