Deutsche Aufsteiger - Baker & McKenzie
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titEl<br />
Gefördert: Yasemin Körtek<br />
wurde in der Schule vor allem<br />
von ihren Eltern unterstützt.<br />
Heute ist die Juristin am Max-<br />
Planck-institut Referentin.<br />
20 azur 02 10 Karrieremagazin für junge Juristen<br />
unter die deutschen Kinder. Andererseits vertieft die<br />
fehlende Kindergartenpflicht und die zu schnelle Trennung<br />
der Schulformen den frühkindlichen Bildungsnachteil<br />
von Migrantenkindern.“ Dieser Nachteil sei<br />
systembedingt bis zur vierten Schulklasse kaum mehr<br />
auf zuholen.<br />
Seine drei Töchter ziehen er und seine Ehefrau, die<br />
ebenfalls türkischen Migrationshintergrund hat, deswegen<br />
bewusst zweisprachig auf, jedoch mit Deutsch<br />
als erster Muttersprache. „Die Sprachkompetenz stärkt<br />
das Selbstbewusstsein und hilft zum Beispiel unserer<br />
Ältesten, sich im Kindergarten wie ein ‚deutsches‘ Kind<br />
zu fühlen und so wahrgenommen zu werden. Mittlerweile<br />
gibt sie dort auch bereits ganz schön den Ton an“,<br />
erzählt er lachend über seine vierjährige Tochter.<br />
Die Studie des Berlin-Instituts gibt Sahin ˛<br />
Recht. Die<br />
Sprachkompetenz gilt auch als wichtiges Integrationsinstrument,<br />
das von einer Parallelgesellschaft blockiert<br />
wird. Die Türkischstämmigen haben jedoch im Vergleich<br />
zu anderen Migranten vor allem den Nachteil ihrer<br />
Größe. Weil sie in Städten so stark vertreten sind, fällt es<br />
ihnen leicht, unter sich zu bleiben, so das Berlin-Institut.<br />
Dass die Mütter von der Isolation besonders stark betroffen<br />
sind, erschwert einmal mehr die Integration der Kinder.<br />
Oft bereits ohne Qualifikation und Sprachkenntnisse<br />
zugewandert, können nun rund 40 Prozent der türkischstämmigen<br />
Frauen zwischen 15 und 64 zudem keinen<br />
Schul- oder Berufsabschluss vorweisen – der höchste<br />
Wert in der Statistik. Letztlich ist auch die Hausfrauenquote<br />
mit rund 50 Prozent sehr hoch.<br />
in Kinderschuhen<br />
Starke Sprachprobleme hatte auch Dr. Yasemin Körtek<br />
früher. Als die 38-jährige Juristin in Bayreuth eingeschult<br />
wurde, ging sie zunächst zwei Jahre lang zum türkischsprachigen<br />
Unterricht. Deutsch wurde nur einige Stunden<br />
in der Woche gelehrt. „Meine Eltern wollten aber<br />
unbedingt, dass ich das Abitur machen kann und damit<br />
die Möglichkeit erhalte, zu studieren“, erinnert sie sich.<br />
Ihr Vater erkundigte sich und meldete sie nach der zweiten<br />
Klasse zum deutschsprachigen Unterricht an, um ihr<br />
den Weg zum Gymnasium zu ebnen.<br />
In der neuen Klasse verstand Körtek kaum ihre Mitschüler,<br />
die ebenfalls eine neue Erfahrung machten. Damals<br />
zählte Körtek nämlich zu den ersten Ausländern der<br />
Schule. „Es war eine grausame Zeit, weil ich mich ausgeschlossen<br />
fühlte“, erzählt sie. Von der Lehrerin fühlte sie<br />
sich zunächst abgelehnt. „Erst später verstand ich mich<br />
mit ihr besser – nicht nur, weil ich besser Deutsch sprechen<br />
konnte. Vor allem, weil mein Vater Interesse an meiner<br />
Eingliederung zeigte und sich immer wieder für mich<br />
bei ihr einsetzte“, sagt sie. Die türkische Sprache ist dennoch<br />
wichtig für sie. „Es ist wichtig, Türkisch als seine<br />
Muttersprache als Erstes zu lernen und erst danach<br />
Deutsch. Es darf nur nicht zu lange dauern. Im Kindergarten<br />
sollte es in jedem Fall beginnen.“<br />
Die Abschlussnoten reichten bei Körtek damals nicht<br />
für den Übergang zum Gymnasium aus. Nachdem sie<br />
sich in der fünften Klasse auf der Hauptschule bewährte,<br />
durfte sie jedoch direkt auf das Gymnasium wechseln,<br />
wo sie das Schuljahr wiederholte und geradewegs das<br />
Foto: Andreas Anhalt