Standard Spezial, Bologna - Bundesministerium für Wissenschaft ...
Standard Spezial, Bologna - Bundesministerium für Wissenschaft ...
Standard Spezial, Bologna - Bundesministerium für Wissenschaft ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Bologna</strong>-Prozess<br />
BOLOGNA-PROZESS<br />
10 BMWF der <strong>Standard</strong> MÄRZ März2010 2010<br />
Wie war das noch mal, Frau Minister?<br />
Studentinnen und Studenten hatten zu<br />
Semesterbeginn die Gelegenheit, Beatrix Karl Fragen<br />
zum <strong>Bologna</strong>-Prozess zu stellen. Eine Auswahl<br />
beantwortet die <strong>Wissenschaft</strong>sministerin hier.<br />
Der Bachelor- und Mastersstudienplan<br />
sind sehr strukturiert und zeitlich<br />
limitiert. Besteht nicht die Gefahr,<br />
dass die Zeit <strong>für</strong> die Nachrecherche<br />
und den Austausch des Gelernten<br />
zu kurz wird? Mario,<br />
Theaterwissenschaft, 1. Semester<br />
Die Idee der <strong>Bologna</strong>-Architektur<br />
hat damit nichts zu tun. Allerdings ist<br />
bei uns in Österreich in der Umsetzung<br />
nicht alles optimal gelaufen. An<br />
einigen Universitäten wurden phantasielos<br />
achtsemestrige Diplomstudien<br />
in sechssemestrige Bachelorstudien<br />
gepackt – das kann nicht funktionieren.<br />
Die Gestaltung der Studienpläne<br />
liegt in der Uni-Autonomie und da<strong>für</strong><br />
sind die Curricularkommissionen der<br />
Universitäten zuständig, aber ich werde<br />
jedenfalls Gespräche mit allen Verantwortlichen<br />
suchen, damit es hier zu<br />
Verbesserungen kommt. Im Fachhochschulbereich<br />
wurden die Studiengänge<br />
mittlerweile bereits zu 97,5<br />
Prozent auf die <strong>Bologna</strong>-Struktur erfolgreich<br />
umgestellt. Dieser Umstellungsprozess<br />
kann durchaus als „best<br />
practise“ herangezogen werden.<br />
Der <strong>Bologna</strong>-Prozess stellt nur vage<br />
Vorgaben. Viele der teilnehmenden<br />
Länder haben noch nicht einmal ansatzweise<br />
die Vorgaben erfüllt.<br />
Werden Sie vor dem Hintergrund<br />
2009<br />
Im Rahmen der Konferenz wird der Stocktaking Report<br />
2009 über den Stand der Umsetzung der <strong>Bologna</strong>-Ziele<br />
auf europäischer Ebene und in den einzelnen<br />
teilnehmenden Ländern vorgestellt. Österreich liegt<br />
bei der Umsetzung insgesamt im europäischen Spitzenfeld.<br />
Im Anschluss an die Konferenz wird das erste<br />
<strong>Bologna</strong> Policy Forum durchgeführt. Es dient dem interkontinentalen<br />
Erfahrungsaustausch.<br />
der großen <strong>Bologna</strong>-Kritik eine<br />
stärkere Zusammenarbeit mit anderen<br />
Ländern forcieren? Sebastian,<br />
Politikwissenschaft, 1. Semester<br />
Insgesamt funktioniert die Zusammenarbeit<br />
ausgezeichnet und es ist<br />
durch die <strong>Bologna</strong>-Struktur heute<br />
schon viel einfacher, Studienaufenthalte<br />
im Ausland zu absolvieren als noch<br />
vor wenigen Jahren. Dies belegen auch<br />
die steigenden Mobilitätsaktivitäten<br />
der Studierenden. Mit der heurigen<br />
<strong>Bologna</strong>-Konferenz erfolgt der Startschuss<br />
zum „Europäischen Hochschulraum“.Dabeiwerdenwirunsgenauanschauen,<br />
wo es noch Verbesserungsbedarf<br />
gibt. Dort werden wir jedenfalls<br />
ansetzen und Probleme ansprechen.<br />
WerdenECTS-Punkteanalleneuropäischen<br />
Universitäten gleich behandelt?<br />
Geben diese über die DaueroderauchüberdenInhaltsumfang<br />
von Lehrveranstaltungen Auskunft?<br />
Magda, Publizistik- und Kommunikationswissenschaft,<br />
4. Semester<br />
Im alten österreichischen Studiensystem<br />
werden Lehrveranstaltungen<br />
traditionell in Semesterstunden gerechnet.<br />
Eine zweistündige Lehrveranstaltung<br />
sieht zwei Stunden Unterricht<br />
pro Woche <strong>für</strong> die Dauer eines<br />
Semesters (=durchschnittlich 15 Wochen)<br />
vor. Die Dauer der Lehrveran-<br />
staltung wird aus der Sicht des Lehrenden<br />
gemessen. Im ECTS-System wird<br />
dagegen eine Lehrveranstaltung (course)<br />
aus der Sicht der Studierenden gesehen:<br />
ECTS-Credits geben Auskunft<br />
über den Arbeitsaufwand (workload),<br />
um eine Lehrveranstaltung erfolgreich<br />
zu absolvieren. Das inkludiert sowohl<br />
den Besuch der Lehrveranstaltung als<br />
auch individuelles Studium und Prüfungsvorbereitung.<br />
Wie gedenken Sie, genügend Plätze<br />
<strong>für</strong> österreichische Medizin-Studierende<br />
zu schaffen, ohne gegen EU-<br />
Recht zu verstoßen? Valerie, Jus<br />
Derzeit verhandle ich auf EU-Ebene<br />
über die Verlängerung des Moratoriums<br />
über 2012 hinaus. Eine solche<br />
Verlängerung wäre sachlich gerechtfertigt,<br />
um die medizinische Versorgung<br />
in Österreich sicherzustellen.<br />
Langfristig geht es aber um eine gesamteuropäische<br />
Lösung des Hochschulzugangs.<br />
Nicht nur Österreich<br />
steht vor der Herausforderung der sogenannten„BypassMobility“,wonach<br />
Studierende derselben Sprachgruppe<br />
über die eigenen Landesgrenzen hinweg,<br />
das frei zugängliche Studienangebot<br />
des Nachbarlandes nutzen und<br />
nach Beendigung des Studiums wieder<br />
in ihr Heimatland zurückkehren.<br />
Würden Sie Ihr Kind von einem<br />
Lehrer betreut wissen wollen, der<br />
nach einem dreijährigen Lehramtsbachelor<br />
eine Klasse unterrichtet<br />
und selbst das Gefühl hat, dass er<br />
nicht genug Wissen gesammelt hat?<br />
Ich studiere selbst Lehramt und<br />
glaube nicht, dass mein Wissen<br />
nach drei Jahren profund genug ist,<br />
um es Jugendlichen weiterzuvermitteln.<br />
Andrea, Lehramt Deutsch<br />
und Englisch, 3. Semester<br />
Dieses Gefühl sollte keinen Lehrer<br />
beschleichen – weder jetzt noch in der<br />
Zukunft. Dennoch wird es auch im<br />
Bereich der Lehramtsstudien zu einer<br />
Umstellung auf die <strong>Bologna</strong>-Struktur<br />
kommen. Dann sind Universitäten<br />
und Pädagogische Hochschulen gemeinsam<br />
gefordert, die Lehramtscurricula<br />
den neuen Erfordernissen anzupassen.<br />
Eine neue Curricula-Architektur<br />
wird dabei jedenfalls Bachelor- und<br />
Masterabschlüsse berücksichtigen und<br />
auch eine intensive Berufseinführungsphase<br />
beinhalten. Mir ist es ein<br />
großes Anliegen, dass es im Zuge der<br />
Umstellung selbstverständlich zu keinem<br />
Qualitätsverlust kommen darf,<br />
vor allem im Hinblick auf die Bedürfnisse<br />
der Schülerinnen und Schüler.<br />
Was sagen Sie dazu, dass die <strong>Bologna</strong>-Idee,<br />
die Mobilität von Studierenden<br />
zu verbessern, nicht einmal<br />
innerhalb von Österreich funktioniert?<br />
Zum Beispiel wenn man vom<br />
Technikum Wien als Bachelor-Absolvent<br />
von Biomedical Engineering<br />
in das Masterprogramm Biomedical<br />
Engineering der TU Wien wechseln<br />
will, wird sehr wenig angerechnet.<br />
Anonym, Biomedical Engineering, FH<br />
Technikum Wien, 3. Semester<br />
Sie sprechen die Durchlässigkeit<br />
zwischen Fachhochschulen und Uni-<br />
„<br />
Bei der <strong>Bologna</strong>-<br />
Konferenz werden<br />
wir uns genau<br />
anschauen, wo es<br />
Verbesserungsbedarf<br />
gibt.<br />
Beatrix Karl<br />
“<br />
versitäten an. Hier gibt es klare rechtliche<br />
Regelungen. Allerdings sind die<br />
Berührungsängste seitens der Universitäten<br />
gegenüber den Fachhochschulen<br />
leider noch immer teilweise sehr<br />
groß. Diese müssen abgebaut werden.<br />
Gemeinsam mit der Studierendenanwaltschaft<br />
weise ich die Universitäten<br />
immer wieder darauf hin, dass diese<br />
Ängste unbegründet sind, denn ein<br />
Bachelor- Absolvent einer Fachhochschule<br />
ist genau so viel wert, wie der,<br />
der von der Uni kommt. Sollte das<br />
FH-Bachelor-Curriculum allerdings<br />
zentrale Inhalte des Uni-Bachelors<br />
nicht enthalten, müssen diese Elemente<br />
aber natürlich nachgeholt werden,<br />
um auch zu einem Uni-Master<br />
zugelassen werden zu können.<br />
Haben Sie selbst im Ausland studiert?<br />
Was sind Ihre Erfahrungen?<br />
Anonym<br />
Ich war nach meinem Studium am<br />
Max-Planck-Institut in München<br />
und habe dort geforscht. Das war eine<br />
ganz wichtige Erfahrung. Ich kann jedem<br />
Studierenden nur raten, auch<br />
Auslandserfahrung zu sammeln.<br />
Kennen Sie persönlich Studentinnen<br />
oder Studenten? Anonym<br />
Natürlich, bis vor einem dreiviertel<br />
Jahr bin ich selbst noch als Professorin<br />
im Lehrsaal gestanden und habe den<br />
Kontakt mit den Studierenden immer<br />
gepflegt.<br />
Die Fragen sammelten Sophie Niedenzu,<br />
Christian Mayerhofer und Adam<br />
Markus. Foto: Reuters<br />
11. bis 12. März 2010<br />
In Wien und Budapest findet die <strong>Bologna</strong> Ministerial<br />
Anniversary Conference (<strong>Bologna</strong> Jubiläumskonferenz 2010)<br />
anlässlich des Abschlusses der ersten Phase hinsichtlich der<br />
Schaffung eines Europäischen Hochschulraumes statt. Im Mittelpunkt<br />
der Tagung steht die Diskussion der unabhängigen<br />
Bewertung des Prozesses. In Wien geht zudem das zweite <strong>Bologna</strong><br />
Policy Forum über die Bühne. (max)<br />
Fotos: dpa/Faget, EPA / O. Weiken, H. Weidner / a1pix / picturedesk.com, EPA/Ctk,<br />
APA/Gindl, J. Pepler / Rex Features / picturedesk.com, EPA / A. Rain, EPA / R. Jaeger,<br />
AP Photo / H. Knosowski