Ernest Mandel Zur Verteidigung der sozialistischen ... - attac Marburg
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Wie müßte das zusätzliche Geldeinkommen <strong>der</strong> produzierenden und verteilenden<br />
Einheiten über ihren garantierten Anteil an freien Gütern und Dienstleistungen<br />
hinaus kalkuliert werden? Es könnte einem Index <strong>der</strong> Qualitätskontrolle<br />
und <strong>der</strong> Zufriedenstellung <strong>der</strong> Verbraucher folgen, <strong>der</strong> einen Koeffizienten<br />
für Arbeitsstreß enthält ( beson<strong>der</strong>s in Bergwerken und an an<strong>der</strong>en Arbeitsplätzen,<br />
wo schwere Arbeit verrichtet wird, die eine höhere Entlohnung<br />
erfor<strong>der</strong>t). Für Zwischenprodukte wäre die pünktliche Lieferung ein Bestandteil<br />
dieses Index. Der Vorteil eines solchen Systems läge darin, daß es keine<br />
eingebauten Hin<strong>der</strong>nisse für einen ehrlichen Informationsfluß über die Ressourcen<br />
und Kapazitäten <strong>der</strong> Produktions— und Distributionseinheiten enthielte,<br />
da die die Selbstverwaltung ausübenden Arbeiter kein Interesse daran<br />
haben, die Fakten zu verschleiern. Nove macht einen starken Einwand gegen<br />
die Vorstellung geltend, ein ehrlicher Informationsfluß könne selbstverständlich<br />
sein. Aber er übersieht, daß die Hauptursache für die Verwendung falscher<br />
Daten in Gesellschaften wie <strong>der</strong> Sowjetunion die materiellen Interessen<br />
<strong>der</strong> Fabrikdirektoren sind, die auf einen bestimmten materiellen Produktionsausstoß<br />
festgelegt sind. Man kann die Folgen nicht vermeiden, wenn man die<br />
Ursachen nicht unterbindet. Hinzu kommt natürlich noch, daß ein computerisierter<br />
Informationsfluß, <strong>der</strong> den Güterstrom begleitet, auf lange Sicht zur Eingabe<br />
korrekter Daten für eine demokratisch zentralisierte Planung zwingt.<br />
Wie könnte solch ein System im Weltmaßstab aussehen? Zunächst muß man<br />
betonen, daß demokratische Selbstverwaltung nicht bedeutet, daß je<strong>der</strong> über<br />
alles entscheidet. Nimmt man das an, ist die Schlußfolgerung offensichtlich:<br />
Sozialismus ist nicht möglich. Denn Milliarden Menschen können in ihrer Lebenszeit<br />
nicht einmal einen Bruchteil <strong>der</strong> alle Menschen betreffenden Angelegenheiten<br />
in ihrem Sinne regeln. Das ist aber auch nicht nötig. Einige Entscheidungen<br />
können am besten auf <strong>der</strong> Ebene von Abteilungen getroffen werden,<br />
an<strong>der</strong>e auf <strong>der</strong> des Betriebs, wie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e auf <strong>der</strong> <strong>der</strong> Stadtteile, Ortschaften,<br />
Regionen, Kontinente und wie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e schließlich weltweit. In <strong>der</strong><br />
Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Nove dreht sich unsere Diskussion bisher hauptsächlich<br />
um die nationale Ebene. Welche Entscheidungen könnten und sollten aber<br />
im weltweiten Maßstab getroffen werden? Hier bieten sich sofort vier Entscheidungsfel<strong>der</strong><br />
an. Das erste umfaßt sämtliche Entscheidungen, die eine globale<br />
Umverteilung <strong>der</strong> menschlichen und materiellen Ressourcen bedeuten, zur<br />
schleunigen Beseitigung <strong>der</strong> sozialen und kulturellen Mißstände, die die Ursache<br />
für Unterentwicklung, Hunger, Kin<strong>der</strong>sterblichkeit, Krankheit und<br />
Analphabetismus in <strong>der</strong> Dritten Welt sind.<br />
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