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Vorlagebeschluss - Hartz4-Plattform

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- 45 -vom 23. November 2006 fragwürdig, die auf den weiten Gestaltungsspielraum desGesetzgebers im Bereich der Leistungsgewährung abstellt und letztlich auf dieÜbernahme des Prüfungsmaßstabs einer „Vertretbarkeitsprüfung“ hinausläuft (vgl.BSG v. 23. November 2006, - B 11b AS 1/06 R - juris-Rdnr. 52 ff. unter Bezugnahmeauf LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Mai 2006 - L 10 AS 1093/05 -, das abersogar nur eine bloße Evidenzkontrolle für ausreichend hält, siehe dort juris-Rdnr. 28).Denn das vorliegend im Streit stehende Existenzminimum als normativ-empirischesKonstrukt lässt sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht in jeunterschiedliche Funktionsbereiche des Leistungs- und des Eingriffsrechts teilen undunterscheiden, sondern es hat eine janusköpfige Doppelfunktion, welche derMehrdimensionalität der es erzeugenden Grundrechte entspricht: AlsAnspruchsgrundlage im Leistungsrecht und genau aus diesem Grunde gegenüber demFiskus andererseits zugleich als freiheitswahrende Verschonungsgrenze. Nach Ansichtdes Senats folgt diese Überlegung aus der Formulierung in der Verfassungsjudikatur,„was der mittellose Bürger zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für einmenschenwürdiges Dasein benötige, habe der Staat ihm erforderlichenfalls durchSozialleistungen zu sichern und dürfe es ihm deshalb auch nicht nehmen“ (BVerfGE82, 60, 85; 99, 216). Das muss insbesondere für Kinder gelten, weil es für dieSicherung eines soziokulturellen Existenzminimums keinen Unterschied machen darf,ob dieses durch die steuerliche Freistellung von Einkommen der Eltern oder aber durchdie Gewährung von Sozialleistungen für den Fall gesichert wird, in dem Elternmöglicherweiselangfristig- arbeitslos sind. Die Schutzwürdigkeit des Betroffenen istnicht geringer, wenn er über kein steuerpflichtiges Einkommen verfügt. Der imökonomischen Existenzminimum repräsentierte Freiheitsgehalt der Menschenwürdegreift deshalb auch und „gerade dann, wenn es an den elementaren Mitteln zu derenEntfaltung fehlt. In dem Rückgriff auf das sozialrechtlich anerkannte Existenzminimumals Mindestgrenze zur Bestimmung der Aufwendungen, die zur Bestreitung dessteuerfreien Existenzminimums notwendig sind, manifestiert sich der gemeinsameverfassungsrechtliche Grund, der insoweit die Zusammenschau beider Rechtsgebieterechtfertigt“ (so überzeugend Wallerath, Zur Dogmatik eines Rechts auf Sicherung desExistenzminimums, JZ 4/2008, S. 157, 161 mwN). Das Existenzminimum ist so derDreh- und Angelpunkt des wechselseitigen Verhältnisses von Bürger und Staat. Dieseduale Identität des Existenzminimums hat das BVerfG seit seinem denZusammenhang von Kindergeld und Steuerfreibeträgen betreffenden Beschluss vom29. Mai 1990 in ständiger Rechtsprechung nicht zuletzt deshalb betont, weil es beieiner Rechtslage, die sich aus dem Zusammenwirken mehrerer Einzelregelungen- 46 -

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