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NETZWERKE<br />
Der Kampf der Künste<br />
Ein langer Weg zur eigenen Veranstaltungsreihe<br />
Text : Astrid Nette : : Illustration : Sebastian Hudert<br />
Der «Kampf der Künste» ist eine Veranstaltungsreihe<br />
im Filmtheater am Friedrichshain.<br />
Künstler jeweils einer Sparte<br />
(Film, Musik, Literatur und Comedy) treten<br />
gegeneinander an. Eine zufällig aus<br />
dem Publikum bestimmte Jury kürt den<br />
Gewinner, der einen Förderpreis erringt.<br />
Es war ein langer und beschwerlicher<br />
Weg, manchmal war es ein Kampf. Mit<br />
reichlich Naivität und Euphorie schlitterten<br />
wir vor einem Jahr in dieses<br />
Projekt, das uns bald über den Kopf zu<br />
wachsen drohte. Und das wäre es wohl<br />
auch, wären wir nicht unsererseits<br />
gewachsen am «Kampf der Künste» und<br />
seinen Herausforderungen.<br />
Am Anfang stand die Idee, eine etablierte<br />
Reihe aus den Hamburger «Zeise-Kinos»<br />
zu adaptieren. Als der UdK-Student<br />
Moritz Preisser (GWK) mir dieses Projekt<br />
vorschlug, antwortete ich wohl: «Klar,<br />
warum nicht» – was ich nicht getan hätte,<br />
wäre mir das Ausmaß der Arbeit und des<br />
Stresses bewusst gewesen. Heute bin ich<br />
froh über meine damalige Naivität.<br />
Die Organisation war aufwändig, vor<br />
allem da wir, mangels Startkapital, keine<br />
Arbeiten auslagern konnten. Unseren<br />
Werbespot (in Kürze in den Kinos der<br />
Yorck-Gruppe zu sehen) produzierten<br />
wir mit der Unterstützung eines großartigen<br />
Teams selbst. Geld war keines da,<br />
weder für das Team, noch für Technik.<br />
Wir mussten uns also auf die Suche nach<br />
Sponsoren machen. Ohne die Hilfe von<br />
Freunden aus der Filmbranche hätte es<br />
den Spot nie gegeben.<br />
Die Suche nach Unterstützern nahm auch<br />
in anderen Bereichen viel Zeit in Anspruch.<br />
Die Sieger unseres Wettbewerbs<br />
können attraktive Preise gewinnen, die<br />
sie beruflich voranbringen sollen. Die<br />
Stifter dieser Preise mussten jedoch erst<br />
gefunden werden. Zwei Verlage (SuKuL-<br />
TuR und Proviant-Buch) ermöglichen nun<br />
unseren Autoren eine Veröffentlichung,<br />
der Radiosender Motor FM bietet den<br />
Musikern einen Auftritt im Radio und der<br />
Filmtechnikverleih 25p stellt den Filme-<br />
machern Technik für die nächste Produktion<br />
zur Verfügung.<br />
Direkt Geld von Sponsoren zu erhalten,<br />
erwies sich dagegen als aussichtslos.<br />
Erst jetzt, vier Monate nach dem Start<br />
unserer Reihe, können wir langsam die<br />
angesammelten Rechnungen begleichen.<br />
Die vielen Menschen, die an uns geglaubt<br />
und beim «Kampf der Künste» mitgewirkt<br />
haben, für ihren Aufwand zu entschädigen,<br />
wird das nächste Ziel sein.<br />
Trotz der ruinösen Finanzlage hat keiner<br />
von uns seinen Einsatz bereut. Der in Geld<br />
nicht aufzuwiegende Gewinn besteht in<br />
Erfahrungen, Kontakten und der Freude,<br />
eine selbst ins Leben gerufene Veranstaltungsreihe<br />
wachsen und gedeihen zu<br />
sehen.<br />
Der Kampf der Künste findet jeden ersten (Literatur),<br />
zweiten (Musik) und vierten (Film) Freitag im Monat um<br />
22.15 Uhr im Filmtheater am Friedrichshain statt.<br />
12<br />
mögen. - - - Flughäfen gut finden. - - - endlich richtig gute Kopfhörer haben. - - - Stoiber untergehen sehen.<br />
- - - in der Küche spontan zu Country von Radio Eins tanzen. - - - Nierentischchen. - - - ZEIT lesen. - - - tagesschau<br />
im Internet gucken und beim Wetter nicht abbrechen. - - - Weizenbier. - - - Mails ausdrucken. - - - sei-<br />
NETZWERKE<br />
Oper hochakut<br />
Text : Friederike Meese : : Foto : Nina (ODW)<br />
In einer studentischen und künstlerischen<br />
HOCH-Zeit, dem Herbst des Jahres<br />
2004, fand unter unseren und diverser<br />
nicht unbedeutender Theaterpersönlichkeiten<br />
neugierig gespannter Augen und<br />
Ohren eine «Hochzeit» statt: die Hochzeit<br />
eines Häufchens hochbedrohter Studierender<br />
im Angesicht einer bevorstehenden<br />
Berufswelt mit der vom Aussterben<br />
hochbedrohten Berliner City-West. Aus<br />
dieser Liaison entwuchs und gedeiht<br />
nun ein begabtes Kind: Die Oper Dynamo<br />
West (ODW).<br />
Die Gegend um den guten alten Bahnhof<br />
Zoo kennen wir nur zu gut, denken wir.<br />
Tun wir das wirklich? Und – mögen wir<br />
sie? Ich hatte das Glück, als eine der ersten<br />
Zuschauerinnen der neu gegründeten<br />
Oper Dynamo West die «Westberliner<br />
Braut» bei einer inszenierten Stadtführung<br />
letzten Juli mit ganz anderen Augen<br />
sehen zu dürfen. «Leerstand in den Glanzpalästen.<br />
Harald Juhnke ist tot. Brigitte<br />
Mira auch. Big Eden gehört nicht mehr<br />
Rolf. Die Lasershow im Zoopalast wird<br />
abgeschafft. Das Schillertheater liegt<br />
brach.», hieß es da in der Ankündigung<br />
der «Ein_Führung», die uns neben anderen<br />
zweifelhaften Etablissements –<br />
merke – auch in das türkische Brautkleidgeschäft<br />
an der Ecke Ku-Damm /<br />
Joachimsthaler Straße «ein_führte».<br />
Töne sich leise leerender Orte formen<br />
sich zu Kunst und erzählen sich ihren<br />
Bewohnern. Die «laute, dreckige, reiche,<br />
arme, aggressiv-repräsentative Gegend<br />
um den Zoo» (ODW) wird in all ihrer Nor-<br />
«Ohne Sitzplatzanweiserin<br />
im Bahnhof Zoo»<br />
malität und Besonderheit zum Theater-<br />
bzw. Opernschauplatz, nicht jedoch für<br />
ein Welt- oder Touristenpublikum, wie<br />
üblich in der Berliner Kulturlandschaft.<br />
Drei RegisseurInnen, vier Bühnen- und<br />
Kostümbildnerinnen mit jeweils einem<br />
Dramaturgen, Musiker und Experimentalfilmer,<br />
eine Produktionsleiterin und eine<br />
Kommunikationsdesignerin, die die Gruppe<br />
bilden, wollen eher auf die Qualität<br />
des «Zuhause» aufmerksam machen.<br />
Sie alle waren Studierende der UdK beziehungsweise<br />
der HfM (Hochschule für<br />
Musik «Hanns Eisler»). Uni – Spielraum,<br />
Entdeckungsfeld, Kontaktbörse. «Es war<br />
auch eine Suche nach einem neuen Lebensgefühl»,<br />
meint Franziska Seeberg,<br />
Regisseurin, über ihr Anbandeln mit den<br />
Bühnenbildnerinnen. «Kommunikation<br />
ist das Wichtigste im Theater, und bei<br />
uns ist diese Hürde schon mal überwunden,<br />
so kommen wir viel schneller voran»,<br />
erzählt Janina Janke (Bühne, Regie). Das<br />
Bedürfnis, den im Studium begonnenen<br />
intensiven künstlerischen Austausch<br />
fortzusetzen, tägliche Beobachtungen im<br />
gemeinsamen «Uni-Kiez» und schließlich<br />
die gemeinsame Liebe zum Musiktheater<br />
waren der Dynamo, der alles in Bewegung<br />
brachte. Drei Bühnenbild-Diplompräsentationen<br />
gaben den Vorgeschmack, da fiel<br />
zum ersten Mal der Name «Oper Dynamo<br />
West». Und dann ging es in die ganz<br />
und gar selbst gewählte und gestaltete<br />
«Arbeitswelt». Der klassische Berufseinstieg<br />
– Hospitanz, Assistenz, und dann<br />
vielleicht mal iiiirgendwann mit viel Glück<br />
und Connections an iiiirgendein Provinz-<br />
theater … ? – ist eine Möglichkeit, aber<br />
nicht die einzige und womöglich ein vollkommen<br />
überholtes Modell. «Wahrscheinlich<br />
führt unser Weg irgendwann schon<br />
wieder zurück an die Theaterhäuser»,<br />
vermutet Janina, «aber im Moment haben<br />
wir wahnsinnig viel Spaß an unserer Recherche<br />
und setzen den Schwerpunkt auf<br />
den öffentlichen Raum und die Menschen<br />
und Geräusche, die uns umgeben. Das ist<br />
ja eigentlich auch Theater. Nein, leben<br />
können wir davon noch nicht. Aber wir<br />
machen’s trotzdem.»<br />
Ich bin mir nicht sicher, was Franziska<br />
meint, wenn sie bemerkt, da stecke «auch<br />
so eine Art Erotik drin», aber vielleicht ist<br />
es das Geheimnis dessen, was uns Studierende<br />
versus Künstler in HOCH-Zeiten<br />
treibt; vielleicht liegt der Schlüssel der<br />
Zeit in der H o c h z e i t.<br />
Von der Oper Dynamo West gibt’s bald zu sehen eine<br />
«Fort_Führung», die am 9.–11. und 16. –18. Februar den<br />
Bahnhof Zoo bespielt (Anmeldung telefonisch, siehe<br />
www.operdynamowest.org) und Ende März (22.–25.3.,<br />
29.3.–1.4.) dann die erste Stückinszenierung «En tròpia»<br />
(gefördert vom Hauptstadtkulturfond) im Bikinihaus<br />
gegenüber vom Zoopalast. Zwei weitere Musiktheater-<br />
stücke folgen noch im nächsten halben Jahr.