d - Historische Gesellschaft der Deutschen Bank e.V.
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hend ohne Einfluß. Die Lohnkosten je Produkteinheit<br />
stiegen weiter erheblich an und lagen im vierten Quartal<br />
um 10% über dem entsprechenden Vorjahresniveau.<br />
Erst Ende des Jahres begannen die Sozialpartner auf<br />
den Beschäftigungsrückgang zu reagieren. Die Infla-<br />
tionsrate sank auf 6%.<br />
Im internationalen Vergleich rückte die .E3undesrepu-<br />
blik 1974 wie<strong>der</strong> an das Ende des großen Inflations-<br />
geleitzuges - auf den Platz, den sie auch bis 1969 inne-<br />
gehabt hatte. Nur in <strong>der</strong> Schweiz, in Osterreich, Luxem-<br />
burg und den Nie<strong>der</strong>landen lagen die Preissteigerungs-<br />
raten ebenfalls unter 10%, während sie in Japan und Ita-<br />
lien auf über 20% kletterten. Vor allem scheint es in <strong>der</strong><br />
Bundesrepublik gelungen zu sein, die schon weit ver-<br />
breitete lnflationsmentalitat, z. B. in <strong>der</strong> Wohnungswirt-<br />
schaft, wenigstens teilweise zu brechen; die Flucht in<br />
die Sachwerte schwächte sich deutlich ab. Die Sparnei-<br />
gung hat sich dagegen wie<strong>der</strong> verstärkt.<br />
Als größter Erfolg <strong>der</strong> Notenbankpolitik des Jahres<br />
1974 ist es somit zu werten, daß eine Rückkehr zu größe-<br />
rer Preisstabilität von <strong>der</strong> Bevölkerung überhaupt wie<strong>der</strong><br />
für möglich gehalten wird. Dementsprechend wurden<br />
auch die Indexierungsvorschläge in letzter Zeit nicht<br />
mehr sehr beachtet.<br />
Erneuter Ausfuhrrekord<br />
Die hohe Nachfrage des Auslandes nach deutschen<br />
Waren erwies sich 1974 als stärkste Stütze <strong>der</strong> Konjunk-<br />
tur. Trotz verschärften Wettbewerbs auf den Weltmärk-<br />
ten konnten die Unternehmen ihre Exporte wertmäRig<br />
I um rund 29% und dem Volumen nach um 12% steigern<br />
und damit zum Teil einen Ausgleich für die nachlassen-<br />
de lnlandsnachfrage finden. Als vorteilhaft im Wettbe-<br />
werb erwiesen sich die meist kurzen Lieferfristen <strong>der</strong><br />
deutschen Betriebe. Hohe Auftragseingänge aus dem<br />
Ausland verzeichneten U. a. solche Industriebereiche,<br />
die Ausrüstungsgegenstände zur Erschließung neuer<br />
Energiequellen produzieren (z. B. Stahlrohre).<br />
Auch die Importe <strong>der</strong> Bundesrepublik nahmen wert-<br />
mäßig kräftig zu ( + 24% ). Bei einer durchschnittlichen<br />
Erhöhung <strong>der</strong> Einfuhrpreise um 25% bedeutete dies je-<br />
doch mengenmäßig eine leicht verringerte Inanspruch-<br />
nahme ausländischer Güter - eine Folge <strong>der</strong> konjunktu-<br />
rellen Dämpfung. Der deutsche Außenhandelsüber-<br />
schuß stieg von 33 Mrd. auf 51 Mrd. DM, obgleich die<br />
Mineralölversorgung zu den erhöhten Preisen einen<br />
Mehraufwand auf <strong>der</strong> lmportseite von rund 16 Mrd. DM<br />
erfor<strong>der</strong>te. Die Olpreissteigerungen brachten damit 1974<br />
fur die Leistungsbilanz in <strong>der</strong> Bundesrepublik keine<br />
Schwierigkeiten - im Gegensatz zur Situation in den<br />
meisten an<strong>der</strong>en Industrielän<strong>der</strong>n.<br />
Tiefgreifende Investitionsschwäche<br />
Die Investitionstätigkeit ist in <strong>der</strong> deutschen Wirt-<br />
schaft 1974 weitgehend erlahmt. Die Anlageinvestitio-<br />
nen schrumpften im Vergleich zum Vorjahr real um<br />
7.9%. Diese Investitionsmüdigkeit trug maßgeblich zur<br />
konjunkturellen Abkühlung bei. Sie hatte vielschichtige<br />
Gründe. Steigende Rohstoffpreise, weit über den Pro-<br />
duktivitätsfortschritt hinausgehende Lohn- und Gehalts-<br />
erhöhungen sowie hohe Zinskosten belasteten die Ge-<br />
winn- und Verlustrechnungen. Der Spielraum für die<br />
Weitergabe dieser Kostensteigerungen in den Preisen<br />
blieb trotz einer behutsamen Lockerung <strong>der</strong> vorher äu-<br />
ßerst restriktiven Notenbankpolitik gering. Trotz ver-<br />
stärkter Rationalisierungsanstrengungen mußten des-<br />
halb die Gewinnmargen bei vielen Unternehmen<br />
schrumpfen.<br />
Die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung zeigt, daß<br />
die Bruttoeinkommen aus Unternehmertätigkeit und<br />
Vermögen 1974 absolut stagnierten. Damit hat sich eine<br />
seit 1969 erkennbare Tendenz verstärkt fortgesetzt: Das<br />
Wachstum <strong>der</strong> Gewinne bleibt deutlich hinter <strong>der</strong> Zu-<br />
nahme des gesamten Volkseinkommens und speziell<br />
hinter dem Anstieg <strong>der</strong> Löhne und Gehälter zurück. Par-<br />
allel damit nahmen die Zuwachsraten <strong>der</strong> Anlage-lnve-<br />
stitionen seit 1970 laufend ab. Die Lohnquote hat sich<br />
dagegen seit 1969 von 65,4% auf 71,6% im Jahre 1974<br />
erhöht. Die Investitionsquoten <strong>der</strong> letzten Jahre reichen<br />
zur Sicherung des weiteren Wachstums nicht mehr aus,<br />
d. h., die Wirtschaft <strong>der</strong> Bundesrepublik lebt in steigen-<br />
dem Maße von <strong>der</strong> Substanz.<br />
Zurückhaltende Verbraucher<br />
Der private Verbrauch hat 1974 keinerlei Impulse für<br />
die Konjunktur gebracht. Bei einer nominellen Zuwachs-<br />
rate von 7,5% nahm er real kaum noch zu (+ 0,2% ). Die<br />
wachsende Zahl von Arbeitslosen und Kurzarbeitern so-<br />
wie <strong>der</strong> weitgehende Fortfall hochbezahlter Uber- und<br />
Feiertagsstunden spielten hierfür zweifellos eine große