Weichtiere in Österreich - Naturhistorisches Museum Wien
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JAHR DER BIODIVERSITÄT<br />
Das Naturhistorische begeht das Internationale Jahr der Biodiversität mit e<strong>in</strong>igen Veranstaltungen und<br />
Aktionen. Begonnen hat der Reigen mit e<strong>in</strong>em Aktionstag Biodiversität am 21. April. Am 27. Juni laden wir<br />
zu e<strong>in</strong>em Fest der Biodiversität. Und am 21. Oktober wird es nochmals e<strong>in</strong>en Biodiversitäts-Höhepunkt im<br />
NHMW geben. Von den Vere<strong>in</strong>ten Nationen und ihren Organen ausgerufene Jahre verfolgen den Zweck,<br />
wichtigen Themen e<strong>in</strong>e vermehrte öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen, die Bedeutung von Bedeutendem<br />
herauszustreichen. Womit hat sich 2010 das Prädikat der „Biodiversität“ verdient? Was ist<br />
das überhaupt und warum ist diese Diversität wichtig, gar global wichtig?<br />
VIELFALT VERSUS<br />
EIN BERICHT VON<br />
HELMUT SATTMANN, LUISE KRUCKENHAUSER<br />
VIELFALT BRAUCHT FORSCHUNG<br />
Beim Aktionstag waren Wissenschaftler des <strong>Museum</strong>s, des Instituts<br />
für Wildtierkunde, des Umweltbundesamtes, des Wissenschaftsm<strong>in</strong>i-<br />
UND ELISABETH HARING<br />
steriums und aus dem <strong>Museum</strong> König <strong>in</strong> Bonn bemüht, e<strong>in</strong>en möglichst<br />
breiten E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Problematik zu geben. Leider mussten<br />
wir auch erfahren, dass im Vergleich mit anderen Ländern das Inter-<br />
Biodiversität bezeichnet biologische Vielfalt. Der Begriff darf allerd<strong>in</strong>gs<br />
nicht e<strong>in</strong>fach nur mit Artenvielfalt übersetzt werden. Artenvielfalt<br />
ist e<strong>in</strong> wichtiger und dennoch nur e<strong>in</strong> Teilaspekt der Bioesse<br />
an naturwissenschaftlichen Fragen <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong> nicht sehr groß diversität. Die biologische Diversität umfasst auch die Vielfalt der Le-<br />
ist. Wir mussten auch erfahren, dass die Politik nur schwer und nur bensräume, die e<strong>in</strong>e Art von Reservoir für alles Leben darstellen. Und<br />
auf attraktiven Umwegen an der biologischen Vielfalt <strong>in</strong>teressiert ist. sie umfasst vor allem auch die genetische Vielfalt <strong>in</strong>nerhalb von Arten,<br />
Es fehlt an öffentlichem Bewusstse<strong>in</strong>, dass der erste Schritt zum<br />
die e<strong>in</strong> ganz wichtiger Hebel im Evolutionsgeschehen ist. E<strong>in</strong> Lebens-<br />
Schutz das Erkennen und Benennen ist. Und für diese Arbeit s<strong>in</strong>d die raum mit hoher Diversität be<strong>in</strong>haltet also e<strong>in</strong> großes Spektrum von ver-<br />
Taxonomen und die wissenschaftlichen Sammlungen <strong>in</strong> Museen notschiedenen Arten. E<strong>in</strong>e Vernetzung von unterschiedlichen Lebensräuwendig.<br />
Viel zu wenige Fachleute s<strong>in</strong>d mit der Aufgabe, Millionen<br />
men (mit hoher Artenvielfalt) gewährleistet nicht nur e<strong>in</strong>e Vielfalt an un-<br />
unentdeckter Arten zu beschreiben, heillos überfordert, wenngleich terschiedlichen Lebensraumtypen, sondern auch den Erhalt von geneti-<br />
derzeit neue Methoden automatisierter Erkennung zum<strong>in</strong>dest der scher (und morphologischer) Vielfalt <strong>in</strong>nerhalb der Arten. Bei vielen Tie-<br />
häufigen Arten <strong>in</strong> Entwicklung s<strong>in</strong>d, die sie entlasten und ihre<br />
ren und Pflanzen beobachten wir entsprechende regionale Unterschie-<br />
Arbeit beschleunigen sollten.<br />
de und e<strong>in</strong> breites Spektrum von morphologischen und genetischen<br />
E<strong>in</strong> Irrtum ist es zu glauben, man könnte – wie Noah auf der Arche – Varianten. Diese unterschiedlichen Individuen formen Populationen,<br />
die Arten <strong>in</strong> Schutzgebieten bewahren. Kle<strong>in</strong>e Nationalparks werden die <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d, auf Herausforderungen (z. B. veränderte Umwelt-<br />
die Vielfalt nicht retten. Reichhaltige Lebensräume müssen großbed<strong>in</strong>gungen oder neue Krankheitserreger) entsprechend zu reagieren.<br />
räumig bewahrt werden. Das Problem unserer <strong>in</strong>dustrialisierten und Das heißt, die gut angepassten haben den besseren Fortpflanzungser-<br />
überbevölkerten Welt ist, dass, bevor wir noch registrieren, dass<br />
folg. Und wenn es viele Varianten gibt, ist die Chance groß, dass immer<br />
Arten am Aussterben s<strong>in</strong>d, deren genetische Vielfalt durch zahlen- welche dabei s<strong>in</strong>d, die neuen Anforderungen gewachsen s<strong>in</strong>d.<br />
mäßige Ausdünnung der Populationen und durch Zerstörung der<br />
Wir Menschen können uns das am eigenen Beispiel nicht mehr so<br />
Lebensräume, bereits völlig verarmt ist. Arten sterben aus, bevor sie gut vorstellen, glauben von jeglicher Selektion entkoppelt zu se<strong>in</strong>. Men-<br />
überhaupt entdeckt werden. Auch hier ist die Beobachtungsgabe von schen-Männchen brauchen nicht unbed<strong>in</strong>gt lebensgefährliche Revier-<br />
Naturwissenschaftern gefragt. Egal, ob es sich um die weitgehend kämpfe zu bestehen, Menschen-Weibchen sterben nicht mehr so oft an<br />
unbekannten Lebensräume der Antarktis oder die Wiederansiedlung Geburtskomplikationen, wenn das Baby nicht durch die Geburtsöff-<br />
von Wildpferden <strong>in</strong> der Mongolei handelt: wir brauchen Informationung passt. Auch Erbkrankheiten oder Entwicklunsstörungen können<br />
nen über die vorkommenden und zu schützenden Arten. Doch wir<br />
teilweise mediz<strong>in</strong>isch ausgeglichen werden.Wir haben die Landwirt-<br />
müssen sie nicht nur erkennen und benennen, um Schutzmaßnahmen schaft und die Nahrungsmittelproduktion erfunden, dank Kleidung<br />
treffen zu können. Es ist auch notwendig, ihre Ansprüche an den<br />
und Heizung halten wir die kältesten W<strong>in</strong>ter aus.Wir s<strong>in</strong>d äußerst an-<br />
Lebensraum zu erforschen, die Strukturen der Populationen zu<br />
passungsfähig, und dieses Generalistentum gepaart mit unserem medi-<br />
entschlüsseln, ihr Verhalten zu studieren, ihre Krankheiten zu<br />
z<strong>in</strong>ischen Fortschritt hat uns die ganze Welt besiedeln lassen und<br />
kennen und so fort.<br />
bewirkt, dass wir e<strong>in</strong>e Individuenzahl erreicht haben, wie ke<strong>in</strong> vergleichbar<br />
großes Lebewesen.<br />
10 NHMW � Sommer 2010