Falsch verbunden - RZ User
Falsch verbunden - RZ User
Falsch verbunden - RZ User
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Vorwort<br />
4<br />
Vorwort<br />
Die extreme Rechte ist nach den Wahlerfolgen<br />
von DVU und NPD im Aufwind.<br />
Im sächsischen Landtag sprach der NPD-Politiker<br />
Jürgen Gansel am 21. Januar 2005 von einem<br />
„Bomben-Holocaust“ der Allierten im Zweiten Weltkrieg.<br />
Als den Opfern des Nationalsozialismus gedacht<br />
werden sollte, verliess die NPD das Parlament.<br />
Einer der Schlüsselfiguren dieser Verhöhnung<br />
der Opfer war Jürgen Gansel, der in Gießen<br />
und Marburg studierte. Er war, wie auch der Dresdener<br />
NPD-Fraktionsassistent und Bundesvorsitzende<br />
der Jungen Nationaldemokraten, Stefan Rochow,<br />
Mitglied der rechtsextremen Burschenschaft<br />
Dresdensia-Rugia. An diesem Beispiel wird die besondere<br />
Bedeutung klar, die Verbindungen besitzen.<br />
Sie bieten eine Rekrutierungsbasis für Politkarrieren<br />
in der extremen Rechten. Lange war die<br />
extreme Rechte nicht in der Lage Parlamentarier<br />
zu finden, die ihre Propaganda verbal transportieren<br />
konnte. An den exponierten Positionen der<br />
neofaschistischen Partei stehen in Sachsen jetzt<br />
rhetorisch geschulte braune Intellektuelle. Der<br />
hessische Verfassungsschutzdirektor Lutz Irrgang<br />
spricht dieser Entwicklung „enorme Bedeutung“ zu<br />
und schätzt dies als eine „absolut andere Qualität"<br />
in der extremen Rechten ein.<br />
Auch hier in Hamburg sind rechtsextreme Verbindungen<br />
ansässig. Die clownesken Auftritte mit<br />
Mütze und Schärpe sind zwar relativ selten, jedoch<br />
finden hinter verschlossenen Türen rege Aktivitäten<br />
statt. Mit Vorträgen und Festivitäten soll das<br />
eigene Verständnis als Elite der Nation zementiert<br />
werden.<br />
Seit längerem ist in der intellektuellen Rechten die<br />
Diskussion um einen „Kampf um die Köpfe“ im<br />
Gange. Über die Hochschulen soll ein rechtes Gedankengut<br />
wieder salonfähig gemacht werden.<br />
Schon seit längerem beobachten kritische WissenschaftlerInnen,<br />
antifaschistische Studierende und<br />
auch der Verfassungsschutz die Verbindungsszene.<br />
Die Unschärfe der Unterscheidbarkeit von Konservativen<br />
und Rechtsradikalen ist gerade in diesem<br />
Milieu häufig offensichtlich. Gerade deshalb nehmen<br />
viele studentischer Korporationen diese<br />
Scharnierfunktion wahr.<br />
Im 1. Kapitel geben wir einen Überblick über die<br />
verschiedenen Arten von studentischen Verbindungen.<br />
Das 2. Kapitel beleuchtet kurz die Geschichte<br />
des deutschen Verbindungswesens. Kapitel 3<br />
nimmt die Sitten und Gebräuche der Verbindungen<br />
kritisch unter die Lupe. Dazu zählen Initiationsriten<br />
und die berüchtigten mit militärischem Drill durchgeführten<br />
Saufrituale. Kapitel 4 stellt das Weltund<br />
Menschenbild der Korporationen vor. Dort werden<br />
die zentralen Bestandteile des Verbindungswesens<br />
vorgestellt. Kapitel 5 führt die verschiedenen<br />
Hamburger Korporationen auf, besonderes Augenmerk<br />
gilt dabei denen, die Kontakte mit der extremen<br />
Rechten pflegen. Im 6. Kapitel verdeutlichen<br />
wir noch einmal die Position des AStA und fassen<br />
dort zusammen, warum wir der Auffassung sind,<br />
dass Verbindungen generell abzulehnen sind.<br />
Was hat es also auf sich mit den Männern mit den<br />
seltsamen Schärpen und Mützen, die dich zur Party<br />
oder zum Wohnen „auf” ihrem Haus einladen und<br />
dir im Vorbeigehen lebenslange Freundschaft versprechen?<br />
Welche Gefahr geht vom Verbindungswesen<br />
für die Gesellschaft aus? Welche Rolle spielen<br />
Rassismus und Antisemitismus in den Burschenschaften?<br />
Wo werden Minderheiten und andere<br />
sozial benachteiligte Gruppen ausgeschlossen?<br />
Hat das grundsätzliche Beitrittsverbot für<br />
Frauen mit Sexismus zu tun? Mit diesen und weiteren<br />
Fragen wollen wir uns in den folgenden Kapiteln<br />
beschäftigen.<br />
Die Redaktion