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Ostdeutsche in Spitzenpositionen Bericht: Adrian-Basil Mueller - MDR

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<strong>Ostdeutsche</strong> <strong>in</strong> <strong>Spitzenpositionen</strong> | Manuskript<br />

<strong>Ostdeutsche</strong> <strong>in</strong> <strong>Spitzenpositionen</strong><br />

<strong>Bericht</strong>: <strong>Adrian</strong>-<strong>Basil</strong> <strong>Mueller</strong>, Alexander Roth, Andreas Rummel, Christ<strong>in</strong>e Schönfeld<br />

Heute Mittag – politischer Aschermittwoch <strong>in</strong> Passau. Wie jedes Jahr zelebriert die CSU hier<br />

das "Mia san mia", e<strong>in</strong>e heile Welt <strong>in</strong> Blauweiß. Und dass bundesdeutsches<br />

Führungspersonal für Wirtschaft, Politik und am besten für alles aus Bayern kommen sollte -<br />

davon ist man überzeugt. Und doch zieht <strong>in</strong>s Berl<strong>in</strong>er Präsidentenschloss ja jetzt e<strong>in</strong><br />

<strong>Ostdeutsche</strong>r. Oder – wie das hier noch immer kurz und treffend heißt: e<strong>in</strong>er von "drüben".<br />

"Ich seh' da e<strong>in</strong> Problem und zwar: Wie wird's weitergehen mit den Folgen. Wenn nämlich<br />

zwei… Wir haben dann bald alles von drüben, die ganze Regierung. Und das ist e<strong>in</strong><br />

Problem."<br />

"Jetzt wer'n ma halt von zwei Ostlern regiert, im Endeffekt …"<br />

"Deutschland ist doch riesengroß – warum muss man immer nur DDR?"<br />

Reporter: "Die DDR gibt's nicht mehr"<br />

"Bei mir noch!"<br />

Notstandsgebiet West, die freie Welt vor der Übernahme? Oder – vielleicht wird's mit<br />

Joachim Gauck ja doch nicht sooo schlimm.<br />

"Er ist ke<strong>in</strong> schlechter Mann, so über die Grenze h<strong>in</strong>weg, woll'n wir das tolerieren."<br />

Deutschland – demnächst mit zwei <strong>Ostdeutsche</strong>n an der Spitze!! Als der ehemalige<br />

Bürgerrechtler Gauck am Sonntag von se<strong>in</strong>er Nom<strong>in</strong>ierung zum Bundespräsidenten erfuhr,<br />

gab er sich selbst überrascht:<br />

Joachim Gauck am 19.02.2012:<br />

"Es schad't auch nix, dass Sie sehen, dass ich überwältigt und auch e<strong>in</strong> wenig verwirrt b<strong>in</strong><br />

…"<br />

Eigentlich haben <strong>Ostdeutsche</strong> auch mehr als 20 Jahre nach der Wiedervere<strong>in</strong>igung nicht<br />

wirklich viel zu sagen <strong>in</strong> Gesamtdeutschland. Vor e<strong>in</strong>em Jahr trafen wir den Soziologen Klaus<br />

Dörre von der Universität Jena. Er hat mit se<strong>in</strong>en Kollegen zu diesem Thema geforscht.<br />

H<strong>in</strong>weis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers<br />

verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.<br />

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<strong>Ostdeutsche</strong> <strong>in</strong> <strong>Spitzenpositionen</strong> | Manuskript<br />

Prof. Klaus Dörre, Soziologe, Universität Jena:<br />

"Jetzt ist es so, dass gewissermaßen die Netzwerke der Manager und Vorstandsmitglieder<br />

aus sich selbst heraus rekrutieren. Man stellt diejenigen e<strong>in</strong> und holt diejenigen nach, die<br />

e<strong>in</strong>em selbst am ähnlichsten s<strong>in</strong>d. Und das s<strong>in</strong>d dann Manager aus dem Westen. Wir<br />

haben <strong>in</strong> den 30 DAX Unternehmen ke<strong>in</strong>e ostdeutschen Vorstandsmitglieder. Und wir<br />

haben auch im Topmanagement dieser Unternehmen so gut wie ke<strong>in</strong>e Manager aus dem<br />

Osten."<br />

Nicht nur <strong>in</strong> der Wirtschaft, auch bei der Bundeswehr, <strong>in</strong> Wissenschaft und Justiz - ca. 70<br />

Prozent aller Eliteposten <strong>in</strong> Ostdeutschland s<strong>in</strong>d von Westdeutschen besetzt.<br />

Wir treffen Prof. Dörre aus aktuellem Anlass heute Morgen noch e<strong>in</strong>mal:<br />

Prof. Klaus Dörre, Soziologe, Universität Jena:<br />

"Also <strong>in</strong> der Politik ist es natürlich so, dass man stärker auf Integration der<br />

Gesamtbevölkerung schauen muss und dazu gehören auch die neuen Länder. So dass bei<br />

der Rekrutierung politischer Eliten es natürlich eher möglich ist, dass über den<br />

Länderproporz dann auch <strong>Ostdeutsche</strong> <strong>in</strong> führende Positionen gelangen."<br />

E<strong>in</strong>es allerd<strong>in</strong>gs fällt auf: <strong>Ostdeutsche</strong> kommen dann an die Reihe, wenn politische<br />

Schuttberge wegzuräumen s<strong>in</strong>d. In der Presse ist <strong>in</strong>zwischen schon von "Trümmer-Ossis" die<br />

Rede. Die Macht übernahm Angela Merkel <strong>in</strong> der CDU, als sich die Partei <strong>in</strong> ihrer größten<br />

Krise befand, der Parteispendenaffäre 1999. Auch Gauck kommt erst zum Zug, wenn selbiger<br />

für andere abgefahren ist.<br />

Prof. Klaus Dörre, Soziologe, Universität Jena:<br />

"Es ist schon was dran, dass gerade <strong>in</strong> solchen Krisensituationen ostdeutsche Kandidaten<br />

und Kandidat<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>e Chance haben, das kann unter anderen damit zusammenhängen,<br />

dass sie nicht so <strong>in</strong> die Westnetzwerke <strong>in</strong>tegriert s<strong>in</strong>d."<br />

Doch aus Sicht des Wissenschaftlers ist das nicht das ganze Geheimnis: Besondere Chancen<br />

hat der <strong>Ostdeutsche</strong> offenbar immer dann, wenn er als solcher nicht erkennbar ist:<br />

Prof. Klaus Dörre, Soziologe, Universität Jena:<br />

"Sowohl Frau Merkel als auch Herr Gauck s<strong>in</strong>d eigentlich nicht typische <strong>Ostdeutsche</strong>. Es<br />

kommt eben dazu, dass sie ihre Herkunft nicht zum Gegenstand von Politik machen. Ich<br />

glaube aber, dass noch etwas anderes dazukommt. Das ist die West-Legitimation, das<br />

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<strong>Ostdeutsche</strong> <strong>in</strong> <strong>Spitzenpositionen</strong> | Manuskript<br />

betrifft <strong>in</strong>sbesondere den Kandidaten für das Bundespräsidentenamt Herrn Gauck, der<br />

genießt als Bürgerrechtler und jemand der Klartext spricht <strong>in</strong>sbesondere im Westen hohe<br />

Anerkennung. Das ist gar nicht mal so sicher, sondern sogar eher unwahrsche<strong>in</strong>lich, dass er<br />

das gleiche Maß an Zustimmung im Osten hat."<br />

Und der Bürger auf Jenas Straßen? Der hat die Sache mit der Herkunft für sich längst ganz<br />

pragmatisch gelöst.<br />

"Frau Merkel ist aus dem Osten, der Gauck ist aus dem Osten, aber wenn man es<br />

umgekehrt machen will - Honecker war aus dem Westen."<br />

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