November 2012 - Evangelisch in Bedburg
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an Prozesse, <strong>in</strong> denen Angeklagte als „nicht<br />
zurechnungsfähig“ e<strong>in</strong>gestuft werden. Ist es<br />
nicht entsetzlich, nicht verantwortlich se<strong>in</strong><br />
zu dürfen für das, was ich aus me<strong>in</strong>em Leben<br />
mache? – Die Bibel nimmt mich so ernst,<br />
dass sie mir zutraut, für mich und me<strong>in</strong>e<br />
Schuld verantwortlich zu se<strong>in</strong>.<br />
Auf dem zweiten H<strong>in</strong>weisschild steht – ich<br />
zitiere wieder Paulus – „So halten wir nun<br />
dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne<br />
des Gesetzes Werke“ (Römerbrief 3, 28) –<br />
also ohne dass der Mensch etwas dafür tun<br />
kann. Diese E<strong>in</strong>sicht ist befreiend! Denn<br />
wer garantiert mir eigentlich, dass es ausreicht,<br />
was ich getan habe? Vielleicht war es<br />
gar nicht genug! Reicht das teure Geschenk?<br />
Reicht das Spielzeug für die K<strong>in</strong>der? Habe<br />
ich mich am Ende genug bemüht, e<strong>in</strong> guter<br />
Mensch zu se<strong>in</strong>? Vielleicht sagt Gott ja am<br />
Ende: „Das war nicht genug.“ – Aber Gott<br />
ist eben anders: Er will, dass wir wirklich<br />
frei werden von Schuld. Und deshalb bietet<br />
er uns e<strong>in</strong>en Weg an, auf dem wir uns nicht<br />
freikaufen oder freiarbeiten können.<br />
Damit komme ich zum entscheidenden H<strong>in</strong>weisschild<br />
des fünften Weges. Mit Paulus gesprochen:<br />
„Sie (die Menschen) werden ohne<br />
Verdienst gerecht aus Gottes Gnade durch die<br />
Erlösung, die durch Jesus Christus geschehen<br />
ist.“ (Römerbrief 3, 24) Gott selbst nimmt<br />
die Schuld auf sich und spricht uns frei. Es<br />
ist so, als würde uns der Ste<strong>in</strong> der Schuld abgenommen<br />
– und auf den Altar <strong>in</strong> der Kirche<br />
gelegt. Wir können nichts dafür tun, Gott<br />
macht das e<strong>in</strong>fach. Und eben genau deshalb,<br />
weil wir nichts dafür tun können, und dieser<br />
Freispruch e<strong>in</strong>fach nur dar<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Grund<br />
hat, dass Gottes es so will und macht, können<br />
wir uns auch darauf verlassen.<br />
SCHwERPuNkTTHEMA<br />
Jetzt könnte jemand protestieren und sagen:<br />
„Hört sich gut an. Aber wie soll das denn gehen?<br />
Das ist doch e<strong>in</strong>e blosse Behauptung.<br />
Die Schuld ist doch nicht e<strong>in</strong>fach weg dadurch.<br />
Und die Folgen habe ich immer noch<br />
am Hals – und ich kann nicht wieder gut<br />
machen, was ich versäumt habe.“ – Damit<br />
komme ich zum letzten H<strong>in</strong>weisschild auf<br />
dem Weg raus aus der Schuld. Auf diesem<br />
Schild steht mit Paulus: „Ich rede aber von<br />
der Gerechtigkeit vor Gott, die da kommt<br />
durch den Glauben an Jesus Christus zu allen,<br />
die glauben.“ (Römerbrief 3, 22) Also:<br />
ich spüre etwas von der Befreiung dadaurch,<br />
dass ich glaube. - Wie ist das zu verstehen? Es<br />
gibt nichts Gutes, außer man tut es. Indem<br />
ich darauf vertraue, dass Gott mich nicht auf<br />
me<strong>in</strong>e Vergangenheit festnagelt, kommt der<br />
Freispruch bei mir an. Glauben heißt darauf<br />
vertrauen, dass Gott mich als e<strong>in</strong>en sieht, der<br />
dazu frei geworden ist, alte Wege zu verlassen<br />
und neue zu gehen. – Ob e<strong>in</strong> Mensch darauf<br />
vertraut, weiß ich nicht. Aber e<strong>in</strong>s weiß ich<br />
genau: Wenn ich darauf vertraue, dass das<br />
stimmt, dann ändert sich etwas <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em<br />
Leben. Dann kann ich mir leisten, mich dem<br />
zu stellen, was ich versäumt habe und brauche<br />
mich nicht frei zu kaufen. Dann kann<br />
ich es mir leisten, offen über das zu reden,<br />
was ich falsch gemacht habe und kann bitten:<br />
„Verzeih mir“. Dann brauche ich auch<br />
nicht auf die anderen zu zeigen, sondern<br />
kann <strong>in</strong> den Blick bekommen, was me<strong>in</strong> eigener<br />
Anteil am Unfrieden ist. Dann kann<br />
ich vielleicht auch besser die Folgen me<strong>in</strong>es<br />
Verhaltens tragen und aushalten. Und dann<br />
kann ich mich besser darauf e<strong>in</strong>stellen, dass<br />
es möglicherweise sehr lange dauern wird,<br />
bis wieder Vertrauen wächst.<br />
Pfarrer Thorsten Schmitt<br />
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