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Vorlagebeschluss - Hartz4-Plattform

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- 51 -Insbesondere darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischenFall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstabzugrunde legen (BVerfGE 116, 164, 182 f.). Tatsächlich lebten im Jahr 2005 laut demSachverständigen Dr. Martens - bezogen auf alle Haushalte - aber nur 14,174 Mio.Personen in Ein-Personen-Haushalten, das waren 17,4 Prozent der Bevölkerung oder37,5 Prozent aller Haushalte. Bei den Ein-Personen-Haushalten im SGB II-Bezugwaren es 2005 2,127 Mio. Haushalte/Personen bzw. 30,5 Prozent Anteil an allenSGB II-Beziehern oder 56,9 Prozent aller Bedarfsgemeinschaften. Somit wären dieGrenzen zulässiger Typisierung klar überschritten. Unschädlich wäre es nur, wennlediglich ein „mäßiger Prozentsatz“ unberücksichtigt bleibt (vgl. z.B. BVerfGE 39, 169,196). Davon kann nach den vorstehenden Zahlen und Verhältnissen aber keineswegsausgegangen werden.4. Aus den Gutachten der Sachverständigen Dres. Martens und Becker ergibt sich zurÜberzeugung des Senats ferner, dass sich das Ausgabeverhalten der Ein-Personen-Haushalte nicht auf Mehrpersonenhaushalte bzw. Familien übertragen lässt. Vielmehrzeigen die Gutachten große Diskrepanzen und Differenzen zwischen demVerbrauchsverhalten von Ein-Personen-Haushalten und Familien auf. So wirdinsbesondere in der Abteilung „Verkehr“ nachgewiesen, dass Familien vermehrt imländlichen Bereich, Alleinstehende dagegen in Ballungsgebieten leben und auchärmere Familien mehrheitlich ein Auto besitzen, ebenso, dass der Mobilitätsbedarfdurch Kinder steigt. Die Daten der EVS 2003 belegen dies nach Dr. Martens in allerDeutlichkeit bei den Paarhaushalten mit einem Kind unter 18 Jahren: DieVerbrauchsausgaben aller Haushalte belaufen sich auf 83,28 Euro pro Monat, beiHaushalten ohne „Haushalte unterhalb Sozialhilfeschwelle“ sind es 94,06 Euro proMonat. Dagegen weisen Ein-Personen-Haushalte mit 18,45 Euro gegenüber diesenWerten lediglich ca. ein Fünftel der Verbrauchswerte der Paarhaushalte mit einem Kindauf. Da die laufenden Kosten für das Auto und die Ausgaben für Benzin aber nicht vonden Regelsätzen erfasst werden, decken Familien diesen Bedarf zu Lasten andererTeile des Grundsicherungsbedarfs. Wenn die laufenden Ausgaben für ein Kfz als nichtregelsatzrelevant eingestuft würden, sei deshalb zumindest die Berücksichtigung derDurchschnittsausgaben für öffentliche Verkehrsmittel unabdingbar. Neben anderenerheblichen Differenzen weist der Sachverständige insbesondere noch darauf hin,dass bei den Alleinstehenden die Bildungsausgaben als nicht regelsatzrelevantunberücksichtigt blieben, das sei bei Familien nicht hinnehmbar.- 52 -

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