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passagen - Pro Helvetia

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CHicago Blues Saxophonklänge über dem Michigan See<br />

Sam Burckhardt Der Basler Sam Burckhardt lebt seit 1982 in Chicago. Er arbeitet dort als Musiker und Komponist. Meist spielt er<br />

Sam Burckhardt<br />

Foto: Eileen Ryan<br />

34<br />

Jazz, manchmal Blues, aber auch frei improvisierte Musik. Sam ist mehrere Male im Jahr in Europa auf Tournee.<br />

Wie er Musiker wurde und nach Chicago kam? Folgendermassen ❙<br />

Blockflöte, Schlagzeug, Saxophon: Geboren wurde<br />

ich am 7. Juli 1957 in Sursee, als letztes von vier<br />

Kindern. Aufgewachsen bin ich in Basel, wo ich<br />

die Primarschule und das Gymnasium besuchte.<br />

Musik spielte schon immer eine Rolle in meinem<br />

Leben. Meine Mutter sorgte dafür, dass wir mit<br />

sechs Jahren in die Solfège kamen, wo ich bei Beatrice<br />

Ganz im Blockflötenunterricht die Rudimente<br />

der Musik lernte. Zur selben Zeit trat ich in eine<br />

Knabenkantorei ein, die jeweils am Samstagnachmittag<br />

<strong>Pro</strong>be hatte und oft am Sonntag in einer<br />

Kirche sang. Mit etwa sieben Jahren begann ich<br />

auf Wunsch meiner Mutter mit dem Geigenspiel.<br />

Ich hatte an der Musik Akademie in Basel Unterricht.<br />

Die wöchentlichen Lektionen entwickelten<br />

sich bald zur Qual, da ich oft zu hören bekam, ich<br />

übe nicht genügend und daher wenig Fortschritte<br />

mache. Mit zehn Jahren wechselte ich über zum<br />

Schlagzeug – ein grosser Schritt. Ich durfte bei<br />

Chester Gill, der aus Barbados stammte, Unterricht<br />

nehmen. Ich erinnere mich noch genau an<br />

meine erste Stunde. Ich trabte bei ihm mit einem<br />

Paar Trommelschlegel unter dem Arm an. Er erklärte<br />

mir den Aufbau des Schlagzeugs und lehrte<br />

mich einen einfachen Rhythmus. Nach dreiviertel<br />

Stunden ertönte seine Hausglocke, und ich wollte<br />

mich verabschieden, er aber hiess mich wieder<br />

Platz nehmen. Der nächste Schüler war ein Posaunist.<br />

Chester setzte sich ans Klavier, sagte dem<br />

Posaunisten, welches Stück wir spielen würden,<br />

und sagte mir, ich solle den vorher geübten Rhyth-<br />

mus spielen. Er zählte das Stück an – eins, zwei<br />

drei, vier –, und schon legten wir los. Nach einer<br />

Stunde bereits Musik zu machen, nicht einfach<br />

Noten zu spielen, war eine neue und umwerfende<br />

Erfahrung für mich. Mit etwa sechzehn Jahren<br />

wechselte ich aufs Saxophon über. Folgende Gründe<br />

bewogen mich dazu: Das Saxophon war ein Melodieinstrument,<br />

vergleichbar mit der menschlichen<br />

Stimme; es war wesentlich leichter zu<br />

transportieren als ein Schlagzeug; und ich konnte<br />

in die Band meines Bruders eintreten, die bereits<br />

einen Schlagzeuger hatte. Spielen, musizieren,<br />

gemeinsam – in einer Gruppe von Leuten –, das<br />

war es, was mich an der Musik reizte.<br />

Sunnyland Slim: Er hiess mit bürgerlichem Namen<br />

Albert Luandrew und kam am 5. September<br />

1907 in Vance, Mississippi, zur Welt. Er war fünfzig<br />

Jahre älter als ich. Sein Grossvater, der Anfang<br />

der 1860er Jahre in Kentucky noch als Sklave zur<br />

Welt kam, zog nach Mississippi. Dort kaufte er<br />

ein Stück Land. Er fällte die Bäume darauf und<br />

verarbeitete sie zu Eisenbahnschwellen, die er an<br />

die aufkommenden Bahnlinien verkaufte. Es gibt<br />

ein Foto vom circa zwölfjährigen Sunnyland, auf<br />

dem er mit seinen Grosseltern, seinem Vater und<br />

seiner Stiefmutter und zwei Cousinen auf den Stufen<br />

zur Veranda des Hauses seines Grossvaters<br />

sitzt. Er trägt ein weisses Hemd, eine Krawatte, ein<br />

Jackett, Hosen, Kniestrümpfe, hohe Schuhe und<br />

übers Knie gelegt eine Kappe. Hinter dem Glasfen-

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