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01 Titel 23.08.2005 14:25 Uhr Seite 1<br />
Weitere Themen<br />
Die <strong>AWO</strong> bewegt<br />
Von Bonn nach Berlin<br />
Großer <strong>AWO</strong> Staffellauf.<br />
In acht Tagen, 700 Kilometer,<br />
quer durch die Republik<br />
S. 4<br />
NR. 5<br />
Z G 11394 11394E<br />
E<br />
www.awo.org<br />
50. Jahrgang September/Oktober 2005<br />
Deutschland<br />
hat die Wahl<br />
Friedenspreis<br />
Mutig für Reformen –<br />
standhaft gegen Radikalismus<br />
Bundeskanzler Gerhard Schröder mit<br />
dem Heinrich-Albertz-Friedenspeis<br />
der <strong>AWO</strong> ausgezeichnet S. 10
IN DIESER AUSGABE<br />
4<br />
Von Bonn nach Berlin<br />
Der große <strong>AWO</strong>-Staffellauf:<br />
Bonn - Berlin<br />
Am 16. September fällt der Startschuss<br />
in Bonn, am 23. September ist Zieleinlauf und Eröffnung<br />
der neuen Bundesgeschäftsstelle der <strong>AWO</strong> in Berlin.<br />
6 Titel<br />
Deutschland hat die Wahl<br />
Am 18. September ist Bundestagswahl.<br />
In unserem „Wahl Spezial<br />
2005“ ziehen wir Bilanz und vergleichen<br />
die Programme der Parteien mit<br />
den Standpunkten der <strong>AWO</strong>.<br />
10 Friedenspreis<br />
Mutig für Reformen –<br />
standhaft gegen Radikalismus<br />
Die <strong>AWO</strong> hat Bundeskanzler Gerhard<br />
Schröder mit dem Heinrich-Albertz-<br />
Friedenspreis ausgezeichnet, „für seinen Einsatz für Demokratie<br />
und Toleranz und sein entschlossenes Handeln zur Sicherung des<br />
friedlichen Zusammenlebens der Völkergemeinschaft“.<br />
14 Report<br />
Mehr als nur reisen<br />
<strong>AWO</strong>-Reisedienste bieten nicht nur erstklassigen Service und<br />
Rundumbetreuung sondern eine ganz menschliche Atmosphäre.<br />
Beispiel Unna.<br />
16 Internationales<br />
Neues Vertrauen in der Stadt des Grauens<br />
Zehn Jahre ist es her, dass serbische Truppen in Srebrenica 8.000<br />
Jungen und Männer ermordet haben. Vertrauen wieder aufzubauen<br />
ist schwerer als zerstörte Gebäude. Das „Haus des Vertrauens“<br />
soll dazu einen Beitrag leisten.<br />
22<br />
26<br />
28<br />
32<br />
34<br />
46<br />
Titel: dpa<br />
Die <strong>AWO</strong> bewegt<br />
20 Kampagne<br />
Mit „Dr. Schnupper“ gesund bleiben<br />
Eine Informationskampagne in Kindertageseinrichtungen hat<br />
die <strong>AWO</strong> gemeinsam mit dem BKK Bundesverband und dem<br />
Deutschen Forum Prävention gestartet, um über kostenlose<br />
Präventionsleistungen aufzuklären.<br />
Aktuelles<br />
Für Sie ge<strong>lesen</strong><br />
Fachinformationen<br />
Impressum<br />
Ländermagazin<br />
Rätsel<br />
BLICKPUNKT<br />
Ilsa Diller-Murschall,<br />
stv. <strong>AWO</strong>-Bundesgeschäftsführerin<br />
Bildung von<br />
Anfang an<br />
„BILD dir Deine Meinung“ prangt es von den Plakatwänden der<br />
Republik und dieses Wortspiel gerät erst in Kenntnis des da beworbenen<br />
Blattes zum reinen Zynismus. Keinesfalls besser ergeht<br />
es einem jedoch <strong>beim</strong> Blick in das CDU-„Regierungsprogramm“.<br />
Da wird in einem knappen dreiseitigen Kapitel unter dem Stichwort<br />
„Zukunft für Familien: Bildung und Erziehung“ erwartungsgemäß<br />
die Familie als wichtigste Form des Zusammenlebens gepriesen,<br />
dann folgt frühkindliche Sprachförderung und Förderung<br />
der Eliten. Diese Gewichtung macht schon etwas sprachlos.<br />
Zentraler Schwerpunkt scheint dann aber die Stärkung des schulischen<br />
Religionsunterrichtes zu sein.<br />
Zu hoffen bleibt, dass der jüngst erschienene 12. Kinder- und<br />
Jugendbericht der Bundesregierung auf diesem schwarzen<br />
Hintergrund Licht in<br />
die Debatte trägt. Eine gute Bildung ist für die Jugend ein Zucht-<br />
Auch er verweist an<br />
mittel, für das Alter ein Trost, für den Armen<br />
verschiedenen Stellen<br />
auf die zentrale<br />
Reichtum und für den Reichen ein Schmuck.<br />
Rolle der Familie Diogenes von Sinope, 323 v. Chr., altgriechischer Philosoph und Satiriker<br />
befördert aber vor<br />
allem den Gedanken eines weiten Bildungsbegriffes, der auch<br />
und gerade die Angebote und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe<br />
als wichtigen Bestandteil kommunaler Bildungslandschaften<br />
herausarbeitet. Der enge Zusammenhang von sozialer<br />
Herkunft und Bildung ist in Deutschland extrem stark ausgeprägt<br />
– so ge<strong>lesen</strong> ist die PISA Studie auch eine Armutsstudie. Diesen<br />
Zusammenhang auf zu lösen muss Ziel einer zukunftsweisenden<br />
Bildungspolitik sein. Der gemeinsame Schulbesuch bis zur 8-<br />
10ten Klasse, d.h. die Verabschiedung vom dreigliedrigen Schulsystems,<br />
die flächendeckende Einführung der Ganztagsschule,<br />
die Festlegung bundesweit gültiger Bildungsstandards bei gleichzeitig<br />
stärkerer Autonomie der Einzelschulen können wichtige<br />
Schritte auf dem Weg hin zu mehr Chancengerechtigkeit sein.<br />
Aber Bildung fängt nicht erst in der Schule an. Sie ist von Anfang<br />
an notwendig. Da weist der 12. Kinder- und Jugendbericht<br />
in die richtige Richtung, wenn er den Rechtsanspruch für alle Kinder<br />
von Geburt an und die Beitragsfreiheit für die Bildung und Erziehung<br />
in unseren Kindertageseinrichtungen fordert.<br />
Von alle dem ist bei der CDU nichts zu <strong>lesen</strong>, weder im Bund<br />
noch in den Ländern. Eliten wachsen nicht auf Bäumen sondern<br />
erwachsen aus einer breiten, gut ausgebildeten Generation –<br />
dies ist nicht nur gerecht, sondern auch klug: Nicht nur wer mangelnde<br />
Geburten beklagt muss jedes einzelne Kind wichtig nehmen.<br />
Kinder und Jugendliche dürfen nicht vergessen oder ausgesondert<br />
werden. Frühe Förderung und späte Selektion sind zwei<br />
der Eckpunkte die die Arbeiterwohlfahrt auf ihrer letzten Bundeskonferenz<br />
bildungspolitisch beschlossen hat. In der von ihr einberufenen<br />
Bildungskommission arbeitet sie auf der Grundlage ihrer<br />
Grundwerte Solidarität, Gleichheit, Gerechtigkeit und Toleranz<br />
jetzt ihre Position weiter aus. Anfang 2006 soll ein Positionspapier<br />
verabschiedet werden, auf dessen Basis der Sozialbericht<br />
2006 erarbeit wird.<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
3
4 DIE <strong>AWO</strong> BEWEGT<br />
Unterstützt von:<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
Großer <strong>AWO</strong>-Staffellauf<br />
Von Bonn nach Berlin<br />
Unter dem Motto „Die <strong>AWO</strong> bewegt“ veranstaltet die <strong>AWO</strong> vom 16. bis 23. September einen<br />
großen <strong>AWO</strong>-Staffellauf von Bonn nach Berlin. Anlass ist die offizielle Eröffnung der neuen<br />
Bundesgeschäftsstelle in der Blücherstraße 62 in Berlin/Kreuzberg am 23. September.<br />
Am 16. September, um kurz<br />
nach 13 Uhr, wird Karin Clement,<br />
die Frau von Bundeswirtschaftsminister<br />
Wolfgang Clement,<br />
an der <strong>AWO</strong>-Bundesgeschäftsstelle<br />
in Bonn den Startschuss<br />
geben. Über 700 Kilometer stehen<br />
dann an acht Tagen auf dem Streckenplan<br />
für den großen <strong>AWO</strong>-Staffellauf<br />
quer durch Deutschland<br />
nach Berlin. Im Laufschritt wird der<br />
Staffelstab von Bonn über Köln,<br />
Düsseldorf, Dortmund, Bielefeld,<br />
Hannover, Braunschweig, Magdeburg<br />
und Brandenburg nach Berlin<br />
getragen (detaillierte Streckenführung<br />
siehe Kasten).<br />
Doch damit nicht genug. An<br />
der Wegstrecke beteiligen zahlreiche<br />
Landes-, Bezirks- und Kreisverbände,<br />
<strong>Ortsverein</strong>e und Einrichtungen<br />
an der Veranstaltung und richten<br />
eigene Feste und Feiern aus,<br />
wie etwa der Bezirksverband<br />
Mittelrhein in Köln-Fühlingen mit<br />
einer Dankeschön-Veranstaltung für<br />
WerberInnen der Mitgliederwerbekampagne,<br />
der Bezirksverband<br />
Ostwestfalen-Lippe mit Kaffeetafel<br />
und Musik im Aktivitätenzentrum<br />
Meinolfstraße sowie Kreisverbände<br />
und Einrichtungen in Herford,<br />
Bad Oeynhausen oder Minden, sowie<br />
die Bezirksverbände in Hanno-<br />
ver oder Braunschweig (ständig aktualisierte<br />
Informationen zu den<br />
Etappen-Veranstaltungen im Internet:<br />
www.awo.org, Button Bonn-<br />
Berlin).<br />
Pro Tag werden rund 100 Kilometer<br />
zurückgelegt, in einzelnen<br />
Etappen zu jeweils etwa zehn Kilometer.<br />
Die LäuferInnen können so –<br />
je nach eigener Kondition – Teilstrecken<br />
von rund 10, 20, 30 oder<br />
fast die Marathonstrecke von 40<br />
Kilometern laufen. Die Teilstrecken<br />
beginnen und enden jeweils an<br />
Kontrollpunkten, wo jede/r LäuferIn<br />
in den Staffellauf ein- oder aussteigen<br />
und sich mit Getränken
Vom 16. bis 23. September:<br />
In acht Tagen,<br />
700 Kilometer von<br />
Bonn nach Berlin,<br />
quer durch Deutschland<br />
oder Verpflegung versorgen kann.<br />
Am 23. September, gegen 15 Uhr,<br />
werden die LäuferInnen der Schlussetappe<br />
von Bundeswirtschaftsminister<br />
Wolfgang Clement, der voraussichtlich<br />
selbst zur Schar der<br />
SchlussläuferInnen gehören wird,<br />
in Berlin begrüßt. Um 16 Uhr findet<br />
dann die offizielle Eröffnung<br />
der neuen <strong>AWO</strong>-Bundesgeschäftsstelle<br />
in Berlin statt. Schirmherr des<br />
<strong>AWO</strong>-Staffellaufes ist der Regierende<br />
Bürgermeister von Berlin<br />
Klaus Wowereit. Finanziell wird<br />
der Lauf von zahlreichen Partnerfirmen<br />
der <strong>AWO</strong> unterstützt.<br />
(fer)<br />
Tagesetappen:<br />
1. Tag<br />
Freitag, 16. September 2005<br />
Start, 13 Uhr: Bonn, <strong>AWO</strong> Bundesverband,<br />
Oppelner Str. 130<br />
Bonn-Tannenbusch<br />
Wesseling<br />
Köln-Zentrum<br />
Köln-Chorweiler<br />
Ziel, 17 Uhr: Köln-Fühlingen, „Gasthaus<br />
Fühlingen“, Neusser Landstr. 98<br />
2. Tag<br />
Samstag, 17. September 2005<br />
Start, 8 Uhr: Köln-Fühlingen, „Gasthaus<br />
Fühlingen“, Neusser Landstr. 98<br />
Dormagen<br />
Neuss-Uedesheim<br />
Düsseldorf-Flehe<br />
Düsseldorf-Stadtwald<br />
Ratingen-Eggerscheidt<br />
Essen-Werden<br />
Hattingen<br />
Witten<br />
Ziel, 18 Uhr: Dortmund, Westfalenpark<br />
3. Tag<br />
Sonntag, 18. September 2005<br />
Start, 8 Uhr: Dortmund, Westfalenpark<br />
Kamen<br />
Hamm<br />
Beckum<br />
Oelde<br />
Rheda-Wiedenbrück<br />
Gütersloh<br />
Friedrichsdorf<br />
Ziel, 17 Uhr: Bielefeld, Aktivitätenzentrum,<br />
Meinolfstraße 4<br />
4. Tag<br />
Montag, 19. September 2005<br />
Start, 8 Uhr: Bielefeld, Elfriede-Eilers-<br />
Zentrum, Detmolder Str. 280<br />
Herford, 9.30 Uhr: <strong>AWO</strong> Kreisverband,<br />
Schillerstraße 20<br />
Bad Oeynhausen, 11.30 Uhr: „Rehmer<br />
Eck“ (Zufluss Wette-Weser)<br />
Minden, 13 Uhr: Schiffsmühle an der<br />
Weserpromenade<br />
Bückeburg/Röcke<br />
Vehlen<br />
Nienstädt<br />
Stadthagen<br />
Lindhorst<br />
Bad Nenndorf<br />
Bantof<br />
Barsinghausen<br />
Ziel, 18 Uhr: Hannover, <strong>AWO</strong> Bezirksverband<br />
Hannover, Körtingsdorfer Weg 8<br />
Bonn - Berlin<br />
5. Tag<br />
Dienstag, 20. September 2005<br />
Start, 9 Uhr: Hannover, <strong>AWO</strong> Bezirksverband<br />
Hannover, Körtingsdorfer Weg 8<br />
Sehnde<br />
Stedum<br />
Ilsede<br />
Lahstedt-Oberg<br />
Vechelde<br />
Wedtlenstedt<br />
Ziel, 17 Uhr: Braunschweig, <strong>AWO</strong> Bezirksverband<br />
Braunschweig, Peterskamp 21<br />
6. Tag<br />
Mittwoch, 21. September 2005<br />
Start, 9 Uhr: Braunschweig, <strong>AWO</strong> Bezirksverband<br />
Braunschweig, Peterskamp 21<br />
Klein-Schöppenstedt<br />
Bornum<br />
Lelm<br />
Helmstedt<br />
Erxleben<br />
Bornstedt<br />
Hohenwarsleben<br />
Magdeburg-Kannenstieg<br />
Ziel, 18 Uhr: Magdeburg,<br />
Neuer Sülzeweg 75<br />
7. Tag<br />
Donnerstag, 22. September 2005<br />
Start, 9 Uhr: Magdeburg,<br />
Neuer Sülzeweg 75<br />
Burg<br />
Ziesar<br />
Ziel, 18 Uhr: Brandenburg<br />
8. Tag<br />
Freitag, 23. September 2005,<br />
Start, 9 Uhr: Brandenburg<br />
Glindow<br />
Geltow<br />
Potsdam<br />
Wannsee<br />
Zehlendorf<br />
Kreuzberg<br />
Ziel, 15 Uhr: Berlin, <strong>AWO</strong> Bundesverband,<br />
Blücherstr. 62/63<br />
5
6 TITEL<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
Fotos: dpa<br />
Wohin geht Deutschland nach dem 18. September?<br />
Deutschland<br />
Am 18. September ist Bundestagswahl. Ein Jahr früher<br />
als vorgesehen. Bundeskanzler Schröder ließ sich am<br />
1. Juli 2005 bewusst das Misstrauen im Deutschen<br />
Bundestag aussprechen, der Bundespräsident löste 20<br />
Tage später den Bundestag auf und verkündete Neuwahlen.<br />
Trotz der verkürzten Wahlperiode bleiben die<br />
Fragen vor einer anstehenden Wahl bestehen: Was hat<br />
die Regierung Schröder in den vergangenen drei Jahren<br />
geleistet? Was ist aus <strong>AWO</strong>-Sicht weiterhin dringend<br />
nötig? Was wollen die Parteien in ihren aktuellen<br />
Wahlprogrammen? In unserem „Wahl Spezial 2005“<br />
ziehen wir Bilanz und vergleichen die Programme der<br />
Parteien.<br />
sind die Enten<br />
fett“ pflegt Bundes-<br />
„Hinten<br />
kanzler Gerhard Schröder<br />
auf die Frage nach den Wahlaussichten<br />
der rot-grünen Koalition<br />
für die b<strong>ev</strong>orstehende Bundestags-<br />
wahl zu sagen. Die Wahlen entscheiden<br />
sich erst auf den letzten<br />
Metern und da wollen wir mal sehen,<br />
mag der Kanzler denken, wer<br />
das bessere Ende für sich hat. Sein<br />
Optimismus beruht nicht zuletzt
hat die Wahl<br />
auf einer ähnlichen Gemengelage<br />
wie vor den letzten Bundestagswahlen.<br />
Im Frühjahr/Sommer vor<br />
drei Jahren gaben weder Meinungsforscher<br />
noch die Schreiberlinge<br />
auf dem Boul<strong>ev</strong>ard und in<br />
den seriösen Medien einen Pfifferling<br />
auf den Kanzler und seine<br />
Koalition. Es kam anders: Edmund<br />
Stoiber war am frühen Wahlabend<br />
der selbsternannte, Gerhard Schröder<br />
nach Auszählung aller Wählerstimmen<br />
der wieder gewählte<br />
Bundeskanzler.<br />
Es ging ans Eingemachte<br />
Weder Opposition noch große<br />
Teile der Medien verschwiegen ihren<br />
Unbill darüber, dass rot-grün<br />
es „gewagt“ hat, noch einmal das<br />
Mandat der WählerInnen zu erhalten.<br />
Die Tinte unter dem mühsam<br />
ausgehandelten Koalitionsvertrag<br />
war noch nicht getrocknet, da versammelte<br />
sich die Opposition unter<br />
Roland Koch, um die rot-grüne<br />
Koalition massiv anzugehen. Es<br />
ging ans Eingemachte: Die Legitimation<br />
der Bundesregierung wurde<br />
kurzerhand in Frage gestellt.<br />
Ermitteln sollte dies ein Untersuchungsausschuss<br />
im Deutschen<br />
Bundestag. Geprüft wurde, ob die<br />
Bundesregierung das Land bewusst<br />
vor der Wahl belogen hat.<br />
In der Heftigkeit ein einmaliger<br />
Vorgang mit raschen Folgewirkungen.<br />
Koch wurde im Februar 2003<br />
mit absoluter Mehrheit in seinem<br />
Amt als Ministerpräsidenten von<br />
Hessen bestätigt. CDU und FDP<br />
brachten der SPD unter Ministerpräsident<br />
Sigmar Gabriel in Niedersachsen<br />
eine empfindliche Niederlage<br />
bei. Der Auftakt von Wahlniederlagen<br />
für die SPD in den Bundesländern,<br />
die nicht nur die Mehrheitsverhältnisse<br />
im Bundesrat sensibel<br />
veränderten, sondern auch<br />
als schwindende Legitimation des<br />
im März 2003 eingeschlagenen<br />
Weges mit der Politik der Agenda<br />
2010 verstanden werden konnte.<br />
Nimmt man das Stimmungsbild diverser<br />
Niederlagen bei Landtagswahlen<br />
und die Umfragewerte der<br />
SPD auf stabil bescheidenem Niveau<br />
(30 % plus/minus X), so mag<br />
der Wunsch des Bundeskanzlers<br />
nach einer neuen Legitimation seiner<br />
Reformpolitik durch das Wahlvolk<br />
berechtigt sein. Fakt bleibt<br />
auch: Die Verkündung der Agenda<br />
2010 war in der Tat eine Zäsur für<br />
die bisherige Regierungspolitik,<br />
insbesondere aber für die SPD.<br />
Angesichts einer lahmenden<br />
Konjunktur, geringem wirtschaftlichen<br />
Wachstum, Finanzlöchern<br />
in den Kassen von Bund, Ländern<br />
und Kommunen und steigenden<br />
Arbeitslosenzahlen brachte die<br />
Bundesregierung mit der Agenda<br />
2010 ein Bündel an Maßnahmen<br />
für den Arbeitsmarkt, die Steuerpolitik,<br />
zur Förderung von Familie<br />
und Beruf, der Bildung und der Sicherung<br />
des Gesundheitsversorgung<br />
auf den Weg. Mit der Agenda<br />
2010 glaubte die Bundesregierung<br />
ihr Programm für die kommenden<br />
Jahre gefunden zu haben.<br />
Einzig: Die BürgerInnen folgten<br />
nur unwillig diesem eingeschlagenen<br />
Reformweg. Dabei versteht<br />
das Gros der BürgerInnen, warum<br />
es Reformen, auch mit schmerzhaften<br />
Einschnitten geben muss. Nur<br />
möchte der Einzelne von den Entscheidungen<br />
nicht betroffen sein.<br />
Die Lust auf eine neue Kanzlerin<br />
scheint unterentwickelt<br />
30 Prozent der WählerInnen<br />
sind weiterhin unentschlossen,<br />
wen sie wählen sollen oder ob sie<br />
überhaupt zur Wahl gehen. Zwar<br />
befürworten in Umfragen die meisten<br />
Neuwahlen, aber die Lust auf<br />
eine neue Kanzlerin scheint unterentwickelt.<br />
Bundeskanzler Schröder<br />
liegt in Umfragen beständig<br />
zehn Prozent vor Frau Merkel.<br />
Schon die die Landtagswahlen in<br />
Schleswig-Holstein und Nordrhein-<br />
Westfalen aber haben gezeigt:<br />
Die Beliebtheit einer Person gibt<br />
nicht mehr den Auschlag für die<br />
Wahl. Die Amtsinhaber wurden<br />
abgewählt. Der Verdacht für die<br />
Bundestagswahl liegt nahe, dass<br />
auch hier rot-grün abgewählt werden<br />
soll, komme was wolle. Ob<br />
demnach in 2005 ein Wahlerfolg<br />
für die amtierende Bundesregierung<br />
auf den letzten Metern zu<br />
wiederholen ist, bleibt abzuwarten.<br />
Zu auffällig ist der kontinuierlich<br />
große Abstand in den Umfragen<br />
zwischen Union und SPD (im<br />
Schnitt etwa 15 Prozent). Dies war<br />
2002 anders. Dort lag die Differenz<br />
zwei Monate vor der Wahl<br />
bei gut fünf Prozent. Welche Auswirkungen<br />
zudem das neue Linksbündnis<br />
auf das Wahlverhalten<br />
und schließlich den Ausgang der<br />
Wahlen hat, ist ungewiss.<br />
kul/fer<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
7
8 TITEL<br />
Karikatur: Mester/CCC<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
Programme auf dem <strong>AWO</strong>-Prüfstand<br />
Wer die Wahl hat…<br />
Für die <strong>AWO</strong> steht fest, dass<br />
ein struktureller Umbau des<br />
Sozialstaates unumgänglich<br />
ist. „Aber wir setzen Umbau nicht<br />
mit Abbau gleich“. Denn neben<br />
der Nachhaltigkeit unserer sozialen<br />
Sicherungssysteme steht für die<br />
<strong>AWO</strong> auch unter den veränderten<br />
Vorzeichen die Solidarität mit den<br />
benachteiligten und bedürftigen<br />
Menschen im Vordergrund.<br />
Die Herausforderungen, vor<br />
denen die sozialen Sicherungssysteme<br />
und mit ihnen der deutsche<br />
Sozialstaat insgesamt stehen, sind<br />
bekannt:<br />
• Die Arbeitslosigkeit ist anhaltend<br />
hoch und verfestigt sich zunehmend,<br />
obwohl von 1998 bis<br />
2004 laut Statistischem Bundesamt<br />
ein Plus von 950.000 Erwerbstätigen<br />
zu verzeichnen<br />
war.<br />
• Die durchschnittliche Lebenserwartung<br />
und mit ihr der Anteil<br />
an Hochbetagten steigt; die Geburtenrate<br />
hingegen ist gleich<br />
bleibend niedrig. Heute kommen<br />
auf 100 Erwerbstätige etwa 56<br />
RentnerInnen. Für das Jahr 2035<br />
werden es zwischen 80 und 95<br />
sein.<br />
• Die Spielräume der öffentlichen<br />
Haushalte sind erschöpft; in<br />
Bund, Ländern und Gemeinden<br />
sind die Kassen leer.<br />
Zur Bundestagswahl 2005 hat die<br />
<strong>AWO</strong> in einem Standpunkte-Papier<br />
„Was uns wichtig ist“ (die Standpunkte<br />
sowie die Stellungnahme<br />
der Parteien unter www.awo.org)<br />
ihre wichtigsten Forderungen an<br />
die Parteien formuliert. Doch wie<br />
positionieren sich die Parteien im<br />
Vorfeld der Bundestagswahl in einzelnen<br />
Themenfeldern? Ein Vergleich<br />
mit den <strong>AWO</strong>-Positionen:<br />
Arbeit<br />
Die Reformen am Arbeitsmarkt<br />
(die sogenannten Hartz I-IV-Gesetze)<br />
waren notwendige Reformschritte,<br />
um den Arbeitsmarkt zu<br />
beleben und das nach wie vor<br />
größte Problem in Deutschland anzugehen:<br />
Die kontinuierlich hohe<br />
Arbeitslosigkeit. Es macht keinen<br />
Sinn, die eingeleiteten Reformen<br />
von Grund auf in Frage zu stellen,<br />
wie es etwa die FDP mit ihrer Forderung<br />
nach der Abschaffung der<br />
Bundesagentur für Arbeit fordert.<br />
Wichtig ist: Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen<br />
als zentrales In-<br />
strument der Wiedereingliederung<br />
in den 1. Arbeitsmarkt sind beizubehalten.<br />
Dies, wie auch die Verlängerung<br />
der Bezugsdauer von<br />
Arbeitslosengeld I (ALG. I) für die<br />
Zielgruppe der älteren Arbeitslosen<br />
von 12 auf 18 Monate bis<br />
zum 31.1.2008 werden von der<br />
SPD, anders als bei den Unionsparteien,<br />
gefordert.<br />
Im Zuge der Debatten um<br />
Hartz IV ist die Angleichung der<br />
Regelsätze von Arbeitslosengeld II<br />
(ALG II) in Ost und West ein wichtiges<br />
Vorhaben. Die flexible Gestaltung<br />
der Vermittlungsbemühungen<br />
vor Ort (hier sind Arbeitsgemeinschaft<br />
wie Kommunen gleichermaßen<br />
gefordert) ist unabdingbar.<br />
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />
dafür bestehen.<br />
Inwieweit eine Erhöhung der<br />
Mehrwertsteuer um mindestens<br />
zwei Prozent zur Senkung der Beiträge<br />
für die Arbeitslosenversicherung<br />
sinnvoll ist, bleibt fragwürdig.<br />
Die Mehrwertsteuererhöhung träfe<br />
nämlich auch 35,5 Millionen Menschen,<br />
die gar nicht in die Arbeitslosenversicherung<br />
einzahlen, wie<br />
21,8 Millionen RentnerInnen, 1,4<br />
Millionen Pensionäre und Versorgungsempfänger,<br />
4,7 Millionen<br />
Arbeitslose oder 2 Millionen StudentInnen.<br />
Der Ausbildungspakt muss fortgeführt<br />
werden. Dies fordern Unionsparteien<br />
und SPD, die FDP<br />
lehnt dies ab.<br />
Gesundheit und Pflege<br />
Seit langem fordert die <strong>AWO</strong> sowohl<br />
Kranken- als auch die Pfleg<strong>ev</strong>ersicherung<br />
als Bürgerversicherung<br />
zu gestalten, im Sinne eines<br />
gerechten und solidarischen Gesundheitswesens,<br />
das allen gleichberechtigt<br />
den Zugang zu erforderlichen<br />
medizinischen Leistungen<br />
garantiert. In die Bürgerversicherung<br />
zahlen künftig alle, auch<br />
BeamtInnen, Selbständige oder PolitikerInnen,<br />
nach ihren jeweiligen<br />
Möglichkeiten. Dafür erhalten sie
Grafik: Globus<br />
die Leistungen, die nötig sind. Solidarität<br />
und Finanzierbarkeit des<br />
Gesundheitswesens können so gesichert<br />
werden. Eine Position, die<br />
sich mit dem rot-grünen Programm<br />
deckt.<br />
CDU/CSU wollen aus der solidarischen<br />
Gesundheitsversorgung<br />
aussteigen und plädieren für eine<br />
Kopfpauschale. Demnach zahlen<br />
alle das Gleiche, ManagerIn wie<br />
SekretärIn. Hohe Einkommen und<br />
gut verdienende Alleinstehende<br />
werden entlastet. Der Haken: Die<br />
Finanzierung zwischen gut und gering<br />
Verdienenden ist unklar, ja unmöglich.<br />
In der Pflege plädiert die<br />
Union für die Einführung einer Kapitaldeckung.<br />
Dies wäre der Einstieg<br />
in den Ausstieg aus der solidarischen<br />
Versicherung. Für eine<br />
komplett Entsolidarisierung tritt die<br />
FDP ein.<br />
Familie und Bildung<br />
Die Vereinbarkeit von Familie und<br />
Beruf sowie gleiche Bildungschancen<br />
für alle Kinder sind Grundlagen<br />
für die zukunftsfähigkeit<br />
Deutschlands. In keinem anderen<br />
Industrieland ist der Bildungsabschluss<br />
so abhängig von dem<br />
Geldbeutel der Eltern. Die rot-grüne<br />
Bundesregierung hat in den vergangenen<br />
sieben Jahren die <strong>Ausgabe</strong>n<br />
für Bildung und Forschung<br />
um 37,5 Prozent gegenüber 1998<br />
erhöht. Ebenso wurden die Mittel<br />
zwischen 1998<br />
und 2004/2005<br />
für das BaföG<br />
von 1,2 auf 2,3<br />
Milliarden Euro<br />
fast verdoppelt.<br />
Jeder vierte Studienanfängererhält<br />
mittlerweile<br />
Bafög. Ergebnis:<br />
Deutlich gestiegeneStudentenzahlen.<br />
Seit dem 1.<br />
Januar 2005 ist<br />
das Gesetz zum<br />
Ausbau der Tagesbetreuung<br />
für<br />
Kinder unter drei<br />
Jahren in Kraft,<br />
mit dem bis<br />
2010 230.000<br />
zusätzliche Plätze<br />
in Kindergärten,<br />
Krippen und<br />
in der Tagespflege entstehen sollen<br />
- freiwilliges Geld des Bundes, für<br />
eine ureigene Aufgabe der Länder.<br />
Und die SPD will die schrittweise<br />
Einführung der Gebührenfreiheit<br />
von Kindertagesstätten (Kitas)<br />
und Sprachförderung von Kindern<br />
im Vorschulalter. Das Ganztagsschulenprogramm,<br />
wonach der<br />
Bund pro Jahr eine Milliarde Euro<br />
für die Länder zum Bau- und Ausbau<br />
von Ganztagsschulen zur Verfügung<br />
stellt, wollen SPD und Grüne<br />
fortführen.<br />
Die Programme von CDU/CSU<br />
(sie fordern etwa mehr Religionsunterricht<br />
und den Ausbau der Kinderbetreuung<br />
durch die Länder)<br />
und FDP fallen in den Punkten Familie<br />
und Bildung äußerst dürftig<br />
und wenig konkret aus.<br />
Ältere Generation achten<br />
Die Probleme der Rente sind bekannt:<br />
Deutlich steigende Lebenserwartung,<br />
immer weniger Kinder<br />
und weniger BeitragszahlerInnen<br />
durch Arbeitslosigkeit. Ein Umbau<br />
des Rentensystems ist zwingend<br />
nötig. Die sogenannte Riester-Rente<br />
ist ein erster Schritt auf dem<br />
Weg zu einer stärkeren privaten<br />
Altersvorsorge. Alle - Union, SPD<br />
und FDP - fordern eine Stärkung<br />
der betrieblichen und privaten Altersvorsorge.<br />
Union und FDP wollen<br />
den Beitragssatz in der gesetzlichen<br />
Rentenversicherung auf 19<br />
Foto: dpa<br />
Prozent festschreiben.<br />
Dies hätte allein<br />
in 2006 eine<br />
Rentenkürzung von<br />
etwa zwei Prozent<br />
zur Folge. Die FDP<br />
will die Rentenversicherung<br />
zur „Basisabsicherung“zusammenschrumpfen.<br />
Migrationspolitik ist für alle gut<br />
Nach langem hin und her wurde<br />
in der vergangenen Legislaturperiode<br />
das Zuwanderungsgesetz<br />
verabschiedet. Für Zuwanderer besteht<br />
nun eine verbesserte und sichere<br />
Rechtsgrundlage. Integration<br />
von Neuzuwanderern und bereits<br />
hier lebenden MigrantInnen sind<br />
zwei Seiten der selben Medaille.<br />
Die Sprachförderung ist die wichtigste<br />
Maßnahme zur Integration.<br />
Hier sind sich die Parteien, mit einigen<br />
Nuancen, einig. Explizit fordert<br />
die CDU/CSU von nachziehenden<br />
Ehegatten ausreichende<br />
Deutschkenntnisse, die SPD eine<br />
Sprachförderung im Vorschulalter<br />
sowie berufsvorbereitende Maßnahmen<br />
am Ende der Schulzeit.<br />
Dies ist auch im Zusammenhang<br />
mit dem Armuts- und Reichtumsbericht<br />
zu sehen, wonach rund 18<br />
Prozent der jugendlichen Migrant-<br />
Innen keinen Hauptschulabschluss<br />
besitzen. SPD und Unionsparteien<br />
wollen Zwangsheiraten als Straftatbestand<br />
in das Strafgesetzbuch<br />
aufnehmen. Die SPD plädiert überdies<br />
für besondere Integrationsmaßnahmen<br />
für Frauen.<br />
kul/fer<br />
Anzeige HTS<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
9<br />
Bessere Integration<br />
durch bessere Sprachkenntnisse<br />
– darin<br />
sind sich die Parteien<br />
weitgehend einig.
10 FRIEDENSPREIS<br />
Aus den Händen des<br />
<strong>AWO</strong>-Vorsitzenden<br />
erhielt Bundeskanzler<br />
Gerhard Schröder den<br />
Heinrich-Albertz-<br />
Friedenspreis.<br />
Zentralratspräsident<br />
Paul Spiegel, <strong>AWO</strong>-<br />
Bundesvorsitzender<br />
Wilhelm Schmidt,<br />
Bundeskanzler<br />
Gerhard Schröder,<br />
Berlins Regierender<br />
Bürgermeister Klaus<br />
Wowereit.<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
<strong>AWO</strong> verleiht Heinrich-Albertz-Friedenspreis an<br />
Bundeskanzler Gerhard Schröder<br />
Mutig für Reformen –<br />
Mit dem Heinrich-Albertz-Friedenspreis hat die <strong>AWO</strong> Bundeskanzler Gerhard Schröder<br />
Anfang August in Berlin ausgezeichnet. Schröder, der auch seit 25 Jahren <strong>AWO</strong>-<br />
Mitglied ist, erhielt den Preis „für seinen Einsatz für Demokratie und Toleranz und sein<br />
entschlossenes Handeln zur Sicherung des friedlichen Zusammenlebens der Völkergemeinschaft“.<br />
Zum dritten Mal hat die <strong>AWO</strong><br />
den Heinrich-Albertz-Friedenspreis<br />
verliehen. Nach<br />
dem ehemaligen nordrhein-westfälischen<br />
Ministerpräsidenten, Johannes<br />
Rau (1999), und dem Präsidenten<br />
des Zentralrats der Juden<br />
in Deutschland, Paul Spiegel<br />
(2001), erhielt den Preis Bundeskanzler<br />
Gerhard Schröder unter<br />
enormem Medienaufgebot im<br />
Schöneberger Rathaus in Berlin.<br />
Die <strong>AWO</strong> würdigt mit dem<br />
Heinrich-Albertz-Preis Persönlichkeiten,<br />
„die sich um die Ausgestaltung<br />
der Grundwerte Solidarität,<br />
standhaft gegen<br />
Toleranz, Freiheit, Gleichheit und<br />
Gerechtigkeit, um den inneren und<br />
äußeren Frieden in besonderer<br />
Weise verdient gemacht haben“,<br />
wie es in den Statuten zur Verleihung<br />
heißt. Der Friedenspreis erinnert<br />
an das politische Wirken<br />
des Pastor Heinrich Albertz, der<br />
von 1949 bis 1965 <strong>AWO</strong>-Bundesvorsitzender<br />
war (siehe Seite 12).<br />
Für die <strong>AWO</strong> sei die Sicherung<br />
und Weiterentwicklung des Sozialstaats<br />
von besonderer Bedeutung.<br />
„Eine große Aufgabe und ein Spagat,<br />
angesichts der Entwicklungen<br />
in einem wachsenden Europa und<br />
in der Realität einer globalisierten<br />
Welt“, erklärte <strong>AWO</strong>-Bundesvorsitzender<br />
Wilhelm Schmidt. Bundeskanzler<br />
Gerhard Schröder habe<br />
gewagt, wofür viele vor ihm nicht<br />
den Mut hatten: „Du hast erkannt,<br />
dass umgesteuert werden muss,<br />
wenn wir unseren sozialen Staat<br />
und mit ihm den sozialen Frieden<br />
auf lange Sicht erhalten wollen“,<br />
so Schmidt. Schröder sei dabei<br />
seinem selbst ernannten Ziel verpflichtet,<br />
eine neue Balance zu<br />
finden zwischen effektiver Wirtschaft<br />
und sozialer Verantwortung.<br />
Das werde langfristig zum sozia-
Radikalismus<br />
len Frieden in Deutschland beitragen.<br />
Gerhard Schröder habe sich<br />
aber auch immer gegen Rassismus,<br />
Fremdenfeindlichkeit und<br />
Antisemitismus gestellt und mit seiner<br />
deutlichen Haltung den inneren<br />
Frieden in Deutschland befördert.<br />
Und schließlich zeichne die<br />
Arbeiterwohlfahrt Bundeskanzler<br />
Gerhard Schröder auch für seine<br />
standhafte Haltung im Vorfeld des<br />
Irak-Krieges aus. „Du hast gegen<br />
politische Widerstände im eigenen<br />
Land und gegen unsere Verbündeten<br />
und befreundeten Staaten<br />
Deutschland davor bewahrt in<br />
diesen Krieg einzutreten“, so<br />
Schmidt. Die Prognosen und Warnungen<br />
von damals, seien heute<br />
leider bittere Realität. „Dieser<br />
Krieg hat die Welt nicht sicherer<br />
gemacht, ganz im Gegenteil.“<br />
Der Präsident des Zentralrates<br />
der Juden in Deutschland Paul<br />
Spiegel hob in seiner Laudatio be-<br />
sonders Schröders deutliche Worte<br />
und Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit,<br />
Rassismus und Antisemitismus<br />
hervor. So sei er nach dem<br />
Sprengstoffanschlag am 2. Oktober<br />
2000 auf die Synagoge in<br />
Düsseldorf vor Ort gewesen, um<br />
Zeichen zu setzen. „Ihr damaliger<br />
Aufruf zu einem ,Aufstand der Anständigen’<br />
wurde seitdem immer<br />
wieder zitiert“, sagte Spiegel<br />
bei der Preisverleihung. Diesen<br />
„Aufstand der Anständigen“ hätte<br />
Heinrich Albertz mit Worten und<br />
Taten unterstützt, so Spiegel, „da<br />
bin ich mir sicher.“ Ebenfalls hob<br />
Spiegel die Standfestigkeit des<br />
Kanzlers bei der Durchsetzung seiner<br />
Reformpolitik und das Eintreten<br />
gegen den Irak-Krieg hervor.<br />
Besondere Anerkennung gebühre<br />
Schröder auch für den Umgang<br />
mit den Wohlfahrtsverbänden<br />
bei der kritischen Begleitung<br />
des Reformprozesses. „Zum ersten<br />
Mal hat ein Bundeskanzler die Ver-<br />
Paul Spiegel:<br />
Deutliche Worte und<br />
Zeichen gegen<br />
Fremdenfeindlichkeit,<br />
Rassismus und<br />
Antisemitismus<br />
Wilhelm Schmidt: Du hast erkannt, dass umgesteuert<br />
werden muss, wenn wir unseren sozialen Staat und mit<br />
ihm den sozialen Frieden auf lange Sicht<br />
erhalten wollen<br />
bände in einen konstruktiven Dialog<br />
mit den gesamten für die Reformaufgaben<br />
zuständigen Bundesministerien<br />
institutionell eingebunden<br />
und damit nicht nur die zivilgesellschaftlichen<br />
Akteure in ihrer<br />
Kritik ernst genommen, sondern<br />
ihnen auch eine gestalterische<br />
Rolle im Sozialstaat zugewiesen,<br />
die sie in den letzten Jahren<br />
verloren geglaubt sah“, so Spiegel.<br />
Als jahrelanger Vorsitzender<br />
der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden<br />
wisse er um die Bedeutung<br />
der Freien Wohlfahrtspflege.<br />
„Dass ich diesen neuen Politikstil<br />
besonders würdige, werden sie<br />
mir deshalb zubilligen“, erklärte<br />
Spiegel.<br />
„Ohne den Einsatz der Ehrenamtlichen<br />
in den Wohlfahrtsverbänden<br />
wäre unsere Republik ärmer“,<br />
sagte Gerhard Schröder in<br />
seiner Dankesrede. „Der Staat<br />
könnte es nicht bezahlen. Das<br />
wird gelegentlich vergessen.“<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
11<br />
Preisträger 2001 Paul<br />
Spiegel. In der Tradition<br />
der bisherigen Verleihungen<br />
hielt der Präsident<br />
des Zentralrates der<br />
Juden in Deutschland<br />
die Laudatio auf den<br />
Preisträger Bundeskanzler<br />
Gerhard Schröder.<br />
Wilhelm Schmidt<br />
begrüßte als Bundesvorsitzender<br />
der<br />
Arbeiterwohlfahrt<br />
die Gäste zur Verleihung<br />
des Heinrich-<br />
Albertz-Friedenspreises<br />
2005 im Schöneberger<br />
Rathaus.
12<br />
Heinrich Albertz<br />
Stationen<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
FRIEDENSPREIS<br />
Heinrich Albertz<br />
(Arichivbild 1966)<br />
– Am 22. Januar 1915 in Breslau geboren.<br />
– Nach dem Theologiestudium in Breslau, Halle<br />
und Berlin war er ab 1939 als Vikar in Breslau<br />
und in Kreutzburg/Oberschlesien tätig.<br />
– In den 40-er Jahren mehrfach von den Nazis<br />
verhaftet und eingesperrt.<br />
– Von 1945 bis 1949 Evangelischer Flüchtlingspastor<br />
in Celle.<br />
– 1946 trat er in die SPD ein.<br />
– 1947 als erster Flüchtlingsabgeordneter in den<br />
Niedersächsischen Landtag gewählt und ab Juni<br />
1948 Flüchtlingsminister.<br />
– 1949 bis 1965 Bundesvorsitzender der<br />
Arbeiterwohlfahrt.<br />
– 1955 folgte Albertz einem Ruf Willy Brandts<br />
nach Berlin, wurde zunächst Senatsdirektor <strong>beim</strong><br />
Berliner Senator für Volksbildung und 1959 Chef<br />
der Berliner Senatskanzlei.<br />
– 1961 Berliner Innensenator. 1963 Bürgermeister<br />
und Stellvertreter Brandts.<br />
– 1966 Regierender Bürgermeister von Berlin.<br />
– 26.9.1967 Rücktritt als Regierender Bürgermeister<br />
von Berlin. Offiziell übernahm er die<br />
Verantwortung für die Polizeieinsätze gegen die<br />
Studentenproteste während des Schah-Besuches<br />
im Juni 1967, bei denen der Student Benno<br />
Ohnesorg ums Leben kam.<br />
– Albertz zog sich in den Folgejahren gänzlich<br />
aus der Politik zurück, war „nur“ noch<br />
Gemeindepfarrer.<br />
– Das Foto des kantigen Pfarrers ging noch einmal<br />
1975 durch die Weltpresse, als er in Folge der<br />
Entführung des Berliner CDU-Vorsitzenden Peter<br />
Lorenz als Gewährsmann ein Flugzeug bestieg,<br />
das ihn mit den damals freigepressten Terroristen<br />
in den Südjemen ausflog.<br />
– Ende der 70-er und zu Beginn der 80-er Jahre<br />
engagierte sich Heinrich Albertz in der Friedensbewegung<br />
und verschiedenen Menschrechtsorganisationen.<br />
– 1986 zogen Heinrich Albertz und seine Frau Ilse<br />
in ein <strong>AWO</strong>-Altenheim nach Bremen.<br />
– Am 18. Mai 1993 starb Heinrich<br />
Albertz im Alter von 78 Jahren in Bremen.<br />
Schröder verteidigte und begründete<br />
auch den eingeschlagenen<br />
Reformweg: „So grundlegende Reformen,<br />
wie wir sie nötig hatten<br />
und nötig haben, ohne jedenfalls<br />
nennenswerte Auseinandersetzungen<br />
auf der Straße, zeigen Qualität<br />
von Politik, zeigen aber auch<br />
Qualität einer demokratischen Gesellschaft,<br />
die auch dann intakt ist<br />
und funktioniert, wenn es härteste<br />
Auseinandersetzungen über den<br />
richtigen Weg gibt."<br />
Schröder pflichtete Paul Spiegel<br />
bei, Friedlichkeit und Verantwortung<br />
nach innen müssten nach<br />
außen eine Entsprechung haben.<br />
Deshalb verstehe es die Bundesre-<br />
Gerhard Schröder: Eine<br />
Ehre und eine Freunde<br />
zugleich, weil ich mich<br />
dem Verband, den Inhalten,<br />
den Aufgaben, aber<br />
besonders den Menschen<br />
sehr verbunden fühle<br />
gierung als ihre Aufgabe „dafür<br />
zu sorgen, dass die mittlere Macht<br />
Deutschland ihre Stimme für Multilateralismus<br />
erhebt, das heißt für<br />
die Stärkung der Vereinten Nationen<br />
und für den möglichst friedlichen<br />
Ausgleich von Konflikten, so<br />
lange es irgendwie geht.“ Mit<br />
Blick auf die Entscheidung gegen<br />
eine Teilnahme am Irak-Krieg erklärte<br />
Schröder, Deutschland habe<br />
als zuverlässiger Bündnispartner<br />
die Erwartung der Verbündeten erfüllt:<br />
auf dem Balkan, in Afghanistan<br />
und in anderen Teilen der<br />
Welt. „Wir sind dort engagiert,<br />
um Frieden zu schaffen oder Frieden<br />
zu erhalten. Aber mit der Erfüllung<br />
dieser Pflichten haben wir<br />
uns das Recht erworben und nutzen<br />
es auch, deutlich zu machen,<br />
wann und inwieweit wir anderer<br />
Auffassung als die Freunde sind,<br />
die trotzdem Freunde bleiben und<br />
die mit uns im Bündnis sind.“<br />
Mit Blick auf den aktuellen<br />
Atomstreit mit dem Iran appellierte<br />
der Bundeskanzler an die iranische<br />
Regierung, den Weg der Verhandlungen<br />
über das Atomprogramm<br />
ohne einseitige Festlegungen<br />
fortzusetzen. Die Europäer<br />
seien zu weiten Zugeständnissen<br />
bereit, auch bei der wirtschaftlichen<br />
Zusammenarbeit. „Wir können<br />
aber das Verfügen des Landes<br />
über atomare Waffen nicht tolerieren.<br />
Ich hoffe, dass das verstanden<br />
wird und dass wir auf diese Weise<br />
als Europäer und zumal als Deutsche<br />
erneut einen Beitrag dazu<br />
leisten können, eine bedrohliche<br />
Situation zu deeskalieren“, sagte<br />
Friedenspreisträger Gerhard Schröder.<br />
Seit 25 Jahren Mitglied in der<br />
Arbeiterwohlfahrt. Dankbar und<br />
erfreut zeigte sich der Bundeskanzler<br />
über die Auszeichnung.<br />
Die Auszeichnung mit dem<br />
Heinrich-Albertz-Friedenspreis ist<br />
für Schröder „eine Ehre und eine<br />
Freunde zugleich, weil ich mich<br />
mit dem Verband, den Inhalten,<br />
den Aufgaben, aber auch besonders<br />
den Menschen sehr verbunden<br />
fühle.“<br />
Das Preisgeld von 5.000 Euro<br />
will Gerhard Schröder Kindern<br />
zugute kommen lassen: der Arbeitsgemeinschaft<br />
der Kinder- und<br />
Jugendtelefone, die sich den Sorgen<br />
und Nöten von Kindern annimmt.<br />
Seine Gattin Doris Schröder-Köpf<br />
ist Schirmherrin dieser<br />
Stiftung.
14 REPORT<br />
Fotos: P. Dieckhoff<br />
Helga und Karl-Heinz<br />
Lange planen schon<br />
ihre nächste Reise mit<br />
der <strong>AWO</strong>.<br />
Auf dem Weg in die<br />
weite Welt (v.li): Franz<br />
Göbel, der Fahrer,<br />
Alleinunterhalter und<br />
Kofferträger Claudio<br />
Fabritius, Elfriede Göbel<br />
und Anita Symington.<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2004<br />
sind wir immer allein<br />
und mit dem Auto gefah-<br />
„Früher<br />
ren, am liebsten an die<br />
Ostsee oder die Nordsee“, sagt<br />
Helga Lange aus Witten. Früher,<br />
das war noch vor fünf Jahren. Seit<br />
das Sehvermögen ihres Ehemannes<br />
nach einem Schlaganfall beeinträchtigt<br />
ist, musste die heute 80-<br />
Jährige, das Steuer übernehmen.<br />
Der Sohn hatte das Paar, das im<br />
vergangenen Jahr seine diamantene<br />
Hochzeit gefeiert hat, überredet,<br />
keine so langen Fahrten mehr allein<br />
mit dem Auto zu unternehmen. „Bekannte<br />
haben uns von den Reisen<br />
mit der <strong>AWO</strong> vorgeschwärmt“, erzählt<br />
Helga Lange und Ehemann<br />
Karl-Heinz ergänzt: „Wir waren zunächst<br />
sehr skeptisch“. Aber dann<br />
hatten sie doch eine Kur- und Erholungsreise<br />
nach Bad Königshofen in<br />
Franken gebucht.<br />
Sie waren sehr angetan von der<br />
guten Unterbringung und von den<br />
Tagesausflügen in die nähere und<br />
auch weitere Umgebung, die ihnen<br />
angeboten wurden. Dass der Hausherr<br />
nicht nur für vorzügliche Mahlzeiten<br />
sorgte, sondern die Gäste<br />
auch mit Musik unterhielt und Liederabende<br />
organisierte, kam nicht<br />
nur bei den beiden Wittenern gut<br />
an. Jetzt reist das Paar mit der<br />
<strong>AWO</strong> quer durch Deutschland.<br />
Sie sind eine reisefreudige Gesellschaft, die SeniorInnen<br />
von heute. Und da die meisten Geldbeutel nicht prall gefüllt<br />
sind, nehmen viele die Reiseangebote der <strong>AWO</strong> Reisedienste<br />
in Anspruch. Andere schätzen den guten Service, die<br />
freundliche, ja oft private Atmosphäre und manch weitere<br />
Vorzüge, die nicht überall selbstverständlich sind.<br />
Mit der <strong>AWO</strong> unterwegs<br />
Mehr als nur reisen<br />
Über Ostern waren sie in Bad Sachsa.<br />
Karl-Heinz Lange wollte seinen<br />
84. Geburtstag auf Reisen feiern.<br />
Zu seiner großen Überraschung<br />
gab es noch vier weitere Geburtstagskinder<br />
in der kleinen <strong>AWO</strong>-Reisegruppe.<br />
Und so waren Frühstückstisch<br />
mit einem großen Blumenstrauß<br />
gedeckt und am Nachmittag<br />
hatte der Hotelier ein Zitherkonzert<br />
organisiert.<br />
„Ich wollte da immer<br />
schon mal hin“<br />
Von der herzlichen und lockeren<br />
Atmosphäre in den <strong>AWO</strong>-Quartieren<br />
weiß auch Regina Theimer<br />
aus Witten zu berichten. In Bad Salzungen<br />
etwa hat „der Hotelier uns<br />
einen ganzen Tag lang herum gefahren“.<br />
Jeden Tag habe es ein anderes<br />
Programm gegeben. Die 73jährige<br />
fährt jedes Jahr mit der<br />
<strong>AWO</strong>. „Jetzt nur noch mit dem kleinen<br />
Bus, dann werden wir mit den<br />
Koffern von zu Hause abgeholt. Bequemer<br />
geht es nicht“.<br />
Die <strong>AWO</strong> fährt mit ihrem Seniorenreisedienst<br />
vorwiegend Heilbäder<br />
an. „Dort können die Urlauber<br />
mit einem Rezept vom Hausarzt Anwendungen<br />
in Anspruch nehmen“,<br />
sagt Marlene Korten vom <strong>AWO</strong>-Reisedienst<br />
in G<strong>ev</strong>elsberg, der für den<br />
gesamten Ennepe-Ruhr-Kreis und<br />
Dortmund Reisen organisiert. Die<br />
Vertragshotels seien immer Senioren<br />
gerecht eingerichtet, Ort, Kurpark<br />
und Kuranlagen in der Nähe.<br />
Ein Umstand den das Ehepaar Elfriede<br />
und Franz Göbel aus Holzwickede<br />
sehr zu schätzen weiß. Sie<br />
fahren zum zweiten Mal nach Bad<br />
Kissingen. „Ich wollte da immer<br />
schon mal hin“, sagt Elfriede Göbel.<br />
Und im Reiseprogramm der<br />
<strong>AWO</strong> hatte sie ihr Traumziel entdeckt.<br />
Für die diesjährige Reise haben<br />
sie sich mit einer Mitreisenden<br />
aus dem vergangenen Jahr verabredet.<br />
Anita Symington aus Dortmund<br />
ist aus dem Kleinbus ausgestiegen<br />
und begrüßt lachend die<br />
Reisefreunde aus dem vergangenen<br />
Jahr, „wir haben uns von Anfang<br />
an gut verstanden“. Und während<br />
der Fahrer Claudio Fabrizius sich<br />
als Kofferträger betätigt, bestaunen<br />
die Frauen noch schnell den imposanten<br />
Vorgarten der Göbels. Die<br />
Vorfreude auf einen unbeschwerten<br />
Urlaub ist ihnen ins Gesicht geschrieben.<br />
Die Reiseziele mit dem klimatisierten<br />
Kleinbus seien alle im Umkreis<br />
von etwa 300 Kilometern zu<br />
suchen, so Marlene Korten. Und es<br />
sei kein Problem einen Rolli oder einen<br />
Rollstuhl mit zu nehmen. Großgruppenreisen<br />
mit großen Bussen<br />
und Reiseleitung führen auch bis<br />
nach Italien, Österreich oder an die<br />
Ostsee. Dann gibt es noch Aktiv-,<br />
und Erlebnisreisen in die Toskana,<br />
in den Spreewald oder als Donaukreuzfahrt<br />
und die Weihnachts- und<br />
Silvesterreisen. Übrigens: Wer mit<br />
der <strong>AWO</strong> reisen möchte, muss<br />
nicht Mitglied sein.<br />
Petra Dieckhoff<br />
Weitere Infos:<br />
<strong>AWO</strong>-G<strong>ev</strong>elsberg, Tel.: 02332/<br />
70 04 25; <strong>AWO</strong>-Witten, Tel.:<br />
02302/2 02 07 90 oder <strong>AWO</strong>-<br />
Dortmund, 0231/9 93 41 07.<br />
Internet: www.awo-en.de<br />
<strong>AWO</strong>-Reisedienste in ganz<br />
Deutschland bieten speziell auf<br />
SeniorInnen abgestimmte Reisen<br />
an. Infos bei Ihrer nächsten<br />
<strong>AWO</strong>.
16 INTERNATIONALES<br />
„Das Haus des<br />
Vertrauens“ im Herzen<br />
von Srebrenica.<br />
Der deutsche Botschafter<br />
in Bosnien<br />
und Herzegowina, Arne<br />
Freiherr von Kittlitz<br />
und Ottendorf (li.) und<br />
der Vorsitzende der<br />
<strong>AWO</strong> Bremerhaven,<br />
Lothar Knoring, eröffnen<br />
das neue Haus.<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
Fotos: <strong>AWO</strong><br />
<strong>AWO</strong>-Engagement in Srebrenica<br />
Neues Vertrauen in<br />
der Stadt des Grauens<br />
Zehn Jahre ist es her, dass serbische Truppen unter den Augen der UNO-Blauhelmsoldaten<br />
in der mehrheitlich von Bosniern bewohnten Stadt Srebrenica 8.000 Jungen und<br />
Männer ermordet haben. Vertrauen wieder aufzubauen ist schwerer als zerstörte<br />
Gebäude. Das „Haus des Vertrauens“ soll dazu einen Beitrag leisten.<br />
Tauben sind Symbole des Friedens.<br />
Manchmal aber auch<br />
Tankstellen, jedenfalls in Srebrenica,<br />
einer Stadt in Bosnien-<br />
Herzegowina, die zum traurigen<br />
Symbol für Krieg und Grausamkeit<br />
geworden ist. „Wir sind der lebende<br />
Beweis dafür, dass Serben und<br />
Bosniaken sich verständigen können“,<br />
schmunzelt der Pächter einer<br />
Tankstelle am Rande von Srebrenica,<br />
„ich bin bosnischer Serbe und<br />
meine Frau ist Bosniakin. Sollen<br />
wir uns deswegen nicht lieben?“<br />
Eine solche Haltung ist alles<br />
andere als selbstverständlich in<br />
Srebrenica. Am 11. Juli 1995, vor<br />
zehn Jahren, fielen serbische Truppen<br />
unter ihrem Kommandanten<br />
Ratko Mladic über die mehrheitlich<br />
von Bosniern bewohnte Stadt her,<br />
die inmitten einer Schutzzone der<br />
UNO lag. Die Blauhelmsoldaten<br />
nahmen vor der Übermacht Reißaus<br />
und überließen der Soldateska<br />
das Feld. Es folgte das blutigste<br />
Massaker auf europäischem Boden<br />
nach 1945: 8.000 Jungen<br />
und Männer wurden zusammen<br />
getrieben und ermordet. Der Internationale<br />
Kriegsgerichtshof in<br />
Den Haag fordert bis heute vergeblich<br />
die Auslieferung von Ratko<br />
Mladic.<br />
An das Massaker erinnert seit<br />
dem vorigen Jahr eine Gedenkstätte<br />
in Srebrenica-Potoãari. Am<br />
Rande der Stadt, auf einem weitläufigen<br />
Gelände, dessen Umriss<br />
wie eine Blüte geformt ist, liegen<br />
1.370 der ermordeten Männer.
Am 11. Juli 2005, dem zehnten<br />
Jahrestag des Kriegsverbrechens,<br />
sind weitere 600 Gräber hinzugekommen.<br />
Und noch längst nicht<br />
sind alle Massengräber von damals<br />
aufgefunden worden.<br />
Srebrenica hatte vor zehn Jahren<br />
30.000 Einwohner, heute sind<br />
es 5.000, vielleicht 7.000 – im<br />
Sommer. Im Winter bleiben kaum<br />
500 Menschen zurück. Die Stadt<br />
hat sich immer noch nicht erholt.<br />
Es fehlt praktisch an allem, nicht<br />
zuletzt an heizbaren Häusern.<br />
Und natürlich an Arbeit. Die, die<br />
hier geblieben waren oder die<br />
sich nach und nach wieder eingefunden<br />
haben nach den traumatischen<br />
Ereignissen, sie wollen vor<br />
allem eines: friedlich zusammenleben.<br />
„Sehen Sie“, sagt eine Frau,<br />
während sie mit einem Tuch einen<br />
Tisch in ihrem Café im Zentrum der<br />
Stadt abwischt, „die sechs Herren<br />
dort <strong>beim</strong> Tee: Sie gehören zu meinen<br />
besten Kunden. Sie wissen,<br />
dass ich Bosniakin bin, und ich<br />
weiß, dass sie Serben sind. Mein<br />
Geschäft läuft gut, und das verdanke<br />
ich auch diesen Männern.<br />
Mir soll keiner erzählen, dass das<br />
meine Feinde sind!“<br />
Damit diese Hoffnung eine<br />
Heimstätte hat, gibt es jetzt ein<br />
„Haus des Vertrauens“, auf Serbisch<br />
„Kuãa povjerenja“, in Srebrenica.<br />
Ein ehemaliges Jugend-<br />
Srebrenica hatte vor zehn Jahren<br />
30.000 EinwohnerInnen, heute sind es 5.000,<br />
vielleicht 7.000 – im Sommer. Im Winter<br />
bleiben kaum 500 Menschen zurück<br />
zentrum in zentraler Lage, das<br />
jahrelang trost- und herrenlos verfiel,<br />
wurde renoviert und am 24.<br />
Juni 2005 feierlich eingeweiht.<br />
„Haus des Vertrauens“, ein großer<br />
Wunsch und eine hohe Hoffnung<br />
drücken sich darin aus. Denn:<br />
Vertrauen wiederaufzubauen nach<br />
diesen schrecklichen Ereignissen,<br />
Vertrauen in die anderen, Vertrauen<br />
auf sich selbst, ist weitaus schwerer<br />
als der Wiederaufbau zerstörter<br />
Gebäude. Vertrauen, das bedeutet<br />
in Srebrenica Hoffnung, Zukunft,<br />
Leben.<br />
Und alle kamen zur Einweihung<br />
der Begegnungsstätte: BosniakInnen<br />
und SerbInnen, Pope und<br />
Imam, die Botschafter von Deutschland<br />
und Österreich, der bosnische<br />
Minister für Menschenrechte,<br />
sein Amtskollege für Innere Angelegenheiten,<br />
ein Vertreter des<br />
Deutschen Verbindungsbüros im<br />
Kosovo, KünstlerInnen, WissenschaftlerInnen,<br />
Menschenrechtler-<br />
Innen, der Bürgermeister sowieso.<br />
Und Dr. Lothar Koring, Vorsitzen-<br />
der der Arbeiterwohlfahrt in Bremerhaven.<br />
Denn ohne das Engagement<br />
und ohne die finanzielle<br />
Unterstützung durch das Projekt<br />
„Heimgarten“ der Bremerhavener<br />
<strong>AWO</strong>, wäre dieser Festtag der<br />
Hoffnung nicht möglich gewesen.<br />
Ein Ort für alle, die Hilfe suchen,<br />
soll dieses Haus werden, betonten<br />
Volker Tegeler, Geschäftsführer<br />
der <strong>AWO</strong> Bremerhaven und<br />
Gabi Doliwa, Projektleiterin von<br />
„Heimatgarten“. Rückkehrer sollen<br />
hier Unterstützung und Beratung<br />
erhalten. Für sie stehen Zimmer bereit,<br />
in denen sie solange wohnen<br />
können, bis ihre Angelegenheiten<br />
geordnet sind, aber auch jeder andere<br />
im Ort, der dies wünscht. Das<br />
„Haus des Vertrauens“ hat viele<br />
Funktionen: Es ist soziale und kulturelle<br />
Begegnungsstätte für alle BürgerInnen,<br />
Suppenküche für die<br />
Armen oder Waschküche in einer<br />
Stadt, in der Waschmaschinen<br />
eben nicht in jeder Wohnung stehen.<br />
Im Haus untergebracht sind<br />
zudem eine Ambulanz, eine Rechts-<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
17<br />
Bunte Ballons für<br />
den Frieden: Kinder<br />
<strong>beim</strong> Straßenfest am<br />
24. Juni in Srebrenica.
18 INTERNATIONALES<br />
Träumt von einem<br />
Tanzauftritt in Deutschland:<br />
Wesna (17) von<br />
der Folkloregruppe.<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2004<br />
beratung und eine Beratungsstelle<br />
für ExistenzgründerInnen in einer<br />
wirtschaftlich ruinierten Region.<br />
Ein Hausmeister-Service hilft alleinstehenden<br />
Frauen bei schweren<br />
Gartenarbeiten und bei Hausreparaturen<br />
– eine ganz praktische vertrauensbildende<br />
Maßnahme.<br />
Die Bremerhavener haben sich<br />
vertraglich verpflichtet, zehn Jahre<br />
lang für die notwendige Unterstützung<br />
dieses Projekts zu sorgen.<br />
Bei der feierlichen Einweihung war<br />
das Haus noch nicht endgültig eingerichtet,<br />
und nach wie vor sind<br />
Spenden notwendig, um den vollständigen<br />
Betrieb zu sichern. Aber<br />
der Anfang ist gemacht.<br />
„Worte können die Vergangenheit<br />
nicht verändern“, mahnte Srebrenicas<br />
Bürgermeister Abdurahman<br />
Malkic und erinnerte damit<br />
daran, dass es vielen ehemaligen<br />
Das „Haus des Vertrauens“ hat viele Funktionen:<br />
soziale und kulturelle Begegnungsstätte für alle<br />
BürgerInnen, Suppenküche für die Armen und<br />
Waschküche in einer Stadt, in der Waschmaschinen<br />
eben nicht in jeder Wohnung stehen<br />
BewohnerInnen seiner Stadt immer<br />
noch schwer fällt bzw. unmöglich<br />
ist, an diesen Ort des Schreckens<br />
zurückzukehren. Aber, so sagte<br />
Malkic auch, die neue Begegnungsstätte<br />
sei eine Mahnung an<br />
die Lebenden, in Frieden und<br />
gegenseitigem Respekt zu leben.<br />
Das „Haus des Vertrauens“ stehe<br />
für neues Leben in Srebrenica und<br />
für die Hoffnung, dass die Stadt,<br />
deren Name von dem serbischen<br />
Wort für „Silber“ abgeleitet ist, eine<br />
strahlende Zukunft hat.<br />
Es waren vor allem die Kinder,<br />
die dieses neue Leben unbeschwert<br />
auf dem großen Kinderfest, das<br />
die <strong>AWO</strong> Hildesheim mit Mitarbeitern<br />
von KUM (serbokroatisch „Pate“,<br />
Kinderpatenschaften in Bosnien-Herzegowina)<br />
und NADA<br />
(serbokroatisch „Hoffnung“, Beratung,<br />
Therapie und Hilfe für behinderte<br />
junge Menschen und deren<br />
Familien in Bosnien-Herzegowina)<br />
organisiert hatte, verkörperten. Besonders<br />
überzeugend und bezaubernd<br />
wurde die Hoffnung auf Versöhnung<br />
und Lebensfreude von einer<br />
örtlichen Folkloregruppe präsentiert,<br />
die sich erst im vergangenen<br />
November zusammengefun-<br />
den hatte. Zwölf junge Mädchen<br />
zwischen 10 und 19 Jahren, die in<br />
farbenfrohen Trachten unter der<br />
Anleitung eines erfahrenen Choreographen<br />
traditionelle Tänze ihrer<br />
Heimat zeigten – nicht nur bosnische<br />
oder serbische, sondern Tänze<br />
aus dem ganzen Donauraum.<br />
Ein Symbol, das nicht besser passen<br />
könnte: Die Mädchen sind Serbinnen,<br />
der Choreograph, Ahmet<br />
Begiç, ist Bosniake. Einen Namen<br />
hat die Truppe vom Kulturverein<br />
„Wasojowanowic“ noch nicht,<br />
aber eine große Hoffnung: „Auch<br />
in Zukunft tanzen zu können“, sagt<br />
die 16-jährige Dragana, und ihre<br />
dunklen Augen leuchten. „Und“,<br />
kichert ihre Freundin Wesna, 17,<br />
„einmal zu einem Auftritt nach<br />
Deutschland eingeladen werden!“<br />
Fritz Schatschneider<br />
Weitere Infos:<br />
Heimatgarten<br />
Am Holzhafen 11b<br />
27570 Bremerhaven<br />
Tel.: 0471 / 961 51 – 41,<br />
Fax: - 42<br />
www.heimatgarten.de<br />
„Das Haus des Vertrauens“ steht, doch es gibt noch viel zu tun<br />
in Srebrenica. Heimatgarten der <strong>AWO</strong>-Bremerhaven bittet um<br />
Spenden:<br />
<strong>AWO</strong> Sozialdienste GmbH<br />
Bankhaus Neelmeyer<br />
BLZ: 290 200 00<br />
Konto: 1000 273 936<br />
Kennwort: „Haus des Vertrauens“ – Heimatgarten
20 KAMPAGNE<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2004<br />
Gemeinsame Initiative von <strong>AWO</strong>, BKK und<br />
Deutsches Forum Prävention und Gesundheitsförderung<br />
Dr. Schnupper kärt auf:<br />
Gesundheitsvorsorge<br />
für Kinder ist kostenfrei<br />
<strong>AWO</strong>-Bundesvorsitzender<br />
Wilhelm Schmidt<br />
stellte zum Auftakt der<br />
Kampagne Dr. Schnupper<br />
in der Europa-Kita in<br />
Berlin vor.<br />
Die Debatte um die Auswirkungen der Gesundheitsreform, wie<br />
Praxisgebühr und Zuzahlungen, hat viele Menschen verunsichert.<br />
Allen voran Eltern und genauer die Familienhaushalte<br />
mit geringen Einkommen und/oder Migrationshintergrund.<br />
Viele glauben, dass auch bei den ärztlichen<br />
Vorsorgemaßnahmen und Impfungen Zuzahlungen auf<br />
sie zukommen. Ein fataler Irrtum. Sie sparen an der<br />
Gesundheit ihrer Jüngsten. Eine Initiative der <strong>AWO</strong><br />
klärt auf: Gesundheitsvorsorge für Kinder ist kostenfrei.<br />
Im Mittelpunkt der Kampagne steht: „Dr. Schnupper“.<br />
Der Präsident der Kinder- und<br />
Jugendärzte in Deutschland<br />
schlug schon vor Monaten<br />
Alarm. Obwohl Kinder und Jugendliche<br />
im Gesundheitsmodernisierungsgesetz<br />
– kurz Gesundheitsreform<br />
– von der Praxisgebühr und<br />
weitgehend auch von Zuzahlungen<br />
befreit sind, vermeldeten die Kinderärzte<br />
einen auffälligen Rückgang<br />
ihrer jüngsten Patienten bei<br />
den Praxisbesuchen.<br />
Gut sechs bis zwölf Prozent weniger<br />
als in vergleichbaren Kalenderquartalen<br />
suchten Eltern mit ihren<br />
Kindern eine Kinderarztpraxis<br />
im letzten Jahr zu den Vorsorgeuntersuchungen<br />
(U-Untersuchungen)<br />
und Schutzimpfungen auf. Die Zahlen<br />
zeigen einen gefährlichen<br />
Trend: Insgesamt 25 Prozent Rückgang<br />
bei Impfleistungen (Masern-<br />
Mumps-Röteln), 11 Prozent weniger<br />
Schutzimpfungen gegen Diphterie,<br />
Wundstarrkrampf, Keuchhusten,<br />
Kinderlähmung u.ä. „Dies ist eine<br />
erschreckende Entwicklung“, warnte<br />
Ärztepräsident Wolfram Hartmann.<br />
Er forderte nachdrücklich dazu<br />
auf, dieser für die Gesundheit<br />
von Kindern und Jugendlichen bedrohlichen<br />
Entwicklung durch Aufklärungsaktionen<br />
zu begegnen. Insbesondere<br />
die ärmeren Familienhaushalte<br />
und Familien mit Migrationshintergrund<br />
bräuchten verständliche<br />
Informationen.<br />
Ärztepräsident Hartmann blieb<br />
kein einsamer Rufer. Ähnliche Beobachtungen<br />
und sorgenvolle Botschaften<br />
kamen auch aus den rund<br />
2300 Kindertagesstätten und Jugendeinrichtungen<br />
der Arbeiterwohlfahrt.<br />
Bei einer Fachveranstaltung<br />
mit den Leitungen von Kindertagesstätten<br />
wurde der <strong>AWO</strong>-<br />
Bundesverband dringend dazu aufgefordert,<br />
an die Öffentlichkeit zu<br />
gehen und einen Beitrag zur Gesundheitsvorsorge<br />
für Kinder mit<br />
entsprechender Aufklärungsarbeit<br />
für Eltern und Kinder zu leisten.<br />
Martina Soltendieck-Kuba, Kita-<br />
Leiterin in Niedersachsen hat ganz<br />
unterschiedliche Beobachtungen<br />
gemacht. „Informationen zur Gesundheitsvorsorge<br />
sind bei Eltern<br />
und Kindern eher Mangelware,<br />
wenn ihr Zuhause in einem so genannten<br />
sozialen Brennpunkt liegt“.<br />
Aus Gesprächen mit Eltern oder<br />
im Austausch mit Fachkolleginnen<br />
weiß sie, dass bei den Eltern aus<br />
einkommensschwachen Haushalten<br />
immer die Angst da ist, dass der<br />
Arztbesuch Geld kostet.<br />
„Fehlentwicklungen <strong>beim</strong> Sehen<br />
und Hören oder motorische Schwächen,<br />
die nicht behandelt werden,<br />
sind bei den ärmeren Kindern oder<br />
Migrantenkindern überaus häufig“,<br />
weiß Martina Soltendieck. „In einer<br />
Kita waren 50 Prozent der Eltern<br />
über kostenlose Vorsorgeuntersuchungen<br />
und kostenfreie ärztliche<br />
Leistungen gar nicht oder unzureichend<br />
informiert“.<br />
Überhaupt wird von den Kindertagesstätten<br />
beklagt, dass durch<br />
die Sparprogramme der Länder<br />
und Kommunen keine regelmäßigen<br />
Reihenuntersuchungen mehr<br />
stattfinden.<br />
Mit dem guten Rat „So bleibt Ihr<br />
Kind gesund“, wird sich deshalb<br />
nun in den nächsten Wochen und<br />
Monaten ein freundlicher Dr.<br />
Schnupper an die Kinder und die<br />
Eltern wenden, in den Kindertagesstätten<br />
und Jugendeinrichtungen
der <strong>AWO</strong> oder bei den Versicherten der<br />
Betriebskrankenkassen. Die Symbolfigur<br />
der Kampagne ist ein freundlicher<br />
Dachs-Doktor, der seine Praxis im Murmelwald<br />
hat. Für seine kleinen Patienten<br />
aus der Familie Nussknacker oder die<br />
Zwillinge der Braunbärenfamilie ist er<br />
immer da: Dr. Schnupper macht das<br />
kostenfrei.<br />
Mit farbenfrohen und kindgerechten<br />
Materialien werden Eltern und Familien<br />
informiert. „Wenn die vierjährige Dilara<br />
im Kindergarten unseren Dr. Schnupper<br />
kennenlernt, wird sie sicher davon zu<br />
Hause erzählen und vor dem nächsten<br />
Arztbesuch keine Angst mehr haben,“<br />
erläuterte <strong>AWO</strong>-<br />
Bundesvorsitzender<br />
Wilhelm Schmidt<br />
die Zielrichtung der<br />
Kampagne bei der<br />
Press<strong>ev</strong>orstellung in<br />
der Europa-Kindertagesstätte<br />
der <strong>AWO</strong> in Berlin-Kreuzberg.<br />
Die Kampagne von <strong>AWO</strong>, BKK und<br />
Deutschem Forum hat vier Bausteine:<br />
Herzstück ist das besagte kleine Bilderbuch<br />
für Kindergartenkinder mit unterhaltsamen<br />
Tiergeschichten rund um das<br />
Thema „Gesundheit“.<br />
Ein Infoflyer richtet sich an die Eltern<br />
und zählt die wichtigsten und kostenlosen<br />
kinderärztlichen Leistungen auf.<br />
Ein Plakat soll in Kindertagesstätten,<br />
Beratungsstellen, Krankenkassen-Filialen<br />
oder Artzpraxen auf die Kampagne aufmerksam<br />
machen.<br />
Weil sich die Öffentlichkeitsinitiative<br />
besonders an Kinder und Eltern mit Migrationshintergrund<br />
wendet, sind bis auf<br />
das Plakat alle Materialien in sieben<br />
Sprachen produziert worden (deutsch,<br />
englisch, französisch, türkisch, russisch,<br />
arabisch und serbokroatisch-bosnisch.<br />
„Um möglichst viele Familien auch<br />
außerhalb unserer 2300 Kinder- und Ju-<br />
Dr. Schnupper zeigt sich auf einem<br />
Plakat, informiert in einem Faltblatt,<br />
erzählt Geschichten in einem Bilderbuch<br />
und geht auf Aktionstour<br />
gendeinrichtungen zu erreichen, ist es<br />
gut, dass wir für unsere bundesweite<br />
Aufklärungskampagne kompetente Partner<br />
gewinnen konnten“, betonte <strong>AWO</strong>-<br />
Vorsitzender Schmidt zum Start der Aktion.<br />
„Wir haben uns spontan für eine<br />
Unterstützung entschieden“, erklärte K.-<br />
Dieter Voß, Vorstand des BKK Bundesverbandes.<br />
„Sie ergänzt unsere Initiative<br />
‘Mehr Gesundheit für alle‘, um ein<br />
wichtiges Modul. Wir müssen Kinder<br />
und Familien motivieren, vorhandene<br />
Angebote zur eigenen Gesundheitsvorsorge<br />
zu nutzen.“ Voß wusste u.a. aus<br />
der Krankenkassenstatistik zu berichten,<br />
dass 17 Prozent der Kinder kein Vorsorgeheft<br />
haben und<br />
21 Prozent an der<br />
U-9-Vorsorgeuntersuchung<br />
nicht teilnehmen.<br />
Auch das Deutsche<br />
Forum Prävention<br />
und Gesundheitsförderung zählt<br />
zu den Partnern der Initiative. „Dr.<br />
Schnupper führt die Kinder mit der Hilfe<br />
ihrer Eltern und ErzieherInnen wie selbstverständlich<br />
zur Vorsorge und legt so einen<br />
wichtigen Grundstein für ein späteres<br />
präventives Gesundheitshandeln“<br />
sagte Harald Lehmann vom Forum. Er<br />
hob besonders den integrativen Ansatz<br />
der Informationen hervor.<br />
„Die Gesundheit der Kinder liegt uns<br />
wirklich am Herzen“, sagte <strong>AWO</strong>-Vorsitzender<br />
Schmidt abschließend, „Dr.<br />
Schnupper wird uns sicher zum Erfolg<br />
führen“. Joachim F. Kendelbacher<br />
Die Materialien zur Kampagne – gefördert mit<br />
Mitteln des Bundesministeriums für Gesundheit und<br />
Soziales und der Fernsehlotterie Glücksspirale<br />
sind <strong>beim</strong> <strong>AWO</strong>-Bundesverband, Verlag & Vertrieb,<br />
(Fax: 0228/6685-209, Email: verlag@awo.org)<br />
gegen eine Versandkostenpauschale erhältlich.<br />
Weitere Informationen unter: www.dr-schnupper.de<br />
<strong>AWO</strong>-Bundesvorsitzender<br />
Wilhelm Schmidt<br />
und K.-Dieter Voß,<br />
Vorstandsmitglied<br />
des BKK-Bundesverbandesstellten<br />
zum Auftakt<br />
der Kampagne<br />
Dr. Schnupper in<br />
der Europa-Kita<br />
in Berlin vor.<br />
Anzeige<br />
Connext<br />
21
22 AKTUELLES<br />
Wohlfahrtsverbände und Bundesregierung<br />
Politikberatung einmal anders<br />
Berlin. Das hat es in der Geschichte<br />
der Bundesrepublik<br />
noch nicht gegeben: Da stellt<br />
ein Bundeskanzler unter dem<br />
Stichwort „Agenda 2010“ vor<br />
dem Bundestag weitreichende<br />
Reformen in Aussicht, setzt diese<br />
tatsächlich um und will dann<br />
– das ist das Einmalige – die<br />
Auswirkungen seiner Politik<br />
von den Wohlfahrtsverbänden<br />
kontrolliert wissen.<br />
Im Oktober 2003 hatte<br />
Gerhard Schröder die Spitzenverbände<br />
der freien Wohlfahrtspflege<br />
(<strong>AWO</strong>, Caritas,<br />
Diakonie, Rotes Kreuz, Parität<br />
und Zentrale Wohlfahrtsstelle<br />
der Juden) zu gemeinsamen<br />
Gesprächen über die Auswirkungen<br />
der Agenda 2010 eingeladen.<br />
Er wollte wissen, ob<br />
die verschiedenen Reformgesetze<br />
– von der Gesundheitsreform<br />
bis zu Hartz IV – Menschen<br />
mit geringem Einkommen<br />
besonders benachteiligen.<br />
Von diesem Monitoring<br />
(zu Deutsch: Beobachten) sollen<br />
beide Seiten profitieren:<br />
Die Bundesregierung will Auskünfte<br />
aus der Praxis über unbeabsichtigte<br />
Auswirkungen ihrer<br />
Sozialreformen erhalten,<br />
die Freie Wohlfahrtspflege hat<br />
Gelegenheit, ihre Erkenntnisse<br />
kurz notiert<br />
Wettbewerb für Teilhabe und Integration<br />
Engagement wird ausgezeichnet<br />
und Vorschläge der Regierung<br />
auf gleicher Augenhöhe mitzuteilen.<br />
Angesichts der Bundestagswahlen<br />
und dem damit<br />
vorgezogenen Ende des Monitorings,<br />
trafen sich der Kanzler<br />
sowie die Vorsitzenden und<br />
Präsidenten der Verbände Anfang<br />
August zum vorerst letzten<br />
Austausch.<br />
Neben den inhaltlichen Ergebnissen<br />
und Nachbesserungen<br />
war vor allem der ernsthafte<br />
und fachlich konstruktive<br />
Dialog in vertrauter Atmosphäre<br />
für den Erfolg der Gespräche<br />
verantwortlich. Einige von<br />
den Wohlfahrtsverbänden angeregte<br />
Veränderungen im Einzelnen:<br />
Gesundheitsreform:<br />
Bei der Gesundheitsreform<br />
wurde ab 2005 die Darlehensregelung<br />
für HeimbewohnerInnen<br />
im Zusammenspiel mit den<br />
Krankenkassen und Sozialhilfeträgern<br />
unbürokratischer. Diese<br />
Regelung hat vor allem die<br />
Träger von Senioren- und Pflegeheimen<br />
entlastet.<br />
Zahlreiche Medikamente,<br />
die aus dem Katalog der gesetzlichen<br />
Krankenversicherung<br />
(GKV) gestrichen wurden (wie<br />
Arzneimittel bei Aids/Hepati-<br />
Berlin. Mit einem bundesweiten Wettbewerb will die Stiftung<br />
Bürger für Bürger die Teilhabe und Integration von MigrantInnen<br />
durch bürgerschaftliches Engagement fördern. Gesucht<br />
werden Projekte, bei denen sich MigrantInnen gemeinsam mit<br />
Einheimischen oder MigrantInnen unterschiedlicher nationaler<br />
oder ethnischer Herkunft gemeinsam für das Gemeinwesen<br />
engagieren. Es werden Preisgelder zwischen 1.000 und<br />
2.500 Euro für die drei Erstplatzierten vergeben. Einsendeschluss<br />
ist der 30. November. Formlose Bewerbungen mit<br />
weiteren Infos wie Projektbeschreibung, Pressebeiträgen,<br />
Publikationen und Internetverweisen an: Stiftung Bürger für<br />
Bürger, Herrn Bernhard Schulz, Singerstr. 109, 10179 Berlin,<br />
E-Mail: info@buerger-fuer-buerger.de, Tel. 030 / 24 31 49-0.<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
Die Vorsitzenden und Präsidenten der Wohlfahrtsverbände <strong>beim</strong> Monitoring-Gespräch<br />
mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (Mitte).<br />
tis, künstliche Tränenflüssigkeit<br />
oder Gleitmittel für Katheter),<br />
sind wieder in die OTC-Liste<br />
der verschreibungspflichtigen<br />
Medikamente aufgenommen<br />
worden. Von den Verbänden<br />
erkannte Problemfälle werden<br />
auch künftig in die halbjährliche<br />
Überprüfung der Heil- und<br />
Hilfsmittelliste einbezogen.<br />
Nicht durchsetzen konnten<br />
sich die Wohlfahrtsverbände<br />
mit ihrer Forderung, Grundsicherungsempfänger<br />
insgesamt<br />
von der Zuzahlung zu befreien.<br />
Altersvorsorge:<br />
Übereinstimmend wird die Einführung<br />
zusätzlicher kapitalgedeckter<br />
privater Vorsorgemöglichkeiten<br />
als sinnvolle Ergänzung<br />
zur gesetzlichen Rentenversicherung<br />
gesehen. Ausdrücklich<br />
begrüßt haben die<br />
Wohlfahrtsverbände die Einführung<br />
der Grundsicherung<br />
zum 1. Januar 2003 sowie die<br />
Bemühungen, die Dunkelziffer<br />
der Nichtanspruchnahme zu<br />
reduzieren.<br />
Hartz IV:<br />
Die jüngsten Arbeitsmarktreformen<br />
mit der Zusammenführung<br />
von Arbeitslosen- und Sozialhilfe<br />
zu Beginn dieses Jahres befinden<br />
sich noch in der Anlaufphase.<br />
Die Umsetzungsprobleme<br />
vor Ort werden im Sinne<br />
der Betroffenen beseitigt, erklärten<br />
Kanzler und Wohlfahrtsverbände.<br />
Außerdem hat<br />
die Bundesregierung in vielen<br />
von den Verbänden vorgetragenen<br />
Punkten Anpassungen<br />
in Aussicht gestellt, wie bei der<br />
Gewährung von Darlehen bei<br />
Mietschulden sowie die Gewährung<br />
einmaliger Leistungen<br />
bei den Mehrbedarfsregelungen<br />
für behinderte Leistungsempfänger<br />
oder bei der Baby-<br />
Erstausstattung.<br />
Das Problem der Weiterfinanzierung<br />
von Wohnungen<br />
trotz vorübergehender Abwesenheit<br />
will die Bundesregierung<br />
lösen: Auch bei Aufenthalt<br />
in einem Frauenhaus muss<br />
die Wohnungsmiete übernommen<br />
werden. Dies gilt auch für<br />
den Fall der Wohnungsverweisung<br />
des Ehemanns nach dem<br />
Gewaltschutzgesetz.<br />
Schließlich soll die besondere<br />
Stellung der Wohlfahrtsverbände<br />
auch bei der Vergabe<br />
von Leistungen (wie Eingliederung<br />
oder Beratung) durch die<br />
örtlichen Arbeitsgemeinschaften<br />
und Optionskommunen angemessen<br />
berücksichtigt werden.<br />
Die genannten Themenbereiche<br />
und Beispiele machen<br />
deutlich, dass es nicht nur<br />
bei einem fairen und konstruktiven<br />
Austausch unterschiedlicher<br />
Positionen geblieben ist.<br />
Vielmehr wurden auch gemeinsam<br />
Schritte unternommen, um<br />
Missverständnisse auszuräumen<br />
und Fehlentwicklungen zu<br />
vermeiden. Deshalb betonten<br />
zum Abschluss sowohl Bundesregierung<br />
wie Wohlfahrtspflege,<br />
den Monitoring-Prozess<br />
fortsetzen zu wollen. Abseits ihrer<br />
gewohnten Sozialanwaltsfunktion<br />
haben die Wohlfahrtsverbände<br />
als Akteure einer sogenannten<br />
„lernenden Gesetzgebung“<br />
eine neue, wichtige<br />
Form ihrer Politikberatung unter<br />
Beweis stellen können.<br />
Foto: BAGFW
Kommentiert<br />
Rainer Brückers<br />
Geschäftsführerndes<br />
Bundesvorstandsmitglied<br />
Schweigen<br />
ist manchmal Gold<br />
In der Mediengesellschaft soll man nicht nur Gutes tun, sondern<br />
auch darüber reden. Kaum ist ein neues Gesetz auf dem<br />
Markt, kann man am nächsten Tag schon in der Zeitung <strong>lesen</strong>,<br />
was Caritas oder <strong>AWO</strong> darüber denken. Und das ist gut<br />
so. Die Interessen von benachteiligten Menschen müssen wir<br />
auch und gerade in der Öffentlichkeit immer wieder deutlich<br />
machen.<br />
Können in einer solchen Zeit Gespräche über die wichtigsten<br />
Sozialreformen dieser Dekade in vertraulichen Gesprächen<br />
und unter Ausschluss der Öffentlichkeit überhaupt gelingen?<br />
Das Monitoring zur Agenda 2010 hat bewiesen, dass es<br />
geht. Denn die vertrauliche Atmosphäre hat zu konstruktiven<br />
Gesprächen geführt. Bundesregierung und Wohlfahrtspflege<br />
sind sich erstmals auf gleicher Augenhöhe begegnet. Und die<br />
Treffen haben gezeigt: Wenn die Gesprächspartner nicht<br />
fürchten müssen, von Erfolg oder Misserfolg sofort in der Zeitung<br />
zu <strong>lesen</strong>, kann sich ein für beide Seiten gewinnbringender<br />
Diskussionsprozess entwickeln.<br />
Deshalb konnte die Wohlfahrtspflege viele wichtige Kritikpunkte<br />
an die Bundesregierung herantragen. Für die HeimbewohnerInnen<br />
wurde etwa ein verträgliches System der Zuzahlungen<br />
entwickelt. Ihre Zuzahlungen werden bis zur Belastungsgrenze<br />
auf das ganze Jahr verteilt und zehren nicht<br />
mehr schon im Januar das komplette Taschengeld auf. Mit ihrer<br />
Forderung, HeimbewohnerInnen, ALG-II-EmpfängerInnen<br />
und andere komplett von den Zuzahlungen zu befreien, konnten<br />
sich die Wohlfahrtsverbände dennoch nicht durchsetzen.<br />
Die stärkere Eigenverantwortung auch von PatientInnen mit<br />
wenig Einkommen war stets ein Ziel der Gesundheitsreform<br />
und wurde deshalb von der Regierung nicht in Frage gestellt.<br />
Denn eines war klar: Die Bundesregierung hat die Wohlfahrtspflege<br />
nicht um Ratschläge zur Ausrichtung ihrer Sozialpolitik<br />
gebeten. Die Reformen im Gesundheitssystem oder auf<br />
dem Arbeitsmarkt muss jede Bundesregierung aus eigener<br />
Kraft und mit eigenen Zielvorstellungen anpacken. Die rot-grüne<br />
Regierung wollte aber Fehlentwicklungen und Anlaufschwierigkeiten<br />
der Agenda 2010 vermeiden und hat dazu<br />
die Praxiserfahrungen der Wohlfahrtsverbände genutzt. Diese<br />
institutionalisierte Form der Politikberatung ist neu und<br />
zeigt, dass die Wohlfahrtspflege in der politischen Landschaft<br />
ein wichtiger Faktor ist, der konstruktiv genutzt werden kann.<br />
Die <strong>AWO</strong> hofft jedenfalls, dass der Monitoring-Prozess<br />
auch nach der Bundestagswahl im Herbst fortgesetzt wird!<br />
Anzeige<br />
Menü Mobil<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
23
24 AKTUELLES<br />
Foto: Agentur Tost<br />
Leute<br />
Monika Hauser, die Gründerin der Frauenhilfsorganisation medica mondiale ist eine<br />
von 15 Frauen aus Deutschland, die gemeinsam mit insgesamt 1.000 Frauen aus der<br />
ganzen Welt in diesem Jahr für den Friedensnobelpreis nominiert worden sind. Die Initiative<br />
„1000 Frauen für den Friedensnobelpreis 2005“ will „die oft namens- und gesichtslosen<br />
Friedenstifterinnen“ sichtbar machen. Mit der Frauenhilfsorganisation medica<br />
mondiale hat die <strong>AWO</strong> bereits bei mehreren Hilfsprojekten im Ausland zusammen<br />
gearbeitet.<br />
Neue Image-Broschüre<br />
Mit Herz und Hand<br />
Bonn. Eine neue Image-Broschüre<br />
der <strong>AWO</strong> hat der Bundesverband<br />
unter dem Titel „Mit Herz<br />
und Hand“ aufgelegt, nachdem<br />
das seit Mitte der 80-er Jahre<br />
auf dem Markt befindliche<br />
Werk nicht nur vergriffen, sondern<br />
auch inhaltlich überholt<br />
und von der Gestaltung veraltet<br />
war.<br />
Modern und informativ:<br />
Die neue Image-Broschüre der<br />
<strong>AWO</strong> „Mit Herz und Hand“.<br />
Mit der neuen Broschüre in<br />
ansprechendem Design beschreitet<br />
die <strong>AWO</strong> einen modernen<br />
Weg der Selbstdarstellung.<br />
Auf 32 Seiten werden mit<br />
doppelseitigen Bildern und auf<br />
das Wesentliche reduzierten<br />
Texten die Arbeitsfelder, die Geschichte<br />
und das Selbstverständnis<br />
der Arbeiterwohlfahrt dargestellt.<br />
Die Texte sind an den<br />
neuen gesellschaftlichen Realitäten<br />
und den modernen<br />
Dienstleistungsangeboten der<br />
<strong>AWO</strong> ausgerichtet. Durch ein in<br />
eine Tasche einzulegendes Blatt<br />
auf der zweiten Umschlagseite,<br />
können die dem Wandel unterworfenen<br />
Teile – wie statistische<br />
Angaben – oder ein Vorwort<br />
des Bundesvorsitzenden Wilhelm<br />
Schmidt, kostengünstig aktualisiert<br />
werden, ohne dass da-<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
für die Broschüre komplett neu<br />
überarbeitet und gedruckt werden<br />
müsste. Zusätzlich können<br />
an dieser Stelle eigene Informationen<br />
von <strong>Ortsverein</strong>en, Kreis-,<br />
Bezirks- oder Landesverbänden<br />
sowie Einrichtungen, die die<br />
Broschüre verteilen, beigelegt<br />
werden. Die Broschüre ist in<br />
deutscher und erstmals auch in<br />
englischer Sprache erschienen.<br />
Die neue <strong>AWO</strong>-Imagebroschüre<br />
„Mit Herz<br />
und Hand“ kann bezogen<br />
werden <strong>beim</strong> <strong>AWO</strong>-<br />
Bundesverband, Verlag,<br />
Oppelnerstr. 130, 53119<br />
Bonn, Fax: 0228 /<br />
66 85 – 209, E-Mail:<br />
Verlag@awo.org. Abgabe<br />
im Zehner-Gebinde.<br />
Deutsch: Bestellnummer<br />
01029, 10 Stück für 24,95<br />
Euro zzgl. MwSt. Englisch: Bestellnummer<br />
01035, 10 Stück<br />
29,96. Mengenbestellungen<br />
auf Anfrage. (fer)<br />
<strong>AWO</strong>-Fußballcup vor dem Aus?<br />
Mannschaften und Veranstalter gesucht<br />
Rudolstadt/Bonn. Sport macht<br />
nicht nur Spaß und ist gesund,<br />
er verbindet auch die Menschen.<br />
Deshalb hat der <strong>AWO</strong>-<br />
Cup eine besondere Bedeutung<br />
für den Verband. Neben dem<br />
sportlichen Wettkampf gibt es<br />
am Rand des Fußballturniers<br />
viele Möglichkeiten für persönliche<br />
Kontakte, bei denen über<br />
die Bundesländergrenzen hinweg,<br />
Freundschaften entstehen.<br />
Seit 1984 21 Mal ausgetragen,<br />
droht dem Fußballereignis, bei<br />
dem sich jedes Jahr etwa<br />
Kampagne für mehr Demokratie<br />
Der Schlüssel für<br />
ein anderes Europa<br />
Brüssel. Mit dem „Non“ in<br />
Frankreich und dem „Nee“ in<br />
den Niederlanden bei den<br />
Volksabstimmungen über die<br />
europäische Verfassung und<br />
den gescheiterten Finanzdebatten<br />
<strong>beim</strong> Europäischen Gipfel<br />
im Juni 2005 in Brüssel, scheint<br />
die EU in der Krise. Dabei soll<br />
gerade die Verfassung das gewährleisten,<br />
was die meisten<br />
Menschen an Europa kritisieren:<br />
Mehr demokratische Mitwirkungsrechte<br />
durch mehr<br />
Rechte für das europäische und<br />
die nationalen Parlamente oder<br />
die Möglichkeit eines europäischen<br />
Bürgerbegehrens.<br />
Deshalb hat Solidar zusammen<br />
mit anderen europäischen<br />
Nichtregierungs-Organisationen<br />
(NGO´s) die Initiative ergriffen<br />
und zu einer Kampagne<br />
„Citizens´ key to Europe, Campaign<br />
to support Plan D – for<br />
democracy“ aufgerufen, eine<br />
Kampagne für eine europäische<br />
Demokratie, in der die BürgerInnen<br />
in die politische Debatte<br />
einbezogen werden.<br />
Denn eine „demokratische Infrastruktur“<br />
ist der Schlüssel der<br />
BürgerInnen für Europa, glaubt<br />
Solidar. Zum Start der Kampagne<br />
wurde Margot Wallström,<br />
der Kommissarin für institutio-<br />
20 Mannschaften aus ganz<br />
Deutschland messen, nun aber<br />
das Aus. Zwei Mal – 2003 und<br />
2004 – hat die <strong>AWO</strong> aus Rudolstadt<br />
den Pokal geholt. Nun<br />
gehört es zur Tradition, dass<br />
der Sieger, jeweils den nächsten<br />
Cup ausrichtet. Nachdem<br />
die <strong>AWO</strong> Rudolstadt 2004 dieser<br />
Aufgabe nachgekommen<br />
war, sahen sich die Verantwortlichen<br />
aufgrund des organisatorischen<br />
und finanziellen Aufwandes<br />
jedoch nicht in der Lage<br />
auch 2005 das Turnier auf<br />
nelle Beziehungen und Kommunikationsstrategie,<br />
der „Schlüssel<br />
zur Demokratie“ überreicht.<br />
Der Aufruf wurde von über 40<br />
NGOs in ganz Europa unterstützt,<br />
darunter der <strong>AWO</strong>.<br />
Damit soll eine europaweite<br />
Debatte über die Zukunft Europas<br />
und Beteiligungsmöglichkeiten<br />
angestoßen werden. „Unsere<br />
Kampagne zeigt, dass<br />
NGOs ein anderes Europa wol-<br />
len – eines, das näher an den<br />
Bürgerinnen und Bürgern ist, sozialer<br />
und demokratischer. Wir<br />
sind bereit zusammen mit den<br />
europäischen Institutionen ein<br />
neues Europa zu schaffen. Ein<br />
anderes Europa ist möglich“,<br />
sagte Giampiero Alhadeff, Generalsekretär<br />
von Solidar bei<br />
der Schlüsselübergabe. (pm)<br />
die Beine zu stellen. Glücklicherweise<br />
sprang der <strong>AWO</strong>-<br />
Kreisverband Essen in die Bresche.<br />
Das Turnier kam in diesem<br />
Jahr aber wegen zu geringer<br />
Anmeldungen nicht zustande.<br />
Nun werden teilnehmende<br />
Mannschaften, wie auch Veranstalter<br />
gesucht. Interessenten<br />
melden sich bitte bei der <strong>AWO</strong>-<br />
Rudolstadt, Geschäftsführer<br />
Frank Retzlaff, Weststr. 10,<br />
07407 Rudolstadt, Tel.: 03672<br />
/ 30 91 76, Email: geschaeftsstelle@awo-rudolstadt.de<br />
(fer)
26 FÜR SIE GELESEN<br />
Alkohol<br />
Kein gewöhnliches<br />
Konsumgut<br />
„Alkoholkonsum ist weltweit einer<br />
der wichtigsten Risikofaktoren<br />
für Morbidität und Mortalität<br />
und deshalb gesundheitspolitisch<br />
höchst rel<strong>ev</strong>ant.“ So<br />
steht es im Vorwort II zur englisch-sprachigen<br />
<strong>Ausgabe</strong> des<br />
Buches von Babor u.a. „Alcohol:<br />
No Ordinary Commodity.“<br />
Für dieses Buch haben sich<br />
die führenden WissenschaftlerInnen<br />
der Alkoholforschung<br />
weltweit zusammengeschlossen,<br />
um im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation<br />
die Fakten,<br />
die für eine politische Wertung<br />
der notwendigen alkoholpolitischen<br />
Maßnahmen notwendig<br />
sind, zusammen zu tragen.<br />
Es ist das Verdienst einer<br />
Reihe von deutschen, schweizerischen<br />
und österreichischen<br />
ForscherInnen, dieses Buch ins<br />
Deutsche übersetzt zu haben.<br />
Dabei wurden nicht nur die en-<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
glischen Kapitel übersetzt, die<br />
quasi den Weltwissensstand<br />
wiedergeben, sondern diese<br />
Aspekte auch in zusätzlichen<br />
Kapiteln auf die einzelnen Länder<br />
übertragen.<br />
Herausgekommen ist dabei<br />
ein Buch, das zur Grundlagenliteratur<br />
im Bereich der Alkoholpolitik<br />
gehört.<br />
Thomas Babor, Alkohol – Kein gewöhnliches<br />
Konsumgut, Verlag Hogrefe,<br />
59,95 Euro, ISBN 3-8017-1923-5.<br />
Einelternfamilien<br />
Hilfen für<br />
Alleinerziehende<br />
Die Anzahl alleinerziehender<br />
Eltern nimmt zu. Gleichzeitig<br />
wächst – wenn auch gering –<br />
die gesellschaftliche Anerkennung<br />
dieser Lebensform. Doch<br />
wie sieht die Lebenssituation<br />
von Einelternfamilien in Deutschland<br />
aus? Erhalten sie die<br />
Unterstützung, die sie eigentlich<br />
benötigen? Das Werk beschäftigt<br />
sich mit den sehr unterschiedlichen<br />
Modellen von<br />
Einelternfamilien, formuliert die<br />
daraus resultierenden Bedürfnisse<br />
nach institutioneller Unterstützung<br />
und eröffnet einen<br />
Blick auf die Einelternfamilie<br />
aus soziologischer, entwicklungspsychologischer<br />
und sozialrechtlicher<br />
Sicht. Kein Hand-<br />
buch für den Alltag, sondern<br />
für Fachleute und WissenschaftlerInnen.<br />
Jörg M. Fegert u.a. (Hrsg.), Hilfen für<br />
Alleinerziehende, Beltz/Votum-Verlag,<br />
312 Seiten, 27,90 Euro, ISBN 3-407-<br />
55996-8.<br />
Anzeige<br />
Friedrich-Ebert-Stiftung<br />
Entwicklungschance<br />
Kinderbetreuung<br />
außer Haus<br />
Was brauchen Kinder für eine<br />
„gute“ Entwicklung? Die „Fremdbetreuung“<br />
in Krippen, Kindertagesstätten<br />
oder Horten wird<br />
angesichts des wachsenden<br />
Anspruchs der Vereinbarkeit<br />
von Familie und Beruf sowie unter<br />
den Eindrücken der PISA-<br />
Studie mit dem Bildungsaspekt<br />
ausgebaut und immer bedeutsamer,<br />
Unsicherheiten und<br />
Schuldgefühle sind bei vielen<br />
Eltern aber nicht verschwunden:<br />
Leidet mein Kind unter<br />
meiner Abwesenheit? Kann es<br />
genauso gefördert werden, wie<br />
wenn sich die Eltern selbst darum<br />
kümmern? Neueste Untersuchungen<br />
zeigen deutlich,<br />
dass Familien ergänzende Betreuung<br />
sich positiv auf die Entwicklung<br />
auswirkt. Mit diesen<br />
Befunden befasst sich das Buch<br />
ebenso wie mit den Grundfragen<br />
von Eltern, Fachkräften und<br />
Politik. Dabei werden Angebo-
te und Rahmenbedingungen in<br />
Deutschland und der Schweiz<br />
unter die Lupe genommen und<br />
Perspektiven sowie Handlungsbedarf<br />
entwickelt.<br />
Andrea Lanfranchi u.a. (Hrsg.), Kinderbetreuung<br />
außer Haus, Haupt-Verlag,<br />
192 Seiten, 22 Euro, ISBN 3 258<br />
06748 1.<br />
Aufbruch oder Irrweg?<br />
Persönliche Budgets<br />
Persönliche Budgets in der Pfelge<br />
oder der Behindertenhilfe<br />
sind im Trend. In etlichen Ländern<br />
Europas werden dazu seit<br />
rund zehn Jahren bereits systemische<br />
Erfahrungen gesammelt.<br />
Doch können persönliche<br />
Budgets tatsächlich das halten,<br />
was sie versprechen: Unterstützung<br />
der Autonomie und der<br />
Selbstbestimmung, höhere Effizienz<br />
in der Leistungserbringung<br />
oder Kosteneinsparung?<br />
Damit setzten sich die AutorInnen<br />
kritisch auseinander und<br />
zeigen mögliche Chancen und<br />
Probleme des persönlichen<br />
Budgets auf. Erfahrungen und<br />
Modellprojekte aus der Praxis<br />
sowie konzeptionelle Beiträge<br />
dokumentieren die gegenwärtige<br />
nationale und internationale<br />
Diskussion. Ein Materialienteil<br />
mit Kommissionsberichten, gesetzlichen<br />
Grundlagen sowie<br />
Details zu Projekten runden das<br />
Arbeitshandbuch ab.<br />
Thomas Klie u.a. (Hrsg.), Persönliche<br />
Budgets – Aufbruch oder Irrweg.,<br />
Vincentz-Verlag, 466 Seiten, 29,80<br />
Euro, ISBN 3-87870-488-7.<br />
Ein Vergleich<br />
Armut und Kindheit<br />
Ursachen und Erscheinungsformen<br />
von Kinderarmut in Ostund<br />
Westdeutschland, auf dem<br />
Land und in der Stadt sowie in<br />
der sogenannten Ersten und<br />
Dritten Welt werden in diesem<br />
Band miteinander verglichen.<br />
Im Rahmen einer dualen Armutsforschung,<br />
die sowohl gesellschaftliche<br />
Strukturen und<br />
subjektive (Kinder-) Perspektiven<br />
einfängt als auch der Armutsstruktur<br />
auf den Grund<br />
Anzeige<br />
VBLU<br />
geht, entwickeln die ForscherInnen<br />
bildungs-, familien-, sozialund<br />
entwicklungspolitische<br />
Gegenstrategien sowie Konzepte<br />
für Soziale Arbeit und<br />
Sozialpädagogik.<br />
Christoph Butterwege u.a., Armut und<br />
Kindheit, Verlag für Sozialwissenschaften,<br />
319 Seiten, 19,90 Euro, ISBN<br />
3-531-33707-6.<br />
Soziale Unternehmen<br />
Kosten- und<br />
Leistungsrechnung<br />
Non-Profit-Organisationen (NPO)<br />
sehen sich immer komplexeren<br />
Veränderungen in ihrem Umfeld<br />
ausgesetzt. Durch Gesetzesänderungen<br />
verändern sich<br />
die Finanzierungsstrukturen und<br />
damit gleichzeitig die Leistungserbringung<br />
in allen Hilfebereichen<br />
von der Jugendhilfe über<br />
die Behindertenhilfe bis zur Altenhilfe.<br />
Das Handeln und Denken<br />
in einer sozialen NPO ist<br />
von operativen Verwaltungsansätzen<br />
geprägt, um so stärker<br />
müssen heute die Menschen in<br />
den Mittelpunkt des Interesses<br />
rücken, die die Budget- und Kostenstellenverantwortungübernehmen.<br />
Ferner wird der neu<br />
entstehende Berufsstand der<br />
SozialwirtIn/SozialmanagerIn<br />
angesprochen. Zunehmend stehen<br />
sie vor der Aufgabe, ihre<br />
Arbeit nicht nur fachlich, sondern<br />
auch wirtschaftlich begründen<br />
und verantworten zu<br />
müssen. Der Umgang mit betriebswirtschaftlichen<br />
Daten<br />
und Zahlen gehört immer mehr<br />
zur unabdingbaren Basiskompetenz.<br />
Dieses Fachbuch vermittelt<br />
die Grundlagen der Kosten- und<br />
Leistungsrechnung. Es versetzt<br />
Budgetverantwortliche in die Lage,<br />
die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
ihres Handelns zu<br />
verstehen, gegenüber internen<br />
und externen Verwaltungs- und<br />
Wirtschaftsleuten sprachfähiger<br />
zu werden und ihre fachlichen<br />
Anliegen auch wirtschaftlich<br />
durchsetzen zu können.<br />
Robert Bachert, Kosten- und Leistungsrechnung,<br />
Juventa-Verlag, 164 Seiten,<br />
12,50 Euro, ISBN 3-7799-0739-9.<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
27
28 FACHINFORMATIONEN<br />
A LTENHILFE/<br />
A MBULANTE<br />
D IENSTE<br />
BAGSO<br />
EU: Ältere nicht<br />
ausklammern<br />
Anlässlich der Anrufung des<br />
Vermittlungsausschusses zum<br />
Antidiskriminierungsgesetz hat<br />
die Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
der Senioren-Organisationen<br />
(BAGSO) erklärt, sie halte ein<br />
Antidiskriminierungsgesetz, in<br />
dem die Merkmale „Alter“ und<br />
„Behinderung“ in gleicher<br />
Weise wie andere Diskriminierungstatbestände<br />
behandelt<br />
werden, für notwendig. Das im<br />
Juli vom Bundesrat gestoppte<br />
und an den Vermittlungsausschuss<br />
überwiesene Gesetz,<br />
hatte diese Gruppen explizit<br />
eingeschlossen. Bei einer Neufassung<br />
muss das gleichermaßen<br />
der Fall sein, fordert die<br />
BAGSO.<br />
Zurzeit gebe es nicht nur in<br />
der Arbeitswelt, sondern auch<br />
im Zivilrechtsverkehr zahlreiche<br />
offene und verdeckte Benachteiligungen<br />
wegen des Lebensalters.<br />
Daher fordert die<br />
BAGSO, das Merkmal „Alter“<br />
auch in den zivilrechtlichen Teil<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
eines Gesetzes gegen Diskriminierungen<br />
einzubeziehen. Speziell<br />
im Versicherungsbereich<br />
sieht sie vordringlichen Handlungsbedarf.<br />
Die ausführliche<br />
Stellungnahme der BAGSO zu<br />
einem Antidiskriminierungsgesetz<br />
findet sich im Internet unter<br />
www.bagso.de/positionen.htm.<br />
Pilotstudie<br />
Betreute Wohngruppen<br />
Auf der Suche nach zukunftsträchtigen<br />
Wohnformen für<br />
hilfe- und pflegebedürftige ältere<br />
Menschen rücken seit geraumer<br />
Zeit Wohnformen in den<br />
Blick, bei denen Hilfe- und Pflegebedürftige<br />
in kleinen Gruppen<br />
in einem gemeinsamen<br />
Haushalt zusammenleben und<br />
von Betreuungskräften unterstützt<br />
werden. Sowohl bei älteren<br />
Menschen und deren Angehörigen<br />
als auch bei Akteuren<br />
der Altenhilfe stößt dieses<br />
Wohnkonzept auf wachsendes<br />
Interesse. Jedoch haben diese<br />
Wohnprojekte – vor allem wenn<br />
sie ambulant betrieben werden<br />
–mit einer Fülle von Problemen<br />
bei der Umsetzung zu kämpfen.<br />
Hinzu kommt, dass wenig<br />
Erfahrungswissen über die Projektlandschaft<br />
vorliegt.<br />
Anzeige<br />
Bank für<br />
Sozialwirtschaft<br />
Eine Pilotstudie, welche im<br />
Rahmen des Gemeinschaftsprojektes<br />
der Bertelsmann Stiftung<br />
und des Kuratorium Deutsche<br />
Altershilfe „Leben und<br />
Wohnen im Alter“ erstellt worden<br />
ist, leistet einen ersten Beitrag,<br />
um diese Informationslücken<br />
zu schließen. Ihre Ergebnisse<br />
werden in Band 4<br />
und 5 der gleichnamigen Reihe<br />
veröffentlicht.<br />
Band 4 „Betreute Wohngruppen<br />
– Pilotstudie“ gibt einen<br />
Überblick über die wichtigsten<br />
Strukturdaten ambulant<br />
betreuter Wohngruppen. Er<br />
enthält eine ausführliche Darstellung<br />
der Bewohner-, Leistungs-<br />
und Kostenstruktur der<br />
praktizierten Wohnprojekte.<br />
Die Studie gibt auch einen Einblick<br />
in unterschiedliche Betreuungskonzepte<br />
und Probleme<br />
bei der praktischen Umsetzung.<br />
Band 5 „Betreute Wohngruppen:<br />
Fallbeispiele und<br />
Adressliste“ enthält eine ausführliche<br />
Darstellung von Beispielen<br />
aus den Fallstudien und<br />
bietet dem interessierten Leser<br />
eine Fülle von Einzelinformationen<br />
über den Wohn- und Lebensalltag<br />
in vier untersuchten<br />
betreuten Wohngemeinschaften.<br />
Darüber hinaus enthält der<br />
Band einen quantitativen Überblick<br />
über das Angebot an<br />
ambulant betreuten Wohngemeinschaften<br />
in Deutschland.<br />
Dafür wurde eine umfassende<br />
Adressenrecherche durchgeführt<br />
und in einer Adressenliste<br />
zusammengestellt.<br />
Band 4 (8,- Euro zzgl. Versandkosten)<br />
und Band 5 (4,50<br />
Euro zzgl. Versandkosten) können<br />
bestellt werden bei: Kuratorium<br />
Deutsche Altershilfe,<br />
Abteilung Versand, An der<br />
Pauluskirche, 350677 Köln,<br />
Tel.: 02 21/ 93 18 -470, Fax:<br />
-476, E-Mail: versand@kda.de,<br />
Internet: www.kda.de<br />
Zehn Eckpunkte<br />
Entbürokratisierung<br />
im Heimrecht<br />
Mit zehn Eckpunkten will das<br />
Bundesministerium für Familien,<br />
Senioren, Frauen und Jugend<br />
(BMFSFJ) das Heimrecht weniger<br />
bürokratisch gestalten und<br />
damit den Pflegekräften mehr<br />
Zeit für ihre eigentlich Aufgabe,<br />
nämlich die Pflege von<br />
Menschen, verschaffen sowie<br />
neue Wohnformen fördern.<br />
Nachfolgend das dem Kabinett<br />
im Juli vorgelegte Zehnpunktepapier<br />
im Wortlaut:<br />
„Angesichts der Herausforderungen,<br />
die sich aus den Veränderungen<br />
im Altersaufbau<br />
unserer Gesellschaft ergeben,<br />
ist es eine der zentralen Aufgaben<br />
der Politik, die Weiterentwicklung<br />
der ambulanten, teilstationären<br />
und stationären<br />
Pflege durch neue Konzepte,<br />
besonders aber auch durch<br />
den Abbau unnötiger Vorschriften<br />
zu fördern. Die Vorschriften<br />
des Heimrechts spiegeln das<br />
Schutzbedürfnis aus der Zeit<br />
des Ausbaus der klassischen<br />
Heimstrukturen wider. Dieses<br />
Schutzbedürfnis hat sich heute<br />
gewandelt, weil viele Menschen<br />
ein Bedürfnis nach individuellem,<br />
„normalem“ Wohnen<br />
auch in Einrichtungen haben.<br />
Die Vorschriften müssen so gestaltet<br />
werden, dass Entwicklungen,<br />
die den Bedürfnissen der<br />
Menschen entsprechen, nicht<br />
behindert, sondern erleichtert<br />
werden.
Um diese Zielsetzung zu erreichen,<br />
sind die vorhandenen<br />
Möglichkeiten, das Heimrecht<br />
zu entbürokratisieren und in seinem<br />
Kontrollcharakter zu verändern,<br />
intensiv zu nutzen.<br />
Ein Schwerpunkt im Rahmen<br />
dieses Prozesses zum Abbau bürokratischer<br />
Vorschriften liegt<br />
darin, das Entstehen neuer<br />
Wohn- und Betreuungsformen<br />
nicht nur zu erleichtern, sondern<br />
auch gezielt zu fördern. Darüber<br />
hinaus sind die Streichung<br />
einzelner Vorschriften, die Harmonisierung<br />
widersprüchlicher<br />
und missverständlicher Regelungen<br />
in Heimgesetz und SGB XI<br />
und die Verbesserung der Koordination<br />
zwischen den Prüfungsinstanzen<br />
vorgesehen.<br />
Zur Entbürokratisierung der<br />
Pflege und zur Ermunterung,<br />
neue Wohnformen zu entwikkeln,<br />
werden daher folgende<br />
Eckpunkte vorgelegt:<br />
1. Auf ambulant betreute Wohngemeinschaften<br />
findet das<br />
Heimrecht keine Anwendung.<br />
Dies gilt, wenn folgende Kriterien<br />
erfüllt sind:<br />
Bewohnerinnen und Bewohner<br />
können Betreuungs- und Pflegedienste<br />
frei wählen (auch den<br />
Pflegedienst des Trägers).<br />
Bewohnerinnen und Bewohner<br />
können ihr Zusammenleben in<br />
der Wohngemeinschaft selbstbestimmt<br />
gestalten.<br />
In der Wohngemeinschaft leben<br />
nicht mehr als 12 betreuungsbedürftige<br />
Personen.<br />
2. Die Erprobung von neuen<br />
Wohn- und Betreuungsformen<br />
wird unterstützt und unbefristet<br />
zugelassen.<br />
Um das Entstehen neuer Wohnund<br />
Betreuungsformen zu unterstützen<br />
wird die Erprobungsregel<br />
des § 25 a Heimgesetz neu<br />
gestaltet. Die Befristung der Geltungsdauer<br />
entfällt.<br />
Zur Erprobung neuer Wohn- und<br />
Betreuungsformen soll von Vorgaben<br />
des Heimgesetzes und<br />
seiner Verordnungen befreit werden,<br />
wenn dies mit den Interessen<br />
und Bedürfnissen der Bewohnerinnen<br />
und Bewohner vereinbar<br />
ist.<br />
3. Die Anzeigepflichten werden<br />
reduziert.<br />
4. Mehrfachprüfungen durch<br />
Heimaufsicht und MDK (Medi-<br />
zinischer Dienst der Krankenversicherungen)<br />
werden vermieden.<br />
Die Regelung zur Zusammenarbeit<br />
von Heimaufsicht und MDK<br />
nach § 20 Abs. 5 HeimG wird<br />
so gestaltet, dass Mehrfachprüfungen<br />
vermieden werden.<br />
5. Sich widersprechende Regelungen<br />
in HeimG und SGB XI<br />
werden harmonisiert.<br />
Die derzeit unterschiedlichen<br />
Regelungen zur Beendigung<br />
des Heimvertrages im Todesfall<br />
im Heimgesetz (§ 8 Abs. 8)<br />
und im SGB XI (§ 87a Abs. 1)<br />
werden harmonisiert. Gleiches<br />
gilt für die derzeit unterschiedlichen<br />
Regelungen zum Inkrafttreten<br />
einer Entgelterhöhung im<br />
Heimgesetz (§ 7 Abs. 3) und<br />
im SGB XI (§ 85 Abs. 6).<br />
6. Einrichtungen der Tages- und<br />
Nachtpflege werden von den<br />
Vorgaben der Heimpersonalverordnung<br />
und der Heimmindestbauverordnung<br />
ausgenommen.<br />
Es hat sich gezeigt, dass die<br />
strengen Anforderungen der<br />
Heimpersonalverordnung und<br />
der Heimmindestbauverordnung<br />
in teilstationären Einrichtungen<br />
wie Tages- und Nachtpflege<br />
nicht erforderlich sind.<br />
Anzeige<br />
Orochemie<br />
7. Entbürokratisierungsinitiative<br />
zu Landesregelungen<br />
Das Bundesministerium für Familie,<br />
Senioren, Frauen und Jugend<br />
wird mit den Ländern Gespräche<br />
aufnehmen, um einen<br />
Abbau von Vorschriften und Vorgaben<br />
auch in deren Zuständigkeitsbereichen<br />
(z.B. im Brandschutz,<br />
in der Durchführung der<br />
Lebensmittelhygiene und in der<br />
Gesundheitsvorsorge) zu erreichen.<br />
8. Effektivere Beratung soll Prüftätigkeit<br />
ersetzen<br />
Das Bundesministerium für Familie,<br />
Senioren, Frauen und Ju-<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
29
30 FACHINFORMATIONEN<br />
gend wird im Rahmen der Gespräche<br />
mit den Ländern darauf<br />
hinwirken, dass die Prüftätigkeit<br />
der Heimaufsicht kooperativ beratend<br />
und ergebnisorientiert<br />
ausgestaltet wird.<br />
Das Bundesministerium für Familie,<br />
Senioren, Frauen und Jugend<br />
wird gemeinsam mit allen Beteiligten<br />
Modelle der Zusammenarbeit<br />
von Heimaufsicht und MDK<br />
erarbeiten und gute Beispiele<br />
der Zusammenarbeit von Heimaufsicht<br />
und MDK sammeln und<br />
allen Beteiligten anbieten.<br />
9. Qualifizierungsmaßnahmen<br />
Das Bundesministerium für Familie,<br />
Senioren, Frauen und Jugend<br />
wird ein Qualifizierungsprogramm<br />
für das Personal in<br />
Diensten und Einrichtungen initiieren,<br />
bei dem das Thema „Entbürokratisierung“<br />
im Mittelpunkt<br />
steht. Hierzu gehört u. a.<br />
• die Vereinfachung der Pflegedokumentation,<br />
• ein Multiplikatorenprogramm<br />
zur Ausschöpfung von Entbürokratisierungspotenzialen,<br />
• die Entwicklung von Kompetenzteams<br />
zur Beratung von<br />
Einrichtungen im Hinblick auf<br />
die Vermeidung unnötigen<br />
Verwaltungsaufwandes.<br />
10. Beispiele bester Praxis austauschen<br />
Das Bundesministerium für Familie,<br />
Senioren, Frauen und Jugend<br />
wird bestpractice-Beispiele<br />
aus der Praxis zusammenführen,<br />
<strong>ev</strong>aluieren und durch geeignete<br />
Informationsmaßnahmen den<br />
Einrichtungen zur Verfügung stellen.“<br />
■ E UROPA<br />
Europa altert<br />
„Lokale Ansätze haben<br />
Vorrang“<br />
„Wie die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten<br />
mit den Folgen<br />
des demografischen Wandels<br />
umgehen, ist Angelegenheit<br />
der jeweiligen Mitgliedstaaten“,<br />
betont der Deutsche Verein<br />
in seiner Stellungnahme<br />
„Angesichts des demografischen<br />
Wandels – Eine neue Solidarität<br />
zwischen den Generationen“.<br />
Europäische Initiativen<br />
seien als flankierende Maß-<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
nahmen sinnvoll, rechtlich<br />
seien sie jedoch nachrangig.<br />
„Der demografische Wandel<br />
in Europa ist ein Länder<br />
übergreifendes Phänomen – zu<br />
lösen sind die Probleme aber<br />
vor Ort“, erklärt der Vorsitzende<br />
des Deutschen Vereins für<br />
öffentliche und private Fürsorge<br />
Konrad Deufel, die Stellungnahme<br />
zum Grünbuch der Europäischen<br />
Kommission. Jeder<br />
Mitgliedstaat, jede Region, jede<br />
Kommune und jeder Bürger<br />
erlebe den demografischen<br />
Wandel auf eine andere<br />
Weise. Daher dürfe Europa<br />
nur dort tätig werden, wo das<br />
gemeinsame Handeln einen<br />
Mehrwert biete. So sehe es<br />
auch das Europarecht vor.<br />
Der Deutsche Verein begrüßt,<br />
dass das Grünbuch erstmals<br />
die Generationensolidarität<br />
und -gerechtigkeit in den<br />
Mittelpunkt der Überlegungen<br />
stellt. Dieser Gedanke müsse<br />
sich in politischen Ansätzen<br />
wieder finden.<br />
■ G ESUNDHEIT<br />
Studie<br />
Jugendliche trinken<br />
weniger Alkohol<br />
Jugendliche trinken wieder weniger<br />
Alkohol. Nach den alarmierenden<br />
Zahlen der vergangenen<br />
Jahre vor allem <strong>beim</strong> Konsum<br />
von Alkopops hat eine Untersuchung<br />
der Bundeszentrale für gesundheitliche<br />
Aufklärung (BZgA)<br />
nun einen Rückgang festgestellt.<br />
Dabei geht der Anteil der 12- bis<br />
17-jährigen Jugendlichen, die<br />
mindestens einmal im Monat spirituosenhaltige<br />
Alkopops trinken,<br />
von 28 Prozent im Jahr 2004<br />
auf 16 Prozent im Jahr 2005 zurück.<br />
Noch deutlicher reduzieren<br />
die 12- bis 15-Jährigen den Konsum:<br />
Von 20 Prozent in 2004<br />
auf 10 Prozent in 2005.<br />
Der Alkopopkonsum steht<br />
dabei im Mittelpunkt der Erhebung.<br />
Ziel der Untersuchung ist<br />
die Überprüfung der Auswirkungen<br />
des „Alkopopsgesetzes“<br />
vom 2. August 2004, in dem eine<br />
Sondersteuer auf spirituosenhaltige<br />
Alkopops sowie eine<br />
Kennzeichnungspflicht festge-<br />
legt wurden. Die jetzt vorliegenden<br />
Ergebnisse zeigen, dass bei<br />
Jugendlichen sowohl der Alkopopkonsum<br />
als auch der Alkoholkonsum<br />
insgesamt zurückgegangen<br />
sind.<br />
Wesentliche Gründe für diese<br />
Entwicklung sind der gestiegene<br />
Preis dieser Getränke<br />
durch die Einführung der Alkopopsteuer<br />
und ein besseres Wissen<br />
über die gesundheitlichen<br />
Gefahren.<br />
Die BZgA hat die Jugendlichen<br />
auch zum Konsum weinund<br />
bierhaltiger Alkopops und<br />
zum Alkopopspulver befragt.<br />
Beide Produktarten unterliegen<br />
nicht der Sondersteuer. Trotzdem<br />
geht auch hier der Anteil<br />
von 23 auf 21 Prozent zurück.<br />
Das Alkopops-Brausepulver<br />
spielt so gut wie keine Rolle für<br />
junge Menschen. 0,58 Prozent<br />
der 12- bis 15-Jährigen und<br />
0,78 Prozent der 12- bis 17-Jährigen<br />
haben dieses Produkt pro<br />
Monat getrunken.<br />
Um zu prüfen, ob der Konsumrückgang<br />
bei den Alkopops<br />
durch andere Alkoholika ersetzt<br />
wird, hat die Bundeszentrale für<br />
gesundheitliche Aufklärung<br />
auch den Konsum weiterer Alkoholarten<br />
untersucht. Die Ergebnisse<br />
zeigen, dass Bier und Spirituosen<br />
in unveränderter Menge<br />
getrunken werden. Ein Rükkgang<br />
ist bei Wein/Sekt und<br />
Cocktails/Longdrinks zu beobachten,<br />
vor allem bei männlichen<br />
Jugendlichen.<br />
Insgesamt zeichnet sich so<br />
ein Rückgang in der Alkoholmenge<br />
bei Jugendlichen ab.<br />
Nahmen die 12- bis 17-Jährigen<br />
im Jahr 2004 noch 43,9<br />
Gramm pro Woche durch<br />
alkoholische Getränke zu sich,<br />
so liegt die konsumierte Alkoholmenge<br />
im Jahr 2005 bei 35,7<br />
Gramm pro Woche. Auch der<br />
riskante Alkoholkonsum nimmt<br />
in dieser Altersgruppe ab: Der<br />
Anteil Jugendlicher, die in den<br />
letzten 30 Tagen mindestens einmal<br />
fünf oder mehr Gläser<br />
hintereinander getrunken haben<br />
(Binge Drinking) geht von 23<br />
auf 19 Prozent zurück.<br />
Dennoch dürfe laut BZgA<br />
keine Entwarnung <strong>beim</strong> Alkoholkonsum<br />
junger Menschen gegeben<br />
werden.<br />
Der Kurzbericht der Studie<br />
„Entwicklung des Alkoholkonsums<br />
Jugendlicher“ ist im Internet<br />
(www.bzga.de) zu finden.<br />
■ K INDER- UND<br />
J UGENDHILFE<br />
Medienpaket<br />
Damit Jugendliche nicht<br />
schwanger werden<br />
Die Bundeszentrale für gesundheitliche<br />
Aufklärung (BZgA) hat<br />
ein neues Medienpaket für Beratungskräfte<br />
zur Prävention<br />
von Schwangerschaften bei<br />
Minderjährigen vor gestellt. Die<br />
große Mehrheit der Jugendlichen<br />
verhält sich <strong>beim</strong> ersten<br />
Geschlechtsverkehr verantwortungsbewusst,<br />
stellt die BZgA<br />
fest. 63 Prozent der Mädchen<br />
und 65 Prozent der Jungen verhüten<br />
<strong>beim</strong> ersten Mal mit Kondom<br />
und/oder 33/26 Prozent<br />
(Mädchen/Jungen) mit der Pille.<br />
Mit zunehmender Erfahrung<br />
verbessert sich das Verhütungsverhalten<br />
und die große Mehrheit<br />
der Jugendlichen nutzt Verhütungsmittel.<br />
Obwohl im internationalen<br />
Vergleich die Zahl<br />
der Teenager-Schwangerschaften<br />
in Deutschland auf einem<br />
niedrigen Niveau liegt, beobachtet<br />
die BZgA seit Jahren ein<br />
gleichmäßiger Anstieg.<br />
Deshalb müssten Kinder<br />
und Jugendliche frühzeitig zu<br />
Fragen der Sexualität informiert<br />
und aufgeklärt werden.<br />
„Davon ausgehend, dass eine<br />
umfassende, lebensbegleitende<br />
Sexualaufklärung die beste<br />
Prävention ist, hat die Bundeszentrale<br />
für gesundheitliche<br />
Aufklärung ein neues Medienpaket<br />
für Beratungskräfte, Gynäkologen,<br />
Gesundheitsämter<br />
und pädagogische Fachkräfte<br />
entwickelt“, erklärt die Direktorin<br />
Elisabeth Pott. Damit werde<br />
MultiplikatorInnen aus Beratungsstellen,<br />
Schulen und der<br />
Jugendarbeit eine Fülle an Informationen<br />
zur Verfügung gestellt,<br />
wie Studienergebnisse,<br />
Expertisen, Antworten auf die<br />
am häufigsten gestellten Fragen,<br />
eine Übersicht aller BZgA-<br />
Materialien zu Körperwissen<br />
und Verhütung und ein neues<br />
Medium speziell für Mädchen.
Das Medienpaket (Bestell-<br />
Nr. 13 050 000) richtet sich<br />
an Beratungskräfte und Fachpersonal<br />
und ist kostenlos zu<br />
beziehen bei: Bundeszentrale<br />
für gesundheitliche Aufklärung,<br />
51101 Köln, Fax: 0221-<br />
8992257, E-Mail: order@<br />
bzga.de, www.bzga.de<br />
ErzieherInnen<br />
Ausbildung im Ausland<br />
Eine frühe individuelle Förderung<br />
von Kindern ist entscheidend<br />
für spätere Bildungschancen.<br />
Das Bundesministerium für<br />
Bildung und Forschung (BMBF)<br />
legt daher in dem europäischen<br />
Berufsbildungsprogramm LEO-<br />
NARDO DA VINCI einen besonderen<br />
Schwerpunkt auf die Ausund<br />
Weiterbildung von Erzieher-<br />
Innen. Mit zwei Millionen Euro<br />
werden jetzt Auslandsaufenthalte<br />
von rund 1.200 ErzieherInnen<br />
aus Deutschland gefördert.<br />
Sie können so einen Teil ihrer<br />
Ausbildung in anderen europäischen<br />
Ländern absolvieren<br />
oder sich dort weiterbilden.<br />
Sie verbessern dabei ihre<br />
fachlichen und interkulturellen<br />
Kompetenzen und lernen weitere<br />
innovative pädagogische<br />
Ansätze anderer Staaten kennen.<br />
Schwerpunkte sind vor allem<br />
die frühkindliche und individuelle<br />
Förderung sowie die<br />
Förderung von Kindern mit<br />
Migrationshintergrund. Damit<br />
werden ErzieherInnen besser<br />
auf neue und steigende Anforderungen<br />
in Kindertagesstätten<br />
und auf die intensivere Zusammenarbeit<br />
mit Grundschulen<br />
vorbereitet.<br />
Anträge können über Berufsbildungseinrichtungen<br />
ab<br />
sofort bis zum 10. Februar<br />
2006 eingereicht werden, bei<br />
der InWEnt gGmbH, Weyerstr.<br />
79-83, 50676 Köln.<br />
Weitere Infos bei: Sibilla<br />
Drews, Internationale Weiterbildung<br />
und Entwicklung<br />
gGmbH (InWEnt), Tel.: 0221 /<br />
20 98 -320, Fax: -114 oder<br />
Katharina Wiegmann, Nationale<br />
Agentur „Bildung für Europa“<br />
<strong>beim</strong> Bundesinstitut für Berufsbildung<br />
(NA <strong>beim</strong> BIBB),<br />
Tel.: 02 28 / 107-1019, Fax:<br />
- 2964, wiegmann@bibb.de.<br />
LBS-Kinderbarometer<br />
Von der Schulbank zum<br />
Schönheitschirurgen<br />
Fett absaugen, Nase richten<br />
– Schönheitsoperationen sind<br />
längst nicht mehr ungewöhnlich.<br />
Selbst Kinder verschwenden immer<br />
häufiger Gedanken daran,<br />
der Natur etwas nachzuhelfen,<br />
so das LBS-Kinderbarometer, eine<br />
repräsentative Untersuchung<br />
unter Kindern und Jugendlichen<br />
in Nordrhein-Westfalen. Demnach<br />
haben nach eigenen Angaben<br />
18 Prozent der Neun- bis<br />
14-jährigen bereits daran gedacht,<br />
durch eine Schönheitsoperation<br />
den in den Medien<br />
verbreiteten Idealen nahe zu<br />
kommen. „Ähnlich wie in Amerika<br />
denken die Mädchen häufiger<br />
an eine Schönheits-OPs als<br />
die Jungen“, erläutert Brigitte<br />
Niemer, Projektleiterin der LBSlnitiative<br />
Junge Familie, die die<br />
Studie in Auftrag gab. Am ehesten<br />
würden die Jugendlichen<br />
sich Fett absaugen lassen, was<br />
nach Einschätzung der Wissenschaftler<br />
des LBS-Kinderbarometers<br />
auf den erheblichen Problemdruck<br />
in diesem Bereich<br />
hinweist. Denn diese Präferenz<br />
entspricht einer anderen Aussage,<br />
wonach sich 25 Prozent der<br />
befragten Kinder und Jugendlichen<br />
als übergewichtig bezeichnen.<br />
„Das sind noch einmal<br />
zwei Prozentpunkte mehr<br />
als im letzten Erhebungsjahr“,<br />
so Brigitte Niemer, die darauf<br />
verweist, dass die Unzufriedenheit<br />
mit der eigenen Figur vor allem<br />
ein Problem der Mädchen<br />
sei. „Mädchen finden sich wesentlich<br />
häufiger zu dick als Jungen.<br />
Ihre Unzufriedenheit steigt<br />
mit dem Alter.“ Als zu dünn bezeichneten<br />
sich wie im Vorjahr<br />
sieben Prozent, für genau richtig<br />
hielten sich mehr als zwei Drittel<br />
(68 Prozent) der Kinder.<br />
Das LBS-Kinderbarometer ist<br />
eine Untersuchung der LBS-lnitiative<br />
Junge Familie, die vom Ministerium<br />
für Schule, Jugend und<br />
Kinder des Landes NRW unterstützt<br />
wird. Bereits im sechsten<br />
Jahr in Folge befragten die WissenschaftlerInnen<br />
des ProKidslnstituts<br />
aus Herten 2.000 repräsentativ<br />
ausgewählte Schulkinder<br />
an rund 100 Schulen in<br />
Anzeige<br />
Waldmann<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
31
32 FACHINFORMATIONEN<br />
NRW. Ziel ist es, Kindern eine<br />
Stimme zur Vertretung ihrer Interessen<br />
in der Öffentlichkeit zu<br />
verschaffen. Weitere Infos: Brigitte<br />
Niemer Telefon: 0251/<br />
412-5360 Fax: 0251/412-<br />
5190 E-Mail: brigitte.niemer@<br />
lbswest.de.<br />
■ M IGRATION<br />
Statistik<br />
Zahl der Asylanträge<br />
auf Rekordtief<br />
Im ersten Halbjahr 2005 wurden<br />
in Deutschland 14.428<br />
Asylerstanträge gestellt. Damit<br />
ist die Zahl der Asylbewerber<br />
im Vergleich zum zweiten Halbjahr<br />
2004 noch einmal um<br />
2.497 Personen oder 14,8 Prozent<br />
gesunken. Gegenüber<br />
dem Vergleichszeitraum des<br />
Vorjahres, dem ersten Halbjahr<br />
2004, ging die Zahl der Asylbewerber<br />
um 4.254 Personen<br />
oder 22,8 Prozent zurück.<br />
„Die Asylbewerberzahlen in<br />
der Bundesrepublik Deutschland<br />
sind auch in diesem Jahr wieder<br />
spürbar gesunken“, erklärte dazu<br />
Bundesinnenminister Otto<br />
Schily. Seit Beginn seiner Amtszeit<br />
habe sich ihre Zahl von<br />
100.421 im Jahr 1998 auf<br />
34.560 im Jahr 2004 kontinuierlich<br />
verringert. „Dies ist auf<br />
die erfolgreiche Politik der<br />
Bundesregierung zurückzuführen:<br />
Zum einen hat sie durch ihr<br />
internationales Engagement zur<br />
Stabilisierung zahlreicher Krisengebiete<br />
und zur Eindämmung<br />
von Flüchtlingsströmen<br />
beigetragen“, so Schily. Eine gezielte<br />
Verbesserung der Lebensverhältnisse<br />
vor Ort habe viele<br />
BürgerInnen beispielsweise aus<br />
Serbien und Montenegro oder<br />
Afghanistan veranlasst, in ihrer<br />
Heimat zu bleiben.<br />
Zum anderen sei der stetige<br />
Rückgang der Bewerberzahlen<br />
das Resultat einer erfolgreichen<br />
Zuwanderungspolitik, die den<br />
Missbrauch des Asylrechtes<br />
konsequent bekämpft und einen<br />
raschen Vollzug der Ausreisepflicht<br />
ermöglicht. Schily: „Mit<br />
dem Zuwanderungsgesetz ist<br />
erstmals eine wirksame Steuerung<br />
und Begrenzung der Zu-<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
wanderung nach Deutschland<br />
durchgesetzt worden.“ Weiterhin<br />
deutlich rückläufig ist die<br />
Zahl der Asylbewerber aus den<br />
meisten Hauptherkunftsstaaten,<br />
etwa aus der Türkei. Hier sank<br />
die Zahl der Asylantragsteller im<br />
ersten Halbjahr 2005 im Vergleich<br />
zum Vorjahreszeitraum<br />
um 726 Erstanträge. Die Türkei<br />
bleibt damit allerdings weiterhin<br />
der zweitstärkste Herkunftsstaat<br />
für Asylbewerber.<br />
Memorandum<br />
Situation des<br />
Asylverfahrens<br />
Zusammen mit einem breiten<br />
Bündnis aus anderen Wohlfahrtsorganisationen,Richterund<br />
Anwaltsvereinigungen sowieMenschenrechtsorganisationen<br />
hat der <strong>AWO</strong>-Bundesverband<br />
ein gemeinsames „Memorandum<br />
zur derzeitigen Situation<br />
des deutschen Asylverfahrens“<br />
veröffentlicht. Auf der Basis<br />
der Erfahrungen von Beratungsstellen,<br />
AnwältInnen und<br />
RechtsberaterInnen wird darin<br />
die gegenwärtige deutsche Praxis<br />
im Umgang mit Asylsuchenden<br />
dargestellt und an mehreren<br />
Punkten deutlich kritisiert.<br />
Sorge bereitet den Unterzeichnern<br />
des Papiers insbesondere<br />
die Qualität von Anhörungen<br />
und Entscheidungen im<br />
Asylverfahren. So wird etwa<br />
festgestellt, dass das Asylverfahren<br />
zum „Ort eines verdichteten<br />
Misstrauens“ geworden<br />
ist, in dem die Klärung des Reisewegs<br />
und der Zuständigkeit<br />
deutliche Priorität hat gegenüber<br />
der Ermittlung der Fluchtgründe.<br />
Obwohl die persönliche<br />
Anhörung das Herzstück<br />
des Verfahrens zur Ermittlung<br />
individueller Fluchtgründe darstellt,<br />
werden häufig Entscheidungen<br />
von Personen vorgenommen,<br />
die die Flüchtlinge<br />
nicht persönlich kennen gelernt<br />
haben. In der Abfassung der<br />
Entscheidungen werden zunehmend<br />
Textbausteine verwendet,<br />
die den individuellen Fluchtgründen<br />
nur wenig gerecht<br />
werden. Eine faire und ergebnisoffene<br />
Entscheidungsfindung<br />
wird unter solchen Bedingungen<br />
immer unwahrscheinlicher,<br />
heißt es in dem Memorandum.<br />
Darüber hinaus wird die aktuelle<br />
Praxis der in großer Zahl<br />
eingeleiteten Widerrufsverfahren<br />
gegen einmal gewährtes<br />
Asyl (insbesondere für Flüchtlinge<br />
aus Afghanistan und dem<br />
Irak) angesprochen, die in dieser<br />
Form den flüchtlingsrechtlichen<br />
Grundsätzen der Genfer<br />
Flüchtlingskonvention widerspreche.<br />
Mit dem Widerruf werden<br />
aus Flüchtlingen mit einem<br />
festen Aufenthaltsstatus in vielen<br />
Fällen lediglich noch Geduldete.<br />
Diese Statusverschlechterung<br />
geschieht, obwohl die Betroffenen<br />
auf absehbare Zeit nicht<br />
abgeschoben werden können.<br />
Die Bündnisorganisationen<br />
schlagen im Memorandum konkrete<br />
und teilweise auch kurzfristig<br />
umsetzbare Maßnahmen<br />
vor, um zu gewährleisten, dass<br />
Schutzbedürftige ihren Rechtsanspruch<br />
in einem fairen Verfahren<br />
geltend machen können.<br />
Ziel des Memorandums ist<br />
eine öffentliche Debatte sowie<br />
ein Kurswechsel der Politik.<br />
Das Memorandum findet<br />
sich auf den Internetseiten der<br />
<strong>AWO</strong> (www.awo.org) und ist<br />
als Broschüre in Einzelexemplaren<br />
im Fachbereich Migration<br />
des Bundesverbandes erhältlich.<br />
Weitere Infos bei Susanne<br />
Bourgeois, brg@awobu.awo.<br />
org, Tel.: 0228/66 85 -255.<br />
■ S UCHTHILFE<br />
Drogen und Sucht<br />
Broschüre zum<br />
Aktionsplan<br />
Die Drogenbeauftragte der<br />
Bundesregierung hat eine neue<br />
Broschüre „Drogen und Sucht“<br />
herausgebracht. Damit wird auf<br />
den zur Zeit geltenden Aktionsplan<br />
Drogen und Sucht hingewiesen<br />
und Eckpunkte werden<br />
erläutert. Sie kann bestellt werden<br />
mit der Best-Nr. A 600 bei:<br />
Bundesministerium für Gesundheit<br />
und Soziale Sicherung, Ref.<br />
Information, Publikation, Redaktion,<br />
Postfach 500, 53108<br />
Bonn, Tel.: 018 05 /15 15 10,<br />
Fax: 01805/151511, E-Mail:<br />
info@bmgs.bund.de, Internet:<br />
www.bmgs.bund.de.<br />
Selbsthilfe Sucht<br />
Beratung bei Problemen<br />
im Internet<br />
Bereits im vergangenen Jahr hat<br />
die die Deutsche Hauptstelle für<br />
Suchtfragen eine Tagung zum<br />
Thema „Suchtselbsthilfe <strong>online</strong><br />
veranstaltet. Mit Unterstützung<br />
der Fördergemeinschaft der Ersatzkassen<br />
ist es möglich, diese<br />
Arbeit zu vertiefen, und die<br />
DHS kann damit freiwillige MitarbeiterInnen<br />
aus den Selbsthilfegruppen<br />
und Selbsthilfeorganisationen,<br />
die eine eigene<br />
Webseite anbieten, nach Hamburg<br />
zu einem Seminar einladen.<br />
Das Programm entnehmen<br />
findet sich auf der DHS-Homepage<br />
(www.optiserver.de/dhs/<br />
veranstaltungen/index.html).<br />
Weitere Infos: E-Mail: Meyer@<br />
dhs.de und Schulte@dhs.de.<br />
Pünktlich zu dieser Tagung<br />
bietet die DHS einen Leitfaden<br />
an für Selbsthilfegruppen, die im<br />
Internet über Abhängigkeiten informieren<br />
wollen. Der Leitfaden<br />
kann mit einem mit 1,44 Euro<br />
frankierten DIN A5 Rückumschlag<br />
bestellt werden bei: DHS,<br />
Postfach 1369, 59003 Hamm.<br />
Impressum<br />
Herausgeber: <strong>AWO</strong>-Bundesverband<br />
e. V., Oppelner Straße 130,<br />
53119 Bonn, Tel. 02 28/66 85-0,<br />
Fax 02 28/66 85-2 09,<br />
Internet:http://www.awo.org,<br />
e-mail: awomagazin@awobu.awo.org.<br />
Redaktion: Joachim F. Kendelbacher<br />
(v. i. S. d. P.), Jürgen Fergg. Länderredaktionen:<br />
Axel Sommer (Berlin),<br />
Sabine Ivert-Klinke (Schleswig-<br />
Holstein), Beate Rink-Pohl (Bremen),<br />
Martina Bartling (Niedersachsen),<br />
Klaus Neubauer, Erwin Tälkers<br />
(Nordrhein-Westfalen), Sigrid Wieder<br />
(Hessen), Arnd von Boehmer, Ute<br />
Eisenacher (Baden-Württemberg),<br />
Roland Märker (Saarland).<br />
Layout: Monika Penno, Bonn. Nachdruck,<br />
auch auszugsweise, nur mit Genehmigung<br />
der Redaktion. Für unverlangt<br />
eingesandte Manuskripte und<br />
Fotos kann keine Haftung übernommen<br />
werden. Die Redaktion behält<br />
sich vor, Leserzuschriften zu kürzen.<br />
Anzeigen: FMS Fach Media Service,<br />
Verlagsgesellschaft mbH, Siemensstr.<br />
6, 61352 Bad Homburg, Tel.<br />
06172/6 70-507, Fax: 0 6172/<br />
6 70-5 36. Anzeigenschluss 6 Wochen<br />
vor dem 1. des Erscheinungsmonats.<br />
Z. Z. gilt Anzeigenpreisliste Nr. 24.<br />
Druck: L. N. Schaffrath, Geldern<br />
Jahresabonnement: Das <strong>AWO</strong>-<br />
Magazin erscheint zweimonatlich<br />
und kostet 6 Euro (zzgl. 7% MwSt.)<br />
Adressenänderungen an den <strong>AWO</strong>-<br />
Bundesverband senden. Abbestellungen:<br />
3 Monate vor Ablauf des Kalenderjahres.
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Volkswagen
34 LÄNDERMAGAZIN<br />
Praktikant Marco<br />
(mit der <strong>AWO</strong>-Kappe)<br />
wurde von den Kolleg-<br />
Innen des Pflegepersonals<br />
gut aufgenommen.<br />
Soviel Eigenarbeit wie<br />
möglich, soviel Versorgung<br />
wie nötig ist das<br />
Motto der betreuten<br />
Hausgemeinschaften.<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
Foto: <strong>AWO</strong><br />
Behinderter Jugendlicher schnupperte ins Berufsleben<br />
Marco im Seniorenzentrum: Bei allen beliebt<br />
Villingen-Schwenningen. Marco ist<br />
20 Jahre alt und Schüler der Karl-<br />
Wacker-Schule in Donaueschingen<br />
für geistig behinderte Kinder und<br />
Betreute Hausgemeinschaften in Nordhessen<br />
Sontra/Kassel. Mit dem Konzept<br />
der „Betreuten Hausgemeinschaften“<br />
reagiert die <strong>AWO</strong> Hessen-<br />
Nord auf die zunehmende Zahl<br />
demenzkranker Menschen. Im Januar<br />
2005 hat sie das nach diesem<br />
Konzept erbaute <strong>AWO</strong>-Seniorenheim<br />
in Sontra nahe Kassel eröffnet.<br />
Nach einem halben Jahr ist<br />
die Bilanz positiv: Die BewohnerInnen<br />
sind ausgeglichener und zu-<br />
Jugendliche. Zwei Monate lang erlebte<br />
er eine „Schule am anderen<br />
Ort“, wie es sein Klassenlehrer<br />
nennt: Marco absolvierte ein Praktikum<br />
im <strong>AWO</strong>-Seniorenzentrum<br />
VS-Schwenningen. Hier half er<br />
<strong>beim</strong> Essen servieren, Geschirr<br />
spülen, Betten machen und <strong>beim</strong><br />
Reinigen der Zimmer. Jeden Tag<br />
stand Marco um fünf Uhr auf und<br />
fuhr selbstständig mit dem Bus zur<br />
Arbeit, abends schrieb er noch einen<br />
Bericht in seine Praktikumsmappe.<br />
Obwohl es anstrengend für ihn<br />
war, war Marco von seinem Praktikum<br />
begeistert. Ihm gefiel der Kontakt<br />
mit den Menschen und er<br />
kannte bald schon fast alle <strong>beim</strong><br />
Namen, die in der <strong>AWO</strong>-Einrichtung<br />
wohnen und arbeiten. Diese<br />
wiederum erlebten Marco als<br />
Selbständig und doch betreut<br />
Foto: <strong>AWO</strong><br />
friedener, weil sie ihren durch Aufgaben<br />
strukturierten Alltag in der<br />
Wohngemeinschaft als sinnvoll<br />
und freudvoll erleben, und das<br />
Pflege- und Servicepersonal ist gut<br />
eingespielt und mit der Arbeit zufrieden,<br />
weil es permanent die<br />
Rückmeldung der betreuten SeniorenInnen<br />
erfährt.<br />
„Betreute Hausgemeinschaften<br />
werden nicht in allen Pflegeheimen<br />
durchführbar sein, aber es ist eine<br />
Richtschnur für die Zukunft unserer<br />
stationären Altenhilfe. Die <strong>AWO</strong><br />
hat damit begonnen, neue Pflegeheime<br />
nach diesem Konzept zu erbauen<br />
und in bestehenden Häusern<br />
Teilbereiche danach umzustellen“,<br />
resümiert Michael Schmidt,<br />
Geschäftsführer der <strong>AWO</strong> gGmbH<br />
Nordhessen.<br />
Das <strong>AWO</strong>-Seniorenzentrum<br />
Sontra ist für 32 ständige BewohnerInnen<br />
ausrichtet und bietet<br />
außerdem sieben Kurzzeitpflegeplätze<br />
und vier Tagespflegeplätze.<br />
Kernstück des Lebens ist für jede<br />
der insgesamt drei Wohngruppen<br />
die geräumige Wohnküche, beste-<br />
freundlichen und hilfsbereiten jungen<br />
Mann, der offen auf andere<br />
zugeht. Viele schlossen ihn in den<br />
wenigen Wochen ins Herz.<br />
Ein Höhepunkt seines Praktikums<br />
war für Marco der Besuch<br />
von acht seiner MitschülerInnen. Er<br />
zeigte ihnen den Wohnbereich, für<br />
den er eingeteilt war, stellte ihnen<br />
die BewohnerInnen vor und erzählte<br />
von seinen Aufgaben. Wie Marco<br />
befinden sich derzeit zehn junge<br />
Frauen und Männer von der<br />
Karl-Wacker-Schule im Übergangsstadium<br />
zwischen Schule und Beruf<br />
– mit den Praktika sollen sie auf<br />
das Arbeitsleben vorbereitet werden.<br />
Marco zum Beispiel sammelte<br />
schon Erfahrungen in einer<br />
Gärtnerei, in der Küche einer<br />
Metzgerei und als Parkarbeiter.<br />
(UE)<br />
hend aus einem ausgebauten Küchenbereich<br />
mit Esstisch und einer<br />
gemütlichen Wohnecke. Hier spielt<br />
sich unter Betreuung einer ständig<br />
anwesenden Alltagsbegleiterin<br />
das Leben ab, das möglichst viel<br />
von einem ganz normalen Alltag<br />
beibehält. Kochen, Waschen und<br />
Putzen werden dabei als sinnvolle<br />
und tagesstrukturierende Aktivitäten<br />
in den Tagesablauf integriert.<br />
Hier wird erzählt, gespielt, gekocht<br />
und aufgeräumt. Hier findet<br />
der durch gemeinsame Aktivitäten<br />
strukturierte Alltag statt. Nach dem<br />
Prinzip „soviel Eigenarbeit wie<br />
möglich, soviel Versorgung wie nötig“<br />
wird der gesamte Lebensalltag<br />
der HeimbewohnerInnen gestaltet.<br />
„Das Konzept der alltagsorientierten<br />
Hausgemeinschaft funktioniert.<br />
Das bestätigt uns auch die<br />
Rückmeldung der Mitarbeiter und<br />
der Angehörigen. Sie merken,<br />
dass es den alten Menschen besser<br />
geht, dass sie sich ganz anders<br />
einbringen können und so sinngestaltend<br />
mehr am Leben teilhaben,“<br />
so der Einrichtungsleiter,<br />
Karl Janrond.<br />
Weitere Infos:<br />
<strong>AWO</strong>-Seniorenzentrum Sontra<br />
Tel.: 0 56 53 / 91 77-00
Foto: <strong>AWO</strong><br />
Senioren-Residenz St. Matheis<br />
Gute Luft, weiter Blick und<br />
Pflege auf höchstem Niveau<br />
Weiskirchen. Nach nur eineinhalbjähriger<br />
Bauzeit ist in<br />
Weiskirchen die Senioren-Residenz<br />
St. Matheis eröffnet worden.<br />
Acht Millionen Euro hat<br />
der <strong>AWO</strong>-Landesverband Saar<br />
in das neue Haus investiert und<br />
55 Arbeitsplätze geschaffen.<br />
St. Matheis verfügt über 101<br />
Plätze in 51 Einzel- und 25<br />
Zweibettzimmern. 25 Zimmer<br />
sind rollstuhlgerecht ausgebaut.<br />
Zum Angebot gehören<br />
stationäre Pflege und Kurzzeitpflege<br />
sowie betreutes Wohnen<br />
für Demenz-Kranke. Das<br />
Haus steht auch Angehörigen<br />
von Kurgästen offen.<br />
Gute Luft, weiter Blick und<br />
Pflege auf höchstem Niveau<br />
seien Kennzeichen des neuen<br />
Hauses, sagte <strong>AWO</strong>- Landesvorsitzender<br />
Paul Quirin bei der<br />
Eröffnung. „Wir bauen unsere<br />
Einrichtungen so, dass sie auch<br />
in Jahrzehnten noch attraktiv<br />
sind.“, so Quirin. Mit Blick auf<br />
die Lebensqualität alter und<br />
kranker Menschen verdiene dieser<br />
Aspekt durchaus mehr Beachtung<br />
– auch bei Aufsichtsbehörden<br />
und Kassen. (pm)<br />
Henriette-Fürth-Preis für<br />
Susanne Magnus<br />
Die Geschäftsführerin des Jugendwerks der <strong>AWO</strong> Hessen-Süd und<br />
Absolventin der Evangelischen Fachhochschule Darmstadt, Susanne<br />
Magnus (Mitte), hat für ihre Masterarbeit über Frauen in Führungspositionen<br />
den Henriette-Fürth-Preis bekommen. Die fünf Gutachterinnen,<br />
Expertinnen hessischer Hochschulen, waren sich in ihrem<br />
Urteil einig. Die Arbeit der 43-Jährigen sei von „herausragendem<br />
theoretischem Niveau in Argumentation und methodischem<br />
Vorgehen“. Sie sei ein Erkenntnisgewinn für die Frauen- und Genderforschung<br />
und decke „blinde Flecken“ der Forschung ab. Überreicht<br />
wurde ihr die Auszeichnung, die für die beste Diplom- oder<br />
Masterarbeit eines Jahrgangs zur Genderthematik an hessischen<br />
Fachhochschulen vergeben wird und gezielt den wissenschaftlichen<br />
Nachwuchs in der Frauen- und Genderforschung fördern<br />
soll, durch die EFH-Präsidentin Alexa Köhler-Offierski (rechts). Der<br />
Henriette-Führt-Preis ist mit 500 Euro dotiert und wird seit 2004 einmal<br />
jährlich vom gemeinsamen Frauenforschungszentrum der hessischen<br />
Fachhochschulen vergeben. Benannt ist der Preis nach der<br />
jüdischen Sozialpolitikerin, Frauenrechtlerin und Wissenschaftlerin<br />
Henriette Fürth, die 1861 in Gießen geboren wurde und bis zu ihrem<br />
Tod 1938 auch in Darmstadt und Frankfurt gewirkt hat.<br />
Anzeige<br />
Waldmann<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
35
36 LÄNDERMAGAZIN<br />
Foto: <strong>AWO</strong><br />
Jürgen Brockmann<br />
(von links), Gabriele<br />
Butzke, Hannelore<br />
Steenbock, Elke<br />
Stamer und Kai Bellstedt<br />
gehören zum<br />
neuen Beirat der<br />
Familienbildungsstätte<br />
in Schönkirchen.<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
Fragebogenaktion der Familienbildungsstätte<br />
Stärker auf Wünsche eingehen<br />
Foto: <strong>AWO</strong><br />
Schönkirchen. Gleich in seiner ersten<br />
Sitzung einigte sich der Beirat<br />
der <strong>AWO</strong>-Familienbildungsstätte<br />
(FBS) Probstei in Schönkirchen auf<br />
einige Neuerungen. Die Themenpalette<br />
der Seminarangebote soll<br />
erweitert werden. Stärker berücksichtigt<br />
werden sollen dabei die<br />
Interessen der 25- bis 35-Jährigen.<br />
Um dieses Ziel zu erreichen ist für<br />
September eine Fragebogenaktion<br />
geplant, in der FBS-Kursteilnehmer<br />
ihre Wünsche vorbringen können.<br />
Als neue Angebote werden ein<br />
Kurs „Gestalten einer eigenen Homepage“<br />
sowie ein Seminar über<br />
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />
vorbereitet.<br />
Projekt „Technische Früherziehung“<br />
Wie kommt das Ei in die Flasche?<br />
Wolfsburg. Wenn Filmdosen fliegen<br />
und Münzen tanzen, wenn Gummibärchen<br />
tauchen und Knete<br />
schwimmt, wenn Brausepulver-Raketen<br />
starten und ein Sieb plötzlich<br />
wasserdicht ist, dann ist mal wieder<br />
Im Beirat der<br />
FBS arbeiten der<br />
<strong>AWO</strong>-Kreisvorsitzende<br />
Kai Bellstedt,<br />
die Vorsitzende<br />
des <strong>AWO</strong>-<strong>Ortsverein</strong>sSchönkirchen<br />
Elke Stamer,<br />
der stellvertretende<br />
Geschäftsführer<br />
der <strong>AWO</strong> Mittelholstein<br />
gGmbH<br />
Jürgen Brockmann,<br />
die Leiterin der FBS<br />
Hannelore Steenbock und die<br />
Landtagsabgeordnete Annette<br />
Langner zusammen.<br />
1979 war die FBS vom Kreisverband<br />
gegründet worden. Im Zuge<br />
der Strukturreform wurde der<br />
Betrieb an die <strong>AWO</strong> Mittelholstein<br />
gGmbH überführt. Rund 80 Honorarkräfte<br />
gehören zum Stamm der<br />
DozentInnen der FBS in Schönkirchen.<br />
Mehr Aufmerksamkeit für die<br />
Arbeit der FBS will der Beirat mit einem<br />
jährlichen Fest erreichen, auf<br />
dem Kursangebote präsentiert werden.<br />
Zudem soll ein FBS-Newsletter<br />
eingeführt werden, der per e-mail<br />
verschickt wird, teilte der Kreisvorsitzende<br />
Bellstedt mit. (siv)<br />
Experimentierstunde in der <strong>AWO</strong>-<br />
Kindertagesstätte Westhagen in<br />
Wolfsburg. Das Projekt „Technische<br />
Früherziehung“ wird von VW-Coaching<br />
mit EU-Mitteln unterstützt und<br />
soll Kinder in verschiedenen europäischen<br />
Ländern unter geschlechtsspezifischen<br />
Gesichtspunkten an<br />
naturwissenschaftliche Phänomene<br />
heranführen.<br />
Während einer Fachtagung erfuhren<br />
die Kita-Mitarbeiterinnen<br />
von einer Chemiedidaktin, wie naturwissenschaftliche<br />
Bildung bereits<br />
im Vorschulbereich etabliert werden<br />
kann. Außerdem sammelten sie auf<br />
einem Studientag eigene Erfahrungen.<br />
Seitdem experimentieren sie<br />
mit den Kindern regelmäßig in den<br />
unterschiedlichsten Bereichen. „Kin-<br />
Angebot aus Potsdam<br />
Reisen<br />
mit Herz<br />
Potsdam. Seit zwölf Jahren bietet<br />
die <strong>AWO</strong>-Reisedienst GmbH<br />
Potsdam ein breites Angebot an<br />
Seniorenreisen an. Bereits im<br />
zehnten Jahr haben 10.000 SeniorInnen<br />
davon Gebrauch gemacht,<br />
nicht nur aus Potsdam,<br />
sondern aus dem weiteren Umkreis,<br />
von Berlin, über Mecklenburg-Vorpommern,Brandenburg,<br />
Sachsen, Sachsen-Anhalt<br />
bis hin zu den alten Bundesländern.<br />
Mittlerweile nehmen acht<br />
Hauptbuchungsstellen und fünf<br />
weitere, erst kürzlich dazu gekommene<br />
Außenstellen, Anmeldungen<br />
entgegen. Die neuen<br />
Reiseangebote, mit Donauebenso<br />
wie Nil- oder Mittelmeerkreuzfahrten,Familienurlauben<br />
und Zielen von den norwegischen<br />
Fjorden über das<br />
Wattenmeer, Schlesien und<br />
Österreich bis Italien, ist in einem<br />
130 Seiten starken Katalog<br />
zusammengestellt.<br />
Weitere Infos: <strong>AWO</strong>-Reisedienst<br />
GmbH, Reisen mit Herz,<br />
Konrad-Wolf-Allee 1-3, 14480<br />
Potsdam, Tel.: 0331/60069-0,<br />
E-Mail: service@awo-reisedienst.<br />
de und im Internet: www.aworeisedienst.de.<br />
(fer)<br />
dertagesstätten sind Werkstätten<br />
des Lernens, das heißt unter anderem,<br />
dass Kinder mit allen Sinnen<br />
und in Zusammenhängen lernen“,<br />
erläutert Kita-Leiterin Sabine Wagner.<br />
„Gemäß dem Bildungsauftrag,<br />
dass Kinder an der realen Welt teilhaben<br />
und sie lebenspraktische<br />
Kompetenzen und Weltwissen erwerben<br />
sollen, praktizieren wir<br />
die technische Früherziehung. Im<br />
Vordergrund steht nicht ein fertiges<br />
Produkt, sondern der Prozess in seiner<br />
ganzen Vielfältigkeit. Die Kinder<br />
erweitern durch die vielseitigen<br />
Erfahrungen ihr Wissen, ihre Neugier<br />
wird geweckt, und sie werden<br />
auf natürliche und ganzheitliche Art<br />
und Weise auf die Schule vorbereitet.“<br />
(pm)
Brandenburgische Seniorenwoche<br />
Gemeinsam, statt einsam<br />
Seelkow. Unter dem Motto<br />
„Jung und Alt gestalten gemeinsam<br />
die Zukunft“ fand Anfang<br />
Juni im Land Brandenburg die<br />
12. Brandenburgische Seniorenwoche<br />
statt. Die Tradition<br />
dieses Ereignisses geht auf die<br />
frühere Sozialministerin Regine<br />
Hildebrandt zurück. Ihr Antrieb:<br />
Das Wissen und die Erfahrung<br />
der älteren Generation<br />
dürften nicht zum alten Eisen<br />
geworfen werden, sondern<br />
hier schlummere ein Schatz,<br />
den es zu heben gelte.<br />
So kamen in den vergangenen<br />
Wochen an vielen verschiedenen<br />
Orten, Menschen<br />
aller Altersgruppen zusammen,<br />
kurz notiert<br />
Erfolge in der Sturzprävention<br />
um zu sprechen, sich zu beraten<br />
aber auch um zu feiern. Ein<br />
Beispiel für die beständige Suche<br />
nach einem lebendigen<br />
Miteinander war das Stadtseniorenfest<br />
in Seelow (Kreis<br />
Märkisch Oderland). Auf dem<br />
Hof des <strong>AWO</strong>-Seniorenzentrums<br />
„Anne Frank“ trafen sich<br />
HeimbewohnerInnen, Angehörige<br />
und viele SeniorInnen.<br />
Aus der nur wenige Kilometer<br />
entfernten polnischen Partnerstadt<br />
Kostrzyn waren ebenfalls<br />
SeniorInnen angereist,<br />
wie in jedem Jahr wurden neue<br />
Lieder vorgestellt und die BesucherInnen<br />
zum Mitsingen animiert.<br />
In Zukunft werden die<br />
Singen. Von Ende 2003 bis Ende 2004 ist ein Modellversuch<br />
zur Sturzprävention in Pflegeheimen, ausgehend vom geriatrischen<br />
Zentrum Ulm gelaufen, an dem sich das Michael-Herler-<br />
Heim der <strong>AWO</strong> in Singen (Kreis Konstanz) und das Haus Rheinaue<br />
in Graben-Neudorf (Karlsruhe-Land) des <strong>AWO</strong>-Bezirksverbandes<br />
Baden beteiligt haben (<strong>AWO</strong>magazin berichtete). Jetzt<br />
liegen die überraschend positiven Ergebnisse vor: 25 Prozent<br />
weniger Stürze, 30 Prozent weniger Folgebehandlungen im<br />
Krankenhaus. Das Konzept umfasst eine Mitarbeiterschulung,<br />
ein Sturzprotokoll im Einzelfall und ein Trainingsprogramm für<br />
die gefährdeten älteren Menschen. Sehr gut kam das Kraft- und<br />
Balance-Training an, bei dem mit Hanteln und Softbällen Fitnessübungen<br />
gemacht werden. (UE)<br />
Fußballturnier Kids und Cops<br />
Essen. Die Kicker vom Jugendzentrum Schonnebeck des Jugendwerks<br />
der <strong>AWO</strong> haben mit ihrem ersten Platz <strong>beim</strong> Kids und<br />
Cops Fußballturnier in Katernberg den Wanderpokal verteidigt.<br />
Auswahlmannschaften der Polizei Essen, der Jugendhäuser, der<br />
Mosch<strong>ev</strong>ereine und der RAG Ausbildungsgesellschaft kämpften<br />
um die begehrte Trophäe. Nach packenden Vorrunden- und<br />
Halbfinalspielen standen sich die Auswahlmannschaft der Polizei<br />
und die Kicker des Jugendzentrums im Finale gegenüber.<br />
Nach einem 12-minütigen Finalspiel stand es fest: Das Jugendzentrum<br />
Schonnebeck ist die fußballerische Nr. 1 im Essener<br />
Norden. Während der Spielpausen sorgten ehrenamtliche Helfer<br />
des Jugendzentrums und der Mosch<strong>ev</strong>ereine für eine ausgewogene<br />
Verpflegung der Spieler und der BesucherInnen. (jwe)<br />
Unterschiede zwischen den älteren<br />
Menschen an der ehemaligen<br />
EU-Außengrenze weiter<br />
verschwinden, dass hat unmittelbare<br />
positive wie auch<br />
negative Konsequenzen, für<br />
Geschäftsführer/in<br />
Arbeiterwohlfahrt<br />
Kreisverband Karlsruhe e.V.<br />
Beim <strong>AWO</strong> Kreisverband Karlsruhe e.V. ist wegen<br />
des Erreichens der Altersgrenze des bisherigen<br />
Stelleninhabers zum 1. Juni 2006 die Stelle des<br />
Geschäftsführers/<br />
der Geschäftsführerin<br />
neu zu besetzen.<br />
uns kommt es darauf an damit<br />
umzugehen, so die Vorsitzende<br />
des Stadtseniorenrates Gisela<br />
Reich.<br />
(pm)<br />
Wir erwarten folgende Qualifikationen:<br />
– Fachhochschulausbildung zum/zur Sozialarbeiter/in /<br />
Sozialpädagogen bzw. Sozialpädagogin, Betriebswirt/in<br />
oder mit gleichwertiger Ausbildung<br />
– Berufserfahrungen sowohl im sozial- als auch im<br />
betriebswirtschaftlichen und organisatorischen Bereich.<br />
– Erfahrungen im Umgang mit Gremien/Ausschüssen<br />
innerhalb und außerhalb des Verbandes<br />
– Erwartet wird ein kooperativer Führungsstil und der<br />
Nachweis bisheriger Führungserfahrung<br />
– Informationen über die <strong>AWO</strong> Kreisverband Karlsruhe e.V.<br />
und unsere Tätigkeitsfelder finden Sie auf unserer<br />
Homepage www.awo-karlsruhe.de<br />
Die Anstellung und Bezahlung erfolgt nach BMT-<strong>AWO</strong><br />
(angelehnt an BAT).<br />
Die Satzung der <strong>AWO</strong>-Karlsruhe sieht vor, dass der<br />
Geschäftsführer/die Geschäftsführerin zum Vorstandsmitglied<br />
nach § 26 BGB gewählt wird. Er/Sie ist zuständig für das<br />
gesamte operative Geschäft des Kreisverbandes.<br />
Eine Bewerbung aus dem eigenen Haus wird erwartet.<br />
Wenn Sie an der Stelle interessiert sind, erbitten wir Ihre<br />
Bewerbung bis zum 30. September an<br />
<strong>AWO</strong> Kreisverband Karlsruhe-Stadt e.V.<br />
z. H. Franz Hoß (Vorsitzender), Kronenstr. 15<br />
(Kontakt mit Franz Hoß kann direkt erfolgen über:<br />
Telefon 07 21/ 5 65 57 20; Fax 07 21/8 24 57 25;<br />
E-Mail: Franz.Hoss@arcor.d<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
37
38 LÄNDERMAGAZIN<br />
Verlag & Vertrieb<br />
■ Aktuelle Titel und Angebote<br />
Die neue <strong>AWO</strong>-Imagebroschüre<br />
„Helfen mit Herz und Hand“<br />
34 S., repräs. Verarbeitung, mit Beilagen (2005)<br />
Art.Nr. 01029 10 Stk. 24,95 €<br />
bei größeren Mengen Staffelpreise<br />
Engl. Version „With our hearts and our hands“<br />
34 S., repräs. Verarbeitung, mit Beilagen (2005)<br />
Art.Nr. 01035 10 Stk. 29,95 €<br />
„Potenzial Assessment an der<br />
Schnittstelle Schule-Beruf“ (2005)<br />
Art.Nr. 02047 kostenfrei<br />
(pauschale Versandkosten 5,00 €/Stk.)<br />
„Die zeitnahe Mittelverwendung“<br />
die Rücklagenbildung und der Nachweis…, (2002)<br />
Art.Nr. 01030 (bisher 5,00 €) Sonderpreis 3,20 €<br />
„Zur Bedeutung von Risikomanagement und<br />
KontraG für die <strong>AWO</strong>“, (2002)<br />
Art.Nr. 05017 (bisher 5,00 €) Sonderpreis 3,20 €<br />
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spätestens bis zum 31.10.2005; zu allen Preisen wird<br />
der geltende MwSt.-Satz hinzugerechnet.)<br />
Den aktuellen Katalog mit ca. 200 Artikeln finden Sie<br />
selbstverständlich im Internet (www.awo.org) auf der<br />
Seite des <strong>AWO</strong>-Bundesverbandes unter <strong>AWO</strong>-Shop.<br />
<strong>AWO</strong> Bundesverband e.V.<br />
Verlag & Vertrieb<br />
Postfach 410163, 53023 Bonn<br />
Fax: 02 28 / 6 68 52 09<br />
e-mail: verlag@awo.org<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
Foto: <strong>AWO</strong><br />
Im Seniorenzentrum in Traunreut<br />
„Paradiesgarten“ für Demenzkranke<br />
Traunreut. „Unser Paradiesgarten für Demenzkranke<br />
ist ein echter Glücksfall“,<br />
sagt Monika Samar, Leiterin des <strong>AWO</strong>-<br />
Seniorenzentrums in Traunreut, im bayerischen<br />
Chiemgau. Ein Glücksfall, weil<br />
gleich mehrere Umstände so harmonisch<br />
zusammen gewirkt haben.<br />
Oft sind die Demenzkranken von einer<br />
inneren Unruhe beherrscht und haben<br />
einen starken Bewegungsdrang. „Ein<br />
Garten der diesen Bewegungsdrang ausleben<br />
lässt, die Sinne anregt aber nicht<br />
überfordert steigert die Lebensqualität<br />
der BewohnerInnen und kann eine echte<br />
Hilfe in der täglichen pflegerischen Arbeit<br />
mit Demenzerkrankten sein“, so Monika<br />
Samar.<br />
Vor drei Jahren wurde die Idee geboren<br />
im Seniorenzentrum Traunreut einen<br />
Garten für die speziellen Bedürfnisse von<br />
Demenzerkrankten anzulegen. Verwirklicht<br />
werden konnte das Gartenprojekt<br />
dann in Zusammenarbeit mit der Integrationsfirma<br />
„Horizont“. Der Garten ist Teil<br />
der Sozialtherapeutischen Einrichtung<br />
(STE) der <strong>AWO</strong> in Traunreut und bietet<br />
psychisch Kranken Beschäftigung. „Wir<br />
sind sehr stolz, dass wir dieses Projekt so<br />
gelungen umsetzen konnten.“, so Manfred<br />
Egersdoerfer, Gartenbauingenieur<br />
und Bereichsleiter bei Horizont. „Hier haben<br />
erstmalig in äußerst kreativer Weise<br />
Klienten für Klienten gearbeitet“ erläutert<br />
Egersdoerfer seine besondere Begeisterung<br />
für dieses Projekt.<br />
Zur Verfügung stand ein langes,<br />
schmales Grundstück, das von oben betrachtet<br />
ein wenig die Form eines Knochens<br />
hat. Darauf wurde ein rollstuhlgerechter<br />
Weg in Form einer Endlosschlaufe<br />
gestaltet. Das Gefühl des eingesperrt<br />
Seins kommt somit gar nicht auf, da der<br />
Weg ja immer weiter führt. In kurzen Abständen<br />
finden sich Nischen und Sitzplätze,<br />
die zur besseren Orientierung mit<br />
unterschiedlichen Farben gestaltet wurden.<br />
Die ausgewählten Pflanzen tragen<br />
zur jahreszeitlichen Orientierung bei: Ein<br />
wechselndes Spektrum von Blütenfarben,<br />
Gerüchen, Früchten und Laubformen und<br />
die Verwendung von Pflanzenarten, die<br />
für die meisten Menschen seit Kindheit an<br />
Symbolwert besitzen, beispielsweise Krokus,<br />
Narzisse, Tulpe, Flieder, Erdbeeren,<br />
Mohn, Kornblumen. Drei Hochbeete wurden<br />
entlang der Wegstrecke angelegt.<br />
Die Düfte und Farben der Kräuter, das<br />
Bearbeiten der Kräuter und auch die Verwendung<br />
in der Küche, sprechen die vielfältigen<br />
Sinne der alten Menschen an. Alle<br />
Pflanzen sind ungiftig und dornenfrei.<br />
Ein Steinbrunnen ermöglicht das Berühren<br />
von Wasser, das sanfte Plätschern<br />
wirkt anregend und beruhigend zugleich.<br />
Ganz bewusst wurden viele unterschiedliche<br />
Figuren im Garten „eingestreut“. Im<br />
Einklang mit Bebauung, Sitzmöglichkeiten<br />
und Bepflanzung sollen sie unterstützende<br />
„Hingucker“ sein, die dem bereits<br />
vorhandenen Bewegungsdrang der Erkrankten<br />
Richtung geben und sie auf ihrem<br />
Weg durch den Garten tatsächlich<br />
immer wieder etwas Neues entdecken<br />
lassen. Abgerundet wird das Gesamtbild<br />
der Gartenanlage durch die Einbeziehung<br />
eines Kleingeheges für Haustiere,<br />
wo drei Kaninchen leben.<br />
(sam/bes)<br />
Im Paradiesgarten<br />
werden<br />
etwa mit Kräuter-Hochbeeten<br />
oder einem<br />
Brunnen viele<br />
Sinne angesprochen.
Hilfe für junge Mütter im Mutter-Kind-Haus der <strong>AWO</strong> Lübeck<br />
Lernen, regelmäßig die Windeln zu wechseln<br />
Lübeck. „Früher war ich jedes Wochenende<br />
unterwegs und manchmal<br />
auch unter der Woche“, erzählt<br />
Sarah. Aber das fehlt ihr<br />
nicht wirklich. Nun gehe sie nur<br />
noch einmal in der Woche weg.<br />
Das Leben der 21-Jährigen änderte<br />
sich schlagartig, als sich Töchterchen<br />
Aylina ankündigte. Inzwischen<br />
ist die Kleine neun Monate<br />
alt. Und Sarah kann sagen: „Es<br />
läuft gut.“ Zu Verdanken hat sie<br />
das auch den Mitarbeiterinnen im<br />
Mutter-Kind-Haus der <strong>AWO</strong>-Lübeck.<br />
Die Leiterin Maren Mischlisch-Berth<br />
und ihr Team helfen hier<br />
jungen Frauen, die ihre Kinder in<br />
einer schwierigen Lebenssituation<br />
bekommen haben. Nicht wenige<br />
von ihnen sind selbst noch fast Kinder<br />
oder gar noch minderjährig.<br />
Wer hier einzieht, bestimmt das Jugendamt.<br />
Bis Mai 2006 will die<br />
21-jährige Sarah mit ihrer kleinen<br />
Tochter Aylina auf jeden Fall in ihrer<br />
Wohnung im Mutter-Kind-Haus<br />
bleiben. Wenn alles gut geht, hat<br />
sie bis dahin ihren Realschulabschluss<br />
nachgemacht. Sind die<br />
Noten gut, kann sie sich vorstellen<br />
auch noch Abitur zu machen,<br />
sonst möchte sie eine Ausbildung<br />
im sozialen Bereich, vielleicht zur<br />
Arzthelferin, beginnen.<br />
„Ich konnte es erst nicht wirklich<br />
glauben, habe es nicht an<br />
mich herangelassen. Ich wusste<br />
auch nicht, ob ich das Kind behalten<br />
will“, erinnert sich die junge<br />
Mutter. Sie war in der sechsten<br />
Woche als die Schwangerschaft<br />
festgestellt worden war. Die Zeit<br />
der Verwirrung ist vorbei. Nach<br />
der ersten Ablehnung hat sich<br />
auch ihre Mutter in die kleine Aylina<br />
verguckt. „Oma passt schon<br />
mal auf die Kleine auf, aber sie<br />
hat selbst immer noch viel vor.“ Da<br />
sind zum Glück noch die Eltern<br />
von Sarahs Freund. Die nehmen<br />
das Enkelkind gern alle zwei Wochen<br />
zu sich. Auch der Vater hält<br />
zu Sarah und seiner süßen Tochter.<br />
„Ausschlafen kann ich nicht“.<br />
Selbst wenn die Kleine nicht da ist,<br />
wache sie morgens um 8 Uhr auf,<br />
sagt Sarah. Windeln zu wechseln<br />
mache ihr nichts aus. Einmal im<br />
Monat kaufe sie Gläschenkost für<br />
ihre Tochter auf Vorrat ein. „Mich<br />
nervt es, dass ich der Kleinen alles<br />
hinterher räumen muss“, gibt Sarah<br />
zu.<br />
Die alten Freunde können ihre<br />
neue Situation nicht alle nachvollziehen.<br />
Dafür hat Sarah Verständnis.<br />
Warum sollten sich die anderen<br />
auch für Themen wie Windeln<br />
interessieren. „Wir telefonieren<br />
oft“. Deshalb geht Sarah davon<br />
aus, dass die meisten Freundschaften<br />
halten werden.<br />
Außerdem hat sie noch während<br />
der Schwangerschaft in einer<br />
Gruppe zwei andere junge Mütter<br />
kennen gelernt, die auf ihrer Wellenlänge<br />
liegen. Wenn Sarah ihre<br />
Mittlere Reife bestanden hat,<br />
möchte sie mit Aylinas Vater zusammen<br />
ziehen.<br />
Gute Aussichten für die Zukunft<br />
von Sarah und ihrer Tochter sieht<br />
auch Maren Mischlisch-Berth, die<br />
Leiterin der <strong>AWO</strong>-Einrichtung.<br />
Großen Respekt zollt sie Sarah für<br />
ihre Zielstrebigkeit. Sechs Wochen<br />
nach der Geburt habe die junge<br />
Mutter abgestillt, damit sie wieder<br />
zur Schule gehen konnte. „Vorher<br />
war schon die Sorge da, dass Sarah<br />
im Alltag mit Baby nicht klar<br />
kommen würde“, berichtet Maren<br />
Mischlisch-Berth. Schließlich sei sie<br />
nicht ohne Grund in die Betreuungseinrichtung<br />
gezogen. Sarah<br />
habe vorher in einer psychiatrisch<br />
betreuten Wohngruppe gelebt.<br />
Schicksalsschläge hätten bei der<br />
jungen Frau zu Depressionen geführt.<br />
„Dort hat man ihr geraten,<br />
nicht allein in eine Wohnung zu<br />
ziehen.“<br />
Unter den jungen Müttern, die<br />
im <strong>AWO</strong>-Haus leben, gehört Sarah<br />
zu den glücklicheren Fällen. Elf<br />
Frauen mit Kindern können hier<br />
untergebracht werden. Es gibt sieben<br />
Wohnungen und zwei Wohngemeinschaften<br />
für je zwei Frauen<br />
mit Kindern. Treffpunkt für alle sind<br />
die Gemeinschaftsräume. Die<br />
Gründe für eine Zuweisung vom<br />
Jugendamt sind vielfältig: Extrem<br />
junge Mütter mit 14 oder 15 Jahren<br />
sind darunter, Drogenabhängige<br />
und geistig Behinderte sowie<br />
Frauen mit psychiatrischen Störungen.<br />
Derzeit wohne eine Mutter<br />
auf gerichtliche Anweisung in der<br />
Einrichtung. Sie muss zeigen, dass<br />
sie gut für ihre Kinder sorgen<br />
kann.<br />
Die tägliche Versorgung der<br />
Kleinen ist oft ein großes Problem.<br />
„Die jungen<br />
Frauen müssen<br />
lernen strukturiert<br />
zu handeln.<br />
Oft müssen wir<br />
einen geregelten<br />
Tagesablauf vorgeben.<br />
Ihnen<br />
klar machen,<br />
dass ihr Kind alle<br />
drei Stunden<br />
etwas zu essen<br />
braucht, auch<br />
wenn sie selbst<br />
keinen Hunger<br />
haben“, erzählt<br />
Mischlisch-Berth.<br />
Meist müssen<br />
die Mütter erst<br />
lernen zu kochen.<br />
Geachtet<br />
werden muss auf<br />
viele Kleinigkeiten.<br />
Schimmel im<br />
Sauger, Alkohol<br />
im Fläschchen,<br />
Babys in schmutziger<br />
Wäsche<br />
und überfälligen vollen Windeln<br />
gehören zu den Vorfällen, wo das<br />
Team einschreitet. Je nach Alter<br />
und Lebenserfahrung bringen die<br />
Frauen andere Probleme mit. „Eine<br />
Frau mit Essstörungen findet ihr Baby<br />
schnell zu dick. Dann kann es<br />
sein, dass sie die Milch fürs Fläschchen<br />
zu dünn zubereitet.“<br />
Mit seinen elf Plätzen deckt<br />
das Mutter-Kind-Haus in Lübeck<br />
nicht den tatsächlichen Bedarf ab.<br />
Hauptsächlich aus Lübeck, aber<br />
auch aus den Kreisen Ostholstein,<br />
Lauenburg und Stormarn sowie<br />
aus Mecklenburg-Vorpommern<br />
kommen die Frauen in die <strong>AWO</strong>-<br />
Einrichtung. (siv)<br />
Foto: S. Ivert-Klinke<br />
Weitere Infos:<br />
Einrichtung für junge Mütter<br />
des Jugendhilfe- und Sozialverbundes<br />
der <strong>AWO</strong> in Lübeck,<br />
Tel.: 0451 / 50 41 280.<br />
Noch lebt Sarah mit<br />
ihrer kleinen Tochter<br />
Aylina im betreuten<br />
Mutter-Kind-Haus der<br />
<strong>AWO</strong> in Lübeck. Die<br />
Betreuerinnen unterstützen<br />
sie dabei, für<br />
sich und das Kind eineZukunftsperspektive<br />
aufzubauen. Die<br />
junge Mutter holt gerade<br />
ihren Realschulabschluss<br />
nach.<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
39
40 LÄNDERMAGAZIN<br />
Geprüfte Qualität bei<br />
der <strong>AWO</strong> Rheinland:<br />
Ob Umgang mit<br />
Beschwerden, Mahlzeiten,Blutdruckmessen<br />
oder, wie<br />
auf unserem Bild,<br />
Nägelschneiden –<br />
Der TÜV hatte nichts<br />
auszusetzen.<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
Professionelle Energieberatung<br />
Kosten um zehn Prozent gesenkt<br />
Bremerhaven. Der Tipp kam von<br />
der Insel Rügen. „Versucht es doch<br />
mal mit professioneller Energieberatung“,<br />
riet der Leiter des neuen<br />
Pflegeheims, das der <strong>AWO</strong>-Kreisverband<br />
Bremerhaven zusammen<br />
mit der Kommune in Saßnitz errichtet<br />
hatte. Die Bremerhavener hatten<br />
sich mit ihren KollegInnen vom<br />
Ostseestrand über die „immens<br />
hohen und von Einrichtung zu<br />
Einrichtung sehr unterschiedlichen“<br />
Energiekosten ausgetauscht, erzählt<br />
der stellvertretende Geschäftsführer<br />
Manfred Jabs. Die waren<br />
den <strong>AWO</strong>-Verantwortlichen schon<br />
geraume Zeit ein Dorn im Auge.<br />
„Das sind immerhin mehrere hunderttausend<br />
Euro“, betont Controller<br />
Gerhard Weber, „der größte<br />
Teilbetrag bei den Sachkosten“.<br />
Der Saßnitzer Heimleiter hatte<br />
noch einen Tipp parat: Er berichtete<br />
von seinen Erfahrungen mit den<br />
Beratern von BFE Institut für Energie<br />
und Umwelt. Bald danach schloss<br />
der Kreisverband Bremerhaven einen<br />
Vertrag über eine dreijährige<br />
Zusammenarbeit mit dem in Mühl-<br />
Koblenz. Stolz und glücklich sind<br />
die MitarbeiterInnen des <strong>AWO</strong><br />
Alten- und Pflegeheims „Laubach“<br />
der <strong>AWO</strong> Rheinland. Gleich <strong>beim</strong><br />
ersten Anlauf haben sie die Hürde<br />
„Zertifizierung“ nach dem Tandem<br />
QM-Verfahren der <strong>AWO</strong> genommen.<br />
Welche Auswirkungen hat die<br />
Zertifizierung auf die BewohnerInnen<br />
eines Altenpflegeheimes? „Diese<br />
sind mittelbar, nicht unmittelbar,“<br />
sagt Harald Becker, Leiter Stabsstelle<br />
Qualitätsmanagement <strong>beim</strong><br />
Foto: M. Wolff-Hehl<br />
hausen bei Heidelberg ansässigen<br />
Institut. Das Ergebnis kann sich – so<br />
Jabs und Weber – durchaus sehen<br />
lassen. Bereits jetzt, da noch nicht<br />
alle von den Energieberatern vorgeschlagenen<br />
Maßnahmen eingeleitet<br />
sind, spare man zwischen<br />
10.000 und 20.000 Euro jährlich.<br />
„In diesem Jahr werden wir unser<br />
Ziel erreichen, 10 Prozent der<br />
Jahresenergiekosten einzusparen“,<br />
sagt Weber.<br />
Insgesamt sieben Einrichtungen<br />
ließ die <strong>AWO</strong> Bremerhaven untersuchen:<br />
sämtliche Unterlagen für eine<br />
kaufmännische Analyse, Lieferverträge<br />
mit den Energi<strong>ev</strong>ersorgern,<br />
Verbrauchsabrechnungen,<br />
den gesamten Schriftverkehr. Zunächst<br />
wurde geprüft, ob die Konditionen<br />
„stimmen“. In der Folge<br />
wurde nach harten Verhandlungen<br />
der Energi<strong>ev</strong>ersorger gewechselt.<br />
Doch die Berater machten sich<br />
nicht nur durch ihr Verhandlungsgeschick<br />
nützlich. Sie nahmen die Abnahmestellen<br />
für Strom, Wasser,<br />
Gas, Öl und Fernwärme auch technisch<br />
unter die Lupe und machten<br />
Alten- und Pflegeheim „Laubach“ zertifiziert<br />
Siegel im ersten Anlauf<br />
<strong>AWO</strong>-Bezirksverband Rheinland.<br />
Beispiele hierfür sind: Die Pflegeplanung<br />
ist transparenter und die<br />
BewohnerInnen werden in diese<br />
Planung einbezogen. Das, was die<br />
BewohnerInnen an Pflege erhalten,<br />
wird nach europäischem Standard<br />
gemessen und dieser Standard<br />
wird als gut bewertet. Der Vorteil einer<br />
Zertifizierung liegt auch darin,<br />
dass ein TÜV-Stempel eine verbriefte<br />
Qualität darstellt.<br />
Ein weiteres Beispiel ist das Essen.<br />
„Es gibt sechs Mahlzeiten pro<br />
Tag, individuelle Essenszeiten und<br />
mittags Wahlmenüs. Hier gibt es<br />
keine Beliebigkeit mehr. Oder das<br />
Beschwerde-Management. Jede Beschwerde<br />
wird innerhalb von drei<br />
Tagen bearbeitet,“ ergänzt Jürgen<br />
Gerz, Leiter des Alten- und Pflegeheims<br />
„Laubach“. Die Pflegemitarbeiter<br />
werden regelmäßig geschult.<br />
Die <strong>AWO</strong> stellt Anforderungen an<br />
Verbesserungsvorschläge. „Das<br />
waren manchmal nur Kleinigkeiten,<br />
die aber enorm effektiv sind“,<br />
heißt es bei der <strong>AWO</strong>.<br />
Gerhard Weber vom Controlling<br />
weiß die Zusammenarbeit mit<br />
den Energie-Experten „von draußen“<br />
zu schätzen. „Es ist für uns<br />
günstiger, den Sachverstand einzukaufen“.<br />
Neben dem Grundhonorar<br />
zahlte der <strong>AWO</strong>-Kreisverband<br />
einen angemessenen Anteil an den<br />
tatsächlich realisierten Einsparungen<br />
an das Institut. Sollte sich der<br />
Kreisverband im Herbst für eine<br />
weitere Zusammenarbeit mit BFE<br />
entscheiden, könnte er – wie alle<br />
anderen <strong>AWO</strong>-Einrichtungen auch<br />
– künftig von den noch besseren<br />
Konditionen eines Rahmenvertrages<br />
über Energieberatung profitieren,<br />
den der <strong>AWO</strong>-Bundesverband<br />
mit BFE Institut für Energie und Umwelt<br />
ausgehandelt hat und der seit<br />
Januar 2005 in Kraft ist. (krü)<br />
Weitere Infos:<br />
<strong>AWO</strong> Kreisverband Bremerhaven<br />
Tel.: 04 71/ 95 47-104,<br />
BFE Institut für Energie u. Umwelt<br />
Tel.: 0 62 22 / 9 55 -111<br />
oder <strong>beim</strong> <strong>AWO</strong>-Bundesverband<br />
Tel.: 02 28 / 66 85 -0<br />
die Inhalte der Schulungen und<br />
prüft, wie sich die Schulung im Arbeitsalltag<br />
auswirkt. Die <strong>AWO</strong> legt<br />
Wert auf hohe Mitarbeiterzufriedenheit<br />
und fragt regelmäßig nach.<br />
94 Prozent der befragten Mitarbeiter<br />
äußerten sich bei der jüngsten<br />
Befragung zufrieden mit ihrem Arbeitgeber.<br />
19 von 20 befragten Angehörigen<br />
waren mit den <strong>AWO</strong> Altenpflegeheimen<br />
zufrieden.<br />
Zum Schluss: Nach Aussagen<br />
von Prüfern sind zehn Normabweichungen<br />
und mehr während der<br />
Zertifizierung einer einzigen Einrichtung<br />
keine Seltenheit. Bei der<br />
<strong>AWO</strong> Rheinland wurden vier Altenpflegheime<br />
– neben Koblenz noch<br />
Höhr-Grenzhausen, Mayen und<br />
Worms – und ein Teil der Bezirksgeschäftstelle<br />
begutachtet und zertifiziert.<br />
Mit lediglich insgesamt vier<br />
Abweichungen. Sie sind inzwischen<br />
alle abgearbeitet. (ah/aw)
Aktion Mensch und Henkel unterstützen <strong>AWO</strong> Deutschkurse<br />
Am PC die Sprache erlernen<br />
Düsseldorf. Der Leiter der betrieblichen<br />
Sozialarbeit der Firma Henkel,<br />
Hermann-Josef Moths, war<br />
schnell überzeugt von dem neuen<br />
Sprachlernprogramm des <strong>AWO</strong>-<br />
Familientreffs. Mit dem Hinweis<br />
„absolut förderungswürdig“ stellte<br />
er das Projekt der Henkel-Spendenabteilung<br />
vor. Diese stiftete im Juli<br />
2005 vier Laptops mit moderner<br />
Lernsoftware und zusätzlich 900<br />
Euro. Von der „Aktion Mensch“ kamen<br />
weitere 5000 Euro.<br />
Im Stadtteil Düsseldorfer Stadtteil<br />
Holthausen, in dem Henkel und<br />
der <strong>AWO</strong>-Familientreff Nachbarn<br />
sind, leben zahlreiche ausländische<br />
und Aussiedlerfamilien. In der<br />
Schülerhilfe des <strong>AWO</strong>-Familientreffs<br />
werden die Kinder schulisch<br />
gefördert. Aber sie (und ihre Eltern)<br />
beherrschen die deutsche Sprache<br />
nur unzureichend und sie haben<br />
Konzentrationsschwierigkeiten in<br />
der Schule. Deshalb setzt die neue<br />
Sprachförderung <strong>beim</strong> gemeinsamen<br />
familiären Lernen an. „Kinder<br />
lernen mit Eltern – Eltern lernen mit<br />
Kindern“ heißt die Methode, die<br />
ein besonderes pädagogisches<br />
Konzept mit dem Einsatz von PC’s<br />
verbindet: Im Halbstundentakt üben<br />
die Kinder mit einem Elternteil mit<br />
einer speziellen Lernsoftware die<br />
deutsche Sprache. Danach benötigen<br />
sie eine Pause mit Spiel und<br />
Entspannung. Geistig gestärkt geht<br />
es dann noch mal an die Laptops<br />
und an die Tücken der Grammatik.<br />
Die Leiterin des Familientreffs,<br />
Carmen Schumann-Breithardt, legt<br />
Wert auf die Wechselwirkung von<br />
Konzentration und Entspannung,<br />
um eine dauerhafte Verbesserung<br />
der Sprachkompetenz bei Eltern<br />
und Kindern zu erreichen. „Diese<br />
Sprachförderung ist gleichzeitig<br />
ein soziales Training für die Fami-<br />
Anzeige<br />
All for one<br />
lie. Viele Kinder müssen auch erst<br />
einmal die Ruhe kennen lernen.“<br />
Der Kurs „Sprachförderung einmal<br />
anders“, geleitet von zwei Sozialpädagoginnen,<br />
dauert 12 Wochen.<br />
Zwei Gruppen mit jeweils<br />
vier Kindern und Erwachsenen<br />
wechseln sich an den Computern<br />
ab. (bnw)<br />
Weitere Infos:<br />
<strong>AWO</strong>-Familientreff<br />
Tel.: 0211 / 60 025 - 534<br />
E-Mail: carmen.schumann.<br />
breithardt@awo-duesseldorf.de<br />
Sie riefen das Sprachlernprogramm<br />
ins leben,<br />
v.r.n.l.: Josef-Hermann<br />
Moths, Leiter der<br />
Sozialabteilung der<br />
Firma Henkel, Gunder<br />
Heimlich, stellv. <strong>AWO</strong>-<br />
Vorsitzender, Holger<br />
von Bardeleben, IT-Koordinator<br />
des Henkel-<br />
Spendenmanagements,<br />
Carmen Schumann-<br />
Breithardt, Leiterin des<br />
Familientreffs und<br />
Gudrun Siebel, Leiterin<br />
des <strong>AWO</strong>-Familienbildungswerks.<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
Foto: <strong>AWO</strong><br />
41
42 LÄNDERMAGAZIN<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
„Dementia Care Mapping“<br />
Erfolg an den Gesichtern abzu<strong>lesen</strong><br />
Kassel. Das Dementia Care Mapping<br />
(DCM) – eine aus England<br />
stammende spezielle Methode für<br />
demente (altersverwirrte) Menschen<br />
– wird seit dem Sommer<br />
2004 in allen Altenzentren der<br />
Anzeige<br />
GEK<br />
<strong>AWO</strong> gemeinnützigen Gesellschaft<br />
für soziale Einrichtungen<br />
und Dienste in Nordhessen mbH<br />
erfolgreich durchgeführt. Mit dieser<br />
Methode soll das Wohlbefinden<br />
dementer BewohnerInnen ge-<br />
zielt ermittelt und verbessert werden.<br />
„Wir haben das DCM zunächst<br />
als Pilotprojekt in vier Altenzentren<br />
erprobt. Der Erfolg ist an<br />
den Gesichtern und am Verhalten<br />
altersverwirrter Bewohner abzu<strong>lesen</strong>.<br />
Deshalb haben wir diese Methode<br />
nach einjähriger Pilotphase<br />
auch in allen übrigen zehn Altenzentren<br />
nach und nach eingeführt“,<br />
so Michael Schmidt, Geschäftsführer<br />
der <strong>AWO</strong>-Nordhessen<br />
gGmbH.<br />
DCM setzt unter anderem eine<br />
spezielle Mitarbeiterschulung voraus.<br />
Zur Zeit sind in den Altenzentren<br />
14 MitarbeiterInnen des bestehenden<br />
Personals als so genannte<br />
Mapper (Beobachter) ausgebildet.<br />
Ein Mapper beobachtet über sechs<br />
Stunden sechs bis sieben altersverwirrte<br />
BewohnerInnen im öffentlichen<br />
Bereich eines Altenzentrums,<br />
etwa im Tages- oder Speiseraum.<br />
Die Privatsphäre wie etwa<br />
das Zimmer der BewohnerInnen ist<br />
tabu. Der Mapper beobachtet<br />
nach vorgegebenen Verhaltenskategorien<br />
mit geschultem Blick, in<br />
welchen Situationen sich die BewohnerInnen<br />
unwohl fühlen. Danach<br />
wird ein Maßnahmenplan<br />
mit dem Pflegeteam entwickelt und<br />
besprochen, wie das Wohlbefinden<br />
der Betroffenen verbessert<br />
werden kann.<br />
Sigrid Junge, Pflegereferentin<br />
der <strong>AWO</strong>-Nordhessen und Initiatorin<br />
der Einführung des DCM in den<br />
<strong>AWO</strong>-Altenzentren, gibt ein Beispiel<br />
aus dem Alltag: „Der Mapper<br />
konnte während des Mittagessens<br />
beobachten, dass einer dementen<br />
älteren Bewohnerin ein Tablett<br />
mit einem Glas Orangensaft,<br />
einem Teller Suppe, dem Hauptgericht<br />
sowie einem Dessert angereicht<br />
wurde. Mit diesem Angebot<br />
fühlte sie sich völlig überfordert<br />
und schüttete den Orangensaft<br />
über das Gemüse oder sie versuchte,<br />
den Saft aus dem Glas zu<br />
löffeln. Der Mapper präsentierte<br />
seine Aufzeichnungen und Ergebnisse<br />
dem Team. Hier wurde gemeinsam<br />
besprochen, dass der Bewohnerin<br />
immer nur ein Teil nach<br />
dem anderen serviert werden sollte.<br />
Seither hat die alte Dame keine<br />
Probleme mehr, sie zeigt wieder<br />
Selbstbewusstsein und fühlt sich<br />
sichtlich wohler.“<br />
(wie)
Westfalenfleiß feiert 80. Geburtstag<br />
Wichtiger Akteur im sozialen Gefüge<br />
Münster. In einer Feierstunde zum<br />
80-jährigen Bestehen der Westfalenfleiß<br />
gGmbH in Münster bekannte<br />
sich die ehemalige Gesundheitsministerin<br />
des Landes<br />
NRW, Birgit Fischer, nachdrücklic<br />
zu dem Auftrag, „sich nicht dem<br />
Diktat der Ökonomie zu unterwerfen,<br />
sondern Menschenrechte in<br />
den Vordergrund zu stellen und<br />
Selbstbestimmung durch Teilhabe<br />
und Integration zu gewährleisten,<br />
damit jeder seinen Platz in seinem<br />
Leben und in der Gesellschaft finden<br />
kann“. Zwei Modelle, die<br />
auch und gerade bei Westfalenfleiß<br />
entwickelt wurden, hob die<br />
Familie und Beruf besser vereinbaren<br />
Ministerin als zukunftsweisend hervor:<br />
Die Integrationsfirmen wie die<br />
MDS (Münsteraner Dienstleistungsservice),<br />
die heute in 870 Firmen<br />
des Landes über 1500 Menschen<br />
beschäftige. Und das Projekt „Sozialführerschein“,<br />
das in der Westfalenfleiß-Wohnstätte<br />
Telgte entwickelt<br />
wurde und junge SchülerInnen<br />
in einem vierwöchigen Praktikum<br />
an Menschen mit Behinderungen<br />
in Wohnstätten heranführt.<br />
„Hierzu“, so die Ministerin, „kann<br />
ich Sie nur beglückwünschen“.<br />
„Es ist eine Erfolgsgeschichte -<br />
80 Jahre Westfalenfleiß, die seit<br />
30 Jahren in gemeinsamer Träger-<br />
Neu: Tagesmütter-Agentur<br />
Bielefeld. Die <strong>AWO</strong> in Ostwestfalen-Lippe<br />
hat ihre Angebote zur<br />
Kinderbetreuung um ein wichtiges<br />
Angebot ergänzt. Zum 1. Juli hat<br />
die Tagesmütter-Agentur-OWL ihre<br />
Arbeit aufgenommen. Sie wird Tagespflege<br />
vermitteln, Tagesmütter<br />
qualifizieren und beraten sowie Erziehungshilfen<br />
und Bereitschaftspflege<br />
organisieren.<br />
Für berufstätige Mütter (und<br />
Väter) ist es schwierig, die Betreuung<br />
ihrer unter dreijährigen Kinder<br />
und die Erwerbstätigkeit miteinander<br />
zu verbinden. Für arbeitslose<br />
Alleinerziehende ist dies ein fast<br />
unüberwindliches Hindernis bei<br />
der Rückkehr in den Arbeitsmarkt.<br />
Die Tagesmütter-Agentur-OWL will<br />
hier helfen.<br />
In Abstimmung mit den örtlichen<br />
Jugendämtern wird sie Tagesmütter<br />
vermitteln und qualifizieren<br />
sowie besondere Erziehungshilfen<br />
anbieten. Familien mit behinderten<br />
Kindern soll eine zeitweise<br />
Entlastung durch die Tagesmutter<br />
angeboten werden. Ziel der <strong>AWO</strong><br />
ist es, zusätzlich zu den bereits in<br />
Kitas, Spielgruppen und bei Tagesmüttern<br />
vorhandenen 860 Plätzen<br />
für Kinder unter 3 Jahren mittelfristig<br />
weitere 1.300 Plätze zu schaffen,<br />
500 davon bei Tagesmüttern.<br />
Anzeige<br />
Service Call<br />
schaft der <strong>AWO</strong> und der Lebenshilfe<br />
steht“, so Eckard Andersson,<br />
stellvertretender Vorsitzender des<br />
<strong>AWO</strong> Bezirksverbandes Westliches<br />
Westfalen. Eine vertrauensvolle<br />
Zusammenarbeit mit der Stadt<br />
Münster und dem Landschaftsverband<br />
Westfalen Lippe (LWL) habe<br />
in der Vergangenheit dazu geführt,<br />
„dass unsere zehn Einrichtungen<br />
heute 510 Mitarbeiter beschäftigen,<br />
die 840 Menschen auf ihrem<br />
Lebens- und Arbeitsweg begleiten“,<br />
bilanzierte Andersson. Der Westfalenfleiß<br />
bescheinigte er: „Der Name<br />
hat einen guten Klang in der<br />
Region“. (top)<br />
Bedarfsgerecht und ortsnah soll<br />
das Angebot sein.<br />
Die <strong>AWO</strong> kann <strong>beim</strong> Aufbau<br />
der Tagesmütter-Agentur-OWL auf<br />
Erfahrungen und Kompetenzen zurückgreifen.<br />
Ludger Schabbing,<br />
Leiter der Tagesmütter-Agentur, hat<br />
bisher die Tagesmüttervermittlung<br />
der <strong>AWO</strong> im Kreis Herford organisiert.<br />
In OWL ist darüber hinaus<br />
mit den Kindertageseinrichtungen<br />
bereits ein gut funktionierendes<br />
Netzwerk der Betreuung von der<br />
<strong>AWO</strong> aufgebaut worden. (pm)<br />
Weitere Infos:<br />
Tagesmütter-Agentur-OWL der<br />
<strong>AWO</strong>, Detmolder Str. 280,<br />
33605 Bielefeld<br />
Tel.: 05 21/ 9216 -460<br />
E-Mail: tagesmuetter@awo-owl.de<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
43
44 LÄNDERMAGAZIN<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
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Zur Münchnerin<br />
2sp./60 mm<br />
Vielfältiges Programm in Köln<br />
Seniorenwoche<br />
mit Tag der Nationen<br />
Köln. Um Themen, die Senioren<br />
bewegen, ging es in der<br />
Seniorenwoche des Marie-Juchacz-Altenzentrums,<br />
die Anfang<br />
Juni in der Einrichtung der<br />
<strong>AWO</strong> Mittelrhein im Kölner<br />
Norden stattfand. Ob Tanzvorführungen<br />
der HeimbewohnerInnen,<br />
Fachvorträge zu „Psychischen<br />
Störungen im Alter“<br />
und „Patientenrechten“ oder<br />
Führungen durch das Zentrum<br />
und die Wohngruppen – für<br />
ein vielfältiges Programm war<br />
gesorgt. Im Rahmen der Seniorenwoche<br />
fand ein „Tag der<br />
Nationen“ als Teil der Kam-<br />
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Waldhotel Mühlenhof<br />
2 sp/25 mm<br />
pagne für eine kultursensible<br />
Altenhilfe statt. Schirmherrin<br />
der bundesweiten Kampagne<br />
ist Renate Schmidt, Bundesministerin<br />
für Familie, Senioren,<br />
Frauen und Jugend. Am „Tag<br />
der Nationen“ sorgte ein buntes<br />
multikulturelles Unterhaltungsprogramm<br />
im Coeln-Saal<br />
der Einrichtung für Unterhaltung<br />
und kulinarische Köstlichkeiten<br />
trugen zum leiblichen<br />
Wohl bei. Das Marie-Juchacz-<br />
Altenzentrum veranstaltete die<br />
Seniorenwoche in Kooperation<br />
mit dem „Runden Tisch“ des<br />
Stadtbezirks Chorweiler. (-gs-)<br />
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Ferien-Zentrum Lieberhausen<br />
2 sp/130?? mm
Ulla Schmidt: Lasten gerecht verteilen<br />
Pfleg<strong>ev</strong>ersicherung als Bürgerversicherung<br />
Hannover. In der kommenden<br />
Legislaturperiode will die<br />
Bundesregierung die Pfleg<strong>ev</strong>ersicherung<br />
zu einer Bürgerversicherung<br />
umbauen. Das erklärte<br />
Bundesgesundheitsministerin<br />
Ulla Schmidt (SPD) bei der Veranstaltung<br />
„Zukunft der Pflege“<br />
im <strong>AWO</strong> Seniorenzentrum<br />
Schleswiger Straße in Hannover.<br />
Schmidt zog eine positive<br />
Bilanz der Pfleg<strong>ev</strong>ersicherung,<br />
aus der mittlerweile rund zwei<br />
Millionen Pflegebedürftige regelmäßig<br />
Leistungen erhielten.<br />
Die Pfleg<strong>ev</strong>ersicherung habe<br />
zu einer massiven Verbesserung<br />
der Pflegeinfrastruktur geführt.<br />
Dennoch müssten die<br />
Weichen für eine nachhaltige<br />
und gerechtere Finanzierung<br />
gestellt werden. Deshalb will<br />
Landgasthof Wickert<br />
1 sp/18 mm<br />
Gut Kronberg<br />
1 sp/35 mm<br />
Mittelmosel-<br />
Hotelgemeinschft<br />
1 sp/75 mm<br />
die SPD die Pfleg<strong>ev</strong>ersicherung<br />
zu einer Bürgerversicherung<br />
umzubauen, um der Diskrepanz<br />
zwischen privater und<br />
gesetzlicher Versicherung entgegen<br />
zu wirken. Ulla Schmidt:<br />
„Alle Betroffenen erhalten die<br />
gleichen Leistungen, so müssen<br />
auch alle in gleicher Weise zur<br />
Finanzierung des Pflegerisikos<br />
beitragen.“ Um eine gerechte<br />
Verteilung der mit der Absicherung<br />
des Pflegerisikos verbundenen<br />
Finanzierungslasten auf<br />
die einzelnen B<strong>ev</strong>ölkerungsgruppen<br />
zu erreichen, werde<br />
die Finanzierung der heutigen<br />
gesetzlichen und privaten Pfleg<strong>ev</strong>ersicherung<br />
in einem System<br />
verbunden, das die Vorteile<br />
beider Systeme kombiniere.<br />
(pm)<br />
Zum Bürstenbinder<br />
1 sp/45 mm<br />
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OK-Reisen, Kaars<br />
2 sp/20 mm<br />
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Hotel Ludwigshof<br />
2sp./20 mm<br />
Foto: <strong>AWO</strong><br />
Bundesgesundheitsministerin<br />
Ulla Schmidt im<br />
Gespräch im<br />
<strong>AWO</strong> SeniorenzentrumSchleswiger<br />
Straße in<br />
Hannover.<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
45
46 RÄTSEL<br />
tropische<br />
Frucht<br />
(birnenförmig)<br />
mittelfränkische<br />
Stadt<br />
Fechthieb<br />
Bogenreihe<br />
gemauertes<br />
Ufer<br />
Lehr-,<br />
ForschungsanstaltMilchorgan<br />
bei<br />
Tieren<br />
Zeichen<br />
für<br />
Eisen<br />
(Ferrum)<br />
Dickhäuter<br />
betriebsam<br />
s1312.1-82<br />
Teil<br />
des<br />
Kopfes<br />
Stadt<br />
im Erzgebirge<br />
Hohlnadel<br />
für<br />
Injektionen<br />
1 2 3 4 5 6 7<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
4<br />
elternlos,<br />
einsam<br />
2<br />
Abk.:<br />
Erdgeschoss<br />
bergmännisch:<br />
Tiefe<br />
Spielkartenfarbe<br />
Wasservogelprodukt<br />
ehem.<br />
Minister<br />
in islam.<br />
Staaten<br />
Stadt<br />
an der<br />
Lippe 1<br />
Mittelmeerwinde<br />
5<br />
Verhalten,Benehmen<br />
planieren<br />
seltsam,<br />
wunderlich<br />
6<br />
knapp,<br />
schmal<br />
Zeichen<br />
für<br />
Neon<br />
Fluss<br />
zur<br />
Sieg 7<br />
Waschfaß<br />
Durchfuhr<br />
giftige<br />
Waldstaude<br />
(...stab)<br />
Ansprache<br />
Ackergerät<br />
Platzdeckchen<br />
arab.<br />
Volksstamm<br />
Wehgeschrei<br />
Abk.:<br />
zu<br />
Händen 3<br />
Reptil<br />
der<br />
Vorzeit<br />
langweilig<br />
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HTS / boco<br />
persönliches<br />
Fürwort<br />
auseinander<br />
bringen,<br />
lösen<br />
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82<br />
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Rätseln Sie mit!<br />
Das richtige Lösungswort senden Sie bitte an den<br />
<strong>AWO</strong> Bundesverband<br />
Redaktion <strong>AWO</strong>magazin<br />
Postfach 41 01 63, 53023 Bonn<br />
…und mit ein bisschen Glück können Sie eine<br />
von zehn Maniküresets in einem stabilen<br />
Kunstleder-Etui gewinnen. Die Preise werden<br />
gesponsert von ARWO-Versicherungen.<br />
Einsendeschluss ist der 20. Oktober 2005.<br />
Alle richtigen Einsendungen nehmen an der<br />
Verlosung teil. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
MitarbeiterInnen des Bundesverbandes<br />
sind von der Teilnahmeausgeschlossen.<br />
Wenn Sie ihre<br />
Postkarte mit<br />
einer Wohl- ARWO<br />
fahrtsmarkefrankieren, nehmen<br />
Sie am Ende des<br />
Jahres an einer<br />
Sonderauslosung teil.<br />
Die Lösung aus 4/2005 war: FINNLAND<br />
Eine Reisetasche haben gewonnen: Gisela<br />
Benker (Neustadt), Gerd Dember (Laudenbach),<br />
Herta Hedrich (Hannover), Herta Heydecke<br />
(Seelze), Wolfgang Heuser (Eitorf), Helga Möller<br />
(Wolfenbüttel), Irmburg Ruf (Leopoldshafen), Erika<br />
Scheib (Bad Sobernheim), Elfriede Schmidt<br />
(Minden) und Herbert Timmerhoff (Essen).<br />
Herzlichen Glückwunsch!