~:Ifi24-Stunden-Arena
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~:<strong>Ifi24</strong>-<strong>Stunden</strong>-<strong>Arena</strong><br />
Die SAP-<strong>Arena</strong> in Mannheim ist eine der größten Veranstaltungshallen der Republik.<br />
Hinter den Kulissen sorgt rund um die Uhr ein Team von Dienstleistern dafür, dass Türen<br />
nicht einrosten, Mülleimer geleert werden und immer der richtige Boden liegt<br />
econo 9/2008·5. September 2008<br />
I<br />
_________~
tagnachmi ttag, kurz nach<br />
Mannheim, 16 Uhr. InSAP·<strong>Arena</strong>. zwei <strong>Stunden</strong> Frei<br />
wird hier das Eis knirschen. Die Ad<br />
ler spielen gegen die Kassel Huskys,<br />
ein Freundschaftsspiel zum Saison<br />
auftakt. Vor den Eingängen warten<br />
die Fans, einige versinken regel<br />
recht in ihren riesigen blauen Tri<br />
kots mit dem stilisierten Greifvogel<br />
Kopf. 12400 Zuschauer werden<br />
heute ihr Team anfeuern. Doch<br />
noch ist die Halle gespenstisch leer.<br />
Die Luft ist kühl, die Eistläche glänzt<br />
im Flutlicht. Es sind solche Nach<br />
mittage, an denen Sait Shala-Scobel<br />
in seinem blauem Poloshirt und der<br />
grauen Hose mit aufgenähten Beintaschen<br />
oben in Block 412 zwi<br />
schen den Zuschauerrängen steht.<br />
Seine Augen wandern rastlos durch<br />
die endlosen Stuhlreihen. Ist hier al<br />
les in Ordnung? Das Walkie-Talkie<br />
in seiner Hand knackt und rauscht.<br />
"Alles sauber", meldet eine Män<br />
nerstimme. Shala-Scobel blickt auf,<br />
winkt dem Kollegen auf der anderen<br />
Seite der <strong>Arena</strong> zu. Auch der<br />
trägt ein blaues Shirt und ein graue<br />
Hose.<br />
"Der Job ist ziemlich<br />
abwechslungsreich. "<br />
Könnte man durch die Wände der<br />
<strong>Arena</strong> schauen, würde man in den<br />
Gängen und Treppenhäusern, zwischen<br />
den Sitzreihen und in den<br />
VIP-Logen ein Dutzend dieser blaugrauen<br />
uniformierten Gebäudereini<br />
ger ausmachen können. Shala-Sco·<br />
bel behält den Überblick auch ohne<br />
Röntgenauge. Seit ApriJ ist der Ge<br />
bäudereiniger-Meister in der SAP<br />
<strong>Arena</strong> im Einsatz. Es dauerte, bis er<br />
sich an die Dimensionen gewöhnt<br />
hatte. Den Raumplan hat er sich<br />
ausgedruckt, damit ihm keine Ecke<br />
in dem 44 200 Ouadratmeter großen<br />
Riesengebäude entgeht. Das ist<br />
ein Fläche von mehr als sechs Fuß<br />
ballfeldern. "Der Job ist ziemlich ab<br />
wechslungsreich", sagt der Putzpro<br />
fi und grinst. "Freier Eintritt zu allen<br />
Veranstaltungen." Auskosten kann<br />
der 39-Jährige dieses PriviJeg allerdings<br />
nicht. Während das Publikum<br />
mit den Adlern fiebert, dirigiert er<br />
hinter den Kulissen sein Team. Mit<br />
Wischmob, Staublappen und Plas<br />
tiktüten sorgen sie dafür, dass die<br />
Ränge nicht im Müllchaos versin<br />
ken, sich Ketchup-Flecken am Bo<br />
den nicht in schmierige Rutschbahnen<br />
verwandeln.<br />
Ebenen des Facility Managements<br />
Normative Ebene<br />
(FM·Einbindungl<br />
Strategische Ebene<br />
(FM-Leitung, FM·Consulting)<br />
Operative Ebene<br />
(Objektmanagerl<br />
Zuarbeitende Ebene<br />
(Gruppenleiter)<br />
Ausführende Ebene<br />
(Einzelleistungl<br />
Quelle: GEFMA. www.gefma.de<br />
Shala-Scobel arbeitet für die Heidelberger<br />
Firma Breer (Slogan: "Wir<br />
machen - Sie zufrieden"), einer von<br />
sechs DienstJeistern, die das Management<br />
der SAP-<strong>Arena</strong> mit Aufgaben<br />
rund ums Gebäudemanagement<br />
betraut hat: Reinigungskräfte,<br />
Sicherheitsleute, Caterer, Umbauspezialisten,<br />
Hostessdienste und<br />
Parkplatzbetreiber. Koordiniert werden<br />
deren Einsätze vom 33-jährigen<br />
Markus Wincher. Als Facility Manager<br />
der Betriebsgesellschaft ist er dafür<br />
verantwortlich, dass sich die<br />
1000 Türen in der Multifunktionshalle<br />
problemlos öffnen, die Mülleimer<br />
regelmäßig geleert werden und<br />
das gesamte Gebäude über die Jahre<br />
wenig an Wert verliert. Wincher:<br />
"Meine Aufgaben verteiJen sich auf<br />
drei Bereiche: Event, Instandsetzung<br />
und Bauvorhaben."<br />
In seinem Büro hängt ein großer<br />
Wandkalender. Jeder Farbbalken darauf<br />
steht für ein Event in der Are-<br />
Vor einem HandbaIlspiel wird auf das<br />
Eis ein HaIlenboden verlegt.<br />
Investor/Unternehmensvorstand<br />
Liegenschafts- und<br />
Immobilienmanagement<br />
Gebäudemanagement<br />
Oienstlei stu ng smana9ement<br />
Team im Bau- oder<br />
Oienstl eistu n9sbe re ich<br />
Grafik: grafiKS Kai Segelken<br />
na: Blau für Eishockey, Gelb für<br />
Handball, Orange für Konzerte. Vor<br />
allem an den Wochenenden ist es<br />
ziemlich bunt. Blau-Orange·Gelb,<br />
Freitag-Samstag-Sonntag. Unzählige<br />
Kombinationen, fallen beim Blick<br />
auf den Jahresplaner ins Auge. Hinter<br />
jeder Markierung steht ein minutiöser<br />
Plan. Um ihn zu erfüllen,<br />
müssen die einzelnen Service<br />
Teams wie Zahnrädchen eines Uhrwerks<br />
ineinandergreifen. Würde es<br />
etwa Umbau-Spezialist Holger Schäfer,<br />
Chef der HS Eventservice<br />
GmbH, mit seinen Leuten nicht<br />
schaffen, in der Nacht von Freitag<br />
auf Samstag die Eistläche abzudecken,<br />
die Banden abzumontieren<br />
und die Bestuhlung umzubauen,<br />
dann verzögerte sich der für sechs<br />
Uhr terminierte Aufbau der Bühne<br />
für das Rockkonzert am Abend.<br />
Würde er es in der darauffolgenden<br />
Nacht nicht schaffen, den Handballboden<br />
aufzulegen, die Zeitnehmertische<br />
zu pJatzieren und die Tore zu<br />
verankern, dann könnten die Rhein<br />
Neckar-Löwen am Sonntag um<br />
neun Uhr nicht auf Handballboden<br />
trainieren.<br />
Neben den externen Dienstleistern<br />
kann Wincher auf 15 eigene<br />
Techniker zurückgreifen. Sie sind in<br />
Bereichen tätig, die der FaciJity Manager<br />
zu den Kernkompetenzen der<br />
"SAP-<strong>Arena</strong> GmbH" zählt: Elektrik,<br />
Heizung, Licht, Eis. Bei der komplexen<br />
Haustechnik gehe es an die<br />
Substanz des Hauses. Hier wolle er<br />
selbst den Überblick behalten.<br />
"Nicht alles lässt sich outsourcen."<br />
1m Sommer, wenn es weniger Veranstaltungen<br />
gibt, machen die eigenen<br />
Leute Wartungsarbeiten in der<br />
Halle - und zum TeiJ auch bei anderen<br />
Unternehmen.<br />
Ausgelagert hat Wincher alle Tätigkeiten,<br />
die einen hohen Personalaufwand<br />
und spezifische Fach-<br />
Facility Management 49<br />
kenntnisse erfordern. Beispiel Sicherheit:<br />
"Security erfordert einen<br />
enormen personellen Aufwand",<br />
sagt er. "Um J00 Leute für eine VeranstaJtung<br />
verfügbar zu haben,<br />
brauche ich einen Stamm von 250."<br />
Allein die Lohnabrechung wäre<br />
enorm aufwendig. Obendrein müsste<br />
Wincher in die Ausstattung der<br />
Leute investieren. Das rechnet sich<br />
für ihn nicht. Aber für andere.<br />
Die Mitarbeiter mit dem Knopf<br />
im Ohr, die in der SAP-<strong>Arena</strong> für<br />
Ordnung sorgen, sind beim Sicherheitsdienst<br />
der Mannheimer Dienstleistungsgruppe<br />
Lieblang angesteUt.<br />
Auch die vier Wachmänner plus<br />
Hund, die im Schichtwechsel rund<br />
um die Uhr die <strong>Arena</strong> vor ungebetenen<br />
Gästen schützen sollen, arbeiten<br />
für Lieblang. Dabei findet es<br />
Wincher eigentlich nicht abwegig,<br />
den Objektschutz selber zu organisieren.<br />
"Das würde sich in Eigenleistung<br />
mit FestangesteUten viel·<br />
leicht sogar wirtschaftlicher machen<br />
lassen." Konkrete Pläne, die Aufgabe<br />
"zurück ins Haus" zu holen, existierten<br />
aber noch nicht.<br />
"Keine Veranstaltung<br />
gleicht der anderen."<br />
In der SAP-<strong>Arena</strong> hat es in den ers·<br />
ten Jahren so viele "Baustellen" ge·<br />
geben, dass Wincher outgesourct<br />
hat, wo immer es möglich war. "Es<br />
ist praktisch, wenn man für jeden<br />
Bereich nur einen Ansprechpartner<br />
hat", sagt er. Die Anfangszeit sei allerdings<br />
schwer gewesen. Nicht alles<br />
klappte. Reinigung und Umbauten<br />
wurden in den ersten Monaten<br />
noch von anderen DienstJeistern erledigt<br />
als heute. Die waren jedoch<br />
überfordert. Die speziellen Anforderungen<br />
der <strong>Arena</strong> lassen sich nicht<br />
mit denen von Verwaltungsgebäuden,<br />
Hotels oder Kongresszentren<br />
vergleichen. "Damit hier der Be·<br />
trieb reibungsJos laufen kann, müssen<br />
die verschiedenen DienstJeister<br />
Hand in Hand arbeiten", sagt Karl<br />
Breer, Chef des gleichnamigen Gebäudereinigungsunternehmens.<br />
"Keine Veranstaltung gleicht der anderen,<br />
wir müssen uns fast jedes<br />
Mal aufs Neue<br />
men."<br />
aufeinander abstim<br />
Hierbei zahlt sich die Strategie<br />
des FaciJity Managements der SAp·<br />
<strong>Arena</strong> aus, nicht alle Service- Leistungen<br />
aus einer Hand einzukaufen:<br />
Die Service-Unternehmen kon·<br />
trollieren sich gegenseitig. ~~<br />
9/2008' 5. September 2008 econo<br />
I<br />
I
v or, während und nach jeder Veranstaltung in der SAP-<strong>Arena</strong> sind Dienstleister gefragt, zur EinlasskontroIIe, zum Saubermachen oder Umbauen. Bild: Rinderspacher<br />
~~ Die Sicherheitsexperten haben<br />
ein Auge auf die Platzanweiser, die<br />
ein Auge auf die Reinigungskräfte,<br />
die wiederum ein Auge auf das Umbauteam_<br />
Und alle arbeiten Hand in<br />
Hand mit den Haustechnikern. Auf<br />
diese Weise hat der Schlendrian we<br />
nig Chancen. "Es ist ein schönes<br />
Gefühl, wenn man weiß, das alles<br />
funktioniert", sagt Wincher.<br />
Beim Bau die Betriebskosten<br />
vernachlässigt<br />
Arbeitslos ist der Facility Manager<br />
trotzdem nicht. Die <strong>Arena</strong> ist jetzt<br />
drei Jahre alt, und es fallen immer<br />
mehr kleinere Reparaturen an. Ge<br />
rade war auch das erste große Überprüfungsintervall<br />
der Haustechnik<br />
durch unabhängige Fachleute fällig.<br />
Kosten: 30000 bis 50 000 Euro.<br />
Zudem wird irgendwo im Haus fast<br />
ständig umgebaut. Da es in der Mul<br />
tifunktionshalle praktisch keine La<br />
gerfläche gibt, hat Wincher anders<br />
wo eine Lagerhalle angernietet.<br />
"Hätten wir in der Planungs- und<br />
Bauphase an einigen Stellen etwas<br />
mehr investiert, wären unsere Kos<br />
ten jetzt etwas geringer", sagt er.<br />
Dabei hat er selbst den Bau der Are<br />
na vom ersten Spatenstich an begleitet.<br />
Er war für das Ingenieurbüro tä<br />
tig, das die Oberbauleitung innehat<br />
te, bekam nach Fertigstellung der<br />
<strong>Arena</strong> dann ein Angebot von Mäzen<br />
und SAP-Gründer Dietmar Hopp.<br />
econo 9{2008' 5. September 2008<br />
WAS IST FACILITY MANAGEMENT?<br />
Facility Management (FM) hatsich als eigenständige Management<br />
disziplin etabliert. Der Begriff leitet sich von dem englischen Wort für<br />
Gebäude, Anlagen und Einrichtungen ..facilities" ab. Die Mutterländer<br />
des FM sind die Vereinigten Staaten, Großbritannien und die Nieder<br />
lande. In Deutschland ist der Begriff erst seit Mitte der 90er Jahre ver<br />
breitet. Die Tätigkeitsfelder selbst sind nicht neu: Sie reichen von klas<br />
sischen Hausmeistertätigkeiten bis zum strategischen Gebäudema<br />
nagement. Reinigung, Bewachung, Instandhaltung, Catering, Parkplatz-Management,<br />
Gartenarbeiten - das alles fällt in den Verantwor<br />
tungsbereich eines Facility Managers. Seine Aufgabe ist die Koordi<br />
nation, Analyse und Optimierung der im Unternehmen erbrachten<br />
Dienstleistungen. Um die Kosten der Gebäudenutzung später mög<br />
lichst gering zu halten, sind die Gebäudemanager in der Rege/schon<br />
in der Bauphase von Immobilien und anderen technischen Einrich<br />
tung eng in die Planung eingebunden.<br />
Es gibt mehrere Definitionen, in denen die Funktion der Facility Mana<br />
ger eindeutig beschrieben werden: Die Richtlinien GEFMA 100-1 des<br />
Deutschen Verbandes für Facility Management (GEFMA) und DIN EN<br />
15221 des europäischen Normenausschusses verstehen die Aufga<br />
ben der FM-Spezialisten dabei heute als typische "Unterstützung" für<br />
das eigentliche Geschäft eines Unternehmens. "Funktionierendes Fa<br />
cility Management ist die Voraussetzung für ein effizientes Kernge<br />
schäft", sagen die Berater von Bene Consulting in Frankfurt. Zur Effi<br />
zienzsteigerung aller Prozesse werden FM-Aufgaben daher meist ge<br />
bündelt und vollständig aus den Kernprozessen eines Unternehmens<br />
herausgelöst.<br />
Im Idealfall ist Facility Management mehr mehr als Immobilienmanagement.<br />
Auf der strategischen Ebene geht es darum, die Ressource<br />
Gebäude über seinen gesamten "Lebenszyklus" - von der Projektidee<br />
bis zu Umwidmung - so effektiv wie möglich zu nutzen. So lässt sich<br />
rasch erkennen, wann die Kosten der Gebäudenutzung die Investitionssumme<br />
überflügeln, also ein Neubau günstiger kommt als die weitere<br />
Nutzung der alten Immobilie.<br />
"Jetzt auf der Technikseite fällt mir<br />
auf, dass der Generalunternehmer<br />
während des Baus die späteren Betriebskosten<br />
nicht ausreichend im<br />
Blick hatte." Baukonzerne wie Bi]finger<br />
Berger, Wayss & Freytag und<br />
Hochtief haben in erster Linie die<br />
Errichtungskosten im Auge - versuchen<br />
meist jedoch auch, das spätere<br />
Facility<br />
men.<br />
Management zu überneh<br />
Hinterlassenschaften<br />
der Fans beseitigen<br />
Gebäudereiniger Shala-Scobel<br />
macht sich über so etwas momentan<br />
keine Gedanken. Die Adler haben<br />
verloren. "Zum Glück nur ein<br />
Freundschaftsspiel", sagt er und erzählt<br />
von Fan-Feiern und Zuschauerfrust.<br />
Beides hat Spuren hinterlassen.<br />
Doch jetzt geht alles schnell.<br />
Kurz nach Abpfiff sind seine Leute<br />
auf den Rängen, sammeln Müll und<br />
wischen Getränkepfützen auf. Das<br />
Großreinemachen findet erst am<br />
nächsten Vormittag statt. Sobald der<br />
letzte Breer-Mitarbeiter den Besen<br />
in die Ecke stellt, meldet sich Shala<br />
Scobel beim Haustechniker ab. Der<br />
drückt auf einen Knopf. Die <strong>Arena</strong><br />
versinkt im Dunkel. "Jede Minute<br />
zählt", sagt Markus Wincher. "Unsere<br />
Stromrechnung beläuft sich jeden<br />
Monat auf einen hohen fünfstelligen<br />
Betrag." Wie viel genau,<br />
will er nicht verraten. Betriebsgeheimnis.<br />
Oaniel Albrecht